Für meine Söhne Gabriel und Jan

Jemand lieb ich, das ist nötig;

Niemand haß ich; soll ich hassen,

Auch dazu bin ich erbötig,

Hasse gleich in ganzen Massen.

Goethe, West-östlicher Divan, Buch des Unmuts

Hat man vierundzwanzig Stunden früher als die übrigen
Menschen recht, so gilt man vierundzwanzig Stunden
lang für närrisch.

Antoine de Rivarol

Diogenes schaut aus dem Faß

Und spricht: »Ei, ei! Was soll denn das?«

Wilhelm Busch

INHALT

Vorbemerkung

  I. Acta diurna 2012

 II. Acta diurna 2013

III. Acta diurna 2014

Personenregister

Zu diesem Buch

Der Autor

VORBEMERKUNG

Das private Tagebuch war ursprünglich die diskrete Art, eine Chronik zu führen. Damit hat weder die heutige Zeit, in der nahezu alles öffentlich verhandelt wird, noch das vorliegende Diarium, das im Internet bis zum Erscheinen dieses Buches für jedermann einsehbar war, viel zu tun. Darauf weist sogleich sein Titel hin. Acta diurna bedeutet tägliches Geschehen. Diese Urform einer Zeitung in Gestalt öffentlicher Tagesberichte wurde 59 v. Chr. von Gaius Julius Caesar eingeführt, der sich in der Folgezeit in einem fremden Land aufhielt, genau wie ich heute, freilich an der Spitze von Legionen, was ihm ganz andere Möglichkeiten des Herumrandalierens eröffnete.

Wenngleich, so wir denn schon bei antiken Analogien sind, die vorliegenden Aufzeichnungen eher von einem dritten punischen Krieg künden. In der späten Wiederholung des antiken Realdramas sind es bizarrerweise führende Punier selbst, die das Ceterum censeo sprechen, inzwischen beinahe täglich. Ein punischer Renegat konnte deshalb ein Buch des Titels »Karthago schafft sich ab« schreiben. Man kam freilich überein, dass – von der Veröffentlichung solcher Pamphlete abgesehen – daran nichts Schlimmes sei.

Bei den vorliegenden Notaten handelt sich also um die Chronik eines Wandels, der nicht schlimm ist. Die einen halten ihn sogar für Fortschritt, die anderen bloß für einen Niedergang, wobei ich zu den anderen gehöre. Ich behaupte dabei keineswegs, dass ein Verfall stattfindet; ich zeichne lediglich dessen Symptome auf. Dass in jedem Ende auch etwas anfängt, jeder Abstieg einen Aufstieg impliziert, Verluste immer mit Gewinnen zu verrechnen sind, vermag mich angesichts der Vorzeichen dessen, was auf uns zukommt, nur bedingt zu enthusiasmieren. Aber das ist bloß meine Privatattitüde; wenn Sie anderer Ansicht sind, umso hilfreicher für Sie.

Nun sollte der geneigte Erstleser nicht wähnen, dass hier ein erzkonservativer Autor coram publico Frust schiebt. Zunächst einmal ist der Autor kein Konservativer, sondern ein Reaktionär, das heißt: ein Konservativer, der keinen Wert mehr darauf legt, von irgendwem eingeladen zu werden. Sodann ist er alles andere als frustriert, denn sein Leben ist eitel Sonnenschein und seine Tafel stets üppig gedeckt. Zuletzt weiß er, was Ressentiment ist, und achtet penibel darauf, dass diese dreizehnte Fee nicht in seinem ansonsten gastlichen Haus vorspricht. Sie dürfen also einem einfachen Moralisten bei seiner täglichen Nebenbeschäftigung über die Schulter schauen.

Zugegeben, dieses Diarium wäre ohne gewisse geistige Vergiftungen, die unsereinem der bundesrepublikanische Alltag vor allem in seiner publizistischen Brechung zumutet, wahrscheinlich nicht entstanden. Mitunter habe ich mir gestattet, eine Kollation sprachveredelt wieder ausgewürgter und gegen ihre Produzenten gekehrter Alltagstoxine vor meinen Lesern auszubreiten und mich dabei innerlich zu reinigen; das ist eines der wenigen Privilegien, welche Autoren zuteil werden. Die Kunst besteht einzig darin, seinen Ekel so zu formulieren, dass er einen ästhetischen Mehrwert abwirft. Ich bemühte mich redlich, währenddessen so heiter zu erscheinen wie nur irgendein Couturier.

Ursprünglich vollzog sich dieser Vorgang auf meiner Webseite, einem kleinen Eckladen an der Peripherie des World Wide Web. Der stetig wachsende Zuspruch, den die hier vorliegenden Notizen fanden, und die zum Teil wütenden Aversionen, die sie zu meinem Behagen ebenfalls auslösten, ließen eine Publikation in dieser Form angemessen, wenn nicht geboten erscheinen. Mit der Veröffentlichung des Buches verschwinden die Niederschriften aus dem verfügbaren Sortiment des besagten Eckladens, wo der geneigte Kunde aber inzwischen die Frühjahrskollektion von 2015 vorfindet.

Obwohl die Auswahl auf die Jahre von 2012 bis 2014 beschränkt bleibt, war sie ohne Streichungen und Raffungen nicht auf ein handliches Format zu bringen. Keiner dieser Eingriffe geschah, um Passagen zu »entschärfen« oder meine Einschätzungen nachträglich zu korrigieren, auch an den wenigen Stellen nicht, wo inzwischen ein sachter Sinneswandel vorstellig geworden sein mag. Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben. Und meine Seele gerettet? Ja was denn sonst!

München, im Januar 2015

Michael Klonovsky

I.
ACTA DIURNA 2012

1. Januar

Adenauer, Schumacher, Heuss. – Merkel, Gabriel, Wulff. Nur mal so zum Meditieren. Irgendetwas ist schiefgelaufen.

3. Januar

Jemand müsste einmal die Romane der letzten 50 Jahre nach einem Kriterium untersuchen: Wie beschreiben Autoren Frauen und wie Autorinnen Männer? Ich würde darauf wetten, dass es bei den geschilderten Frauen einen signifikanten Ausschlag in Richtung anbetungswürdig und bei den beschriebenen Männern in Richtung Trottel gibt. (Und wenn es denn stimmte, wäre wiederum dargelegt, wenn nicht gar bewiesen, dass zumindest die Autorinnen nicht ganz verkehrt liegen dürften …)

4. Januar

Aus der Perspektive Darwins sind die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen entstanden und permanent forciert worden, um Differenzgewinne zu erzielen und sich Paarungsvorteile zu verschaffen; auch sie sind Effekte der sexuellen Selektion. Das heißt, die Evolutionstheorie ist letztlich ebenfalls entstanden, um ihren Vertretern via Differenzgewinn zumindest die Möglichkeit von Paarungsvorteilen zu verschaffen und so die Evolution im allgemeinen sowie jene der Evolutionstheoriefähigen im speziellen voranzutreiben. Wir Menschen sind drollige Wesen, wir bringen sogar den Typus zustande, der mit der wissenschaftlichen Beschreibung der sexuellen Werbung sexuell zu werben versucht, was auch einmal wissenschaftlich beschrieben werden sollte (zum Zwecke sexuellen Differenzgewinns) …

13. Januar

Wenn irgendwo ein Originalgenie auftauche, erkenne man es unfehlbar daran, dass sich die Dummköpfe gegen diesen Menschen zusammenschlössen, notierte Jonathan Swift. Man wende den Satz auf Steve Jobs an.

25. Januar

Bundespräsident Wulff hat eine Rede zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen gehalten. Darin lobte er unter anderem die tolerante Einwanderungspolitik Preußens. Das stand schließlich irgendwie in Zusammenhang mit seiner Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland. Über das preußische Dienstethos dagegen – im Idealfall verwendete ein friderizianischer Beamter einen Bleistift für die dienstliche, einen separaten für die private Korrespondenz – sprach der Bundespräsident allerdings nicht.

In Preußen, soviel ist richtig, hätte es keine Proteste gegen Moscheen und kein Plebiszit über Minarette gegeben. Seit dem Potsdamer Edikt des Großen Kurfürsten von 1685 über die Aufnahme der in Frankreich verfolgten Hugenotten stand Brandenburg-Preußen für Religionsfreiheit und weitgehendes Asylrecht. »Wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land peuplieren, so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen«, lautet eine vielzitierte Bemerkung Friedrichs. Die während des Siebenjährigen Krieges angeworbenen Bosniaken etwa erhielten nicht nur Wohnungen und Gebetsräume in Potsdam, sondern auch einen eigenen Heeres-Imam.

Allerdings hat Wulff in seiner Rede die Bedingungen unterschlagen, die Preußen seinen Zuwanderern stellte. Jedenfalls haben keine Hugenotten-Clans in Berlin mit Drogen und Prostituierten gehandelt, Schutzgeld erpresst oder, wenn schon mal gegen sie ermittelt wurde, Justizbeamte bedroht. Keine Jugendgangs aus den Vierteln der Salzburger Protestanten machten nachts die Straßen unsicher und stürzten sich mit »Scheiß Preußen!«-Rufen auf Einheimische. Niemand kam nach Preußen mit der Idee im Kopf, sich sein Leben vom Staat sozialfinanzieren zu lassen, weil er keine 24 Stunden später wieder draußen gewesen wäre. Dieser Staat ließ seiner nicht spotten, was seine Attraktivität nicht minderte. Kurzum: Die preußische Einwanderungspolitik war in der Tat vorbildlich.

Das erwähnte der Bundespräsident leider nicht. Immerhin lobte er Friedrichs Maxime, in seinem Land dürfe »jeder nach seiner Façon selig werden«. Auch in diesem Zusammenhang vergaß Wulff freilich etwas, nämlich darauf hinzuweisen, dass diese heutzutage ja vor allem ins Politische zu erweiternde Toleranz in seinen Kreisen gegenüber jenen deutlich nachlässt, die rechts von der CDU stehen.

28. Januar

Das Böse, erklären einige Hirnforscher, sei eine Anomalie im menschlichen Gehirn, im Grunde mess- und also nachweisbar. Wer Böses tue, trage die Voraussetzung unter seiner Schädeldecke. Da gibt’s für die nächsten Jahrzehnte empirisch also einiges zu tun, nämlich folgende Fragen zu beantworten:

1. Tragen womöglich sämtliche Menschen diese Anomalie im Kopf?

2. Wenn nicht: Fallen sämtliche Träger dieser Anomalie durch böse Taten auf?

3. Wenn nicht: Was unterscheidet die als Täter auffallenden Träger der Anomalie von denen, die sich zurückhalten (und ist dieser Unterschied im Hirn messbar)?

4. Gibt es die Anomalie von Geburt an?

5. Wenn nicht: Wann entsteht sie? Wodurch entsteht sie?

6. Welche Rolle spielen Ereignisse außerhalb des Gehirns bei der Entstehung der Anomalie?

7. Sofern sie eine Rolle spielen: Wie ist das Verhältnis zwischen Anomalie und Ereignissen außerhalb des Gehirns bei der Motivation zum bösen Tun?

8. Gibt es Fälle, wo Menschen Böses tun, die nicht Träger der Anomalie sind?

9. Wenn ja: Welche Rolle spielt die Anomalie bei der Motivation zur Tat überhaupt?

10. Ist Gutsein womöglich ebenfalls eine im Hirn messbare Anomalie?

Und als Zusatzfrage: Wie verhält es sich eigentlich mit denen, die Böses für eine gute Sache tun oder zu tun glauben, zum Beispiel Bomben im Namen der Demokratie abwerfen, oder mit denjenigen, die sich spontan für eine Missetat sehr böse rächen? Haben die auch eine Anomalie im Kopf?

1. Februar

»Sachsen muss diesen braunen Dreck loswerden«, sprach der dortselbst amtierende Ministerpräsident Stanislaw Tillich an die Adresse der NPD-Fraktion. Die Wortwahl erinnert daran, dass es offenbar auch unter der NPD noch allerunterste Schubladen gibt. Aber in gewissem Sinne kann ich den Mann, eine ehemalige Blockflöte übrigens mit SED-Kaderschmieden-Erfahrungen, also sozusagen aus dem roten Dreck stammend, ein Dreckskundiger folglich, in gewissem Sinne, sagte ich, kann ich ihn verstehen: Man ist heutzutage als Offizieller von Sprachblockwarten regelrecht umstellt, man muss jede Gruppe, jede Lobby, jede Minderheit verbal mit Samthandschuhen behandeln, sich unentwegt auf die Lippen beißen, nur kein falsches Wort sagen – da ist es doch geradezu physiologisch geboten, sich endlich mal zu erleichtern und ungestraft die Sau rauszulassen, da wächst der NPD eine am Ende womöglich noch ministerpräsidentengesundheitsfördernde Rolle zu, da darf der kleine Junge inmitten der abwechslungshalber begeisterten und begeistert nach- und mitschreienden Gouvernanten doch wirklich mal »Fotze!« brüllen. Nein, wenn wir dieses Nazischweinepack nicht hätten, diesen stinkenden, trichinösen Auswurf und Viertelmenschen dreck, dieses aus seiner braunen Jauche (Pleonasmus, ich weiß) hervorkriechende Gossengesindel, dieses absolut aufhängenswürdige Lumpengesocks, man müsste es glatt erfinden beziehungsweise von V-Leuten installieren lassen.

Solange diese Untermenschenbrut aber noch öffentliche Parkanlagen betreten und sogar dieselben Bänke benutzen darf wie Demokraten, nutzen die ganzen Berufsverbote, Saalvermietungsabsagen und Kontenverweigerungen nichts.

5. Februar

Nach der Schlacht bei Roßbach anno 1757, in der 22 000 Preußen die doppelte Anzahl Franzosen schlugen, sagte ein französischer Offizier nach seiner Gefangennahme zu einem preußischen Kollegen: »Sire, Sie sind eine Armee, wir ein reisendes Bordell.«

9. Februar

Nur jedes 100. Kind, welches momentan zur Welt kommt, ist ein weißes Mädchen. Das heißt also, in ca. 100 Jahren werden die letzten weißen Frauen unter den anderen Ethnien verteilt. Bis dahin wünsche ich den Schwestern aber viel Erfolg im Berufsleben.

13. Februar

Als Lob des geschlagenen Konkurrenten erreicht das Selbstlob seine sozial verträgliche Form. Es gibt eine Unterart des Thai-Boxens, die diese Tatsache rituell unterläuft: Dort muss nach dem Kampf der Sieger dem Besiegten die Füße küssen.

17. Februar

Wenn es tatsächlich gelänge, das menschliche Altern zu verzögern und so das Leben auf, sagen wir, 150 bis 200 Jahre zu verlängern, wäre ein konservativer Fundamentalismus wenn nicht Terrorismus die Folge, denn bei der heutzutage waltenden Abräumgeschwindigkeit würde auch der starrköpfigste Linke mit ca. 120 Jahren kapiert haben, welche ungeheuren kulturellen Verluste wir für jeden »lebensqualitativen« bzw. technischen Fortschritt hinnehmen müssen, und zur Reaktion wechseln.

5. März

Im Klassik-CD-Geschäft sah ich ein Schild »Alte Musik: Neuheiten«. Das amüsierte mich denn doch.

8. März

Kennt jemand Peter North? Falls nicht, hilft Wikipedia auf die Sprünge. Irgendwo zwischen Nietzsche und Norwegen hat der »US-amerikanische Schauspieler« seinen Eintrag gefunden. 1998 etwa bekam er den »AVN Award für die beste Gruppensexszene«. Seine herausragende Fähigkeit, belehrt die Online-Enzyklopädie, besteht darin, »voluminöse Gesichtsbesamungen zu vollführen«. Praktischerweise wird man vom Laienbegriff »Gesichtsbesamung« gleich weitergeleitet zum Fachterminus »Cumshot«, welcher, so der Enzyklopädist, »in Hardcore-Pornos« dazu dient, nichts weniger als »die Narration abzuschließen« – während er als Privatgepflogenheit solch künstlerischer Weihen bar, wenngleich ansonsten auch recht nett anzuschauen ist. Ob »Anilingus« resp. »Afterlecken«, »Gang Bang«, »Fisting« oder »Deepthroating«: Das Lexikon des Gleich-Gültigen weiß pornologisch ziemlich alles. So sinnierte ein »Deep Throat«-Beiträger darüber, ob es für ein häufiger solchermaßen traktiertes Frauenzimmer schädlich sei, sich den allfälligen Würgereiz abzutrainieren, weil der immerhin bei anderer oder auch ähnlicher Gelegenheit lebensrettend wirken könne. »Facesitting« wiederum wird beschrieben als »eine Sexualpraktik, bei der ein Sexualpartner sich mit seinem Geschlechtsteil und/oder seinem Gesäß auf das Gesicht des anderen setzt«. Dies könne »sowohl nackt wie auch angekleidet« geschehen. Nackt ist aber besser.

Ich lebte in einer Zeit, als in den Lexika die Einträge zu den Dichtern kürzer wurden, um den Pornostars Platz zu machen.

11. März

»Der Gedanke der Gleichheit, von dem ich nur Erhöhung erwarten konnte, hatte für mich etwas Verlockendes.«
Napoleon Bonaparte

13. März

Gestern abend in der U-Bahn verfolge ich so notgedrungen wie alle anderen Mitfahrer eine Unterhaltung dreier junger Migrationshintergründler in jenem Fellachenidiom, das uns unter dem Namen »Kiezdeutsch« als Bereicherung der deutschen Sprache verkauft wird (und das anscheinend nicht gedämpft geredet werden kann); es geht lautstark und ordinär zur Sache, alle Vorurteile bestätigen sich aufs klischeehafteste, bis einer der Typen plötzlich ausruft: »Hörma, isch hab’ wenigstens einen anständigen Beruf, isch bin Altenpfleger!« – Und für einen Augenblick ward mir ganz sozialromantisch ums Herz, und ich dachte, es könnte doch alles gut werden …

7. April

Kein Wort zum Israel-»Gedicht« des Herrn Grass; es besteht weder Anlass, den alten Widerling zu unterstützen, auch inhaltlich nicht, noch mag sich ein Mensch von Geschmack jenem allzugut organisierten publizistischen Freikorps anschließen, das jetzt so wohlfeil auf ihn einkeilt.

8. April

Vor wenigen Tagen, meldet die Welt, wurde im Berliner Dom eine neue Fassung von Bachs Johannespassion aufgeführt. Die Musik wurde nicht geändert, allerdings in einigen Passagen der Text. Begründung: Bachs Werk sei judenfeindlich, man könne es Menschen von heute nicht mehr unverändert zumuten. Die Initiative kam von einem Stuttgarter Kirchenmusiker, den ideologischen Unterbau lieferte der evangelische Theologieprofessor Peter von der Osten-Sacken, der sagte: »Es geht mir gegen den Strich, dass ein Text, der belastet ist mit einer Wirkungsgeschichte, die auf Kosten der Juden gegangen ist, unkommentiert weitergegeben wird.«

Diese vorauseilende Beflissenheit gegenüber dem Zeitgeist, diese Streberei in Gesinnungsdingen, dieser Denunziationseifer gegenüber der (tatsächlich: jeder) Vergangenheit zum elenden Zwecke eigener moralischer Heiligenscheinpolitur, diese knalldeutsche Symbiose aus Petze und Schulmeister, diese Lust am Ausradieren aus späterer »Einsicht«, die nichts von ihrer eigenen Relativität wissen will, dieses feige Offene-Türen-Einrennen bei fingierter Couragiertheit: Man lernt letztlich bei den »Bewältigern« der NS-Ära mehr über den autoritären Charakter als bei den Historikern.

13. April

In den Tagebüchern von Ulrich Schacht (Über Schnee und Geschichte, Matthes & Seitz) die treffende Beobachtung, dass jenes intellektuelle Milieu, in dem der Ausspruch, der Islam gehöre zu Deutschland, als völlig zutreffend und nicht weiter diskutierwürdig gilt, auffallend deckungsgleich mit jenem ist, wo noch vor 20 Jahren die Frage, ob die DDR zur Bundesrepublik gehöre, heftig verneint, ja zum Teil gar nicht verstanden wurde.

15. April

Zu den wirklichen Schreckensnachrichten dieser Tage gehört, dass Frankreich die »Mademoiselle« abschafft. Die Vulgarität siegt anscheinend so sicher wie die Schwerkraft. Was in diesem Wort an Wohlklang, an Assoziationsfülle, an Kultiviertheit, an Form, an Grazie, an Französinneneinzigartigkeit geronnen ist – und einer speziellen Fraktion von ästhetisch Minderbemittelten fällt dazu nur »Unterdrückung« ein. Mir kommt das ungefähr so vor, als wenn man aufhörte, Rameau zu spielen oder Proust zu lesen. Typisch auch, was eine deutsche Zeitung zur Erklärung dieser barbarischen Tat verzapft, wonach nämlich »etymologisch betrachtet Ma-demoiselle vom lateinischen ›dominicella‹ abstammt« – so weit richtig –, »dem Diminutiv von ›domina‹, der Hausdame also«. Nein, nix Hausdame, »Herrin« muss es heißen. Auch so ein gekilltes Wort, allenfalls noch im Sexgewerbe gebräuchlich. Mei, man möchte spei’n … Aber natürlich besteht nicht der geringste Grund, sich an derlei semantische Amputationserlasse zu halten. Grüßen Sie bitte Ihre Herrin von mir! Und halten Sie der Mademoiselle die Treue!

8. Mai

»Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern. (…) Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfeiern zu beteiligen.« Und: »Wenn wir uns der Verfolgung des freien Geistes während der Diktatur besinnen, werden wir die Freiheit jedes Gedankens und jeder Kritik schützen, so sehr sie sich auch gegen uns selbst richten mag.« Also sprach Richard von Weizsäcker in seiner berühmten, wenngleich anscheinend nicht sonderlich bekannten Rede.

23. Mai

Es ist schon amüsant: Nachdem deutsche Politiker seit Jahrzehnten so ziemlich alle deutsche Politik in einen Zusammenhang mit dem Dritten Reich gebracht haben, vom Föderalismus bis zur Einwanderung, aber ganz speziell eben die Europapolitik, werfen sie nun Thilo Sarrazin vor, dass er in seinem neuen Buch den Euro in diesen Kontext stellt (es ist jener Euro, dessen Einführung weiland Mitterand zur Bedingung machte für seine Zustimmung zur Wiedervereinigung). Und unisono verurteilen und beschimpfen sie bereits vor dessen Erscheinen ein Buch, das sie unisono nicht gelesen haben (können). Diese Kirmes des Anti-Pluralismus ist nicht mehr DDR light, das ist DDR pur.

4. Juni

Auch die diesjährige documenta steht wieder unter dem bewährten Motto: Bastelnachmittag im Irrenhaus.

5. Juni

Wir wissen noch nicht, mit welcher Taktik die deutsche Fußball-Nationalmannschaft diesmal versuchen wird, die Spanier zu schlagen, aber die Art und Weise, wie die DFB-Verantwortlichen Herrn Graumann vom Zentralrat der Juden und seine frivole Forderung, die Mannschaft möge während der Europameisterschaft Auschwitz besuchen, halbwegs ins Leere laufen lassen haben, war taktisch respektabel. Von den Spielern sind nur Lahm, Klose und Podolski hingefahren, dem Rest und den Ermordeten hat man den peinlichen Klassenausflug erspart. Was sollen die Jungs denn dort? Sie haben mit der Sache nichts zu tun und müssen sich auf ihre Spiele vorbereiten, speziell auch zur Freude ihrer israelischen Anhänger. Podolski in Auschwitz, das ist immerhin grotesk genug, mehr »Nie wieder!« geht nicht.

Schlau war auch das Vorgehen von Teamchef Oliver Bierhoff, der moniert hatte, dass Graumann nicht vor dem Gang an die Öffentlichkeit das Gespräch mit dem Verband gesucht habe, denn: Nun könne es »so wirken, als seien wir dahin geführt worden«. Besser konnte er seinen Nasenring nicht ironisieren. Graumann wollte seine Macht auskosten, die Nationalmannschaft, der Deutschen liebstes Kind, an den Hauptort permanent am Schwären gehaltener deutscher Schande zu kommandieren, und sieht sich nun ausmanövriert, ohne dem DFB direkt etwas vorwerfen zu können. Diese Kerle haben einfach nicht geschlossen pariert! Ob denen das am Ende gar ein innerer Reichsparteitag war?

Dass dagegen die Engländer mit der gesamten Mannschaft nach Auschwitz fahren, wie Graumann als vorbildlich preist, hat damit zu tun, dass sie mit ihrer Dauerfixierung auf das dank ihrer bescheidenen Mithilfe geschlagene Hitlerdeutschland den Verlust des Empire bis heute symbolisch zu kompensieren suchen und anscheinend hoffen, aus dem Besuch Motivation zu schöpfen – während bei den deutschen Spielern ja umgekehrt hätte befürchtet werden müssen, dass eine solche Visite ihren Siegeswillen nachhaltig schwächt, so wie junge Deutsche, nachdem man sie erstmals ins KZ geführt hat, beginnen, sich ihrer Herkunft zu schämen. Auschwitz ist eben nicht der »Gründungsmythos der Bundesrepublik« (so bekanntlich Joseph »Joschka« Fischer), sondern im Zweifelsfalle ihr Zerstörungsmythos. Und das wollen wir doch nicht, oder? Wer soll denn dann die nächsten U-Boote an Israel liefern? Was übrigens eine weit sinnvollere Art des Holocaust-Gedenkens ist als deprimierende Totenbesuche und dumme Betonstelenwälder zu Ehren ihrer Erbauer, aber das wäre jetzt ein anderes Thema …

10. Juni

Edison wurde gefragt, nach welcher Methode man in seinen Laboratorien arbeite. Nach gar keiner, knurrte er, man wolle schließlich etwas zuwege bringen.

18. Juni

Hitler ist letztlich verantwortlich für die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, weil er verantwortlich für den Krieg war, so weit, so gut – doch wer ist verantwortlich für die Vertreibung bzw. durch aggressive Polonisierungsmaßnahmen erzwungene Auswanderung von mindestens einer Million Deutschen aus Polen lange vor seiner Machtübernahme? Diese Frage schließt, wie einige benachbarte auch, etwa die nach den plötzlich zwangsweise Tschechen gewordenen Sudetendeutschen, eine andere, noch heiklere mit ein, nämlich: Wer ist verantwortlich für den Aufstieg Hitlers? Da ihre Beantwortung auf die Offenlegung eines höchst komplexen Gefüges von Ursachen und Wirkungen, von diplomatischen Gaunereien und militärischen Erpressungen, von Begehrlichkeiten und Zynismen vor allem auch seitens der Westmächte hinauslaufen würde, denen deutsche Offizielle geschichtspolitisch heute aber am liebsten in den Allerwertesten kriechen – der »lange Weg nach Westen« war ohne Kriecherei nicht zu bewältigen –, macht sich der Finstermännerei bereits verdächtig, wer nur fragt.

PS: Eine interessante Parallele drängt sich auf bei der Erwägung, wer eigentlich verantwortlich für den ersten Kreuzzug gewesen ist.

20. Juni

Sollte Blasphemie nicht wieder verboten werden? So lautet, arg verkürzt oder zugespitzt, der Tenor eines Martin Mosebachschen Essays in (interessanterweise) der Frankfurter Rundschau. Empörung ist garantiert und regt sich allerorten bereits wacker. Ich will die Frage nicht zu beantworten versuchen, weil hier mein Ekel, der »Ja!« ruft, mit meiner Ratio, die doch eher dagegen ist, kollidiert. Ich riete nur all denen, die sich jetzt freiheitlich ereifern, dass sie einmal mit sich zu Rate gehen sollten, ob sie nicht selber lauter Blasphemieverbote hinter ihren in Falten gelegten Stirnen hegen. Ob sie nicht selber nach dem Kadi rufen (würden), wenn abwechslungshalber mal nicht das Christentum und seine Symbole oder irdischen Statthalter verspottet oder verhöhnt werden, sondern, sagen wir, die Demokratie, das Grundgesetz, die soziale Gerechtigkeit, die Frauengleichstellung, das Unvergleichbarkeitsgebot für NSVerbrechen, das Verbot der Todesstrafe, die Gleichheit aller Rassen, der Atomausstieg, die präventive Klimakatastrophenbekämpfung etc. pp. samt den üblichen Stellvertretern dieser edlen Gesinnungen hienieden. Aber nein, werden sie schalmeien, das kann man doch nicht vergleichen, das sind doch wahre, undiskutierbare, heilige Werte! – Es ist lachhaft, wenn sich über einen Blasphemieverbotsvorschlag aufregt, wer selber solche Verbote exekutiert.

21. Juni

Man muss in Sachen EU nur ein einziges Gedankenexperiment anstellen: Wie würde der ganze Laden laufen, wenn Deutschland einfach nicht existierte? Nun, überhaupt nicht. Es gäbe ihn nicht. Die Idee einer bundesstaatartigen Union wäre von vornherein als völlig absurd verworfen worden. Nur gegen Deutschland hat die EU einen Sinn, und sie wird nicht ruhen, bis das Land finanziell erdrosselt ist, bis der Streber endlich für immer am Boden liegt. – Dass Deutschland selber mitspielt, macht die Angelegenheit zumindest für spätere Historiker pikant. Die Streberei auch im Besiegtsein ist schließlich ein weiterer Beleg dafür, dass es sich um ein außergewöhnliches, aber auch außergewöhnlich närrisches Volk handelte.

23. Juni

Nehmen wir einmal an, wir besäßen zur Person Richard Wagners keine einzige Information: Würde es dann immer noch Leute geben, die in seinen Opern Antisemitisches zu entdecken vorgeben?

24. Juni

Der Titanen edle Schar: Hyperion, Kronos, Okeanos, Themis, Atlas, Prometheus, Kahn, Bohlen, Gottschalk (to be continued) …

28. Juni

Angela Merkel erlebt gerade ihr finanzpolitisches 1914. Wieder eingekreist. Und wieder keine passablen Verbündeten. Und wieder Amerika auf der Seite der anderen. Und wieder keine vernünftige Diplomatie. Und wieder keine taugliche eigene Propaganda. Und wieder zahlreiche Sympathisanten der anderen im eigenen Land, ja sogar im eigenen Parlament. Und dabei so viel Wohlverhalten gezeigt, so viel historische Reuebekundungen, so viel symbolische Unterwerfungen (und zwar mit wachsender Intensität, je weiter das Dritte Reich zurückliegt), nicht nur auf die Ostgebiete, sondern inzwischen sogar brav auf deren Erwähnung verzichtet (ohne im mindesten mit den Leiden der Ermordeten und Vertriebenen und dem Völkerrechtsbruch dahinter diplomatisch zu wuchern), alle Untaten des 20. Jahrhunderts auf den deutschen Scheitel gehäuft, auf die Mark verzichtet, bis heute auf Souveränität verzichtet, und das Militär ruiniert, und die Universitäten ruiniert, und das eigene Land in Schulden gestürzt, um den anderen Geld zu geben, und die genetische Wolfssubstanz brav mit Zuwanderern verdünnt – und wieder umzingelt, und wieder die Bösen …

29. Juni

Wir lesen heute in der FAZ lobende Worte des Linksradikalen Dietmar Dath über den Rechtsradikalen Günter Maschke samt Hinweis auf dessen nicht mehr neues, aber neuestes Buch, was bei einer Persona non grata wie Maschke und im herrschenden Klima notorischer Gesinnungskontrolle gegen »rechts« immerhin überraschend ist. Der FAZ-Autor Dath empfiehlt ausdrücklich die Lektüre des Antipoden – der übrigens in der »Zeitung für Deutschland« seit vielen Jahren Schreibverbot hat – und endet mit dem Wunsch, dass sich hierzulande niemals eine Partei entwickeln möge, die Maschkes Denken in Taten umsetze. Wie generös! Immerhin ist Gevatter Dath bekennender Leninist! Und wie erhellend, was die medialen Machtverhältnisse in Deutschland betrifft!

9. Juli

Der erste Satz der EU-Verfassung sollte lauten: Alle Solidarität geht von Deutschland aus.

21. Juli

Wer des Beweises noch bedurfte, dass sie halt irgendwie Charakter-Nazis geblieben sind zu Bayreuth auf dem Hügel, beflissen witternd, unnachgiebig »Zeichen setzend«, randvoll mit Opportunismus und gutem Gewissen, der hat den Be- und Nachweis jetzt endgültig präsentiert bekommen mit der Ausladung des russischen Bassbaritons Jewgeni Nikitin wegen eines zwar ohnehin nicht sichtbaren, ohnehin überstochenen und jugendsündhaft-verjährten Tattoos auf dessen Brust, welches das jahrzehntelange Bayreuther Lieblingsornament (1933–45 überall im und ums Festpielhaus zu sehen, danach nur noch neurotisch auf der Bühne) zeigte und dessentwegen der Mann nun den Fliegenden Holländer nicht singen darf, exorziert mit der typischen, ja typologischen Gleichschaltungsletztbegründung der nunmehr eben als Bewältiger auftretenden Kultur-Blockwarte, dazu müsse man »Haltung beziehen«.

22. Juli

Im spanischen Lokal, beim Entkorken der zweiten Flasche Rioja, sagt Freund M. dem Kellner, der zugleich wohl auch der Inhaber des Restaurants ist, dass wir heute auf Xavi tränken. Der Mann verzieht keine Miene, wenig später steht ein Teller mit Käse, Wurst und Oliven auf dem Tisch, die weiteren Getränke gehen aufs Haus. Ohne jeden Kommentar …

28. Juli

Dass sich in die Geschichte einzig in der Rückschau so etwas wie Kausalität hineingeheimnissen lässt, während sie tatsächlich immer nur zufällig zusammenmischt, was zukunftsblind irgendwohin agiert, und kein Zeitgenosse weiß, was warum geschieht und in welche Richtung der Zug fährt, zeigt sich, wenn man sich nur ausmalt, jemand hätte anno 1987 anlässlich des Honecker-Besuchs in der Bundesrepublik prophezeit, ein Vierteljahrhundert später werde eine aus der DDR stammende Pfarrerstochter als Bundeskanzlerin damit anfangen, das heilige Grundgesetz zu verschrotten, aber keineswegs im Auftrage des siegreich gebliebenen kommunistischen Ostblocks, sondern nach dem vermeintlichen Sieg des Westens und um die Idee eines geeinten Europas an den dummen Völkern vorbei zentralistisch und mit Hilfe von »Kommissaren« durchzusetzen.

14. August

Die Einigung Europas, wie man die Verfestigung der EUStrukturen ins immer Betonhaftere nennt, sei vor allem nötig bzw. »unabdingbar«, weil nie wieder Krieg herrschen dürfe auf dem Kontinent, schalmeien sogenannte »Europa«-Befürworter speziell deutscher Provenienz. Ein Krieg wiederum, haben brave Bundesbürger im Stahlbad der Vergangenheitsbewältigung gelernt, kann eigentlich nur von Deutschland ausgehen. Nun hat aber eine transatlantische Marionette und CSU-Hochstaplerfigur die deutsche Armee längst abgeschafft und die Reste in ein Reservekorps der US-Weltpolizei verwandelt; wer sollte also den Krieg, der nie wieder stattfinden darf, für Deutschland überhaupt führen? Polen und Franzosen etwa unterhalten noch ihre Armeen (keine Sorge, alles Freunde für ewig und immerdar). Aber vielleicht macht sich die Geschichte ja einen satyrspielhaften Jux, und wir erleben bei eventueller deutscher Zahlungs- und überhaupt Europaunwilligkeit nicht bloß die gewöhnlichen Restriktionen erboster benachbarter Bedürftiger, sondern eine erneute Besetzung des Rheinlandes? Einen polnischen Marsch auf Berlin? Doch dann helfen bei der Landesverteidigung sicher die Kumpels von Bushido oder Boris und Ben Becker …

16. August

Die Zeit macht auf mit einem Foto zweier Lesben mit »ihrem« Baby und der Schlagzeile »Wir sind auch eine Familie!«. Nun, das sind sie wohl (wenngleich ein Vater dazugehört, ob sie wollen oder nicht), und das ist auch kein Problem. Wahrscheinlich ist die parallel erhobene Forderung, Schwule und Lesben sollten Kinder adoptieren können, ebenfalls kein Problem, denn besser als im Waisenhaus wird es den meisten Kindern bei ihren homosexuellen »Eltern« wohl gehen. Das Problem ist, dass du in jedem Land der westlichen Welt sofort rasiert wirst, wenn du die Frage aufwirfst, ob gleichgeschlechtliche »Eltern« eventuell zu psychischen Fehlentwicklungen der Kinder führen, wie es zum Beispiel die unlängst vollzogene Geschlechtsumwandlung eines von zwei Lesben aufgezogenen nunmehr ehemaligen Jungen in den USA nahelegt. Das Problem ist, dass das Normale nicht mehr als normal gelten, sondern alles, was ist, undiskutierbar normal sein soll, dass also Toleranz umschlägt in einen Totalitarismus der Toleranz.

20. August

Die Verurteilung war völlig angemessen, aber das Strafmaß, das die russische Justiz wegen schweren Hausfriedensbruchs in der Moskauer Erlöser-Kathedrale über die haarscharf jenseits der Zurechnungsfähigkeit agierenden »Pussy Riot«-Maiden verhängt hat, ist natürlich absurd hoch – ungefähr so absurd hoch wie hierzulande die Strafen für Holocaust-Leugner.

Aber jedes Land bestraft eben die Schändung seiner Primärreligion besonders hart.

28. August

Eine weitere Kapriole von der Egalitarisierungsfront: Eine Assistenzprofessorin der Eastern Illinois University hat mit einem Kollegen sämtliche Rezensionen der New York Times vom vergangenen Jahr darauf untersucht, ob diese Kritiken Bücher von männlichen, weiblichen, weißen oder sogenannt farbigen Autoren betrafen. Das Ergebnis war erwartbar bestürzend: weiße Männer dominierten eindeutig, was die Holde interessanterweise mit deren Anteil an der Gesamtbevölkerung verglich, wobei sie zu dem zeitgeistkonformen Ergebnis kam, dass hier eine erschreckende Geschlechterungerechtigkeit bzw. ethnische Ungleichbehandlung walte. Da hilft wohl nur eine Autorinnen- und Schwarzenquote bei den Verlagen samt Rezensionsverpflichtung seitens der Feuilletons. Saul Bellows distinktives, doch dadurch direktemang diskriminierendes Diktum: »Wenn die Zulus einen Tolstoi haben, werden wir ihn lesen«, kann ja unmöglich das letzte Wort sein.

12. September

Gestern Besuch bei Peter Sloterdijk in L’Île-Rousse auf Korsika. Der kleine Palazzo, in den er den Gast führt, steht im Norden Korsikas, gehört aber nicht ihm, also schenken wir uns dessen Beschreibung. Das Fahrrad, mit welchem er dem Gast durch das Anwesen entgegenfuhr, ist ein Sportrad, mittelgebirgstauglich. In seinem jüngst erschienenen Buch Zeilen und Tage, einem persönlichen Diarium der Jahre 2008 bis 2011, hat sich Sloterdijk, inzwischen 65 Jahre alt, als »Velomane« bezeichnet und einige per Rad erklommene Berge aufgelistet.

Eine populäre Vorstellung will, dass man den Philosophen an gewissen Eigentümlichkeiten seines Äußeren identifizieren können müsse. Ob jemand ein Philosoph ist, hat auch Sloterdijk einmal bemerkt, sei, wenn überhaupt, an seiner Physiognomie zu erkennen. In einen Tagebucheintrag beschreibt er sich als »unfrisierbaren Oger, den man gelegentlich in nächtlichen Fernsehsendungen gesehen hat«. Tatsächlich wirkt Sloterdijk immer ein bisschen wie von woanders her in die Gegenwart gefallen. Nicht nur sein Name, sondern auch sein Kopf erinnert an Figuren der flämisch-niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, irgendwo zwischen Gerrit Dous »Der Alchimist« und Frans Hals’ »Porträt des Claes Duyst van Voorhout«. Allerdings sollte der Begriff Physiognomie in diesem Zusammenhang den gesamten Habitus bis zum Denkstil einschließen. Anders gesagt: Jemand ist ein Philosoph nicht nur in seinen Texten – er ist es ganz oder gar nicht.

Von einer so verstandenen Physiognomie gelangt man schnell zu der Frage, wie der Tag verlaufen muss, wenn es ein gelungener werden soll. Eine gute Maxime findet sich in Sloterdijks Tagebüchern: »Den Sommertag« – mit 28 Grad gehört dieser korsische Septembertag unbedingt noch dazu – »wie eine meteorologische Henkersmahlzeit feiern«. Wie der Besucher sich den Ablauf denn vorstelle, erkundigt er sich. Der will am liebsten mit dem Rad in die Berge und abends bei Tische Wiedergutmachung leisten. Der Gastgeber stimmt zu, weist aber darauf hin, dass das Mittelmeer derzeit »besonders seidig« sei und dass es hier eine wunderschöne kleine Bucht gebe, die man vorher besuchen sollte. Zwei Bekannte kommen auch mit.

Sloterdijk ist augenscheinlich ein geübter Schwimmer. Er schwimmt so weit hinaus, dass man ihn allmählich aus den Augen verliert. Schließlich ist er verschwunden – bis sein Gast anfängt, sich die Schlagzeile »Deutscher Philosoph vor Korsika ertrunken« auszumalen, und auch die anderen Begleiter unruhig werden. Plötzlich steht der Verschollene wie aus dem Boden gewachsen wieder vor denen, die noch das Meer nach ihm abstarren, und meldet sich zurück mit den Worten: »Was sucht ihr den Auferstandenen unter den Toten?« Eine Strömung habe ihn abgetrieben, sagt er. Hinfort, beschließt der Gast, sei jeglicher Kleinmut hinsichtlich Sloterdijkscher Physis begraben.

Apropos Physis: Nach zwei mittäglichen Flaschen Weißwein kommen die Räder zum Einsatz. Die »Insel der Schönheit« bietet die Gelegenheit, fast vom Ufer weg auf sich munter emporschlängelnden Straßen in die Berge zu pedalieren. Couragiert und in achtbarem Tempo erklimmt der Meisterdenker die Rampen. Kein Helm schützt sein erlesenes Gehirn. Die Beine oberhalb des Knies sind sichtlich sonnenverbrannt; er muss diese Exerzitien öfter treiben. Er habe herausgefunden, schnauft Sloterdijk weise, dass man nur langsamer fahren müsse, um längere Anstiege zu bewältigen. So habe er es sogar hinauf nach L’Alpe d’Huez geschafft. Ein Philosoph auf einem Sportrad? Dass er zumindest ein Epikureer ist, erkennt man auf dem Heimweg, als sechs Zigarren sowie eine große reife Zitrone als Zutat fürs Abendessen die Taschen seines Trikots beulen.

Später, als er ein Huhn unter anderem mit jener Zitrone stopft, erzählt der temporäre Koch von Gorgias, dem Athener Sophisten, der sein Publikum aufforderte, es möge irgendeinen Gegenstand nennen und er werde sofort eine Rede darüber improvisieren. »Eine Zeitlang war das ein bisschen meine Rolle. Aber sie ist es nicht mehr.«

Dass er über nahezu jedes Thema extemporieren konnte, ob nun über das Auto als Ersatz-Uterus, die Nation als medial erzeugtes Stresskollektiv oder die modernen Kundenbindungssysteme als Partnerschaftssubstitute, hat ihm den Ruf eines bloßen Zeitgeist-Denkers eingetragen. Tatsächlich verweigert er sich beharrlich nahezu sämtlichen zeitgeistigen Verpflichtungen. Allein seine fernab jeder lamentierenden Gesellschaftskritik angesiedelte Heiterkeit steht quer zum intellektuellen Mainstream. Sein Buch Weltfremdheit endet mit dem Bekenntnis zur »Pflicht, glücklich zu sein«. Sloterdijk hat kein Interesse an der modischen Demontage der abendländischen Tradition. Autoren, die erst zweitausend Jahre tot sind, betrachtet er nicht als überholt, sondern als Zeitgenossen, von deren Denken sich befruchten lassen zu dürfen ein Privileg ist. Diskurse stoßen ihn ab. Nie hat er sich an der moralisierenden Miesmachung von Denkern beteiligt oder sich beflissen von »umstrittenen« Autoren distanziert, ob es sich nun um Joseph de Maistre, Carl Schmitt, Ernst Nolte oder Antonio Negri handelt. Oder um Thilo Sarrazin. Die Attitüde des Zensierens, Warnens oder gar Denunzierens ist dem Philosophen durchaus fremd. Dass manche Denker ein wenig nach Schwefel riechen, animiert eher sein olfaktorisches System.

Jenes wird nun auch von einem fabelhaften Rebstoff aus dem Margaux animiert, welcher auf dem Tisch steht, um dem Braten samt kandiertem Gemüse zu assistieren. Kochen kann der Mann also auch noch. Umgekehrt darf der Gast sich fortan einem exklusiven Kreis zugehörig fühlen: den von Sloterdijk Bekochten. Zu Paul Bocuse gehen kann schließich jeder.

Nur der Taxifahrer besitzt detaillierte Kenntnisse, wie ich nach Calvi zurückkam.

14. September

Am Rande einer orthodoxen Taufe erwarb ich eine Doppel-Ikone des Christus Pantokrator (вcедержитель) und der Gottesmutter Hodegetria in Form eines kleinen, reisetauglichen Klappaltärchens. Ob ich ein Orthodoxer sei, frug mich die mit dem Verkauf der Heiligenbilder betraute Kirchenmitarbeiterin. In gewissem Sinne, erwiderte ich, denn ich sei Mitglied der Weltkirche der Schönheitsanbeter. Aber alle Schönheit komme von Gott, versetzte sie. Womöglich sei sie in noch stärkerem Maße auf Gott gerichtet, antwortete ich nicht, sondern dachte es bei mir, während ich mich nickend entfernte. Insoweit hat die Frau gewiss recht: Nahezu alle von Menschenhänden geschaffene Schönheit ist das Werk von Personen, die auf irgendeine Weise von Gott oder dem Göttlichen erfüllt waren. Wir Atheisten haben der Geschichte des Schönen wenig Substantielles hinzuzufügen.

19. September

Es ist eigentlich logisch, dass der Dortmunder Spieler Mats Hummels gestern mit seinem Elfmeter am Torwart von Ajax Amsterdam scheiterte, denn dieser Torwart trägt den Namen Vermeer, das heißt, nur ein Spieler namens Velázquez hätte ihn, allenfalls, bezwingen können.

20. September

Ich wusste bislang nicht, dass es so etwas wie Rechts-Rap gibt, aber ein linker Erregungsdienst hat Schlimmes zusammengestellt, darunter die unbedingt festhaltenswerten Verse: »Ihr seid Kröten / Die ausgerechnet dann loströten, / Stellt man Fragen nach dem Verbleib der deutschen Föten.«

23. September

Wie jedes Jahr Zaungast beim Trachtenumzug zur Eröffnung des Oktoberfests. Wie jedes Jahr gerührt, dass es Menschen gibt, die ihre Tradition so beharrlich pflegen. Wie jedes Jahr die traurige Feststellung, dass Marschmusik, weil unter Militarismusverdacht stehend, in unserem rigide durchpazifizierten Ländchen aus der Öffentlichkeit nahezu verschwunden ist (wie sehr sie einst zum normalen Alltag gehörte, zeigen nicht zuletzt die Symphonien Mahlers). Ich war selber anderthalb Jahre zwangsweise Angehöriger einer nach außen ziemlich lächerlichen, aber nach innen nicht ungefährlichen Armee namens NVA, und ich empfand die Exerziererei dortselbst mitsamt dem Absingen von Marschliedern, die jede zivile Vorstellung von Produkten des Schwachsinns weit übertrafen, als extreme Zumutung. Und doch ist meine Begeisterung für Spielmannszüge ungebrochen geblieben, speziell was jenen grandiosen Moment angeht, wenn nach ausgiebigem Präludieren der Trommeln triumphierend die Fanfaren einsetzen. Ich behaupte, dass es nahezu jedem so geht, dass der Mensch gern marschiert, nicht unbedingt im Gleichschritt, aber im Rhythmus der Musik, aus schierer vitaler Freude und mit beschwingtem Frohlocken, für welches die Spielmannszüge und Militärkapellen immer noch den schönsten Anlass geben.

24. September

Zu Münster hat man also den Hindenburg-Platz umbenannt, weil Paul von Hindenburg, wie es in ermüdendem Metaphern-Einerlei heißt, ein »Steigbügelhalter Hitlers« gewesen sei und im Bündnis mit diesem die »autoritäre Verformung« Deutschlands angestrebt habe. An dergleichen Meldungen ist Homo bundesrepublikanensis inzwischen gewöhnt. So verschwand der Name der ostpreußischen Heimatdichterin Agnes Miegel – Marcel Reich-Ranicki nahm drei ihrer Balladen in seinen Gedicht-Kanon auf – in mehreren Städten von den Straßenschildern, weil sie im Dritten Reich auch Hymnen auf Hitler geschrieben hatte. Wer jetzt innehalten mag, um durchzurechnen, wieviel es kosten würde, um all die Autoren von den Straßenschildern und aus den Stadtplänen zu tilgen, die Lobpreisungen Stalins geschrieben haben, von Feuchtwanger bis Brecht, von Ernst Bloch bis Heinrich Mann: bitte schön! Von den zahlreichen ostdeutschen Wilhelm-Pieck- oder Ernst-Thälmann-Straßen zu schweigen. Vor diesem Hintergrund wirkt es etwas degoutant, dass ausgerechnet die Links-Fraktion im Ruhrstädtchen Velbert dieser Tage die Umtaufung dreier Straßen durchgesetzt hat, die nach Schriftstellern benannt waren, die »dem Nationalsozialismus unkritisch gegenüberstanden«.

In Berlin trägt das einstige Gröbenufer jetzt den Namen der afrodeutschen Aktivistin May Ayim, die, wie uns Wikipedia belehrt, »als eine der Pionierinnen der kritischen Weißseinsforschung gilt« (eine »kritische Schwarzseinsforschung« gibt es übrigens nicht). Otto Friedrich von der Groeben hatte 1683 im Auftrag des Großen Kurfürsten die brandenburgische Kolonie Groß Friedrichsburg im heutigen Ghana gegründet. Den gegen ihn erhobenen Vorwurf, er sei in den transatlantischen Sklavenhandel verstrickt gewesen, nannte ein Kolonialhistoriker »gröblichen Rufmord«. Aber immerhin: Ohne Männer wie Groeben gäbe es heute keine von Weißen alimentierte kritische Weißseinsforschung.

Was nun Hindenburg angeht, so wurde der Heerführer 1927 Namenspatron des Platzes, weil er im August 1914 bei Tannenberg den russischen Vormarsch in Ostpreußen gestoppt hatte (strenggenommen war es der unter ihm agierende Ludendorff), und seit dem Siebenjährigen Krieg wusste speziell die Zivilbevölkerung, was ein russischer Vormarsch bedeuten kann. Als Reichspräsident hat er sich im Januar 1933 gut demokratisch verhalten, indem er den Chef der stärksten Partei zum Kanzler ernannte und mit der Regierungsbildung beauftragte, und man sieht auch im nachhinein nicht recht, welche Alternative ihm zu Gebote stand. Hätte der greise Aristokrat nach seinem Herzen gehandelt, das Parlament aufgelöst und den Kaiser wieder eingesetzt, wäre Deutschland viel erspart geblieben, aber man würde ihn heute erst recht als Antidemokraten schmähen. Angesichts des so mainstreamigen wie risikolosen Eifers seiner nachträglichen Verurteiler stellt sich indes die bange Frage, auf welche Seite sie selber sich wohl anno 1933 geschlagen hätten …

Vermutlich werden noch viele symbolpolitische Gerichtstage folgen, bis ein Teil der Vergangenheit dieses Landes komplett gelöscht ist. Oder man akzeptiert einfach das historische Gewachsensein von Kommunen mitsamt ihren Straßennamen. Für die Benennung mit linksgrünen Helden stehen doch hinreichend viele Windparks, Gesamtschulen und Krötentunnel zur Verfügung.

25. September

Es gibt eine große Zahl von Leuten, die der festen Überzeugung sind, dass nicht die Gene den Menschen formen, sondern die Gesellschaft bzw. die Umwelt – und zwar bis zum Geschlecht –, und die sich zugleich als erbitterte Gegner der Eugenik oder der genetischen Optimierung des Menschen präsentieren. Aber wenn sowieso die Umwelt alles bestimmt, wird man doch wohl hemmungslos genoptimieren dürfen, oder?

26. September

Wie ich dem gestrigen Talkshow-Auftritt einer Schauspielerin namens Demirkan entnehme (ihre Paraderolle wäre, glaube ich, die Zeit-Abonnentin), ist die Weltsicht des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowsky »rassistisch«, woraus man wohl folgern darf, dass auch jedes in Neukölln geschossene Foto tendenziell »rassistisch« sein muss (weswegen man, fotografierte man dort, wohl zu Recht eins auf die Fresse bekäme). Es ist erstaunlich, mit welcher Regelmäßigkeit die aggressiv wohlmeinenden Problemzukleisterer und Wunschweltenbesiedler in hiesigen TV-Runden ideale Sprechsituationen und gesicherte Mehrheitsverhältnisse vorfinden, wobei im Fall Demirkan/Buschkowsky besonders abgeschmackt war, dass die Wolkenkuckucksheimbewohnerin den Praktiker und Zustandskenner belehren zu dürfen meinte, wie er die Sozialisierung seiner in die Tausende gehenden Integrationsphobiker zu bewerkstelligen habe.

30. September

Solange Grigory Sokolov Klavier spielt, ist auf Erden nichts verloren.

5. Oktober

Es ist bloß ein Gerücht, dass der Bundesmängelbeauftragte G. Wallraff als blonder Hauptschüler verkleidet in Nord-Neukölln recherchiert, um eine Fortsetzung seines Bestsellers Ganz unten zu schreiben.

6. Oktober

Das Beispiel ist beliebig: In einem Artikel der Zeit unter der Überschrift »Hitlers willige Landser« wird anhand einer wissenschaftlichen Arbeit über »die Wehrmacht von innen« der Versuch unternommen, die Eskalation des Krieges im Osten aus der Ideologisierung der Truppe zu erklären (bzw. eben doch nicht der Truppe, sondern eher bloß ihrer Offiziere, der Rest sei Opportunismus gewesen, und davon versteht man bei der Zeit einiges), ohne ansatzweise auf die Kriegsrechtslockerungsübungen auch der anderen Seite einzugehen. Sowohl die Einäugigkeit als auch die Kollektivschmähung sind vom Zeitgeist gedeckt.

An dieser Stelle sei deshalb folgende Prognose riskiert: Im Zuge fortschreitender Egalitarisierung wird es früher oder noch früher kaum mehr möglich sein, über irgendeine Menschengruppe öffentlich etwas Negatives zu sagen – ausgenommen alle Deutschen, die sich zwischen 1933 und 45 nicht im Exil oder im KZ befanden. Im Gegenzuge darf man heutzutage die gesamte deutsche Gesellschaft der Jahre 1933 bis 1945 (gern auch früher beginnend) al fresco und mit immer größerem Furor kriminalisieren, denn in irgendeinem Mülleimer müssen ja auch die Alleraufgeklärtesten ihren blinden Dünkel und ihre unentwegt nachwachsenden Aversionen unterbringen, damit sie nicht daran ersticken.

9. Oktober

Im gentlemanlike