INHALT

1. DWIVSEW: Das will ich vielleicht später einmal werden

2. WMAMBNUWIAIM: Was mich an meinem Bruder nervt und was ich an ihm mag

3. WMGWTTM: Was man gegen wilde Tiere tun muss

4. DBMDBFFGAAG: Damit bringt man die BFF garantiert auf ­andere Gedanken

5. DDINFMGH: Dinge, die ich niemals für möglich gehalten hätte

6. WTÜDBILS: Warum tolle Überraschungen das Beste im Leben sind

7. DMMIWEBA: Das macht mir im Wald ein bisschen Angst

8. DWIMFDZM: Das will ich mir für die Zukunft merken

9. GWIMTDK: Gründe, warum ich manchmal total durchdrehen könnte

10. WILSUEL: Warum ich Listen schreibe und es liebe

11. DHIBDAG: Das habe ich bei dem Ausflug gelernt

12. WMIMDWF: Warum mir im Moment die Worte fehlen

»Spaghetti mit Schokocreme!«

»Osterhasen-Adventskalender!«

»Brot mit Schlagsahne und Gummibärchen!«

Die ganze Klasse lacht. Nils und Yannick überschlagen sich mal wieder vor verrückten Ideen.

»Brot mit Schlagsahne? Würdet ihr das wirklich essen?« Frau Teichmann lächelt. Sie ist die Mutter meiner Klassenkameradin Linda und arbeitet bei einer Lebensmittelfirma, wo sie sich neue Produkte ausdenkt. Heute ist in der Schule der »Eltern stellen Berufe vor«-Tag und wir ­haben schon einiges über die Arbeit eines Architekten und einer Tierärztin erfahren.

»Nein, auf keinen Fall!«, sind wir uns alle einig.

»Also ich schon, sonst hätte ich es nicht vorgeschlagen«, ruft Yannick. »Oder Pommes mit Himbeer-Wackelpudding! Man isst es doch auch hintereinander – warum nicht zusammen?«

»Igitt! Also ich mag meinen Nachtisch erst nach dem Hauptgang. Heißt ja schließlich auch Nachtisch«, sagt Isabella, und die meisten murmeln zustimmend.

Ich schaue zum wiederholten Mal auf die rote Uhr, die neben der Tafel hängt, und frage mich, wo meine ­Mutter bleibt. Sie ist nämlich auch gleich dran und soll über ihre Arbeit beim Fernsehen berichten. Eigentlich hatte Mama mir versprochen, pünktlich um halb zehn zu kommen, und nun ist es schon zwanzig vor.

»Die meisten Menschen wollen ihr Dessert gesondert vom Hauptgang genießen«, lächelt Frau Teichmann. »Aber die Idee mit dem Osterhasen-Kalender werde ich mal meinen Kollegen vorstellen, Nils.«

Nils nickt stolz, und Yannick beharrt darauf, dass ­Pommes mit Wackelpudding ganz bestimmt der große Renner wären. »Stellen Sie das auch Ihren Kollegen vor? Biiiitteeee! Aber Sie müssen sagen, dass es meine Idee war! Yannick Bauer, das Genie aus der fünften Klasse! Sonst wird mein Vater Sie verklagen, er ist nämlich Anwalt!«, ruft er, und meine beste Freundin Mathilda, die ­neben mir sitzt, verdreht die Augen.

Normalerweise würde ich mich mit ihr zusammen über Yannicks »Mein Vater ist Anwalt«-Angeberei aufregen, aber ich hypnotisiere die ganze Zeit die Tür zum Klassenzimmer und hoffe inständig, dass meine Mutter endlich erscheint.

WO BLEIBT SIE DENN NUR???

Sie hatte es doch versprochen!

Normalerweise ist Mama fast den ganzen Tag beim Sender, und Papa übernimmt alle Termine, die meine kleine Schwester, meinen großen Bruder und mich betreffen. Er arbeitet von zu Hause aus und kann sich die Zeit besser einteilen. Aber als ich sie gefragt habe, ob sie in meiner Klasse ihren Beruf als Redakteurin vorstellen kann, war meine Mutter sofort einverstanden.

Endlich! Die Tür öffnet sich und ich blicke hoffnungsvoll auf. DOCH WAS IST DENN DAS?

Anstelle meiner Mama sehe ich meinen Vater den Klassenraum betreten! Er trägt einen großen Rucksack über der Schulter und hat meine kleine Schwester Luna an der Hand!

WAS MACHEN DIE ZWEI DENN HIER?

Wo ist Mama?

Unser Lehrer Herr Habicht schaut Papa fragend an. »Sie sind wohl nicht Frau Blume? Wir erwarten eigentlich Frau Blume oder habe ich das falsch aufgeschrie-
ben?«

»Fau Buuume«, bestätigt meine kleine Schwester. Sie ist erst zweieinhalb und sollte zu dieser Zeit normalerweise in der Kindertagesstätte sein. »Luna Buuume!«

»Papa«, rufe ich. »Wo ist Mama? Wann kommt sie? Sie wollte doch vom Fernsehen erzählen.«

Mein Vater lächelt strahlend. Eine Spur zu strahlend, wie ich finde. »Sie ist leider … verhindert, Mausilein. Aber sie hat für Ersatz gesorgt.«

»Ersatz? Wen denn? Kommt ein anderer Redakteur hierher? Oder ein Moderator?« Das »Mausilein« kommentiere ich lieber nicht.

»Ein Promi?!«, kreischt Alissa von hinten. »Pollys Mutter kennt vom Fernsehen jede Menge Stars. Wer kommt denn? Gibt er uns auch Autogramme? Und können wir Selfies mit ihm machen? Wer hat eigentlich meinen Lipgloss?«

In der letzten Reihe wird es unruhig. Alissa und ihre BFF – Best Friends Forever, wie sie sich selbst nennen – Victoria, Isabella und Mandy kramen in ihren Schulrucksäcken und fördern Haarbürsten und Kosmetiktäschchen hervor. Sie sind eigentlich ganz nett, aber manchmal auch anstrengend, vor allem, wenn es um ihr Aussehen geht.

Beim Wort »Stars« werden aber auch die anderen in der Klasse unruhig, wie ich aus den Augenwinkeln feststellen kann.

»Nein, leider kommt heute kein Promi vorbei«, erklärt Papa und sieht belustigt aus. »Die hatten leider keine Zeit. Und Pollys Mama musste sich um einen kleinen Notfall in ihrer Redaktion kümmern. Der Ersatz für sie bin ich. Wenn ihr möchtet, stelle ich euch meine Arbeit vor. Und von mir könnt ihr natürlich auch ein Autogramm ­haben. Und auch so ein Selfie-Dings.« Jetzt strahlt er schon ­wieder.

»Auto Kamm«, wiederholt Luna. »Für Haare?«

DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN!

MEIN VATER ALS ERSATZ?

BESTIMMT BLAMIERT ER MICH WIEDER IRGENDWIE!

Papa ist zwar ganz lieb, aber oft ziemlich peinlich, weil er so zerstreut ist. Und jetzt hat er auch noch meine Schwester mitgebracht! Ich merke, wie die BFF enttäuscht ihre Schminke wegpacken, während ihn andere Klassenkameraden neugierig anstarren.

»Haben Sie ein paar von Ihren Erfindungen mitgebracht?«, fragt Nils. Er scheint sich daran zu erinnern, dass mein Vater als Ingenieur arbeitet und nützliche Dinge für den Alltag entwickelt. »Sie waren doch neulich im Fernsehen.«

»Ach, natürlich! Das Zukunftshaus, in dem Ihre Familie lebt!« Unser Lehrer lächelt meinen Vater begeistert an. »Und in dem Sie Ihre Erfindungen testen, die das Leben erleichtern sollen! Ich habe schon damals zu Polly gesagt, dass Sie unbedingt einmal in die Schule kommen und uns etwas darüber erzählen müssen. Das ist ja toll, dass Sie hier sind!«

»Luna Dussst!«

Meine kleine Schwester stampft mit dem Fuß auf und sieht sehr entschlossen aus. »Trinken! Je-hetzt!«

Die halbe Klasse lacht, und während Papa nach ihrer Wasserflasche kramt, sieht er meinen Lehrer entschuldigend an. »Eigentlich sollte diese junge Dame im Kindergarten sein, aber dort ist heute geschlossen – wegen Läusen. Also begleitet sie mich als Assistentin, nicht wahr, Hasiputzi? Wir zwei machen das schon!«

Luna greift nach der Trinkflasche, und mein Vater setzt sie auf den Lehrertisch, wo sie sofort beginnt, mit den Beinen zu baumeln.

»Läuse? Igitt!« Das ist Victoria, die panikartig nach ­ihren dunklen Haaren greift. »Die Kleine soll mir bloß nicht zu nahe kommen!« Auch die anderen Mädchen ­sehen entsetzt aus, kreischen und tun so, als ob hier gerade die Pest ausgebrochen wäre.

»Mein Vater ist Anwalt«, sagt Yannick. »Wenn wir alle Läuse kriegen, dann könnte er Sie verklagen.«

Selbst Mathilda rutscht mit ihrem Stuhl ein Stück nach hinten, sodass ihr Zopf wackelt.

Sosehr es mich bis gerade eben aufgeregt hat, dass anstelle von Mama Papa und Luna aufgetaucht sind, so blöd finde ich jetzt das Verhalten meiner Klassenkameraden.

»Nicht meine Schwester hat Läuse, sondern jemand im Kindergarten«, sage ich laut. »Deshalb ist er heute ja auch geschlossen. Hat doch mein Vater gerade erklärt.«

»Richtig«, meint Papa. »Und bei Luna ist alles in Ordnung, sonst wären wir jetzt nicht hier.«

»Eben!«, brumme ich.

Mathilda rutscht wieder näher ran. »Sorry, das war nur so eine spontane Reaktion«, flüstert sie entschuldigend. »Ich hatte im ersten Schuljahr auch mal Läuse und damals hat mir meine Mutter die Haare fast komplett abgeschnitten! Es hat ewig gedauert, bis ich mir wieder einen Zopf machen konnte.«

Herr Habicht hebt die Arme. »Also bitte, Leute, könnten wir uns wieder wie Fünftklässler verhalten und auf­hören, so kindisch zu sein?«

»Wusste ich’s doch!«, ruft Yannick kichernd. »Der … ähm … Herr Habicht ist auch nur ein Fünftklässler, ­hahaha! Er hat doch eben ›wir‹ gesagt!«

Ich finde ihn ganz schön frech, aber unser Klassenlehrer lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. »Mund halten, ­Yannick Bauer«, sagt er nur.

Max meldet sich. »Sind Sie wirklich ein Erfinder, Herr Blume? Was haben Sie denn erfunden?«

BITTE ERZÄHL NICHTS, WAS MICH IRGENDWIE BLAMIEREN KÖNNTE!

Ich versuche gedanklich, Papa die Botschaft zu übermitteln. Hoffentlich hat er sie empfangen!

Mein Vater sieht unseren Lehrer an. »Soll ich direkt loslegen?« Er greift nach seinem Rucksack und stellt ihn neben Luna auf den Tisch. »Ich habe so einiges mitgebracht …«

Ich presse die Lippen aufeinander und hoffe, dass heute alles funktioniert und ihn niemand auslacht. Mit den meisten seiner Erfindungen läuft es nämlich schief. Aus dem Frucht-Schäl-Smoothie-Mixer beispielsweise kam wochenlang entweder gar nichts raus oder nur zerstückelte Obstschale. Und in unserem Badezimmer hat der Wasserhahn literweise flüssige Seife abgegeben, obwohl er doch eigentlich den Wasserverbrauch steuern
sollte.

Und das sind nur zwei kleine Beispiele!

»Ich bin von Beruf Ingenieur«, beginnt Papa seinen Vortrag. »Meine Firma bezahlt mich dafür, dass ich Dinge erfinde, die den Menschen nutzen. Gleichzeitig wollen wir die Umwelt schonen, also zum Beispiel Strom und Wasser sparen.«

»Wasser lecker, Fanta noch besser schmeckt!« Meine Schwester hält ihre Trinkflasche in die Höhe. »Nur Gebussstag!«

»Ja, Hasiputzi, bei uns gibt es Fanta nur am Geburtstag«, lächelt Papa sie an. »Zu viel Zucker ist nicht gesund, aber das wissen die Kinder hier auch!«

Die »Kinder« murmeln nicht gerade zustimmend, Nils und Yannick grinsen, und ich hoffe, dass mein ­Vater ­sofort mit diesen Belehrungen aufhört. Dass er in der ­Öffentlichkeit Begriffe wie »Hasiputzi« und »Mausilein« verwendet, ist ja wohl schon peinlich genug. MENSCH, PAPA!

Während er erklärt, wie er seine Erfindungen erst zeichnet und dann auf dem Computer entwickelt, bevor sie Wirklichkeit werden, öffnet mein Vater seine Tasche und holt stolz einige unserer Geräte heraus: das Bügeleisen und den Toaster, die automatisch die richtige Temperatur einstellen, eine Pfanne, die sich abschaltet, wenn das Essen fertig ist, und den kleinen Tisch-Roboter, der von alleine Krümel aufspürt, Verschüttetes aufsaugt und gleichzeitig den Tisch wischt.

»Geil! Das will ich später auch machen!«, sagt Yannick, und die anderen Jungs stimmen ihm zu. Dabei wollte er gerade noch neue Gerichte erfinden.

»Großartig!« Auch unser Lehrer ist begeistert. »Da könnt ihr mal sehen, was man werden kann, wenn man gut in Mathematik und Physik ist, nicht wahr, Herr Blume?«

Mit dieser Eröffnung ist sofort die Hälfte der Klasse still.

Mathilda neben mir grinst. »Haben die gedacht, man müsste super in Kunst und Sport sein, wenn man Inge­nieur werden möchte?«, flüstert sie mir zu.

»Mathe? Also das geht gar nicht!«, ruft Yannick. »Dann werde ich doch lieber Einkaufswagenschieber!«

Papa lächelt zwar, aber ich merke, dass er den Witz überhaupt nicht verstanden hat. »Was macht denn ein Einkaufswagenschieber?«, fragt er verständnislos.

»Einkaufen!«, antwortet meine kleine Schwester. »Kekse! Luna will Kekse haben! Huuuner!«

»Hasiputzi«, räuspert sich Papa, »Kekse machen nur dick. Wenn du Hunger hast, dann kaufen wir einen ­Apfel.«

»Gehen?« Luna sieht ihn hoffnungsvoll an. »Einkaufen?«

Mein Vater räuspert sich erneut und streichelt Luna über den Kopf. »Ähm … ja, sofort.« Dann wendet er sich wieder uns zu. »Für die Erfindungen brauche ich viel Zeit, und manche müssen erst nach und nach ausgereift werden, bis sie richtig funktionieren. Aber natürlich hat euer Klassenlehrer vollkommen recht: Gute Kenntnisse der Mathematik und Physik sind unbedingt erforderlich. Das habe ich ja auch studiert, zusammen mit Raumfahrttechnik.«

»Cool! Dann hätten Sie ins Weltall fliegen können!« Nils sieht meinen Vater bewundernd an.

Dieser lächelt verlegen. »Nun, nicht ganz. Ich habe mich für eine andere Laufbahn entschieden. Mich hat schon immer die Technik begeistert. Sind hier auch Gleichgesinnte?«

Nils, Yannick, Max, Julian, Jacob, Leon, Sam und ­einige Mädchen heben sofort die Hand. Zu meiner Überraschung sehe ich, dass auch Isabella unter ihnen ist.

»Das finde ich toll«, freut sich Papa. »Zum Schluss zeige ich euch noch eine Erfindung, auf die ich besonders stolz bin. Es ist eine Art Körperfett-Waage, in die ein ­Scanner und ein Mini-Computer eingebaut sind, die nicht nur das Gewicht messen, sondern auch Dinge wie Körperfett, Größe, Temperatur und so weiter. Man kann sagen, es ist ein kleiner Körper-Check-up. Wer will es ausprobieren?« Er blickt sich suchend um.

»Ich werde mich doch nicht vor den anderen wiegen lassen!«, höre ich Alissa sagen.

Und Victoria fügt hinzu: »Ich auch nicht! Und mein Körperfett bestimmen? Auf keinen Fall!«

Auch die Jungs sehen unschlüssig aus. Da hebt Herr Habicht den Finger. »Ich würde sehr gern das Gerät testen. Faszinierend!«

Er zieht seine Schuhe aus und steigt auf die Waage. »Was muss ich hier eingeben? Mein Geburts­datum?«

Bevor Papa etwas sagen kann, tippt unser Klassenlehrer schon etwas ein. Ein kurzer Signalton ertönt, dann ein weiterer.

»Gewünschte Abfrage: Körperfettmessung. Person hat das empfohlene Fettvolumen überschritten«, sagt eine Roboterstimme. »Empfehlung: Sport und kalorienarme Ernährung.«

»Zu dick«, verkündet meine Schwester und strahlt Herrn Habicht an. »Keine Kekse!«

Unser Lehrer wird knallrot im Gesicht, die Mädchen kichern, die Jungs lachen sich schlapp und Papa schaut ziemlich verlegen. »Ich wollte Ihnen gerade die Grundfunktionen erklären …«

In diesem Moment erlöst uns die Schulglocke.

»Na, dann hinaus mit euch!« Herr Habicht fuchtelt mit den Armen, als ob er eine lästige Fliege abwehren würde. »Und bitte keine Sprüche über mein Gewicht!«