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DAS REISEBUCH
ISLAND

Die schönsten Ziele entdecken
Highlights, Nationalparks und Traumtouren

Olaf Krüger
Kerstin Langenberger

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INHALTSVERZEICHNIS

Übersichtskarte

Willkommen in Island – Ein kurzer Überblick

Die sagenhafte Insel

IM SÜDWESTEN

1Reykjavík – Islands quirliges Zentrum

2Freilichtmuseum Árbæjarsafn

3Hafnarfjörður

TALARÐU ÍSLENSKU? – SPRECHEN SIE ISLÄNDISCH?
Kommunikation auf der Insel

4Kleifarvatn

5Bláa Lónið

6Geldingadalir – Vulkanausbruch bei Fagradalsfjall

7Reykjanestá – Im äußersten Westen von Reykjanes

8GOLDEN CIRCLE
Islands bekannteste Tagestour

9Þingvellir

10Haukadalur

11Gullfoss – Der Goldene Wasserfall

12Ljósafoss-Kraftwerk – Aktiv und interaktiv

13Der Bischofssitz Skálholt

14Hveragerði – Überall brodelt es

DER SÜDEN

15Die Westmännerinseln

16Þjórsárdalur – Im Schatten der Hekla

17Torfgehöft Keldur – Areal mit viel Geschichte

18Seljalandsfoss

19Berglandschaft Þórsmörk

20Eyjafjallajökull

21IDEAL FÜR DEN ROADTRIP – DIE RINGSTRASSE
Island umrunden auf der Nationalstraße 1

22Idyllisches Skógar

23Vík und der Mýrdalsjökull – Asche und Eis

24Dyrhólaey und Reynisfjara – Vogelparadies

25Das Flugzeugwrack auf dem Sólheimasandur

26Fjaðrárgljúfur

27Skaftafell – Faszinierendes Wanderparadies

28Der Vogelfelsen Ingólfshöfði

ISLANDS GEOLOGIE
Die Kraft der Gletscher und Vulkane

29Der Vatnajökull – Fesselnde Gletscherwelt

30Die Gletscherlagune Jökulsárlón

31Fjallsárlón – Dem Eis ganz nah

32Stokknes und Vestrahorn – Ikonische Fotomotive

33Höfn í Hornafirði – Im Reich des Vatnajökull

DER OSTEN

34Die Fjordlandschaft bei Djúpivogur

35Die südlichen Ostfjorde

36ISLANDS OSTEN
Entlang zerklüfteter Berge und tiefer Fjorde

37Fährhafen Seyðisfjörður

38Borgarfjörður Eystri

39Lagarfljót – Nur scheinbar uninteressant

40Der Wald von Hallormstaður – Eine isländische Rarität

41Skriðuklaustur – Poetenidyll

42Hengifoss und Litlanesfoss – Berühmte Wasserfälle

43Kárahnjúkar – Islands größtes Wasserkraftwerk

ISLANDS TIERWELT
Robuste Haustiere, spektakuläre Wildnis

DER NORDEN

44Langanes – Ein echtes Vogelparadies

45DER ARCTIC COAST WAY
An Nordislands Küste entlang

46Bei den Füchsen in Melrakkaslétta

47Jökulsárgljúfur-Nationalpark

48Die Wale bei Húsavík

49Kraftvoller Skjálfandafljót

50Mývatn – Der Mückensee

51Námafjall und Krafla – Die Erde kocht

52Stadtluft in Akureyri

53Museumshof Laufás – Bauernhof samt Kirche

54Tröllaskagi – Der Osten

55Tröllaskagi – Der Norden

56Tröllaskagi – Der Westen

57Pferdefjord Skagafjörður

DAS ISLANDPFERD
Klein, aber oho!

58Kulturgeschichte im Skagafjörður

59Die Halbinsel Skagi – Natur pur

60Die Halbinsel Vatnsnes

DER WESTEN

61Strandir – Islands einsame Küste

62GRÜNE LANDSCHAFTEN – DIE WESTFJORDE
Unterwegs auf einsamen Küstenstraßen

63Das Naturreservat Hornstrandir

64Selárdalur am Arnarfjörður

65Látrabjarg und Rauðisandur

66Die Kaskaden der Dynjandisá

67Reykhólar – Wo die Sterntaucher singen

68Eiríksstaðir – Auf den Spuren der Wikinger

69Der See Hítarvatn

SAGAS UND LEGENDEN
Geschichten erzählen als Leidenschaft

70Die Schärenlandschaft des Breiðafjörður

71Winternacht in Grundarfjörður

72Im Nationalpark Snæfellsjökull

73Im Süden von Snæfellsnes

74Eldborg – Vulkanische Schönheit

75Langjökull – Abenteuer auf dem »langen Gletscher«

76Húsafell im Birkenwald

IM HOCHLAND

77Kjölur und Hveravellir – Hochlandpiste und warme Naturpools

78Kerlingarfjöll – Spektakuläres Farbenspiel

79ARKTISCHE WEITE – SPRENGISANDUR
Unterwegs im Hochland

80Naturschutzgebiet Fjallabak

81Trekking auf dem Laugavegur

82Vulkanspalte Eldgjá – Resultat gigantischer Eruptionen

83Langisjór – Einsamer Bergsee am Vatnajökull

84Die Laki-Krater

SITTEN UND UNSITTEN
Unterwegs in Island

85Die Vulkanwüste der Askja

86Das Gebirgsmassiv Kverkfjöll

Kartenatlas

Register

Text-/Bildnachweis

Impressum

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Einsam liegen Wanderhütte und Campingplatz zwischen Lavafeld und den bunten Bergen in Landmannalaugar im südlichen Hochland.

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Ein Alpenschneehahn ihm Federwechsel.

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Schönheit im Kleinen: Farbtupfer in der sommerlichen Tundra.

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Ein Eissturmvogel gleitet über das stille Nordmeer.

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Graffiti-Kunst in Reykjavík.

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Das milchige Wasser der »Blaue Lagune« lädt zum Entspannen ein.

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Der Vulkanausbruch bei Fagradalsfjall im April 2021.

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Sonnenaufgang hinter formschönen Vulkankegeln an den Ausläufern des Mýrdalsjökull

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Erste Herbstfarben in Ostisland.

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Ein Schafbock beim Schafabtrieb.

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Einer von vielen fotogenen Leuchttürmen.

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Ein Superjeep in Aktion.

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Auch Pferde haben Humor!

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Reykjavík ist eine moderne, quirlige Stadt.

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Islandpferde leben halbwild in teils großen Herdenverbänden: wie hier vor der Kulisse des Vestrahorn in Südostisland.

WILLKOMMEN IN ISLAND

Ein kurzer Überblick

Das kleine Eiland im Nordatlantik ist vor allem bekannt für seine Naturschönheiten. Umso mehr erstaunen manche Fakten über die »Insel aus Feuer und Eis«: Stichwort Superjeeps, Gammelhai, Bierverbot oder Stechmücken.

Island in Zahlen

Die Republik Island ist 103 125 Quadratkilometer groß, was der gemeinsamen Fläche von Bayern und Baden-Württemberg entspricht. Von den knapp 370 000 Einwohnern (Stand: 2021) leben 60 Prozent im Großraum Reykjavík, der nördlichsten Hauptstadt der Welt. Die anderen Siedlungen befinden sich entlang der 4970 Kilometer langen Küste. Das »Hochland« genannte Landesinnere, das 36 Prozent des kleinen Lands ausmacht, ist dagegen gänzlich unbesiedelt. Nur zwei Prozent der Insel sind bewaldet; die Hälfte mit neuen Aufforstungen. Islands höchster Berg, der 2110 Meter hohe Hvannadalshnjúkur, ist nicht nur ein aktiver Vulkan, sondern liegt auch mitten in einem der 13 großen Gletscher, die noch 11 Prozent der Landfläche bedecken.

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Superjeeps

Überdimensionale, umfassend modifizierte Allradfahrzeuge mit riesigen Ballonreifen gehören in Island zum ganz normalen Straßenbild. Die in Zeiten der Klimakrise gänzlich unangemessen scheinenden Geländewagen-Monster werden vor allem im Tourismus eingesetzt und von den Isländern privat zu Spaßfahrten durch das winterliche Island oder auf sommerlichen Hochlandpisten genutzt.

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Stechmücken? Jein …

Es ist kaum zu glauben, aber in Island gibt es keine Stechmücken! Zwar können Zuck- und Kriebelmücken an windstillen Tagen zur Plage werden, sie stechen aber selten. Seit einigen Jahren gibt es im hochsommerlichen Süd- und Westisland leider einen stechenden Winzling namens »Gnitze«, gegen den kein Mückennetz hilft. Weil die Bisse extrem jucken können, lohnt sich die Mitnahme einer juckreizhemmenden Creme.

Schwimmbäder und Pools

Die kleine Vulkaninsel ist mit einem Überschuss an geothermalem Wasser gesegnet. Übers ganze Land verteilt gibt es einige natürlich belassene heiße Quellen. Zudem kann sich jede Gemeinde ein beheiztes Freibad mit mindestens zwei heißen Pools leisten. Isländer lieben es, über das Weltgeschehen diskutierend im warmen Wasser zu sitzen!

Klein, aber oho!

Die kleine Nation Island lässt immer wieder international von sich hören. Es gibt eine erstaunliche Anzahl bekannter Sänger und Bands (etwa Björk oder Sigur Rós), Schriftsteller (Nobelpreisträger Halldór Laxness), Künstler, Komponisten und Musiker. Auch im Handball, Fußball, Basketball, Schach, CrossFit und dem Strongman-Wettbewerb haben sich Isländer längst einen internationalen Ruf erarbeitet.

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Reglementierter Alkoholkonsum

In den Jahren 1915 bis 1989 herrschte in ganz Island ein Bierverbot. Heute kann man in Supermärkten nur Leichtbier kaufen: Alkohol ist ansonsten in lizenzierten Bars, Restaurants und den staatlichen Alkoholläden der Kette Vínbúðin (deutsch: »das Weingeschäft«) zu bekommen.

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Einwanderungsland

Reykjavík gilt als tolerante und offene Stadt und lockt, genau wie auch das ländliche Island, mit einem extrem hohen Lebensstandard und Pro-Kopf-Einkommen. Dies und der Boom im Tourismussektor führten dazu, dass fast 14 Prozent der Bevölkerung aus dem Ausland stammt (Stand: 2021).

Fragwürdige Delikatessen

Island hat gewöhnungsbedürftige kulinarische Traditionen: Dazu gehören Trottellummeneier, sauer eingelegte Schafshoden (hrútspungur), angesengter Schafskopf (svið) oder fermentiertes Haifleisch (hákarl). Den modernen Geschmack treffen dagegen das sehr schmackhafte Lammfleisch, die berühmte Fleischsuppe (kjötsúpa), diverse Fischgerichte, Backwaren und der mittlerweile international bekannte Frischkäse-Quark Skyr. Islands wohl beliebtestes Fastfood aber ist der Hotdog: Würstchen im Brot gibt es an jeder Tankstelle zu kaufen.

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DIE SAGENHAFTE INSEL

Kleinod am Polarkreis

»Island zwingt Dich, Dich auf Dich selbst zu besinnen. Du musst mit Dir allein sein können.« Diese Worte des isländischen Literatur-Nobelpreisträgers Halldór Laxness bringen die Faszination einer Islandreise auf den Punkt. Die Erhabenheit der wilden Inselnatur führt so manchem zivilisationsgeschädigten Reisenden die Unbedeutendheit des Menschen vor Augen. Eine Reise nach Island ist eine Expedition zu den unbeherrschbaren Urgewalten der Schöpfung und zu unzähligen Geschichten von Wikingern, Geächteten, Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Menschen.

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Der Wasserfall Öxarárfoss stürzt in die vom Auseinanderdriften der Kontinentalplatten entstandene Ebene von Þingvellir.

Trotz seiner isolierten Lage war Island schon im Mittelalter international ein Begriff. Auf alten Karten ist die Insel von furchteinflößenden Fabelwesen umgeben, und der Heklaberg galt in der christlichen Welt gar als Eingang zur Hölle. Auch heute verknüpft man den Namen »Island« mit Katastrophen. Fast jedem fallen in diesem Zusammenhang die Finanzkrise von 2008 bis 2011 ein, oder Asche speiende Vulkane mit unaussprechlichen Namen. Wer sich etwas mehr für die zweitgrößte Insel Europas interessiert, wird an heiße Quellen und Geysire denken, an Islandpferde, die zwar Ponys sind, aber nicht so genannt werden dürfen, an die Sängerin Björk oder die Band Sigur Rós. Durch die alten isländischen Sagen, Halldór Laxness, Jón »Nonni« Sveinsson und moderne Kriminalromane ist die Insel auch literarisch in der Welt bekannt. Und wer sich für Sport interessiert, weiß, dass die kleine Nation viele exzellente Handballspieler hervorgebracht hat und in der Fußball-WM 2016 als Überraschungsteam die Herzen der Welt eroberte. Was aber macht die Faszination der Insel wirklich aus? Schließlich locken andernorts wärmere und niederschlagsärmere Reiseziele als das kleine Eiland unmittelbar unterhalb des Polarkreises, das andauernd die berüchtigten Islandtiefs nach Europa schickt. Dem Golfstrom ist es zu verdanken, dass das Klima hier viel gemäßigter ist als in vergleichbaren kontinentalen Breiten. Im Sommer schwanken die Tagestemperaturen im Mittel zwischen 12 und 15, im Winter zwischen 0 und 3 Grad Celsius. Dies begünstigt trotz der nördlichen Lage die Besiedlung.

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In Landmannalaugar leuchten die Rhyolithberge in allen nur erdenklichen Farben des Regenbogens.

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Schnee und Eis prägen die Insel bis tief in den Sommer hinein auf der Kjölur.

In vorindustriellen Zeiten lebten bereits etwa 30 000 Menschen auf Island, mittlerweile hat sich die Bevölkerung mehr als verzwölffacht. Das Land zählt nun siebenmal so viele Einwohner wie die benachbarte größte Insel der Welt, Grönland.

Am meisten zeichnet sich Island wohl durch die Vielfalt seiner weiten und wilden Urlandschaften aus, die im frappanten Gegensatz zu den meist überbevölkerten Kulturlandschaften Mitteleuropas stehen. Seen, Wasserfälle, Hochtemperaturgebiete und Gletscher drängen sich auf engstem Raum. Hinter jedem Berg, nach jeder Biegung eröffnet sich dem Reisenden ein veränderter Blick, ein weiteres Naturschauspiel im buchstäblich immer neuen Licht. Das ständig wechselnde Wetter zaubert kurz einen Regenbogen an den Himmel, verschleiert die Landschaft wenig später mit Wolken und Nebel, um sie dann wieder im Schein der Mittsommersonne in beinahe unnatürlicher Farbenpracht erstrahlen zu lassen. Die Jahreszeiten sind auf Island extrem ausgebildet. Im Dezember steht die Sonne nur drei bis vier Stunden über dem Horizont, liegt ein weißer Schleier über dem Land, und Nordlichter tanzen am dunklen, sternenreichen Winterhimmel. Im Sommer dagegen sucht man Sterne am stets hellen Himmel vergeblich und man hört die zahlreichen Zugvögel auch um Mitternacht singen. Natürlich kann es hier auch so ungemütlich sein, dass sich manche Besucher reuevoll fragen, warum sie nicht in südliche Gefilde gereist sind. Doch wer sich auf den ein oder anderen Regentag einstellt, wird die Schönwettertage dann umso mehr zu schätzen wissen! Unabhängig davon, zu welcher Jahreszeit man anreist: Eine Islandreise ist immer auch ein Traum aus Licht und Farben!

Vulkanische Naturgewalten

Das Eiland unmittelbar unterhalb des Polarkreises verdankt seine Entstehung dem Vulkanismus. Im Schnitt bricht hier alle fünf Jahre ein Vulkan aus. Selbst Islands höchster Berg, der 2110 Meter hohe Hvannadalshnjúkur, ist ein vergletscherter Vulkan. Jederzeit kann er wieder Lava und Asche ausstoßen. Diese Urgewalten der Schöpfung sind auf Island allgegenwärtig, weil hier, genau auf dem mittelatlantischen Rücken, die amerikanische und eurasische Kontinentalplatte auseinandergleiten und ein sogenannter Mantle-Plume oder Hotspot glühend heiße Magma nah unter die Erdoberfläche bringt. Deshalb lässt sich hier der Vulkanismus hautnah studieren. 32 aktive Vulkansysteme gibt es auf dieser kleinen Insel: Man muss kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass isländische Vulkane in der Zukunft auch international Schlagzeilen machen werden. Auch auf der »Insel aus Feuer und Eis« schmelzen in Zeiten des Klimawandels ihre 13 großen und unzähligen kleinen Gletscher immer schneller, doch noch immer liegen zehn Prozent des Landes unter einer Decke aus Eis begraben. Und: Fast unter jedem Gletscher schlummert ein aktiver Vulkan. Dieses Zusammenspiel der Elemente fasziniert nicht nur Naturwissenschaftler. Island ist ein Land im steten Wandel, ermöglicht immer wieder Einblicke in die Entstehung der Erde und verdeutlicht vor allem, dass es auf unserem Planeten keinen unveränderlichen Normalzustand gibt. Die Insel war schon komplett unter Gletschern begraben oder auch gänzlich eisfrei. Jetzt, in den Zeiten der vom Menschen verursachten Klimakrise, schmelzen die Gletscher rasant und das Land wird von der großen Eislast befreit. In der Folge hebt sich die Insel und ihre Küsten steigen allmählich aus dem Meer auf. Auf diese Art entstanden bereits nach vorhergegangenen Eiszeiten Islands bemerkenswerte Steilküsten, so etwa die Südküste beim Skógafoss oder der Vogelfelsen Látrabjarg in den Westfjorden. Die insgesamt 5000 Kilometer lange Küstenlinie weist eine erhebliche Vielfalt auf. Prägen den Süden hohe Kliffküsten und große Schwemmlandebenen, kennzeichnen den Nordwesten und Osten tief eingeschnittene Fjorde und den Südosten karge, von Gletschern aufgeschüttete Landschaften aus Moränen und Sandern. In der Küstenregion, die durch die Ringstraße gut erschlossen ist, lebt die gesamte isländische Bevölkerung.

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Wie ein Farbtupfer steht ein kleines Sommerhaus vor der Fjordlandschaft des Eyjafjörður.

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Bei Nauthólsvík in Reykjavík gibt es den einzigen beheizten Badestrand Islands.

Europas größte zusammenhängende Wildnisgebiete findet man dagegen in der Mitte der Insel. Das zentrale Hochland ist eine sogenannte edaphische Wüste. Durch das poröse vulkanische Gestein werden die teils erheblichen Niederschläge sofort abgeleitet und fehlen für pflanzliches Wachstum. Das nur in den Sommermonaten mit Geländewagen erreichbare Inselinnere ist daher von dunklen, sandigen Vulkan- und Flusslandschaften sowie bunten Hochtemperaturgebieten geprägt. Feuer und Eis, Wüste und liebliche Vegetation, Berge und Meer, westliche Kultur neben fast unberührter Wildnis – diese faszinierenden Kontraste beschreiben Island am besten.

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Eiszeit: Staunende Besucher bei Fjallsárlón.

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Ausgelassene Stimmung beim Schafabtrieb nahe Hvammstangi.

Isländische Überlebenskünstler

Die Einheimischen sehen ihre Heimat in einem anderen Licht als die naturbegeisterten Touristen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein lebten viele Isländer noch wie im Mittelalter. Innerhalb eines halben Jahrhunderts entwickelte sich die isolierte Schafzüchter- und Fischernation zu einem hochtechnisierten Wohlfahrtsstaat. Tradition und Moderne liegen in der isländischen Gesellschaft und Denkweise unmittelbar beieinander. Hier neigen die Menschen zu Extremen, fiebern einerseits weltoffen technischen Neuerungen entgegen, beharren aber andererseits konservativ auf Traditionen wie dem Walfang und auf abenteuerlichen Spezialitäten wie Gammelhai und Schafskopf. Sie lehnten stur die Rückzahlungen ihrer Icesave-Schulden ab, bewarben sich aber im gleichen Atemzug um die intern verteufelte Mitgliedschaft in der Europäischen Union, die ihnen aus der Finanzkrise helfen sollte. Isländer sind äußerst gastfreundlich, können aber auch sehr verschlossen sein. Man erlebt sie extrem flexibel und gleichzeitig gar nicht anpassungsfähig, mal spontan, mal zögerlich.

Vor allem aber haben die Insulaner ein sehr ausgeprägtes Nationalbewusstsein und sind stolz auf ihre Identität und kulturelle Vergangenheit. Da sie so lange isoliert waren und von anderen Nationen beherrscht wurden, fürchten sie sich heute davor, für klein und unbedeutend gehalten zu werden. So lässt sich auch die Bankenkrise teils durch nationalen Größenwahn erklären. Isländer greifen einfach sehr gerne nach den Sternen und lieben extreme Projekte.

Die Beziehung der Isländer zu ihrer Natur hat sich in den vergangenen Jahrhunderten jedoch kaum verändert. Die unzähligen Naturkatastrophen, Hungersnöte und teils unmenschlichen Lebensbedingungen der Vergangenheit haben sich tief in das nationale Gedächtnis eingebrannt. Nicht weiter verwunderlich sehen auch heute noch viele Einheimische die Natur als feindlich an. »Naturschutz« und »Umweltbewusstsein« sind hier sehr junge Begriffe, die erst in den letzten Jahren durch den Tourismus an Bedeutung gewonnen haben. Durch die schier unerschöpflichen regenerativen Energiereserven ihres Landes können sich insbesondere die Bewohner Reykjavíks einen konsumorientierten Lebensstil leisten und gleichzeitig ein umweltfreundliches Image aufrechterhalten. Dieser scheinbar unvereinbare Widerspruch spiegelt wunderbar den Charakter der Isländer wider. In Reykjavík leben die Menschen bewusst fernab der Natur, die hingegen Touristen aus aller Welt ins Land lockt. Das Hauptstadtgebiet und der Rest des Landes unterscheiden sich in typisch isländischer Manier radikal voneinander. Island ist in jeglicher Hinsicht ein Land der Gegensätze.

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Walbeobachtung lockt viele Menschen nach Húsavík, wo sie mit etwas Glück sogar Buckelwale sehen können.

Wachsender Tourismus

Noch vor wenigen Jahren galt Island als »Europas bestgehütetes Geheimnis«. Nicht weit vom Kontinent entfernt lockt der »Geheimtipp Island« jedoch mittlerweile jährlich über 2 Millionen Besucher an, Tendenz langsam steigend. Die meisten Besucher kommen aus den Vereinigten Staaten von Amerika, aus Großbritannien, Deutschland, Asien, Polen und Frankreich. In Reisebussen, Mietwagen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Geländewagen, auf dem Pferderücken, zu Fuß und auf Fahrrädern erkunden sie die 103 000 Quadratkilometer kleine Insel. Statt Individual- und Abenteuerreisen dominiert nun zunehmend der Massentourismus. In der Folge ändert sich das Antlitz der Insel unweigerlich. Islands unberührte Natur wird von immer mehr Menschen erkundet und ist deshalb immer weniger »wild«. Immer häufiger werden auf Privatbesitz Eintrittsgelder, Park- oder Toilettengebühren verlangt und ist man zusammen mit Dutzenden bis Hunderten anderer Besucher »alleine« in der Natur unterwegs. Der Tourismus ist längst zum wichtigsten Standbein der isländischen Wirtschaft geworden und hat dem Land aus der Finanzkrise geholfen, aber leider auf Kosten der sensiblen Natur, die doch fast alle Reisenden auf die Insel lockt. Die touristische Hauptsaison fällt genau auf die kurze Wachstumszeit der arktischen Vegetation, was zu fortschreitender Erosion führt.

Jeder einzelne Besucher trägt daher eine ganz besondere Verantwortung. Durch respektvolles Verhalten, das Verbleiben auf Wegen und durch den Dialog mit den Einheimischen kann er die Entwicklung des Tourismus mit beeinflussen und zum Naturschutz beitragen. Island ist so einzigartig, dass eigentlich die ganze Insel zum Weltnaturerbe ernannt werden sollte. Diesen Schatz so gut wie möglich zu hüten, sollte sich jeder Islandliebhaber zur Aufgabe machen.

IM SÜDWESTEN

Rund um Reykjavík

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Ein Anblick, wie man ihn nur auf Island sehen kann: Nordlichter über einem Vulkanausbruch, hier bei Fagradalsfjall.

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Der Geysir Strokkur im Haukadalur ist die wohl beliebteste Attraktion des berühmten »Golden Circle«.

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Der Besuch des Nationalparks Þingvellir ist auch außerhalb des kurzen Sommers reizvoll.

imageISLANDS QUIRLIGES ZENTRUM – REYKJAVĺK

Die nördlichste Hauptstadt der Welt

Im Großraum Reykjavík leben etwas über 235 000 Menschen – auf den ersten Blick mutet diese Zahl für die Hauptstadt eines Staates gering an. Bedenkt man jedoch, dass dies zwei Drittel der isländischen Bevölkerung ausmacht, ist die nördlichste Hauptstadt der Welt geradezu riesig im Vergleich zu den restlichen Ortschaften des Landes.

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Das Rathaus ragt mitten in den Stadtsee Tjörnin hinein.

Nicht viele Ausländer sind sich bewusst, dass das, was als isländische Hauptstadt wahrgenommen wird, in Wirklichkeit sechs eigenständig verwaltete Gemeinden sind, die nahtlos zusammengewachsen sind. Diese Hauptstadtregion ist das urbane Zentrum des Landes. Hier winden sich endlose autofreundliche Straßen durch ausgedehnte Wohnsiedlungen und überdimensionale Gewerbegebiete. Riesige Geländewagen fahren Seite an Seite mit normalen Kleinwagen und schwängern die Luft mit Abgasen. Die für den Stadtverkehr völlig überqualifizierten Superjeeps sind Spielzeuge all jener, die es sich leisten können, mit spritfressenden PKW-Panzern im Landesinneren Gletscher- und Schneefahrten zu unternehmen. Der weitläufige Städteverbund wirkt auf den ersten Blick wie eine chaotische Ansammlung rein praktisch ausgerichteter Betongebäude.

»Hübsch« fällt einem in diesem Zusammenhang eher nicht ein. Wer sich jedoch auf das städtische Chaos einlässt, wird feststellen, dass Reykjavík über einen eigenen Charme verfügt und es sich hier sehr gut leben lässt. Die Stadt ist lebendig, eigenwillig und skurril. Sie verkörpert die Lebenseinstellung ihrer Bewohner, die fernab der schönen Inselnatur in ihrer eigenen konsum- und technikorientierten Welt leben.

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Reykjavíks Wahrzeichen, die Hallgrímskirkja, vor der ein Denkmal für Amerika-Entdecker Leifur Eiríksson steht.

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In der Innenstadt verschönern gepflegte Parks und Skulpturen das Stadtbild.

Von den Wikingern zur modernen Großstadt

Als sich Ingólfur Arnarson im Jahr 877 als erster sesshafter Siedler hier niederließ, wohnten die Menschen gemäß der Wikingertradition nicht in Dörfern, sondern in autonomen Höfen. Das änderte sich jahrhundertelang nicht, weil die Entwicklung des Landes von den herrschenden Dänen unterdrückt wurde. Als Reykjavík 1786 das Stadtrecht zugesprochen wurde, lebten in dem Gebiet gerade einmal 167 Einwohner in 30 Torfgehöften. Reykjavíks Bedeutung wuchs in den folgenden Jahrhunderten, eine Blüte erlebte es jedoch erst im Zweiten Weltkrieg, als die USA hier Truppen stationierten und zum Bau des Zivilflughafens in Keflavík beitrugen. Neue Arbeitsplätze und die beginnende Industrialisierung lockten viele Menschen an; die Landflucht und der massive Zuzug in die Hauptstadt dauern bis heute an. Da Reykjavík im Grunde genommen erst 70 Jahre alt ist, wird man historisch wertvolle Gebäude und eine »gemütliche« Stadtkulisse hier folglich vergeblich suchen.

Bunte Innenstadt

Das historische Zentrum ist die touristisch attraktivste Region der Hauptstadt. Hier stehen hübsche alte Häuser mit farbenfroher Wellblech- oder Holzverkleidung auf einer kleinen Landzunge in Sichtweite zum 900 Meter hohen Tafelberg Esja. Einen schönen Blick auf das hübsche Panorama der bunten Altstadtdächer hat man vom Turm der 74 Meter hohen Hallgrímskirkja. Reykjavík bietet viel Platz. Es gibt erstaunlich viele Einfamilienhäuser, die dann auch meist einen Vorgarten besitzen. Auch die Anzahl von Schulen, Kindergärten und Sportanlagen ist beeindruckend! In den vielen Grünanlagen und Parks mit Kinderspielplätzen treffen sich die Isländer an sonnigen Tagen. Ein Musterbeispiel für die experimentierfreudige Architektur vieler öffentlicher Bauten der Stadt ist das moderne Rathaus, das mitten im historischen Zentrum in den flachen Stadtsee Tjörnin hineinragt. Von dort aus erstreckt sich auch die Touristen-Einkaufsmeile Laugavegur, die vom Zentrum Reykjavíks hinaus in die weiter östlich liegenden Industrie- und Wohngebiete führt. Wer schon immer mal einen teuren isländischen Wollpullover, ebenso teure Imitate aus Fernost oder T-Shirts mit isländischen Schriftzügen erstehen wollte, hat in den schrillen Boutiquen die Qual der Wahl. Der jüngste Stolz der Stadt ist die hier angesiedelte Konzerthalle Harpa. Ihr Bau lag während der Finanzkrise brach und wurde schließlich im Frühjahr 2011 allen finanziellen Engpässen zum Trotz fertiggestellt. Das Besondere ist ihre gläserne Fassade, die an Bienenwaben und Basaltsäulen erinnert. Breite Fußgänger- und Radwege führen an den Küsten entlang und ermöglichen ausgedehnte Spaziergänge und Radtouren. Besucher ohne fahrbaren Untersatz können die öffentlichen Stadtbusse »Strætó« nutzen, welche die Stadtteile vernetzen. Bezahlt wird mit Kleingeld, die Busfahrer geben allerdings kein Wechselgeld heraus. Natürlich ist inzwischen auch die Zahlung über eine App möglich, die man sich vorher herunterladen kann. 75 Minuten lang gilt das Ticket, mit dem man beliebig oft umsteigen kann.

Kunst und Museen

Reykjavík ist das kulturelle Zentrum Islands. Überall im Stadtgebiet stehen Skulpturen verschiedenster Künstler und Epochen, zudem informieren viele kleine, liebevoll eingerichtete Museen über die isländische Natur, Geschichte und Kunst. Beim Ticketkauf sollte man unbedingt nachfragen, ob es Audio-Führungen in deutscher Sprache gibt! Über die Themen und Öffnungszeiten der zahlreichen Ausstellungen gibt die Touristeninformation im Stadtzentrum Auskunft. In deren direkter Nähe befinden sich mehrere Museen, die sich mit Kunst und Fotografie beschäftigen, sowie die hochmoderne Ausstellung »The Settlement Exhibition«, welche die Ausgrabungsstelle eines Langhauses aus der Besiedlungszeit mithilfe neuester Technik erlebbar macht. Die sehenswerte Sammlung des international herausragenden Nationalmuseums »Þjóðminjasafn« umfasst kostbare Exponate aus isländischer Gegenwart und Vergangenheit. Besonders viele Museen haben sich im Stadtteil »Grandi« angesiedelt. Direkt an der Wasserfront befindet sich das Schifffahrtsmuseum, auf Englisch »Maritime Museum«, das Islands erstaunlich turbulente Seefahrtgeschichte beleuchtet. Hier kann auch das Küstenwachschiff Oðinn besichtigt werden. Im gegenüberliegenden »Saga Museum« erhält man anhand von historisch eingekleideten Wachsfiguren einen Einblick in das Leben der ersten Siedler und Saga-Helden. Benachbart liegt das Nordlichtzentrum »Aurora Reykjavík«, das die nächtlichen Himmelslichter auf einer sieben Meter breiten Leinwand auch im Sommer erlebbar macht. Im »Marshall Húsið« wird moderne isländische Kunst gezeigt, während man in der Ausstellung »Whales of Iceland« lebensgroße Nachbildungen aller isländischen Walarten bestaunen kann. Selbst erfahrene Walbeobachter bekommen hier erstmals ein Gefühl für die wahre Größe dieser faszinierenden Meeressäuger.

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Die Wassertanks der »Perlan« beherbergen mehrere Ausstellungen, ein Restaurant und eine Aussichtsplattform.

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Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die »Harpa« genannte Oper der Stadt. Direkt am Meer gelegen, besticht sie durch ihre besondere Architektur.

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Graffitis und großflächige Wandbemalungen verschönern die Stadt auch in den kleinsten Gassen: die isländische Kunstszene ist lebendig und kreativ.

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Eine von vielen Skulpturen im Großstadtbereich: »Sólfari« im Norden Reykjavíks.

Kurioses und Action

Vom alten Hafen nahe der Innenstadt starten täglich Walbeobachtungstouren, bei denen oft Zwerg-, Buckel- oder Schweinswale gesichtet werden. Ganz in der Nähe befinden sich im Stadtteil Grandi zwei moderne Erlebnis-Events. In der »Lava Show Reykjavík« kann man seit dem Sommer 2022 glühende Lava aus direkter Nähe bestaunen und Spannendes zum Thema Vulkanausbruch erfahren.

Bei »Fly Over Iceland« wird ein Hubschrauberflug über Islands schönste Naturattraktionen täuschend echt simuliert. Die Besucher hängen dabei in einer Art beweglichem Sitz vor einer 20 Meter breiten Leinwand. Eines der verrücktesten Museen Islands ist ohne jeden Zweifel das aus Húsavík umgezogene Phallusmuseum »Hið Íslenzka Reðasafn« in der Nähe des Opernhauses Harpa. In Holzregalen stehen Gefäße mit den in Formalin gelagerten Phalli, in Glasvitrinen liegen Penisknochen. Die Exemplare werden auf geschmackvolle und informative Weise präsentiert, und auch der Humor kommt nicht zu kurz: So werden etwa auch ein Elfenpenis – unsichtbar – und der Penis eines Trolls – versteinert – ausgestellt.

Reykjavíks Wahrzeichen Perlan

Etwas vom Stadtzentrum entfernt liegt Perlan, »die Perle«. Dieses weithin sichtbare Wahrzeichen ist eine Ansammlung von Wassertanks, auf die eine Aussichtsplattform gebaut wurde, von welcher man ganz Reykjavík sehen kann. Hier befinden sich ein Restaurant sowie ein lohnenswertes, kurzweiliges Museum namens »Wonders of Iceland«. Über hochmoderne, interaktive Elemente werden einem verschiedene Naturattraktionen nahe gebracht: Vulkanismus, Gletscher, die isländische Tierwelt und ein Planetarium mit einer Show über Nordlichter. Einmalig in der Welt ist die 100 Meter lange, künstliche Eishöhle aus echtem Schnee, in der –10 °C herrschen – damit bekommt man auch im Sommer einen Eindruck von einer »echten« Eishöhle, die zudem noch behindertengerecht ist! Und wer danach noch etwas Adrenalin sucht, der kann im Sommer an einer Zip Line, also einer Seilrutsche, von der Aussichtsplattform der Perlan mit bis zu 50 Stundenkilometern auf eine 230 Meter entfernte Plattform rutschen.

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Im Frühwinter erinnert der »Imagine Peace Tower« auf der Insel Viðey an John Lennon und seine Friedensbotschaft.

Lange Nächte

Die Stadt verfügt über eine lebendige und blühende Musik- und Partyszene. Von Donnerstag bis Sonntag wird der Laugavegur allabendlich zur bunten Partymeile. Wer mit Alkohol und Musik seinen Spaß haben und auf die konsumorientierte junge Generation der Isländer treffen möchte, ist hier goldrichtig. Bis spät in die Nacht wird in den vielen Szeneclubs moderne bis alternative Musik gespielt, und durch die engen Gassen flanieren zahlreiche auffällig gestylte Menschen in angeheitertem Zustand. Angesichts der exorbitant hohen Preise für Alkoholisches fragt man sich allerdings, wie sich die lebensfrohen Musikliebhaber den Spaß leisten können. Dennoch finden hier das ganze Jahr über international bedeutende Konzerte und Musikfestivals statt. Besonders erwähnenswert für Liebhaber der modernen isländischen Musik ist das im November stattfindende Musikfestival »Iceland Airwaves«. An vier aufeinanderfolgenden Tagen treten hier, über die ganze Stadt verteilt, sowohl neue isländische Bands und Solo-Künstler als auch bekannte isländische Größen auf.

Isländische Badekultur

Im Großstadtbereich gibt es eine Vielzahl von Schwimmbädern, die, wie in Island so üblich, aus einem geothermal beheizten Freibad und mehreren heißen Pools bestehen. Die warmen Becken und Dampfbäder sind der Treffpunkt vieler Einheimischer, die im heißen Wasser leidenschaftlich über Politik und das aktuelle Zeitgeschehen diskutieren. Bei Nauthólsvík liegt zudem Islands einziger wirklicher Badestrand. Hier wird das überschüssige Heißwasser der Stadt ins Meer geleitet und die künstlich geschaffene Lagune auf 20 °C erwärmt: perfekt für Freunde des Kaltwasserschwimmens, die sich nach einem Bad im kalten Atlantik im obligatorischen heißen Pool aufwärmen möchten!

TOP image ERLEBNISSE

image AUSFLUGSZIEL VIÐEY

Direkt bei Reykjavík liegt die Insel Viðey, die ganzjährig über mehrmalige Fährfahrten gut an die Stadt angeschlossen ist. Dort gibt es wunderbare Wanderpfade, eine der ältesten noch bestehenden Kirchen Islands und der »Imagine Peace Tower«, ein Denkmal von Yoko Ono für John Lennon und seine Friedensbotschaft. Im Frühwinter sowie den Weihnachtsferien strahlt von hier aus eine blaue Lichtsäule in Reykjavíks Nachthimmel.

image REYKJAVÍK CITY CARD

Wer einen längeren Aufenthalt in Reykjavík plant, für den lohnt sich wahrscheinlich der Erwerb einer »City Card«. Dieser Besucherpass ist für 24, 36 oder 72 Stunden gültig und beinhaltet freien Eintritt zu zahlreichen Museen und Galerien sowie dem öffentlichen Nahverkehr (Strætó). Im Preis inbegriffen sind außerdem der Eintritt in die Schwimmbäder, den Zoo und die Fährfahrt zur Insel Viðey. Erstehen kann man die »Reykjavík City Card« in Touristeninformationen, Hotels und online.

WEITERE INFORMATIONEN

www.visitreykjavik.is

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In der Ausstellung »Whales of Iceland« gibt es lebensgroße Wal-Repliken zu bewundern.

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Vom Turm der Hallgrímskirkja eröffnet sich ein schöner Blick über die bunten Wellblechdächer der kleinen Häuser, die sich an den Stadtsee Tjörnin schmiegen.

imageFREILICHTMUSEUM ÁRBÆJARSAFN

Historisches Architekturerbe

Vier Kilometer vom Reykjavíker Stadtzentrum entfernt, auf einem Hügel mit schöner Aussicht auf die umliegende Stadt, liegt das Árbær Open Air Museum. Es ist historisches, regionales und Freilichtmuseum zugleich und gibt einen Einblick in die Lebensbedingungen der Bewohner von Reykjavík und der ländlichen Umgebung in früheren Jahrhunderten.

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Das Freilichtmuseum besteht aus Gebäuden der verschiedenen isländischen Epochen, welche liebevoll und detailreich eingerichtet sind.

Einst befand sich hier die Farm Árbær, die dem heutigen Museum auch den Namen gab. Als der Hof im 20. Jahrhundert aufgegeben wurde, teilte er das Schicksal vieler alter Gebäude im sich damals rasant verändernden Island: Er verfiel. Um das Architekturerbe zu erhalten, werden in das Museum seit dem Jahr 1957 gut erhaltene historische Gebäude aus ganz Reykjavík verlegt, um sie vor dem Verfall zu bewahren. Heute bilden rund 30 Bürgerhäuser und Torfhütten aus den vergangenen zwei Jahrhunderten ein malerisches, sehenswertes Freilichtmuseum, das einem historischen Dorf gleicht.

Leben vor 200 Jahren

Die Grassodenkirche und die Häuser verschiedenster Epochen und Baustile sind innen ihrer Bauzeit gemäß ausgestattet. Im Sommer werden in dem Freilichtmuseum auch Nutztiere gehalten. Zudem zeigen altertümlich gekleidete Handwerker interessierten Besuchern, wie sich das Leben im 19. Jahrhundert abspielte. Selbst die Museumswärter tragen die Tracht der damaligen Zeit. Einen Besuch wert sind außer den Gebäuden auch die Ausstellungen und Festivals auf dem Gelände, so etwa die Handwerkertage oder die Oldtimershows. Im Sommer hat natürlich auch ein Café geöffnet. Wer bereit ist, sich auf den Ort einzulassen, der wird einen wunderbar realistischen Eindruck davon erhalten, wie die Isländer in der Vergangenheit gelebt und gearbeitet haben. Das Museum ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen.

INFO: www.borgarsogusafn.is

imageHAFNARFJÖRÐUR

Wikinger und Elfen in der Großstadt

Südlich von Reykjavík liegt Hafnarfjörður. Die drittgrößte Stadt Islands ist mittlerweile so mit der Hauptstadt verwachsen, dass sie von vielen für einen Vorort gehalten wird. Der historische Ortskern in Meeresnähe ist in ein hügeliges Lavafeld gebaut: Dort befindet sich angeblich eine der weltweit größten Siedlungen von Elfen und anderen mystischen (und leider unsichtbaren) Kreaturen!

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Hafnarfjörður ist eine liebenswerte und familienfreundliche Stadt.

Wer durch den Ort spaziert, dem fallen die vielen Lavahügel auf, um die herum die Häuser und Straßen sorgsam gebaut wurden. Das 7000 Jahre alte Lavafeld Búrfellshraun wurde nicht nur in die Stadtplanung integriert, sondern auch in die Herzen der Einwohner. So gibt es im Hellisgerði-Park nicht nur den nördlichsten Bonsai-Garten der Welt, sondern auch eine Siedlung von Elfen, die in und zwischen den Lavaformationen leben sollen. Nicht wenige Anwohner glauben an das »verborgene Volk« der Elfen, Trolle und Zwerge. Für Interessierte werden im Sommer Elfen-Touren angeboten, und selbst das kleine Heimatmuseum berichtet über die unsichtbaren Mitbewohner der Stadt. Sehenswert sind außerdem der Skulpturenpark im Stadtzentrum und die Museen und Kunstaustellungen.

Internationales Wikingerfest

Jedes Jahr Mitte Juni findet im Zentrum und rund um die neu erbaute Stabkirche ein Wikingerfest statt, das mehrere Tage dauert und zu dem Wikingerfans aus ganz Europa anreisen, vor allem natürlich aus Skandinavien. In leider gar nicht historischer Umgebung, dafür aber in möglichst originalgetreuer Gewandung empfinden viele begeisterte Nordmänner und -frauen das Leben im mittelalterlichen Island nach. Zugleich ist das Festival auch der größte Mittelaltermarkt in Island: Handwerk, Kunst, Musik, Bogenschießen sowie traditionelle Speisen, schauspielerische Darbietungen und inszenierte Kämpfe erwarten die Besucher. Wer sich für Wikinger interessiert, der wird hier nicht enttäuscht werden.

INFO: www.visithafnarfjordur.is

THEMA

TALARÐU ÍSLENSKU? – SPRECHEN SIE ISLÄNDISCH?

Kommunikation auf der Insel

Wenn Sie vor Ihrer Islandreise ein paar Wörter lernen wollen, dann seien Sie gewarnt: Isländisch gilt als eine der komplizierten Sprachen Europas. Eine komplexe Grammatik, seltsame Buchstaben und eine schwierige Aussprache – ein Glück, dass die meisten Isländer hervorragend Englisch sprechen!

Die ersten Siedler Islands stammten zu einem großen Teil von der Südwestküste Norwegens, weshalb sich Altisländisch und Altnorwegisch nur minimal unterschieden. Heute ist Färöisch die dem Isländischen am nächsten verwandte Sprache. Während sich die anderen skandinavischen Sprachen seit dem 14. Jahrhundert gegenseitig beeinflusst haben, verhinderte die isolierte Lage der Inselnationen eine zu große sprachliche Veränderung. Dialekte gibt es innerhalb des Isländischen übrigens keine, höchstens kleine Ausspracheunterschiede zwischen Norden und Süden.

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Schnitzwerk im Museum Skógasafn

Die ursprüngliche Runenschrift wurde mit Annahme des Christentums abgelegt. Das heutige isländische Alphabet besteht aus 32 Buchstaben, die zum größten Teil aus dem Lateinischen stammen. Es fehlen dabei die Buchstaben C, W, Q, und Z, stattdessen aber wurden die Runenzeichen ð und Þ für die Th-Laute, sowie das aus dem Altenglischen stammende Æ in das Alphabet integriert. Weitestgehend erhalten blieben grammatikalische Eigenheiten, die in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung vereinfacht oder ganz aufgegeben wurden. Auch wenn sich die heutige Aussprache stark von der des Altisländischen unterscheidet, so können die Isländer noch immer die alten Schriften ihrer Vorfahren lesen.

Einfallsreiche Wortschöpfungen

Auffallend an der isländischen Sprache ist das beinahe gänzliche Fehlen von Fremdwörtern. Ausländische Begriffe des modernen Lebens, aus Wissenschaft und Technik werden durch neu erfundene isländische Ausdrücke ersetzt oder isländisch angepasst. Verantwortlich für diesen bewussten Purismus ist ein Komitee, dass seit 1964 die Entwicklung der Sprache überwacht. Eine der bekanntesten Wortschöpfungen ist die Bezeichnung für Computer, tölva. Sie wurde aus den Wörtern für Zahl (tala) und Seherin (völva) kreiert. Die Krankheit Aids wird alnæmi genannt, was »Empfindlichkeit gegen alles« bedeutet. Und die Polizei ist die lögregla, die »Gesetzesreglerin«. Dennoch haben sich vor allem in der Umgangssprache auch ein paar ausländische Wörter eingenistet, wie zum Beispiel hótel, traktor und bensin.

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Der kuriose Buchladen »Bókin« in Reykjavík: der Besitzer weiß garantiert, wo welche Lektüre zu finden ist.

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Dass die Isländer mächtig stolz sind auf ihre Sprache und Literatur, beweist etwa die Architektur des Museums þórbergssetur.

Ähnlich wie im Deutschen lassen sich auch im Isländischen endlose zusammengesetzte Wörter bilden. Deshalb begegnet man auf der Insel mitunter sehr langen Ortsnamen, wie Kirkjubæjarklaustur – »Kloster der Kirchenstadt« – oder Þríhyrningsfjallgarður. Der Name des Bergzugs bedeutet »Drei-Gipfel-Bergkette«.

Das Ganze kann zum Spaß noch ausgeweitet werden. Ein isländisches Gegenstück zur Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwenrente ist beispielsweise vaðlaheiðarvegavinnuverkfærageymsluskúraútidyralyklakippuhringur, der »Schlüsselring der Außentür am Werkzeugschuppen des Straßenbaus in Vaðlaheiði«!

Vaternamen und Englischkenntnisse

Eine altnordische Tradition, die sich nur noch in Island und auf den Färöern erhalten hat, ist die Sitte, vorzugsweise das Patronym an Stelle des Familiennamens zu benutzen. Dem eigenen Vornamen folgt der Vorname des Vaters, selten auch der Mutter, mit der Nachsilbe Sohn (son) oder Tochter (dóttir). Guðrún Jónsdóttir ist also Guðrún, die Tochter von Jón. Weil sich der Nachname auch bei der Heirat nicht ändert, kann man die Familienzusammengehörigkeit nicht am Namen erkennen.

Deutschsprachige können beim Lesen zwar Gemeinsamkeiten bei vielen Wörtern erahnen, aber die schnelle Aussprache und die Grammatik machen das Erlernen der Sprache zur Fleißarbeit. Verben und Namen werden konjugiert, Substantive dekliniert, es gibt drei Geschlechter – und ziemlich viele Ausnahmen. Doch weil Fernseh- und Kinofilme immer in Originalsprache mit Untertitel gezeigt werden, sprechen die meisten Isländer ein sehr gutes Englisch – und erwarten nicht, dass Ausländer ihre komplizierte Muttersprache erlernen.

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Originalschriften aus dem isländischen Mittelalter

imageKLEIFARVATN

Kochende Erde, brodelndes Wasser

Die vulkanisch aktive Halbinsel Reykjanes erstreckt sich südlich von Reykjavík in den Atlantik. Das Gebiet wird immer wieder von kleinen Erdbeben erschüttert, und Vulkanausbrüche gelten hier, in direkter Nähe zur Hauptstadt, als nicht unwahrscheinlich. Die Spuren des Vulkanismus zeigen sich überall: in den moosbewachsenen Lavafeldern, den teils bunten Bergen und den dampfenden Hochtemperaturgebieten.

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Mineralablagerungen und Schwefelausdünstungen lassen die Erde in ungewöhnlichen Farben leuchten.

Mitten im Vulkansystem von Krýsuvík, im südlichen Teil der Halbinsel, liegt von heißen Quellen umgeben der See Kleifarvatn – genau auf der Verwerfungszone des Mittelatlantischen Rückens. Dieser größte See der Reykjanes-Halbinsel wird malerisch von Bergen umrahmt und ist über eine Piste zu erreichen. Sein Wasserspiegel wird von der vulkanischen Aktivität der Umgebung bestimmt. So verlor der See nach einem großen Erdbeben im Jahr 2000 plötzlich 20 Prozent seiner Oberfläche, zudem wurden 2009 dort farbenfrohe heiße Quellen mit hohem Schwefelgehalt entdeckt, die allerdings den Fischen, vor allem Forellen und Saiblingen, nicht gut bekommen. Vielleicht erklärt das, weshalb das Seeungeheuer lange nicht mehr gesichtet wurde, das alten Volkssagen zufolge hier leben soll. Der See ist aufgrund seiner Nähe zur Hauptstadt ein beliebtes Ziel für Angler.