Rezeptfrei gesund mit Schweizer Hausmitteln

Ruth Jahn

Rezeptfrei gesund

mit Schweizer Hausmitteln

Gewidmet

Maxine

Dieser Ratgeber basiert auf dem aktuellen Wissensstand in Medizin und Naturheilkunde (Stand März 2012). Indikation, Dosierung, Anwendungen und Nebenwirkungen von Heilmitteln können sich verändern. Erkundigen Sie sich bei einer Fachperson (Arzt, Apothekerin, Drogist).

Beobachter-Buchverlag

3., aktualisierte Auflage 2012

© 2007 Axel Springer Schweiz AG

Alle Rechte vorbehalten

www.beobachter.ch

Herausgeber:

Der Schweizerische Beobachter, Zürich

Lektorat: Christine Klingler Lüthi Layout und Satz: Monika Baumgartner Hughes Covergestaltung: Doris Oberneder Bildredaktion: Mena Ferrari Fotos Cover: Plainpicture (3), Jump Fotoagentur (2), Masterfile Fotos Inhalt: Jump Fotoagentur (10), Plainpicture (5), Mediacolors, Keystone, Westend61, Heidak, Bildagentur Baumann, Visum, Stock4B, Gettyimages, F1 Online

ISBN 978-3-85569-545-4
eISBN 978-3-85569-585-0

Die Autorin

Ruth Jahn (*1963), Dipl. Natw. ETH, ist Umweltnaturwissenschaftlerin und freie Journalistin mit den Spezialgebieten Medizin und Gesundheit. Sie ist Autorin der Beobachter-Ratgeber «Kinder sanft und natürlich heilen», «Wechseljahre – natürlich begleitet» und «Gut geschlafen!». Ruth Jahn lebt mit ihrem Partner und ihrer Tochter in Bern.

Dank

Autorin und Verlag danken der St. Peter Apotheke in Zürich für die fachliche Begleitung bei der Erarbeitung von Rezepten und Empfehlungen zur Phytotherapie, Homöopathie und Spagyrik. Mitgewirkt haben: Max Bandle, Apotheker; Hildegard Flück, Apothekerin und Homöopathin FPH; Elfi Seiler, Drogistin, und Caroline Speiser, Apothekerin (www.stpeter-apotheke.ch).

Für das Fachlektorat danken Autorin und Verlag Professor Dr. med. Reinhard Saller, Direktor des Institutes für Naturheilkunde am Universitätsspital Zürich; Dr. med. Christian Marti, Facharzt für Innere Medizin FMH, WintiMed und mediX, Zürich; Dres. med. Berti und Martin Kehrer, Hedingen; Dr. med. Eva Roth-Chramosta, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Zürich.

Inhaltsverzeichnis

         Vorwort

1     Kräfte der Natur

1.1   Rezeptfrei und bewährt

Selber heilen und vorbeugen

Erfahrungsschatz Volksmedizin

Zusammen stark: Schul- und Komplementärmedizin

SCHWEIZ SPEZIAL: Zwei Pflanzenpioniere

1.2   Selbstbehandlung mit Bedacht

Beobachtungsgabe gefragt

Wie Sie dieses Buch benutzen

Nützt es nichts, so kanns doch schaden

2    Künzle, Kneipp & Essigsocke

2.1   Wasser, Wickel und Bürste

Die wirkung des wassers

Kopf-Dampfbad

Gurgeln

Nasendusche

Bäder und Güsse

Warme Bäder

Ansteigende Bäder

Wechselwarmes Fussbad

Senfmehl-Fussbad

Kalte Bäder und Güsse

Bürstenmassage

Wickel

Kühlende wickel

Wadenwickel und Essigsocken

Wärmende wickel

Hautreizende wickel

SCHWEIZ SPEZIAL: Das heilende Gestein von Würenlos

2.2   Heilen mit Pflanzen

Vielfältige pflanzenapotheke

Heilpflanzen kaufen oder sammeln?

Heilkräuter aus dem eigenen Garten

Tees für alle Fälle

Tees richtig zubereiten

Tinkturen und ätherische Öle

SCHWEIZ SPEZIAL: Heilkräuterwissen gut vermittelt

2.3   Homöopathie

Kleine Kügelchen, grosse wirkung

Homöopathische Selbstmedikation

2.4   Spagyrik

Pflanzen im Spray

Spagyrik richtig anwenden

2.5   Schüssler Salze

Mineralstoffe für den alltag

Schüssler Salze richtig anwenden

2.6   Heilsame Entspannung

Stress lass nach

Wirksame Methoden

Tipps für den alltag

2.7   Gesunde Bewegung

Länger und besser leben

Tipps für den alltag

2.8   Ausgewogene Ernährung

Genug trinken leicht gemacht

Fünf am Tag: So klappt es

Weitere Tipps

Gesundheitsfaktor Gewicht

3    Beschwerden von A – Z

3.1   Atemtrakt

Asthma

Bronchitis

Husten

MEDIZIN SPEZICAL: Fieber – heilsam oder schädlich?

3.2   Augen

Bindehautentzündung

Gerstenkorn (Urseli, Grittli)

3.3   Blase, Niere

Blasenentzündung (Zystitis)

Blasenschwäche (Harninkontinenz)

Harnsteine

3.4   Frauenleiden, Männerleiden

Menstruationsbeschwerden

Prostata, vergrösserte

Scheidenentzündung, Scheidenausfluss

Wechseljahrbeschwerden

SCHWEIZ SPEZIAL: wo Hildegard von Bingen wieder auflebt

3.5   Gehirn

Kopfschmerzen

Migräne

3.6   Gelenke, Muskeln, Knochen

Arthritis (Rheumatoide arthritis)

Arthrose

Gicht

Hexenschuss (Lumbago), ischialgie

Knochenschwund (Osteoporose)

Sehnenscheidenentzündung

Tennisellbogen, Golferellbogen

Wadenkrampf

3.7   Hals, Nase, Ohren

Halsschmerzen (Rachenkatarrh)

Hausstaubmilben-allergie

Heiserkeit

Heuschnupfen (Pollinose)

Mandelentzündung (Angina)

MEDIZIN SPEZIAL: Erkältung oder Grippe?

Mittelohrentzündung

Nasenbluten

Nasennebenhöhlenentzündung

Ohrenschmerzen

Ohrgeräusche (Tinnitus)

Schnupfen

3.8   Haut und Haar

Akne

Fieberblasen (Lippenherpes)

Fusspilz

Haarausfall

Insektenstiche

Kontaktekzem, Kontaktdermatitis

Nagelbettentzündung

Neurodermitis (Atopische Dermatitis)

Warzen

Zeckenbisse

MEDIZINSPEZIAL: Allergien

3.9   Herz und Kreislauf

Arteriosklerose (Arterienverkalkung)

Blutarmut (Anämie)

Blutdruck, hoher (Hypertonie)

Blutdruck, niedriger (Hypotonie)

Cholesterinspiegel, erhöhter

Herzbeschwerden

Krampfadern, Venenleiden

MEDIZIN SPEZIAL: Gesund altern

3.10 Mund und Zähne

Aphthen

Mundgeruch

Mundschleimhaut-Entzündung

Zahnfleischentzündung

Zahnschmerzen

3.11 Psyche

Depressive Verstimmung

Nervosität, innere Unruhe, prüfungsangst

Nikotinsucht, Tabakentwöhnung

Schlafstörungen

3.12 Unfälle, Verletzungen

Gehirnerschütterung

Prellungen

Sonnenbrand

Verbrennungen

Vergiftungen

Verstauchungen

Wunden, Schürfungen, Spreissel

MEDIZIN SPEZIAL: Erste Hilfe

3.13 Verdauungstrakt

Blähungen

Durchfall

Hämorrhoiden

Leberbeschwerden

Magenschleimhaut-Entzündung (Gastritis)

Nahrungsmittelallergie

Sodbrennen

Übelkeit, Erbrechen

Verstopfung

MEDIZIN SPEZIAL: So stärken Sie Ihre Abwehr

4    Das kranke Kind

4.1   Zuwendung heilt

Oder doch zum arzt?

Tipps für die Pflege

4.2   Kinderbeschwerden von A–Z

Dellwarzen

Durchfall, Brechdurchfall

Fieber

Halsschmerzen

Husten

Kopfläuse

Milchschorf (Säuglingsekzem)

Neurodermitis

Ohrenschmerzen

Schnupfen

Verstopfung

Windeldermatitis, Mundsoor

Zahnen

 

Checkliste: Ihre Hausapotheke

Homöopathische Hausapotheke

 

Anhang

 

Adressen und Links

Literatur

Liste aller erwähnten Heilpflanzen

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Das Bedürfnis, Hausmittel und andere Ansätze der Selbstbehandlung anzuwenden, ist gross. Damit verknüpft ist der Wunsch nach seriösen Informationen. Diese sollen einerseits die Eigeninitiative nicht über Gebühr eingrenzen, andererseits klare Hinweise auf Anwendungsmöglichkeiten, Durchführung und notwendige Einschränkungen liefern. Der vorliegende, nun neu überarbeitete Ratgeber positioniert sich in genau diesem Spannungsfeld: Er ist eine gleichermassen anregende wie seriöse und praxisbezogene Informationsquelle.

Die Methoden und Mittel, die Sie in diesem Nachschlagewerk finden, entstammen zumeist der Naturheilkunde und der Komplementärmedizin. Die Behandlungsweisen eignen sich gut zur Selbsthilfe. Denn sie ermöglichen Eigeninitiative und fördern die Eigenkompetenz. Das Buch greift auch Traditionen aus der Laien- und Volksmedizin auf. Das Wertvolle daran: Diese Methoden lassen sich bei zahlreichen Beschwerden als alleiniger Behandlungsversuch einsetzen oder mit anderen Therapieansätzen kombinieren. Mit der persönlichen Auswahl aus dem breiten Spektrum können Sie Ihre Behandlungen jeweils individuell gestalten.

Hausmittel und Selbstbehandlungen bauen zu einem grossen Teil auf Erfahrungen auf. Teilweise stehen Einzelerfahrungen zur Verfügung, mitunter auch grössere Erfahrungsschätze – eine noch unterschätzte Quelle für die Wissenschaft.

 

Prof. Dr. Reinhard Saller
Institut für Naturheilkunde, Universität Zürich
Zürich, im August 2012

1. Kräfte der Natur

Dieses Buch hilft ihnen, sich bei alltäglichen Beschwerden mit hausmitteln und Naturmedizin selbst zu behandeln. Das erspart manchen arztbesuch – und das Kneippen, wickeln, Teekochen oder Sirupherstellen kann sogar Spass machen.

 

1.1  Rezeptfrei und bewährt

Selber heilen und vorbeugen

Erfahrungsschatz Volksmedizin

Zusammen stark: Schul- und Komplementärmedizin

SCHWEIZ SPEZIAL: Zwei Pflanzenpioniere

1.2  Selbstbehandlung mit Bedacht

Beobachtungsgabe gefragt

Wie Sie dieses Buch benutzen

Nützt es nichts, so kanns doch schaden

1.1 Rezeptfrei und bewährt

Viele kleinere Gesundheitsstörungen lassen sich – sofern man es möchte und es sich auch zutraut – selbständig managen. Selbstmedikation, wie die Verarztung in Eigenregie auch genannt wird, ist sinnvoll: Sein eigener Gesundheitsförderer, seine eigene Hausärztin zu sein heisst, aktiv etwas für seine Gesundheit zu tun, heisst, sich selbst Sorge zu tragen – oder seine Nächsten bei der Selbstheilung zu unterstützen. Das erspart manchen Arzttermin. Zudem helfen Hausmittel, die ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu drosseln.

Selber heilen und vorbeugen

Die Selbstmedikation ist ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems: Der Markt mit rezeptfreien Medikamenten macht über ein Fünftel des Gesamtumsatzes von Medikamenten in der Schweiz aus. Und der Anteil der komplementärmedizinischen Hilfsmittel an den frei über den Ladentisch erhältlichen Arzneien beträgt laut dem Schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse immerhin 15 Prozent.

Beeindruckend ist auch die Palette an Kräutern, Kügelchen und pflanzlichen Tinkturen: Derzeit sind gemäss der Heilmittelbehörde Swissmedic in der Schweiz insgesamt 2865 nicht rezeptpflichtige Medikamente zugelassen. Fast die Hälfte davon – 1265 – sind komplementärmedizinisch. Dazu kommen laut Swissmedic noch mehrere Zehntausend registrierte homöopathische und anthroposophische Präparate ohne spezielle Indikationsangabe für ein bestimmtes Leiden. Gemessen an der Breite des Angebots dominiert bei der Selbstmedikation also klar die Naturmedizin.

Komplementärmedizin im Trend

Wer sich selbst heilen will, greift gerne auf «etwas Natürliches» zurück. Jeder zweite Schweizer, jede zweite Schweizerin hat sich bereits komplementärmedizinisch behandeln lassen – am häufigsten mit Homöopathie und pflanzlichen Arzneien, aber auch mit anderen Naturheilverfahren. Und ebenso viele würden im Krankheitsfall ein Spital, das auch alternative Methoden anbietet, einem rein schulmedizinischen vorziehen, so stellte das staatliche Programm zur Evaluation der Komplementärmedizin (PEK) fest.

Die Nutzung komplementärmedizinischer Methoden geht überdies Hand in Hand mit einem guten Gesundheitsbewusstsein: Die Auswertung der letzten Schweizerischen Gesundheitsbefragung hat gezeigt, dass Menschen, die etwa Homöopathie oder Heilpflanzen anwenden, auch besonders darauf achten, was ihrer Gesundheit guttut.

Erfahrungsschatz Volksmedizin

Für den Hausgebrauch stehen zudem unzählige Hausmittel aus dem Fundus der Grosseltern und früherer Generationen zur Verfügung. Sie haben die Wahl! Sie können Therapie und Arznei bis zu einem gewissen Grad auf Ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen abstimmen – ein bedeutender Faktor für die Genesung. Besonders für ältere Menschen stellen Hausmittel etwas «Anheimelndes» aus ihrer Vergangenheit dar, etwas mit einer rituellen Kraft, auf das sie sich gerne besinnen.

Zwei weitere Vorteile von Haus- und Naturmitteln: Sie lindern jeweils eine Vielzahl von Krankheiten, haben also ein breites Wirkungsspektrum – und dabei wenig Nebenwirkungen. Kein Wunder, interessieren sich auch heute wieder breite Bevölkerungsschichten der Schweiz für die früher praktizierte Volksmedizin.

Überlieferter Fundus

Schliesslich ist das traditionelle Gesundheitswissen in der Schweiz tief verwurzelt. Besonders in den ländlichen Regionen und in schwer zugänglichen Alpentälern war der Grossteil der Bevölkerung bis vor wenigen Jahrzehnten praktisch ganz auf sich gestellt – ohne Zugang zu studierten Ärzten oder Kliniken. Dafür holte man sich bei Hebammen und erfahrenen Kräuterfrauen Rat. Und: Nahezu jede Familie schöpfte aus einem reichen Erfahrungsschatz an Hausmittelchen und Kräuterrezepturen, den man jeweils Kindern und Kindeskindern weitergab. Bauern und Bäuerinnen wandten am Krankenbett ähnliche Kniffe an wie auf der Kuh- oder Rossweide: «Üseri die wiss Chue hets di letscht Woche prezis so ka, do hammera grad Brubeerbletter kochet und z sufe gee, das het era wädli gholfe, machids eer grad au aso», zitiert etwa Johann Künzle eine Appenzeller Bäuerin, die eine Gräfin von einem «heftigen Abweichen» befreien konnte.

Klassiker und Wiederentdecktes

Folgendes haben die in diesem Buch empfohlenen Mittel und Methoden gemeinsam: Sie sind

>  natürlich (verwendet werden meist Wasser, Pflanzen und Hilfsmittel aus der Küche),

>  erprobt, bewährt und (gemäss Erfahrungswerten) wirksam,

>  sicher und einfach anzuwenden,

>  zur Therapie verschiedenster Beschwerden geeignet,

>  arm an Nebenwirkungen und

>  überall in der Schweiz (zumeist in Apotheken, Drogerien) rezeptfrei erhältlich.

Zusammen stark: Schul- und Komplementärmedizin

Meist werden Heilmethoden der Volks- und der Komplementärmedizin als Gegenpol zur Schulmedizin gesehen. Für manche Menschen sind sie ein Gegenstück zur neuzeitlichen, naturwissenschaftlich orientierten Medizin, zur als unmenschlich geltenden «Apparatemedizin».

Doch womöglich gibt es auch einen gemeinsamen Weg. Heute unterstützen viele Hausund vor allem auch Kinderärzte die sanften Selbstheilungsversuche. Bereits etwa 20 Prozent der Hausärzte offerieren neben schulmedizinischen Therapien Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie und andere Naturheilverfahren. Sie wissen: Mit der Schulmedizin sind sie auf der sicheren Seite – und mit volks- oder komplementärmedizinischen Methoden beziehen sie den Menschen als Ganzes mit ein.

Schulmedizin und Komplementärmedizin

Schulmedizin: Unter diesem Begriff wird die herkömmliche, an hochschulen gelehrte und von ausgebildeten Ärzten und pflegenden praktizierte Medizin zusammengefasst. Die schulmedizinische Diagnose und Behandlung orientiert sich vor allem an den Naturwissenschaften und an klinischen Studien.

Komplementärmedizin: Sie versteht sich als Ergänzung zur Schulmedizin und umfasst traditionelle wie auch moderne Therapien, zum Beispiel phytotherapie, homöopathie oder akupunktur. Die Komplementärmedizin schenkt dem individuum und seinen Selbstheilungskräften Beachtung.

Wissenschaft …

Der Komplementärmedizin wird man mit den gängigen wissenschaftlichen Kriterien kaum gerecht. Wirksamkeitsnachweise der Schulmedizin basieren seit etwa 50 Jahren zunehmend auf sogenannten doppelblind angelegten Studien mit Placebokontrolle. In diesen Studien, an denen viele Patienten mit der gleichen Krankheit teilnehmen, wird die Wirkung einer bestimmten Behandlung mit der einer Scheinbehandlung (Placebo) verglichen. Studienleiter und Patienten wissen dabei nicht, welche der beteiligten Patienten ein Medikament und welche bloss ein Placebo erhalten, beide sind «blind».

… und Erfahrung

Bei Mitteln und Methoden der Naturmedizin stellen sich hier einige praktische Probleme: Wie soll bei der Austestung eines kalten Armbads eine Scheinbehandlung aussehen? Wie das Placebo, um zu eruieren, wie gut Preiselbeersaft gegen Blasenentzündungen wirkt?

Zum andern wird in klinischen Studien der helfende Arzt als Störfaktor betrachtet und man versucht, ihn oder sie als wirksamen Teil der Behandlung möglichst «auszuschalten». Doch viele komplementärmedizinische Methoden bauen gerade auf die Beziehung zwischen Patient und Therapeut.

Kommt dazu: Essigsocke und Co. sind punkto wissenschaftlicher Erforschung auch deswegen im Hintertreffen, weil kaum jemand ein wirtschaftliches Interesse daran hat, deren Wirksamkeit nachzuweisen. Forschungsgelder fliessen eher in Studien, die synthetische oder biotechnologische Wirkstoffe unter die Lupe nehmen. Hausmittel und manch pflanzliche Therapie sind diesbezüglich benachteiligt. Was sie auszeichnet, sind vielmehr Erfahrungswerte.

Pflanzlich oder chemisch?

Wussten Sie, dass in den präparaten der chemischen industrie oft pflanzenstoffe stecken? weltweit sind die meisten arznei- und heilmittel pflanzlichen Ursprungs. Das berühmteste Beispiel ist die Salicylsäure, die aus der Rinde von weidensträuchern isoliert wurde und von der das Medikament aspirin abstammt. Bereits der griechische arzt hippokrates (460 – 375 v. chr.) wusste um den schmerzstillenden Effekt des weidensaftes. 1897 bauten deutsche chemiker die Substanz leicht verändert im labor nach und machten den Kräutertrank zu einem der erfolgreichsten pharmaprodukte aller Zeiten.

Zwei Pflanzenpioniere

Naturheilkraft hat in der Schweiz Tradition. Zwei der berühmtesten Exponenten der Phytotherapie sind Johann Künzle und Alfred Vogel.

Der Mann und die Kräuter: Johann Künzle

Sein Büchlein «Chrut und Uchrut» von 1911 wurde über zwei Millionen Mal verkauft, war das beliebteste Buch der Schweizerinnen und Schweizer und wohl das populärste Heilpflanzenbuch aller Zeiten.

Begnadeter Heiler

Schon während seines Theologiestudiums war Johann Künzle (1857 – 1945) im Herzen ein Kräuterbesessener, ein «junger Botanist», so wie der Titel eines seiner Bücher. Mit 23 soll er mit Rotem Fingerhut und Maiglöckchen eine Herzkrankheit seiner Mutter geheilt haben. Später, als Pfarrer in kleinen Ostschweizer Gemeinden, sammelte er alte Heilkräuterrezepte der Landbevölkerung, betätigte sich als Laienheiler und schrieb nebenbei Kräuterbücher.

Künzle hatte damit solch durchschlagenden Erfolg, dass er bald seinen Beruf an den Nagel hängte, um sich ganz dem Heilen zu widmen. Die Bevölkerung verehrte ihn wie einen Heiligen, aber Ärzte verklagten ihn: Er habe sich in medizinische Bereiche eingemischt. So wechselt Künzle 1921 – nicht zum ersten Mal – seinen Wirkungsort, geht nach Zizers, Graubünden. Denn der damalige Bischof von Chur ist von seinen Methoden begeistert, gewährt ihm «Zuflucht». Doch nach nur drei Tagen wird er wieder von einem Arzt angezeigt.

Vertrauen in die Kraft der Natur

1922 stellt sich Johann Künzle seinen Kritikern und legt – mit 65 Jahren – bei der Sanitätsbehörde ein medizinisches Examen ab. Bis zu seinem Tod mit 87 Jahren empfängt er Kranke aus der Schweiz, Österreich und anderen Ländern und laboriert an seinen gepressten Kräutertabletten, die er Lapidartabletten nennt. Seine Devise: «Vertrauen haben in die Heilkräfte der Pflanzen und Ausharren in der Kur, das ist das grosse Gebot. Wer sich danach richtet, wird nicht enttäuscht werden!»

Reformer mit Geschäftssinn: Alfred Vogel

Alfred Vogel (1902 –1996) war ein vielseitiger Mensch: Er war Firmengründer, Forschungsreisender, Farmer, Naturarzt, Leiter eines Diät-Kurheimes, Ernährungstherapeut, Pflanzenheilkundler, Bestseller-Autor und mehr. Alles tat er mit Leidenschaft – und mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein. 1929 gründete er eine eigene Zeitschrift, «Das neue Leben», der Vorläufer der heute noch erscheinenden «Gesundheits-Nachrichten». Er schrieb ausserdem Bücher – das bekannteste ist der 1952 erschienene «Kleine Doktor» – und noch mit über 80 Jahren ging er auf Vortragstourneen.

Berühmter Import

Nach einer kaufmännischen Lehre wurde Alfred Vogel mit knapp 20 Jahren Reformhausbesitzer in Basel, wo er unter anderem Produkte der Marke Avoba (A. Vogel Basel) vertrieb – etwa Avoba-Feigensirup oder Avoba-Rohreis. Als Ernährungstherapeut warnte er vor der modernen Lebensmittelindustrie, «dem Gespenst im 20. Jahrhundert».

Später verlegte er sich mehr und mehr auf Heilpflanzen und produzierte unter anderem Frischpflanzensäfte, die er in seinen Laboratorien herstellte. Und in den 50er-Jahren, auf einer seiner Forschungsreisen durch Nordamerika, lernte Alfred Vogel bei einem Sioux-Häuptling eine bei uns bis dahin unbekannte Pflanze kennen, den Roten Sonnenhut (Echinacea purpurea) – das heute wohl bekannteste pflanzliche Immunstärkungsmittel.

Heilkräuter-Schaugarten

In Teufen, dem früheren wohnort von Alfred Vogels Familie, wo er auch sein «Diät-Kurhaus Vogel» führte, kann heute ein grosser Heilkräuter-Schaugarten besichtigt werden. Führungen nach Voranmeldung (Tel. 071 335 66 11).

1.2 Selbstbehandlung mit Bedacht

Eigeninitiative in Gesundheitsfragen ist berechtigt. Denn jeder Mensch will nach seiner Fasson gesund werden. Sinnvoll ist sie auch, weil sie mithilft, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu bremsen. Selbstmedikation hat aber auch ihre Grenzen: Wer eine gesundheitliche Störung in Eigenregie behandelt oder dies stellvertretend für seine Kinder und andere Familienangehörige tut, sollte sich über die Risiken der Selbstbehandlung im Klaren sein.

Beobachtungsgabe gefragt

Sein eigener Gesundheitsmanager zu sein, bedeutet zunächst einmal, seine Beschwerden oder Empfindlichkeiten richtig einzuordnen. Ferner gilt es, eine geeignete Therapie oder Vorbeugungsmassnahme zu finden und diese richtig dosiert und zum richtigen Zeitpunkt anzuwenden. Die meisten Heilmethoden lassen sich übrigens kombinieren – untereinander oder mit der Schulmedizin.

Das Wichtigste notieren

Selbstmedikation bedingt demnach eine gute Selbstbeobachtung: Schenken Sie körperlichen und seelischen Signalen grösste Aufmerksamkeit – so können Sie Warnzeichen als solche wahrnehmen. Am besten merken oder notieren Sie sich, wann Sie welche Symptome erstmals bemerkt haben, was für Veränderungen Sie an sich feststellen, welche Körpertemperatur Sie messen, wann Sie welche Medikamente in welcher Dosierung einnehmen. So können Sie, falls ein Besuch bei der Ärztin oder beim Arzt nötig wird, sofort das Wichtigste zusammenfassen.

Wann zum Arzt?

Beachten Sie: Dieser Ratgeber kann nicht den Gang zur Ärztin, zum Arzt ersetzen. Wenn Sie nicht auf die Selbstbehandlung ansprechen und sich der erwartete Therapieerfolg nicht einstellt, ist ein Arztbesuch angezeigt. Wenn also das homöopathische Mittel oder der Kräutertee nicht wirkt, wenn die Symptome unverändert bleiben, wenn sie immer wiederkehren, sich verändern oder sich gar verschlimmern, sollten Sie den Besuch in der Praxis nicht aufschieben. Zögern Sie auch nicht, an Abenden oder am Wochenende einen ärztlichen Notfalldienst zu rufen. Oder, wenn Sie intuitiv das Gefühl haben, dass es sehr ernst ist, die Ambulanz (Tel. 144).

Ebenfalls zum Arzt, zur Ärztin sollten Sie, wenn

>   Sie eine schwere Krankheit haben (z.B. ein Magengeschwür, eine Hirnhautentzündung, Herzbeschwerden etc.).

>   Sie hohes Fieber, Schüttelfrost oder Schmerzen haben.

>   Sie sich schwer krank fühlen.

>   Sie ganz subjektiv unter Ihrem Gesundheitszustand leiden.

>   sich unklare oder neuartige Symptome zeigen.

>   Sie verunsichert sind.

Wie Sie dieses Buch benutzen

Dieser Ratgeber geht auf häufige Beschwerden ein, die nicht lebensbedrohlich sind und nicht von vorneherein fachmännische Hilfe erfordern. Das Buch unterstützt Sie bei der Anwendung von wirkungsvollen Rezepten der Volksheilkunde. Sie finden darin die besten Therapien aus Volksmedizin, Homöopathie und Pflanzenmedizin, die Sie autonom anwenden können, um Ihre Gesundheit zu stärken und sich selbst zu kurieren.

Die beschriebenen Hausmittel und Heilmethoden eignen sich besonders gut, um

>   Ihre körperliche Abwehr zu stärken und Krankheiten vorzubeugen.

>   harmlose Krankheiten und vorübergehende Unpässlichkeiten zu kurieren.

>   langwierigere, chronische Krankheiten unterstützend (immer in Absprache mit der Ärztin) zu behandeln.

>   Krankheitsrückfälle zu vermeiden.

So gehen Sie vor

Suchen Sie in einem ersten Schritt in Kapitel 3 nach Ihrem Krankheitsbild. Die Beschwerden sind nach Körperteil respektive nach Beschwerdegruppen gegliedert.

Kapitel 4 gibt Tipps zu häufigen Kinderkrankheiten. Das Inhaltsverzeichnis und das Stichwortverzeichnis erleichtern Ihnen die Suche nach einem bestimmten Krankheitsbild.

Ein Heilmittel auswählen …

Unter den einzelnen Einträgen in Kapitel 3 und 4 finden Sie neben der Beschreibung der Symptome und des Hintergrunds der Krankheit Hinweise auf innerlich oder äusserlich anwendbare Heilmittel, die sich für die Selbstbehandlung eignen.

Informieren Sie sich zunächst jeweils anhand der Rubrik «Zum Arzt, wenn …» oder «Die Ambulanz 144 rufen, wenn…», ab wann Sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen sollten.

Wählen Sie dann das Mittel aus, das Ihnen angemessen erscheint. Die einzelnen Hausmittel und naturmedizinischen Mittel und Methoden lassen sich auch gut miteinander kombinieren. Aber: Mehr hilft nicht unbedingt mehr! Und: Auch Naturmedizin kann unerwünschte Wirkungen haben. Beachten Sie deshalb die Hinweise zu Risiken und Nebenwirkungen (Seite 23).

… und richtig anwenden

Im Kapitel 2 werden die einzelnen Heilmethoden vorgestellt und praktisch erläutert: die Phytotherapie, verschiedene physikalische Therapien wie Bäder, Güsse und Wickel, die Homöopathie, die Spagyrik und Schüssler Salze. Lesen Sie nach, wie Sie diese Heilmethoden richtig anwenden und ob Sie eventuell auch Vorsichtsmassnahmen beachten müssen. Sie lernen beispielsweise, wie Sie Wickel richtig anlegen, was Sie bei einem kalten Armbad beachten müssen, aber auch, bei welchen Vorerkrankungen Sie zum Beispiel vom Kneippen Abstand nehmen sollten. Hier finden Sie auch Faustregeln für die Zubereitung von Heilkräutertees und zur Anwendung von Tinkturen, ätherischen Ölen, homöopathischen Mitteln etc.

Bitte beachten Sie neben den Tipps zu innerlichen und äusserlichen Anwendungen auch die Empfehlungen unter der Rubrik «So helfen Sie sich selbst» respektive «So helfen Sie Ihrem Kind». Denn unter Umständen erreicht man mit gezielten Veränderungen im Verhalten oder beim Lebensstil mehr als mit einem ganzen Arsenal an Hausmittelchen oder Kräuterpillen.

Wichtiger Hinweis

Die Therapievorschläge in diesem Buch gelten nicht für Schwangere und Stillende, Säuglinge oder Kinder. Ausnahme: Kapitel 4, «Das kranke Kind»; Die Empfehlungen dort gelten (wenn nichts anderes erwähnt ist) für Kinder ab zwei Jahren. Alle anderen hinweise in diesem Buch sind ausschliesslich für Erwachsene gedacht.

Bei schweren chronischen Krankheiten verstehen sich die beschriebenen Therapien als Begleitmassnahme, die Sie mit der Ärztin absprechen sollten.

Nützt es nichts, so kanns doch schaden

Die meisten Hausmittel, pflanzlichen und homöopathischen Arzneimittel bergen wenig Risiken und haben ein breites Wirkungsspektrum. Sie lassen sich also nicht nur bei einigen wenigen Krankheitsbildern einsetzen, sondern bei verschiedenen Beschwerden. Das sind ideale Voraussetzungen für die Selbstmedikation. Ganz um das Risiko von Nebenwirkungen kommt aber auch dieser Ratgeber nicht herum: Einzelne «sanfte» Heil- und Hausmittel können neben den erwünschten Wirkungen auch unerwünschte zeitigen. Aber keine Sorge: Auf diese werden Sie jeweils explizit hingewiesen oder Sie finden Verweise auf der Verpackung respektive in der Packungsbeilage eines Produkts.

Gegenanzeigen

Gewisse Teekräuter, pflanzliche Pillen oder Kneipp’sche Therapien haben zudem Gegenanzeigen: Das heisst, sie können unter Umständen für gewisse Personen ungeeignet sein. Zum Beispiel sollten Menschen mit einem gestörten Warm-kalt-Empfinden auf Wassertherapien verzichten, weil ihnen das Sensorium für die richtige Wassertemperatur fehlt und sie sich verbrühen oder die Haut verkühlen könnten. Oder: Falls Sie dazu neigen, tagsüber einzuschlafen, sollten Sie keine Wickel mit Ingwer, Meerrettich oder Senf anlegen, weil diese bei überzogener Einwirkzeit die Haut schädigen können (mehr dazu auf Seite 42).

Auf die Dosis kommt es an

Auch Heilmittel, die «reine Natur» enthalten, können überdosiert werden, Hautreizungen oder Allergien auslösen. Bei manchen Heilpflanzen kommt es darauf an, wo am Körper sie angewendet werden: Kamillentee beispielsweise sollte nicht in die Augen kommen. Besondere Vorsicht sollten Sie auch bei ätherischen Ölen walten lassen: Diese sollten generell nicht an Schleimhäute gelangen. Im Kapitel 2 bei den einzelnen Heilmethoden und im Abc der Beschwerden werden Sie auf die erforderlichen Vorsichtsmassnahmen aufmerksam gemacht.

Weder zu viel noch zu wenig

Und selbstverständlich kommt es auf die Dosis an: Blutwurztee (Tormentilla) zum Beispiel, ein probates Mittel gegen Durchfall, sollte nicht überdosiert werden. Sicherheitshalber begrenzen Sie deshalb die Einnahme des Tees auf etwa drei Tage. Salbeiblätter wiederum können bei zu langem Gebrauch zu Schwindel oder Herzklopfen führen. Weiter sollten Sie sich bewusst sein, dass Schlafförderer wie Baldrian unter Umständen eine sogenannte Paradoxwirkung verursachen können, das heisst, das Schlafmittel macht nicht müde, sondern womöglich nervös und zittrig.

Problematische Kombinationen

Achten Sie auch auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Manche pflanzliche Arznei macht andere (vielleicht lebenswichtige!) Medikamente weniger oder auch stärker wirksam. Erkundigen Sie sich deshalb bei Ihrer Apothekerin oder Ihrem Arzt ganz konkret, ob sich ein gewünschtes Heilmittel mit den anderen Medikamenten, die Sie einnehmen (einzeln aufzählen!), kombinieren lässt. Das depressionslindernde Johanniskraut zum Beispiel ist bekannt für Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Hochkonzentrierte Präparate aus dem Kraut «beissen» sich etwa mit Arzneimitteln, die den Blutdruck senken, oder mit Aids-Medikamenten. Und auch nach einer Organtransplantation kann Johanniskraut gefährlich werden: Denn es führt dazu, dass die (lebenswichtigen) Medikamente, die vor einer Transplantat-Abstossung schützen, im Körper zu rasch abgebaut werden. Gewisse Johanniskrautmittel können auch zu unerwünschten Schwangerschaften führen, weil sie die Antibabypille in ihrer Wirkung beeinträchtigen.

Bei Ginkgo ist ebenfalls Vorsicht geboten: Präparate mit Ginkgoblättern sollten Sie nicht mit Aspirin oder Rheumamitteln kombinieren – ansonsten drohen Gerinnungsstörungen oder Blutungen. Und vor Operationen sollten Ginkgopräparate vorsichtshalber abgesetzt werden.

Auch innerlich angewendete Heilerde kann die Wirkung anderer Medikamente beeinträchtigen: Nehmen Sie deshalb nie Heilerde gleichzeitig mit anderen Heilmitteln ein, sondern warten Sie mindestens ein, zwei Stunden.

Beipackzettel lesen!

Fazit: Der Beipackzettel oder die Angaben auf der Verpackung sind – falls vorhanden – auch bei komplementärmedizinischen Arzneien Pflichtlektüre! Halten Sie sich an die empfohlene Dosierung und beachten Sie etwaige Anwendungseinschränkungen. Ansonsten: Fragen Sie Apotheker oder Drogistin. Auch wenn Sie ein Heilmittel länger als ein paar Tage oder als regelrechte Kur anwenden möchten: Beraten Sie sich vorher mit einer Fachperson. Und setzen Sie ein Heilmittel sofort ab, falls Sie unerwünschte Wirkungen verspüren.

2. Künzle, Kneipp & Essigsocke

Dieser Ratgeber empfiehlt traditionelle Hausmittel und naturheilkundliche Methoden mit breitem Wirkungsspektrum. Kräutertees, erwähnte Fertigarzneien sowie Zutaten für die Rezepte erhalten Sie in spezialisierten Apotheken, Drogerien oder Reformhäusern.

 

2.1 Wasser, Wickel und Bürste

Die wirkung des wassers

Kopf-Dampfbad

Gurgeln

Nasendusche

Bäder und Güsse

Warme Bäder

Ansteigende Bäder

Wechselwarmes Fussbad

Senfmehl-Fussbad

Kalte Bäder und Güsse

Bürstenmassage

Wickel

Kühlende Wickel

Wadenwickel und Essigsocken

Wärmende Wickel

Hautreizende Wickel

SCHWEIZ SPEZIAL: Das heilende Gestein von Würenlos

2.2 Heilen mit Pflanzen

Vielfältige pflanzenapotheke

Heilpflanzen kaufen oder sammeln?

Heilkräuter aus dem eigenen Garten

Tees für alle Fälle

Tees richtig zubereiten

Tinkturen und ätherische Öle

SCHWEIZ SPEZIAL: Heilkräuterwissen gut vermittelt

2.3 Homöopathie

Kleine Kügelchen, grosse Wirkung

Homöopathische Selbstmedikation

2.4 Spagyrik

Pflanzen im Spray

Spagyrik richtig anwenden

2.5 Schüssler Salze

Mineralstoffe für den Alltag

Schüssler Salze richtig anwenden

2.6 Heilsame Entspannung

Stress lass nach

Wirksame Methoden

Tipps für den Alltag

2.7 Gesunde Bewegung

Länger und besser leben

Tipps für den Alltag

2.8 Ausgewogene Ernährung

Genug trinken leicht gemacht

Fünf am Tag: So klappt es

Weitere Tipps

Gesundheitsfaktor Gewicht

2.1 Wasser, Wickel und Bürste

Abhärtung ist die zentrale Losung der Anhängerschaft von Sebastian Kneipp (1821 – 1897). Doch zu Unrecht assoziiert man Kneippen nur mit Wassertreten im Storchenschritt und in hochgekrempelten Hosen. Zur Lehre des «Priesters mit der Giesskanne» gehören neben kalten Anwendungen auch wohlig warme Bäder, Dampfbäder, Bürstenmassagen und mehr.

Die Wirkung des Wassers

Die Therapie mit Wasser ist bewährt und beliebt: In Badekuren wird die Hydrotherapie unter anderem erfolgreich gegen Schlafstörungen oder Infektanfälligkeit angewendet. Aber auch zur Selbstbehandlung eignen sich Kneipp’sche Wassertherapien, denn Bäder, Güsse und Waschungen kann man schliesslich nicht nur im Bach oder im Thermalbad machen, sondern bequem im eigenen Badezimmer.

Gezielte Reize

Wie Wasser heilt, ist nicht restlos geklärt. Sicher ist: Kaltes oder warmes Wasser reizt Thermorezeptoren in der Haut. Diese Reize wirken nicht nur auf die Haut selbst, sondern – via Nervenbahnen – auch auf das Körperinnere. So steigt beispielsweise nach einem warmen Fussbad nicht nur die Durchblutung der Füsse, sondern auch die der Nasenschleimhaut. Das wiederum beeinflusst den Stoffwechsel in der Nase und bringt unter anderem mit sich, dass mehr Zellen des Immunsystems in die Nase gelangen.

Auch auf weiteren Wegen wird die Infektabwehr angekurbelt. Deshalb sind regelmässige Kneipper besser vor Krankheitserregern geschützt.

Training für die Gefässe

Die Kneipp’sche Wassertherapie mit ihren Kälte- und Wärmereizen ist auch eine Art Kraft- und Konditionstraining für das Herz-Kreislauf-System: Kaltes Wasser lässt die Gefässe sich zusammenziehen, warmes dehnt sie aus. So werden sie elastischer und verbessern ihre Funktion als Blutdruck-Regulierer. Auch der Blutfluss in den Atemwegen wird durch Wasserreize angekurbelt, was möglicherweise einen gewissen Schutz vor Asthma und Bronchitis darstellt. Selbst die Hirnleistung älterer Menschen soll (mithilfe von Nackenwickeln und Stirngüssen) verbessert werden können, besagen neue Studien.

Kopf-Dampfbad

Wer über einem Topf mit heissem Wasser inhaliert, benetzt Nasen- und Rachenraum sowie die oberen Atemwege. Die Inhaltsstoffe des Dampfes lassen geschwollene Schleimhäute abschwellen und machen die Atemwege wieder frei.

Das kommt auch den Ohren zugute: Sie sind über die sogenannte Eustachische Röhre mit Rachenraum und Nase verbunden und werden somit besser belüftet. Das wirkt Ohrenentzündungen entgegen.

Nicht anwenden: bei akuten Asthmaanfällen, Augenleiden, entzündlichen Hautleiden, hochakuten Nasennebenhöhlenentzündungen, niedrigem Blutdruck, Sensibilitätsstörungen, Schwäche.

So funktionierts

Füllen Sie eine Schüssel oder einen Topf mit der kochend heissen Flüssigkeit und lassen Sie diese auf etwa 70 Grad abkühlen.

Halten Sie Ihren Kopf in den Dampf und legen Sie sich ein Handtuch über Kopf und Nacken – sodass möglichst wenig Dampf entweicht. Atmen Sie durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus.

Dauer des Dampfbads: maximal 10 Minuten. Bis zu dreimal täglich.

Achtung: Halten Sie einen Sicherheitsabstand zum Topf ein, damit die Dämpfe auf der Haut nicht zu heiss sind. Und achten Sie wegen der Verbrühungsgefahr darauf, dass das Gefäss nicht kippt. Halten Sie die Augen während des Dampfbadens geschlossen.

Kinder oder betagte Menschen sollten nicht alleine dampfbaden. Was Sie bei Kindern beachten müssen, lesen Sie auf Seite 286.

Entspannen Sie sich anschliessend, legen Sie sich zum Beispiel ins warme Bett. Meiden Sie zugige oder kalte Luft.

Zusätze

>  Isotonische Salzlösung (1 TL Kochsalz auf 5 dl Wasser, aufkochen)

>  Etwas gehackte Zwiebel kurz in Wasser aufkochen

>  Apfelessig (1 Schuss Essig auf 2 dl Wasser, kurz aufkochen)

>  Tee: Kamille, Isländisch Moos, Ringelblume, Salbei, Thymian u.a. (siehe Grundrezept für die äusserliche Anwendung, Seite 53)

>  Verdünntes ätherisches Öl: Teebaumöl oder Eukalyptusöl (jeweils 1 – 3 Tropfen auf 1 l Wasser).

Gurgeln

Mund und Rachenraum werden mit lauwarmer Flüssigkeit gespült. Das Gurgelwasser spült Schleim und Sekrete fort und wirkt mit Zusätzen entzündungshemmend, abschwellend und symptomlindernd.

Ein weiterer Extranutzen der Gurgelspülung ist das Befeuchten des Rachenraums – und gratis dazu: eine leichte Massage der dortigen Lymphbahnen.

So funktionierts

Nehmen Sie einen grösseren Schluck der lauwarmen Flüssigkeit in den Mund, legen Sie den Kopf in den Nacken und gurgeln Sie ein bis zwei Minuten lang. Ziehen Sie das Gurgelwasser auch zwischen den Zähnen hin und her und spucken Sie es dann aus.

Bis zu fünfmal täglich.

Zusätze

>  Konzentrierte Salzwasserlösung (1 TL Kochsalz auf 2,5 dl Wasser)

>  Verdünnter Zitronensaft (Saft einer Zitrone auf 1 Glas Wasser) plus 1 TL Salz und 1 Prise Zucker

>  Tee: Isländisch Moos, Kamille, Malve, Pfefferminze, Ringelblume, Salbei, Thymian, Zistrose etc. (siehe Grundrezept für die äusserliche Anwendung, Seite 53)

>  Verdünnte Tinkturen: Hamamelis, Ringelblume etc. (jeweils V TL auf ein Glas Wasser).

>  Verdünntes ätherisches Öl: Teebaumöl (1 – 2 Tropfen auf 1 dl Wasser).

Nasendusche

Haben Sie die Nase voll von Ihrer triefenden Nase? Regelmässige Nasenspülungen können Menschen, die zu Nasennebenhöhlenentzündungen neigen oder an Heuschnupfen leiden, Linderung bringen. Mithilfe einer speziellen Kanne leitet man warmes Salzwasser durch die Nase. Oder man befördert das Salzwasser mithilfe eines Sprays hinein. Der Effekt dieser salzigen Dusche ist wissenschaftlich verbrieft: Schleim, Erreger, Schmutz und Pollen werden aus der Nase gespült. Die Nasendusche macht die verstopfte Nase zudem frei, indem sie die Schleimhaut befeuchtet und abschwellen lässt. Und sie verhindert das Eindicken des Nasensekrets.

Nicht anwenden: bei Verletzungen der Nase.

So funktionierts

Mit der Nasen-Spülkanne: Nasenkannen erhalten Sie in Drogerien und Apotheken. Füllen Sie die Kanne mit lauwarmer isotonischer Kochsalzlösung (siehe Kasten). Beugen Sie sich über ein Waschbecken und legen Sie den Kopf schräg nach links. Stecken Sie den Ausgiesser der Kanne in das rechte Nasenloch und heben Sie die Kanne leicht an: Die Lösung fliesst über die rechte in die linke Nasenhöhle und beim linken Nasenloch wieder heraus. Während der Spülung atmen Sie durch den Mund. Anschliessend Spülung seitenverkehrt wiederholen. Maximal zweimal täglich.

Isotonische Kochsalzlösung (0,9 %)

«Isotonisch» bedeutet gleicher Druck. Eine isotonische Kochsalzlösung hat einen (Salz-)Teilchengehalt und einen osmotischen Druck, der den Flüssigkeiten im menschlichen Körper entspricht. Die Lösung schmeckt deshalb ähnlich salzig wie Tränen.

Fertige Lösungen können Sie in der Apotheke kaufen. Um sie selbst herzustellen, gibt man auf einen Liter abgekochtes Wasser 9 g gewöhnliches Kochsalz (oder Meersalz). Für Augenspülungen: Bitte Wasser und Salz exakt abwägen! Für andere anwendungen: Geben Sie zwei gestrichene TL Salz auf einen Liter Wasser. Die Lösung maximal während zwei Tagen im Kühlschrank aufbewahren.

Mit einem Nasenspray: Sie können fixfertige Einwegsprays mit isotonischer Kochsalzlösung kaufen. Oder geben Sie lauwarme isotonische Kochsalzlösung (siehe Kasten) in einen wieder auffüllbaren Nasenspray (in der Apotheke erhältlich). Sprayen Sie einen Sprühstoss in jedes Nasenloch. Bis zu fünfmal täglich.

Teilen Sie Ihren Spray nicht mit anderen Personen. Waschen Sie den Nachfüllspray täglich mit heissem Wasser gut aus, und benutzen Sie keine abgestandene Lösung.

Achtung: Brennt die Nase bei der Spülung, überprüfen Sie die Salzkonzentration der Lösung! Schmerzt die Spülung in den Nasennebenhöhlen: Gehen Sie zur Ärztin!

Bäder und Güsse

Eine Wohltat bei so manchem Unwohlsein: kalte und wechselwarme Güsse sowie kalte, warme, ansteigende und wechselwarme Bäder. Unter «Bädern» versteht man in der Kneipp’schen Therapie sowohl Vollbäder als auch Teilbäder (Fussbad, Sitzbad, Armbad), mit oder ohne pflanzliche Zusätze.

Warme Bäder

Ein warmes Bad entspannt nach einem langen Arbeitstag, tut wohl, wenn eine Erkältung naht, befreit von Osteoporoseschmerzen, lindert Periodeschmerzen. Besonders bei Hautkrankheiten oder Krämpfen können pflanzliche Zusätze aus einem gewöhnlichen Bad auch eine wirksame Medizinalbehandlung machen.

Nicht anwenden: bei hochakuten Entzündungszuständen (Arthrose, Arthritis, Gicht), Fieberabfall mit Schwitzen oder warmen Ex-tremitäten, Krampfadern, niedrigem Blutdruck, Sensibilitätsstörungen. Bei Herzkrankheiten fragen Sie vorher Ihre Ärztin.

So funktionierts

Messen Sie die Wassertemperatur mit einem Badethermometer: Sie sollte bei warmen Volloder Teilbädern um 37, 38 Grad betragen (bei Neurodermitis oder Ekzemen nicht zu heiss!). Geben Sie eine rückfettende Bademilch ins Wasser (Apotheke/Drogerie).

Badedauer: 10 bis 20 Minuten. Ruhen Sie sich danach eine halbe Stunde im warmen Bett aus. Maximale Häufigkeit: in der Regel zweimal pro Woche.

Zusätze

>  Tee (Aufguss oder Absud): Ackerschachtelhalm, Eichenrinde, Hamamelis, Kamille, Stiefmütterchen, Thymian, Schwarztee u.a. (siehe Grundrezept für die äusserliche Anwendung, Seite 53)

>  Ätherisches Öl: Lavendel, Rosmarin (1 – 5 Tropfen in 1 – 2 EL Rahm geben). Oder Fertigbadezusätze verwenden.

Ansteigende Bäder

Bei beginnenden Erkältungen eignet sich ein ansteigendes Vollbad. Es regt die Schweissbildung und den Stoffwechsel an und kann dem Körper helfen, Fieber zu entwickeln (mehr dazu unter Fieber, Seite 90). Ansteigende Fussbäder regen die Ausscheidungen an, wirken entkrampfend und schmerzlindernd. Ansteigende Armbäder entspannen Körper und Psyche.

Ansteigende Bäder nicht anwenden: bei Fieber mit heissem Kopf oder Schwitzen, Krampfadern, beim akuten Asthmaanfall, bei schweren Formen von Arteriosklerose.

So funktionierts

Sie benötigen ein Badethermometer aus Drogerie/Apotheke.

Ansteigendes Vollbad: Setzen Sie sich bis zum Hals ins Wasser, Haare nicht nass machen. Geben Sie eine rückfettende Bademilch ins Wasser (Apotheke/Drogerie). Beginnen Sie mit einer Badetemperatur von 36 Grad. Giessen Sie innert 15 Minuten nach und nach heisses Wasser zu, bis die Temperatur 37 bis 38 Grad beträgt.

Badedauer: 20 bis 30 Minuten. Maximal dreimal wöchentlich.

Ansteigendes Armbad: Für dieses Bad eignet sich das Waschbecken. Tauchen Sie beide Arme bis zur Mitte des Oberarms in das etwa 35 Grad kalte Wasser, giessen Sie dann nach und nach heisses Wasser dazu, bis die Wassertemperatur rund 39 Grad beträgt. Badedauer: rund 10 Minuten. Einmal täglich oder je nach Bedarf.

Ansteigendes Fussbad: Dieses Bad können Sie in einem hohen Zuber oder einer speziellen Fussbadewanne (erhältlich in Drogerie, Sanitätsfachgeschäft, Apotheke) machen. Beim Fussbad sollte der Pegel bis unter das Knie reichen. Tauchen Sie beide Beine in 35 Grad warmes Wasser, giessen Sie dann nach und nach heisses Wasser dazu, bis die Wassertemperatur etwa 39 Grad beträgt. Halten Sie den restlichen Körper während des Fussbads warm!

Badedauer: rund 15 Minuten. Einmal täglich oder je nach Bedarf.

Nach einem ansteigenden Bad sollten Sie sich jeweils gut abtrocknen und für mindestens eine halbe Stunde warm zugedeckt nachruhen.

Wechselwarmes Fussbad

Der Wechsel von kalt und warm trainiert die Blutgefässe, wirkt kreislauf- und stoffwechselanregend und stärkt bei regelmässiger Anwendung die Abwehrkräfte. Das Wechselfussbad soll zudem auch zu einem besseren Schlaf verhelfen.

Nicht anwenden: bei Krampfadern, Sensibilitätsstörungen. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur nach Absprache mit der Ärztin!

So funktionierts

Sie benötigen ein Badethermometer und zwei Eimer oder zwei spezielle Fussbadewannen (in Drogerien, Apotheken oder Sanitätsfachgeschäften erhältlich). Der Wasserpegel sollte möglichst bis unters Knie reichen. Der erste Zuber enthält kaltes Wasser (in der Regel 12 – 18 Grad). Das Wasser im zweiten Behälter ist 38 Grad warm – bei Bedarf heisses Wasser nachfüllen. Tauchen Sie jeweils beide Beine zuerst für 5 Minuten ins warme Wasser, dann bis zu 20 Sekunden lang ins kalte. Wiederholen Sie die Prozedur ein Mal. Halten Sie den Körper während des Fussbads warm! Trocknen Sie nach dem Baden die Beine gut ab und gehen Sie anschliessend mit Strümpfen umher oder legen Sie sich für eine halbe Stunde ins warme Bett.

Einmal täglich.

Senfmehl-Fussbad

Nichts für Dünnhäutige: Das Senfmehl-Fussbad ist eine Reiztherapie, bei der sich die Haut stark rötet und zu brennen beginnt. Es hilft etwa bei Kopfschmerzen, Schnupfen und Verstopfung.

Nicht anwenden: bei empfindlicher Haut, Krampfadern, nicht intakter Haut, Sensibilitätsstörungen. Auch nicht bei Kindern oder desorientierten Personen.

So funktionierts

Sie brauchen ein Badethermometer, einen Eimer, der breit genug für Ihre Füsse ist, oder eine Fussbadewanne (aus Sanitätsfachgeschäft, Drogerie, Apotheke). Verrühren Sie 20 g schwarzes Senfmehl aus der Apotheke in mindestens 6 Litern etwa 38 Grad warmem Wasser. Füllen Sie den Badezuber so hoch mit Wasser, dass sich beide Füsse und die Unterschenkel möglichst bis unters Knie im Wasser befinden.

Nach dem Bad spülen Sie die Beine mit Wasser gut ab, trocknen sie ab und cremen oder ölen sie ein. Ruhen Sie sich dann für eine halbe Stunde zugedeckt im Bett aus. Führen Sie Senfmehl-Fussbäder höchstens zwei- oder dreimal pro Woche während einigen Wochen durch.

Die Badezeit darf höchstens 15 Minuten betragen (Vorsicht, nicht einschlafen!).

Achtung: Senf enthält hautreizende Substanzen. Beachten Sie die Sicherheitshinweise im Kasten auf Seite 43!

Beachten Sie: Senfmehl kann auf Textilien Flecken machen.

Kalte Bäder und Güsse

Für Warmduscherinnen und Warmbader gewöhnungsbedürftig: kalte Kneippanwendungen. Nichtsdestotrotz einen Versuch wert – springen Sie ins kalte Wasser! So profitieren Sie: Kalte Wasserreize kurbeln die körperliche Wärmeproduktion an. Sie erfrischen und wecken müde Lebensgeister – das kalte Armbad etwa wird nicht umsonst als «die Tasse Kaffee der Naturheilkunde» bezeichnet.

Kalte Bäder und Güsse nicht anwenden: bei akuten Harnwegsinfekten, Asthma, Neigung zu Wadenkrämpfen, Sensibilitätsstörungen, während der Periode. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur nach Absprache mit dem Arzt!

So funktionierts

Kalte Güsse: Hierfür benötigen Sie einen Gummischlauch von etwa 2 cm Durchmesser oder ein Giessrohr (aus dem Sanitätsfachgeschäft), die Sie an Duschkopf oder Wasserhahn montieren können. Auch ein entsprechend verstellbarer Duschkopf eignet sich. Die Wassertemperatur bei kalten Güssen beträgt in der Regel unter 18, 20 Grad. Sie dürfen den Wasserhahn aber auch auf wär-mer einstellen. Die Gussführung verläuft von den Händen respektive Füssen herzwärts.

Die Beine begiessen Sie vom Fuss her aussen bis zur Leiste und dann an den Schenkelinnenseiten wieder zurück zum Fuss.

Die Arme begiessen Sie von der Hand her über die Armaussenseite zur Achsel und innen wieder zurück zur Hand.

Kalte Güsse dürfen Sie nur anwenden, wenn Sie warme Füsse haben. Am besten stellen Sie sich während dem Guss auf einen Rost, damit die Füsse nicht auskühlen.

Nach dem Guss trocknen sich hartgesottene Kneipperinnen und Kneipper nicht ab, sondern streifen das Wasser nur ab. Anschliessend gut aufwärmen!

Kalte Güsse dürfen täglich, aber jeweils nicht länger als zwei Minuten durchgeführt werden.

Kaltes Armbad: Dieses Bad können Sie im Waschbecken nehmen. Füllen Sie kaltes Wasser (18, 20 Grad oder kälter) ein. Tauchen Sie beide Arme für maximal 30 Sekunden bis zur Mitte des Oberarms ins Wasser. Dabei verspüren Sie wahrscheinlich einen Kälteschmerz. Danach schwenken Sie die Arme, bis sie trocken sind, und sorgen dafür, dass sie warm sind.

Ein kaltes Armbad dürfen Sie nur machen, wenn Ihre Hände warm sind. Maximal einmal täglich.

Kaltes Fussbad: Hierfür benötigen Sie ein hohes Gefäss oder eine Fussbadewanne. Füllen Sie kaltes Wasser (18, 20 Grad oder kälter) ein. Tauchen Sie beide Beine möglichst bis unters Knie ins Wasser – für maximal eine Minute, bis Sie einen leichten Schmerz spüren. Gehen Sie dann umher, bis die Füsse trocken sind, und sorgen Sie dafür, dass die Füsse warm sind. Ein kaltes Fussbad dürfen Sie nur machen, wenn Ihre Füsse warm sind. Maximal einmal täglich.

Bürstenmassage

Kneipp für Wasserscheue: Das Trockenbürsten fördert die Durchblutung der Haut, wirkt blutdruckregulierend, fördert den Venen- und den Lymphfluss, macht müde Geister munter und stärkt die Wahrnehmung – ganz ohne dass Sie dabei nass werden. Bei regelmässiger Anwendung ist die Bürstenmassage auch ein probates Mittel, um Erkältungen und anderen Infekten vorzubeugen.

Nicht anwenden: bei Akne, entzündlichen Hauterkrankungen, Neurodermitis, starken Krampfadern.

So funktionierts

Benutzen Sie einen Massagehandschuh oder eine Massagebürste.

Massieren Sie den Körper in kleinen kreisenden Bewegungen: Vom rechten Fuss über die Beinaussen- und innenseiten zum Knie, zum Oberschenkel aussen, dann innen bis zur Hüfte. Danach dasselbe vom linken Fuss bis zur linken Hüfte. Anschliessend massieren Sie das Gesäss.

Dann beginnen Sie am rechten Handrücken bis zur Schulter, zuerst innen, dann aussen. Den linken Arm genauso. Danach die Brust zum Brustbein hin massieren. Anschliessend vom Bauchnabel spiralförmig im Uhrzeigersinn nach aussen. Und schliesslich – mit aufgesetztem Stiel – den Nacken in Richtung Schulter und den Rücken von oben nach unten, bis zum Gesäss.