Buch

Roper Kynortasson, der junge Anführer des Nordens von Albion, konnte seinen Thron verteidigen und in einer entscheidenden Schlacht das Heer des Südens besiegen. Doch als in den verschneiten Bergen des Landes sein jüngerer Bruder Numa getötet wird, weiß er, dass der Feind nicht ruhen wird. Während Inger, eine unerschrockene Sucherin, in Schnee und Eis Numas Mörder jagt, reitet Roper mit einer Handvoll Vertrauter gen Westen, um sich der Hilfe des machtvollen Königs Gogmagoc zu versichern, dessen unheimliches Volk die dunklen Wälder dort beherrscht. Die Reise birgt unvorstellbare Gefahren, und Roper muss sich beeilen. Denn im Süden schmiedet sein Erzfeind, der ehrgeizige Heerführer Bellamus, einen Plan, der tödlicher ist als jedes Schwert …

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Leo Carew

Der dunkle König

Under the Northern Sky

Band 2

Roman

Aus dem Englischen

von Wolfgang Thon

Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »The Spider« bei Wildfire, an imprint of Headline Publishing Group, London.

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Für Dad, in Liebe

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung August 2019

Copyright © 2019 Leo Carew

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2019 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Wolf: Lee Gibbons.

Weitere Bilder: © LANBO/Shutterstock; phiseksit/Shutterstock; photka/Shutterstock; FinePic®, München

Karte: © Morag Hood

Redaktion: Waltraud Horbas

KS Herstellung: kw

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-21692-4
V001

www.goldmann-verlag.de

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PROLOG

Ein kleines Boot schaukelte auf dem pechschwarzen, trägen Meer, während der Regen sanft wie Entendaunen vom Himmel fiel. Mond und Sterne verbargen sich hinter dichten Wolken. Nur das Klatschen der Ruder und das Plätschern der Wellen gegen den Rumpf waren zu hören. Der dunkle Umriss an den Riemen ächzte und stieß bei jedem Atemzug einen feinen Sprühnebel aus. Der einzige Passagier, eine schwarze Silhouette am Heck des Bootes, war so riesig, dass sein Gewicht den Bug aus dem Wasser hob.

»Ich weiß noch immer nicht, was du vorhast«, sagte der Ruderer.

Die dunkle Gestalt am Heck antwortete nicht. Stattdessen zog sie die Kapuze über den Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen, und starrte auf das Meer hinaus.

»Du könntest mitrudern«, schlug der Ruderer vor. Sein Name war Unndor. »Dann kämen wir schneller vorwärts.«

Der Schatten deutete auf seinen verbundenen Arm, den er schützend an die Brust gedrückt hielt. »Schwerlich.«

Das Boot nahm Kurs auf einen hellen Lichtfleck, der weit entfernt über dem Wasser schwebte. Die Wellen schlugen gegen den Rumpf des Kahns und schaukelten die beiden durch, während das ferne Licht allmählich näher kam und sich der Umriss eines Schiffs abzuzeichnen begann. Das Funkeln wurde immer wieder von dunklen Gestalten verdeckt, die über das Deck hasteten. Das schlingernde, schwitzende und dickbäuchige Ungetüm von einem Schiff wurde immer größer. Es hatte weder Bullaugen noch Mast und wurde von zwei Ankerseilen aus Hanf gehalten, die unter der Wasseroberfläche verschwanden. Gelbes Lampenlicht überflutete das Deck und wurde verdunkelt, als das kleine Boot in den Schlagschatten des Rumpfes gelangte. Man hatte sie bemerkt: Die Silhouette eines Kopfs tauchte über der Reling auf. »Ellengaest, seid Ihr das?«

»Ich bin es«, erwiderte die dunkle Gestalt am Heck.

Der Kopf verschwand augenblicklich.

»Man hat dich erwartet?«, erkundigte sich Unndor.

»Ich bin der einzige Besucher, der bei Nacht hier auftaucht.«

Ein Seil wurde über die Seite heruntergeworfen, und zwei Hände befestigten das obere Ende an der Reling. Unndor nahm das Seil und knotete es an einem eisernen Ring am Bug des Ruderbootes fest.

Dann entrollte sich eine Strickleiter und purzelte den Rumpf herab, bis das Ende unmittelbar über dem schaukelnden Dollbord des Bootes baumelte. Der Passagier, Ellengaest, rührte sich nicht. Schließlich stand Unndor auf, setzte einen Fuß auf die unterste Sprosse der Leiter und stieg hinauf. Erst als etliche Hände ihm über die Reling halfen, folgte Ellengaest ihm.

Man zog ihn auf das riesige Deck, das von einer niedrigen Reling gesäumt wurde und leicht gewölbt war, wie ein Ausschnitt eines riesigen Fasses. Überall waren Pfosten eingelassen, an denen rußgeschwärzte Sturmlaternen hingen. Die Männer an Deck in ihren schwarzen Mänteln wirkten erschöpft. Ihnen allen haftete der rauchige Geruch von Teer an. Der Regen perlte auf den schweren Gewändern und trieb in Böen durch den Lampenschein. Galti, der Kapitän, war klein und bucklig und hielt etwas mehr Abstand als üblich von der großen Gestalt Ellengaests.

»Was kann ich für Euch tun, Sir?«, fragte er und wies dann sofort seine Matrosen an: »Lasst uns allein!«

Ellengaest sah den sich eilig entfernenden Männern nach. »Dieser Ort ist die Hölle«, sagte er.

Galti widersprach nicht, sondern fixierte starr seinen Besucher, während ihm der Regen über das Gesicht lief.

»Wir wollen zu einem deiner Gefangenen, Kapitän«, antwortete Ellengaest. »Urthr Uvorenson.«

Galti scharrte unbehaglich mit den Füßen. »Was wollt Ihr von ihm, Sir? Ich frage nur, weil er ein sehr wichtiger Gefangener ist.«

»Das geht dich nichts an, Kapitän. Führ uns zu ihm.«

Galti zögerte, führte sie dann jedoch zähneknirschend zu einer breiten Luke in der Mitte des Decks. Als er sie aufzog, setzte er damit eine Dunstwolke aus Feuchtigkeit, Exkrementen, Urin und Fäulnis frei. Unndor taumelte zurück, während Galti seinen Fuß auf die Sprossen einer von außen nicht sichtbaren Leiter setzte und in dem Loch verschwand. Die beiden Neuankömmlinge blieben neben der Luke stehen.

»Ellengaest?«, fragte Unndor. »Warum ausgerechnet Ellengaest? Klingt wie ein Wort der Südlinge.«

»Du gehst als Nächster.« Ellengaest würdigte Unndor keines Blickes.

»Mein Bruder vegetiert seit mehr als drei Monaten da unten vor sich hin?«

»Steig runter und frag ihn selbst.«

Unndor verzog das Gesicht und verschwand ebenfalls durch die Luke. Er musste sich winden, damit seine breiten Schultern hindurchpassten. Ellengaest atmete einmal tief durch, dann folgte er den beiden Männern hinab.

Die Luft unter Deck glich einem giftigen Pesthauch. Ein halbes Dutzend Kerzen beleuchtete den Gang vor ihm. Ellengaest ging weiter und ignorierte die glänzenden Augen hinter den Gitterstäben, deren Blicke ihm folgten, als er vorüberging. Der Gang schwankte mit dem Rollen des Schiffs, und auf beiden Seiten ertönte leises Klirren, wenn die Gefangenen sich bewegten.

Als er Galti und Unndor erreichte, stand die Zellentür bereits offen. Er trat ein und nahm die Kerze, die Galti ihm hinhielt. Ihr Licht fiel auf zwei Holzkojen. Die obere war leer. Auf der unteren lag ein angeketteter Gefangener, der sich steif aufrichtete, als die Neuankömmlinge seine Zelle betraten. Er blinzelte, geblendet vom Licht der Kerze.

»Lass uns allein!«, befahl Ellengaest dem Kapitän.

Galti gehorchte, und während seine Schritte im Gang verhallten, maßen sich Ellengaest, Unndor und der Gefangene mit ihren Blicken.

Urthr Uvorenson war von Ellengaest selbst in diesen stinkenden Schiffsbauch verfrachtet worden, obwohl er das vermutlich nicht einmal wusste. Er hatte erst drei Monate seiner sechzigjährigen Strafe abgesessen und sah bereits jetzt aus wie ein gebrochener Mann. Er war abgemagert, sein Haar verfilzt und seine Miene wachsam. Offene Wunden schwärten an den Händen, und seine Nägel waren spröde von der endlosen Arbeit, Getreide zu mahlen, geteerte Taue aufzutrennen und Eisenerz zu zertrümmern.

»Bruder«, sagte er und sah Unndor an. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem anderen Besucher zu. »Und dich kenne ich auch. Du bist …«

»Ellengaest«, schnitt ihm der Mann das Wort ab. »Mein Name ist Ellengaest.«

Urthr starrte ihn bei diesen Worten an, dann zuckte er mit den Schultern. »Was willst du hier?«

Der Besucher, Ellengaest, lächelte Urthr humorlos an. »Ich will in Erfahrung bringen, ob du hier rauswillst, als freier Mann.«

Urthr lachte kurz und tonlos. Dann warf er seinem Bruder einen verbitterten Blick zu und zog sich in die Ecke seiner Koje zurück, um seiner Empörung über diesen grausamen Scherz Ausdruck zu verleihen.

»Ich mache keine leeren Versprechungen«, erklärte Ellengaest.

Urthr zuckte mit den Schultern. »Und wie willst du das bewerkstelligen?«

»Ich könnte dich gleich heute Nacht mitnehmen«, antwortete Ellengaest. »Dein Bruder und ich sind mit dem Boot hier herausgefahren. Es liegt draußen vertäut. Die Sache ist ganz einfach: Du willigst ein, mir zu helfen, dann rudern wir drei in diesem Boot zum Strand zurück.«

Urthr musterte ihn eingehend. »Man würde uns daran hindern.«

»Der Kapitän«, Ellengaest beugte sich vor, um Urthrs Reaktion zu beobachten, »steht bis zum Hals in meiner Schuld. Wir haben eine sehr befriedigende Vereinbarung getroffen. Ich bewahre Schweigen über das, was ich für ihn getan habe, und dafür verfüge ich frei über die Gefangenen, die ich brauche.«

Ungläubig sah Urthr ihn an. »Und was genau hast du für ihn getan?«

»Wenn ich es dir sagte, würde es die Schuld tilgen.«

Urthr hob seine mit den Handschellen gefesselten Hände. »Ich bin für jede Vereinbarung zu haben, die mich aus diesem Loch holt. Also, was willst du von mir?«

»Es geht nicht darum, was ich von dir will. Sondern was ich für dich will. Für euch beide.« Er deutete auf Unndor. »Rache. An dem Mann, der euren Vater getötet und dich in dieses Loch gesteckt hat, um für Verbrechen zu sühnen, die du nicht begangen hast. Wir werden den Schwarzen Lord stürzen.«

Urthrs Kopf fuhr zu seinem Bruder herum, dann sah er Ellengaest wieder an. »Und warum solltest du das tun?« Er sprach leise, kaum hörbar.

»Du hast den Schlüssel zu deiner Freiheit selbst in der Hand«, erwiderte Ellengaest. »Aber wenn du zu ungehobelt bist, könnte er dir zwischen den Fingern hindurchrutschen.«

Unndor beugte sich aus der Ecke vor, in die er sich zurückgezogen hatte, und ergriff das Wort. »Du kannst nicht einfach davon ausgehen, dass wir dir vertrauen. Es kursieren Gerüchte über dich. Und wie willst du dein Vorhaben überhaupt verwirklichen, wo doch schon unser Vater daran gescheitert ist? Wie willst du Roper zu Fall bringen?«

»Auf der anderen Seite des Abus lebt ein Mann«, antwortete Ellengaest. »Ein Mann aus dem Süden, ein ungewöhnlich gerissener Mann. Er lässt die Kunde verbreiten, dass er Spione anwirbt.«

»Bellamus.« Urthr klang nicht beeindruckt. »Er ist der vielleicht ärgste Feind des Schwarzen Königreiches. Und ausgerechnet ihn willst du manipulieren?«

»Ich werde ihn benutzen. Ebenso wie die Kryptea. Und ihr helft mir dabei, oder du wirst hier verfaulen. Du hast die Wahl.«

In der Dunkelheit ertönten auf dem Deck über ihren Köpfen laute Schritte. Sie konnten förmlich spüren, wie neugierige Ohren versuchten, irgendeines ihrer Worte aufzuschnappen.

»Ich kenne dich«, sagte Urthr schließlich. »Und ich kenne deinen Ruf. Du kommst hierher und machst ein verlockendes Angebot, aber ich kann mir keine Gegenleistung vorstellen, mit der du zufrieden wärest. Was also würde es mich kosten, wenn ich mir von dir helfen lasse?«

»Nichts, was dir teuer ist. Und nichts, was du nicht schon längst verloren hättest. Ich benötige Boten. Ich kann nicht regelmäßig auf die andere Seite des Abus übersetzen, um meinem Auftraggeber meine Spionageberichte zu überbringen. Das wäre zu auffällig, und außerdem würde man mich bald vermissen. Hier kommt ihr beide ins Spiel. Euch vermisst niemand. Du bekommst deine Freiheit zurück und kannst dich an dem Mann rächen, der deinen Vater getötet hat. Wirst du die Gelegenheit ergreifen?«

Eine Zeit lang herrschte Schweigen. Dann begann Urthr zu lachen. Sein Lachen war so unbeherrscht, dass selbst Ellengaest ein wenig zurückwich und den Gefangenen misstrauisch beäugte. Schließlich verstummte Urthr und zerrte an den Handschellen.

»Ja«, sagte er schließlich. »Schaff mich von diesem Monstrum herunter, dann mache ich alles für dich, was du willst. Und Roper Kynortasson zu töten ganz besonders gern.«

»Und du?« Ellengaest sah Unndor an.

»Sicher«, erwiderte der. »Gewiss. Allerdings glaube ich, du wirst bald feststellen, dass diese Wahnsinnigen von der Kryptea nicht so leicht zu manipulieren sind.«

»Die Kryptea spielt dabei die unbedeutendste Rolle«, erwiderte Ellengaest verächtlich. »In dem bevorstehenden Krieg wird jede Seele mitkämpfen. Süddal ist schwach. Wir müssen jeden einzelnen Feind finden, den Roper hat, und ihn gegen ihn aufhetzen. Und nicht nur gegen ihn. Auch alle, die ihm nahestehen, werden sterben.«

Urthr grinste immer noch. »Wer?«

»Seine Brüder sind die Ersten«, sagte Ellengaest. »Falls sie nicht schon bereits tot sind, werden sie es in wenigen Tagen sein. Der Mann, dem ich diese Aufgabe übertragen habe, hat mich noch nie enttäuscht.«

Die beiden betrachteten Ellengaest eine Weile. Das einzige Geräusch war das Knarren der Schiffsplanken. »Wann geht es los?«

Ellengaest lächelte. »Es hat bereits angefangen.«

Teil I

1. KAPITEL

Leichenfall

Der Schwarze Lord war ein großer Mann, wenngleich auch nicht so groß, wie oft angenommen wurde. Er hatte eine sehr aufrechte Haltung. Sein Haar war dunkel, die Gesichtszüge hart und kontrolliert. Doch der Eindruck täuschte. Seine Aufmerksamkeit, hatte man sie erst gewonnen, war von ebenso beständiger wie freundlicher und intelligenter Natur. Er hatte Ecken und Kanten, die sich unter einem einstudiert ablehnenden Verhalten verbargen. Gewöhnlich nahmen nur diejenigen, die ihm sehr nahestanden, sein hämmerndes Herz wahr, das ihn wie die Feder eines Uhrwerks antrieb, immer weiter. Und in ebendiesem Moment zeigte sein Gesicht diese unbeteiligte Maske, die er immer in Zeiten großen inneren Aufruhrs aufsetzte.

Denn sein Bruder war tot.

Er stand an einem weißen Sandstrand, an der Spitze eines lang gezogenen Sees, in einen dunklen Umhang gehüllt. Die einzige Person in einem Umkreis von drei Metern war eine große Frau mit schwarzem Haar und giftgrünen Augen. Sie trug ebenfalls einen dunklen Mantel. Ihr Name war Keturah, und die beiden hielten sich ein Stück abseits von den etwa zwei Dutzend anderen Trauergästen. Am Ufer, etwa fünfzig Schritte entfernt, näherte sich eine Prozession in dem peitschenden Wind, der über den See fegte: ein Dutzend Jungen, nicht älter als zwölf Jahre, die in zwei parallelen Reihen nebeneinander hergingen.

Sie trugen den Leichnam eines Kindes.

Der graue, schlaffe Körper wurde von den Jungen ungeschickt zwischen den Reihen gehalten. Sein Mund war ein dunkles Oval, und die Arme, dünn wie Weidenstöcke, wippten bei jedem Schritt. Der nackte Körper war von einer Schicht Holzkohle überzogen, und eine Kette aus Raubvogelfedern lag um seinen Hals. Eine Langtrommel, die hinter dem Leichnam hergetragen wurde, begleitete jeden Schritt, den die Jungen taten, mit einem dumpfen Schlag.

Bumm. Bumm. Bumm.

Roper nahm keine Notiz von der Trommel, ebenso wenig wie er die Berge sah, die den See auf drei Seiten mit einer steilen, grünen Wand einrahmten. Er war in Erinnerungen verloren, von denen es an diesem Ort überreichlich gab.

Er erinnerte sich an einen ruhigen Tag an ebendiesem Strand, als er und sein Bruder von einem Schwarm Mücken umschwirrt wurden. Sie waren am Strand auf und ab gelaufen, um sie loszuwerden, aber wohin sie sich auch wandten, warteten nur noch mehr Mücken auf sie. Sie hatten sich in den See gestürzt, um auf die Rückkehr des Windes zu warten. Es war viel zu kalt gewesen. Schließlich hatten sie Schutz im Rauch ihres Feuers gesucht, das Roper dem Schwarm vorzog, obwohl er den heißen Dunst einatmen musste. Er hatte vorgeschlagen, ihre Umhänge zu holen. Aber sein Bruder hatte behauptet, die Mücken hätten ihn bestimmt schon bis auf die Knochen abgenagt, bevor Roper zurückgekehrt wäre. Sie hatten gescherzt, sich vorgestellt, sie würden den Rest des Tages mit der Jagd auf die Mückenkönigin verbringen, falls eine solche Tyrannin überhaupt existierte, und sie als einen Liebesdienst an die Menschheit vernichten. Eine bessere Tat würden sie gewiss nie wieder vollbringen können, solange sie lebten.

Roper erinnerte sich an die strahlende Mondnacht, in der sie zusammen auf einer kleinen Landzunge am anderen Ende des Sees geangelt hatten. Wie verärgert war er gewesen, weil sein Bruder zwei wunderschöne Forellen gefangen hatte, er dagegen gar nichts. Dann dachte er an seine letzte Begegnung mit Numa zurück. Der hatte an diesem Strand gestanden, während sich die eisengrauen Wolken am Himmel hinter ihm zusammenbrauten. Roper hatte sich im Sattel umgedreht, als er mit zwei ihm unbekannten Legionären der Pendeen davongeritten war. Er sah vor seinem inneren Auge, wie Numa und sein Zwillingsbruder ihm nachgeschaut hatten, ohne zu winken. Sie hatten einfach nur noch einen letzten innigen Blick getauscht, bevor Roper sich abgewendet hatte. Er hörte noch das metallische Zischen des Regens auf dem flachen See und spürte die Kälte, als der Regen über seine Wangen und seine Lippen gelaufen war. An all das erinnerte er sich, empfand aber dennoch keine Trauer. Er spürte nur ein rastloses Hämmern in seiner Brust, verzehrte sich nach Rache.

Die Prozession näherte sich jetzt dem Grab neben Roper, dessen Erdwände von sich überlappenden Handabdrücken übersät waren; sie sahen aus wie ein Baldachin aus Blättern. Als sie näher kamen, begannen die Trauernden zu singen: eine leise Totenklage, die bebte und zitterte, anschwoll und dann zu einem heulenden Trauergesang anstieg, der beinahe das Dröhnen der Trommel übertönte. Einer der Sänger neben dem Grab schien ein Doppelgänger des Toten zu sein. Sein Gesicht war ein tränenüberströmtes Spiegelbild des toten Antlitzes vor ihm. Gray stand neben ihm, sang mit den anderen und legte eine Hand auf die bebende Schulter des Jungen, ohne dabei den schwankenden Leichnam aus den Augen zu lassen.

Der wurde jetzt von den Jungen über das Grab gehalten, mit dem Kopf nach Osten und so nah bei Roper, dass er die tiefen Schnitte in der Haut sehen konnte. Sie war in Streifen geschnitten worden, um den Fäulnisprozess zu beschleunigen, sobald die Knochen seines Bruders in der Erde lagen. Die dunklen Arme des Leichnams wurden angewinkelt und an seine Seiten gepresst. Einen Moment lang schien er über dem Grab zu schweben.

Das Echo der Trommel verklang, und der Gesang verstummte. Selbst der Wind legte sich.

Dann ließen sie den Leichnam los.

Er fiel in die Erde, landete in ihrer schmutzigen Umarmung. Erdklumpen spritzten hoch. Mit einem dumpfen Schlag traf die Leiche auf ihrem Ruheplatz auf, und Numas Altersgenossen und sein erschütterter Zwilling begannen, die aufgehäufte Erde mit bloßen Händen vorzuschieben und das Grab zu füllen. Roper wandte sich ab und begegnete dem prüfenden Blick der grünen Augen.

»Und jetzt finden wir heraus, wer ihn getötet hat.«

❊ ❊ ❊

»Meister.« Roper suchte den Blick eines uralten gebeugten Mannes in schwarzer Robe. Er grüßte ihn, dachte jedoch zu spät daran, seine finstere Miene zu glätten. Der Meister des Haskoli und Roper trafen sich zwischen den sich umarmenden Trauergästen und schüttelten sich die Hände. Die Hand des Meisters war eine angeschwollene Klaue, kalt und klobig. Sein Gesicht war so runzlig, dass die Haut an Pergament erinnerte, das auf dem Grund eines Reisesacks gelegen hatte. Keturah und eine andere Frau in dunkler Robe traten zu ihnen, und der Meister schenkte Roper ein mildes Lächeln.

»Ein trauriger Tag, Lord.«

»Ja, ein trauriger Tag«, pflichtete Roper ihm bei. »Aber für mich ist nun wichtig herauszufinden, warum es überhaupt zu einem solchen Tag kommen musste.«

Das Lächeln des Meisters blieb unverändert. Er war derselbe Mann, der Roper während seiner Zeit im Haskoli beaufsichtigt hatte – ein Mann, den Roper als Schüler grenzenlos gefürchtet und bewundert hatte. Der Meister war einst ein Heiliger Wächter gewesen, aber eine Verletzung hatte ihn gezwungen, sich in die Berge zurückzuziehen. Dennoch umhüllte ihn immer noch die unverkennbare Aura eines Mannes, der die Schwelle des Zorns so oft überschritten und sich dann doch wieder unter Kontrolle bekommen hatte, dass sie jetzt beinahe unerreichbar hoch war.

»Es tut mir sehr leid, Mylord. Aber derartige Vorfälle sind uns nicht gänzlich unbekannt.«

Roper kniff die Augen zusammen. »Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was du meinst.«

Der Meister faltete die Hände vor seiner Brust. »Diese Jungen sind großem Druck ausgesetzt, Mylord. Gewiss erinnert Ihr Euch an Eure eigene Zeit hier vor Ort. Wir lehren sie die Grundzüge der heiligen Kunst des Krieges. Sie lernen, unter gar keinen Umständen nachzugeben, und zwischen den verschiedenen Gruppen entwickelt sich eine glühende Rivalität. Manchmal gerät das außer Kontrolle. Ich habe es mehr als einmal erlebt. Meist während eines Kampfes, der zu weit geht. Keine Bosheit, nichts Ungewöhnliches – einfach nur ein Unfall, verursacht durch Jungen, die ihre Grenzen ausloten.«

»Du glaubst, einer von Numas Kameraden ist dafür verantwortlich?«

Der Meister nickte. »Das ist die wahrscheinlichste Erklärung, Lord.«

Keturah, die aufmerksam zugehört hatte, stieß einen ungeduldigen Laut aus. »Glaubst du das wirklich?« Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Das würde vielleicht zutreffen, wäre Numa ein normaler Schüler gewesen. Aber er ist der Bruder eines Schwarzen Lords, der gerade einen sehr mächtigen Feind besiegt hat. Dieser Vorfall hier trägt ohne Zweifel die Handschrift von Uvorens übrigen Anhängern. Ich bin sicher, dass die Weise Inquisitorin mir da beipflichten wird.«

Sie deutete auf die Frau neben sich, die zustimmend lächelte. Ihr Name war Inger, und sie war knapp über hundert Jahre alt. Ihr Haar, das ihr rundes, blasses Gesicht umrahmte, ergraute bereits. Sie trug eine dicke schwarze Kutte mit einem aufgestickten hundeköpfigen Engel aus Silberfäden auf der Brust. Weiße Adlerfedern waren in ihr Haar geflochten. Normalerweise milderte Inger diese Amtsinsignien mit einem zerstreuten Lächeln ab, um den Eindruck zu erwecken, sie wäre sich nicht einmal ihrer unmittelbaren Umgebung gewahr. Den größten Teil der Reise hierher hatte sie den Tross mit sonderbaren und bemerkenswerten Beobachtungen zum Lachen gebracht, aber Roper wusste, dass sie unmöglich so zerstreut sein konnte, wie sie vorgab. Um den Rang einer Weisen Inquisitorin zu erlangen, bedurfte es ungewöhnlicher Hellsichtigkeit und eines scharfen Verstandes.

»Unmöglich ist das nicht«, antwortete der Meister auf Keturahs Behauptung. »Doch da ich diese Schule jetzt bereits seit zwei Dutzend Jahren leite, kann ich Euch nur sagen, was mir am wahrscheinlichsten vorkommt. Würden tatsächlich Uvorens Leute dahinterstecken, hätten sie gewiss deutlich machen wollen, dass es sich hier um keinen zufälligen Akt handelt, und eine gewalttätigere und erheblich drastischere Methode angewendet. Unglücklicherweise jedoch scheint Numa mit bloßen Händen getötet worden zu sein.«

»Der Zeitpunkt ist wichtiger als das Tatwerkzeug«, wandte Keturah ein.

»Dem stimme ich zu«, erklärte die Inquisitorin mit leicht abwesender Stimme.

»Wir werden die Wahrheit herausfinden, so oder so!«, stieß Roper hervor. Er glaubte keinen Augenblick daran, dass dies ein Unfall gewesen sein könnte. »Ich lasse zwei Heilige Wächter hier, Leon und Salbjorn. Sie werden der Inquisitorin helfen.« Roper deutete auf zwei Gewappnete, die in der Nähe standen und dem Gespräch schweigend folgten. Leon war ein hünenhafter dunkelhäutiger Mann mit einem groben, wie aus Stein gemeißelten Gesicht. Salbjorn, sein Protegé, stand neben ihm. Er war klein, drahtig und blond, hatte ein spitzes Kinn und hervorstehende Wangenknochen. »Salbjorn wird bei den Ermittlungen helfen, und Leon wird Ormur beschützen.« Ormur war Numas überlebender Zwillingsbruder.

Der Meister neigte den Kopf. »Wie Ihr wünscht, Lord. Sie können oben in der Schule ein Quartier beziehen.«

»Ich danke dir für deine Hilfe, Meister«, gab Roper zurück. »Die Zeit arbeitet leider gegen mich. Ich spreche noch mit meinem Bruder, dann muss ich aufbrechen.«

Der Meister verbeugte sich, und Roper versuchte, sich unter die Menge der miteinander plaudernden Trauernden zu mischen. Aber sie wichen vor ihm zurück. Sie alle wussten, wer er war, und hielten lieber Abstand zu ihm. Roper ignorierte sie und sah sich suchend nach seinem jüngeren Bruder um. Er erspähte ihn fast augenblicklich: eine einsame Gestalt am Ufer. Das Wasser umspülte seine nackten Füße. Roper ging zu ihm, und beide starrten schweigend auf den See hinaus.

Ormur war klein für sein Alter, so wie Roper es einst auch gewesen war. Seine einnehmenden Gesichtszüge verrieten deutlich, was er fühlte, sie mussten sich erst noch zu der unerbittlichen Maske eines erwachsenen Anakim entwickeln. Im Augenblick erinnerten sie Roper an einen Menschen aus den Südlanden. Er überlegte, was er dem Jungen sagen sollte, der Ropers Auftauchen noch nicht einmal bemerkt zu haben schien. »Geht es dir gut?«

»Ja, Lord«, antwortete der Junge.

»Was ist passiert?«, fragte Roper. Ihm fiel keine Bemerkung ein, die seinem Bruder weitergeholfen hätte, also stellte er einfach die Frage, die ihm auf der Zunge lag. »Ich habe gehört, dass du seinen Leichnam gefunden hast.«

»Das habe ich, Lord.«

»Nenn mich nicht Lord, Ormur.«

»Ich habe ihn gefunden. Wir haben am Steilhang geangelt.« Der Junge deutete vage auf einen steilen Abhang am See, der von Zweigen beschattet wurde. Dort sammelten sich die Forellen und warteten auf die Insekten, die ins Wasser fielen. Schon als Roper hier seine Zeit abgeleistet hatte, war dieser Ort ein beliebter Platz zum Angeln gewesen. »Aber wir hatten kein Glück, und Numa wollte ein paar mit Ködern bestückte Angelschnüre am See auswerfen. Ich habe dort weitergeangelt.« Ormurs Gesicht verzerrte sich, und Roper legte seinem Bruder eine Hand auf den Arm. Sanft drehte er ihn um, weg vom See.

»Sieh mich an, Bruder.« Er blickte in Ormurs graue Augen. Das war nicht mehr der wilde, immer zu Späßen aufgelegte Bursche, an den Roper sich erinnerte. »Und jetzt atme tief durch.«

Ropers Berührung schien Ormur zu stärken. Er schloss die Augen und sog tief die würzige Bergluft ein.

»Bist du bereit?«

Ormur nickte. »Er ist nicht zurückgekommen. Ich habe bis spätabends geangelt. Der Mond schien, und ich habe auf ihn gewartet. Es war schon dunkel, als ich zusammengepackt und mich auf die Suche nach ihm gemacht habe.«

Roper sah, wie Ormur erneut von Trauer übermannt zu werden drohte, und reagierte sofort. »Hast du etwas gefangen?«

»Einen Saibling«, erwiderte der Junge. »Aber keinen besonders großen.«

»Ich vermisse die Saiblinge.« Roper betrachtete seinen Bruder aufmerksam. »Es ist ihr besonderer Duft, den angeblich alle mit dem Haskoli assoziieren, nachdem sie fortgegangen sind. Das Aroma von über dem Feuer geröstetem Saibling.« Diese kleine Pause in ihrer Unterhaltung hatte Ormur ein wenig Zeit gegeben, um seine Kräfte zu sammeln, und Roper wartete, dass er weitersprach.

»Ich habe ihn unten am Seeufer gefunden.« Ormurs Stimme klang undeutlich, gepresst. »Er war so bleich im Licht des Mondes. Ein Arm lag unter ihm, der andere im Wasser des Sees. Erst habe ich gar nicht erkannt, dass er tot war. Ich dachte, er wäre ausgerutscht und hätte sich verletzt. Dann habe ich ihn auf den Rücken gedreht, und …« Ormur hustete, senkte den Blick und ließ das Kinn auf die Brust sinken. Er holte tief Luft, dann warf er sich gegen Roper. Mit dem Kopf an Ropers Brust schluchzte er krampfhaft, wimmerte, ein Laut, der an ein Tier erinnerte. Roper fühlte den heißen Atem an seiner Brust. Er legte seinem Bruder die Hände auf die Schultern, hielt ihn fest, beugte sich zu ihm herab. Ormur versuchte weiterzusprechen, und Roper wollte es verhindern. Aber der Junge ließ sich nicht aufhalten. Er presste die Worte zwischen heftigen Schluchzern heraus. »Er … wurde … erwürgt!« Er keuchte. »Seine Augen …!«

»Hör auf!«, befahl Roper nachdrücklich.

Sie schwiegen eine Weile. »Es tut mir leid, Bruder«, murmelte er dann, den Mund in Ormurs Haar gedrückt. »Es tut mir so leid. Wir werden sie finden, ganz sicher. Diejenigen, die Numa getötet haben. Wir werden sie finden, und sie werden dafür zahlen.«

Ormurs Schultern bebten nicht mehr, und sein krampfhaftes Schluchzen hatte nachgelassen und war tiefen Atemzügen gewichen.

»Ich lasse eine Inquisitorin mit zwei Heiligen Wächtern hier. Die Inquisitorin und Salbjorn werden Numas Mörder finden. Leon wird dich beschützen.« Der Junge antwortete nicht, und Roper ließ ihn los. Ormur richtete sich auf. »Glaubst du, dass einer der Jungen des Haskoli Numa getötet hat?«

Ormur schüttelte sofort den Kopf, und sein von Trauer gezeichnetes Gesicht wirkte sehr überzeugt. »Nein. Nein.«

»Ich ebenfalls nicht.« Roper deutete auf die Gruppe der Trauernden. Die meisten von ihnen entfernten sich bereits vom See und gingen in Richtung Schule. Die beiden folgten ihnen, und schweigend schritten sie eine Weile nebeneinanderher. »Weißt du, welche Woche wir haben?«, fragte Roper schließlich.

»Hookho«, antwortete Ormur. Es war die Woche, in der der Kuckuck zu rufen beginnt.

»Gut. Und die nächste Woche?«

»Gurstala?« Ormur riet und nannte die Woche der Glockenblumen.

»Du hast zwei Wochen unterschlagen.« Jetzt kam es Roper sonderbar vor, aber dann erinnerte er sich daran, dass er während seiner Zeit im Haskoli ebenso unwissend gewesen war wie Ormur. Jede Woche der Anakim wurde nach irgendeinem für die jeweilige Jahreszeit typischen Ereignis benannt. Aber die Berge rund um die Schule hatten ihr eigenes Klima und ihre eigene Zeitrechnung. Die Wochennamen waren Roper damals ebenso willkürlich vorgekommen, wie sie ihm jetzt sinnträchtig erschienen. »Nächste Woche ist Pipalaw, die Woche der Regenbögen.«

Sie holten die Menschen ein, die auf dem Rückweg zur Schule waren. »Pass auf dich auf, Bruder. Arbeite hart und sei vorsichtig. Bessere Zeiten werden kommen.«

Ormur sah mit glasigen Augen zu Roper auf, nickte kurz und wandte sich ab. Dann folgte er der Gruppe rund um den See zum Haskoli. Roper sah drei Gestalten, die auf ihn warteten: die beiden Heiligen Wächter und die Inquisitorin. Er ging zu ihnen und nahm nacheinander ihre Hände, bevor er sie stumm und abwartend anblickte.

»Ich werde denjenigen finden, der für den Tod Eures Bruders verantwortlich ist, Lord«, sagte Inger. Sie hielt seinem durchdringenden Blick mit einem Lächeln stand. »Ich finde sie immer.«

»Dreht jeden Stein um«, sagte Roper leise. »Gönnt ihm keine Sekunde Pause. Folgt ihm wie ein Rudel mordlüsterner Hunde und flößt ihm glühende Furcht ein. Verfolgt ihn bis auf die Winterstraße und darüber hinaus, wenn es sein muss, und wenn ihr ihn erwischt habt, bringt mir seinen Kopf mit zwei leeren Augenhöhlen.«

»Es wird geschehen, wie Ihr wünscht, Lord«, antwortete Inger.

Roper musterte die drei noch einen Moment. »Viel Glück.«

Die Anakim und die Menschen aus den Südlanden, zwei der Völker, welche Albion bewohnten, hatten nicht viel gemeinsam. Für Letztere war die Welt voller Farben, für die Anakim war sie mit Erinnerungen angefüllt. Die Menschen aus dem Süden liebten es zu reisen, was den Anakim wiederum verhasst war. Das Volk südlich des Abus liebte es, sich zu schmücken, wofür ihre Nachbarn im Norden nur Verachtung übrig hatten. Erstere unterwarfen ihr Land der Knute des Ackerbaus, während Letztere die Wildnis verehrten. Ihre Gesetze waren unterschiedlich, ihre Sitten klar voneinander abgegrenzt, und noch nie hatte es zwei erbittertere Feinde gegeben. Doch zumindest eines verband sie: das Streben nach Rache. In beiden Völkern galt es als Angriff gegen die gesamte Familie, wenn man jemandem Mutter, Vater, Schwester oder Bruder nahm, ganz gleich, wie kompliziert ihre Beziehungen auch sein mochten. Und man durfte weder Ruhe noch Gnade erwarten, bis Vergeltung geübt worden war.

2. KAPITEL

Der Brand

Obwohl bereits die kalte Luft am Avonsee die unverkennbare Signatur der Berge trug, lag das Haskoli, die harte Schule, in welche man die Jungen im Alter von sechs Jahren schickte, um sie zu Legionären auszubilden, noch höher – hinter einem der Berge, die an den See grenzten. Der Aufstieg dauerte zwei Stunden, und als Inger und ihre Eskorte aus Heiligen Wächtern endlich dort eintrafen, dunkelte es bereits. Die Bäume waren verkümmerten Sträuchern gewichen, und hohe Schneeverwehungen schimmerten silbern unter der Sichel des Mondes.

Die Schule war in den Berg hineingebaut worden. Steile Klippen umgaben sie auf drei Seiten und boten so einen gewissen Schutz vor den Elementen. Die Gebäude sahen alle gleich aus – ein Dutzend Langhäuser aus rotem Kiefernholz mit Dächern aus Heidekraut. Sie bildeten einen Innenhof aus Sand und Steinen, über den der Schnee fegte. Davor breitete sich ein anderer, kleinerer See aus. Seine eisige Oberfläche war zerklüftet, weil das Eis immer wieder geborsten und dann erneut überfroren war. Hinter der Schule ragte die dunkle Silhouette eines uralten Baumes auf, der es irgendwie geschafft hatte, den Bergwinden zu trotzen. Es war eine einsame riesige Kiefer mit nur noch wenigen Nadeln an der Spitze. An den restlichen Zweigen hingen Hunderte von zerfetzten Raubvogelschwingen, die wie dunkle Blätter im Wind flatterten.

»Das ist unsere Unterkunft für die nächste Zeit«, sagte Inger leichthin. »Da es bereits dunkel ist, würde ich vorschlagen, wir beziehen heute Abend unser Quartier und fangen morgen in aller Frühe mit unseren Ermittlungen an.«

Die beiden Wächter murmelten zustimmend. Sie wurden von einem schwarz gekleideten Tutor zum nächstgelegenen Langhaus geführt. Im Inneren war es dunkel, und es roch stark nach Kiefernharz. Sie stiegen eine kleine Treppe hinauf, legten ihre Rucksäcke auf die Ziegenfelle, die den Boden bedeckten, und packten sie schweigend aus. Kurz darauf nahm Leon sein Schwert und marschierte hinaus. Er beabsichtigte, vor Ormurs Quartier zu schlafen.

»Wie ein Hund«, murmelte Salbjorn, der seine eigene Ausrüstung ausbreitete, um sie zu pflegen. Er zündete vier qualmende Kerzen an, damit er bei seiner Arbeit etwas sehen konnte. »Glaubst du wirklich, dass der Meuchelmörder noch hier ist?« Er setzte sich schwer auf den Boden, zog einen Tiegel mit Schmierfett zu sich heran und begann, es mit bloßen Händen in das Leder seiner Stiefel zu reiben.

Inger sah zu ihm hinüber. »Was glaubst du denn?«

Der Wächter wandte ihr kurz sein vom Schatten verdunkeltes Gesicht zu, bevor er sich wieder um seine Stiefel kümmerte. »Er ist weg. Du bringst nicht einfach den Bruder des Schwarzen Lords um und drückst dich dann weiter am Schauplatz des Verbrechens herum.« Als Inger nicht antwortete, sah Salbjorn sie noch einmal an. »Hab ich recht oder nicht?«

»Das kommt wohl darauf an, aus welchem Grund du ihn umgebracht hast«, erwiderte Inger friedfertig.

Regen prasselte auf das Rieddach und wehte in Schleiern vor dem Fenster vorbei.

»Hast du schon irgendwelche Verdächtigen?«

»Viele«, gab Inger zurück. »Der Schwarze Lord hat sehr viele Feinde, und jeder von ihnen könnte dahinterstecken. Die beiden Söhne von Uvoren, Unndor und Urthr, fristen ihr Leben entweder in Schande oder vegetieren auf einem Galeerenschiff, dank Roper. Vielleicht ist es ein Freund von ihnen. Tore, der Kommandeur der Grauen, war seit seiner gemeinsamen Zeit mit Uvoren in diesem Haskoli dessen Freund. Er kommandiert sehr viele Männer. Vielleicht hat einer von ihnen auf seinen Befehl hin gehandelt. Dasselbe gilt für Randolph, den Kommandeur der Schwarzfelsen. Aber vielleicht hat die Sache auch gar nichts mit Uvorens Tod zu tun. Man sollte nie den unbändigen Zorn der Kryptea unterschätzen und die sonderbaren Motive, die sie für jeden Mord ersinnen können. Möglicherweise war es auch das Werk der Südlande. Vielleicht stammte der Meuchelmörder aus Süddal, und der Mord war eine Vergeltungsmaßnahme für das Massaker auf Harstathur. Vielleicht sind die Männer aus den Südlanden zu dem Schluss gekommen, dass Ropers Brüder ein leichteres Ziel wären als der Schwarze Lord selbst.« Inger verstummte und blickte nachdenklich auf eine flackernde Kerze. »Und das ist nur der Anfang. In unserem Königreich sind dunkle Mächte am Werk. Sie tun Dinge, die wir noch nicht verstehen.«

Mittlerweile war es draußen vollständig dunkel geworden, und das Prasseln des Regens erfüllte den Raum. Salbjorn war mit seinen Stiefeln fertig und kümmerte sich um den Rest seiner Ausrüstung. Jedes fertige Teil legte er auf einen ordentlichen Haufen. Sein Kürass hatte Beulen, Dellen und kleine Löcher, aber man fand darauf keinen einzigen Flecken Rost, Schmutz oder Blut. Der Kettenpanzer darunter war von gebrochenen Kettengliedern durchzogen, doch er glitzerte wie Wasser im Sonnenschein. Und das Langschwert, das blank geputzt an der Wand lehnte, damit das frisch aufgetragene Öl trocknen konnte, hatte kleine Scharten an der Schneide, die jedoch zu mörderischer Schärfe gewetzt war.

»Riechst du auch den Rauch?« Inger fuhr plötzlich aus ihrer Träumerei hoch.

Salbjorn deutete auf den Tiegel mit Schmierfett. »Das ist das Fett.«

»Nein, das habe ich schon vorher gerochen.« Inger stand auf. Sie wandte sich zum Fenster um und blickte auf den verregneten Hof der Schule. Ein paar Sekunden lang konnte sie nichts erkennen. Dann hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und sie nahm den roten Schein wahr, der auf dem Boden vor ihrem Langhaus flackerte. Sie sah zwar keine Flammen, aber ihr war sofort klar, dass dies nur daran lag, weil sie unmittelbar unter ihr loderten. Sie fuhr herum, und eine entsetzliche Erkenntnis breitete sich auf ihrer Miene aus, als sie den Rauch im Licht der Kerzen bemerkte.

»Feuer!«, schrie sie und lief sofort zur Treppe. »Unter uns!«

Salbjorn verharrte einen Moment verwirrt. Dann jedoch sah auch er den Rauch, der durch den Kerzenschein waberte und in dichtem Nebel die Treppe hinaufquoll. Er stieß einen Fluch aus, sprang auf die Füße und rannte hinter Inger her. Sie polterten die Treppe hinab, in den Rauch hinein, der immer heißer und ätzender wurde. Nach wenigen Stufen und lange bevor sie das Erdgeschoss erreichten, wurde ihnen klar, dass sie auf diesem Weg nicht mehr würden entkommen können. Dunkler Nebel umhüllte sie. Die Flammen flackerten schon auf den Kiefernwänden. Sie blieben stehen und starrten entsetzt auf die Flammen, die wie Flüssigkeit über den Boden quollen und die Türen und Wände hinaufleckten. Schwarze Rauchwolken hatten sich unter der Decke gesammelt. Plötzlich hörte Inger Leons Stimme von draußen. Er schrie um Hilfe.

Salbjorn fluchte erneut. Inger machte kehrt und prallte gegen ihn. »Zurück nach oben!« Hustend und keuchend mühten sich die beiden denselben Weg zurück, den sie gekommen waren. Inger stolperte über die oberste Stufe und stürzte zu Boden. Hinter ihr wälzte sich unaufhörlich Rauch die Treppe hinauf.

»Zum Fenster!«, rief sie und ließ sich von Salbjorn vom Boden hochziehen. Ihre Lunge verkrampfte sich, als der Rauch brennend durch ihre Kehle drang. Das Feuer unter ihnen breitete sich rasend schnell aus, viel zu schnell, als dass es ein Unglücksfall hätte sein können. Den wilden Flüssen aus Feuer nach zu urteilen, musste jemand die Dielen mit Öl getränkt haben. Die beiden rannten zu einem Fenster, beugten sich über das Fensterbrett und in den Regen hinaus. Tief sogen sie die kalte Luft ein. Unter ihnen schlugen die Flammen gierig aus den Fenstern im Erdgeschoss, krochen an den Außenwänden empor und schienen sie zu verschlingen. Gestalten rannten im Hof hin und her, ihre langen Schatten zuckten über den Boden. Sie schrien in Panik durcheinander und wurden von Leon, dessen hünenhafte Silhouette deutlich zu erkennen war, zum See beordert. Scheinbar versuchten sie eine Eimerkette zu bilden, um die Flammen zu löschen, aber das würde zu lange dauern, um Inger und Salbjorn zu retten. Sie waren im Obergeschoss gefangen.

»Wir müssen springen«, sagte Salbjorn. Sein Kopf verschwand im Langhaus, und als er wieder auftauchte, schleuderte er seine kostbare Ausrüstung hinaus. Die Waffen und die Rüstung landeten sieben Meter tiefer auf dem Boden und klirrten und polterten über das Pflaster. Vielleicht konnte Salbjorn springen, schließlich war er ein Athlet, jung und stark. Aber Inger war bereits in fortgeschrittenem Alter und sicher, sie würde sich auf den Steinen sämtliche Knochen brechen, wenn sie aus dem Fenster sprang.

»Ich springe nicht«, erklärte sie ruhig.

Salbjorn hatte bereits einen Fuß auf das Fensterbrett gesetzt und drehte sich zu ihr um. »Du musst.«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf und legte die Hand auf seinen Arm. »Geh du. Ich denke mir etwas anderes aus.«

Salbjorn betrachtete einen Herzschlag lang ihr Gesicht. »Wenn du springst, könntest du dich möglicherweise verletzen«, stellte er fest. »Aber wenn du hierbleibst, stirbst du mit Sicherheit!«

Sie lächelte ihn an. »Ich würde einen vom Rauch inspirierten Schlaf jederzeit gebrochenen Beinen, Blutverlust und Fieber vorziehen.«

Sie starrten einander an. Schreie hallten von unten herauf: Die Leute beschworen sie, ihr Glück zu versuchen und zu springen. Die Hitze schlug in Ingers Rücken, und sie sah, wie die Luft waberte, die über ihr aus dem Fenster drang. Schweiß stand ihr auf der Stirn und lief ihr den Rücken hinab.

»Also gut.« Salbjorn lenkte unvermittelt ein und ging wieder in den Raum zurück. Inger versuchte ihn festzuhalten, als er sich vom Fenster abwandte.

»Du musst springen!«, sagte sie. Aber der Rauch zwang sie, sich wieder zum Fenster umzudrehen. »Du kannst nicht bleiben …« Sie begann zu husten. »Bitte! Ich werde springen, wenn du dann ebenfalls springst.«

»Das werde ich auch.« Salbjorn tauchte mit Ziegenfellen im Arm auf. Tränen quollen unter seinen geschlossenen Augenlidern hervor, sein Gesicht war schweißbedeckt, und er blieb keuchend am Fenster stehen, während er versuchte, die Augen wieder zu öffnen. Dann warf er die Ziegenfelle hinab und stellte sich auf das Fensterbrett. »Und du wirst es auch tun«, sagte er und ließ sich über das Fensterbrett hinabgleiten. Einen Moment hielt er sich noch mit den Fingern fest und baumelte hoch über dem Boden, während er in die Tiefe blickte. Dann ließ er los.

Salbjorn stürzte in die Dunkelheit hinab, landete auf dem steinernen Boden und wurde durch die Wucht des Aufpralls zurückgeschleudert. Inger hörte ihn vor Schmerz stöhnen, als die Luft aus seiner Lunge gepresst wurde. Ihr war klar, dass sie sich bei einem solchen Sprung die Beine brechen würde. Selbst Salbjorn konnte sich nur mühsam und schwankend aufrichten. Scheinbar hatte er sich den Knöchel verletzt. Er rief Leon zu sich, und die beiden berieten sich hastig. Hinter ihnen wurden endlich die ersten Eimer Wasser von der Löschkette in die Flammen gekippt, aber es ging viel zu langsam. Sie zeigten kaum mehr Wirkung als der Regen, der auf den Boden des Hofes prasselte. Ein solch tödliches Feuer musste geplant worden sein.

Unter Inger breitete sich plötzlich ein dunkler Fleck aus. Leon und Salbjorn hatten jeder den Rand eines Ziegenfells gepackt und spannten es zwischen sich. »Spring!«, rief Salbjorn. »Versuch, auf der Haut zu landen. Sie wird den Aufprall mildern!«

Selbst wenn die beiden Wächter ihren Sturz abfedern konnten – das Ziel wirkte aus dieser Höhe winzig. Inger sah in den Raum zurück, musste sich jedoch rasch wieder von der schrecklichen Hitze abwenden, die ihr ins Gesicht schlug. Ihre Augen tränten. Blind tastete sie sich vorwärts und kletterte auf das Fensterbrett. Dort blieb sie einen Moment stehen und balancierte, zitternd und zögernd, aber es gab keinen Grund, länger zu warten. Ihre Sehkraft würde nicht zurückkehren, jedenfalls nicht, bevor sie nicht an der frischen Luft war.

Also ließ sie sich einfach nach vorn fallen.

Inger stürzte blindlings durch die Dunkelheit und ruderte mit den Armen, während kalte Luft an ihr vorbeipfiff. Sie landete mit einem dumpfen Knall auf der Ziegenhaut. Durch ihren Schwung prallte sie auf die Steine darunter, die den Sturz abrupt abbremsten. Leon und Salbjorn wurden von der Wucht des Aufpralls aufeinander zu gezogen und fielen auf sie. Einen Moment lang lag Inger einfach nur keuchend da, die Augen weiterhin tränenblind. Ihre Kehle brannte, und noch immer versuchte sie, den ekelhaften Qualm aus der Lunge zu husten. Sie spürte, wie die beiden Gestalten über ihr zur Seite rollten. Jemand packte ihre Schulter und drehte sie herum, sodass ihr der eisige Regen ins Gesicht schlug.

»Inquisitorin? Bist du verletzt?« Es war Salbjorns Stimme. Inger atmete die kalte Bergluft ein und spürte ihren Herzschlag im ganzen Körper. Sie schüttelte den Kopf.

»Wir müssen dich von den Flammen wegbringen. Bleib ruhig liegen.«

Sie spürte, wie das Fell unter ihr angespannt wurde, als die beiden Wächter erneut die Seiten packten und sie über den Hof schleppten. »Bleib, wo du bist, Herrin«, ertönte Salbjorns Stimme aufs Neue, als sie zum Stehen kamen. »Wir müssen verhindern, dass sich die Flammen weiter ausbreiten. Danach kommen wir zu dir zurück.«

Inger hörte, wie die beiden wegrannten. Hustend setzte sie sich auf, wischte sich die Augen und zwang sich dann, sie aufzuschlagen. Ihr Langhaus auf der anderen Seite des Hofs war ein Inferno, die Außenwände nichts weiter als eine fragile, skelettartige Fassade zwischen der Nacht und den tosenden Flammen dahinter. Davor kippten Gestalten Eimer mit Wasser in die Flammen und gossen auch Wasser auf die benachbarten Langhäuser, um zu verhindern, dass sie ebenfalls ein Opfer des Feuers wurden. Die ganze Szenerie war von einer unheimlich schillernden Aura umgeben, die von den Tränen in ihren Augen verursacht wurde. Sie brauchte dringend etwas zu trinken, rappelte sich mühsam auf und humpelte zu dem benachbarten Langhaus, um dort einen Kübel zu suchen. Als sie sich dem Rand des Hofs näherte, bog eine Gestalt um die Ecke des Langhauses und prallte gegen sie. Inger taumelte zurück, zu überrascht, um rechtzeitig reagieren zu können.

Dann konzentrierte sie sich auf das halb beleuchtete Gesicht vor ihr. Es war eine grobe, von Narben übersäte Visage, die sie so drohend anstarrte, dass sie unwillkürlich noch einen Schritt zurückwich. Die Silhouette verriet, dass es sich um einen untersetzten Mann handelte, viel zu kräftig, als dass er einer der jungen Tutoren des Haskoli hätte sein können. Und an seiner Seite blitzte ein langes, scharfes Messer auf.

Einen atemlosen Moment lang starrten sie sich einfach nur an, beide gleichermaßen geschockt. Dann holte Inger tief Luft.

»Eindringling!«, brüllte sie.

Meuchelmörder.

3. KAPITEL

Wenn die Toten sich erheben

Roper und Keturah ritten unter einem Blätterbaldachin von Ulmen entlang, gefolgt von Gray und einem anderen Heiligen Wächter, Hartvig. Am Abend zuvor waren sie von den Bergen herabgekommen, auf deren Pässen noch so viel Schnee lag, dass die Pferde kaum durchgekommen waren, und ritten jetzt in kameradschaftlichem Schweigen.