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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

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Projektleitung: Fabian Barthel

Lektorat: Sylvie Hinderberger

Bildredaktion: Mat Kovacic, Petra Ender

Covergestaltung: ki36 Editorial Design, München, Bettina Stickel, Petra Schmidt

eBook-Herstellung: Linda Wiederrecht

ISBN 978-3-8338-8302-6

1. Auflage 2022

Bildnachweis

Coverabbildung: Claudia Rahlmeier

Illustrationen: Zita Schlegel; Pola Studio offices; Vera Kapser und Eva Maria Kapser; Matias Kovacic

Fotos: Matias Kovacic; Alamy; stock.adobe.com; Oliver Giel; Bernhard Haselbeck; www.huehnerkraeuter.de; Imago; iStock; Laif/Guardian/Eyevine; Mauritius Images; Claudia Rahlmeier; Seasons Agency; Shutterstock; Tierfotoagentur; Trio Bildarchiv; Katharina von der Leyen

Syndication: www.seasons.agency

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Wichtige Hinweise

Alle Ratschläge und Empfehlungen in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und in der Praxis erprobt. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, eine Haftung übernehmen. Da einige Erreger von Hühnerkrankheiten auch auf den Menschen übertragen werden können, empfiehlt es sich, im Umgang mit den Hühnern strikte Hygiene einzuhalten und nach jedem Kontakt mit den Tieren und nach Arbeiten im Stall die Hände gründlich zu waschen. Bei Verletzungen umgehend den Arzt aufsuchen und ggf. die Tetanus-Impfung auffrischen lassen. Technische Geräte im Stall sollten zu Ihrer Sicherheit ein TÜV-Prüfzeichen besitzen.

Nichts sagt so deutlich. »Alles wichtig, alles meins« wie ein Haushof-patrouillierender Haushahn.

HÜHNERLIEBE!

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Hühner sind das personifizierte Bild des Land-Idylls. Dabei sind sie längst viel mehr als eierlegende bäuerliche Nutztiere (oder eierlegende Eierlegenden): Als zutrauliche, hübsche, sehr beschäftigte, pflegeleichte, kluge und angenehme Haustiere erobern sie inzwischen auch immer mehr urbane Gärten.

Wer sich Hühner in den Garten holt, holt sich die Natur zurück und damit etwas nicht Planbares, aber Geerdetes: Hühner tun uns gut. Im Gegensatz zu vielen anderen Haustieren sind Hühner äußerst genügsam, kostengünstig zu halten und sehr unkompliziert. Sie fordern nur wenig, kommen mit relativ wenig Zuwendung klar und bescheren uns trotzdem jeden Tag das Wunder Ei. Eier von eigenen Hühnern schmecken deutlich besser und sind gesünder, weil wir selbst steuern, was die Tiere zu fressen bekommen. Gleichzeitig können wir unseren Kindern anhand von drei, vier Hühnern ganz beiläufig einiges über Nachhaltigkeit und Verantwortung beibringen.

»Ich wollt,

ich wär ein Huhn.

Ich hätt’ nicht viel zu tun.

Ich legte vormittags ein Ei

und abends wär ich frei.

Mich lockte auf der Welt,

kein Ruhm mehr und kein Geld.

Und fände ich das große Los,

dann fräße ich es bloß.

Ich bräuchte nie mehr ins Büro.

Ich wäre dämlich aber froh.

Ich wollt, ich wär ein Huhn.

Ich hätt nicht viel zu tun.

Ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei.

Peter Kreuder/Hans Fritz Beckmann/Wilbur Pauley

Hühner sind nicht wählerisch, was ihre Unterkunft betrifft, solange sie wetterfest, sauber und sicher vor Feinden wie Fuchs, Marder, Katzen und Raubvögeln ist. Sie sind ideale Resteverwerter und freuen sich über Reste vom Mittagessen ebenso enthusiastisch wie über Salat, abgestandenes Müsli oder Babybrei. Sie sind großartige Düngerlieferanten, können erstaunlich anhänglich sein und entschleunigen besser als Yoga, weil sie so überhaupt nichts von uns erwarten. Und wenn man sich erst einmal die Zeit nimmt, ihnen genauer zuzusehen, wird man feststellen, dass sie, anders als die anonymen Hühner, die man vielleicht irgendwann mal in der Kindheit oder auf einem Bauernhof kennengelernt hat, echte Persönlichkeiten sind.

Das Hühnerleben gleicht einer Büro-TV-Serie auf höchstem Niveau: Von tiefen Freundschaften über feste Gemeinschaften beim Spaziergang, fieses Mobbing und Zickenkrieg bis hin zu Kitas ist Hühnern nichts Menschliches fremd, selbst trauernde Witwen, Kindermädchen, Jugendgangs und zweckgebundene Wohn- und Schlafgemeinschaften gehören dazu. Die Menschlichkeit von Hühnern wirkt beruhigend: Vor meinem Hauptgehege stand lange Zeit eine Bank, auf der immer wieder Spaziergänger oder Nachbarbauern saßen und einfach nur den Hühnern zusahen. Wirklich das Beste, was man zum »Runterkommen« machen kann, ist: einfach Hühner schauen und dabei zwangsläufig über sich selbst nachdenken.

Der Seidenhuhn-Hahn hat den ganzen Tag zahllose Aufgaben zu erfüllen, um seinen Hofstaat zufriedenstellen zu können.

VON WEGEN DUMMES HUHN

Hühner sind keineswegs geistlose, dusselige Eier-Automaten, sondern zeigen komplexe Verhaltensweisen, ausgeklügelte Alltagsrituale und verfügen über ein ausgeprägtes soziales Gefüge inklusive enger Freundschaften, Cliquen und Außenseitern, Kindergruppen und Brutgemeinschaften. Vor allem haben sie den ganzen Tag unglaublich viel zu tun. Der Hahn muss seine Damen beschützen, er muss ihnen ein kleines Tänzchen vormachen, sobald er etwas zu fressen gefunden hat, und manche Hähne machen es sich sogar zur Aufgabe, regelmäßig jedes einzelne Legenest zu überprüfen, als wollten sie sicherstellen, dass es darin weich genug ist und nicht zieht.

Die Damen beobachten einander den ganzen Tag, um es den anderen dann gleichzutun, sie spenden Applaus, wenn eine von ihnen ein Ei gelegt hat, warnen sich gegenseitig, wenn Gefahr in Verzug ist, und unterstützen einander bei der Kükenaufzucht. Bei meinen Seidenhühnern herrscht eindeutig »Frauenpower« beim Brüten: Sie brüten grundsätzlich zu zweit oder sogar zu dritt, und wenn eine aufsteht, um aufs Klo zu gehen, zu fressen oder zu trinken, rollt die zweite Henne derweil alle Eier unter sich, damit sie nicht auskühlen. Sobald die andere zurückkommt, holt sie sich ein paar Eier zurück, um weiterzubrüten.

Weil Küken schon im Ei mit ihren Glucken kommunizieren, klappt anschließend auch die Aufzucht mit mehreren Müttern: Durch leises Gackern, Gemurmel und Gepiepe, das die Küken im Ei von den mehreren Müttern hören, wird schon vor dem Schlüpfen eine Bindung aufgebaut. Die Hennen teilen sich die Aufzucht, zeigen den gemeinsamen Küken, wo sie Futter finden und was alles essbar ist, sie warnen sie vor Gefahr und zeigen ihnen zu zweit oder dritt den Weg nach draußen – und wieder ins Hühnerhaus hinein.

Hühner sind echte Charaktervögel mit eigenen Persönlichkeiten. Manche von ihnen haben sehr viel Charme, andere gar nicht. Hühner lernen ganz leicht kleine Kunststücke wie Slalom oder Klavierspielen. Die braune Legehenne Paula der Filmtiertrainerin Renate Hiltl (die beispielsweise auch den Collie aus dem letzten »Lassie«-Film trainiert hat) kann Schnüre aufknoten und Plakate auseinanderrollen. Wenn Hühner erst einmal Vertrauen geschöpft haben, werden viele ganz handzahm, wobei sie deutliche Unterschiede zwischen bekannten und fremden Menschen machen. Betrachtet man die Vogelwelt insgesamt, sind Hühner sogar ziemlich intelligent. Sie sind lernfähig, können zählen und verstehen das Konzept von »Null«. Man kann ihnen mithilfe klassischer Konditionierung beibringen, Farben zu unterscheiden. Fast alle Hühner lernen früher oder später, wie sie am schnellsten aus ihren Volieren oder Gehegen herauskommen. Sie unterscheiden nicht nur ihre Menschen und Hunde von fremden Menschen und Hunden. Meine eigenen Hühner zum Beispiel sind gewohnt, dass bei uns dauernd fremde Hunde zu Besuch kommen, und nehmen das einigermaßen entspannt hin – solange ich in der Nähe bin. Sie tolerieren wildes Fangenspielen der hauseigenen Hunde, aber wenn fremde Hunde anfangen, im Garten zu toben, verziehen sie sich vorsichtshalber in ihr Haus oder ihre Voliere.

Hühner lernen, indem sie andere Hühner beobachten und es ihnen nachmachen (weshalb Hühner, die frisch irgendwo einziehen, ihnen fremde Dinge wie Rucola, Granatäpfel oder Bananen häufig nicht fressen, bis es ihnen irgendwann ein alteingesessenes Huhn vormacht). Schon deshalb ist es wichtig, die älteren Hühner in der Herde zu behalten, denn sie haben eine wichtige Vorbildfunktion. Hühner sorgen sich um das Wohlergehen anderer Hühner, sie sind empathisch; man weiß, dass eine Henne, die Stress bei ihren Küken bemerkt, aus lauter Sorge ihrerseits einen erhöhten Puls bekommt. Hühner machen sich Sorgen, wenn Mitglieder ihrer Herde krank sind, und versuchen, sie zum Mitkommen aufzufordern. Sie sitzen neben ihren Freundinnen oder ihrem Hahn, wenn es ihnen bzw. ihm nicht gut geht. Es gibt sogar immer wieder Geschichten, dass Hühner sich ganzer Würfe winziger verwaister Kätzchen annehmen und sie wärmen. Wenn das nicht Mitgefühl ist, was denn dann?

Hühner sind zu richtigen Bindungen fähig, was jeder Hühnerhalter schnell bemerkt: Es sind immer die gleichen, die einem durch den ganzen Garten folgen, die sich streicheln lassen oder zwischen den Füßen sitzen, wenn man irgendwo stehen bleibt. Eine meiner blau gesäumten Orpingtons kommt jedes Mal wie auf Kommando herbeigeeilt, wenn ich mich zum Arbeiten an einen bestimmten Gartentisch setze, und sitzt dort so lange wie ich – sicherlich auch in der Hoffnung, dass aus meinen Taschen irgendwelche Kekse fallen könnten, aber auch, weil sie Gesellschaft schätzt. Das ist auch der Grund, warum die Hühner, kaum sitzen wir auf der Terrasse, zu mehreren unter einem nahe gelegenen Busch Platz nehmen und mit geschlossenen Augen Siesta machen: Sie suchen die entspannte Nähe. Es sind auch immer die gleichen Hühner, die bestimmte Dinge miteinander tun, die nebeneinander auf den Stangen sitzen oder zusammen staubbaden. Ich habe eine alte Seidenhuhn-Henne, Berta, die so gut wie blind ist. Das wird von allen anderen Seidenhühnern im Stall respektiert: Berta wird nicht gepickt und keiner der überschwänglichen Junghähne versucht, sie zu bespringen (was sie ansonsten bei allen Hennen machen, die sich nicht auf eine Stange retten). Es sieht sogar so aus, als würde man ihr Platz machen, wenn ich Futter in den Stall stelle. Sie hat eine Freundin, Mary Christmas, die immer an ihrer Seite ist, mit ihr zusammen in einem bodenebenen Legenest schläft und sie zum Fressen und Trinken begleitet. Berta verlässt den Hühnerstall nicht mehr nach draußen, weshalb auch Mary Christmas viel weniger im Freien ist, oft nur sehr eilig, etwa weil es draußen Rucola oder Bananen gibt. Berta ist nicht unglücklich mit ihrem Schicksal, sie bewegt sich langsam, aber stetig durch den Stall und sitzt am liebsten auf meinen Gummistiefeln, die sie von fremden Gummistiefeln genau unterscheiden kann.

Ich nehme Mary Christmas regelmäßig mit in ein Pflegeheim für Demenzkranke, wo ich Patienten mit einigen meiner Hunde, einem kleinen weißen Ziegenbock und ebendiesem Huhn besuche. Hühner als Therapietiere sind längst keine Seltenheit mehr: In vielen Seniorenheimen werden mittlerweile Hühner gehalten, um den Patienten etwas zu tun und ein Gesprächsthema zu geben. Die Bewohner erzählen mir immer von den Hühnern, die sie in ihrer Kindheit hielten, immer wieder höre ich besondere Geschichten über besondere Hühner, die länger leben durften als die anderen, oder wie sie sich ihre ersten Puppen kaufen konnten, indem sie sich mit der Aufzucht von Küken ihr eigenes Geld verdienten. Mary Christmas sitzt währenddessen friedlich auf dem Tisch und lässt sich von den alten Damen mit Sonnenblumenkernen, Gras und Bananenstückchen füttern, als wäre das ihr täglich Brot.

Selbst wenn im Englischen die Redewendung »to chicken out« bedeutet, sich feige davonzumachen: Ist es manchmal nicht einfach klüger, nicht in die direkte Konfrontation zu gehen, sondern sich lieber in Sicherheit zu bringen? Und sowieso: Wer je erlebt hat, wie eine Henne oder ein Hahn die Brut gegen viel größere Tiere wie Hunde, Gänse oder Katzen verteidigt, wird nicht mehr auf die Idee kommen, Hühner »feige« zu nennen. Hühner verstehen sehr gut, was in ihrer Welt vorgeht.

GUTEN START INS HÜHNER(HALTER)LEBEN

Viele Menschen beginnen ihre Karriere als Hobby-Hühnerhalter durch »Learning by Doing« und eignen sich ihr Spezialwissen erst im Laufe der Zeit an. Wenn der neue Hühnerhalter instinktiv weiß, was Hühner brauchen, haben seine Hühner Glück. Oft haben es »Erstlingshühner« allerdings nicht so gut, wie man es ihnen wünschen würde. Erfahrung gehört zur Hühnerhaltung zweifellos dazu: Je länger man sich mit Hühnern beschäftigt, desto besser kennt man sie und erkennt möglicherweise unübliche Verhaltensweisen und Symptome. Dennoch wundert man sich manchmal, wie wenig auch jahrelange Hühnerhalter von ihren Tieren wissen. Darum habe ich dieses Buch geschrieben: weil mir nach unzähligen Gesprächen mit Hühnerhaltern, Züchtern und potenziellen Hühnerfreunden klar wurde, dass die Wissensschicht ziemlich dünn ist und oft auf Althergebrachtem (auch althergebrachten Irrtümern!) beruht, nicht auf Fakten. Und es ist doch so: Je besser man Bescheid weiß, desto leichter werden alle Projekte, die man sich vornimmt. Auch die Hühnerhaltung.

Kapitel 1

HÜHNER-HALTUNG

Die wichtigsten Dinge, die Sie wissen sollten, wenn Sie sich Hühner anschaffen wollen: von den gesetzlichen Vorschriften über die gute Nachbarschaft bis zur Wahl der richtigen Rasse.

GANZ LEGAL

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Immer mehr Menschen träumen davon, selbst Hühner zu haben. Doch ist das überhaupt überall erlaubt? Was Sie prüfen müssen, wenn Sie bei sich zu Hause Hühner halten möchten.

Grundsätzlich gelten Hühner als Kleintiere, die laut Baunutzungsverordnung auch in reinen Wohngebieten ohne Extragenehmigung gehalten werden dürfen. Es gilt allerdings »das Gebot der Rücksichtnahme« – und da wird es kompliziert. In besagter Baunutzungsverordnung heißt es nämlich: »In einem Wohngebiet ist die Zulassung von Anlagen der Kleintierhaltung nur zulässig, soweit die Kleintierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengt und auch nicht der Eigenart des Gebiets widerspricht.« Das lässt natürlich Raum für Interpretationen und in Einzelfällen kann es durchaus sein, dass ein Gericht das in einen ganz engen Rahmen fasst. Insbesondere dann, wenn ein Hahn ins Spiel kommt, kann es mühsam werden.

AUF GUTE NACHBARSCHAFT

Hühner sind längst kein reines Landvolk mehr. Wer einen eigenen kleinen Garten oder Hinterhof hat, kann auch in der Stadt drei, vier von ihnen halten. Wenn Hühner sauber gehalten werden, riechen sie nicht mehr als die Wildgänse im Park oder die drei großen Golden Retriever der Nachbarn. Hühner sind auch nicht lauter als die donnernde Stereoanlage im dritten Stock oder die alle Jahre wieder eingesetzten Laubbläser. Hühner erlauben ihren städtischen Besitzern ein Haustier, das auch noch für ein gesundes Frühstück sorgt. Es ist unendlich viel einfacher, sich um Hühner zu kümmern, als um Hunde und anders als die Nachbarkatzen sind Hühner nachts ganz leise.

Wahrscheinlich hat jeder in seinem Leben schon einmal mit unangenehmen Nachbarn zu tun gehabt. Sei es nun Hundegebell, eine laute Party, samstagnachmittägliche laute Musik oder kreischende Kinder: Wenn der eigene häusliche Frieden durch ungewollten Krach gestört wird, kommt es leicht zu Frustrationen. Und obwohl wir unsere Hühner lieben, können wir leider nicht davon ausgehen, dass unsere Nachbarn unseren Enthusiasmus teilen. Bei vielen löst sich die Liebe zur Natur in heiße Luft auf, sobald sie regelmäßig einen Hahn krähen hören. Darüber diskutieren zu wollen ist sinnlos. Unterschiedliche Menschen haben die unterschiedlichsten Wahrnehmungen und Empfindungen, welche Geräusche sie stören. Das normale Gegackere von Hennen ist recht leise und unregelmäßig und gilt daher üblicherweise nicht als Störgeräusch. Hähne dagegen krähen. Auch wenn die Häufigkeit und Tonfrequenz von einzelnen Individuen abhängen, begrüßen Hähne das Tageslicht üblicherweise mit unüberhörbarer Begeisterung und setzen das Krähen dann mehr oder weniger häufig und laut über den ganzen Tag fort. Wenn sie nachts (etwa durch Hundegebell oder eine Party in der Nachbarschaft) geweckt werden, krähen sie ebenfalls. Hähne krähen einfach, so wie Singvögel singen. Sie markieren dadurch ihr Territorium, antworten anderen Hähnen in der Umgebung und teilen ihren Hennen mehr oder weniger wichtige Botschaften mit. Dagegen lässt sich nichts tun.

Meistens ist es so, dass in einem dörflichen Umfeld ein Hahn nicht nur geduldet wird, sondern auch ohne Erlaubnis gehalten werden darf. Dennoch gibt es zu Krähzeiten und Lautstärke die unterschiedlichsten Urteile. Bevor Sie also das erste Federvieh im Garten scharren lassen, sprechen Sie mit Ihren Nachbarn und rufen Sie einmal bei der Gemeinde an. Sind die Hühner erst einmal eingezogen, müssen sie außerdem noch der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden – und dasselbe gilt, wenn man die Hühnerhaltung irgendwann wieder aufgibt.

Wenn wir unsere Hühner frei laufen lassen, müssen wir davon ausgehen, dass sie irgendwann im Garten der Nachbarn landen. Nicht durchdringbare Zäune sind also ein Muss, vor allem dann, wenn es in der Nachbarschaft Hunde gibt. Denn wenn unsere Hühner mit ihren Plüschpopos vor fremden Hundenasen herumlaufen, kann weder der fremde Hund noch dessen Halter etwas dafür, wenn der Hund die Hühner jagt: Es ist sozusagen sein gutes Recht.

Manche Nachbarn befürchten, dass Hühnerhaltung Mäuse oder Ratten anziehen könnte. Das stimmt auch, allerdings ist das Risiko nicht höher als bei einem üblichen Komposthaufen. Sorgen Sie dafür, dass das Umfeld Ihres Stalls oder Geheges ordentlich aussieht, und lassen Sie kein Futter offen herumstehen, dann haben Ihre Nachbarn keinen Anlass zu Beschwerden.

Es ist gar nicht schwer, dafür zu sorgen, dass auch Ihre Nachbarn Ihre Hühner sympathisch werden. Meistens helfen schon wenige ausgesuchte Eier.

Mit und ohne Nachbarn müssen Hühner amtlich erfasst werden: Jedes einzelne Huhn im Garten muss beim Veterinäramt und bei der Tierseuchenkasse gemeldet werden, das verlangt das Tierseuchengesetz (§ 14).

Wichtig sind bei der Anmeldung:

Bundeskleingartengesetz

Wer in seinem Kleingarten Hühner halten möchte und nicht nur Gartenzwerge, muss sich zuerst mit der Satzung des zuständigen Vereins auseinandersetzen. In Kleingärten ist die Tierhaltung laut Bundeskleingartengesetz grundsätzlich nämlich erst einmal verboten. Besser gestellt sind da die Laubenkolonisten aus den ostdeutschen Bundesländern, die noch vor der Wende mit der Hühnerhaltung im Kleingarten begonnen haben. Ihre Tierhaltungen genießen Bestandsschutz.

Wenn im Westen die Vereinssatzung oder die Nutzungsordnung des Kleingartengebiets die Hühnerhaltung ausdrücklich erlaubt, so steht der privaten Hühnerhaltung nichts im Weg. Ansonsten kann vielleicht mit dem Vereinsvorstand besprochen werden, ob eine Hühnerhaltung ausnahmsweise erlaubt werden kann. Vielleicht lassen sich sogar genügend Mitstreiter im Verein finden, um eine hühnerfreundliche Satzungsänderung herbeizuführen.