V Vorwort

Die Entscheidung, dieses Buch zu schreiben, traf ich eines Abends, als mein Mann nach einem anstrengenden Arbeitstag aus dem Office nach Hause kam. Mein Ehegatte ist mit Leib und Seele Manager. Er ist also einer von jenen Workaholics, die tagsüber von einem Meeting zum anderen eilen, eine Unmenge von Informationen verarbeiten und schließlich darauf basierend Entscheidungen treffen. Mich hat diese Welt und ihre besondere Denkweise immer fasziniert.

Andersherum konnte ich das jahrelang leider so nicht behaupten. Stattdessen betrachtete mein Mann meine Arbeit als selbständige Patentanwältin zwar mit viel Respekt und auch einer gehörigen Portion Bewunderung. Doch ein tieferes Verständnis fehlte – ganz so, als ob Patente etwas Geheimnisvolles, viel zu Spezielles und kaum Verständliches wären!

Also begann ich an jenem Abend, meinem Mann Geschichten zu erzählen und sie festzuhalten. Nicht aus dem Fachbereich Jura, sondern aus dem Umfeld der Wirtschaft. Nicht unter der Überschrift Patente, sondern unter der Überschrift Management-Tools. Keine hochintellektuellen Abhandlungen nach einem anstrengenden Arbeitstag, nicht dieses „Das auch noch!“, sondern spannende Stories, interessante Fakten und klar auf den Punkt. Nützliches mit Unterhaltungswert aus seiner Business-Welt. Und schließlich fragte mein Mann mich dann allabendlich, ob ich ihm denn auch wieder ein spannendes Buchkapitel zur Lektüre mitgebracht hätte …

Für ihn steht mittlerweile fest: Patente sind ein immens powervolles Management-Tool, deren Stärken man gerade als Manager unbedingt kennen sollte. Patente schützen Innovationen und tragen deshalb maßgeblich mit zum Unternehmenserfolg bei. Sie sind ein machtvolles Instrument zur Erarbeitung und Umsetzung der Unternehmensstrategie. Umgekehrt können nur durch ausreichendes Patent-Basiswissen im verantwortlichen Management gefährliche Defensivsituationen vermieden und Haftungsrisiken minimiert werden – für das Unternehmen als Ganzes und für die Top-Entscheider ganz persönlich.

Was Patente im Kern ausmacht, was sie leisten, wem sie nützen und wie gefährlich sie für Dritte sind, beschreibt dieses unterhaltsame VIPatentwissensbuch speziell für Manager. Ich lade Sie sehr herzlich dazu ein.

München, im September 2016

Dr. Carmen Tesch-Biedermann

IX Abkürzungsverzeichnis

BGH

Bundesgerichtshof

DPMA

Deutsches Patent- und Markenamt

EPA

Europäisches Patentamt

EPÜ

Europäisches Patentübereinkommen

EP-Patent

Europäisches Patent (heutiges Bündelpatent)

EU-Patent

Europäisches Patent (zukünftiges EU-Einheitspatent)

EUIPO

Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum

IGE

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum

JPO

Japanisches Patentamt

KIPO

Koreanisches Patentamt

LG

Landgericht

OLG

Oberlandesgericht

ÖPA

Österreichisches Patentamt

PatG

Patentgesetz

PCT

Patent Cooperation Treaty – Patentzusammenarbeitsvertrag

SIPO

Chinesisches Patentamt

USPTO

United States Patent and Trademark Office

WIPO

World Intellectual Property Organization

1 1 Patentstrategie als Wettbewerbsvorteil

3 1.1 Die Patentlandschaft heute

Neugier, Kreativität und eine gute Portion Hartnäckigkeit sind Eigenschaften, die zutiefst in der menschlichen Natur verwurzelt sind. Wir nutzen sie unter anderem mit Begeisterung und Erfolg dazu, unser Leben komfortabler, gesünder und sicherer zu gestalten. Anders ausgedrückt: Wir treiben den technologischen Fortschritt unserer Zivilisation immerfort voran. Unser technologisches Wissen wächst beständig, ja manchmal sprunghaft – und die Grenze des technisch Machbaren (und Bezahlbaren!) verschiebt sich damit in gleichem Maße.

Je weiter die Technisierung unserer Welt voranschreitet, desto stärker wird auch deren immense wirtschaftliche Bedeutung. Technisierung ist ein wesentliches Element der unaufhaltbaren Globalisierung der Wirtschaftsmärkte. Dies betrifft alle Industrienationen weltweit. Der Wettbewerb verschärft sich zusehends – und zwar nicht nur für die großen, etablierten Weltkonzerne. Auch kleine und mittlere bzw. mittelständische Unternehmen treffen vermehrt auf internationale Konkurrenz – und zwar schon vor der eigenen Haustür, also auf dem Heimatmarkt. Auch diese Firmen müssen deshalb schnellstmöglich lernen, mit der neuen sich verändernden Wettbewerbssituation umzugehen.

Für uns alle aus den technologisch führenden Industriestaaten bedeutet dieser verschärfte Wettbewerb, dass wir unsere Anstrengungen zur Stärkung unserer Wettbewerbskraft noch weiter steigern müssen. Dazu gibt es keine Alternative, wollen wir nicht schon bald von den ökonomischen Spitzenpositionen dieser Welt verdrängt werden. Alles andere als das Trachten nach Verbesserung wäre fahrlässig. Es geht schließlich um unsere Zukunft und um unseren nationalen Wohlstand.

Ein sehr wirksames Mittel zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit stellen gewerbliche Schutzrechte und insbesondere Patente dar. Sie bieten umfassenden Schutz für technische Ideen, d. h. Erfindungen. Als starkes Verbietungsrecht halten sie Wettbewerber auf Distanz und verbieten diesen wirksam den Nachbau bzw. die Nutzung der geschützten Vorrichtungen und Verfahren. So wird aus einer guten Idee ein echtes, rechtlich geschütztes Alleinstellungsmerkmal. Im eigenen Land oder auch international.

4Weltweit steigende Patentanmeldezahlen

Der steigende Einsatz und die enorme Wichtigkeit von Patenten werden auch durch die weltweit weiter ansteigenden Patentanmeldezahlen eindrucksvoll belegt. Zu den wichtigsten Patentämtern – den sog. „IP5“ – zählen zurzeit die Ämter folgender Länder:

1. USA (USPTO)

2. Japan (JPO)

3. Europa (EPA)

4. Republik Korea (KIPO)

5. China (SIPO)

Wobei die oben verwendete Reihenfolge so schon heute nicht mehr stimmt, wenn man sich auf die Patentanmeldezahlen bezieht (vgl. Abbildung 1):

Abbildung 1: Patentanmeldezahlen bei den Patentämtern der „IP5“1

Asiatischer Patentboom

Das chinesische SIPO verzeichnete im Jahre 2015 mit Abstand die meisten Patentanmeldungen für technische Erfindungen – mit mehr als einer Million eingereichten Patentanmeldungen mehr als das 5US-amerikanische USPTO und das Europäische Patentamt zusammen! Innerhalb von nur drei Jahren – zwischen 2009 und 2012 – haben sich die Patentanmeldezahlen in China mehr als verdoppelt. Bis Ende 2016 wird es innerhalb von vier Jahren zu einer weiteren Verdopplung der Patentanmeldezahlen kommen.

Dabei ist diese beeindruckende Entwicklung in China alles andere als Zufall. Und sie wird sich in den kommenden Jahren immer noch rasant fortsetzen. Avisiert ist auch in den nächsten Jahren eine mehr als 20-prozentige Steigerung der Patentanmeldezahlen pro Jahr. Die Entwicklung der IP-Landschaft in China ist fester Bestandteil des Fünf-Jahres-Plans und wird durch vielfältige staatlich initiierte Maßnahmen getragen. Dazu gehört sowohl der kontinuierliche Ausbau des schutzrechtlichen Systems an sich als auch eine aktive Patent-Promotion und gezielte Unterstützung von chinesischen Unternehmen, die gewerbliche Schutzrechte anmelden können bzw. sollten.

Auch die Patentanmeldezahlen in Korea verzeichnen einen ungemein raschen Anstieg im vergangenen Jahrzehnt. Die dortigen Anmeldezahlen haben sich im Laufe der letzten zwölf Jahre ungefähr verdoppelt – und das trotz der Weltwirtschaftskrise von 2008/2009. Diese Krise spiegelt sich interessanterweise nur in den koreanischen, europäischen und japanischen Anmeldezahlen deutlich wieder – nicht aber in den chinesischen und auch nicht in den US-amerikanischen Anmeldezahlen. Die europäische Patentanmeldelandschaft hat sich zwischenzeitlich von der Krise erholt und die koreanische Patentanmeldelandschaft ist ebenfalls wieder zurück auf deutlichem Wachstumskurs. In Japan allerdings fallen die Anmeldezahlen kontinuierlich weiter, wobei nicht nur die wirtschaftliche Gesamtlage, sondern auch ein interner Dissens zwischen Patentpolitik und Patentinstitutionen für die fortgesetzt sinkenden Zahlen mitverantwortlich sein dürfte.

Dramatische Veränderungen in Europa zu erwarten

Aus Wettbewerbsgesichtspunkten ist sehr interessant, wer bei den jeweiligen Ämtern Patentanmeldungen tätigt bzw. aus welchen Ländern diese Anmelder stammen. Denn eine Patentanmeldung ist ein Indikator dafür, welche räumlichen Märkte als strategisch wichtig angesehen werden bzw. wo wirtschaftliche Aktivitäten der Anmelder stattfinden oder zukünftig stattfinden werden. Aktuell ist es noch so, dass der überwiegende Teil oder zumindest ein Großteil nationaler (regionaler) Patentanmeldungen von dort originär ansässigen Unternehmen 6eingereicht wird. Im Zuge der zunehmenden Globalisierung ist aber auch hier der starke Trend zu beobachten, dass der Anteil der Anmelderschaft aus dem Ausland kontinuierlich ansteigt bzw. noch weiter ansteigen wird. Das gilt auch und insbesondere für den wichtigen Markt Europa.

Aktuell stammt noch etwa die Hälfte aller europäischen Patentanmeldungen von Anmeldern aus Europa bzw. den Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (vgl. Abbildung 2). Gut ¼ der Anmeldungen stammt aus den USA. Der ganz überwiegende Anteil des letzten Viertels kommt schon heute aus Asien. Dabei trägt Japan etwa 13 %, Korea und China tragen jeweils ca. 4 % zu den Anmeldezahlen bei. Das mag hinsichtlich Korea und China noch nicht wirklich viel erscheinen, sondern gerade einmal so viel, dass deren Anmeldezahlen in den Jahresberichten der Patentämter überhaupt Erwähnung finden.

Zuwachsraten

Betrachtet man aber die Zuwachsraten der letzten Jahre, so stellt sich die Situation wesentlich dramatischer dar: Man findet dann 7nämlich bei fast unveränderten EP-Gesamtanmeldezahlen einen weit überproportionalen Anstieg der Anmeldezahlen bei Anmeldern aus Asien bzw. China und Korea (vgl. Abbildung 3). Die durchschnittliche Steigerungsrate der letzten Jahre für europäische Patentanmeldungen von aus Korea stammenden Anmeldern lag bei 7,5 %, die durchschnittliche Steigerungsrate von aus China stammenden Anmeldern sogar bei sagenhaften 23,8 %!

Abbildung 2: Herkunftsländer Europäischer Patentanmeldungen im Jahre 2015 (Datenquelle: EPA Jahresbericht 2015. Gezählt wurden EP direkt und Euro-PCT Anmeldungen.)

Man kann somit leicht extrapolieren, dass sich die länderspezifische Zusammensetzung der Patentanmelderschaft in Europa schon in den nächsten zehn Jahren dramatisch verändert haben wird. Noch muten z. B. die chinesischen Anmeldezahlen wie eine Randerscheinung an – doch bald schon wird diese Nation die europäische Anmeldelandschaft zumindest mitdominieren – und damit auch den europäischen Markt. Asiatische Firmen werden hier in Europa also starke Marktanteile hinzugewinnen.

Abbildung 3: Patentboom aus Asien auf dem europäischen Markt: Steigerungsraten der aus China und Korea stammenden Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt (Quelle: EPA Jahresberichte, nur EP direkt und Euro-PCT)

Das Potenzial dafür ist da: Die Patentanmeldezahlen sind eng an das aktuelle Wirtschaftswachstum einzelner Länder und Regionen gekoppelt. Die besten Wachstumsprognosen für die nächsten Jahre 8hat dabei wiederum Asien mit einer geschätzten Steigerung des Bruttoinlandsproduktes von im Schnitt knapp 6 % pro Jahr.2 Für Europa bzw. die EU wird demgegenüber nur ein geringes Wachstum um knapp 2 % prognostiziert.3

Wer also bei dem Gedanken an Asien immer noch nur an billige, technische Nachahmungen denkt, der liegt damit völlig falsch! Auch in Asien und insbesondere in China wird heute zielgerichtet entwickelt und geforscht, und zwar auf international hohem Niveau. Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden erfolgreich umgesetzt und auf den Markt gebracht – und oft durch Patente und Gebrauchsmuster geschützt. Daheim in Asien – und zunehmend auch bei uns.

1.2 Die Herausforderung für den Mittelstand/KMU 4

Vor allem große Unternehmen haben die Zeichen der Zeit durchaus erkannt und melden sehr systematisch und erfolgreich Patente im In- und Ausland an.

Soweit – so gut. Doch was ist mit dem Mittelstand bzw. den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), dem viel gepriesenen Rückgrat der heimischen Wirtschaft? Welchen Gebrauch machen sie von gewerblichen Schutzrechten? Welchen ganz konkreten Nutzen ziehen sie aus ihnen? Wo gibt es mehr Potenzial? Und wie müssen sich KMU schutzrechtlich aufstellen, um der sich verschärfenden Wettbewerbssituation Rechnung zu tragen?

Hohe wirtschaftliche Bedeutung von KMU

Die Wichtigkeit und wirtschaftliche Bedeutung der KMU im deutschsprachigen Raum ist immens. KMU tragen hier ganz wesentlich zu Beschäftigung und Wachstum bei. Im Jahr 2012 zählten gemäß der 9KMU-Definition der EU-Kommission5 99,5 % der Unternehmen in Deutschland zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Auf diese entfielen 34,1 % aller steuerbaren Umsätze aus Lieferungen und Leistungen und 54,0 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.6 In Österreich zählen ca. 99.3 % der Unternehmen zu den KMU, dort arbeiten ca. 2/3 aller Beschäftigten und erwirtschaften dort ca. 65.8 % der Umsatzerlöse.7 Bei ähnlichen Betriebs-/Arbeitnehmerverhältnissen wie in Deutschland haben KMU in Österreich also den im Vergleich doppelten Anteil an der Wirtschaftskraft. In Deutschland ist die Bedeutung von Großunternehmen entsprechend höher. In der Schweiz gehören ebenfalls mehr als 99 % der Unternehmen zu den KMU und stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze.8

All diese Zahlen machen die ganz fundamentale wirtschaftliche Bedeutung von KMU sehr deutlich. Entsprechend ihrer immens hohen wirtschaftlichen Bedeutung wird KMU deshalb auch ganz unumstritten eine hohe Innovationskraft bescheinigt. Häufig werden KMU als Motor des technischen Fortschritts und des wirtschaftlichen Wachstums bezeichnet.

Innovationen stehen auch wirtschaftspolitisch sehr hoch im Kurs. Sie werden als zuverlässiger Garant für fortgesetzten wirtschaftlichen Erfolg angesehen. Die Bundesrepublik Deutschland beispielsweise wirbt sogar für den Wirtschaftsstandort mit dem Slogan: „Deutschland – Land der Ideen.“9

Innovation

Die allermeisten Unternehmen sehen sich selbst ebenfalls als innovative Unternehmen und stellen sich nach außen auch als solche dar. Innovationsfähigkeit wird dabei als sehr positive und erstrebenswerte Eigenschaft verstanden und häufig assoziativ gleichgesetzt mit wirtschaftlichem Erfolg und ausgezeichnetem Image. Dabei wird unter dem Begriff Innovation praktisch alles zusammengefasst, was mit der Fähigkeit zur Schaffung von etwas Neuem oder Verbesserten aller Art einhergeht. Eine wie ich finde sehr treffende und umfassende 10Definition des Begriffes Innovation stammt von der OECD. Sie lautet:

„Innovation setzt sich aus allen wissenschaftlichen, technischen, kommerziellen und finanziellen Elementen zusammen, die für die erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung neuer und verbesserter hergestellter Produkte, die kommerzielle Verwendung neuer oder verbesserter Prozesse oder Maschinen oder die Einführung eines neuen Ansatzes für eine soziale Leistung notwendig sind. F&E10 ist nur eines dieser Elemente.“11

KMU weit unter ihren Möglichkeiten

Innovationen sind also nicht gleichzusetzen mit technischen Erfindungen. Innovation umfasst mehr. Gleichwohl sind technische Erfindungen typische Ergebnisse eines Innovationsprozesses. Deshalb wäre eigentlich zu erwarten, dass sich die attestierte hohe Innovationskraft von KMU auch in entsprechend hohen Patentanmeldezahlen von KMU niederschlägt. Das ist jedoch überraschenderweise überhaupt nicht der Fall.

Die Realität ist stattdessen ziemlich ernüchternd: KMU melden aktuell nur noch ca. ¼ aller Patente in Europa an. Eine Trendwende ist dabei leider überhaupt nicht in Sicht. Stattdessen ist eine dauerhafte Konzentration der Patentanmeldezahlen zugunsten großer Patentanmelder zu beobachten (vgl. Abbildung 4).12

Abbildung 4: Europäische Patentanmeldezahlen aufgeschlüsselt nach Anmeldertyp/Unternehmensart (Quelle: EPA Jahresberichte)

11KMU bleiben somit überraschend weit hinter ihren Möglichkeiten zurück und sichern ihre Wettbewerbsvorteile nicht ausreichend durch Patente ab. Sie generieren zwar viele hervorragende Ideen, schützten diese dann aber oftmals nicht durch Patente vor einer Kopie durch den Wettbewerb. Den wirtschaftlichen Erfolg haben dann häufig andere. Hier existiert eindeutig Potenzial, das genutzt werden muss, sofern wir uns im internationalen Wettbewerb – und sei es „nur“ auf dem heimischen Markt – behaupten wollen.

1.3 Die Lösung: Powerpatente für den Mittelstand

Das Problem an sich ist bekannt. Von staatlicher und institutioneller Seite wird auch bereits seit einigen Jahren aktiv gegengesteuert. Es gibt diverse staatliche Initiativen zur Förderung von Innovation, einige davon speziell ausgerichtet auf die Bedürfnisse von industriellen KMU. Im Grunde basiert die Förderung auf zwei Säulen. Die eine Säule fördert Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die Innovationen zielgerichtet hervorbringen. Die zweite Säule bietet Unterstützung bei Patentierungsmaßnahmen. Der Schutz von Innovationen genießt dabei einen hohen Stellenwert.

Doch diese Maßnahmen allein reichen anscheinend noch nicht aus bzw. zeigen noch nicht den gewünschten Effekt bzw. Erfolg. Die Patentanmeldezahlen von KMU sind nach wie vor zu niedrig, die erforderliche Trendumkehr bei weitem noch nicht geschafft. Woran könnte das liegen?

Es existieren wissenschaftliche Studien13, 14 zum Thema Innovationsverhalten und Intellectual Property bei KMU. Aus diesen Studien lassen sich mehrere Gründe ableiten, warum KMU zu wenig Patente anmelden bzw. häufig regelrecht davor zurückschrecken.

Informationsdefizite ausgleichen

Aus besagten Studien weiß man, dass ein auffallend hoher Anteil der befragten KMU Fragen zu Patenten und deren Impact mit „Weiß ich 12nicht“ oder „Kann ich nicht einschätzen“ beantwortet. Dies deutet unmittelbar auf Informationsdefizite hin. Im Übrigen deckt sich diese These auch mit meiner persönlichen Erfahrung, und zwar bei der Erstberatung von Entscheidern aus KMU. Bei diesen Erstberatungsgesprächen ist die Vermittlung von Basis-Informationen zum Thema Patente, Marken & Co ein ganz wichtiger Aspekt. Ohne konkreten Bezug oder Anlass wird das Thema Patentschutz eben auch von Top-Entscheidern häufig nur sehr peripher wahrgenommen und hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Bedeutung – ja Brisanz – gefährlich unterschätzt.

Patentanwälte sind in Sachen Intellectual Property übrigens die am häufigsten gewählte Anlaufstelle von KMU, weniger oft sind es Rechtsanwälte. Das macht auch Sinn, denn Patentanwälte vereinen juristisches Know-how und technische Qualifikationen in Form eines natur- oder ingenieurswissenschaftlichen Universitätsstudiums.

Wichtige Anlaufstellen sind des Weiteren die nationalen Patentämter und das Europäische Patentamt sowie Patentinformationszentren. Diese haben spezielle Unterstützungsangebote für KMU, zum Beispiel spezielle Informationsseiten im Internet oder auch gezielte personelle Unterstützung beispielsweise bei Patentrecherchen. Eine deutlich geringere Rolle als Ansprechpartner in Sachen IP spielen anscheinend die Industrie- und Handelskammern sowie Branchenverbände, aber auch dort gibt es Angebote für KMU. Von Dienstleisterseite her wird also schon eine ganze Menge getan, um Informationen zum Thema Gewerbliche Schutzrechte speziell auch für KMU bereitzustellen.

Es müssen also weitere Gründe dafür existieren, dass KMU Patentschutz alles andere als optimal nutzen. Hinweise darauf finden sich ebenfalls in den oben schon erwähnten Studien.

Zu hoch eingeschätzte Kosten von Patenten

Da sind zum einen die von den KMU als zu hoch eingeschätzten Kosten von Patentanmeldungen. Dieses Argument kann ich persönlich so pauschal nicht nachvollziehen. So hoch sind die Kosten für eine erste nationale Patentanmeldung nämlich gar nicht. Zumal man ja auch immer eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen muss, um eine angemessene Bewertung abgeben zu können. Die entscheidende Frage ist also nicht: Ist es teuer? Sondern vielmehr: Lohnt es sich? Und es existieren wie schon angesprochen diverse Fördermöglichkeiten, 13die in vielen Fällen bis zu 50 % der mit einer Patentanmeldung verbundenen Kosten abfedern können.

Europäische oder internationale Patentanmeldungen sind naturgemäß teurer als rein nationale Anmeldungen. Aber gerade für KMU bieten nationale Patente schon einen wichtigen Schutz – und zwar auf dem für sie immer noch wichtigsten Markt, dem Heimatmarkt. Im Übrigen resultierten in der Vergangenheit verhältnismäßig hohe Kosten Europäischer Patente aus den erforderlichen Übersetzungen bei der Validierung der Schutzrechte in den ausgesuchten Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens. Diese Kosten sind aber durch das Londoner Übereinkommen bereits drastisch gesunken. In vielen Staaten ist die vormals notwendige Übersetzung des kompletten Anmeldetextes in die Landessprache bereits entfallen.

Die Hürde zum Patent erfolgreich nehmen

Viele KMU zweifeln anscheinend auch zu oft an der Patentwürdigkeit ihrer technischen Erfindungen und schätzen diese falsch ein. Sie glauben, die für ein Patent erforderliche Hürde hinsichtlich Neuheit und/oder Erfindungshöhe nicht erfolgreich nehmen zu können. Seien Sie bitte bei der eigenen Bewertung Ihrer Erfindung in Sachen Patentwürdigkeit nicht zu bescheiden! Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass eine patentwürdige Erfindung stets etwas ganz Besonderes oder gar Bahnbrechendes ist. Das ist so nicht richtig. Man muss nicht gleich ein Einstein sein, um für eine Erfindung ein Patent zu bekommen (obwohl gerade Albert Einstein an mehr als 50 Erfindungen beteiligt war und zahlreiche Patente angemeldet hat!). Der patentrechtliche Maßstab ist niedriger. Aber eben auch nicht so niedrig, dass die Erfindung für jeden Fachmann offensichtlich ist. Ich komme an anderer Stelle ausführlich darauf zurück.

Erfolgschancen sind abschätzbar

Noch etwas ist im Zusammenhang mit der Patentwürdigkeit von Erfindungen sehr wichtig: Eine Patenterteilung durch das Patentamt erfolgt nicht nach Gefühl und Wellenschlag. Stattdessen folgt eine Patentprüfung ziemlich festen Regeln. Diese haben sich in den letzten Jahrzehnten durch die Rechtsprechung herausgebildet (Case Law!) und werden von den Patentprüfern angewandt. Das macht eine Patenterteilung oder Zurückweisung in vielen Fällen vorhersehbar 14bzw. die Erfolgschancen für eine Patenterteilung im Vorfeld einer Anmeldung bis zu einem gewissen Punkt abschätzbar.

Mehr als die Hälfte der befragten KMU gaben auch an, dass sie nur ein geringes Vertrauen in den Schutz von Erfindungen durch das Patentsystem hätten. Diese Aussage hat mich ehrlich erstaunt. Denn das Patentsystem funktioniert gerade hier im deutschsprachigen Raum ganz ausgezeichnet. Es funktioniert sogar so gut, dass bei Patentverletzungsstreitigkeiten, bei denen häufig eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Gerichtsstandes existiert, ausländische Kläger mit Vorliebe zum Beispiel nach Düsseldorf gehen. Über 60 % der Patentverletzungskläger dort kommen aus dem Ausland! Sie schätzen die sehr hohe Expertise der dortigen Richter, die im Team entscheiden und qualitativ sehr hochwertige Urteile fällen. Hochwertig bedeutet hier, dass die Rechtsprechung anerkannten Linien folgt und somit für den Kläger verhältnismäßig gut einschätzbar ist, zu wessen Gunsten eine Gerichtsentscheidung wahrscheinlich ausgehen wird. Das ist das Gegenteil von Zufall oder Willkür.

Geringer Aufwand für einen großen Nutzen

Ein weiterer Grund, der von KMU gegen eine Patentanmeldung angeführt wird, ist die Befürchtung, dass eine Patentanmeldung einen hohen innerbetrieblichen Aufwand nach sich zieht. Diese Befürchtung bewahrheitet sich nur dann, wenn ein Unternehmen die Patentanmeldung ohne Unterstützung durch hierfür speziell qualifizierte Expert(inn)en angeht. Dann kostet das Verfassen einer Patentanmeldung wirklich irrsinnig viel Zeit und das Ergebnis ist dennoch alles andere als gut. Wenn Sie aber mit einer Patentanwältin oder einem Patentanwalt zusammenarbeiten, kostet Sie das zeitlich ziemlich genau eine Besprechung und dann noch einmal einen inhaltlichen Abgleich nach der Ausarbeitung des ersten Anmeldeentwurfes durch den Patentanwalt. Die Unterlagen, die Ihre Erfindung beschreiben, haben Sie vermutlich ohnehin bereits für interne Dokumentations- und Präsentationszwecke erstellt. Alles andere leitet der Patentanwalt dann für Sie in die Wege. Er übernimmt die vollständige Kommunikation mit dem Amt, kümmert sich um Fristen und Anträge und zahlt Gebühren ein. Insofern sehe ich mich in meiner Rolle als Patentanwältin als eine Art externe Stabsstelle für KMU. Ich denke mit und erledige die patentanwaltliche Arbeit für Sie. Wenn es etwas zu bedenken oder zu entscheiden gibt, gehe ich aktiv auf Sie zu. Ganz einfach.

15Geheimhaltung oder rechtlich garantierter Schutz vor Nachbau?

Viele KMU stört es auch, dass die Patentanmeldung 18 Monate nach dem Anmeldetag offengelegt wird. Sie würden ihre Erfindung lieber geheim halten. Dieser Gedanke erscheint auf den ersten Blick plausibel. Auf den zweiten Blick ist diese Überlegung aber nicht sehr überzeugend. Sicher, es gibt Fälle, in denen eine Geheimhaltung der Erfindung angeraten ist. Aber in vielen Fällen ist sie das eben auch nicht, besonders dann nicht, wenn die Erfindung in ein handelbares Produkt mündet. Dieses kann dann nämlich vom Wettbewerber erworben, in seine Bestandteile zerlegt und in seiner Funktionsweise analysiert werden (Stichwort Nachbau bzw. Reverse Engineering). Und dieses Vorgehen ist nicht nur üblich, sondern auch erlaubt. Außerdem ist es nicht so, dass jeder Kniff einer Erfindung in einer Patentanmeldung auch in allen Einzelheiten beschrieben werden muss. Zwar muss ein Fachmann nach dem Studium einer Patentschrift grundsätzlich in der Lage sein, die Erfindung zu verstehen und auszuführen. Dieses Erfordernis umfasst aber nicht das gesamte Know-how, das in einer Erfindung steckt.

Zudem ist es gar nicht so einfach, eine Erfindung über einen sehr langen Zeitraum wirklich geheim zu halten. Bedenken Sie zum Beispiel die normale Mitarbeiterfluktuation in einem Unternehmen. Diese Mitarbeiter kennen die Produkte. Und zwar oft sehr gut, denn sie haben sie selbst mit entwickelt. Wettbewerbsklauseln in Arbeitsverträgen wirken dagegen auch nicht ewig. Sinnvoller und sicherer ist da oftmals der zwar zeitlich begrenzte, aber dafür patentrechtlich garantierte Schutz vor Nachbau.

Nach der Bedeutung verschiedener Schutzmechanismen befragt, wurde als weitaus wichtigster Mechanismus der zeitliche Vorsprung vor dem Wettbewerber genannt. Das ist im Grunde einleuchtend, denn der zeitliche Vorsprung verschafft ein zeitlich begrenztes de facto Monopol für den Ersthersteller eines neuen Produktes. Aber überlegen wir einmal, wie lange dieses de facto Monopol erhalten werden kann, sofern nicht ständig neue Verbesserungen nachgeschoben werden. Wie lange dauert es typischerweise, bis ein Wettbewerber eine neue Idee der Konkurrenz aufgreifen und ebenfalls umsetzen kann? Oft wird das sehr schnell binnen Jahresfrist möglich sein – oder jedenfalls deutlich innerhalb der Zeitspanne des typischen Produktlebenszyklus. Und der Wettbewerber, der nur nachbaut, spart sich dabei auch noch einen Großteil der Entwicklungskosten – Sie haben ihm ja schon vorgemacht, wie es geht! Hand aufs Herz: da hat es seinen Reiz, den Nachbau gezielt verbieten zu können, 16oder? Und zwar nicht nur für ein bis zwei Jahre, sondern deutlich länger – wenn nötig bis zu 20 Jahre. So lang nämlich ist die maximale Laufzeit eines Patentes.

1.4 Die Vorteile von Powerpatenten

Sie sehen: Patentschutz ist für Unternehmen immens wichtig, gleich welcher Unternehmensgröße. Und Patente werden immer wichtiger aufgrund des wachsenden Wettbewerbsdrucks im Zuge der fortschreitenden Globalisierung. Patente haben wirklich Power! Deshalb spreche ich hier gern auch einmal von sogenannten Powerpatenten – schlichtweg um Sie wachzurütteln!

Lassen Sie es mich noch einmal auf den Punkt bringen, was Powerpatente wirtschaftlich alles zu bieten haben.

Monopol auf Zeit steigert Umsätze

Patente sichern Ihnen ein zeitlich begrenztes Monopol für Ihre technische Erfindung und steigern dadurch Ihre Umsätze. Die Erfindung selbst kann ein Produkt mit bestimmten Alleinstellungsmerkmalen oder auch ein besonders effizientes Arbeits- oder Herstellungsverfahren sein. Gegen Ihren Willen darf kein Wettbewerber Ihre Erfindung in irgendeiner Weise wirtschaftlich nutzen. Er darf sie also nicht herstellen. Doch beim Herstellen hört die Monopolstellung noch nicht auf; verboten ist bereits das bloße Anbieten der Erfindung, das Inverkehrbringen und der Import in den patentrechtlich geschützten Raum. Schon der unerlaubte Besitz der Erfindung zu diesen Zwecken ist untersagt. Und getreu dem Motto „Wehret den Anfängen!“ stehen auch typische Vorbereitungshandlungen im Vorfeld einer Patentverletzung unter Strafe (sog. Mittelbare Patentverletzung). Dabei ist ganz wichtig: Ihr Monopolrecht ist gerichtlich durchsetzbar, notfalls auch sehr schnell durch eine Einstweilige Verfügung.

Zusätzliche Einnahmequelle durch Lizenzen

Natürlich steht es Ihnen frei, die Nutzung Ihrer Erfindungen auch anderen zu erlauben. Aber das machen Sie natürlich nicht ohne Gegenleistung. Die gezielte Auslizenzierung von Patenten stellt eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle für Unternehmen dar. Dabei 17können Sie die Konditionen im Wesentlichen frei vereinbaren – in finanzieller und organisatorischer Hinsicht. Unter anderem sind Gebiet, Umfang und Dauer der Lizenz weitgehend individuell verhandelbar.

Vielleicht sind Sie auch selbst einmal in der Situation, dass ein Wettbewerber über ein für Sie wichtiges Patent verfügt und Ihre unternehmerischen Aktivitäten damit erheblich blockieren kann. Dann ist es gut, über potenziell auch für den Wettbewerb interessante Schutzrechte zu verfügen. Derartige Konfliktsituationen lassen sich dann nämlich oft einvernehmlich durch wechselseitige Lizenzierungen (sog. Kreuzlizenzen) lösen. Das Patent ist in dieser Funktion dann eine eigene attraktive Währung bzw. ein strategisches Tauschmittel.

Trends und Geschäftsmöglichkeiten frühzeitig erkennen15

Sämtliche Patentanmeldungen weltweit werden 18 Monate nach ihrer Anmeldung veröffentlicht. Diese gigantische Menge an Patentdokumenten stellt eine einzigartige Wissensdatenbank dar. Verschiedenen Schätzungen zufolge ist weit über 90 % des technischen Wissens in Patentdokumenten hinterlegt und somit im Prinzip für jedermann frei zugänglich. Patentinformation ist deshalb eine enorme Informationsquelle für Ihr Unternehmen.

Mit marktüblichen Analysetools können Sie aus Patentinformation für Ihr Unternehmen technologisch interessante Trends ablesen. Sie können diese Trends bewerten und frühzeitig darauf reagieren. Neue Geschäftsmöglichkeiten lassen sich so frühzeitig erkennen und gegebenenfalls rechtzeitig umsetzen. Und natürlich können Sie ganz allgemein Ihre unternehmerischen Entscheidungen insgesamt untermauern.

Strategische Wettbewerbsüberwachung

Durch Patentinformation finden Sie mühelos heraus, auf welchen Märkten Ihre Konkurrenz aktiv ist oder zukünftig aktiv werden wird. Und natürlich können Sie die Stoßrichtung der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen Ihrer Wettbewerber frühzeitig erkennen, sich darauf einstellen und entsprechend strategisch reagieren. Und ist wirklich einmal eine störende Patentanmeldung dabei, so 18können Sie bei frühzeitiger Kenntnis all Ihre Chancen wahren, um rechtlich gegen das Patent vorzugehen bzw. um bereits im Vorfeld eine Patenterteilung zu verhindern.

Reduzierung von Entwicklungszeit und Kosten

Der ganz überwiegende Teil an technischen Informationen, die Sie aus Patentdokumenten gewinnen können, ist nicht patentrechtlich geschützt. Das bedeutet, dass Sie diese freien Informationen direkt für Ihr Unternehmen technisch nutzbar machen können. Anders ausgedrückt: Die Verwertung von Patentinformation trägt ganz entscheidend dazu bei, dass Sie Doppelforschung und Doppelentwicklung – also völlig überflüssige Arbeiten – vermeiden können. Die Entwicklungs- und Forschungszeiten werden dadurch wesentlich verkürzt und die Kosten signifikant gesenkt. Schätzungen des Europäischen Patentamtes zufolge belaufen sich die überflüssigen Kosten durch doppelte F&E allein in Europa auf den enormen Kostenfaktor von 20 Milliarden Euro jährlich.

Steigerung des Unternehmenswertes

Gewerbliche Schutzrechte sichern Alleinstellungsmerkmale und somit Wettbewerbsvorteile. Dies schlägt sich auch beim Unternehmenswert nieder, der sich aus materiellen und immateriellen Werten zusammensetzt. Es ist möglich, den wirtschaftlichen Wert von Patenten im Rahmen einer Patentbewertung zu bestimmen. Dieser geht dann in den Unternehmenswert entsprechend mit ein. Patente sind also direkt wertsteigernd.

Verbesserte Investorenfindung und Finanzierung

Mit Patenten demonstrieren Sie auch nach außen, dass Sie ein innovatives Unternehmen sind. Investoren legen sehr großen Wert darauf, nur in solche Unternehmen zu investieren, die eigene Erfindungen rechtlich absichern und ansonsten wirtschaftliche Risiken, die durch Patentverletzung entstehen können, minimieren. Alles andere wäre für sie der Kauf der Katze im Sack.

Gefragt sind also eigene Patente und die schutzrechtliche Überwachung der direkten Wettbewerber als Bestandteil der Wettbewerbsanalyse. Jeder Investor möchte möglichst sicher sein, dass er das investierte Geld auch mit Gewinn zurückbekommt. Die Chancen 19dafür sind umso höher, je besser die Marktchancen des Unternehmens stehen. Und diese steigen ganz erheblich, wenn man sicher sein kann, dass ein zeitlich begrenztes Monopol für ein Produkt existiert.

Ganz ähnlich werden Patente auch im Rahmen von Unternehmensfinanzierungen durch Bankkredite gesehen. Sie dienen dann als Sicherheiten zur Absicherung des Kredites.

Imagesteigerung und erfolgreiche Mitarbeiteranwerbung

Patente machen eine Tatsache ganz deutlich: In diesem Unternehmen wird nicht nur davon geredet, innovativ zu sein. Dieses Unternehmen ist wirklich innovativ. Geprüft und verbrieft durch die Erteilung von Patenten. Patente sprechen für eine sehr professionelle Unternehmensorganisation und transportieren das Image des Technologieführers nach außen. In solch einem Unternehmen arbeiten schlaue Köpfe gern! Der wegen des Fachkräftemangels ohnehin schon scharfe Konkurrenzkampf um die bestausgebildetsten Mitarbeiter kann so leichter zugunsten des eigenen Unternehmens entschieden werden.

Und: Kommunizierte und nachprüfbare technische Kompetenz schafft Vertrauen in die hergestellten Produkte. Diese werden quasi automatisch als qualitativ hochwertiger eingestuft. Patente verbessern also ganz nachhaltig das Image eines Unternehmens in den Augen seiner Kunden. Sie beeinflussen deshalb das mögliche Pricing, das Kaufverhalten des Kunden und dieses wiederum den erzielbaren Umsatz und Gewinn.

Risiken minimieren – Haftung vermeiden

Gewerbliche Schutzrechte und insbesondere Patente stecken weltweit einen rechtlichen Rahmen dessen ab, was dem Wettbewerber technisch erlaubt und was ihm verboten ist. Dabei ist es auch völlig egal, wie man persönlich zu der Thematik Patentschutz steht: Tatsache ist, dass er beachtet werden muss. Ansonsten drohen einem Patentverletzer umfangreiche Strafmaßnahmen bis hin zum wirtschaftlichen Aus für ein Unternehmen. Die Geschäftsleitung und zunehmend auch Manager der zweiten Führungsebene stehen bei Verletzungsklagen persönlich mit im Fokus und sehen sich mit Haftungsfragen konfrontiert.

20Sie als Entscheider tragen also eine ganz besondere Verantwortung: Sie stehen jeden Tag vor der faszinierenden Aufgabe, alles dafür zu tun, Ihr Unternehmen ganz nach vorn zu bringen und Schaden von ihm abzuwenden. Nutzen Sie deshalb die Chancen, die Patente Ihnen bieten!

1 Daten entnommen aus den Jahresberichten der jeweiligen Patentämter; berücksichtigt sind nur technische Patente (ohne Gebrauchsmuster); beim EPA wurden die EP-direkt und die Euro-PCT Anmeldungen gezählt.

2 Quelle: EUROSTAT; Prognose BIP China +6,5 % in 2016 und +6,2 % in 2017 und BIP Korea +2,6 % in 2016 und +2,8 % in 2017.

3 Quelle: EUROSTAT; Prognose BIP EU28 1,8 % in 2016 und 1,9 % in 2017; Deutschland +1,6 % in 2016 und +1,6 % in 2017; Österreich +1,5 % in 2016 und 1,6 % in 2017; Schweiz +1,2 % in 2016 und +1,5 % in 2017.

4 KMU: „Kleine und mittlere Unternehmen“. In Österreich wird häufiger der Begriff „KMB“ d. h. „Kleine und mittlere Betriebe“ verwendet. Im englischen Sprachraum wird der Begriff SME („small and medium-sized enterprises“) benutzt. In diesem Buch wird zur Vereinfachung durchgängig der Begriff KMU verwendet, der in Deutschland und der Schweiz geläufig ist.

5 Die Definition KMU ist nicht einheitlich. Definition der EU-Kommission: max. 249 Beschäftigte, max. 50 Mio. € Umsatz oder max. 43 Mio. € Bilanzsumme sowie wirtschaftliche Unabhängigkeit.

6 Quelle: Institut für Mittelstandsforschung IfM, Bonn 2012 basierend auf Daten von EUROSTAT.

7 Quelle: Wirtschaftskammer Österreich WKO bzw. EUROSTAT.

8 Quelle: KMU-Portal des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, www.kmu.admin.ch

9 Gemeinsame Initiative der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI); www.land-der-ideen.de

10 Abkürzung für Forschung und Entwicklung.

11 OECD: „The Measurement of Scientific and Technical Activities“, Paris, 1981.

12 Vgl. Jahresberichte des DPMA und des EPA 2013, 2014, 2015.

13 „Patente in mittelständischen Unternehmen“, Empirische Studie des Instituts für Innovationsforschung, Technologiemanagement und Entrepreneurship (Inno-tec), 2009.

14 „Die volkswirtschaftliche Bedeutung geistigen Eigentums und dessen Schutzes mit Fokus auf den Mittelstand“; Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Prof. Dr. Knut Blind et al., 2009.

15 Vgl. „Patentinformation für Unternehmen” auf der EPA Webpage unter www.epo.org

21 2 Wissen, worum es geht: Schutzrechtsbasics

23 2.1 Schutzrechtsarten im Überblick

Gute Ideen sind glücklicherweise gar nicht so selten. Um das festzustellen, braucht man sich im Grunde bloß einmal wachen Blickes umzusehen. Die meisten Dinge, mit denen wir uns tagtäglich umgeben, starteten in ihr Dasein als gute Idee. Sie gehen also auf eine gute Idee zurück. Die Idee selbst entstand dabei quasi aus dem Nichts oder zielgerichteter als Ergebnis eines inkrementellen schöpferischen Prozesses. Dann folgte irgendwann die Umsetzung der Idee in ein erstes Produkt oder Konzept. Dieses wurde dann gegebenenfalls verbessert und verfeinert sprich perfektioniert. Manche dieser guten Ideen sind seit Menschengedenken praktisch Allgemeingut. Denken wir zum Beispiel an Sitzmöbel. Andere Ideen öffneten die Tür zur Technik wie beispielsweise die Nutzbarmachung der Elektrizität. Wieder andere Ideen waren vor wenigen Jahrzehnten noch purer Sciencefiction und haben sich erst vor kurzem sozusagen manifestiert wie zum Beispiel der Computer oder gar das iPad.

All diese Ideen bringen tiefgreifende Veränderungen für unser aller Leben mit sich. Und in einer Welt mit einem den Globus umspannenden Wirtschaftssystem ist es da ein sehr nachvollziehbarer Wunsch, aus Ideen auch wirtschaftliche Vorteile zu schlagen. Zumal manche Ideen erst mit einem erheblichen Einsatz an Energie, Herzblut, Zeit und Kapital zur Umsetzung bzw. Marktreife gebracht werden können! Da ist es nur fair, wenn dieser immense Einsatz auch belohnt wird.

Ein gewerbliches Schutzrecht generiert ein zeitlich befristetes Monopol

Genau dieser Deal, dieses Belohnungsprinzip, liegt dem schutzrechtlichen System unserer Zeit deshalb auch elementar zugrunde: Wer gute Ideen hat, soll bei der Umsetzung dieser Ideen auch einen angemessenen Vorteil genießen. Deshalb ist es gesetzlich möglich, bestimmte Ideen für einen begrenzten Zeitraum zu schützen, sprich zu monopolisieren. Ein gewerbliches Schutzrecht generiert also ein Monopol auf Zeit. Die Limitierung des Monopols auf einen endlichen Zeitraum ist dabei besonders bei technischen Erfindungen sehr wichtig. Nur diese zeitliche Begrenzung sorgt dafür, dass kein Entwicklungsstillstand eintritt und wir als Privatleute oder professionelle Kunden auch am Fortschritt wahrhaft partizipieren können. Und es soll ja schon gar nicht so sein, dass andere in der Umsetzung ihrer eigenen, vielleicht sogar noch besseren Ideen dauerhaft gehemmt werden.

24Der Wettbewerb darf durch das zeitlich befristete Monopol nicht abgewürgt werden. Und das wird er auch nicht. Ganz im Gegenteil. Das schutzrechtliche System ist genialer Weise so eingerichtet, dass es den Wettbewerb sogar noch weiter befeuert!

Wer nämlich seine Ideen schützen lässt, muss die Idee auch dokumentieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Dazu gibt es praktisch keine Ausnahme.16 Die Idee ist dann also bekannt und kann die weiteren Ideen der Konkurrenz durchaus befruchten. Sie liefert Input und den einen oder anderen wichtigen Denkanstoß, der seinerseits wieder zu schützenswerten Ideen führt. Dabei liefert die Offenlegung der Idee wohlgemerkt im Allgemeinen nicht mehr Informationen, als man auch bei einem Reverse Engineering eines Produktes bekäme.

Das Schutzrechtssystem kombiniert also in geradezu verblüffender Weise zwei an sich gegensätzliche Prinzipien: Es verbindet den Gedanken des Monopols mit dem des verschärften Wettbewerbs. Das Monopol wird durch die zeitliche Befristung im Zaum gehalten und als Belohnungsinstrument eingesetzt.

Die Vielfalt von Ideen

Es gibt von ihrem Typus her ganz unterschiedliche Ideen, deren Schutz man sich vorstellen oder wünschen kann. Da gibt es zum einen die vielfältigen technischen Erfindungen, die auf der Anwendung physikalischer, chemischer oder biologischer Erkenntnisse beruhen. Auf der anderen Seite gibt es die eher schöpferisch kreativen Ideen aus den Bereichen Marketing und Werbung oder die künstlerisch kulturellen Schöpfungen von Designern, Künstlern und Autoren. Das sind nur einige Beispiele – die ganze Bandbreite von Ideen umfasst noch viel mehr, auch rein wirtschaftliche Ideen (Geschäftsmethoden). Und die Vielfalt der Ideenlandschaft wächst ständig: Denken wir zum Beispiel an die viel diskutierte Frage nach dem Schutz von Computerprogrammen. Diese Frage hat sich vor der Erfindung des Computers schlichtweg nicht gestellt!

Mehrere Schutzrechtsarten mit spezifischen Zugangsvoraussetzungen

Die oben grob skizzierten Ideentypen sind mit unterschiedlichem Einsatz und finanziellem Aufwand geschaffen worden und werden wirtschaftlich auch auf verschiedene Weise umgesetzt und ausgenutzt. Es wäre deshalb ganz sicher nicht adäquat, alle Ideentypen über einen Kamm zu scheren und nach denselben Regeln zu schützen. Sinnvoll ist vielmehr ein System, dass verschiedenen Charakteristika von Ideen angemessen Rechnung trägt. Und genau so ist 25die Schutzrechtslandschaft rechtlich auch ausgestaltet. Es existieren mehrere Schutzrechtsarten, die jeweils spezifische Zugangsvoraussetzungen für das angestrebte zeitlich limitierte Monopol voraussetzen. Die wahrscheinlich wichtigste Schutzrechtsart davon kennen Sie schon, nämlich das Patent. Andere wichtige Schutzrechtsarten sind zum Beispiel das Gebrauchsmuster, die Marke, das Design und das Urheberrecht. Es wird also nicht, wie leider häufig zu hören und zu lesen ist, alles „patentiert“. Stattdessen werden verschiedene Ideentypen auch durch unterschiedliche Schutzrechtsarten geschützt.

Das Patent

Das Patent ist dabei das klassische Schutzrecht für technische Erfindungen. Der Begriff der Technik ist in diesem Kontext sehr weit gefasst und umfasst nicht nur die „harte“ Technik der Physik, Chemie und Ingenieurswissenschaften, sondern auch die „weiche“ Technik der Biologie bzw. auch Biotechnologie. Patente schützen also zum Beispiel Maschinen und vielfältige technische Gerätschaften („Vorrichtungen“ im Fachjargon). Konkrete Beispiele sind u. a. Laser, Optiken, Arbeitsmaschinen wie z. B. Fräsmaschinen und Lackiervorrichtungen, komplexe industrielle Anlagen, Förderbänder, Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Messinstrumente, medizinische Geräte wie Kernspintomographen und Skalpelle, chemische und pharmazeutische Substanzen, Fernsehgeräte, Waschmaschinen, Fotoapparate, Handys, etc. Und natürlich können auch einzelne Module oder Bauteile vorgenannter Vorrichtungen durch ein Patent geschützt werden, also zum Beispiel das ABS-System für ein Auto oder eine bestimmte Schaltungsanordnung in einem Steuergerät. Neben dem Schutz für technische Vorrichtungen, also für technische Produkte, die mehr oder weniger zum Anfassen geeignet sind, ist Patentschutz auch für Verfahren möglich. In jedem Fall handelt es sich dabei um technische Verfahren, also Verfahren, bei denen entweder ein Produkt hergestellt oder einem Prozess unterzogen wird. Man unterscheidet deshalb auch zwischen Herstellungsverfahren einerseits und Arbeitsverfahren andererseits.

Die Liste der dem Patentschutz zugänglichen Dinge ließe sich sehr einfach um ein Vielfaches verlängern. Es geht mir an dieser Stelle aber lediglich darum, Ihnen ein Gefühl für die Dinge zu geben, die prinzipiell durch ein Patent geschützt werden können. Die tatsächlichen Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Welt der Technik selbst.

Das durch ein Patent errichtbare Monopol auf Zeit währt maximal 20 Jahre. Das reicht auch anscheinend zur wirtschaftlichen Verwertung eines Patentes vollkommen aus, denn viele Patentinhaber entscheiden sich, Patentschutz nur für einen kürzeren Zeitraum von 26ca. 12 bis 13 Jahren aufrecht zu halten.17 Die gewählte Patentlaufzeit ist dabei auch ein wenig branchenabhängig bzw. hat mit den branchentypischen Produktlebenszyklen zu tun.

Eine spezielle Branche ist in Hinblick auf die Aufrechterhaltungsdauer von Patenten die Pharmaindustrie. Der Pharmabranche hat ein starkes Interesse an möglichst langem Patentschutz. Umgekehrt muss man wohl zugeben, dass keine andere Branche so viel Entwicklungsarbeit und Geld in die Entwicklung von Produkten investiert wie diese. Für die forschenden Pharmaunternehmen ist Patentschutz essentiell – sie würden ihre Forschung einstellen, könnten Generikahersteller ihre Forschungsergebnisse sofort kopieren. Und im Pharmabereich laufen die Uhren auch deshalb ein wenig anders, weil neben dem Patentschutz ja noch diverse klinische Tests und Zulassungsverfahren für Medikamente etc. abgeschlossen sein müssen, bevor das Produkt überhaupt auf den Markt kommen und somit genutzt werden darf. Diese Verfahren müssen Generikahersteller im Übrigen auch nicht noch einmal durchlaufen. Der Gesetzgeber hat deshalb zum Interessenausgleich das sogenannte Ergänzende Schutzzertifikat „erfunden“. Dieses verlängert den Patentschutz um die Zeitspanne, die das Zulassungsverfahren in Anspruch genommen hat, allerdings um maximal fünf Jahre.18

Das Gebrauchsmuster