GABRIEL PALACIOS

DU BIST
MEHR
ALS
NUR
GUT
GENUG

Wie du deinen wahren
Wert erkennst

Es liegt in der Natur der Sache, dass die in dieser Lektüre enthaltenen Lösungsansätze, Hinweise und Anleitungen keine konventionelle Grundtherapie (insbesondere schulmedizinische und psychotherapeutische Behandlungen) ersetzen, sondern als Ergänzung zu verstehen sind. Die Haftung und Verantwortung in Hinblick auf die Ausführung und Anwendung der hier vorgestellten Anleitungen liegen folglich auch bei Leserin und Leser selbst.

1. Auflage 2022
Copyright ©2022 Cameo Verlag GmbH, Bern
Alle Rechte vorbehalten.

Der Cameo Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021-2024 unterstützt.

Lektorat: Susanne Schulten, Duisburg
Illustrationen: Gabriel Palacios, Bern
Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Cameo Verlag GmbH, Bern
ISBN: 978-3-03951-002-3
eISBN: 978-3-03951-010-8

Inhaltsverzeichnis

Bevor wir beginnen

Der Wert

Ungenügend

Warum ich erfolgreich bin

Narzissmus

Echte Wertschätzung

Angeber

Streit

N-E-I-N

Den Eltern genügen

Reinszenierung

Glaubenssätze umschreiben

Herzlichen Glückwunsch

Dein richtiger Weg?

Kontakt

Bevor wir beginnen

Herzlichen Glückwunsch zu deiner Entscheidung!

Allein schon nur die Einsicht, dass du mit deinen eigenen Gedanken und deinen Gefühlen das, was du ausstrahlst, wirst ändern können, ist eine große Erkenntnis!

Doch bevor wir beginnen, möchte ich dich gern zu einer kleinen Situationsanalyse einladen.

Beantworte doch einmal die folgende Frage, noch bevor du mit dem Lesen des Buches beginnst.

Wie wertvoll fühlst du dich jetzt, bevor du mit dem
Lesen des Buches beginnst?

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Nicht wertvoll

Sehr wertvoll!

Diese Frage werde ich dir noch einmal stellen – jedoch erst am Ende deiner Lektüre.

Lies dieses Buch bitte sehr achtsam durch. Ich habe die hier dargelegten Erkenntnisse sehr dicht gehalten. In manchen Kapiteln wirst du in nur wenigen Sätzen sehr viele Einsichten finden. Deshalb erlaube dir unbedingt, das Buch in wirklich langsamem Tempo zu lesen. Du bist mehr als gut genug, auch wenn du dieser Lektüre mehr Zeit widmest als anderen Büchern.

Auch ich mag es, hin und wieder langsam zu lesen. Lass dir also die Worte dieses Buches sozusagen auf der Zunge zergehen. Und reflektiere immer wieder zwischen den Zeilen das soeben Gelesene.

Ja, das Buch wird dich vielleicht auch hier und da ein wenig zum Nachdenken anregen. Und genau diese geistigen Prozesse sind von großer Wichtigkeit!

Ich freue mich auf diese Reise mit dir.

Für die nächsten Seiten bin ich nun dein Weggefährte.

Schön, dass du da bist!

Von Herzen,

Gabriel Palacios

Der Wert

Wer sich persönlich als nicht besonders wertvoll einstuft, kommt in Versuchung, andere Menschen über sich selbst zu stellen. Doch kein Mensch ist wertvoller als ein anderer. Die Idee des Wertes an sich ist ohnehin ein Konzept, das von Subjektivität geprägt ist.

Denn was ist eigentlich ein Wert? Nicht nur, was schön, sondern auch, was wertvoll ist, liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Dies beobachten wir beispielsweise im Bereich der Kunst: Dasselbe Gemälde, das eben noch verhältnismäßig wertlos schien, ist nun, nach dem Ableben des Künstlers, auf einmal immens wertvoll. Wenn also die Nachfrage größer wird als das Angebot, scheint sich der Wert des Angebots zu erhöhen.

Nur: Wir reden hier von Materialien, von Kunstwerken, ganz allgemein von Gegenständen.

Doch der Mensch ist kein Gegenstand. Der Mensch, mit all seinen Facetten, kann sich nicht vervielfältigen. Der Mensch ist per se wertvoll, denn es gibt ihn nur ein einziges Mal.

Dennoch tendieren wir dazu, unseren Wert über die Meinung anderer zu bestimmen: die Reputation. Und sobald der Mensch keine Anerkennung mehr von außen erhält, neigt er dazu, sofort seinen eigenen Wert zu hinterfragen.

Doch würden wir das im Umkehrschluss auch tun, wenn wir ein Kunstwerk aus eigener Überzeugung gekauft hätten? Würden wir den Gefallen, den wir an diesem Kunstwerk finden, automatisch reduzieren, bloß weil es anderen Menschen nicht gefällt? Das wäre ja realitätsfern.

Und ebenso abstrakt ist es, den eigenen Wert in Frage zu stellen, bloß weil gewisse Menschen einem nicht die ersehnte Anerkennung geben.

Du bist nicht nur gut genug. Nein, du bist mehr als nur gut genug!

Du bist ein Kunstwerk, das nur einmal in diesem Universum existiert!

Schön, dass es dich gibt!

Ungenügend

Wir werden schon von klein auf darin konditioniert, Ansprüchen von außen zu genügen.

Das beginnt im Grunde schon in dem Moment, in dem Eltern die Fähigkeiten ihrer Kinder direkt vor den Ohren der Kinder vergleichen: «Kann dein Kind noch nicht mit Messer und Gabel essen?» – «Nein, meines verschmiert sich noch total den Mund.»

Dass solche Worte bei diesem Kind das Gefühl «Ich muss besser werden, denn es genügt noch nicht, so wie es derzeit ist!» auslösen mag, brauche ich wohl nicht weiter zu erklären.

Tatsächlich beginnt aber der unbewusste Vergleich sogar schon, bevor wir überhaupt eine Sprache erlernen; bloß können wir das – glücklicherweise – zu diesem frühen Zeitpunkt zumeist noch nicht rational verstehen und damit ganz erfassen: «Die Nase hat er eindeutig von Papa!» – «Was? Nein, nein. So eine fürchterlich krumme Nase bekommt der nicht.» Oder: «Dieses hochnäsige Verhalten hat er genau von seiner Mutter!» – «Das stimmt nicht! Das ist keine Hochnäsigkeit, sondern die Sturheit des Vaters.»

Auch wenn unser Unterbewusstsein vielleicht nicht jedes Wort entschlüsseln kann, so empfindet es zumindest doch die Energie der Worte. Denn Worte haben eine Kraft. Nicht bloß der Inhalt eines Wortes spielt eine Rolle, sondern auch die Betonung, die Ausdrucksweise, die Art und Weise, wie man sich über eine Eigenschaft des Kindes entsetzt, empört oder gar lustig macht.

Diese Energie nimmt das Kind – vielleicht nicht bewusst, aber dann bestimmt unbewusst – wahr, insbesondere deshalb, weil die einzigen Bezugspersonen des Kindes zunächst die Eltern sind.

Viele Eltern mögen sich nun vielleicht Gedanken darüber machen, über ihre eigene Erziehung reflektieren und auf sich selbst besinnen, weil sie genau wie soeben beschrieben auch ihre Kinder bestimmt immer wieder mit anderen Kindern verglichen haben.

An dieser Stelle sei gesagt: Jede Mutter, jeder Vater prägt das eigene Kind – im positiven Sinne wie leider auch im negativen, im hemmenden Sinne. Und es ist davon auszugehen, dass die positiven Prägungen die hemmenden Prägungen überwiegen und damit wieder ausgleichen.

Auch kann es für das Kind hier und da ein positiver Lernprozess sein, dass es, auch wenn ihm «vorgeworfen» wird, es habe die gleiche Nase wie der Vater, im Anschluss an diese Aussage von der Mama fest in den Arm genommen wird. Auf diese Weise wird dem Kind gezeigt: Ich liebe dich genauso wie du bist. Eine schöne Basis für eine Persönlichkeit.

Doch wie wäre es, wenn man dem Kind in genau dieser Situation, wenn es in den Arm genommen wird, nicht bloß sagen würde: «Ich liebe dich, so wie du bist.»? Sondern: «Genau deshalb liebe ich dich so sehr!»

Denn allein die Aussage «Ich liebe dich, so wie du bist!» beinhaltet eine Form der Akzeptanz, im Sinne von: «Ich akzeptiere dich, auch wenn du eine krumme Nase hast.» Doch die Frage der Akzeptanz sollte beim eigenen Kind gar nicht erst aufkommen. Und wenn man selbst ein Problem in dieser Hinsicht hat, so ist dies das eigene Problem als Vater oder Mutter, nicht aber das Thema des Kindes.

Die Aussage «Genau deshalb liebe dich mitunter so stark!» suggeriert dem Unterbewusstsein des Kindes, dass es eben nicht nur akzeptiert wird – im Sinne von geduldet –, also trotz der krummen Nase. Sondern dass es eben mehr als nur genug ist: Es ist unübertroffen!

Es versteht sich von selbst, dass an dieser Stelle die «krumme Nase» stellvertretend steht für beliebige Eigenschaften des Kindes, die vor seinen Augen und Ohren beurteilt werden.

Wenn dem Kind diese wertvolle Basis gegeben wird, so hat es ein Fundament, das ihm Sicherheit gibt. Denn die Bewertungen werden nicht mehr aufhören: In der Schule werden die Fähigkeiten des Kindes erneut mit denen anderer verglichen – und werden nun gnadenlos in diversen Noten widergespiegelt. Und wer kein «Genügend» erreicht, bekommt bald ernsthafte Probleme, muss vielleicht die Klasse wiederholen oder wird als Sonderschüler mit einer besonders ausgeprägten Lernschwäche abgestempelt.

Das Absurde an dieser Situation ist nicht nur, dass das Kind nun täglich mit dem Glaubenssatz «Ich muss genügen!» indoktriniert wird, sondern auch, dass diese Prozedur auch außerhalb der Schule fortgesetzt wird – auf dem Pausenhof und auf jedem Schulweg.

Das Kind wird nicht nur während den Unterrichtszeiten in Hinblick auf sein Wissen stets geprüft und mit den anderen verglichen, sondern auch jenseits des Unterrichts von den Mitschülerinnen und Mitschülern. Es gibt dabei einen ganz klaren Codex bezüglich dessen, was man tun muss, um dazuzugehören. Manchmal allerdings hilft alles nichts: Man kann einfach nicht dazugehören, weil man nicht das Aussehen hat, das angesagt ist.

Jedoch tun Kinder sehr viel dafür, auf irgendeine Weise dazuzugehören. Selbst gefährliche Mutproben werden in Kauf genommen; manchmal müssen Kinder einen hohen Preis bezahlen, um von den Kameradinnen und Kameraden akzeptiert zu werden. Und trotzdem ist es zumeist die ganze Mühe nicht wert: Die «Alphatiere», die Kameradinnen und Kameraden, welche die Freundesgruppe führen, werden letztendlich bestimmen – ähnlich wie Cäsar im Kolosseum – ob der Kandidat oder die Kandidatin dazugehören darf oder nicht.

Und das negativ Prägende an diesen ganzen Ritualen und Verhaltensnormen ist, dass sie ohnehin in einem zukünftig hemmenden Glaubenssatz münden: Entweder geht der Daumen des «Alphatieres» hoch und man wird angenommen – ein Moment des innerlichen Jubelns. Bloß wird genau in diesem Moment ein zumindest unbewusster, wenn nicht gar bewusster Lernprozess gezündet: In Zukunft wird dieses Kind (und später auch der Erwachsene) womöglich stets alles erdenklich Mögliche für die Menschen tun, von denen es sich Liebe ersehnt.

Ein falscher Glaubenssatz: Denn es wird sich später als enorm schwierig oder sogar unmöglich erweisen, genau von jenen Menschen geliebt zu werden, die einem ihre Liebe nur dann schenken, wenn man bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Dies ist sozusagen eine Liebe auf Bewährung. Und eine solche Beziehung ist in den allermeisten Fällen toxisch.