Meridian Princess

 

 

 

Für Niklas, Nele und Elise:

 

Time flies.

So spread your wings.

ZUVOR Charlottes Erbe

Kalter Nebel verhüllte die Sicht und ließ die schmalen Pflasterstraßen, die sie hier in York Snickelways nannten, nass glänzen. Vor einem kleinen Hausdurchgang, über dem The Mad Watchmakers Lane stand, verdichteten sich die Schwaden und wurden wie von unsichtbarer Hand in den dunklen Korridor hineingezogen.

Es ging auf Mitternacht zu, und außer dem Ticken einer Uhr war in dem finsteren Durchlass nichts zu hören. Aber genau das machte Edmond Darwy nervös. In unruhigen Zeiten war Stille nur ein Atemholen für den nächsten Schlag. Und den galt es zu verhindern.

Er zog seinen Hut tief ins Gesicht, presste den Stockschirm fest an sich und eilte durch die kleine Gasse, die in einem offenen Pflasterplatz mündete. In den fünf alten Giebelhäusern, die dort im Halbkreis aneinanderlehnten, flackerte noch hier und da Kerzenschein, der sich im nassen Kopfsteinpflaster spiegelte. Angestrengt bemühte er sich, das Heulen aus den Galionsfiguren, die über den Hauseingängen wachten, zu überhören. Mit gesenktem Kopf steuerte er auf das Yorker Witch Brew zu. Es war das Zuhause der uralten Gauklerfamilie Henders. Von hier aus leiteten sie ihre Witch-Brew-Filialen im ganzen Land. Läden, in denen Zeiterben von Heiltränken bis hin zu Hosentaschengaleonen alles für den Hausgebrauch kaufen konnten.

Der metallene Türgriff war eiskalt und ließ Mr Darwy kurz zurückschrecken. Die schwere Holztür quietschte in den Angeln, und als er in den schummrigen Raum eintrat, flüsterte jemand: »Na endlich, Edmond!«

Sam Henders kam um den Tresen herumgeeilt, nahm ihm Mantel und Hut ab und sah ihn dabei so angstvoll an, dass ihm ein Kälteschauder durch die Knochen jagte. Das flackernde Licht der Kerzen zuckte unruhig auf dem Gesicht des jungen Mannes. »Sind sie …?« Sam stockte.

Mr Darwy nickte. Manche Worte waren selbst geflüstert zu schwer zu ertragen. Er wandte seinen Blick ab und sah durch das Fenster hinüber zu Darwy’s Magical Watches. Vierundzwanzig Stunden waren vergangen, seit dort drüben im Uhrenladen seines Bruders William das Unglück geschehen war.

Mit einer fahrigen Bewegung strich Mr Darwy sein Haar zurück. »Es ist der schwärzeste Tag meines Lebens, Sam«, flüsterte er und stockte, denn Clara, Sams Frau, kam die Treppe heruntergeeilt. Vor ihrem Bauch, in einem Tragetuch, schlief ihr wenige Monate alter Sohn Mat. »Edmond, sag, dass es nicht wahr ist. Nicht William und Evan!«

Mr Darwy ließ sich auf einenm der Barhocker sinken. »Doch, William und Evan. Ich habe sie gesehen, Clara. Mit meinen eigenen Augen. Er hat sie kaltblütig ermordet.« Mehr konnte er nicht hervorbringen. Er hörte Claras leises Schluchzen, während sie mit Geschirr klapperte.

»Wo sind sie nun?« Clara stellte eine Tasse Tee vor ihn auf den Tisch und legte ihre Hand sanft auf seinen Arm.

»Im Time House in London. Master Gridlock meinte, man müsste ihre Leichen untersuchen.« Mr Darwy nippte am Tee, der stark nach Rum schmeckte. »Wie geht es Charlotte?«

»Sie schläft. Es geht ihr gut, und dem Kind auch«, sagte Clara. »Die Hebamme meinte, es dauert nicht mehr lange, bis die Wehen einsetzen. Hat sie …?«

»Ja. Sie hat offenbar alles mitangesehen.« Mr Darwy stürzte den Tee in einem Zug hinunter.

»Arme Charlotte«, meinte Clara und liebkoste mit tränennassem Gesicht die kleinen Fäustchen ihres Sohnes. »Was glaubst du, Edmond? Warum hat er sie nicht auch …?«

Die Teetasse klapperte laut, als Mr Darwy sie auf die Untertasse zurückstellte. »Das frage ich mich auch. Die ganze Zeit. Warum hat er sie nicht auch getötet?«

»Eben. Zumal er dann auch gleich das Kind in ihrem Leib mitgetötet hätte. Ein Mischblut«, fiel Sam in Mr Darwys Gedanken ein und sah Clara beschwörend über die Theke hinweg an.

»Es kann darauf nur eine Antwort geben«, sagte eine leise Frauenstimme hinter ihnen. Mr Darwy fuhr erschrocken herum.

Es war Charlotte. Sie stand in ihrem weißen Nachthemd wie ein Geist mit entrücktem Blick auf der Treppe. Das rote Haar umrahmte ihr blasses Gesicht, der gewölbte Bauch zeichnete sich deutlich ab, und sie wirkte so zerbrechlich, dass Mr Darwy und Sam auf sie zueilten, um sie zu stützen.

»Er braucht das Kind«, flüsterte Charlotte, dann taumelte sie. Sam und Mr Darwy trugen sie die Treppe hinunter und setzten sie in einen der Sessel vor dem lodernden Kamin.

»Was meinst du damit, er braucht das Kind?«, fragte Mr Darwy und zog sich einen Stuhl heran.

»Es ist für mich kein Zufall, dass er ausgerechnet Evan angegriffen hat«, sagte Charlotte schwach. »Evan ist … war etwas Besonderes.« Ihre Stimme versagte, Tränen zeichneten nasse Spuren auf ihre Wangen, in denen sich der zuckende Feuerschein spiegelte.

»Das stimmt. Evan war etwas sehr Besonderes«, flüsterte Clara und streichelte ihrer Freundin über den Rücken.

»Das meine ich nicht. Edmond, hast du nie etwas bemerkt?«, fragte Charlotte mit kraftloser Stimme.

Edmond Darwy nickte. »Doch, ich glaube schon. Evan trug ausgesprochen vielseitige Zeiterbenkräfte in sich. Meinst du das?«

Sam und Clara tauschten überraschte Blicke, als Charlotte nickte und ihre Hände auf den gewölbten Bauch legte. »Was ich euch jetzt anvertraue, muss unter uns bleiben.« Charlotte sah sie mit glasigen Augen nacheinander an, dann flüsterte sie: »Evan trug die Zeitgene der Minute und Sekunde in sich. Er ist … er war der einzige Zeiterbe, der die Gene zweier Ahnengruppen in sich vereinigte. Ich selbst bin Erbin der Stunde. Versteht ihr, was das bedeutet? Für Chronos wäre dieses Kind ein wertloses Mischblut. Warum sollte er es also verschonen? Das würde nur dann Sinn machen, wenn dieses Kind hier anders ist und er das weiß. Es ist doch möglich, dass er mich nur deshalb verschonte, weil er unser Kind für seine finsteren Pläne braucht.«

»Was wir zu verhindern wissen!«, rief Sam.

»Du bist nicht allein, Charlotte«, sagte Clara mit tränenerstickter Stimme. »Ich verspreche dir, was immer auch geschieht, wir sind für euch da. Meine Familie ist deine Familie.«

Charlotte presste stöhnend beide Hände auf den Leib. »Es ist bald so weit.«

»Wir müssen uns beeilen«, sagte Mr Darwy und sah hinauf zur Wanduhr. »Es ist gleich Mitternacht.«

»Bringt sie nach oben«, sagte Clara. »Ich rufe die Hebamme.«

»Nein, ich springe mit Charlotte nach London in den Black Swan«, wehrte Mr Darwy hastig ab und fing Charlottes verwunderten Blick auf. »Es ist alles mit Gridlock besprochen.«

Sam horchte auf. »Ein Zeitfenstersprung? So kurz vor Mitternacht? Der Tag der Sommersonnenwende beginnt gleich, und in wenigen Stunden ist schon Sonnenstillstand. Niemand würde jetzt noch einen Zeitfenstersprung wagen, Edmond. Es wimmelt heute Nacht da draußen nur so von Dämonen und Schattenhunden!«

»Es ist alles abgesichert. Wir nutzen euer Zeitfenster, und Charlotte und ich springen gemeinsam. Im Black Swan stehen Odette und Gridlock schon bereit, uns in Empfang zu nehmen. Und zwar in weniger als zehn Minuten.« Edmond Darwy stand auf, um seinen Mantel von der Garderobe zu holen.

»Das ist Wahnsinn«, flüsterte Clara. »Edmond, das ist verrückt. Warum muss sie nach London springen? Jetzt? Mit Wehen? Lasst sie doch zuerst das Kind kriegen.«

»Sie wäre hier nicht in Sicherheit, Clara«, sagte Mr Darwy, schlüpfte in seinen Mantel und half dann Charlotte, aufzustehen. »Wenn es so ist, wie Charlotte vermutet, und er das Kind will, dann kommt er zurück, wenn es geboren ist. Er wird das Kind hier vermuten, und ich rate euch dringend, ebenfalls unterzutauchen.«

»Edmond hat recht«, sagte Sam und öffnete die Tür zur Zeitkabine. Er nickte Charlotte und Mr Darwy stumm zu.

»Charlotte, ich wünschte, ich könnte dir helfen«, schluchzte Clara und umarmte ihre Freundin fest.

Charlotte löste sich aus der Umarmung. »Edmond«, sagte sie und zog ihre Kette hervor. Eine Uhrenkette mit einem Totenkopfanhänger. »Diese Uhr ist Fluch und Segen zugleich. Sie hat Evans Mutter getötet, sie wird auch mich verraten. Aber in ihr liegt auch der Schlüssel zu jeder unserer Fragen. Falls mir etwas passiert: Hüte sie für mich, bis unsere Tochter sie einst weitertragen kann.«

Edmond Darwy nickte, machte aber eine abwehrende Geste, als Charlotte die Uhr abnehmen wollte. »Versprochen, Charlotte. Aber es wird dir nichts geschehen. Du hast ja uns! Wir beschützen dich, und du behältst deine Uhr. Und jetzt? Bist du bereit?«

»Bereit, um nach Hause zu gehen«, flüsterte Charlotte, griff nach Edmond Darwys Hand und stieg gemeinsam mit ihm durch das Zeitfenster. Momente bevor der Zeitstrom sie davontrug, sah Mr Darwy, wie Charlottes Finger das Silber der Totenkopftaschenuhr fest umklammerten.

Hauptteil

Finstere Gassen

Seit Tagen schwirrte die Sommerhitze über den Pflastersteinen des Clockmakers Market. Sie trieb fischigen Abwassergeruch von der Themse durch die schmalen Gassen hinunter auf den kleinen Marktplatz, der in den Ferien von Touristen belagert wurde. Diese bestaunten die Galionsfiguren über den Eingängen der kleinen Shops und tuschelten hinter vorgehaltener Hand über die eigenartigen Dinge, die in den Läden angeboten wurden. Wozu man Schwerter kaufen sollte, denen die Klinge fehlte, erschloss sich ihnen ebenso wenig wie die kleinen Hosentaschengaleonen, die man bei Browns kaufen konnte und die laut Werbeplakat irgendetwas vorhersagen konnten. Nur was? »Alles Gaukler, Schurken, Scharlatane, dafür ist der Clockmakers Market bekannt«, schimpfte ein dicklicher Mann und warf die kleine Galeone achtlos zurück in den Korb.

Jade Ryder grinste. Sie lehnte an der Häuserwand im kleinen Weg zwischen dem Witch Brew und Linnaker & Sons. In diese schmalen, schattigen Gassen verirrte sich kaum jemand, und man konnte in Ruhe auf den Fünf-Uhr-Schlag der großen 24-Stunden-Uhr über dem Eingang des Clockmakers Market warten.

Seit sechs Wochen hatte Jade keines ihrer Schulbücher mehr geöffnet. Stattdessen hatte sie Odette bei den anfallenden Arbeiten und Besorgungen für den Black Swan geholfen, und selbst das hatte sich wie Urlaub angefühlt. In all den Jahren zuvor hatte Jade die Sommerferien mit Lady Graham auf Graham Hall verbringen müssen und war von ihr behandelt worden, wie man ihrer Meinung nach mit Waisenkindern ungewisser Herkunft umgehen sollte: streng und herzlos. Nie hatte Lady Graham einen Hehl daraus gemacht, dass Jade ihr lästig war und sie sich für sie schämte. Seit etwas mehr als einem Jahr wusste Jade, warum Lady Graham sie trotzdem in jedem Jahr wieder aufgenommen hatte: Das Testament ihres Mannes Sir Arthur Graham hatte sie dazu gezwungen.

Wie immer, wenn Jade an Sir Arthur dachte, überkam sie eine große Sehnsucht. Seit sie hier im Clockmakers Market wohnte, fühlte sie sich ihrem Großvater noch näher, denn hier hatte er viel Zeit verbracht. Und hier hatte er eine heimliche Affäre mit der Zeiterbin und Pensionsleiterin vom Black Swan Hannah Ryder gehabt, aus der zwei Töchter hervorgegangen waren: ihre verstorbene Mutter Charlotte und ihre Tante Odette, bei der sie nun lebte.

Jade sah sich im überfüllten Clockmakers Market um und lächelte. Sir Arthur wäre glücklich, wenn er wüsste, wie Jade ihre Ferien verbracht hatte. Viele Stunden hatte sie bei Mr Darwy in der unterirdischen Clockmakers-Bibliothek zugebracht, um in den alten Schriften der Zeiterbengesellschaft Hinweise zu den vermissten Uhrzeigern zu suchen. Sie hatte Mr Linnaker in seinem Uhrenladen besucht und sich immer wieder die Legende um ihre geheimnisvolle Taschenuhr erzählen lassen. Und sie war täglich durch den Clockmakers Market gestreift, um seine engen Nebenstraßen zu erkunden, die sich vom Hauptplatz aus sternförmig durch diesen Londoner Stadtteil schlängelten, als wären sie Adern, in denen schwarzes Blut pulsierte.

»Halte dich besser von den kleinen Gassen fern. Da wimmelt es nur so von zwielichtigen Gestalten«, hatte Odette sie erst heute Morgen gewarnt. Und Betsy, die Köchin, hatte heftig dazu genickt. »Mir ist da mal ein Wolf begegnet, am helllichten Tag. Drüben, in dem Gang zwischen Browns und Kingsley’s.«

Jade seufzte und sah die Gasse hinunter. Sie hatte hier in den vergangenen Wochen nichts Aufregendes finden können. Viele der kleinen Türen und Fenster waren zugenagelt oder mit alten Zeitungsseiten zugeklebt, und außer ein paar Ratten, streunenden Katzen und einem halb verhungerten Fuchs waren ihr nur wortkarge, geschäftige Menschen begegnet, die von ihr keine Notiz genommen hatten.

Als die Uhr über dem Clockmakers Market zu schlagen begann, zog Jade ihre Kette mit dem Totenkopfanhänger hervor, und wie an jedem Tag seit über zehn Jahren hielt sie sich die kleine Taschenuhr zuerst ans Ohr. Ticktack, klopfte es in dem kleinen mechanischen Uhrwerk; so vertraut war das Pochen, dass sie sich ohne ihre Taschenuhr geradezu nackt fühlte. Und einmal war das tatsächlich schon geschehen. Selda Brice, ihre Lehrerin für Zeitsprünge, hatte ihr vor einigen Monaten die Uhr abgenommen. Als es an jenem Abend auf fünf Uhr zugegangen war und sie zum ersten Mal die Taschenuhr nicht wie gewohnt aufziehen konnte, hatte sie Todesangst gehabt. Denn sowohl Sir Arthur als auch Mr Linnaker hatten sie gewarnt, dass ein menschliches Herz aufhören würde zu schlagen, wenn diese Uhr stehen bliebe.

Jade klappte den Unterkiefer des Totenkopfes herab und drehte dreimal an dem kleinen Rädchen, um die Uhr aufzuziehen. Gerade wollte sie die beiden Kiefer des Totenkopfes wieder zuklappen lassen, als eine Hand danach schnappte. Scharf schnitt ihr die Kette in den Nacken, bevor sie zerriss.

»Au! Was …?« Jade sah auf und erkannte Lavena Parker. »Was soll das, Lavena? Gib mir die Uhr zurück!«, fauchte Jade und wollte ihr die Kette mit dem Totenkopfanhänger aus der Hand reißen, doch Lavenas lange, perfekt manikürte Finger schlossen sich um die Uhr.

»Was haben wir denn da?«, fragte sie leise und zuckersüß. Lavena sprach immer leise und zuckersüß, vermutlich sogar dann, wenn sie einem Dämon aus der Unwelt gegenüberstehen würde. »Du könntest sie mal polieren lassen, das angelaufene Silber ist ja scheußlich«, flüsterte sie und hielt Jades Taschenuhr an der zerrissenen Kette hoch.

Jade schnappte nach ihrer Uhr, doch Lavena war schneller. Geschwind schlossen sich ihre Finger wieder um die Uhr. »Und dann erst dieser grässliche Totenkopf«, raunte sie lächelnd. »Gruselst du dich eigentlich nie davor? Kein Wunder, dass du immerzu solch irrsinnige Geschichten erfindest wie die, dass deine Uhr besondere Kräfte hat und dich zur Meridian Princess geführt hat. Oder die Lügen um Lady Mortimer. Diese arme, alte Frau. Viele Jahre hat sie sich als Lehrerin für die Schüler in unserer Academy eingesetzt. Und du hast sie einfach getötet.« Lavena lächelte noch immer und schüttelte ihren Kopf, sodass ihre schulterlangen, blonden Locken wippten.

»Lady Mortimer war eine Totengängerin, die von Chronos geschickt worden ist, um mich zu jagen.« Jade bemühte sich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen.

»Sagte ich es nicht? Diese Uhr tut dir nicht gut, liebe Jade Ryder. Sie hat dich zu einer Mörderin gemacht.« Lavena ließ die Taschenuhr in Jades offene Hand fallen und sah sich in der hinter ihr liegenden Gasse um. »Gib acht, dass diese Uhr nicht eines Tages dir selbst zum Verhängnis wird. Außerdem ist es nicht ratsam, sich in den Gassen aufzuhalten, wenn man Chronos gegen sich aufgebracht hat«, sagte sie sanft, als wäre es ein gut gemeinter Rat.

»Dann gib du lieber acht, dass Chronos sich nicht zuerst dich schnappt, du falsche Schlange«, sagte Jade.

»Hör mal, Kleines«, sagte Lavena, doch das Grinsen war ihr vergangen. »Das hier ist kein Spiel. Ein Fehler, und du versinkst in der Schattenkluft. Oder du verlierst deine Kräfte durch einen Dämonenfraß! Du solltest wirklich aus Mats Schicksal lernen.«

Jade zuckte zusammen. Lavena hatte ihren Finger in ihre schlimmste Wunde gelegt, und sie schien sichtlich Freude daran zu haben. Jade vermisste Mat so sehr, dass sie es kaum aushalten konnte. Seit sie denken konnte, waren sie befreundet. Seit ihrem ersten Tag auf St. Creakles hatten sie sich miteinander verschworen. Damals, als sie beide mit sechs Jahren ins schottische Internat einzogen und keine Ahnung von ihrer eigentlichen Bestimmung hatten. Und nun hatte ausgerechnet Mat einen Dämonenfraß erlitten. All seine Zeiterbenkräfte hatte er dabei verloren und die Academy verlassen müssen.

»Wenn hier eine von uns beiden nichts kapieren will, dann ja wohl du, Lavena«, raunte Jade und bemühte sich um einen ruhigen Ton.

»Ich habe schon gehört, dass er nach den Ferien nicht wiederkommen wird«, sagte Lavena lächelnd. »Arme Jade, es muss tragisch sein, wenn der beste Freund zum Versager wird und von der Academy fliegt.«

»Glaub doch, was du willst«, sagte Jade, ließ die Taschenuhr in ihre Hosentasche sinken und stieß sich von der Hauswand ab. Im gleichen Augenblick hätte sie beinahe das Gleichgewicht verloren, denn die Zeit blieb ohne Vorwarnung stehen.

Von der Heftigkeit des Zeitstillstandes überrascht, blickte Jade sich argwöhnisch um. Es hatte nur kurz geruckt, die Geräusche vom Clockmakers Market waren schlagartig verstummt. Eiseskälte tastete sich über den Boden, schlängelte sich um die Häuserecken und breitete sich in Sekundenbruchteilen bis in die letzten Winkel aus.

Jade fing sich wieder, richtete sich auf und sah sich nach Lavena um, die sich leise fluchend die Hosenbeine abklopfte. Offenbar war auch sie vom Silentium überrascht worden und durch die Heftigkeit des Rucks gestürzt. Doch Jades Blick fiel auf etwas anderes hinter Lavena. Hatte sich dort nicht etwas in der Dunkelheit der Gasse bewegt? »Raus hier!«, stieß Jade hervor.

Lavena sah Jade verblüfft an, dann warf sie den Kopf in den Nacken und lachte laut auf. Eine weiße Wolke bildete sich dabei vor ihrem Mund.

Doch Jade war sich ganz sicher. Sie fühlte es mehr, als dass sie es sehen konnte. Im Schutz der Finsternis der kleinen Gasse bewegte sich etwas auf sie zu. Langsam, aber unaufhörlich kam es näher. Und roch es nicht nach Verwesung?

»Verdammt, Lavena, ich glaube, da ist ein Schattenhund!«, rief Jade und zog den Schwertgriff aus ihrer Hosenschlaufe.

»Ein Schattenhund? Hier im Clockmakers Market. Am helllichten Tag. Ich sag doch, du hast sie nicht alle.« Lavena kriegte sich kaum ein vor Lachen.

Doch Jade fühlte die lähmende Eiseskälte, die nur ein Dämonenwesen aus der Unwelt zu verbreiten vermochte. Gruselige Bilder, von denen sie wochenlang geträumt hatte, zuckten durch ihren Kopf.

»Hör mal, du kleine Möchtegern-Berühmtheit«, zischte Lavena. In ihrer Stimme schwang ein beleidigter Unterton mit. »Ich gehe jetzt durch diese Gasse nach Hause, nur um dir zu beweisen …«

In dem Moment löste sich ein Mann aus der Deckung und kam auf sie zu. Er trug einen Mantel, und sein Gesicht war unter seiner Haarmähne und in der Finsternis der Häuserschlucht kaum zu erkennen.

»Beeindruckend, wie treffsicher du Schattenhunde witterst«, raunte Lavena höhnisch, als der Mann kurz neben ihnen verharrte. »Guten Tag, Sir«, sagte sie freundlich zu dem Mann. »Ich hab Sie hier noch nie gesehen, aber da Sie nicht erstarrt sind, müssen Sie ein Zeiterbe sein …«

Der Mann lief wortlos weiter.

Jades Finger umklammerten den Griff ihres Dämonenschwertes. Fauliger Gestank drang ihr in die Nase. Sie spürte, wie sich etwas zusammenbraute.

»Können wir Ihnen irgendwie helfen, Sir?«, fragte Lavena.

Der Mann verharrte erneut. Er drehte sich langsam zu ihnen herum und kam näher.

Im nächsten Augenblick sah Jade, dass es nicht der Mann war, der sich auf sie zubewegte, sondern ein Wesen aus schwarzem Rauch, das sich aus dem Schatten des Mannes löste und sich blitzschnell zu einem hundeähnlichen Wesen formte.

Lavena kreischte, als der Schattenhund sie ansprang. Sie warf sich zu Boden, schlug die Arme schützend über sich.

Der Schattenhund ließ von ihr ab und sammelte sich vor Jade.

Jade atmete schwer und hob ihr Schwert. Eine silbrig glänzende Klinge erschien. Als der Schattenhund zum Sprung auf sie ansetzte, machte sie einen schnellen Schritt nach vorne. Der Hund aus schwarzem Rauch und Nebel zuckte zurück. Noch immer hielt Jade das hell leuchtende Dämonenschwert vor sich und ging langsam auf den Schattenhund zu. Da verzog sich der Hund und verschmolz wieder mit der dunklen Gestalt in der Gasse.

Jade wartete mit erhobenem Schwert, ihr Atem ging stoßweise. Der Mann lief langsam weiter, die Gasse hinab.

»Wo ist er?«, raunte Lavena und hob vorsichtig den Kopf.

»Ich glaube, er ist noch hier«, flüsterte Jade. Die Anspannung kribbelte ihr im Nacken.

Als sie sich wieder nach dem Mann umsah, war er fort. Einzig ein gewöhnlicher Tourist in einem Mantel und mit langer Haarmähne, eine Papiertüte vom Witch Brew in der Hand tragend, verließ gerade die finstere Gasse. Jetzt erst fiel Jade auf, dass die Zeit nicht mehr stillstand. Der Tourist verharrte am Ende der Gasse und drehte sich zu ihnen herum. »Alles klar, Mädchen?«, rief er und bog, ohne eine Antwort abzuwarten, in den Clockmakers Market ein.

Jade ließ sich gegen die Wand fallen und sah zu, wie das Silberlicht ihres Dämonenschwertes langsam erlosch.

»Du bist ja vollkommen irre!«, flüsterte Lavena, als der Mann fort war, und rappelte sich auf.

»Wie?«, fragte Jade verdutzt.

»Wieso hetzt du mir einen Schattenhund auf den Hals?«, fragte Lavena und sah sich hektisch um.

»Ich habe ihn nicht heraufbeschworen!«

»Selbstverständlich hast du das«, sagte Lavena. »Wo soll er denn sonst so plötzlich hergekommen sein?«

»Schattenhunde verlassen die Unwelt bei einem Zeitstillstand durch den sich öffnenden Nullmeridian, muss ich dir das wirklich erklären?«, fragte Jade.

»Und die Schattenhunde haben nichts Besseres zu tun, als mich hier in dieser Gruselgasse zu überfallen?«, fragte Lavena, und ihre Stimme klang ungewohnt schrill. »Nein, du hast ihn heraufbeschworen und auf mich gehetzt.«

»Ach, glaub doch, was du willst.« Jade steckte ihren Schwertgriff zurück in die Gürtelschlaufe und rieb sich wärmend über die Arme.

Lavena baute sie sich vor Jade auf. »Dir ist schon klar, dass ich Master Gridlock darüber informieren muss?«

»Tu, was du willst, Lavena«, stieß Jade hervor. »Und erkläre Master Gridlock doch auch gleich, warum du dein Dämonenschwert nicht heraufbeschworen hast. Man stelle sich nur mal vor, der Schattenhund hätte es bis auf den Marktplatz geschafft mit all den erstarrten Menschen dort.«

»Du willst jetzt aber nicht auch noch behaupten, dass du die Menschen vor dem Schattenhund gerettet hast, den du selbst auf sie losgelassen hast?«, fragte Lavena und zog ihre Augenbrauen hoch. »Du bist wirklich vollkommen irre.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es mir übrigens anders überlegt. Ich werde zuerst Ms Brice ins Vertrauen ziehen. Sie nimmt die Angelegenheit sicher genauso ernst wie ich.« Damit huschte Lavena durch die Gasse davon, bog am Ende in den Clockmakers Market ein und war verschwunden.

Jades Herz klopfte bis zum Hals. Das lag zum einen an Lavenas Drohung, sie ausgerechnet bei Selda Brice anzuschwärzen, aber viel mehr noch lag es an dem Modergeruch, der ihr noch immer in die Nase kroch.

Im Witch Brew

Jade verließ die schmale Gasse und ließ sich mit dem Touristenstrom über den Clockmakers Market Richtung Witch Brew treiben. Noch immer klopfte ihr Herz rasend schnell, und sie sah sich immer wieder nach dem Schattenhund um. Sie atmete einmal tief durch, dann drückte sie die Klinke zum Witch Brew herab.

»Ja, nur hereinspaziert. Es sind neue Kratzdisteln aus Schottland eingetroffen«, raunte es aus der Grünen Hexe, der Galionsfigur über der Eingangstür.

Jade schloss die Ladentür hinter sich. »Orla? Ms Mallows?«, rief sie durch den schummrigen Ladenraum und sah sich suchend um. An den kleinen Holztischen saßen ein paar Gäste und tranken Kräutertee oder Engelwurzlikör und unterhielten sich leise. Ein Mann in einem Seidengewand und mit einer Kappe auf dem Kopf warf klackernd Runensteine auf ein Tablett.

»Orla?«, rief Jade noch einmal und lief durch den Laden zum Verkaufstisch. Eigentlich dauerte Orlas Schicht noch etwa zwanzig Minuten, aber heute konnte Jade nicht so lange warten. Sicher würde Ms Mallows das verstehen, zumal Orla ihren Ferienjob sonst sehr ernst nahm.

»Ah, Jade, gut dass du so früh kommst!«, rief Orla von hinten aus der offenen Küche, in der sie mit Ms Mallows ein grünes, dickflüssiges Gebräu in Glasfläschchen abfüllte. Jade schob sich am Verkaufstisch vorbei in die Küche, aus der man den Ladenraum überblicken konnte. Sie lehnte sich an einen der dicken Holzpfeiler, und der Geruch der vielen Kräuterbündel, die unter der Holzdecke befestigt waren, kroch ihr vertraut in die Nase. Seit Orla im Witch Brew arbeitete, holte Jade sie abends ab. Jade war gerne hier. Es kam ihr immer so vor, als würde sie beim Betreten des Witch Brew eine andere Welt betreten, in der die Gefahren der Unwelt keinen Zutritt hatten. Und auch jetzt spürte sie, wie die Anspannung von ihr abfiel.

Orla hielt ihr die Suppenkelle entgegen. »Du kannst gleich mal meinen neuen Bibernellenaufguss kosten. Ms Mallows meint, der ist mir richtig gut gelungen. Ehrlich, Jade, der kann sogar Tote zum Leben erwecken.«

Ms Mallows, eine ältere, grauhaarige Zeiterbin, die ihre Gäste immer ernsthaft, ja nahezu feierlich bediente, sah erschrocken von ihrem Kessel auf. »Orla, du sollst diese Art von Scherzen doch bitte lassen. Also wirklich, Tote zum Leben erwecken. Das überlassen wir doch besser Chronos und kümmern uns um die rechtmäßigen Dinge.«

»Sie meinen Baldrian-Bibernellen-Aufguss? Wozu wird der eigentlich eingesetzt?«, fragte Orla und setzte den Trichter auf die nächste Glasflasche.

Jade grinste. Man merkte es Orla überhaupt nicht an, dass sie gar keine Minutengene in sich trug und nichts von der Kleinkunst der Gaukelei, Hexentränkebrauerei und Wahrsagerei verstand. Sie ging in ihrem Ferienjob auf und verdiente sich nebenbei ein ansehnliches Taschengeld.

Ms Mallows stellte einen Karton auf den Tisch und begann, die vollen Flaschen einzupacken. »Baldrian-Bibernellen-Aufgüsse wirken hervorragend gegen Schwindel, ausgelöst durch Zeitstillstände zum Beispiel, oder auch bei Reisekrankheit, wenn man sehr viele Zeitsprünge in kurzer Zeit gemacht hat. Offiziell verkaufen wir diesen Aufguss für Nichteingeweihte als Naturheilmittel zur allgemeinen Entspannung.«

»Zahlen, bitte!«, rief da jemand im Verkaufsraum.

»Ich komme schon!« Eifrig wischte Orla sich die Hände an der schwarzen Witch-Brew-Schürze ab und eilte an Jade vorbei in den Verkaufsraum.

Jade lehnte sich vor, um Orla zu beobachten. »Das macht fünf Pfund, Madam«, sagte diese gerade zu einer älteren Dame. »Für sieben Pfund gebe ich Ihnen noch einen Bund getrocknete Vogel-Wicke obendrauf. Geben Sie einfach ein paar der schwarzen Hülsenfrüchte in die Hosentaschen oder in Ihre Schuhe, und Sie haben im kommenden Winter nie wieder kalte Finger oder Füße.«

Jade und Ms Mallows grinsten sich an. Eigentlich waren die Vogel-Wicken gegen die Kälte bei einem Zeitstillstand gedacht, aber das durfte man den Touristen natürlich nicht verraten. Viele der Gäste waren ja gar keine Zeiterben und hatten demnach keine Ahnung, dass vor wenigen Minuten die Zeit stillgestanden hatte und sie erstarrt vor ihrem Kräuteraufguss gesessen hatten.

Orla begleitete die Dame zur Tür und sagte: »Ms Mallows braut übrigens gerade ihren berühmten Wermut-Koriander-Trank. Sehr zu empfehlen, wenn Sie Ihre Energie aufladen möchten. Heute, in der Vollmondnacht, wird er abgefüllt. Also, dann, besuchen Sie uns bald wieder.«

Orla winkte der Kundin hinterher und schloss leise die Eingangstür. Mit einem breiten Grinsen kam sie zurück in die Küche.

»Orla, du bist ein Verkaufsgenie«, flüsterte Ms Mallows. »Seit du da bist, mache ich doppelt so viel Umsatz.« Sie drehte sich zu Jade herum. »Ach, Jade. Bist du bei Kingsley’s Tickets & Maps vorbeigekommen? Hast du gesehen, ob die neue Ausgabe des Daily Time Catcher schon ausliegt? Die war doch für heute angekündigt worden.«

»Stimmt, die Zeitung!«, rief Jade.

Ms Mallows wischte sich mit dem Handrücken über ihre geröteten Wangen, griff nach dem Karton mit den gefüllten Glasfläschchen und seufzte. »Seitdem vor ein paar Wochen dieser Artikel über Lady Mortimer erschienen ist mit dem Gerücht über mich, werde ich immer ganz nervös, wenn es Zeit für die neue Ausgabe ist.« Ms Mallows schraubte das Fläschchen zu und schüttelte den Kopf. »Mir zu unterstellen, ich hätte Lady Mortimer mit meinem Baldrian-Bibernellen-Aufguss vergiftet!«

»Tut mir leid, Ms Mallows. Ihre Zeitung habe ich ganz vergessen vor Schreck«, sagte Jade entschuldigend.

»Wieso?«, fragte Orla interessiert. »Ist was passiert?«

»Ja«, flüsterte Jade und beugte sich vor. »In der Gasse zwischen dem Witch Brew und Linnaker & Sons ist gerade bei dem Zeitstillstand ein Schattenhund aufgetaucht.«

»Ein Schattenhund?«, rief Orla entsetzt.

»Orla!« Klirrend ließ Ms Mallows den Karton mit den Flaschen zurück auf den Tisch fallen.

Jade war zusammengezuckt. Ein paar Gäste sahen neugierig auf.

»Das war aber noch nicht alles«, raunte Jade deshalb noch leiser. »Lavena Parker hatte mir aufgelauert. Sie behauptet, ich hätte den Schattenhund heraufbeschworen, um sie anzugreifen. Und jetzt ratet mal, bei wem sie mich verpetzen will?«

»Master Gridlock«, sagte Orla und zeigte mit dem Trichter auf Jade.

»Viel schlimmer!«

»Ms Brice?«, hauchte Orla entsetzt.

Jade nickte. »Und als wäre das alles noch nicht ärgerlich genug, hat sie mir sogar unterstellt, ich hätte Lady Mortimer ermordet.« Jade lehnte sich an die volle Spüle.

»Was ja irgendwie stimmt«, sagte Orla und schüttete den Rest des Baldrian-Bibernellen-Aufgusses in eine leere Flasche.

»Also wirklich, Orla«, sagte Ms Mallows kopfschüttelnd. »Ein Totengänger kann gar nicht ermordet oder vergiftet werden, weil er doch schon tot ist.«

»Was ich sagen wollte: Wer auch immer Lady Mortimer wieder in die ewigen Schattengründe zurückbugsiert hat, verdient einen Orden. Nehmen Sie es sich also nicht so zu Herzen, vielleicht sollte das damals in dem Zeitungsartikel ein verstecktes Lob sein.«

»Die Frage ist aber: Wer streut solche Gerüchte?«, flüsterte Ms Mallows. »Ich hatte damals wochenlang keine Gäste mehr. Ms Mallows ist eine Giftmischerin, haben sie sich hinter vorgehaltener Hand zugeflüstert. Das habe ich wohl gemerkt.«

»Bei mir war es wie gesagt Lavena Parker, aber die kann ja auf keinen Fall damals den Artikel für den Daily Time Catcher verfasst haben«, überlegte Jade.

»Wer auch immer diesen Artikel verfasst hat, muss wissen, dass ich Lady Mortimer in regelmäßigen Abständen Baldrian-Bibernellen-Aufguss verkauft habe. Und den hat sie erst nach ihrer Zeit in Schottland getrunken. Als sie also schon eine Totengängerin war. Früher, also als sie noch lebendig war und in der Clockmakers Academy unterrichtete, hat sie hier immer einen Elderbeerenlikör getrunken. Nur einen, und immer genau um fünf. Dort drüben hat sie dann gesessen und ihre Tarotkarten gelegt.« Ms Mallows deutete auf einen kleinen Tisch am Fenster.

»Ah, seht mal, wer da kommt!«, rief Orla, die Ms Mallows’ Blick auf den Clockmakers Market hinaus gefolgt war. Ein alter Mann mit Hut und Stockschirm steuerte auf das Witch Brew zu.

»Mr Darwy!«, rief Jade erfreut.

Mr Darwy war Bibliothekar in der Clockmakers-Bibliothek, doch für Jade war er viel mehr als das. Während ihrer Zeit im Internat hatte Mr Darwy nämlich dort den Bibliotheksdienst übernommen, und erst im vergangenen Jahr hatte Jade erfahren, dass er nur ihretwegen neun Jahre auf St. Creakles gewesen war, um sie und Mat dort zu beschützen und sie an das tägliche Aufziehen der Taschenuhr zu erinnern.

Es klingelte in der Küche, als Mr Darwy die Tür öffnete und eintrat. Jade eilte um den Tresen herum auf ihn zu. »Sie sind zurück, Mr Darwy! Wir war Ihr Sommer?«, fragte Jade. »Sagten Sie nicht, Sie fahren nach York?«

»Nach York?« Orla kam mit einem Karton der neu befüllten Fläschchen in den Verkaufsraum. »Stammen Sie etwa aus der Gilde der Yorker Gaukler, Mr Darwy? Haben Sie dort eine Wohnung?«

»In der Tat«, sagte Mr Darwy und setzte sich an den Tresen. Er legte die neueste Ausgabe des Daily Time Catcher auf den Tisch. Selbst an diesen heißen Sommertagen verzichtete Mr Darwy nicht auf seinen Anzug und den schmalkrempigen Hut. »Eigentlich ist es die Wohnung meines verstorbenen Bruders und dazu eines der ältesten Häuser Yorks. Liegt in der Mad Watchmakers Lane, in der auch die Henders wohnen.«

»Dann haben Sie Mat getroffen!«, sagte Jade, und ihr Herz machte einen Sprung.

»Er lässt schön grüßen«, sagte Mr Darwy. »Er war mit seinem Vater für ein paar Wochen in Edinburgh. Sie haben dort ein weiteres Witch Brew eröffnet, draußen in Leith gegenüber dem Anleger für den Timeless Sleeper. Clara erzählte mir, dass die Henders nun schon sieben dieser Lokale führen und sie sich auch außerhalb der Zeiterbengesellschaft immer größerer Beliebtheit erfreuen. Es soll einen richtigen Magie-Boom in York und Edinburgh geben.«

»Also bei uns hier ist Orla für den Magie-Boom verantwortlich«, sagte Ms Mallows belustigt, die zwei weitere Kartons voll Baldrian-Bibernellen-Aufguss auf dem Verkaufstisch abstellte. Ihr Blick blieb an Mr Darwys Zeitung hängen. Hastig griff sie danach und überflog die Überschriften.

»Aber wie geht es Mat?«, fragte Jade und setzte sich neben Mr Darwy.

Mr Darwy nahm seinen Hut ab, legte ihn auf den Tresen und strich sich seufzend über das glatte, graue Haar. »Er ist ein tapferer Kerl, Jade. Hat tausend Pläne im Kopf, wie er auch ohne Zeiterbenkräfte der Gesellschaft nützlich sein könnte.«

Jade nickte. Das war Mat, aufgeben passte nicht zu ihm.

Mr Darwy klopfte sich auf die Anzugjacke und zog einen Briefumschlag hervor. »Für dich«, sagte er und gab Jade den Brief. »Mat macht sich große Sorgen um dich. Auch Mr und Ms Henders sind beunruhigt und fürchten, dass die Sache mit Lady Mortimer womöglich erst der Anfang war.«

Jade nahm den Brief und steckte ihn schnell in ihre hintere Hosentasche. Hier war nicht der richtige Ort, um ihn zu lesen. Sie sah Mr Darwy nachdenklich an. Für einen Moment überlegte sie, ob sie ihm von dem Schattenhund erzählen sollte.

»Sind Sie mit dem Timeless Sleeper gereist, Mr Darwy?«, fragte Orla, die sich den nächsten Karton vom Verkaufstisch holte, um die Flaschen ins Regal einzuräumen.

»Nein, leider nicht«, sagte Mr Darwy lächelnd. »Der fährt gleich erst in Edinburgh ab und kommt morgen Nachmittag wieder hier an. Und so lange konnte ich nicht warten, meine Ferien gehen heute zu Ende. Wenn ich morgen früh nicht pünktlich zum Dienst in der Bibliothek erscheine, sucht Sophera Fogg sich einen neuen Mitarbeiter.«

»Sie sind also per Zeitfenstersprung gereist?«, fragte Jade.

»Ja, ich war vor zehn Minuten noch in York«, flüsterte Mr Darwy und sah sich um. »Sagen Sie, Ms Mallows, haben Sie wohl ein Glas kalten Wermut-Koriander-Trank für mich?«

»Puh«, machte Ms Mallows erleichtert und legte die Zeitung zurück auf den Tisch. »Nichts. Gar nichts. Sogar Bertha Kingsleys Horoskop für die kommende Woche ist rosig. Wenigstens für mich.« Dann nickte sie Mr Darwy zu. »Ein Glas kalter Wermut-Koriander-Trank, kommt sofort. Ist aber noch vom letzten Vollmond und daher etwas bitter.«

Orla schnappte sich die Zeitung. »Was steht denn bei Stier?« Sie blätterte zur letzten Seite und las vor: »Endlich kriegen Sie für Ihre harte Arbeit den verdienten Lohn. Vorsicht: Kräuteraufgüsse nicht an Vollmond abfüllen. Sie neigen zu Schwatzhaftigkeit und haben in dieser Woche ein ausgesprochen hitziges Gemüt.« Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Orla von der Zeitung auf.

Jade grinste. »Du kennst doch Bertha Kingsleys Weissagungen. Und was steht denn bei mir? 21. Juni, also Zwillinge?«

Orla suchte die Horoskopspalte ab. »Ah, hier. Den Zwillingen steht eine turbulente Woche bevor. Sie ziehen alles wie magisch an: Unfälle, Liebe, Dämonen. Falls Sie am Tag der Sommersonnenwende geboren sind: Obacht. Jemand trachtet Ihnen nach dem Leben.«

Ein lautes Klirren hinter Orla ließ sie alle herumfahren. Ms Mallows stand wie vom Donner gerührt hinter dem Verkaufstisch und hatte offenbar das Getränk für Mr Darwy fallen lassen. Doch das schien sie gar nicht bemerkt zu haben. Sie starrte durchs Schaufenster auf den Clockmakers Market und flüsterte: »Habt ihr ihn auch gesehen?«

»Wen?«, fragte Orla besorgt.

»Er lief mitten durch die Menschenmenge«, flüsterte Ms Mallows und deutete mit zitternder Hand nach draußen. »Dort drüben war er. Und er hat hier hereingesehen.«

»Ja aber wer denn, Ms Mallows?«, fragte Mr Darwy ungeduldig.

Ms Mallows stützte sich an den Verkaufstisch und raunte: »Der Schattenhund.«

Das Turmzimmer

Nach Ms Mallows’ Behauptung, sie hätte einen Schattenhund mitten im Clockmakers Market gesehen, hatte Mr Darwy den Silbergriff seines Stockschirms abgezogen und war in wenigen Sätzen nach draußen geeilt. Jade und Orla waren ihm gefolgt, doch einen Schattenhund hatten sie zu ihrer Erleichterung nicht gesehen. Ms Mallows hatte das allerdings nicht beruhigen können. Sie blieb bei ihrer Behauptung und war sich sicher, dass der Schattenhund sogar in das Witch Brew hineingesehen hatte.

Jade und Orla waren noch fast eine Stunde bei Ms Mallows geblieben, bis diese das Witch Brew kurzerhand früher als üblich geschlossen und sich nach oben in ihre Wohnung zurückgezogen hatte.

Als Jade und Orla nach Hause in den Black Swan gingen, empfing sie Elliott Baker, der Empfangschef der Zeiterbenpension, schon an der Eingangstür. »Was war denn mit Edmond Darwy vorhin los? Ich sah ihn ganz aufgeregt durch die Menschenmenge eilen.«

»Ms Mallows behauptet, sie hätte einen Schattenhund gesehen«, sagte Jade.

»Ist nicht zu fassen«, sagte Elliott Baker. Er verschloss hastig die Eingangstür hinter ihnen und schlurfte zurück zum Empfang. »Ein Schattenhund im Clockmakers Market, und das ohne Zeitstillstand? Habt ihr ihn auch gesehen?« Elliott Baker strich sich nervös über die polierte Glatze und klemmte einen Bleistiftstummel hinter sein rechtes Ohr.

»Keine Spur«, sagte Jade und sah argwöhnisch zur Treppe hinauf, von wo ein leises Summen kam.

»Wenn Sie mich fragen …«, begann Orla und suchte das Treppenhaus ab, denn das Summen wurde immer lauter. »Ich glaube, Ms Mallows steht ein wenig neben sich. Der Zeitungsartikel kürzlich … Achtung!«, rief sie und zeigte auf einen großen Schwarm schwarzer Libellen, der direkt auf sie zugeschossen kam. Im letzten Moment duckten sie sich, und Jade hörte das Rauschen über ihren Köpfen.

»Warum hält Odette eigentlich immer noch diese lästigen Teufelsnadeln?«, überlegte Jade laut, als sie dem Schwarm hinterhersah, der wieder im Treppenhaus verschwand. »Wir benötigen doch gar nicht mehr so viele Prognosetiere, seitdem es ihr wieder besser geht und sie bei den Zeitstillständen nicht mehr erstarrt.«

Elliott Baker rückte seine Fliege zurecht. »Wir sind nun mal leider zu Prognosetieren verpflichtet. So wie jeder Zeiterbenhaushalt. Fragt euch nur mal, ob euch Feuerschrecken, die alles in Brand setzen könnten, oder Sumpfunken, die kurz vor einem Zeitstillstand einen bestialischen Geruch von sich geben, wirklich lieber wären.«

»Sie haben recht«, sagte Jade grinsend. »Da nehmen wir doch lieber die Teufelsnadeln in Kauf, die einen übel juckenden Hautausschlag auslösen können, wenn man sie aus den Augen lässt und von ihnen getroffen wird.«

»Ja, sie sind eindeutig das kleinste Übel. Und jetzt beeilt euch lieber!«, sagte Elliott Baker und deutete auf die Tür zum Speisesaal. »Es ist schon Viertel vor sieben. Wenn ihr noch etwas vom Abendbüfett abkriegen wollt, dann wird es Zeit. Ihr solltet mit dem Schokoladenpudding anfangen.« Er zwinkerte ihnen verschwörerisch über den Rand seiner Brille zu.

Im Speisesaal ging es noch sehr ruhig zu. Nur vereinzelt saßen an den Gästetischen Zeiterben, die beim Abendessen Zeitung lasen oder sich leise murmelnd unterhielten. Der lange Novizentisch vor den Fenstern war sogar ganz leer. Das würde sich morgen wieder schlagartig ändern, wenn die Novizen der Clockmakers Academy anreisten. Alle Novizen, die keine Verwandtschaft in London hatten, wohnten nämlich für die Schulzeit im Black Swan.

Jade und Orla hatten sich gerade die zweite Portion Schokoladenpudding geholt, als Jenna fauchend in der Tür stand. »Wie lange muss ich eigentlich noch warten, bis ich eure Zimmer für die neuen Novizen vorbereiten kann? Alles, was ich jetzt noch dort finde, wird per Zeitfenster in euer altes Zuhause geschickt.«

Erschrocken sahen Orla und Jade sich an. »Und der Schokopudding?«, fragte Orla bedauernd. Doch Jenna hatte schon auf dem Absatz kehrtgemacht und eilte die Treppen hinauf.

Jade sprang auf. »Komm schon, Orla. Jenna macht am Ende noch Ernst, und meine Tagebücher und Süßigkeitenvorräte landen bei Lady Graham.«

»Ich sehe schon«, meinte Orla schulterzuckend und ging zum Büfett. Sie schnappte sich eine der großen Puddingschüsseln. »Essen wir ihn eben später in Ruhe, wenn der Spuk vorbei ist.«

Jade grinste und schnappte sich zwei große Löffel aus dem Besteckkorb, bevor sie hinter Jenna hereilte.

Es war ein mühsamer Weg hinauf ins Stockwerk Dreieinhalb. Das ganze Treppenhaus hing voller Galionsfiguren, und auf dem Weg nach oben musste man über deren riesige ausgestreckte Arme steigen und sich um geflügelte Schiffsfiguren aus Holz herumwinden. Und nebenbei durfte man die Teufelsnadeln nicht aus den Augen lassen.

»Wir müssen unser Zimmer heute noch räumen?«, rief Jade nach Luft japsend, als sie im obersten Flur ankamen.

Jenna schob ungerührt den Putzwagen in Jades Zimmer hinein. »Wie lange bist du nun inzwischen bei uns? Etwas länger als ein Jahr, oder? Alle Novizen, die in den Ferien hierbleiben, ziehen am vorletzten Ferientag um, weil morgen Abend die Neuen anreisen.«

Jade sah sich zu Orla um, die mit offenem Mund in ihr chaotisches Zimmer blickte.

»Orla, was stehst du denn so untätig herum? Und ist das etwa eine Schüssel vom Büfett?«, polterte Jenna, die mit dem Staubwedel auf Orlas Puddingschüssel zeigte. »Stell sie auf meinen Putzwagen. Und dann fang endlich an zu packen und bring alles in dein neues Zimmer. Das ist eine Etage tiefer, linker Flügel, Stockwerk Zweieinhalb. Kannst du gar nicht verfehlen, es hat die Galeone der Lady Pommery.«

Orla sah Jade augenrollend an, während sie die Puddingschüssel auf Jennas Wagen stellte, und verschwand dann leise fluchend in ihrem Zimmer.

Jade schluckte und folgte Jenna in ihr eigenes Zimmer. Hier oben, unter dem Dach des Black Swan, hatte sie sich so wohlgefühlt. »Aber warum ist das so?«, fragte Jade und sah sich etwas verzweifelt um. Gerade heute Morgen hatte sie mit Odette zusammen bei Clockworks neue Kleidung für das kommende Schuljahr eingekauft, und es würde eine ganze Weile dauern, bis sie all die verstreuten Dinge wieder zusammengepackt hatte.

»Warum die Novizen in jedem Jahr ein Stockwerk tiefer ziehen?«, fragte Jenna und begann, die Gardinen abzunehmen. »Das hängt mit dem Stand eurer Ausbildung zusammen. Je unerfahrener ihr seid, desto mehr müsst ihr beschützt werden. Die Neunovizen kommen also in die verstecktesten Räume hier oben unter dem Dach.«

»Und was soll das bringen?«, fragte Jade und zog ihren alten Koffer mit dem losen Tragegriff und der kaputten Schnalle aus dem Kleiderschrank.

»Ein simpler Schutz vor Angriffen. Ist ein weiter Weg hier hinauf«, sagte Jenna und trug die Vorhänge an Jade vorbei zur Tür.

»Angreifer?«, fragte Jade grinsend. »Also wirklich, Jenna. Als wenn Schattenhunde, Zeitritter oder Totengänger einfach so in den Black Swan spazieren könnten.«

»Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen …«, rief Jenna, während sie durch den Flur zur Treppe lief. »Ich bringe die Gardinen in den Waschkeller und bin gleich zurück. Hoffentlich bist du dann fertig.«

»Du machst Witze, oder?«, rief Jade durch den Flur, doch Jenna war schon fort. Jade ging zurück in ihr Zimmer, das ohne die schweren Vorhänge seltsam bedrohlich auf sie wirkte.

»Was glaubst du, warum die mich in dieses hinterste Zimmer gebracht haben?«, flüsterte es hinter Jade, und Harper, das kleine Geistermädchen, kam aus ihrer Galeone gekrochen. Sie setzte sich auf den Schreibtisch und sah Jade mit weit aufgerissenen Augen beim Packen zu. »Was wird aber aus mir, wenn du gehst?«, flüsterte sie, und ihre Stimme zitterte.

»Ich weiß es nicht, Harper«, murmelte Jade und fühlte sich selbst auch ganz elend. Harper war ihre Vertraute hier im Black Swan geworden. Das kleine Galeonsmädchen mit den abstehenden Elfenohren und den viel zu dünnen Armen und Beinen hatte für Jade vor ein paar Monaten all ihren Mut zusammengenommen und sich als große Hilfe und Freundin erwiesen. Es war für Jade unvorstellbar, das Zimmer nicht mehr mit Harper zu teilen. Und noch schlimmer war die Vorstellung, dass ab morgen eine andere Novizin das Zimmer mit Harper teilen würde.

»Ja, so ist das Geisterleben«, sagte Harper schniefend und schwebte hinüber zur Fensterbank. »Seit über einem Jahr wohne ich nun in diesem Zimmer. Alle Galeonen hier im Clockmakers Market haben Ausgangssperre. Nur beim Zeitstillstand dürfen wir unsere Galeonen verlassen, und ich frage mich, wann das endlich anders wird. Wann, Jade? Wann haben wir Schutzgeister wieder ein freies Leben?«

Jade stellte sich neben Harper ans Fenster. Sie legte ihren Arm um Harpers Schultern und zog ihn erschrocken wieder weg, denn ihre Hand war durch das Geistermädchen hindurchgerutscht. Für einen Moment hatte sie vergessen, dass Harper ein Geist war.

Seufzend sah Jade hinunter auf den Clockmakers Market. Von hier oben konnte man den ganzen Pflasterplatz überblicken. Über jedem der Hauseingänge hing eine große Galionsfigur, und in ihnen wohnten die Galeonen, die Schutzgeister für die Zeiterben des Clockmakers Market. Mitten durch den Clockmakers Market verlief der Nullmeridian, und dieser wurde bei den Zeitstillständen zu einer finsteren Schattenkluft, durch die man in die Totenwelt, eine von Dämonenwesen, Schattenhunden und Totengängern bewohnte Unwelt, geraten konnte, aus der es kein Entkommen gab. Seitdem die Schattenkluft sich mit den Zeitstillständen geöffnet hatte, stiegen immer wieder die Monster aus der Unwelt empor und brachten Tod übers Land, denn sie ernährten sich von Lebenszeit, die sie ihren Opfern entzogen. Herrscher über die Monster der Unwelt war Chronos, der selbsternannte Gott der Zeit. Und Chronos wollte mehr. Viel mehr. Er wollte auch die Herrschaft über die Lebenden, über die Zeit, über ihre Zeit. Und aus irgendeinem Grund schien er sie, Jade, dafür zu brauchen. Seit ihrem fünfzehnten Geburtstag und ihrer Aufnahme in die Clockmakers Academy verfolgte er sie, indem er ihr seine finsteren Kreaturen auf den Hals hetzte.

»Weißt du eigentlich, wovon ich träume?«, wisperte Harper und riss Jade damit aus ihren Gedanken. »Wenn ich meine dreijährige Bewährungszeit hier im Black Swan bestehe, dann möchte ich auf dem Timeless Sleeper arbeiten.«