Über das Buch:

In dieser Geschichte gibt es kein Gut und kein Böse, kein Schwarz oder Weiß. Sich für eine Seite zu entscheiden ist unmöglich, da es auf allen Seiten menschelt und jeder Fehler machen wird. Alle Personen sind auf ihre Art schuldig und doch geschieht das, was sie tun oder auch nicht tun, nur aus einem einzigen Grund – aus Liebe.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort:

Dieses Buch ist ein Roman, der irgendwann in den 2010’er Jahren spielt. Die handelnden Charaktere sind von mir frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind nicht beabsichtigt. Im Text genannte Zitate und Marken sind entsprechend gekennzeichnet und werden ausschließlich im positiven Sinne verwendet. Ich verdiene damit kein Geld. Alle Rechte an diesem Buch bleiben bei mir. Die Verwendung von Cover und Klappentext für Werbezwecke ist aber ausdrücklich erwünscht. Anfragen unter: kontakt@juliane-schmelzer.de

Über mich:

Schreiben ist meine Leidenschaft und ich tue das in jeder freien Minute. Meine beiden Liebeskrimis »Im Fokus der Vergangenheit« und »Im Fokus der Liebe« wurden bereits erfolgreich verkauft. Mit meinem dritten Roman betrete ich nun die Welt des Dramas. Außerdem schreibe ich liebend gerne Gedichte. Einen Teil davon habe ich in meinem Gedichtband »In Waage« veröffentlicht. Meine Hobbies neben dem Schreiben sind mein Garten und meine Katzen. Ich lebe mit meiner Familie in der Nähe von Berlin. Weitere Informationen unter:

Juliane-Schmelzer.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

TWENTYSIX – Der Self-Publishing-Verlag
Eine Kooperation zwischen der Verlagsgruppe Random House
und BoD – Books on Demand

© 2020 Juliane Schmelzer

Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-740-74161-7

05/2021, 2. Auflage
erschienen: 06/2020, 1. Auflage
Alle Rechte vorbehalten.

Text: Juliane Schmelzer
Cover: Susann Rückert

(unter Verwendung von erworbenen lizenzierten Adobe Stock Materialien)

Buchsatz und Design: Juliane Schmelzer, Susann Rückert
Lektorat und Korrektorat: Sylvia Wustmann, Susann Rückert,

Sigrid Schaarschmidt

Für Susi.
Ohne dich wäre das hier nichts.

Teil I

Heimkehr

April

»Eine verletzte Seele kann nur heilen, wenn sie sich mit
dem beschäftigt, was sie einst verletzt hat.«

Juliane Schmelzer

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Dean

Ich verlasse das Tegeler Flughafengebäude und trete an die frische Luft. Ich muss meine Hand heben, um meine Augen gegen die Sonne abzuschirmen, die mir ein wolkenloser Berliner Himmel beschert. Ich bin zurück in meiner Heimat. Etwas mehr als zehn Jahre nach meiner Flucht aus dieser Stadt bin ich nun zurück. Und es ist, als wäre ich nicht einen Tag weg gewesen. Die Stadt ist lebendig und laut, so wie ich sie in Erinnerung habe. Es herrscht ein hektisches Treiben auf dem Gelände des Flughafens und ich brauche eine Weile, bis ich mich orientieren kann.

Es ist lange her. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das vermisst habe. Ob ich irgendetwas an dieser Stadt vermisst habe. Aber die Stimmen und die Sprache der Menschen um mich herum kommen mir seltsam vertraut vor. Ich habe die letzten zehn Jahre hauptsächlich Englisch gesprochen, ja ziemlich bald sogar Englisch gedacht und geträumt. Und so ist es eine Umstellung, plötzlich wieder Deutsch zu hören und vor allem den Berliner Dialekt, der mich sofort zurückkatapultiert in eine längst vergessene Zeit.

Neben mir hupt ein Taxi und ein paar Leute schreien sich an. Ich springe zur Seite, als ein anderer Taxifahrer mit quietschenden Reifen am Bordstein zum Stehen kommt. Ein Mann mittleren Alters mit einem Aktenkoffer springt heraus und hechtet in Richtung Eingang. Wahrscheinlich ist er spät dran. Ich lächle, schultere meinen Seesack und schnappe mir meine Gitarre. Es ist mein gesamtes Gepäck. Mehr habe und brauche ich nicht.

Der Taxifahrer schaut mich fragend an, doch ich schüttele nur den Kopf und gehe zur Bushaltestelle. Der X9er steht schon bereit und ich steige schnell ein und krame nach Kleingeld, um mir beim Busfahrer ein BVG-Ticket zu kaufen. Es ist teurer geworden und ich beobachte, wie der Fahrer mein Geld in die Ticketmaschine steckt und mein Fahrschein an der Seite herauskommt. Hinter mir gibt es Gedränge und ich schnappe mir schnell das Ticket und trete durch die Absperrung. Schließlich setze ich mich ganz nach hinten in den Bus, stelle meinen Seesack auf den Boden, lege die Gitarre auf meinen Schoß und hole mein Handy heraus. Der Bus füllt sich und fährt an. Wir fahren nach Süden. Ich suche in meinem Handy nach der weiteren Verbindung, die mich zu meiner zukünftigen Bude führen wird. Das Netz ist langsam und ich fluche innerlich. Das bin ich nicht gewohnt. Ich komme frisch aus den Staaten und dort gibt es WLAN an jeder Ecke. Ich muss mir so schnell wie möglich ein neues Telefon und einen deutschen Vertrag zulegen.

Die Fahrt geht weiter. Der Busfahrer hat ein ganz schönes Tempo drauf und ich erinnere mich wieder gut an die Mentalität der Berliner Busfahrer. Dahingehend hat sich also nicht viel verändert. Auf einmal bremst der Bus ab und ich schaue hoch. Wir stehen im Stau, was mich nicht sonderlich überrascht. Endlich hat mein Handy gefunden, was ich suche und ich stelle fest, dass ich an der nächsten Haltestelle schon wieder raus muss. Obwohl es so lange her ist, dass ich das letzte Mal hier war, kommt mir die Strecke plötzlich wieder ziemlich bekannt vor. Nach einer gefühlten Ewigkeit im Schritttempo steige ich am Jakob-Kaiser-Platz aus und beobachte eine Weile fasziniert das Chaos. Der Verkehr ist immer noch genauso beschissen wie eh und je. Völlig verrückte Autofahrer nehmen sich gegenseitig die Vorfahrt oder parken in zweiter Reihe. Ich laufe ein Stück weiter und kann nun den Kreisverkehr ganz gut einsehen. Ich muss lächeln und hoffe, dass nicht irgendwer einen Unfall baut. Kein Mensch schafft es, den Kreisverkehr ohne Zwischenfälle zu umrunden und ich frage mich für ein paar Sekunden, ob es nicht besser gewesen wäre, nicht wieder hierher zurückzukommen. Doch dann erinnere ich mich ganz schnell daran, warum ich doch wieder hier bin.

Ich seufze, als mir bewusst wird, dass nun die Reise in meine Vergangenheit beginnt. Ich drehe mich um und gehe zum Eingang der U7, steige die Treppen hinab und warte auf meine Bahn. Es riecht nach Muff und Untergrund und ich weiß wieder einmal, warum ich eigentlich lieber mit dem Bus fahre. Es ist voll und ein leicht klaustrophobisches Gefühl steigt in mir auf, das ich aber zu ignorieren versuche. Ich drängle mich mit hundert anderen Menschen in die eben eingefahrene Bahn und hoffe, meine Atemnot unter Kontrolle zu bekommen. Die elektronische Stimme krächzt: »Zurückbleiben bitte!«. Ein entsetzlich lautes Tuten raubt mir beinahe den letzten Nerv und dann setzt sich die Bahn in Bewegung, rauscht nach Süden und mit mir in meine Zukunft.

Mein WG-Zimmer, welches ich mir online gemietet habe, liegt im Stadtteil Charlottenburg in einem 60er Jahre Hochhaus. Es ist nicht gerade das, was ich mir gewünscht habe, aber eine Wohnung in Berlin zu finden, grenzt beinahe an einen Lottogewinn. Vor zehn Jahren, als ich aus der Stadt geflüchtet bin, war dies noch ganz anders. Damals konnte man sich auch als weniger gut Verdienender noch Wohnungen aussuchen und musste nicht nehmen, was übrig blieb.

Ich bin sehr gespannt - und das nicht nur auf meine Mitbewohner. Es sind zwei Männer und eine Frau, alles Studenten und ich passe mit meinen 35 Jahren eigentlich nicht mehr in das typische Klientel eines WG-Mitbewohners. Doch das hier ist Berlin. Es ist alles möglich. So versuche ich, mir mein Wohnarrangement zumindest ein wenig schmackhaft zu machen. Vielleicht können meine neuen Mitbewohner mich auch in die Musik- und Partyszene einführen. Immerhin bin ich Musiker, naja zumindest war ich das bis vor kurzem noch. Bis ich entschieden hatte, einen Schlussstrich zu ziehen, da drüben, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Die Bahn hält und ich steige aus, laufe dem Menschenpulk hinterher die Treppen nach oben und stehe dann erst einmal für ein paar Sekunden auf dem Bürgersteig. Ich sauge Luft in meine Lungen. Es ist Frühling in Berlin. Die Natur beginnt zu blühen und genau wie sie einen neuen Anfang nimmt, ist das hier meiner. Ich stecke mir eine Zigarette an und blase den Rauch in die Luft. Dann nehme ich meine Sachen und laufe anhand der Navidaten meines beschissen langsamen Handys zu meiner Zielstraße.

Ich komme an einem kleinen Werbeplakat vorbei. Nichts Besonderes und an den Ecken löst sich auch schon der Kleber, aber es erregt sofort meine Aufmerksamkeit. Eine Berliner Newcomerband sucht einen Sänger. Na welch ein Zufall. Ich behaupte von mir, ganz gut singen zu können, obwohl ich auch gerne nur Gitarre spiele. Vielleicht ist diese Stadt doch genau das, was ich gebraucht und gesucht habe. Ich mache ein Foto von dem Plakat und gehe weiter. Ich werde mich gleich morgen dort vorstellen. Und wer weiß, vielleicht muss ich ja doch nicht als Taxifahrer oder Nachtportier anheuern, sondern kann das tun, was ich kann und liebe: singen und Gitarre spielen.

Endlich habe ich die gesuchte Straße gefunden und betrete das Haus, welches mein zukünftiges neues Zuhause sein wird. Es ist ein zehnstöckiges Gebäude. Von außen sieht es ganz angenehm aus. Balkone ragen zur Straße und sind mit Blumenkästen geschmückt. Ich gehe durch eine Unterführung und stehe plötzlich in einer Art Innenhof. Er ist begrünt und ein Spielplatz ragt in der Mitte empor. Ich suche nach meiner Hausnummer und gehe die paar Stufen zur Tür hinauf. Dann fahre ich mit dem Finger über das Klingelfeld, um die richtige Taste zu finden. Da wird die Tür von innen geöffnet und eine Frau mit drei Kindern stürmt an mir vorbei. Ich muss mich auf die Seite flüchten und schaue dem fröhlichen Kindertrubel hinterher. Dann betrete ich den Hausflur, bevor die Tür wieder ins Schloss zurück fallen kann.

Ein wenig in die Jahre gekommen sieht das Haus aus, aber sonst einigermaßen sauber und gepflegt, was mich positiv überrascht. Ich beginne mich heimisch zu fühlen, als ich nun den Fahrstuhl betrete, nach oben fahre und an der Wohnungstür freundlich empfangen werde.

»Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber wo ich bin,
will ich nicht bleiben, aber die ich liebe, will ich nicht
verlassen, aber die ich kenne, will ich nicht mehr sehen,
aber wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber wo ich
sterbe, da will ich nicht hin: aber bleiben will ich,
wo ich nie gewesen bin.«

Thomas Brasch

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Kapitel 1

Isabell Sommerfeld öffnete die Augen und räkelte sich. Ganz langsam und genüsslich hob sie die Arme über den Kopf und drückte sich gegen das Kopfende ihres Bettes. Dann stemmte sie die Beine nach unten und drehte sich langsam hin und her. Dabei gähnte sie laut und seufzte tief. Der frische Duft von Kaffee hatte sie geweckt und sie fühlte sich magisch davon angezogen. Ihr Blick fiel auf den Wecker, der auf ihrem Nachttisch stand. Er zeigte sechs Uhr. Die Sonne schien ins Zimmer und heizte es schon jetzt ordentlich auf. Der frühe Sommer Ende Mai hatte ihnen bereits Temperaturen um die 30 Grad beschert und ihre Berliner Dachgeschosswohnung wurde auch nachts nicht merklich kühler. Sie gähnte wieder und rieb sich die Augen. Eigentlich war es noch viel zu früh zum Aufstehen, ihr Arbeitstag begann erst um neun Uhr, aber sie wusste, wenn sie jetzt nicht aus den Federn kam, dann würde sie ihren Mann Ben nicht mehr sehen können. Also schwang sie die Beine aus dem Bett und ging schnell ins Badezimmer, bevor sie die Küche betrat.

»Guten Morgen Herr Anwalt«, begrüßte sie den blonden 30-Jährigen und schlang die Arme von hinten um seinen großen, muskulösen Körper herum. Er hatte am Fenster gestanden, die Kaffeetasse zwischen den Händen, und auf den morgendlichen Verkehr gestarrt, den Berlin ihnen täglich bot. Irgendwo hupte ein Auto und sie konnte lautes Fluchen hören. Das Fenster war gekippt und der Lärm der Straße drang zu ihnen nach oben.

»Morgen Schatz«, entgegnete er und drehte sich um.

Sie lächelte ihm zu und auf seinem Gesicht erschien ein schiefes Grinsen. Er sah gut aus, erholt und voller Tatendrang. Sie waren vor zwei Tagen aus ihrem dreiwöchigen Urlaub zurückgekehrt und heute war ihr erster Arbeitstag. Er war bereits im Anzug, die Krawatte saß perfekt. Sein weißes Hemd leuchtete. So liebte sie ihn. Er war stets akkurat und galant und wusste genau, was er wollte. Ihr Blick ging nach oben und seine blauen Augen, die sie immer wieder faszinierten, schauten sie an. Sie hatten einen leicht gelblichen Ring um die Iris und verliehen ihm dadurch etwas Exotisches. Seine Wimpern waren, genau wie seine Augenbrauen, blond, seine Haut im Sommer immer leicht bronzefarben. Ganz im Gegensatz zu ihr selbst. Ihre Haut war immer etwas blass, obwohl sie dunkle Haare und dunkle Augen hatte. Seine Haare glänzten noch feucht vom Duschen nach seiner alltäglichen morgendlichen Joggingrunde. Isabell konnte seine Sportbegeisterung nicht wirklich nachvollziehen, aber sie akzeptierte es. Solange sie nicht mitlaufen musste, sollte er machen, was er wollte.

»Musst du wirklich schon los?«, fragte sie und nahm sich einen Becher aus dem Schrank, goss sich etwas Kaffee ein und nahm sich die Milch vom Tisch. Das fragte sie ihn immer, obwohl sie genau wusste, wie seine Antwort ausfallen würde.

»Ja, bin schon spät dran. Es wird die Hölle werden nach drei Wochen Auszeit«, sagte er und stellte seine benutzte Tasse auf den Geschirrspüler.

Sie ignorierte es – fürs Erste. So ordentlich, wie sein Äußeres war, so unordentlich waren seine Handlungen, wenn es um das Thema Haushalt ging. Das war immer ein Streitthema zwischen ihnen, bei dem niemand gewinnen konnte.

»Ts, Auszeit«, sagte sie abfällig. »Er hält es ja nicht mal für nötig, dich in deinen Flitterwochen in Ruhe zu lassen.« Tatsächlich waren es nachgeholte Flitterwochen gewesen, denn sie waren bereits seit einem Jahr verheiratet, hatten es aber bislang nicht geschafft zu verreisen. Irgendetwas war immer dazwischengekommen. Meistens seine Arbeit. Doch nachdem sie ihm die Pistole auf die Brust gesetzt hatte, waren sie schließlich für drei Wochen nach Mallorca geflogen.

»Tut mir leid, er ist nun mal mein Chef«, meinte er und trat auf sie zu.

»Ja, aber er ist auch dein Vater, also wäre es anständig gewesen, dich mal drei Wochen nicht mit der Arbeit zu belästigen«, murrte sie.

»Du kennst ihn doch«, entgegnete er.

Isabell seufzte. Ja, sie kannte Frank Sommerfeld nun schon ein paar Jahre. Und ihr gegenüber verhielt er sich stets höflich und zuvorkommend. Seinem Sohn gegenüber war er streng. Viel strenger, als das in ihren Augen nötig gewesen wäre. Aber Isabell hielt sich da raus. Es stand ihr nicht zu, sich in die Beziehung zwischen Vater und Sohn einzumischen.

Plötzlich nahm Ben ihren Kopf zwischen seine Hände und hob diesen ganz leicht nach oben. Er strich mit den Daumen über ihre Wangen und küsste sie schließlich mitten auf den Mund. Sie drückte sich an ihn und fühlte seine Wärme. Er machte sie in diesem Moment glücklich und sie schluckte ihren Ärger hinunter. Nach einer Weile löste er sich von ihr und schaute sie wieder an. Seine blonden Haare glänzten in der Morgensonne und sie wuschelte ihm flüchtig über den Kurzhaarschnitt.

»Es ist ja nicht mehr für lange«, sagte er und strich sich die Haare wieder in Form. Sie wusste, er hasste es, wenn sie das tat, aber manchmal konnte sie einfach nicht anders. Dann wollte sie ihn einfach nur ein wenig durcheinanderbringen. Ein wenig Chaos in seinem ansonsten so geordneten Leben veranstalten.

»Du weißt, sobald er mich zum Teilhaber der Kanzlei macht, wird alles anders. Dann kann mir keiner mehr sagen, wo es lang geht. Dann kann ich meine Zeiten selbst bestimmen, weil ich dann auch der Chef bin.«

Isabell verdrehte die Augen. Ben arbeitete in einer renommierten, alt eingesessenen Kanzlei in Zehlendorf, die vor vielen Jahren von seinem Vater, Frank, gegründet worden war. Seit Ben sein Jurastudium mit Auszeichnung innerhalb kürzester Zeit bestanden hatte, ging es immer wieder darum, dass er zum Partner aufsteigen sollte. Doch bis jetzt riss er sich einfach nur den Arsch auf, um den hohen Ansprüchen seines alten Herrn gerecht zu werden. Isabell wollte ihm nicht die Illusionen rauben, aber sie hatte nach fast fünf Jahren, die Ben nun schon in der Kanzlei arbeitete, einfach das Gefühl, dass Frank nicht vorhatte, Ben jemals zu befördern. Doch dies sagte sie ihm nicht.

»Ich weiß«, seufzte sie daher und trank noch einen Schluck Kaffee.

»Ich muss jetzt los«, sagte er und ging zur Tür.

»Brauchst du noch was? Ich meine, ich gehe heute noch einkaufen. Also wenn du noch was Bestimmtes haben willst, dann schreib mir oder ruf mich an.«

»Mach ich«, versprach er.

»Wann wirst du zurück sein?«, fragte sie, während er sich die Schuhe zuschnürte und nach seiner Aktentasche griff.

»Ich weiß noch nicht genau. Ich schätze, es wird spät werden.«

Sie kam ihm hinterher und lehnte sich gegen den Türrahmen. Ihr Nachthemd war kurz und tief ausgeschnitten und sie wusste genau, dass er sie musterte.

»Du weißt, was heute für ein Tag ist, nicht wahr?«, fragte sie und spielte mit ihren Haaren.

Er nickte und musste sich ein Grinsen verkneifen. Sie war wirklich sehr anziehend und kurz bedauerte er es, dass er jetzt ins Büro gehen musste. Doch sein Pflichtgefühl war stärker als seine Lust.

»Ich freu’ mich drauf«, sagte er deshalb, öffnete die Tür und ging.

»Ich liebe dich, Ben«, rief sie ihm nach.

»Und ich liebe dich, Izzi«, rief er zurück, während er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen nach unten rannte und aus dem Haus lief.

»Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns
beschützt und der uns hilft zu leben.«

Hermann Hesse

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Dean

Ich sitze in meinem neuen Zimmer und klimpere ein wenig auf meiner Gitarre herum. Es kommt nichts Brauchbares heraus, aber es hilft mir, mich heimisch zu fühlen. Ich habe lange Zeit kein Zuhause gehabt, bin einfach nur durch die Gegend gezogen und nun bin ich wieder hier. In der Stadt, die mir so vieles genommen hat, die aber auch immer für mich da gewesen ist. Hier lebt meine Familie, die ich mehr als zehn Jahre lang nicht gesehen habe. Ich weiß nicht, ob ich sie wirklich vermisst habe, aber ich weiß, dass ich dieses Gefühl vermisst habe. Das Gefühl, irgendwo hin zu gehören. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man nicht mehr rebellisch sein möchte. In dem man andere Prioritäten setzt und vielleicht auch sesshaft wird. Ob ich das wirklich kann, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich mein Leben definitiv ändern muss, sonst werde ich vielleicht nicht einmal die Vierzig erreichen.

Die letzten vier Wochen habe ich gebraucht, um hier anzukommen, mir einen Job zu suchen und mich bei dieser Band zu bewerben. Es lief alles erstaunlich gut, eigentlich fast zu gut. Das bin ich überhaupt nicht mehr gewohnt und ein wenig macht es mir Angst. Meine Mitbewohner sind nett. Manchmal vielleicht etwas zu flippig, aber sie sind alle erst um die zwanzig und frei und ungebunden. Sie machen die Nacht zum Tag und probieren aus, was geht.

Das alles habe ich bereits hinter mir und oftmals muss ich schmunzeln, wenn ich in eine wilde Party hineinstolpere oder einen von den Jungs aus dem Alkoholkoma retten muss. Doch sie sind mir gegenüber stets aufgeschlossen und beziehen mich ein. Sie scheinen mein Leben interessant zu finden, auch wenn ich vermeide, zu sehr ins Detail zu gehen. Wir haben unseren Spaß zusammen und es erstaunt mich, dass wir nach nur vier Wochen schon so etwas wie befreundet sind.

Ich nehme mein Telefon aus der Tasche und öffne eine Suchmaschine. Ich tippe den Namen meines Vaters ein und stoße auf mehrere Einträge, geschäftlich und privat. Er hat keinen Account in den gängigen Social Media Foren, aber er ist bekanntes Berliner Stadtgespräch. So wie eigentlich schon immer. Ich mache mir Notizen und bekomme schließlich die E-Mailadresse heraus. Ich beginne ihm eine Nachricht zu schreiben und überlege sehr lange, ob ich sie tatsächlich abschicken soll. Es kostet mich viel Überwindung, aber schließlich tue ich es und stecke mein Telefon weg, nehme wieder meine Gitarre und versuche, mich zu konzentrieren. Doch es klappt nicht. Ich bin blockiert und fluche innerlich, doch ich weiß, dass es nichts bringt, gezwungen kreativ zu sein. Das muss von alleine fließen. Es muss aus meinem Inneren kommen. Doch mein Inneres ist leer. Da ist nicht einmal der Hauch einer Note oder eines Textschnipsels.

Kurz schließe ich die Augen und lausche den lauten Stimmen auf dem Flur. Einer meiner neuen Mitbewohner steckt den Kopf zur Tür herein und fragt mich, ob ich mit zur Dönerbude um die Ecke gehen will. Dankbar für die Ablenkung nicke ich, lege meine Gitarre beiseite und stehe auf, greife nach meiner Jacke und folge ihm nach draußen.

»Das Herz hat seine Gründe,
die der Verstand nicht kennt.«

Blaise Pascal

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Kapitel 2

Isabell duschte und räumte die Wohnung auf. Es war ein Berliner Altbau, nicht weit entfernt vom Volkspark Friedrichshain, mit hohen Decken und Stuck. Ben und sie wohnten seit zwei Jahren hier, hatten alles in liebevoller Kleinarbeit hergerichtet, hatten Parkett verlegt und die großen, doppelt verglasten, Fenster gestrichen, was eine unglaubliche Schinderei gewesen war. Sie hatten mit viel Liebe zum Detail die Möbel ausgesucht und alles eingerichtet. Die Wohnung war knapp 120 qm groß und Isabell war eigentlich dagegen gewesen, sie zu kaufen. Doch Ben hatte darauf bestanden. Er hatte etwas von Verschwendung gefaselt. Hatte behauptet, sie würden viel mehr Miete als Bankraten bezahlen und Isabell hatte sich schließlich überreden lassen.

Mittlerweile liebte sie die Wohnung und doch war sie immer noch nicht ganz angekommen. Sie stammte aus der Provinz nördlich von Berlin und hatte die meiste Zeit ihres Lebens in Kuhställen und auf dem Feld verbracht. Ihre Kindheit hätte glücklich sein können, wenn ihre Eltern etwas mehr Interesse an ihr gezeigt hätten. Aber diese waren vollauf mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt gewesen und es war mehr als einmal vorgekommen, dass Isabell die Nacht im Stall bei ihren Tieren verbracht und keiner es gemerkt hatte.

Mit 16 war sie schließlich von zu Hause weggezogen, um eine Lehre zu machen. Ihren Eltern war dies nur recht gewesen. Sie hatten sie ziehen lassen und sich nicht weiter darum gekümmert. Isabell hatte sich allein durchschlagen müssen und mit ihrem alles andere als üppigen Lehrlingsgehalt, war die erste Zeit sehr hart gewesen. Sie hatte viele Abende in der »Arche«, einem kirchlichen Kinderhilfswerk, zugebracht, in der sie zumindest etwas Warmes zu Essen und ein wenig Gesellschaft bekommen hatte. So schlimm wie ihr Leben in dieser Zeit auch gewesen sein mochte, sie wäre nie wieder zu ihren Eltern zurückgekehrt. Dies war nun über 13 Jahre her und Isabell hatte ihre Eltern seither vielleicht fünfmal gesehen. Sie vermisste sie nicht, aber sie vermisste den Inbegriff von Familie und so hatte sie sich auch ziemlich schnell in Ben verliebt, der ihr als seriöser angehender Anwalt den Kopf verdreht und sie schließlich geheiratet hatte.

Und nun lebten sie hier, in einer schicken Wohnung, hatten alles, was das Herz begehrte und doch fehlte noch etwas. Und Isabell wusste auch genau was. Sie öffnete die Tür zu dem Zimmer, welches noch nicht wirklich fertig war. Eine Couch stand darin und ein alter Schreibtisch, mehr nicht. Die Couch benutzten sie als Gästeschlafplatz, wenn mal jemand zu Besuch kam, aber das war nicht oft der Fall. Die meiste Zeit stand das Zimmer leer und es stimmte Isabell jedes Mal traurig, dass es noch nicht seine Bestimmung gefunden hatte.

Sie seufzte und ging zurück in die Küche. Sie machte sich ein Frühstück und packte ihre Tasche. Dann schaute sie sich noch einmal um, nahm ihren Schlüssel und verließ die Wohnung. Der Weg zur Arbeit war weit. Sie hasste es, dass man in dieser Stadt, egal wohin man wollte, meist eine gute Stunde brauchte, doch mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt, denn ändern ließ sich das Problem nicht wirklich. Es war leider schier unmöglich, eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeit zu bekommen.

Sie nahm die S-Bahn und fuhr in Richtung Mitte, stieg am Zoo aus und lief zu Fuß weiter nach Westen, bis sie schließlich an ihrer Arbeitsstelle ankam.

Sie arbeitete in einer kleinen Buchhandlung auf der Kantstraße. Die einzige, die in diesem Viertel noch übrig geblieben war, nachdem sich die großen Marken in den diversen Einkaufszentren ringsum breit gemacht hatten. Sie betrat den Laden durch den Hintereingang und stellte ihre Tasche in den kleinen Aufenthaltsraum, der vollgestopft mit allerlei Krimskrams war. Ihre Chefin war nicht besonders ordentlich und Isabell hatte es schon vor geraumer Zeit aufgegeben, das Chaos zu lichten. Inzwischen mochte sie es sogar ein wenig, denn es kamen immer wieder Schätze zum Vorschein, mit denen sie niemals gerechnet hätte.

Es war kurz vor neun Uhr, als Isabell die Ladentür aufschloss und dann die Ware, die am vergangenen Tag angekommen war, auspackte und ordentlich in den Regalen und auf den Präsentationstischen verteilte.

»Guten Morgen, Izzi«, rief eine weibliche Stimme hinter ihr und Isabell drehte sich um. Sie sah die ältere Frau vor sich an und lächelte ihr zu.

»Guten Morgen, Greta«, antwortete sie und stand auf.

Greta gehörte der kleine Laden, der beständig um seine Existenz kämpfen musste.

»Wie geht es dir? Hattest du einen schönen Urlaub?«, fragte ihre Chefin und zog sich die Jacke aus, die sie dann über den Drehstuhl hängte, der neben dem Schreibtisch in der Ecke stand.

»Ja, der Urlaub war ganz okay. Wie geht es dir?« Greta zuckte die Schultern und streckte sich kurz, bevor sie zu dem alten Computer ging und diesen einschaltete.

»Wenn ich irgendwann mal früh aufwache und mir nichts weh tun sollte, dann erinnere mich daran, dass ich tot bin«, witzelte die ältere Frau und begann dann, Isabell mit den Büchern zu helfen.

»Das erzählst du mir jeden Tag«, meinte Isabell und lachte.

Greta war Anfang 60, hatte eine langsam ergrauende Lockenmähne und ein freundliches Lächeln. Ihr Gesicht war von Lachfältchen übersäht und ihre Lippen waren stets rosa geschminkt. Sie kleidete sich manchmal ein wenig seltsam, aber sie strahlte immer diese Ruhe aus, die Isabell selbst nie so ganz in sich spüren konnte. Deswegen liebte sie Greta und arbeitete gerne hier. Der kleine Laden gab ihr Halt, den sie sonst nirgends finden konnte, nicht einmal bei Ben. Greta war wie die Mutter, die Isabell niemals gehabt hatte. Sie war es auch gewesen, der Isabell ihre Ausbildungsstelle verdankte und obwohl die kleine Buchhandlung kaum so viel abwarf, dass Greta davon leben konnte, hatte sie Isabell nach dem Abschluss ihrer Ausbildung angestellt. Sie zahlte ihr zwar kein üppiges Gehalt, aber das benötigte Isabell auch nicht. Ben verdiente ganz gut und er hatte außerdem zu seinem 18. Geburtstag ein ordentliches Vermögen überschrieben bekommen, so wie es in der Familie Sommerfeld üblich war.

»Euer Urlaub war also ganz okay?«, erkundigte sich Greta noch einmal und ging dann hinter den Tresen, um die Kasse zu aktivieren. Während das Computersystem hochfuhr, notierte sie sich allerlei Dinge auf einem Block, die sie unbedingt noch erledigen wollte. In dieser Hinsicht war sie old-school. Sie besaß nicht einmal ein Handy, liebte Zettel und Stifte und es war schon ein Wunder, dass sie überhaupt eine elektronische Kasse und einen Computer für die Bestellungen besaß. Isabell hatte ihr mehrfach versucht, die Vorzüge eines Smartphones schmackhaft zu machen, aber Greta hatte ihre Ohren auf Durchzug gestellt und ihren Block gezückt.

»Prima«, sagte Isabell und hoffte, dass Greta ihre miese Stimmung nicht bemerken würde. Aber da hatte sie sich, wie immer, in ihrer Chefin getäuscht. Sie konnte ihr nichts vormachen. Sie arbeiteten jetzt bereits seit so vielen Jahren zusammen und waren mehr als nur Chefin und Angestellte. Sie waren Freundinnen geworden. Sie erzählten sich ihre Geheimnisse und trotz des Altersunterschiedes von mehr als 30 Jahren, konnten sie einander auf eine Art und Weise verstehen, wie es manch gleichaltrige Freunde nicht konnten.

»Es hat wieder nicht geklappt, oder?«, fragte Greta und Isabell nickte. Greta seufzte und kam dann auf Isabell zu, legte ihr beide Hände auf die Schultern und schaute ihr in die Augen.

»Ich würde dir ja gerne etwas Aufmunterndes sagen, meine Liebe, aber leider weiß ich genau, wie du dich fühlst.«

»Das hilft mir nicht weiter.« Isabell versuchte die aufsteigende Traurigkeit hinunter zu schlucken, aber es gelang ihr nur schwer. Sie und Ben versuchten seit gut einem Jahr ein Baby zu bekommen, jedoch ohne Erfolg. Mittlerweile war es schon so weit, dass sie sich deswegen stritten und das belastete ihre Beziehung. Der Urlaub hatte auch nicht geholfen und so stand Isabell mal wieder da und wusste nicht weiter.

»Das heißt doch nicht, dass es bei dir genauso sein muss wie bei mir, Liebes«, sagte Greta nun. »Ich meine, du bist ein paar Jahre jünger, lebst in einer modernen Welt, hast alle Möglichkeiten. Also lass dich nicht unterkriegen. Und vor allem, entspanne dich. Setz dich und ihn nicht so unter Druck.« Isabell wusste, dass Greta keine Kinder hatte. Sie hatte sich nie getraut genauer nachzufragen warum, aber ihre Andeutungen sprachen ihre eigene Sprache und Isabell dachte sich ihren Teil. Sie war irgendwie froh, nicht allein mit diesem Thema zu sein, aber sie konnte es auch nicht abschließen und sich auf etwas anderes konzentrieren. Dazu war ihr Wunsch einfach viel zu groß.

»Ich …«, hob Isabell an, da klingelte ihr Telefon. Sie nahm es aus ihrer Hosentasche und schaute aufs Display. Es war Ben. Erstaunt hob sie ihre Augenbrauen. Ben rief sie sonst nie tagsüber an. Dazu war er immer viel zu beschäftigt. Wenn, dann schrieb er nur kurze Nachrichten, wie etwa ›Komme später‹ oder ›Kannst du noch Rasierschaum besorgen?‹. Sorge begann in ihr aufzusteigen und sie ging schnell an den Apparat.

»Ben?«, fragte sie und merkte, wie ihr Herz zu klopfen begann.

»Hallo Schatz«, sagte er und seine Stimme klang eigentlich ziemlich ruhig und normal.

»Ist was passiert?«, fragte Isabell und schalt sich innerlich einen Dummkopf.

»Nein, alles in Ordnung. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass wir am Freitag eine Verabredung zum Essen haben, falls du dir noch ein Kleid kaufen möchtest oder so.«

»Was für ein Essen?«, fragte sie.

»Mein Vater hat einige Mandanten zu sich nach Hause eingeladen. Sie feiern einen großen Deal. Meine Mutter kocht ihren berühmten Sauerbraten und wir sind gebeten worden, vorbei zu kommen.«

»Wir sind gebeten worden?«, fragte Isabell noch einmal nach. Sie wusste, wie im Hause Sommerfeld Einladungen ausgesprochen wurden. Man hatte immer das Gefühl, keine Wahl zu haben. Man wurde nicht eingeladen, sondern herbeizitiert. Und Isabell hasste es. Sie konnte weder Bens Vater noch dessen Mutter sonderlich leiden, aber sie wusste, dass er seine Eltern vergötterte. Also tat sie jedes Mal so, als wäre sie hellauf begeistert, wenn sie zu ihnen eingeladen wurden.

»Nun hab dich nicht so, Izzi«, grummelte Ben am anderen Ende der Leitung und sie konnte spüren, dass er verärgert war. Sie wollte keinen Streit und deswegen beschwichtigte sie ihn - wie immer. Dass sie sich dabei nicht gut fühlte, versuchte sie tief in ihrem Inneren zu vergraben. Sie fragte sich manchmal, wie lange dies noch gut gehen würde, bis sie irgendwann explodierte.

»Ich sag ja gar nichts«, sagte sie und er murmelte ein kleines »Okay«.

»Was genau wird denn gefeiert?«, erkundigte sich Isabell schließlich.

»Wir haben den Wagner-Fall gewonnen. Es gibt richtig Kohle und ich glaube, für meine gute Arbeit wird mein Vater mich endlich zum Teilhaber machen. Dann haben wir ausgesorgt.« Sie konnte seine Begeisterung in der Stimme wahrnehmen und freute sich aufrichtig für ihn.

»Das ist gut«, stammelte Isabell. Ausgesorgt hatten sie eigentlich schon jetzt. Ben war nicht arm, aber er brauchte offensichtlich die Bestätigung nach außen. Er fühlte sich immer im Schatten seines Vaters und das zehrte an dem jungen Mann schon seit einigen Jahren. Isabell war die gut gehende Anwaltskanzlei von Bens Vater suspekt. Sie vertraten hauptsächlich prominente Persönlichkeiten, Politiker, Schauspieler, Geschäftsleute. Das Klima war immer eine Mischung zwischen höflichem umeinander Herumschwirren und Arschkriechen, aber Ben schien sich dort wohl zu fühlen. Er war ziemlich ehrgeizig und stand damit seinem Vater in Nichts nach. Er würde alles für eine Beförderung tun, aber ob sein Vater bereit war, einen Teil der Verantwortung abzugeben, das stand auf einem anderen Blatt Papier. Das Ganze ging nun schon mehrere Jahre und Isabell fragte sich, ob der Preis, den sie dafür zahlten, nicht langsam zu hoch wurde. Aber sie wollte nicht die Spielverderberin sein, also fügte sie sich. Wie jedes Mal, wenn Ben wieder seine Höhenflüge bekam.

»Okay, dann sag ich Bescheid, dass wir kommen. Wir sehen uns heute Abend«, sagte er.

»Komm nicht so spät!«, rief sie ihm noch nach, aber da hatte er schon aufgelegt. Seufzend steckte sie das Telefon wieder ein und schüttelte den Kopf.

»Ärger?«, fragte Greta.

»Nicht direkt. Nur eine Einladung des Horrors.« Greta nickte. Sie wusste von Isabells Abneigung gegenüber ihren Schwiegereltern, hielt sich aber gekonnt zurück.

»Mmmm ... ich glaube, ich mach uns mal einen Tee, bevor der Trubel los geht«, sagte Greta und verschwand im Hinterzimmer.

»Was für ein Trubel?«, murmelte Isabell und ging zur Tür, um die Ständer für draußen hinauszuschieben. Mit Trubel hatten sie schon lange nicht mehr zu tun gehabt. Sie konnten von Glück sagen, wenn sich 10 Kunden pro Tag hierher verirrten. Wenn das so weiter ging, dann musste sie sich bestimmt bald eine neue Arbeit suchen. Greta würde sie nicht mehr allzu lange bezahlen können. Und das machte Isabell traurig. Sie liebte ihren Job. Sie liebte Bücher und sie hätte am liebsten irgendetwas getan, um Greta und dem Laden zu helfen. Aber sie wusste nicht was. Sie war marketingtechnisch nicht versiert genug, um irgendetwas ausrichten zu können und in ihrem kleinen Bekanntenkreis gab es leider auch keine Werbeexperten. Und immer, wenn sie mit Ben darüber sprechen wollte, versicherte der ihr, dass sie sich um die Finanzen keine Sorgen zu machen brauchte. Dabei ging es ihr nicht einmal ums Geld. Sie würde es einfach nur schade finden, wenn Greta ihren Lebenstraum aufgeben müsste.

Sie wuchtete den großen Ständer über die Stufe der Eingangstür und fluchte, als das Ding anfing zu kippen und die Bücher sich so schnell auf die Straße ergossen, dass Isabell keine Chance hatte, sie aufzufangen.

»Verdammt.« Sie wollte sich gerade bücken, als der Ständer krachend auf die Straße stürzte. Sie selbst begann zu straucheln und wäre gefallen, wenn sie nicht ein Paar starke Arme aufgefangen hätten. Sie spürte Hände, die ihre Schultern berührten und roch einen herb männlichen Duft, der sie sofort an eine ganz bestimmte Duschbadmarke erinnerte. Manchmal schnupperte sie im Drogeriemarkt an den diversen Duschgelen und dieser Duft war ihr Lieblingsduft. Er war nicht besonders teuer und schon aus diesem Grund wollte Ben ihn nicht haben. Für ihn musste es immer eine Marke sein und er gab für ein Duschbad locker auch mal zwanzig Euro aus, was in Isabells Augen totale Verschwendung war. Aber Ben hatte schon immer Geld gehabt und verstand es auch, dieses unter die Leute zu bringen.

Sie sog noch einmal diesen Duft ein und blickte schließlich nach oben in grüne Augen. Einen Moment lang wusste sie nicht, was hier gerade passierte. Der Schreck steckte ihr in den Gliedern und sie spürte ihr Herz wie wild klopfen.

»Alles okay?«, fragte eine raue, männliche Stimme, die eindeutig zu den grünen Augen gehörte. Er stellte sie zurück auf ihre Beine, ließ sie los und wich zurück. Isabell starrte ihn an.

»J-j-j-aaa …«, stammelte sie schließlich. »Ich glaub’ schon.« Sie bückte sich und griff nach den Büchern, die auf der Straße lagen. Er ging ebenfalls in die Knie und half ihr dabei.

»Sind Sie sicher?«, fragte er noch einmal nach und seine Hand berührte die ihre, als sie nun gemeinsam den umgekippten Bücherständer wieder aufstellten. Sie zuckte zurück und nickte. Dabei begann sie, ihn genauer zu betrachten. Er war ungefähr einen Kopf größer als sie mit ihren 1,65 m. Außerdem war er schlank und muskulös. Er trug eine Jeans, die an den Beinen und am Hintern gut ausgefüllt war, eine abgewetzte Lederjacke, darunter ein weißes T-Shirt und dunkle Schuhe. Das Shirt lag eng an und Isabell konnte seine Bauch- und Brustmuskeln darunter gut erkennen. Seine Haare waren schwarz, stufig geschnitten und reichten ihm fast bis zur Schulter. Eine widerspenstige Strähne fiel ihm übers linke Auge, immer wenn er den Kopf bewegte und er versuchte sie vergeblich hinters Ohr zu klemmen. Diese kleine Geste machte ihn sehr sympathisch. Sein Gesicht zierte ein leichter Bartschatten, vermutlich hatte er sich am Morgen nicht rasiert, was wiederum zu seiner ganzen Erscheinung passte.

Sie konnte sein Alter nicht einschätzen, vermutlich war er Anfang bis Mitte dreißig, sie konnte sich aber auch täuschen. Unter seinen Augen lagen ein paar dunkle Schatten, so als hätte er eine Mütze Schlaf dringend mal wieder nötig. Auf seiner Stirn waren zwei feine Linien zu sehen, die Isabell in diesem Moment gerne mit ihrem Finger nachgezeichnet hätte. Warum dachte sie so? Sie hatte absolut keine Ahnung. Es war, als wäre soeben ein Blitz durch ihr Leben gezuckt, als hätte sich plötzlich etwas verändert. Sie schluckte und musste an die vielen Bücher denken, die sie bereits gelesen hatte, an die Liebesgeschichten, in denen es um die Liebe auf den ersten Blick ging. Sie hatte nie so ganz daran geglaubt, denn bei Ben hatte es eine Weile gedauert, bis es sie getroffen hatte. Doch jetzt – diese grünen Augen, die sie musterten. Der Blick, der auf ihr ruhte. Er ging ihr unter die Haut und sie revidierte alles, was sie bisher darüber gedacht hatte.

Der Moment ging genauso schnell vorüber, wie er gekommen war und Isabell schüttelte das Gefühl, das sie innerlich gepackt hatte, schnell ab.

»Ja, ich bin sicher«, antwortete sie ihm jetzt, rückte den Bücherständer an seinen bestimmten Platz neben die Eingangstür und begann dann die Bücher einzusortieren.

»Hier«, sagte er und reichte ihr die Bücher, die er aufgesammelt hatte.

»Danke.«

»Kein Problem.« Er schaute sie schon wieder so merkwürdig an. So als könne er nicht glauben, dass sie sich hier begegnet waren. Isabell räusperte sich verlegen.

»Was können Sie denn empfehlen?«, fragte er nun.

»Was?« Sie schaute ihn irritiert an und plötzlich spielte ein Lächeln um seine Lippen. Sie bemerkte, dass er Grübchen hatte, die ihm ganz hervorragend standen und seine grünen Augen machten sie ganz nervös.

»Na ich meine, welches Buch muss ich denn unbedingt gelesen haben, bevor ich irgendwann sterbe?«, fragte er und grinste. Isabells Hals wurde trocken.

»Ähm … vielleicht das hier?« Sie hatte wahllos in den Bücherstapel gegriffen und hielt ihm nun ein Buch unter die Nase.

»Mein schöner Garten«, las er vor und Isabell wurde rot. Sie wusste nicht warum, aber plötzlich konnte sie nicht mehr klar denken.

»Oh, das, ähm … tut mir leid. Da hab’ ich wohl das falsche Buch erwischt«, sagte Isabell schnell und legte das Buch wieder zurück.

»Ist gar nicht schlimm.« Er grinste wieder und sie musste schlucken. Zog er sie auf oder war er einfach nur ehrlich? Sie konnte es nicht erraten.

»Wollen Sie sich drinnen noch mal umsehen?«, fragte Isabell und deutete auf die Tür. Er schüttelte mit dem Kopf.

»Nein, ich muss jetzt leider los, aber vielleicht schaue ich bei Gelegenheit mal wieder rein. Passen Sie mir nur auf, dass Sie unfallfrei durch den Tag kommen.« Er hob die Hand zum Gruß und Isabell nickte ihm zu. Dann wandte er sich um und ließ sie einfach auf dem Gehweg stehen. Sie schaute ihm nach und fragte sich, was das für eine merkwürdige Begegnung gewesen war. Sein Duft hing immer noch in der Luft und ihr fiel das Atmen schwer. Als er um die nächste Ecke gebogen war, erwachte sie schließlich aus ihrer Starre und ging schnell in den Laden zurück. Greta kam nach vorne und hielt zwei Tassen Tee in der Hand. Als sie nun in Isabells Gesicht sah, runzelte sie die Stirn.

»Ist irgendwas passiert?«

Isabell starrte zum Fenster hinaus und sagte:

»Ich weiß nicht genau.«

»Lache solange du atmest und liebe solange du lebst.«

Johnny Depp

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Dean

Ich drehe mich um und laufe los. Ich muss mich zwingen, nicht zu schnell zu gehen, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern und vor allem, mich nicht umzudrehen. Die Versuchung ist groß, doch ich schaffe es, es nicht zu tun.

›Was war das denn?‹, frage ich mich. Ich schüttele meinen Kopf, doch ihre braunen Augen und ihr Lächeln verfolgen mich einfach weiter. Ich laufe in Richtung Bahnhof Zoo und steige in die nächste S-Bahn. Ich bin erst seit ein paar Wochen wieder in Berlin, doch ich habe mich bereits wieder an die öffentlichen Verkehrsmittel gewöhnt, weiß wo welche U- und S-Bahn hinfährt und muss mich kaum noch mittels eines Planes orientieren.

Mein Herz schlägt immer noch schnell und ich muss ein paar Mal tief durchatmen, um mich wieder zu beruhigen. Mit so einer Begegnung habe ich nicht gerechnet. Wie sie mich angesehen hat. Sie sieht so teuflisch gut aus. Ich kenne viele hübsche Frauen, aber bisher hat mich keine mit einem einzigen Blick so verzaubert. Ich habe mich schon oft verknallt, aber ich habe noch nie geliebt. Wie fühlt sich das an? Etwa so, wie ich mich gerade fühle?

Das gibt es doch nicht. Es darf nicht sein. Ich will keine Gefühle. Dafür bin ich nicht hier. Ich bin nicht für die Liebe gekommen. Ich will meine Vergangenheit aufarbeiten und dann wieder verschwinden. Doch das, was da gerade passiert ist, hat mich umgehauen. Sie hat mich umgehauen. Sie hat mich angesehen und ich war hin und weg. Ich wollte nicht gehen, wollte diese braunen Augen für immer ansehen, aber ich bin gegangen. Ich habe mich losgerissen und bin gegangen.

Ich wippe leicht mit dem Bein auf und ab. Ich bin kein Mann für eine Beziehung. Das war ich nie. Ich ziehe durch die Lande. Ich bin ein Vagabund. Ich habe kein Zuhause, aber sie hat mich angesehen und ich wollte sie auf der Stelle an mich drücken und für immer festhalten.

Die Bahn hält am Alexanderplatz und ich steige aus, blicke mich um und frage mich, wie ich hierhergekommen bin. Ich weiß es nicht. Und das zeigt mir, wie die Begegnung mich verwirrt hat. Ich setze mich ins »Café Alex« und bestelle mir einen Cappuccino. Die Milch ist gut geschäumt und oben drauf sieht man ein Herz. Ich verdrehe die Augen. Es ist so schräg. Ich vergesse, wohin ich eigentlich wollte und bekomme Herzen serviert. Das bin nicht ich. Ich bin verquer. Ich bin verrückt und ein solches Mädchen wie dieses, was soeben in mein Leben gestolpert ist, habe ich ganz sicherlich nicht verdient. Und ich will es auch gar nicht. Oder doch? Ich weiß es nicht.

›Schlag sie dir aus dem Kopf!‹, sagt mein Verstand.

›Bitte sie um ein Date!‹, sagte mein Herz.

Und während sich mein Verstand und mein Herz noch streiten, greife ich in meine Tasche, ziehe meinen Notizblock heraus und beginne zu schreiben.

»Vertrauen und Achtung, das sind die beiden unzer
trennlichen Grundpfeiler der Liebe, ohne welche sie
nicht bestehen kann; denn ohne Achtung hat die Liebe
keinen Wert und ohne Vertrauen keine Freude.«

Heinrich von Kleist

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Kapitel 3

Sie schloss die Tür zur Wohnung auf und warf ihre Tasche auf den Boden. Es war kurz nach sieben. Die Wohnung war leer. Was hatte sie auch anderes erwartet? Ben war sicherlich noch in der Kanzlei und würde nicht vor acht zu Hause sein. Sie schleuderte die Schuhe von den Füßen und öffnete ihren Zopf, so dass ihre dunkelbraunen Locken über ihre Schultern fielen. Dann ging sie in die Küche und verstaute ihre Einkäufe. Sie suchte alle Zutaten für das Abendessen zusammen und machte sich ans Kochen. Als alles auf dem Herd stand, öffnete sie eine Flasche Wein und goss sich ein Glas ein. Sie nahm einen großen Schluck und musste wieder an die merkwürdige Begegnung heute vor dem Buchladen denken. Der Fremde ging ihr irgendwie nicht mehr aus dem Kopf. Sie hätte gerne seinen Namen gewusst, obwohl das wahrscheinlich keine so gute Idee gewesen wäre. Sie war verheiratet, sie wollte eine Familie gründen, was sollten sie da andere Männer interessieren? Und dennoch – irgendetwas in seinem Blick, in seiner Art sich zu bewegen und wie er sie angeschaut hatte, hatte ihre Neugier geweckt. Sie wusste es war dumm, denn sie kannte ihn nicht. Wahrscheinlich würde sie ihn nie wiedersehen. Und das wäre wahrscheinlich auch besser so. Sie war glücklich mit Ben, zumindest die meiste Zeit.

Schnell nahm sie noch einen Schluck Wein und rührte dann die Sauce um. Wenig später schaltete sie den Herd auf die kleinste Stufe und ging ins Bad, um zu duschen und sich schick zu machen. Sie wollte Ben überraschen, wenn er nach Hause kam. Immerhin war es ihr erster Hochzeitstag und da sollte es doch etwas Besonderes sein. Sie hatte sich dieses sündhaft teure Teil aus schwarzer Seide mit viel Spitze gekauft, was ziemlich stark kratzte, aber sie würde tapfer durchhalten. Wahrscheinlich würde sie es eh nicht lange anhaben, wenn Ben erst einmal nach Hause kam. Ihre Vorfreude wuchs.

Eine Viertelstunde später wählte sie seine Nummer und landete auf der Mailbox. Verwundert starrte sie ihr Telefon an. Er ließ sonst niemals sein Telefon aus den Augen. Er war eigentlich immer erreichbar. Also versuchte sie es erneut. Doch ohne Erfolg. Sie musste sich stark zusammenreißen, um nicht an einen Unfall oder sonstige Katastrophen zu denken. Darin war sie eine wahre Meisterin. Sie musste sich ablenken. Also warf sie das Telefon auf die Couch und begann dann den Tisch zu decken. Sie stellte Kerzen auf und holte das gute Porzellan aus dem Schrank. Dann schaltete sie Musik ein und zog die Vorhänge zu. Es war romantisch und sie war zufrieden mit ihrem Werk. Um halb neun zündete sie schließlich die Kerzen an und machte das Essen wieder heiß. Doch von Ben keine Spur. Ein Gefühl der Unruhe gepaart mit Enttäuschung, machte sich allmählich in ihr breit. Um dreiviertel neun merkte sie, wie ihr vom Wein langsam schwummrig wurde, also naschte sie ein wenig von der Pasta und aß ein bisschen Salat. Die Enttäuschung wuchs und mit ihr kam die Wut. Gegen neun Uhr hatte sie schließlich die halbe Flasche ausgetrunken und versuchte erneut, ihn zu erreichen, doch er nahm nicht ab. Sie überlegte, ob sie die Polizei anrufen sollte, ließ es aber lieber bleiben. Unschlüssig lief sie durch die Wohnung. Schließlich rief sie in der Kanzlei an, doch Martha war auch schon nach Hause gegangen. Es nervte sie, sich Sorgen zu machen und sie knallte ihr Handy auf den Küchentisch. Um halb zehn blies sie die Kerzen aus und verpackte das Essen wütend in Plastikboxen, um diese dann im Kühlschrank zu verstauen. Schließlich zog sie sich einen Morgenmantel über, setzte sich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Sie zappte durch die Kanäle, konnte sich aber nicht konzentrieren. Sie trommelte auf das Sofakissen und rollte sich schließlich auf der Seite zusammen. Sie merkte den Wein in ihrem Kopf, der diesen schwer und sie müde machte. Selbst ihre Wut auf Ben und ihre Enttäuschung über den verpatzten Abend konnten nicht mehr verhindern, dass es nicht allzu lange dauerte, bis sie eingeschlafen war.

***

Jemand rüttelte an ihrem Arm und sie fuhr erschrocken hoch.

»Ben?«, fragte sie und spürte einen Hauch von Alkohol, der ihr entgegenwehte.

»Izzi«, murmelte er und drückte sie an sich. In der linken Hand hielt er einen Blumenstrauß, der allerdings nicht mehr allzu frisch wirkte. Einige der Rosen waren bereits umgeknickt und ließen die Köpfe hängen. Isabell bedachte den Strauß mit einem skeptischen Blick.

»Wo zum Teufel bist du gewesen?«, fragte sie und sprang auf. Er sah fertig aus. Seine Krawatte war locker und sein Hemd stand offen. Ihr Blick fiel auf die Uhr. Halb eins.

»Tut mir leid«, murmelte er und wollte sie küssen. Sie entzog sich seinem Griff.

»Du Arschloch«, rief sie und verließ das Zimmer. Er kam ihr hinterher, den Strauß immer noch in der Hand. Sie lief ins Schlafzimmer und machte die Nachttischlampe an.

»Sorry, aber mein Vater hat alle eingeladen. Ich konnte nicht nein sagen.« Er hielt ihr die Blumen entgegen und sie griff instinktiv danach, nur um sie dann nicht gerade sanft auf den Nachttisch zu werfen. Einige Blütenblätter segelten zu Boden.