Für Bettina,
Tobias und Lasse,
Robin, Susanne, Leon und …?,
Vumba

und für den Alten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über www.dnb.de abrufbar.

© 2022 Jürgen R. Karsten

Grafik: Denis Belitsky/ Romolo Tavani/ Shutterstock.com

Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7562-6247-2

Inhalt

„Es ist durchaus möglich,
dass jenseits der Wahrnehmung unserer Sinne
ungeahnte Welten verborgen sind.“

Albert Einstein

„Im Kleinsten wirst Du einen Meister finden,
dem Du tief innen nie genug tun kannst.“

Rainer Maria Rilke

Über den Autor

Dr. Jürgen Karsten berät seit über 25 Jahren Unternehmen, Unternehmer, Politiker, Künstler, Spitzensportler und Entscheider in allen Fragen rund um Erfolg, Strategie, Führung und Kommunikation. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Beiträge und ein gefragter Keynote-Speaker.

Er war nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften bei einer international operierenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft tätig, anschließend viele Jahre als selbstständiger Berater und zuletzt 12 Jahre als Vorstand bei einer der großen deutschen Beratungsgesellschaften in Berlin.

Dr. Jürgen Karsten lebt und arbeitet in Hessen und Berlin, ist verheiratet und Vater zweier Söhne.

Vorwort

Manchmal gibt es Ereignisse, die alles verändern können. Es ist dann, als würde jemand das Licht in einem Raum einschalten, und plötzlich sieht man all die Dinge, die zuvor im Dunklen lagen. Es fühlt sich dann oft so an, als würde eine drängende Antwort auf die richtige Frage warten. Und manchmal geschieht dies auf eine Weise, die man getrost als außergewöhnlich oder sogar als mystisch bezeichnen kann.

Ich bin mir bis heute nicht ganz sicher, was das im Folgenden beschriebene Ereignis wirklich war, aber nach diesem Erlebnis scheint vieles möglich zu sein.

Ich war und bin ein durch und durch rationaler, eher kritischer Mensch, orientiere mich schon immer gerne an Zahlen, Daten und Fakten und habe ein großes Interesse an Physik.

Und dennoch hatte ich schon immer das Gefühl, dass es noch etwas anderes gibt, etwas, das hinter allen Zahlen, Daten und Fakten liegt. Schon als Kind hatte ich dieses Gefühl, dass da noch mehr sein muss, viel mehr, als wir sehen und wahrnehmen können.

Später in meinem Leben bin ich auf die Suche danach gegangen und ein Ereignis hat dann zu der Entdeckung geführt – zu der wichtigsten Entdeckung, die man im Leben machen kann.

Der Alte

(Der Sturz und die Bank; Die Angst vor welchem Tod?; Der glückliche Mensch ist der erfolgreiche Mensch; In die Tiefe; Das Feld; Der Teil ist das Ganze)

Der Sturz und die Bank

Es war ein lauer Nachmittag im Sommer. Ich ging mit meinem Hund im nahegelegenen Wald spazieren und genoss die Ruhe und die ganze grüne Atmosphäre. Das abwechselnde Spiel von Licht und Schatten und der sanfte Wind hatten eine sehr entspannende Wirkung und ich war daher nicht besonders konzentriert auf meinen Weg und mögliche Hindernisse.

So kam es, wie es wohl kommen musste.

Mein Hund, immerhin ein ausgewachsener Rhodesian Ridgeback, erschnüffelte plötzlich etwas offenbar sehr Interessantes, schoss quer über meinen Weg und brachte mich unvermittelt ins Stolpern. Aus dem Boden ragte die große Wurzel einer alten Eiche, die ich übersehen hatte. Ich blieb irgendwie an dieser Wurzel hängen, stürzte ziemlich unsportlich und schlug, mit dem Kopf voraus, sehr unsanft auf den Boden. Ich lag auf dem Boden und alles drehte sich um mich herum. Mein Hund war erschrocken und schaute mich verwundert an. Ich war etwas benommen, rappelte mich aber auf und setzte mich auf eine in der Nähe stehende Bank. Die Bank stand schon sehr lange an dieser Waldlichtung und war entsprechend alt und voller Moos. Ich hielt mir nach vorn gebeugt meinen brummenden Kopf und presste die Augen zu, vor Schmerz und Ärger über meine Unachtsamkeit.

Ich saß wohl eine ganze Weile so und bemerkte den älteren Herrn, der jetzt neben mir saß, erst, als ich die Augen wieder öffnete.

„Na, geht es wieder?“, fragte der ältere Herr, der mich an irgendwen erinnerte. Der Mann mochte etwa 80 Jahre gewesen sein, trug einen hellen Anzug, eine Flatcap und stützte sich nach vorn gebeugt auf einen schwarzen Stock mit silbernem Knauf. Er schien ein sympathischer Mensch zu sein, der irgendwie etwas Vertrautes an sich hatte. „Mir ist vor vielen Jahren an dieser Stelle etwas Ähnliches passiert. Die Geschichte wiederholt sich offenbar!“, fügte er schmunzelnd hinzu.

„Ja, schon gut. Alles gut!“, log ich, obwohl es im Schädel hämmerte und ich sehr erstaunt war über die plötzliche Anwesenheit des Alten. Der Alte – so werde ich ihn im Folgenden nennen, und zwar voller Respekt und Wertschätzung.

„Sie sind nicht oft hier?“, fragte der Alte.

„Nicht so oft, wie ich möchte. Die Arbeit nimmt mich ganz schön in Anspruch, da kann ich die Zeit häufig nicht so nutzen, wie ich will“, antwortete ich, während der Schmerz in meinem Kopf pochte.

„Ich verstehe Sie sehr gut. Ich war früher auch so. Ich habe früher auch meine Arbeit für das Allerwichtigste gehalten und das, was wirklich wichtig ist, nicht gesehen. Ich habe mich auf meine eigene Wirklichkeit beschränkt, auf das, was ich sehen und anfassen konnte. Aber das war eben nicht einmal die halbe Wirklichkeit.“

Ich war etwas verwundert, wollte aber nicht unhöflich sein und fragte eher der Form halber zurück: „Wie meinen Sie das? Was oder wie sollte die Wirklichkeit denn sonst sein?“

„Nun“, sagte der Alte, „das ist eine spannende und faszinierende Geschichte. Es stellt für Sie sicher manches Gewohnte auf den Kopf, obwohl es im Nachhinein so natürlich ist. Aber wenn es Sie interessiert, dann erzähle ich Ihnen gerne von einer ganz anderen Wirklichkeit. Lassen Sie uns mit ein paar Fragen beginnen.“

Noch bevor ich antworten konnte, begann der Alte mit seinen Fragen, die wohl eher rhetorisch gemeint waren.

„Wäre es für Sie schöner, wenn Sie ein rundherum glückliches und erfülltes Leben führen würden? Was wäre, wenn Sie den Sinn Ihres Lebens finden würden? Wie wäre es, wenn Sie das, was Sie tun, was Sie haben und was Sie sind, lieben würden?

Wie wäre es für Sie, wenn Sie selbst auf Ihr Leben, auf andere Menschen und Ereignisse wirken könnten und Erfolge wie von selbst erfolgen würden? Wären Sie erleichtert, wenn Sie keine Angst mehr vor dem Tod haben würden?

Wie wäre es für Sie, wenn Sie wissen würden, dass Sie zu etwas viel Größerem und Bedeutenderem gehören, etwas, das immer da und überall ist?

Was meinen Sie dazu?“

Ich verstand nicht ganz, was er meinte, war über die Fragen irritiert und der Kopfschmerz machte es nicht einfacher. Aber ich war auch neugierig, wohin mich das Gespräch noch führen würde. Also entschloss ich mich mitzuspielen und dem Alten zu antworten, aber mit der nötigen kritischen Distanz und sagte:

„Wissen Sie, das klingt natürlich alles sehr interessant, und wahrscheinlich würde jeder Mensch hier gerne mit ‚ja‘ antworten oder mit ‚das wäre toll, so hätte ich es liebend gerne, so würde ich es mir wünschen‘. Es klingt aber auch so, als wären schon die Fragen zu unrealistisch und zu weit weg von der Wirklichkeit. Ich kann mir deshalb auch irgendwie nicht vorstellen, dass mich diese Fragen so direkt betreffen. Ich habe zum Beispiel überhaupt keine Angst vor dem Tod. Ich mache mir darüber keine Gedanken.“

Die Angst vor welchem Tod?

Der Alte grinste in sich hinein und sagte: „Genau das habe ich früher auch immer gesagt. Und wenn man noch sehr jung ist, glaubt man tatsächlich, das Leben ginge immer weiter und der Tod wäre etwas für alte Leute. In jungen Jahren glaubt man irgendwie, dass es schon immer so war, wie es ist, und dass es auch immer so weitergeht, man kennt es ja nicht anders. Man weiß, dass es den Tod gibt, aber der gilt irgendwie nur für die anderen Menschen, nicht für einen selbst. Der Tod ist eher ein singuläres Ereignis, so wie ein Unfall. Man ist beschäftigt mit Ausbildung, Studium, Job und Familie und hat damit schon alle Hände voll zu tun.

Aber dann kommt die Zeit, in der man älter wird und in der Tageszeitung die Todesanzeigen liest. Klammheimlich studiert man die Jahrgänge der Verstorbenen und stellt fest, dass die Einschläge immer näher kommen. Dann macht man sich Gedanken über die eigene zeitliche Begrenztheit, manchmal ganz bewusst und manchmal eher unbewusst. Und eine latente Angst stellt sich ein, ob man das zugibt oder nicht. Diese Angst ist allerdings unbegründet, aber das erkläre ich Ihnen später.“

Der glückliche Mensch
ist der erfolgreiche Mensch

Ohne seine letzte erstaunliche Bemerkung zu beachten, wollte ich einfach widersprechen und auf eine andere seiner Fragen eingehen.

„Ich habe auch schon so oft gehört, dass man für seinen Job brennen soll und unbedingt das tun soll, was man liebt. Aber das funktioniert nicht! Egal, was Sie auch immer lieben, wenn Sie ein Hobby zum Beruf machen und es jeden Tag ausüben müssen, dann werden Sie es irgendwann leid und Sie tun es letztlich nur noch, um Geld zu verdienen.“

„Da haben Sie natürlich recht“, sagte der Alte. „Es geht aber auch nicht darum, Ihr Hobby zum Beruf zu machen. Diese Lösungen wirken tatsächlich nur eine gewisse Zeit. Es geht vielmehr darum, das, was Sie ohnehin tun, zu lieben. Diese Liebe zu etwas ist kein Zufall, sondern eine Entscheidung, die aus einer höheren Einsicht resultiert. Und diese Entscheidung ist so wichtig. Denn diese Liebe für die eigene Tätigkeit trägt mit dazu bei, dass Sie ein glückliches Leben führen können. Und ein glücklicher Mensch ist ein erfolgreicher Mensch!“

„Ich dachte immer, dass es genau umgekehrt ist. Ich dachte, ein erfolgreicher Mensch ist ein glücklicher Mensch“, warf ich ein.

„Ja, das glauben viele Menschen. Aber schauen Sie sich doch einmal erfolgreich erscheinende Menschen an. Viele klagen über innere Leere, Stress, Mangel an Zeit, Einsamkeit und Probleme in der Familie. Die Folgen sind oft der Konsum von Medikamenten, Alkohol und harten Drogen bis hin zum Suizid. Ist das Erfolg?

In Wahrheit sind viele erfolgreich erscheinende Menschen eher unglücklich. Sie haben den scheinbaren Erfolg hart erkauft, der Preis war hoch. Und diese Menschen stellen irgendwann fest, dass man Glück wirklich nicht kaufen kann, zu keinem Preis. Es macht daher keinen Sinn, Zeit gegen Geld zu tauschen, um Dinge zu kaufen, die man nicht genießen kann, weil man vor lauter Arbeit keine Zeit dafür hat.“

Das, was der Alte sagte, erinnerte mich an die bekannte Geschichte von dem armen Fischer.

In dieser Geschichte liegt der Fischer am Strand und genießt die Sonne. Da kommt ein Manager vorbei und erklärt dem Fischer, dass er sehr viel mehr Fische fangen könnte, wenn er sich auf Kredit ein größeres Netz kaufen würde und ein größeres Boot und dann jeden Tag weit hinaus auf das Meer fahren und den ganzen Tag auf Fischfang gehen würde. Der Fischer fragt den Manager, was er wohl davon hätte. Der Manager erklärt dem Fischer, dass er dann viel Geld verdienen würde und den Kredit zurückzahlen könnte und reich würde.

„Und dann?“, fragt darauf der Fischer.

„Und dann“, antwortet der Manager, „dann könnten Sie am Strand liegen und die Sonne genießen.“

Ich weiß nicht, ob der Alte die Geschichte auch kannte, jedenfalls fuhr er fort.

„Die wirklich erfolgreichen Menschen sind die glücklichen Menschen. Ein glücklicher Mensch lässt den Erfolg er-folgen. Ich weiß, das klingt seltsam, hat aber einen handfesten Hintergrund. Ein glücklicher Mensch folgt einer Vision, einem ganz persönlichen Ziel. Er hat den Sinn des Ganzen gefunden. Und er hat eine Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert und wie er darin wirken kann. Er weiß, dass er zu etwas Größerem gehört, darin eingebunden ist, und er weiß, was für ihn wirklich wichtig ist.

Mit dieser Einstellung kann er sich selbst und die Menschen seiner Umgebung begeistern, er hat eine entsprechende Ausstrahlung auf seine Umgebung. Der Glückliche folgt seiner Vision und die Menschen folgen ihm. Und ihm ereignen sich die notwendigen glücklichen Zufälle und Fügungen, die den Erfolg wie von selbst erfolgen lassen. Wenn Sie also unbedingt erfolgreich werden wollen, dann werden Sie vorher ein glücklicher Mensch!

Aber denken Sie daran, dass Erfolg, Geld und Reichtum keine Ziele sein können, sondern immer nur Resultate des glücklichen Lebens!“

Nach diesem Monolog machte der Alte eine Pause, so als wollte er mir Zeit zum Nachdenken geben, und das war auch dringend nötig. In mir regte sich Widerstand, denn das klang alles viel zu schön, um wahr zu sein. Es war Zeit, den Alten zu widerlegen und seine Ansichten auf Fakten abzuklopfen. Also fuhr ich entsprechendes Geschütz auf.

„Sie sprechen davon, dass die Angst vor dem Tod unbegründet ist, und von höherer Einsicht, von einer Entscheidungsfreiheit, etwas zu lieben, die eigene Vision und den Sinn zu finden, zu etwas Größerem zu gehören, und davon, glückliche Zufälle zu erzeugen. Kann man das auch irgendwie erklären und beweisen?“ Ich kam mir mit diesem Einwurf ziemlich schlau vor.

In die Tiefe

Der Alte hatte wohl mit der Frage gerechnet.

„Aber natürlich kann man das. Folgen Sie mir einfach und lassen Sie sich überraschen, wohin die Reise geht. Wir müssen uns nur anschauen, was wirklich ist, was wirklich die Grundlage für unsere Existenz ist und wie oder was wir wirklich sind. Das, was wir augenscheinlich wahrnehmen, ist nur ein kleiner Ausschnitt daraus und viel zu begrenzt.