Jan Andersen

Vignetten von

Cathy Ionescu

Für Abby, Spot und Carlos,

ohne die es diese Geschichte

vielleicht gar nicht gegeben hätte

Er ist unruhig. Irgendwas stimmt nicht. Nervös spitzt er die Ohren. Aber er kann nichts hören außer dem gleichmäßigen Atmen des Jungen. Und der Eisenofen im Wohnzimmer knackt, als sich das große Rohr langsam abkühlt. Es ist nichts weiter. Er streckt noch einmal die Beine und biegt den Rücken durch, dann wühlt er die Schnauze in die kratzige Decke und macht die Augen wieder zu.

Aber gleich darauf hat er wieder das Gefühl, dass irgendetwas nicht so ist, wie es sein soll. Und er muss doch auf Paul und Karlotta aufpassen! Es darf ihnen nichts passieren, wenn es wirklich eine Gefahr gibt, muss er sie warnen.

Er steht auf und schüttelt sich, um wach zu werden. Dann spitzt er wieder die Ohren. Ein Windstoß lässt die Fensterläden klappern. Der Junge in dem Bett neben ihm murmelt irgendetwas vor sich hin. Wahrscheinlich träumt er. Draußen brummt ein Automotor. Ganz kurz nur, dann ist wieder Stille.

Er hebt witternd die Nase. In dem fremden Haus gibt es so viele Gerüche, die er nicht kennt, dass er Mühe hat, sie voneinander zu trennen. Vor allem aber riecht alles nach dem dicken Kater, der gerade wie ein Schatten durch den Wohnraum schleicht.

Er schiebt sich dichter an den Türspalt und beobachtet, wie der Kater mit einem Satz fast lautlos aufs Fensterbrett springt und die Nase an die Scheibe presst, um nach draußen zu sehen. Vielleicht hat der Kater auch etwas gehört! Aber gleich darauf rollt er sich zwischen den Blumentöpfen zusammen, nur seine Augen glimmen in der Dunkelheit wie zwei helle Punkte.

Ganz langsam drückt er die Tür mit der Schnauze so weit auf, dass er hindurchpasst. Er tappt leise zu dem Zimmer, in dem Karlotta schläft. Sie liegt ganz ruhig in ihrem Bett, aber die Decke ist weggerutscht, und ihr Rücken ist nicht zugedeckt. Vorsichtig packt er einen Zipfel der Decke mit den Zähnen und zieht sie zurecht.

Als er wieder im Wohnraum ist, kann er auch die alte Frau in ihrem Zimmer leise schnarchen hören. Er schleicht weiter bis zur Küche. Er sieht gleich, dass der Kater sich von dem Kuchen bedient haben muss, der auf dem Tisch stand. Jetzt ist der Teller leer und überall auf dem Boden liegen Krümel. Ein paar Brocken schleckt er schnell auf, aber dann hat er wieder das Gefühl, dass etwas nicht stimmt.

Er springt auf einen Stuhl, der dicht neben der Spüle steht, und stemmt die Vorderpfoten auf die Holzplatte vor sich, sodass er aus dem Fenster blicken kann. Der Mond wirft ein fahles Licht auf den Garten, hinter der Hecke ragt dunkel der Schatten des Hauses auf, in dem sie eigentlich wohnen. Die Fenster sind wie schwarze Löcher, aber plötzlich huscht ein Lichtschein durch den einen Raum, wie von einer Taschenlampe. Und als er den Kopf ein wenig zur Seite dreht, meint er auch, irgendwelche fremden Geräusche zu hören. Das sind nicht der Vater und die Mutter, die zurückgekommen sind, da sind andere Leute in ihrem Haus! Fremde!

1. Kapitel

Der Wind pfeift und heult, und Paul ist froh, dass er die Fliegerbrille aufhat. Und die Lederkappe, die mindestens so alt ist wie der knallrote Doppeldecker, in dem sie sitzen. Er und Dusty. Dusty hat natürlich auch eine Brille und eine Lederkappe auf und sieht ein bisschen aus wie ein Alien.

»Halt dich fest!«, ruft Paul ihm zu und zwingt den Doppeldecker in eine enge Kurve, bis er weit unter sich ihr Haus erkennen kann. Seine Eltern und seine kleine Schwester stehen im Garten und winken. Sie sind kaum größer als Playmobil-Figuren, denkt Paul noch, als er sich über den Rand der Kanzel beugt und zurückwinkt.

Blöd ist nur, dass er dabei aus Versehen den Steuerknüppel loslässt. Und bevor er überhaupt weiß, was passiert, dreht das Flugzeug einen Looping. Und gleich noch einen! Und dann fängt auch noch der Motor an zu stottern und spuckt dicke Qualmwolken aus.

Dusty bellt.

»Ganz ruhig, Dusty!«, ruft Paul. »Keine Panik! Ich krieg das wieder hin!«

Er greift nach dem Steuerknüppel und zieht das Flugzeug steil nach oben. Der Doppeldecker steigt und steigt immer höher in den Himmel hinauf.

»Das ist cool!«, ruft Paul. »Wetten, dass wir schon so hoch sind, wie noch nie einer vor uns?«

Aber Dusty scheint nicht ganz so begeistert zu sein wie Paul. Er bellt immer noch. Fast so, als hätte er Angst.

»Hör auf zu bellen!«, ruft Paul. »Es ist alles in Ordnung!«

Er will sich nach vorne beugen, um Dusty übers Fell zu streicheln. Aber Dusty ist plötzlich verschwunden und Paul greift ins Leere und – fällt aus seinem Bett.

Er braucht einen Moment, bis er kapiert, dass er alles nur geträumt hat. Es gibt gar keinen Doppeldecker, und er hat auch keine Fliegerkappe auf, sondern liegt im Schlafanzug auf dem Fußboden.

Aber Dusty bellt wirklich! Jetzt kommt er bellend durch die Tür geprescht und zerrt an Pauls Hosenbein, als wollte er ihm irgendetwas sagen. Gleich darauf rennt er zur Haustür.

Paul rappelt sich hoch und blickt sich um. Alles klar, jetzt weiß er auch, was ihm gerade so komisch vorkam. Er ist gar nicht zu Hause, sondern bei ihrer Nachbarin!

Er und seine kleine Schwester übernachten nämlich bei Frau Besenbinder, weil ihre Eltern Karten für ein Konzert haben und nach Berlin gefahren sind. Zu einem Hip-Hop-Konzert. Mit der Lieblingsband ihrer Mutter! Und wenn jetzt Dusty nicht ganz schnell aufhört zu bellen, dann wird noch Karlotta wach und weint, und Frau Besenbinder schimpft bestimmt!

Paul tastet sich durch das dunkle Wohnzimmer. Dusty winselt und kratzt an der Haustür. Er will eindeutig raus.

»Was ist los mit dir?«, fragt Paul noch halb im Schlaf. »Musst du pinkeln, oder was? Warte, ich lass dich schnell in den Garten!«

Er dreht den Schlüssel im Schloss um und macht die Tür auf. Wie ein Blitz schießt Dusty an ihm vorbei und rennt zum Zaun. Aber dann pinkelt er nicht, sondern bellt nur wieder. Und im nächsten Moment springt er mit einem einzigen Satz über das Gartentor auf den Fußweg. Paul kann im Licht der Straßenlampe gerade noch sehen, wie Dusty witternd die Nase hebt, dann verschwindet er in der Dunkelheit.

»Dusty! Komm zurück!«, ruft Paul. »Hierher! Sofort!«

Er macht einen Schritt in den Garten hinaus. Die Steinplatten unter seinen bloßen Füßen sind kalt und nass. Es regnet! Und Paul hat nur seinen Schlafanzug an.

»Dusty!«, ruft er wieder.

Aber Dusty hört nicht.

»Was ist los?«, fragt Frau Besenbinder hinter ihm. Ihre Stimme klingt, als würde sie noch halb schlafen.

»Dusty ist abgehauen«, erklärt Paul schnell. »Ich dachte, er wollte nur pinkeln, deshalb habe ich ihn rausgelassen. Aber dann ist er über den Zaun gesprungen und war weg.«

»Jetzt komm erst mal wieder ins Haus und zieh dir was an, damit du dich nicht erkältest«, sagt Frau Besenbinder. »Ich hole mir schnell einen Mantel und dann gehen wir ihn suchen. Vielleicht ist er nur zu euch nach Hause gerannt.«

Paul nickt und will gerade umdrehen, als er Dusty wieder bellen hört.

»Es stimmt, das Bellen kommt von unserem Haus«, sagt er. »Vielleicht sind meine Eltern schon zurück. Klar, das wird es sein, deshalb ist er rüber, er hat gehört, wie sie gekommen sind.«

Aber Dustys Bellen klingt nicht wie sonst, wenn er sich freut, denkt Paul gleich darauf. Und wenn seine Eltern wirklich schon wieder da wären, müsste ja auch Licht bei ihnen im Haus sein!

»He, was machst du?«, ruft Frau Besenbinder noch, aber da ist Paul schon am Gartentor und läuft raus auf die Straße. Und dann sieht er den Lieferwagen, der bei ihnen vorm Haus steht! Mit laufendem Motor, aber ohne Licht! Und er kann undeutlich ein paar Gestalten erkennen, die aus ihrem Haus gerannt kommen. Und Dusty, der sie bellend verfolgt und nach ihren Hosenbeinen schnappt. Die Gestalten springen fluchend in den Lieferwagen und schlagen die Türen zu. Der Motor heult auf, mit quietschenden Reifen rast der Lieferwagen los. Und Dusty rennt hinterher, mit der Schnauze dicht an der Stoßstange! Er gibt auch nicht auf, als der Wagen immer schneller wird und auf die Hauptstraße einbiegt.

»Dusty!«, ruft Paul noch mal laut in die Nacht hinein. »Komm zurück, Dusty!«

Aber er hofft vergeblich, dass Dusty gleich mit hängender Zunge wieder aus der Dunkelheit auftaucht. Dusty ist verschwunden.

Fünf Minuten später stehen Paul und Frau Besenbinder vor dem Haus von Pauls Familie. Unter Frau Besenbinders Regenmantel guckt ihr Nachthemd hervor. Und unter dem Nachthemd die Gummistiefel. Paul hat zwar wenigstens eine Jeans über die Schlafanzughose gezogen, aber dafür in der Eile seine Jacke falsch zugeknöpft, sodass es jetzt aussieht, als hätte er eine schiefe Schulter.

»Du bleibst schön hinter mir«, sagt Frau Besenbinder und stapft die Stufen zum Haus hinauf. Natürlich ist schon klar, dass keiner mehr da ist, aber trotzdem hat Paul irgendwie ein mulmiges Gefühl, als er Frau Besenbinder folgt.

Die Haustür steht sperrangelweit offen. Der strömende Regen hat bereits eine große Pfütze auf der Türschwelle gebildet.

Frau Besenbinder zeigt auf das Toilettenfenster neben dem Eingang. Die Scheibe ist eingeschlagen und überall auf dem Boden liegen Glasscherben.

»Bei euch ist eingebrochen worden«, sagt Frau Besenbinder. »Da sind sie rein! Und dann haben sie einfach von innen die Tür aufgemacht.«

Jetzt sieht auch Paul, dass innen im Schloss ihr Reserveschlüssel steckt, der sonst an dem Haken neben der Garderobe hängt.

»Wo ist euer Lichtschalter?«, fragt Frau Besenbinder.

Paul macht einen Schritt durch die Tür und drückt auf den Schalter. Wie üblich flackert die Flurlampe ein paarmal, bevor sie richtig brennt.

Paul und Frau Besenbinder blicken sich um.

Quer durch den Flur führen feuchte Stiefelabdrücke zum Wohnzimmer hinüber. Als hätten die Einbrecher sich ausgekannt, denkt Paul noch, als Frau Besenbinder auch schon sagt: »Sie haben anscheinend genau gewusst, wo sie hinwollen. Also los, sehen wir uns die Bescherung an! Aber pass auf, dass du nicht auf die Abdrücke trittst! Vielleicht kann die Polizei ja mit den Spuren was anfangen.«

Für eine ehemalige Lehrerin ist Frau Besenbinder ziemlich taff, denkt Paul. Aber das wusste er ja sowieso schon. Und er ist froh, dass die Nachbarin jetzt bei ihm ist und er nicht alleine durch das leere Haus schleichen muss.

Im Wohnzimmer herrscht ein ziemliches Chaos. Alle Schubladen sind aus dem Schrank gerissen worden und der Inhalt ist über den ganzen Fußboden verstreut. Aber Paul kann beim besten Willen nicht sagen, ob irgendetwas fehlt. Doch! In der einen Schublade war die neue Kamera von seinem Vater, das weiß er genau. Aber jetzt ist sie weg. Nur die leere Tasche liegt noch auf dem Teppich.

Er blickt zum Schreibtisch hinüber, an dem seine Mutter manchmal arbeitet. Der Laptop steht aufgeklappt neben dem Drucker, alles sieht aus wie immer. Und auch ihr Fernseher ist noch da, genauso wie der CD-Player.

»Ich glaube, sie haben nur die Kamera mitgenommen«, sagt Paul leise.

Frau Besenbinder nickt.

»Sie sind gar nicht erst dazu gekommen, noch weiter zu suchen oder irgendwas Größeres zum Auto zu schleppen«, stellt sie fest. »Weil sie gestört worden sind.«

»Von Dusty! Der draußen vor der Tür gestanden und wie wild gebellt hat. Da haben sie Panik gekriegt, dass er alle Nachbarn aufweckt, klar!«

»Schade, dass er sich nicht wenigstens einen von ihnen geschnappt hat«, sagt Frau Besenbinder und sieht dabei aus, als würde sie sich wünschen, dass sie selber einen der Einbrecher erwischt hätte. Oder gleich alle zusammen!

Im nächsten Moment fällt Paul wieder ein, dass Dusty ja immer noch verschwunden ist. Wer weiß, wie lange er den Lieferwagen verfolgt hat! Und vielleicht ist er inzwischen sonst wo und findet nicht zurück nach Hause. Oder er ist von irgendeinem Auto angefahren worden. Er war ja mitten auf der Straße! Vielleicht haben die Einbrecher ihn auch geschnappt und …

»Wir müssen ihn suchen!«, sagt Paul laut und ist schon auf dem Weg zur Tür. »Dusty, meine ich. Hoffentlich ist ihm nichts passiert!«

»Ganz ruhig, Paul«, sagt Frau Besenbinder und hält ihn am Arm fest. »Du läufst mir jetzt auf keinen Fall alleine durch die Nacht!«

»Aber …«

»Nichts aber. Immer schön eins nach dem anderen. Das Erste, was wir jetzt machen, ist die Polizei anrufen. Und Dusty ist ja nicht dumm. Außerdem ist ein Auto sowieso zu schnell für ihn! Er wird also längst umgekehrt sein und taucht wahrscheinlich jeden Moment von ganz alleine hier wieder auf.«

Frau Besenbinder zieht ihr Handy aus der Manteltasche, allerdings ohne Paul loszulassen. Als wüsste sie genau, dass er sonst sofort hinter Dusty herrennt.

Paul tritt nervös von einem Fuß auf den anderen, während Frau Besenbinder die Notrufnummer tippt und dann ganz ruhig erklärt, worum es geht, und die Adresse nennt.

»Und wenn der Streifenwagen auf der Fahrt hierher zufällig einen schwarz-weißen Hund sieht, der alleine unterwegs ist, dann sollen sie ihn am besten gleich mitbringen«, setzt sie zum Schluss noch hinzu.

»Und jetzt?«, fragt Paul, nachdem sie die Verbindung unterbrochen hat.

»Jetzt warten wir«, erklärt Frau Besenbinder und blickt auf die Uhr. »Deine Eltern werden auch jeden Moment zurück sein. Ich hoffe nur, dass der Schreck nicht allzu groß ist, wenn sie den Polizeiwagen vor der Tür sehen.« Gleich darauf schlägt sie sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Karlotta!«, ruft sie. »Wir haben deine Schwester bei der ganzen Aufregung völlig vergessen! Komm schnell, wir müssen wenigstens nachsehen, ob sie noch schläft!«

Aber es ist schon zu spät. Paul und Frau Besenbinder kommen gerade durch das Gartentor auf den Fußweg, als sie die Scheinwerfer eines Autos sehen. Pauls Eltern sind zurück!

Der alte Passat hält direkt vor ihnen. Und schon reißt Pauls Vater die Tür auf und ist mit einem Satz aus dem Wagen. Sein Gesicht ist vor Schreck kreidebleich.

»Was ist denn hier los?«, ruft er und blickt irritiert zwischen Paul und Frau Besenbinder hin und her, als würde er zwei Gespenster sehen.

Frau Besenbinder versucht eilig, ihr Nachthemd unter dem Regenmantel zu verstecken. Aber bevor sie noch irgendetwas sagen kann, kommt plötzlich Dusty laut bellend aus dem Auto geschossen und springt an Paul hoch, um ihm das Gesicht abzuschlecken.

»Dusty!«, stammelt Paul. »Ein Glück, dass du wieder da bist! Aber wie siehst du denn aus? Du bist ja völlig verdreckt. Wo warst du denn?«

Inzwischen ist auch Pauls Mutter ausgestiegen.

»Ich kapiere es nicht!«, sagt sie, und ihre Stimme klingt alles andere als erfreut. »Es muss doch wohl möglich sein, dass wir einmal weggehen können, ohne dass uns dann auf dem Rückweg ein völlig erschöpfter Hund vors Auto torkelt. Was meint ihr, was das für ein Schreck war, als wir Dusty gesehen haben! Und nicht etwa hier im Ort, sondern auf der Landstraße! Also los, Paul, kann ich jetzt bitte mal hören, was passiert ist?«

»Ich kann das alles erklären«, sagt Frau Besenbinder. »Und Paul kann überhaupt nichts dafür …«

Weiter kommt sie nicht. Weil nämlich im gleichen Moment ein dünnes Stimmchen durch den Regen dringt.

»Mama? Papa? Ich bin aufgewacht und war ganz alleine! Und da habe ich ganz viel Angst bekommen!«

Karlotta steht im Schlafanzug und barfuß mitten auf dem Weg und presst weinend den dicken Kater von Frau Besenbinder an sich.

»Jetzt reicht’s aber wirklich!«, ruft Pauls Mutter und wirft Frau Besenbinder einen Blick zu, als wollte sie sie am liebsten erdolchen.

Sie läuft zu Karlotta und hebt sie tröstend hoch. »Hör auf zu weinen, meine Kleine, jetzt sind wir ja wieder da. Gleich kriegst du trockene Sachen an, und ich mach dir heißen Tee mit Honig, und alles wird gut.«

Der Kater zwängt sich zwischen ihnen hervor und springt auf den Boden, macht noch einen Buckel und verschwindet dann über den Gartenzaun.

Gleich darauf hält ein Streifenwagen mit quietschenden Reifen genau neben ihnen. Als die Polizisten aussteigen, sieht Paul, wie seinem Vater vor Schreck die Kinnlade runterklappt.

»Äh, das ist übrigens noch was, was wir euch erzählen wollten«, setzt Paul an. »Aber es wird euch nicht besonders gefallen …«

Es sind schon öfter Fremde da gewesen, die ins Haus durften. Weil sie irgendwelche Sachen gebracht haben. Oder etwas an dem Kühlschrank in der Küche oder dem großen Heizkessel im Keller gemacht haben. Bis der Kühlschrank nicht mehr qualmte und aus der Heizung kein stinkendes Wasser mehr auf den Fußboden lief. Und jedes Mal haben Paul oder seine Eltern zu ihm gesagt: »Platz! Und keinen Mucks!« Sogar als der komisch riechende Mann in dem schwarzen Anzug und mit dem schwarzen Hut auf dem Kopf die Treppe hinaufgestapft und durchs Fenster aufs Dach geklettert ist!

Trotzdem kapiert er natürlich, dass es diesmal anders ist. Seine Leute sind nicht zu Hause und die Fremden sind trotzdem da. Deshalb springt er so lange bellend von außen an der Haustür hoch, bis sie die Tür aufmachen. Einen von ihnen erkennt er sofort am Geruch. Aber es geht alles so schnell, dass ihm nicht einfällt, wo er ihn schon mal getroffen hat.

Wenn seine Leute in Gefahr wären, würde er jetzt nicht zögern zuzubeißen. Aber so ist er sich nicht ganz sicher, ob er wirklich mit den Zähnen nach den Männern schnappen soll. Erst als die Fremden dann einfach wegrennen, kaum dass er sie ein paarmal angeknurrt hat, ist ihm endgültig klar, dass etwas nicht stimmt. Und als er hinter dem großen Auto herläuft, will er die Typen eigentlich nur vertreiben. Damit er sich sicher sein kann, dass sie nicht noch mal zurückkommen. Aber dann wird es fast so was wie ein Wettrennen! Und er ist ziemlich stolz, dass das große Auto es lange nicht schafft, ihn abzuhängen. Nur auf der breiten Straße mit den anderen Wagen, die die ganze Zeit hupen, muss er dann doch aufgeben.

Gleich darauf finden ihn Pauls Eltern. Mit dem Auto von ihnen wäre es ganz einfach, die Fremden weiter zu verfolgen. Er winselt und stößt sie mit der Schnauze an. Aber sie verstehen nicht, was er ihnen erzählen will, und fahren mit ihm zurück nach Hause.

Und dann kommt das Auto, das blaue Lichtblitze spuckt! Und alle reden durcheinander und rennen hin und her. Er denkt sich gleich, dass sie die fremden Männer suchen. Aber die sind ja schon lange nicht mehr im Haus, und er ist der Einzige, der es ihnen sagen könnte. Nur dass sie ihn gar nicht beachten!

Als sie endlich schlafen gehen, darf er zu Paul aufs Bett. Paul streichelt ihn und flüstert ihm irgendwas ins Ohr. Und er legt seine Schnauze auf Pauls Brust und wartet, bis Paul die Augen zumacht. Dann schleicht er wieder nach unten und legt sich hinter die Haustür, um auf seine Leute aufzupassen.

Jetzt sind sie alle wieder wach. Sie laufen die ganze Zeit schon durchs Haus und sind immer noch so aufgeregt, dass sie sogar vergessen, ihm sein Fressen hinzustellen.