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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Aufbau der Arbeit
1.2 Methodisches Vorgehen
1.3 Forschungsbericht
2 Definitionen und Historisches
2.1 Begriffserklärung: Dialekt – Umgangssprache – Standardsprache
2.2 Hochsprache und Dialekt – Ein historischer Überblick
2.2.1 Deutschland
2.2.2 Bayern
2.3 Verbreitungsgebiet
2.4 Der Dialekt in der Europäischen Ethnologie – Kulturraumforschung
2.4.1 Sprachatlasforschung
2.4.2 Sprachinselforschung
3 Heimat und Identität
3.1 Heimat – was ist das?
3.2 Heimat und Identität – Regionale Verwurzelung in Zeiten der Globalisierung
3.3 Die Sprache der Heimat – Identitätserzeugung und Ausgrenzung durch Dialekt
3.4 Zwischenfazit
4 Dialekt im Fokus der Bildung
4.1 „nachlässige, träge und denkfaule Leute“ – Pro und Contra bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts
4.2 Von der Defizit-Hypothese Bernsteins zur Sprachbarrierendiskussion
4.3 Gegenwärtiger Umgang mit Dialekt im Unterricht
4.4 Zwischenfazit
4.5 Eine aktuelle Debatte – „Hallo“ und „Tschüss“ in Niederbayern
5 Bairisch in den Medien
5.1 TV und Kino
5.2 Rundfunk
5.3 Werbung
5.4 Zeitung, Bücher und Facebook – geschriebenes Bairisch
5.5 Zwischenfazit
6 „Host mi?“ – Zur Wirkung des Dialekts
6.1 Exkurs Stereotype
6.2 Der typische Bayer – oder „Was vermittelt die Sprache?“
6.2.1 „In Bayern daheim…“
6.2.2 „… In der Welt zu Hause.“?
6.3 Zwischenfazit
7 Zusammenfassung und Ausblick
8 Literaturverzeichnis
8.1 Quellen
8.2 Sekundärliteratur
Gegenstand dieser Arbeit ist der bairische[1] Dialekt. Hierbei spielt jedoch nicht die sprachwissenschaftliche Analyse eine Rolle, sondern dessen kulturelle Relevanz innerhalb der Gesellschaft.
Durch mein Studium in Baden-Württemberg und Bayern bin ich immer wieder mit verschiedenen Dialekten in Berührung gekommen, selbst jedoch, als gebürtige Niedersächsin, weitgehend dialektfrei aufgewachsen. Aus dieser außenstehenden Perspektive sind mir Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen aufgefallen, speziell im Umgang der Menschen mit ihrem Dialekt. Besonders intensiv scheint mir diese Beziehung in Altbayern, weshalb ich mich auch in der Arbeit auf diesen Teil des dialektalen Südens Deutschlands beschränken möchte. Interessant ist für mich dabei nicht nur die Nutzung des Dialekts seitens seiner Sprecher[2] im Alltag, sondern auch dessen Bewertungen durch die Wissenschaft, Medien und „Nicht-Sprecher“ aus anderen Regionen Deutschlands. Wie wird der Dialekt von wem bewertet? Welche Assoziationen, Stereotype und Vorurteile sind mit ihm verbunden? Aber auch der soziale Aspekt soll eine Rolle spielen: Machen Dialektsprecher Unterschiede im Umgang mit anderen Dialektsprechern, bzw. solchen, die kein Bairisch sprechen? In welchem Zusammenhang steht der Dialekt also mit sozialer In- und Exklusion? Und inwiefern spielt er eine Rolle für die Identität der Sprecher?
Dabei konzentriere ich mich bis auf einzelne Abschnitte, die zur Einbettung in einen historischen Kontext notwendig sind, vor allem auf die gegenwärtige Dialektsituation in Altbayern. Insgesamt soll so ein umfassendes Bild der aktuellen Nutzung, Bewertung und Bedeutung des bairischen Dialekts innerhalb und außerhalb Bayerns gezeichnet werden.
In der vorliegenden Arbeit soll zunächst auf den bairischen Dialekt, dessen Definition, sowie seine Geschichte und Verbreitung eingegangen werden. Im Anschluss wird das Thema „Sprache“ in den Kontext der volkskundlichen Forschung gestellt, wobei neben der Sprachinselforschung vor allem die Arbeit an Sprachatlanten eine wichtige Rolle spielt. Danach möchte ich auf das Thema Heimat und Identität zu sprechen kommen, das im Verlauf der Arbeit immer wieder auftauchen wird. Was ist eigentlich Heimat? Wie hängt sie mit dem Begriff der Identität zusammen und in welchem Maße sind beide durch den Dialekt beeinflusst? In diesem Zusammenhang soll auch die soziale In- und Exklusion[3] durch die Sprache, bzw. den Dialekt, angesprochen werden. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich intensiver mit dem Dialekt als Bestandteil des kulturellen Lebens, wobei zunächst auf den Aspekt der (Schul-)Bildung eingegangen wird. In diesem Rahmen wird ein Wandel des Ansehens von Mundarten in den verschiedenen Jahrhunderten – oder auch Jahrzehnten – deutlich, eine wichtige Vorgeschichte für das heutige Verständnis und die Bewertung von Dialekten. Dieser gegenwärtige Umgang wird anschließend anhand von sowohl wissenschaftlicher Lektüre als auch aktuellen Lehrplänen der bayerischen Schulen analysiert und mit einer aktuellen, öffentlichen Debatte zum Thema ergänzt. Wichtig erscheint außerdem die Verwendung und Bewertung des bairischen Dialekts durch die Massenmedien, die das Bairische zum Teil in ganz Deutschland verbreiten. Dieser Punkt ist gegliedert in audiovisuelle Medien, Produktwerbung und Geschriebenes und soll neben der Frage, warum sich gerade das jeweilige Medium des Dialekts bedient, vor allem klären, was und in welcher Form der bairische Dialekt jeweils vermittelt. Spätestens bei der Medienanalyse tauchen immer wieder bestimmte Assoziationen mit dem bairischen Dialekt auf, mit denen ich mich im letzten Punkt der Arbeit auseinandersetzen möchte. Den theoretischen Hintergrund hierfür liefert ein Exkurs über Stereotype und deren Entstehung. Welche Stereotype mit dem Bairischen bedient, aufrechterhalten oder widerlegt werden, soll anschließend untersucht werden. Dafür wird – wie auch im Fragebogen – eine Unterteilung in Bayern und Nicht-Bayern vorgenommen, um zwischen den verschiedenen Sichtweisen in den Regionen differenzieren zu können. Was vermittelt der Dialekt in Bayern daheim und ist er tatsächlich in der Welt zu Hause?[4] Abschließend soll auf eine besondere sprachliche Form der Dialektnutzung eingegangen werden, in der ein Stereotyp konzentriert vorgefunden werden kann: Der Witz als Ausdruck norddeutscher Vorurteile und bayerischen Selbstbewusstseins.
Das gewählte Thema ist sehr umfassend und tangiert neben der Europäischen Ethnologie u.a. auch die Forschungsfelder der Allgemeinen Sprachwissenschaft, der Soziolinguistik und der Medienwissenschaften. Aus diesem Grund war es von Anfang an wichtig, Einschränkungen zu treffen und nur bestimmte Aspekte dieses Komplexes zu bearbeiten. Daher bot es sich an, weniger auf Standardwerke der jeweiligen Forschungsbereiche zurückzugreifen, als spezielle Literatur zu einzelnen Themenpunkten zu verwenden.
Ergänzend zur Analyse dieser wissenschaftlichen Lektüre wurde im Rahmen der Arbeit ein Online-Fragebogen erstellt. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie Menschen verschiedenen Alters, Geschlechts und Berufes in unterschiedlichen Regionen Deutschlands erreicht. Die Art der Fragestellung reicht von Multiple-Choice über Einschätzungs-Fragen mit Likert-Skalen bis hin zu offenen Fragen mit freier Texteingabe. Der Fragebogen besteht in zwei verschiedenen Versionen, wobei eine, im Folgenden „intern“ genannt, von Altbayern, also Bewohnern Ober- und Niederbayerns und der Oberpfalz beantwortet werden sollte und die andere, „extern“, von allen übrigen. Diese Zweiteilung macht eine differenzierte Bewertung des Dialekts möglich und lässt spezifische Fragen zu. Wenn im Laufe der Arbeit in Bezug auf die Fragebögen von „Bayern“ oder „in Bayern“ die Rede ist, meint dies immer den internen Fragebogen und bezieht sich somit auf das Gebiet Altbayerns. Daraus ergibt sich, dass in den Begriffen „Nicht-Bayern“ oder „außerhalb Bayerns“, wiederum in Bezug auf die Umfrage, auch Schwaben und Franken eingeschlossen sind, die ja politisch ebenso zum Freistaat Bayern gehören. Dies ist der Abgrenzung des mittelbairischen Dialektgebiets geschuldet, was in Kapitel 2 noch näher erläutert wird. Beide Fragebögen waren vom 7.12.2011 bis zum 15.01.2012 etwa sechs Wochen lang öffentlich zugänglich, insgesamt haben sich 71 Personen am internen und 98 Personen am externen Fragebogen beteiligt – nicht auswertbare Ergebnisse aufgrund von Abbruch der Befragung oder stark lückenhaften Angaben nicht mit eingerechnet. Die Ergebnisse des Fragebogens werden in der Arbeit überwiegend mit Hilfe von Diagrammen veranschaulicht und sollen sowohl Thesen stützen als auch neue Aspekte aufwerfen. Zitiert wird aus dem Fragebogen nach folgendem Schema: Differenzierung intern/extern, [Angabe der Variablen, die jeder Frage zugeordnet ist]. Wird eine Antwort direkt zitiert, enthält die Fußnote außerdem noch Geschlecht, Alter und Herkunftsbundesland oder –regierungsbezirk (für Bayern) der befragten Person[5].
Des Weiteren wird vor allem in den Kapiteln 4 und 5 eine Analyse des öffentlichen Diskurses anhand von Presseartikeln und Fernsehbeiträgen durchgeführt. Dabei wurde darauf geachtet, eine möglichst umfassende Auswahl zu treffen, neben regionalen werden daher auch überregionale Medien hinzugezogen, außerdem solche, die ihren Sitz nicht in Bayern haben.
Das Thema Dialektologie wird heute in erster Linie dem Forschungsfeld der Sprachwissenschaft zugeordnet, doch auch die Kulturwissenschaften haben einen großen Anteil daran, da Sprache immer auch eine kulturelle Äußerung ist. Ein Standardwerk, dass im Laufe der Arbeit immer wieder zu Rate gezogen werden wird, ist die „Einführung in die Dialektologie des Deutschen“ von Hermann Niebaum und Jürgen Macha als zweite, neubearbeitete Auflage aus dem Jahr 2006[6]. Dieses beschäftigt sich vor allem aus sprachwissenschaftlicher Sicht mit dem Dialekt, setzt diesen aber auch in den Kontext der Gesellschaft. So werden beispielsweise „Dialekt in der Schule“ oder „Dialekt in den Medien“ thematisiert, die als Schwerpunkte auch in dieser Arbeit auftauchen.
Das Kapitel Heimat und Identität stützt sich hingegen weitestgehend auf die Definition von Ina-Maria Greverus zum Thema „Heimat“, deren „literaturanthropologischer Versuch zum Heimatphänomen“ von 1972 noch heute aktuell ist[7].
Die Forschungsmeinung zum Thema Bildung und Dialekt hat sich auch in den letzten Jahrzehnten noch stark gewandelt, während Basil Bernsteins „Class, Codes and Control", ein Standardwerk der Soziolinguistik, in den 1970er Jahren eine Debatte um die gezielte Sprachförderung „dialektbelasteter“ Kinder anstieß, schlägt die neueste Veröffentlichung zum Thema eine andere Richtung ein: „Dem Dorfschullehrer sein neues Latein …“ ist eine Sammlung von Aufsätzen, die sich zum „Stellenwert und Bedeutung des Dialekts in Erziehung, Unterricht und Wissenschaft“ äußern[8]. Der Dialekt wird hier insgesamt als ein Kulturgut betrachtet, das in der Schule gefördert werden solle, da „Dialektkinder“ z.B. beim Erlernen von Fremdsprachen im Vorteil seien. Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch zwei sogenannte „Handreichungen für den Unterricht“, zum einen herausgegeben vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung in München[9], zum anderen vom UDI, dem Unterfränkischen Dialektinstitut in Würzburg[10]. Diese befassen sich nicht nur mit dem Thema Dialekt in verschiedenen Kontexten, sondern beinhalten auch konkrete Vorschläge zur Behandlung des Themas im Unterricht.
Zum anschließenden Kapitel „Bairisch in den Medien“ liegen bisher nur vereinzelt Forschungsergebnisse vor. Besonders von Interesse war für meine Arbeit dabei die Veröffentlichung „Ansichtssache Bayern. Annäherungen an eine Heimat“[11] des Bayerischen Rundfunks, das neben Aufsätzen zu speziellen Themen vor allem die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in allen Regierungsbezirken Bayerns rund um das Thema „Heimat“ enthält, die meine eigenen Umfragewerte zum Teil stützen oder ergänzen.
Im Bereich der Stereotypenforschung der Europäischen Ethnologie ist nach wie vor Ulrich Nußbecks „Schottenrock und Lederhose“[12] von 1994 ein informatives Grundlagenwerk, auf das ich im abschließenden Kapitel aufbauen möchte.
Insgesamt sind im Bereich der Europäischen Ethnologie im Zusammenhang mit Dialekten vor allem Titel zum Thema Identitätsstiftung erschienen. Ein besonderer Schwerpunkt, der jedoch für diese Arbeit kaum eine Rolle spielt, liegt dabei auf der Bedeutung des Dialekts für die Identität von Heimatvertriebenen, Immigranten oder anderen sprachlichen Minderheiten innerhalb eines Landes. Weitere Veröffentlichungen tangieren vor allem das Feld der Kulturraumforschung und beschäftigen sich mit der Dialektgeographie im Rahmen von Atlas-Projekten oder der Erforschung von Sprachinseln.