Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2022 Carola Jost-Franz
Korrektorat: Beatrix Wicki
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7543-6510-6
BOSWELL
EMELY
BARNEY
Diesen Ratgeber widme ich unseren drei Familienhunden Boswell (1998-2012),
Emely (2009) und Barney (2014). Sie waren und sind uns treue Wegbegleiter
und unverzichtbare Familienmitglieder.
Vor dreizehn Jahren trat sie in unser Leben. Heute frage ich: Wie lange wirst du noch da sein? Wie wird es einmal ohne dich sein? Dann schauen wir uns lange an. Erst blickst du mir direkt in die Augen. Dann weichst du aus, schaust neben dich auf den Fußboden. Du vergräbst dein Gesicht unter deinen Pfoten und weg bist du. Du schläfst. Alt bist du geworden, hast die Ernsthaftigkeit meiner leisen und zaghaften Fragen nicht verstanden. Oder doch?
Emely und ich – ich und Emely. Unsere Beziehung ist keine ganz einfache. Ja, ich würde sagen, wir sind uns fast zu ähnlich, und das tat unserer Beziehung nicht immer gut. Nun, im Alter werde ich milder, oder meine es zumindest, und so nähern wir uns gemeinsam an. Ich bin jedenfalls bereit, neue Schritte zu wagen. Das Thema, das uns zusammenbringt, ist das Alter. Gemeinsam altern wir. Und ich habe festgestellt: Mit Emely macht es Spaß! Wir brauchen einander jetzt. Früher war das anders.
Früher waren da Kinderstimmen, Puppenwagen, lustiges Gelächter. Unsere beiden Töchter waren zu Hause und Emely mittendrin. Emely, das war der Kinderstar unserer Familie. Unsere Tochter Paula hatte sich so sehr einen Hund gewünscht, dass mein Mann und ich uns doch wieder dazu durchgerungen hatten: Es sollte ein weiterer Hund in unsere Familie kommen. Boswell gab es schon. Er war ein schöner, schwarzer und schon alter Labradorrüde. Zu schwer und zu stark für Paula, die doch erst im Kindergarten war. Mit ihm alleine konnte sie nicht spazieren gehen. Lili konnte das. Sie war schon dreizehn Jahre alt. Paula war darauf angewiesen, dass die große Schwester mitkam, wollte sie mit dem Hund nach draußen gehen. Das sollte sich mit Emely bald ändern. Emely wurde Paulas Hund. Während ihrer kompletten Kindheit war Emely eine wichtige Bezugsgröße.
Es begann so, dass die beiden Schwestern im Frühling 2009 konkrete Pläne zu schmieden begannen. Sie fanden heraus, dass Muttis Allergie gegen Hundehaare, die mit den Jahren gekommen war, kein Hinderungsgrund für einen neuen Hund war. Und Papa konnte sowieso nur Ja sagen, weil er seinen zwei Töchtern nichts abschlagen konnte.
Also kurz und knapp: Emely kam zu uns. Es war Juli, der letzte Tag vor den Sommerferien und die Hündin wurde ein fröhlicher Zuwachs für unsere Familie.
Emely ist eine Bichon-Frisé-Hündin. Ideal für Allergiker, optimal für kleine Kinder, denn Emely wiegt ausgewachsen kaum mehr als fünf Kilogramm. Und perfekt für die Hausfrau, den Hausmann. Sie verliert keine Haare, sondern muss zum Frisör.
Heute sieht es bei uns so aus: Die Kinder sind aus dem Haus, Paula wohnt zwar noch bei uns, aber ist viel unterwegs und viel beschäftigt (Studium, Freund und Kolleginnen). Lili studiert schon lange in Deutschland. Wir sind übrig geblieben: Mein Mann, ich, Emely und Barney. Boswell starb schon vor vielen Jahren, aber vor acht Jahren kam noch Barney dazu. So haben wir wieder zwei Hunde. Und nun sitze ich da und denke: Jetzt werden wir zu viert alt.
Emely ist die biologisch älteste in unserem kleinen Verbund. Und auch ich fühle die Jahre in mir aufsteigen und frage mich, wo die Zeit geblieben ist. Spätestens jetzt, da ich bei einem Besuch im Gefängnis von einem etwa 30-jährigen Mann «Sie könnten meine Mutter sein!» zu hören bekam, muss ich mir Gedanken über das Alter machen. Es haben sich viele Fragen bei mir angesammelt. Ich beobachte Emely und komme zur Überzeugung: Ich kann von ihr lernen und werde mir Tipps von ihr holen.
Tipps könnte ich mir in der ganzen Familie holen. Das Alter spielt in unserer Familie eine große Rolle. Unsere Paula hat letzten Sommer ihre Ausbildung als Fachfrau Gesundheit im Altersheim abgeschlossen. Mein Mann leitet ein Altersheim in Zürich und ich selber bin Pfarrerin in drei Dörfern, mit drei Friedhöfen und zwei Kirchen und habe viel mit älteren Menschen zu tun. Lili studiert Theologie und wird bald in den Praxisalltag eintauchen. Altsein umgibt uns also alle. Und nicht nur das: Altsein ist für mich und meinen Mann keine Theorie mehr. Wir werden alt. Meine Kinder würden sagen, wir sind alt.
Emely jedenfalls ist es. Und sie ist meine persönliche Beraterin zu diesem Thema geworden.
Ich bin schon mein halbes Leben lang, also seit einem Vierteljahrhundert, Pfarrerin. Aktuell bin ich als Gemeinde- und Gefängnisseelsorgerin tätig. Sollte man da humorvoll über das Alter schreiben? Ich denke, das ist in Ordnung. Humor ist eine ernste Sache. Humor bringt einen anderen, ungewöhnlichen und unbestechlich ehrlichen Blick in unseren Alltag. Der englische Schriftsteller Charles Dickens (1812-1870) sagte es so: «Gibt es schließlich eine bessere Form mit dem Leben fertig zu werden als mit Liebe und Humor?» Mit dem Leben muss man fertig werden, gerade auch mit dem Alter. Die Natur, die Tiere und besonders Hunde helfen uns dabei. Meine Hunde haben mir meinen Horizont geweitet und mich befähigt, Dinge neu zu betrachten. Unsere Hunde bringen mich zum Lachen. Ich liebe sie. Meine Hunde wecken in mir positive Gefühle. Sie bringen mich zum Staunen über Gottes große Schöpfung. Ich bin einfach begeistert, was Hunde lösen und auslösen können.
Humor und Heiterkeit machen das Leben erträglicher. Die vielen großen und kleinen Beschwerlichkeiten des Älterwerdens möchte ich nicht beschönigen. In Gesprächen und Begegnungen mit Menschen allen Alters habe ich gemerkt, wie wichtig eine gute Portion Heiterkeit im Leben ist.
Mit diesen Betrachtungen ist der kleine Ratgeber fürs Älterwerden entstanden. Und es liegt an der Erschaffung der Zeit: Alles, was lebt und atmet, wird älter. Somit ist dieser Ratgeber auch für Junge, Jüngere, Menschen mittleren Alters, Ältere und Alte gedacht.
Sind jetzt Ältere älter als Alte oder sind Ältere doch jünger als die Alten?
Bin ich alt? Dieser Frage möchte ich ausweichen. Vielmehr möchte ich Emely ins Visier nehmen. Emely ist alt. Sie ist dreizehn Jahre alt. Ein stattliches Hundealter.
Für ihr Alter ist sie noch jung, so meine Einschätzung. Sie bewegt sich wendig, geht gerne Gassi und kann mit unserem Labradoodle gut Schritt halten. Aber sie wird alt. Sie schläft viel und liegt gerne im Körbchen. Wir sind froh, dass wir sie schon so lange haben. In unseren Erinnerungen ist sie eigentlich schon immer da gewesen. Gefühlt hat sie die ganze Kindheit unserer Töchter mitgemacht.