Frances Hodgson Burnett

Der geheime Garten

Aus dem Englischen neu übersetzt
von Felix Mayer

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Die englische Originalausgabe erschien 1911 unter dem Titel The Secret Garden bei Heinemann in London. Textgrundlage dieser Übersetzung ist die Ausgabe New York: Harper Trophy 1998.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

© 2013 Anaconda Verlag,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Inhalt

1.Es ist niemand mehr da

2.Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf

3.Über das Moor

4.Martha

5.Das Weinen auf dem Flur

6.»Da hat jemand geweint – ganz bestimmt!«

7.Der Schlüssel zum Garten

8.Das Rotkehlchen weist den Weg

9.Das seltsamste Haus auf der ganzen Welt

10.Dickon

11.Das Nest der Misteldrossel

12.»Könnte ich vielleicht ein bisschen Erde haben?«

13.»Ich bin Colin«

14.Ein junger Maharadscha

15.Nestbau

16.»Ich muss gar nicht!«, sagte Mary

17.Ein Wutanfall

18.»Du darfst keine Zeit verlieren!«

19.»Er ist da!«

20.»Ich werde leben, bis in alle Ewigkeit!«

21.Ben Weatherstaff

22.Sonnenuntergang

23.Der Zauber

24.»Dann sollen sie ruhig lachen«

25.Der Vorhang

26.»Es ist meine Mutter!«

27.Im Garten

1. Kapitel

Es ist niemand mehr da

Als Mary Lennox nach Misselthwaite Manor geschickt wurde, um dort bei ihrem Onkel zu leben, sagten die Leute, sie hätten noch nie ein Kind gesehen, das so unsympathisch aussah. Und das stimmte auch. Mary war klein und schmächtig, ihr Gesicht war klein und schmal, sie hatte helles, dünnes Haar und sie blickte griesgrämig drein. Ihre Haare und ihr Gesicht waren ganz fahl, denn sie war in Indien zur Welt gekommen und immer kränklich gewesen. Ihr Vater hatte für die englische Regierung gearbeitet und war nicht nur sehr beschäftigt, sondern ebenfalls dauernd krank gewesen, und ihre Mutter war eine wunderschöne Frau gewesen, die nichts anderes im Sinn hatte, als auf Bälle zu gehen und sich im Kreise ausgelassener Leute zu amüsieren. Sie hatte nie ein kleines Mädchen gewollt, und als Mary auf der Welt war, gab sie sie in die Obhut einer Ayah, eines Kindermädchens, der sie einschärfte, wenn sie es der gnädigen Frau recht machen wolle, müsse sie ihr das Kind so gut es ging vom Leib halten. Also wurde Mary von ihr ferngehalten, solange sie ein kränkelndes, quengeliges und unansehnliches Baby war, und als sie ein kränkelndes, quengeliges und tapsiges Kleinkind war, wurde sie weiterhin von ihr ferngehalten. Einzig vertraut waren ihr die dunklen Gesichter ihrer Ayah und der anderen indischen Dienstboten, und weil diese ihr immer gehorchten und ihr bei allem ihren Willen ließen, da die Herrin verärgert gewesen wäre, wenn das Geschrei des Kindes sie gestört hätte, war sie mit sechs Jahren das tyrannischste und selbstsüchtigste kleine Gör, das die Welt je gesehen hatte. Die junge englische Gouvernante, die ihr Lesen und Schreiben beibringen sollte, konnte sie so wenig leiden, dass sie nach drei Monaten wieder kündigte, und alle anderen Gouvernanten, die es danach mit der Stelle versuchten, gaben noch früher auf als die erste. Mary hätte also niemals das Abc gelernt, wenn sie nicht unbedingt hätte wissen wollen, wie man Bücher liest.

Als sie etwa neun Jahre alt war, wachte sie eines entsetzlich heißen Morgens auf und war furchtbar missmutig, und als sie feststellte, dass die Dienerin, die neben ihrem Bett stand, nicht ihre Ayah war, wurde sie noch missmutiger.

»Was willst du hier?«, sagte sie zu der Unbekannten. »Geh wieder weg. Sag meiner Ayah, sie soll kommen.«

Die Frau wirkte verängstigt und brachte nur stammelnd hervor, dass die Ayah nicht kommen könne, und als Mary einen Wutanfall bekam und sie schlug und mit den Füßen trat, wirkte sie noch verängstigter und sagte nur immer wieder, dass die Ayah nicht zum gnädigen Fräulein kommen könne.

An diesem Morgen lag etwas Rätselhaftes in der Luft. Nichts ging seinen gewohnten Gang und es schien, als seien weniger eingeborene Dienstboten da als sonst, und diejenigen, die Mary sah, schlichen oder hetzten mit aschfahlen und schreckverzerrten Gesichtern umher. Aber niemand erklärte ihr, was los war, und auch ihre Ayah kam nicht. Der Vormittag verging und niemand kümmerte sich um sie, und schließlich ging sie hinaus in den Garten und spielte allein unter einem Baum neben der Veranda. Sie spielte, dass sie ein Blumenbeet anlegte, indem sie große scharlachrote Hibiskusblüten in kleine Erdhaufen steckte, und dabei wurde sie immer zorniger und murmelte die Vorwürfe und Schimpfworte vor sich hin, die sie Saidie an den Kopf werfen würde, wenn sie wiederkam.

»Du Schwein! Du Schwein! Du Schweinemädchen!«, sagte sie, denn einen Eingeborenen ein Schwein zu nennen, ist die schlimmste Beleidigung überhaupt.

Während sie diese Worte in einem fort zwischen den Zähnen hervorstieß, hörte sie, wie ihre Mutter mit jemand anderem auf die Veranda heraustrat. Sie war in Begleitung eines blonden jungen Mannes und die beiden unterhielten sich mit gedämpften, seltsam klingenden Stimmen. Mary kannte den Mann, der aussah wie ein kleiner Junge. Sie hatte gehört, dass er ein sehr junger Regierungsbeamter war, der eben erst aus England gekommen war. Sie betrachtete ihn eingehend, aber noch eingehender betrachtete sie ihre Mutter. Das tat sie jedes Mal, wenn sie einen Blick auf sie erhaschen konnte, denn die gnädige Frau – so nannte Mary sie meistens – war eine äußerst hübsche, hochgewachsene und schlanke Dame und trug wunderschöne Kleider. Ihr lockiges Haar glänzte wie Seide, sie hatte eine zierliche kleine Nase, die die Welt zu verachten schien, und große, lachende Augen. Sie trug dünne, wallende Gewänder, von denen Mary sagte, sie seien »voll mit Spitzen«. An diesem Morgen schienen sie so voll mit Spitzen wie noch nie, aber die Augen der gnädigen Frau lachten kein bisschen. Sie waren weit aufgerissen, und sie blickte verängstigt und flehend zu dem jungen blonden Beamten auf.

»Ist es denn so schlimm? Wirklich so schlimm?«, hörte Mary sie sagen.

»Es ist grauenhaft«, antwortete der junge Mann mit zitternder Stimme. »Grauenhaft, Mrs. Lennox. Sie hätten sich schon vor zwei Wochen in die Berge zurückziehen sollen.«

Die gnädige Frau rang die Hände.

»Ja, ich weiß!«, rief sie aus. »Ich bin nur hiergeblieben, weil ich zu dieser dummen Abendgesellschaft gehen wollte. Wie töricht von mir!«

In diesem Augenblick brach in den Hütten der Dienstboten ein Geheul aus, das so laut war, dass sie den jungen Mann am Arm packte, und auch Mary erschauerte von Kopf bis Fuß. Das Geheul wurde immer schriller.

»Was ist das? Was ist das?«, stieß Mrs. Lennox atemlos hervor.

»Jemand ist gestorben«, erklärte der junge Beamte. »Sie hatten gar nicht erwähnt, dass es auch unter Ihrer Dienerschaft ausgebrochen ist.«

»Das wusste ich nicht!«, rief die gnädige Frau. »Kommen Sie! Kommen Sie!« Und sie drehte sich um und lief ins Haus.

Danach geschahen fürchterliche Dinge und Mary erfuhr, was es mit den rätselhaften Ereignissen des Vormittags auf sich hatte. Die Cholera war ausgebrochen, in ihrer schwersten Form, und die Menschen starben wie die Fliegen. Die Ayah war in der Nacht erkrankt, und weil sie gerade gestorben war, waren die Diener in ihren Hütten in Wehklagen verfallen. Noch am selben Tag starben drei weitere Dienstboten, und andere liefen vor Entsetzen davon. Panik herrschte in jedem Winkel, und in allen Häusern starben die Menschen.

Inmitten der Verwirrung und der Fassungslosigkeit, die sich am nächsten Tag breitmachten, verkroch Mary sich in ihr Kinderzimmer und wurde dort von allen vergessen. Niemand dachte an sie, niemand rief nach ihr, und sie ahnte nichts von den eigenartigen Dingen, die um sie herum geschahen. Sie brachte die Stunden zu, indem sie abwechselnd weinte und schlief. Sie begriff nur, dass die Leute krank waren, und das Einzige, was sie mitbekam, waren rätselhafte und beängstigende Geräusche. Einmal schlich sie sich ins Esszimmer und fand es leer vor, allerdings standen noch Reste eines Abendessens auf dem Tisch und die Stühle und Teller sahen so aus, als hätten die Gäste sie hastig zurückgeschoben, als sie aus irgendeinem Grund plötzlich aufgestanden waren. Mary aß etwas Obst und Kekse, und weil sie Durst hatte, nahm sie ein Weinglas, das noch fast voll war, und trank es aus. Der Wein schmeckte süß und sie ahnte nicht, wie stark er war. Er machte sie im Handumdrehen furchtbar schläfrig, und sie ging zurück in ihr Kinderzimmer und versteckte sich dort wieder, verängstigt von den Schreien, die aus den Hütten zu ihr drangen, und vom Geräusch vorbeihastender Füße. Der Wein machte sie so müde, dass sie die Augen kaum noch offenhalten konnte, und sie legte sich ins Bett und bekam für eine lange Zeit nichts mehr mit.

Während der Stunden, in denen sie so fest schlief, geschah vieles, aber weder das Geheul der Dienstboten konnte sie wecken noch der Lärm, der entstand, als alles Mögliche zwischen Haus und Hof hin und her getragen wurde.

Als sie aufwachte, blieb sie liegen, den Blick auf die Wand gerichtet. Im ganzen Haus war es vollkommen ruhig. Noch nie hatte sie es so still erlebt. Weder Stimmen noch Schritte waren zu hören und sie fragte sich, ob alle wieder von der Cholera genesen waren und der Schrecken vorüber war. Sie fragte sich auch, wer sich jetzt, da ihre Ayah tot war, um sie kümmern würde. Wahrscheinlich würde eine neue Ayah kommen, und die würde vielleicht ein paar neue Geschichten kennen. Die alten hatte Mary allmählich langweilig gefunden. Sie weinte nicht, weil ihr Kindermädchen gestorben war. Sie war kein mitfühlendes Kind und andere Menschen waren ihr immer egal gewesen. Der Lärm und das Herumrennen und das Wehklagen über die Cholera hatten ihr Angst eingejagt, und sie war wütend geworden, weil anscheinend niemand daran dachte, dass sie noch am Leben war. Alle waren so von Panik ergriffen, dass keiner an ein kleines Mädchen dachte, das ohnehin niemand mochte. Es schien, als dächten die Leute nur noch an sich selbst, wenn sie die Cholera hatten. Aber wenn alle wieder gesund waren, würde sich sicher jemand an sie erinnern und nach ihr sehen.

Doch niemand kam, und während sie weiter dalag und wartete, schien das Haus stiller und stiller zu werden. Da hörte sie ein Rascheln auf dem Bettvorleger, und als sie hinuntersah, entdeckte sie eine kleine Schlange, die herumkroch und sie mit juwelengleichen Augen anblickte. Mary hatte keine Angst, denn die Schlange war ein harmloses kleines Ding, das ihr nichts antun würde und es offensichtlich eilig hatte, aus dem Zimmer zu kommen. Sie sah zu, wie sie unter der Tür verschwand.

»Wie seltsam ruhig es ist«, sagte sie. »Es hört sich an, als sei niemand im Haus außer mir und der Schlange.«

Keine Minute später hörte sie Schritte, erst auf dem Hof und dann auf der Veranda. Es waren die Schritte von Männern; sie betraten das Haus und unterhielten sich leise. Niemand kam, um sie zu empfangen oder mit ihnen zu sprechen, und es hörte sich an, als machten sie die Türen zu den Zimmern auf, um sich umzusehen.

»Was für ein Jammer!«, hörte Mary eine der Stimmen sagen. »Diese wunderschöne Frau! Und das Kind vermutlich auch. Angeblich hatte sie eine Tochter, allerdings hat niemand sie je gesehen.«

Als sie ein paar Minuten später die Tür des Kinderzimmers öffneten, stand Mary in der Mitte des Raumes. Sie sah wild und wütend aus und blickte finster drein, denn sie wurde allmählich hungrig und fühlte sich schändlich vernachlässigt. Der erste Mann, der hereinkam, war ein groß gewachsener Beamter, den sie einmal gesehen hatte, als er sich mit ihrem Vater unterhielt. Er wirkte erschöpft und verstört, doch als er Mary sah, erschrak er so heftig, dass er fast einen Schritt zurück machte.

»Barney!«, rief er. »Hier ist ein Kind! Ganz alleine! An so einem Ort! Herr im Himmel, wer mag sie wohl sein?«

»Ich bin Mary Lennox«, sagte das kleine Mädchen und richtete sich kerzengerade auf. Sie fand es ziemlich unverschämt, dass der Mann das Haus ihres Vaters »so einen Ort« nannte. »Ich bin eingeschlafen, als alle die Cholera hatten, und bin gerade erst wieder aufgewacht. Warum kommt denn niemand?«

»Das ist das Kind, das nie jemand zu Gesicht bekommen hat!«, rief der Mann aus und drehte sich zu seinen Begleitern um. »Man hat sie einfach vergessen!«

»Warum hat man mich vergessen?«, fragte Mary und stampfte mit dem Fuß auf. »Und warum kommt denn niemand?«

Der junge Mann namens Barney sah sie tieftraurig an. Mary glaubte sogar, ihn blinzeln zu sehen, als wolle er sich Tränen aus den Augen blinzeln.

»Du armes Kind!«, sagte er. »Es ist niemand mehr da, der kommen könnte.«

Auf diese seltsame Weise erfuhr Mary schlagartig, dass sie keinen Vater und keine Mutter mehr hatte; dass beide in der Nacht gestorben und weggebracht worden waren und dass auch die wenigen indischen Diener, die nicht umgekommen waren, das Haus so schnell wie möglich verlassen hatten, wobei nicht einer von ihnen an das gnädige Fräulein gedacht hatte. Deshalb war es überall so still. Es war tatsächlich niemand mehr im Haus außer Mary und der kleinen raschelnden Schlange.

2. Kapitel

Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf

Mary hatte ihre Mutter immer gern aus der Ferne betrachtet und sie sehr hübsch gefunden, aber weil sie sie kaum kannte, war nicht damit zu rechnen, dass sie sie liebte oder sie sehr vermissen würde, wenn sie nicht mehr da war. Sie vermisste sie in der Tat überhaupt nicht, und weil sie ein selbstsüchtiges Kind war, dachte sie einzig und allein an sich, so wie sie es immer getan hatte. Wenn sie älter gewesen wäre, hätte es ihr sicher Angst gemacht, allein auf der Welt zu sein, aber sie war noch sehr jung, und weil sich immer jemand um sie gekümmert hatte, glaubte sie, das würde auch weiter so sein. Sie fragte sich, ob sie wohl zu netten Leuten kommen würde, die sie freundlich behandeln und ihr ihren Willen lassen würden, so wie ihre Ayah und die anderen indischen Diener es getan hatten.

Sie wusste, dass sie nicht lange in dem englischen Pfarrhaus bleiben würde, in das man sie zunächst gebracht hatte. Sie wollte dort auch nicht bleiben. Der englische Pfarrer war arm und hatte fünf Kinder, die fast alle in Marys Alter waren, zerlumpte Kleidung trugen und sich dauernd zankten und sich gegenseitig das Spielzeug wegnahmen. Mary fand ihr schmutziges Haus abscheulich und war so garstig zu ihnen, dass schon nach ein oder zwei Tagen keines der Kinder mehr mit ihr spielte. Schon am zweiten Tag hatten sie einen Spottnamen für sie gefunden, der sie richtig wütend machte.

Basil hatte ihn sich ausgedacht. Basil war ein kleiner Junge mit frechen blauen Augen und einer Stupsnase, und Mary konnte ihn nicht ausstehen. Einmal spielte sie allein unter einem Baum, so wie an dem Tag, als die Cholera ausgebrochen war. Sie legte Erdhügel und Wege für einen Garten an, als Basil kam, sich neben sie stellte und ihr mit wachsendem Interesse zusah. Schließlich machte er einen Vorschlag.

»Wenn du hier ein paar Steine aufschichtest, dann hättest du einen Steingarten«, sagte er. »Hier in der Mitte«, fügte er hinzu, beugte sich über Mary und zeigte auf die Stelle.

»Geh weg!«, rief Mary. »Ich mag keine Jungen. Geh weg!«

Basil wirkte einen Moment verärgert, aber dann begann er Mary zu necken. Seine Schwestern neckte er andauernd. Er hüpfte um Mary herum, schnitt Grimassen, lachte und sang:

»Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf,
Will dein Garten denn gedeih’n?
Silberglöckchen, Kornrosen,
Ringelblumen in der Reih’.«

Er sang das Lied so lange, bis auch die anderen Kinder es mitbekamen und zu lachen anfingen; und je wütender Mary wurde, desto öfter wiederholten sie »Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf«; und fortan, solange sie bei ihnen wohnte, nannten sie sie »Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf«, wenn sie über sie sprachen, und oft sagten sie es ihr auch ins Gesicht.

»Ende der Woche wirst du nach Hause geschickt«, sagte Basil zu ihr. »Und wir sind froh darüber.«

»Ich auch«, entgegnete Mary. »Wo ist denn zu Hause?«

»Sie weiß nicht, wo zu Hause ist!«, sagte Basil mit der ganzen Verachtung eines Siebenjährigen. »In England, wo denn sonst. Unsere Großmama lebt dort, und unsere Schwester Mabel wurde letztes Jahr zu ihr geschickt. Aber du fährst nicht zu deiner Großmama. Du hast nämlich keine. Du fährst zu deinem Onkel. Er heißt Mister Archibald Craven.«

»Von dem habe ich noch nie etwas gehört«, blaffte Mary.

»Das ist mir schon klar«, versetzte Basil. »Du hast ja von nichts eine Ahnung. So wie alle Mädchen. Ich habe gehört, wie Vater und Mutter über ihn gesprochen haben. Er wohnt in einem riesigen, trostlosen alten Haus auf dem Land, und nie besucht ihn jemand. Er ist so verbittert, dass er keinen Besuch will, und wenn er es doch erlauben würde, würden die Leute nicht kommen. Er ist ein buckliger Kerl und eine grässliche Erscheinung.«

»Das glaube ich dir nicht«, sagte Mary, drehte sich um und steckte die Finger in die Ohren, weil sie nichts mehr hören wollte.

Aber sie dachte anschließend viel darüber nach, und als Mrs. Crawford ihr an jenem Abend ankündigte, dass sie in ein paar Tagen mit dem Schiff nach England fahren und dann nach Misselthwaite Manor zu ihrem Onkel Mr. Archibald Craven gebracht würde, zeigte sie sich so abweisend und hartnäckig uninteressiert, dass alle sich über sie wunderten. Sie versuchten sie aufzumuntern, aber als Mrs. Crawford ihr einen Kuss geben wollte, wandte sie ihr Gesicht ab, und als Mr. Crawford ihr auf die Schulter klopfte, stand sie stocksteif da.

»Sie hat so gar nichts Reizendes an sich«, sagte Mrs. Crawford später voller Mitleid. »Dabei war ihre Mutter ein so bezauberndes Geschöpf. Sie hatte auch eine so bezaubernde Art, aber Mary zeigt das abstoßendste Verhalten, das ich je bei einem Kind gesehen habe. Die Kinder nennen sie ›Fräulein Mary, kleiner Trotzkopf‹, und das ist zwar ungezogen, aber man kann es doch verstehen.«

»Vielleicht wäre Mary liebenswerter geworden, wenn ihre Mutter sich mit ihrem bezaubernden Gesicht und ihren bezaubernden Manieren öfter im Kinderzimmer gezeigt hätte. Jetzt ist dieses bedauernswerte schöne Geschöpf nicht mehr unter uns, und die Vorstellung, dass viele Leute überhaupt nichts von ihrem Kind wussten, ist furchtbar traurig.«

»Ich glaube, sie hat die Kleine kaum je eines Blickes gewürdigt«, seufzte Mrs. Crawford. »Als ihre Ayah tot war, hat niemand mehr an sie gedacht. Und dann läuft auch noch die Dienerschaft davon und lässt sie ganz allein in diesem verlassenen Gebäude zurück. Colonel McGrew hat erzählt, dass er sich zu Tode erschreckt hat, als er die Tür öffnete und sie ganz allein mitten im Zimmer stand.«

Auf der langen Reise nach England war Mary in der Obhut der Frau eines Beamten, die ihre eigenen Kinder in ein Internat brachte. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihrem Jungen und ihrem Mädchen und sie war sehr erleichtert, als sie Mary in London der Frau übergeben konnte, die Mr. Archibald Craven geschickt hatte. Die Frau hieß Mrs. Medlock und war die Haushälterin von Misselthwaite Manor. Sie war kräftig gebaut und hatte leuchtend rote Wangen und scharf blickende dunkle Augen. Sie trug ein dunkellila Kleid, einen schwarzen Seidenmantel mit Fransen aus Jettperlen und eine schwarze Haube mit lila Seidenblumen, die hochgesteckt waren und wackelten, wenn sie den Kopf bewegte. Mary mochte sie überhaupt nicht, aber das war nichts Besonderes, denn es kam sehr selten vor, dass sie jemanden mochte; außerdem war nicht zu übersehen, dass Mrs. Medlock nicht viel von ihr hielt.

»Sieh mal einer an! So ein kleines unscheinbares Ding!«, sagte sie. »Und dabei soll ihre Mutter eine Schönheit gewesen sein. Davon hat sie ihr wohl nicht viel vererbt, nicht wahr, Ma’am?«

»Vielleicht verändert sie sich noch zum Guten, wenn sie älter wird«, sagte die Frau des Beamten wohlwollend. »Wenn sie nicht so bleich wäre und ein bisschen fröhlicher schauen würde … Ihre Züge sind ja recht hübsch. Und Kinder verändern sich ja so sehr.«

»Da müsste sie sich schon mächtig verändern«, versetzte Mrs. Medlock. »Und wenn Sie mich fragen – in Misselthwaite gibt es nichts, was Kinder zum Guten verändern könnte!«

Sie glaubten, Mary höre ihnen nicht zu, weil sie ein wenig abseits von ihnen an einem Fenster des Gasthofs stand, in dem sie abgestiegen waren. Sie sah zu, wie Busse und Droschken und Fußgänger vorüberzogen, aber sie hatte die Ohren gespitzt und wurde ganz neugierig auf ihren Onkel und das Haus, in dem er wohnte. Was für ein Haus war es wohl, und wie war er selbst? Was war ein Buckliger? Sie hatte noch nie einen gesehen. Vielleicht gab es in Indien keine.

Seit sie bei anderen Leuten wohnte und keine Ayah mehr hatte, fühlte sie sich einsam und fing an, über Dinge nachzudenken, über die sie noch nie nachgedacht hatte. Sie fragte sich, warum es ihr, selbst als ihr Vater und ihre Mutter noch lebten, immer so vorgekommen war, dass sie zu niemandem gehörte. Andere Kinder gehörten offenkundig zu ihren Eltern, sie dagegen war nie wirklich jemandes Tochter gewesen. Sie hatte Diener gehabt, hatte zu essen und Kleidung bekommen, aber niemand hatte sie je beachtet. Sie wusste nicht, dass das daran lag, dass sie ein unausstehliches Kind war; denn damals wusste sie natürlich noch nicht, dass sie unausstehlich war. Oft glaubte sie, die anderen wären abstoßend, aber sie wusste nicht, dass sie selbst so war.

Mrs. Medlock war in ihren Augen der abstoßendste Mensch, den sie je gesehen hatte, mit ihrem ordinären, leuchtenden Gesicht und ihrer ordinären Sonntagshaube. Als sie sich am nächsten Tag auf den Weg nach Yorkshire machten, ging Mary mit hoch erhobenem Kopf durch die Bahnhofshalle zum Zug und hielt so viel Abstand zu ihr wie möglich, damit es nicht so aussah, als gehöre sie zu ihr. Die Vorstellung, dass die Leute glauben könnten, sie sei Mrs. Medlocks Tochter, machte sie ganz wütend.

Aber Mrs. Medlock ließ sich nicht im Geringsten von Mary und ihren Gedanken stören. Sie war eine Frau, die »die Sperenzchen von Kindern nicht duldete«. Jedenfalls hätte sie das gesagt, wenn man sie gefragt hätte. Sie hatte nicht nach London fahren wollen, so kurz vor der Hochzeit der Tochter ihrer Schwester Maria, aber die Stelle als Haushälterin in Misselthwaite Manor war bequem und einträglich, und wenn sie sie behalten wollte, musste sie stets tun, womit Mr. Archibald Craven sie beauftragte. Sie wagte nie, auch nur eine Frage zu stellen.

»Captain Lennox und seine Frau sind an der Cholera gestorben«, hatte Mr. Craven in seiner knappen, kühlen Art gesagt. »Captain Lennox war der Bruder meiner Frau und ich bin der Vormund seiner Tochter. Das Kind wird hierherkommen. Sie fahren nach London und holen es dort ab.«

Also hatte sie ihren kleinen Koffer gepackt und sich auf die Reise gemacht.

Mary saß unscheinbar auf ihrem Platz in einer Ecke des Abteils und machte ein verdrießliches Gesicht. Sie hatte kein Buch zum Lesen oder Anschauen, und ihre kleinen Hände, die in schwarzen Handschuhen steckten, hatte sie gefaltet in den Schoß gelegt. Ihr schwarzes Kleid ließ sie noch bleicher aussehen als sonst und ihr dünnes, helles Haar schaute wirr unter ihrem schwarzen Krepphut hervor.

»Noch nie im Leben habe ich ein so verzogenes kleines Ding gesehen«, dachte Mrs. Medlock. Sie hatte noch nie erlebt, dass ein Kind so ruhig und untätig dasaß, und schließlich war sie es leid, Mary zu betrachten, und sprach sie in barschem, strengem Ton an.

»Ich sollte dir etwas über das Ziel deiner Reise erzählen«, sagte sie. »Weißt du irgendetwas über deinen Onkel?«

»Nein«, sagte Mary.

»Hast du deine Eltern nie über ihn reden hören?«

»Nein«, sagte Mary und schaute mürrisch drein. Denn sie konnte sich noch gut erinnern, dass ihre Eltern mit ihr nie über etwas Bestimmtes gesprochen hatten. Und irgendetwas erzählt hatten sie ihr auch nie.

»Hm«, brummelte Mrs. Medlock und betrachtete Marys eigenartiges, regloses kleines Gesicht. Sie schwieg eine Weile und sprach dann weiter.

»Ich finde aber, du solltest etwas erfahren – um vorbereitet zu sein. Du kommst nämlich an einen seltsamen Ort.«

Mary sagte kein Wort und Mrs. Medlock schien diese offenkundige Gleichgültigkeit zu verwirren, aber nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, fuhr sie fort.

»Es ist ein großes, weitläufiges Anwesen und hat etwas Trostloses an sich, und Mr. Craven ist auf seine Weise stolz darauf – und das ist nicht weniger trostlos. Das Haus ist sechshundert Jahre alt und liegt am Rand des Moors, und es hat fast hundert Zimmer, wobei die meisten verschlossen und verriegelt sind. Es gibt Gemälde und kostbare alte Möbel und Zeug, das schon seit Ewigkeiten herumsteht, und um das Haus ist ein großer Park, und Gärten gibt es auch, und die Bäume haben Äste, die bis zum Boden hängen – manche jedenfalls.«

Sie hielt inne, atmete noch einmal tief durch und schloss dann plötzlich mit den Worten: »Aber sonst gibt es nichts.«

Mary hatte ihr unwillkürlich zugehört. Das klang so gar nicht nach Indien, und alles Unbekannte machte sie neugierig. Aber sie wollte nicht so wirken, als sei sie interessiert. Das war ihre lustlose und garstige Art. Also rührte sie sich nicht.

»Nun«, sagte Mrs. Medlock, »was hältst du davon?«

»Nichts«, antwortete Mary. »Ich war noch nie an einem solchen Ort.«

Mrs. Medlock musste kurz lachen.

»Na so was«, sagte sie, »du redest ja wie eine alte Frau! Interessiert es dich denn gar nicht?«

»Es ist doch egal«, sagte Mary, »ob es mich interessiert oder nicht.«

»Da hast du allerdings recht«, sagte Mrs. Medlock. »Es ist wirklich egal. Ich weiß auch nicht, warum du in Misselthwaite Manor bleiben sollst, außer weil es am einfachsten ist. Er wird sich jedenfalls nicht um dich kümmern, das steht völlig außer Frage. Er kümmert sich nie um andere Leute.«

Sie hielt inne, als wäre ihr gerade etwas eingefallen.

»Er hat einen krummen Rücken«, sagte sie. »Das hat ihn verbittert gemacht. Als junger Mann war er griesgrämig, und bis zu seiner Heirat hat er all sein Geld und sein großes Anwesen nicht genießen können.«

Obwohl Mary desinteressiert wirken wollte, sah sie Mrs. Medlock jetzt an. Sie war doch ein wenig überrascht, denn sie hätte nie gedacht, dass der Bucklige verheiratet sein könnte. Mrs. Medlock bemerkte das, und weil sie eine redselige Frau war, fuhr sie eifrig fort. Außerdem verging so wenigstens ein bisschen Zeit.

»Sie war ein liebenswertes, hübsches Mädchen, und er wäre um die ganze Welt gereist, um einen Grashalm zu holen, wenn sie es gewollt hätte. Niemand glaubte, dass sie ihn heiraten würde, aber dann hat sie es doch getan, und die Leute behaupteten, sie hätte ihn wegen seines Geldes geheiratet. Aber das war es nicht – das war es nicht«, bekräftigte Mrs. Medlock. »Als sie dann starb –«

Unwillkürlich fuhr Mary hoch.

»Oh! Sie ist gestorben?«, rief sie unbeabsichtigt aus. Ihr war gerade ein französisches Märchen in den Sinn gekommen, das sie einmal gelesen hatte und das »Riquet à la Houppe« hieß. Es handelte von einem armen Krüppel und einer schönen Prinzessin, und plötzlich hatte sie Mitleid mit Mr. Archibald Craven.

»Ja, sie ist gestorben«, antwortete Mrs. Medlock. »Und danach wurde er noch seltsamer. Die anderen Menschen sind ihm egal. Er will auch niemanden sehen. Die meiste Zeit ist er auf Reisen, und wenn er sich in Misselthwaite aufhält, zieht er sich in den Westflügel zurück und lässt niemanden zu sich außer Pitcher. Pitcher ist ein alter Mann, aber er hat schon für Mr. Craven gesorgt, als der noch ein Kind war, und deshalb kennt er seine Eigenheiten.«

Das klang wie eine Geschichte aus einem Buch und stimmte Mary nicht besonders fröhlich. Ein Haus mit hundert Zimmern, fast alle verschlossen und verriegelt, ein Haus am Rand eines Moores – was auch immer ein Moor war –, das hörte sich alles ziemlich trostlos an. Und dann auch noch ein Mann mit krummem Rücken, der hinter verschlossenen Türen lebte! Sie starrte mit zusammengekniffenen Lippen aus dem Fenster und es schien ihr passend, dass jetzt der Regen in grauen Schwaden schräg herabfiel, gegen die Fensterscheiben schlug und an ihnen herablief. Wenn die schöne Frau noch am Leben gewesen wäre, hätte sie vielleicht Fröhlichkeit verbreiten können, so ähnlich wie ihre Mutter, sie wäre im Haus ein- und ausgegangen und hätte Bälle besucht, so wie ihre Mutter in ihren Kleidern »voll mit Spitzen«. Aber sie war nicht mehr da.

»Erwarte nicht, dass du ihn zu Gesicht bekommst, denn ich wette, das wird nicht passieren. Und du darfst auch nicht erwarten, dass irgendjemand mit dir spricht. Du wirst alleine spielen und alleine zurechtkommen müssen. Man wird dir sagen, in welche Zimmer du gehen darfst und in welche nicht. Gärten gibt es genug. Aber im Haus darfst du nicht herumstreunen und herumschnüffeln. Das wird Mr. Craven nicht zulassen.«

»Ich will gar nicht herumschnüffeln«, sagte Mary unwirsch; und so plötzlich, wie das Mitleid für Mr. Archibald Craven sie erfasst hatte, verließ es sie nun wieder und sie fand, er war so unsympathisch, dass er all das, was ihm widerfahren war, verdient hatte.

Dann wandte sie sich zu den regenüberströmten Fensterscheiben des Waggons und blickte hinaus in das graue Unwetter, das aussah, als würde es niemals aufhören. Sie betrachtete es so eindringlich und so lange, bis das Grau vor ihren Augen immer schwerer wurde und sie einschlief.

3. Kapitel

Über das Moor

Mary schlief lange. Als sie aufwachte, hatte Mrs. Medlock an einem Bahnhof Proviant gekauft, und so aßen sie jetzt Hühnchen, kaltes Rindfleisch und Brot mit Butter und tranken Tee dazu. Der Regen fiel in immer dichteren Strömen und alle Leute auf dem Bahnhof trugen nasse, glänzende Regenmäntel. Der Schaffner schaltete das Licht im Waggon an, und durch den Tee, das Hühnchen und das Rindfleisch besserte sich Mrs. Medlocks Laune erheblich. Sie langte tüchtig zu und schlief dann ein, und Mary betrachtete sie und sah zu, wie ihre adrette Haube auf einer Seite hinabrutschte, bis sie selbst in ihrer Ecke des Abteils ebenfalls wieder einschlief, eingelullt vom Regen, der gegen die Scheiben prasselte. Als sie wieder erwachte, war es schon dunkel und der Zug stand in einem Bahnhof. Mrs. Medlock hatte sie wachgerüttelt.

»Du hast ja ganz schön geschlafen!«, sagte sie. »Aber jetzt mach die Augen auf! Wir sind in Thwaite und haben noch eine lange Fahrt vor uns.«

Mary stand auf und versuchte, die Augen offen zu halten, während Mrs. Medlock ihre Gepäckstücke zusammensuchte. Mary machte keine Anstalten, ihr zu helfen, denn in Indien trugen stets die Diener die Sachen, und es gehörte sich so, dass andere Leute einen bedienten.

Der Bahnhof war klein und sie schienen die einzigen zu sein, die ausstiegen. Der Stationsvorsteher unterhielt sich mit Mrs. Medlock in rauem, aber freundlichem Ton; er hatte eine seltsam gedehnte Aussprache, von der Mary später erfuhr, dass sie typisch für den Yorkshire-Dialekt war.

»Wie ich sehe, sind Sie zurück«, sagte er. »Und Sie haben die Kleine mitgebracht.«

»Ja, das ist sie«, antwortete Mrs. Medlock, ebenfalls mit Yorkshire-Akzent, und deutete mit ihrem Kopf in Marys Richtung. »Wie geht’s der Gemahlin?«

»Bestens, danke. Die Kutsche wartet draußen auf Sie.«

Auf der Straße, direkt neben dem offenen Bahnsteig, stand eine Kutsche. Sie war recht gepflegt, ebenso wie der Lakai, der Mary beim Einsteigen half. Sein langer wasserfester Mantel und sein wasserfester Hut glänzten und tropften vom Regen, so wie alles andere, auch der korpulente Stationsvorsteher.

Als der Lakai die Tür schloss und zum Kutscher auf den Bock stieg und sie losfuhren, saß Mary in einer bequemen gepolsterten Ecke, aber sie hatte keine Lust, wieder einzuschlafen. Sie blickte aus dem Fenster, weil sie etwas von der Straße sehen wollte, auf der sie zu dem seltsamen Ort gebracht wurde, von dem Mrs. Medlock erzählt hatte. Sie war durchaus kein furchtsames Kind und sie hatte auch nicht eigentlich Angst, doch es war nicht auszudenken, was alles in einem Haus geschehen konnte, das hundert Zimmer hatte, von denen fast alle verschlossen waren – in einem Haus, das am Rand eines Moors lag.

»Was ist ein Moor?«, sagte sie plötzlich zu Mrs. Medlock.

»Schau in etwa zehn Minuten wieder aus dem Fenster, dann siehst du es«, antwortete Mrs. Medlock. »Wir müssen fünf Meilen über das Missel-Moor fahren, um nach Misselthwaite Manor zu kommen. Du wirst zwar nicht viel erkennen, weil es heute Nacht ziemlich finster ist, aber etwas wirst du doch sehen.«

Mary fragte nicht weiter, sondern wartete im Dunkel ihrer Ecke und behielt das Fenster im Blick. Die Laternen der Kutsche warfen ihre Lichtstrahlen ein Stück weit voraus und sie konnte immer wieder einen Blick auf das erhaschen, was draußen vorbeizog. Nachdem sie den Bahnhof hinter sich gelassen hatten, waren sie durch ein kleines Dorf gekommen, wo sie weiß getünchte Bauernhäuser und die Lichter eines Wirtshauses gesehen hatte. Dann waren sie an einer Kirche und einem Pfarrhaus vorbeigefahren und an etwas, das aussah wie ein Schaufenster in einem kleinen Haus, wo Spielzeug und Süßigkeiten und allerlei Krimskrams zum Verkauf auslagen. Dann gelangten sie auf die Hauptstraße und sie sah Hecken und Bäume. Danach schien sich lange Zeit nichts zu verändern – jedenfalls kam es ihr so vor.

Schließlich wurden die Pferde langsamer, als ginge es bergan, und kurz darauf waren keine Hecken und Bäume mehr zu sehen. Mary konnte nichts mehr ausmachen außer einer undurchdringlichen Dunkelheit auf beiden Seiten. Sie beugte sich vor und drückte ihr Gesicht gegen das Fenster, gerade als die Kutsche heftig ruckelte.

»Aha! Jetzt sind wir ohne Zweifel auf dem Moor«, sagte Mrs. Medlock.

Die Laternen der Kutsche warfen ein gelbliches Licht auf die holprig aussehende Straße, die durch das Gebüsch und das niedrige Dickicht geschlagen worden war, das sich in dem endlosen Dunkel ringsherum verlor. Wind kam auf, der ein sonderbares und ungestümes, leise brausendes Geräusch machte.

»Das – das ist aber nicht das Meer, oder?«, fragte Mary und sah ihre Begleiterin an.

»Nein, das ist nicht das Meer«, antwortete Mrs. Medlock. »Es sind auch keine Felder oder Berge, nur meilenweit unberührtes Land, wo nichts wächst außer Heidekraut und Stechginster und Wollgras, und wo nur wilde Ponys und Schafe leben.«

»Wenn es mit Wasser bedeckt wäre, könnte man es auch für das Meer halten«, sagte Mary. »Im Moment hört es sich jedenfalls so an.«

»Das ist der Wind, der durch das Dickicht fährt«, sagte Mrs. Medlock. »Ich finde, es ist eine ziemlich raue und trostlose Gegend, aber viele Leute mögen sie auch – vor allem, wenn das Heidekraut blüht.«

Sie fuhren weiter durch die Dunkelheit, und der Regen hörte zwar auf, aber der Wind blies weiter und jaulte und machte seltsame Geräusche. Die Straße führte hinauf und hinab und etliche Male passierte die Kutsche kleine Brücken, unter denen das Wasser brausend dahinschoss. Mary kam es vor, als würde die Fahrt nie enden und als wäre das weite, öde Moor ein riesiger schwarzer Ozean, den sie auf einem trockenen Streifen Land durchquerte.

»Ich mag das Moor nicht«, dachte sie, »ich mag es nicht«, und dabei presste sie ihre schmalen Lippen noch fester zusammen.

Als die Pferde den Wagen ein steiles Wegstück hinaufzogen, entdeckte sie ein Licht. Mrs. Medlock sah es im selben Moment und stieß einen langen Seufzer der Erleichterung aus.

»Ach, was bin ich froh, dieses kleine Licht schimmern zu sehen!«, rief sie aus. »Das ist das Licht im Fenster des Pförtnerhäuschens. Nur noch ein kleines Weilchen, und eine gute Tasse Tee ist uns sicher.«

Es dauerte wirklich noch »ein kleines Weilchen«, wie sie sagte, denn nachdem die Kutsche das Tor des Parks passiert hatte, mussten sie noch zwei Meilen eine Allee entlangfahren, in der die Bäume, deren Äste sich oben fast berührten, wie ein langes finsteres Gewölbe wirkten.

Sie fuhren aus dem Gewölbe heraus auf einen offenen Platz und hielten vor einem lang gestreckten, niedrigen Gebäude, das einen gepflasterten Hof umschloss. Erst glaubte Mary, dass hinter keinem der Fenster Licht brannte, aber als sie aus der Kutsche stieg, sah sie in einem Eckzimmer im ersten Stock einen schwachen Schimmer.

Die Haustür war mächtig und bestand aus eigenartig geschnitzten massiven Eichenholzpaneelen mit dicken Eisennägeln und breiten Eisenspangen. Sie führte in eine weitläufige Eingangshalle, die so schwach beleuchtet war, dass Mary sich nicht traute, die Gesichter der Porträts an den Wänden und die herumstehenden Rüstungen anzusehen. Wie sie so auf dem Steinboden stand, gab sie eine winzige, sonderbare schwarze Erscheinung ab, und sie fühlte sich genauso klein und verloren und sonderbar, wie sie aussah.

Neben dem Diener, der ihnen die Tür geöffnet hatte, stand ein gepflegter, schmächtiger alter Mann.

»Sie sollen sie auf ihr Zimmer bringen«, sagte er mit rauer Stimme. »Er will sie nicht sehen. Morgen früh fährt er nach London.«

»In Ordnung, Mr. Pitcher«, entgegnete Mrs. Medlock. »Solange ich weiß, was man von mir erwartet, komme ich zurecht.«

»Was man von Ihnen erwartet, Mrs. Medlock«, sagte Mr. Pitcher, »ist, dafür zu sorgen, dass er nicht gestört wird und dass er nichts zu Gesicht bekommt, was er nicht zu Gesicht bekommen will.«

Dann wurde Mary ein breites Treppenhaus hinaufgeführt, einen langen Flur entlang, eine kurze Treppe hinauf und noch einen Flur entlang und noch einen, bis in einer Wand eine Tür aufging und sie in einem Zimmer stand, in dem ein Feuer brannte und ein Abendessen auf dem Tisch stand.

Mrs. Medlock sagte ohne große Umschweife:

»So, da wären wir! In diesem Zimmer und dem nebenan wirst du wohnen – und du darfst nirgendwo anders hingehen. Schreib dir das hinter die Ohren!«

So kam Mary Lennox in Misselthwaite Manor an, und ihr war dabei so trotzköpfig zumute wie vermutlich nie zuvor in ihrem Leben.

4. Kapitel

Martha

Am nächsten Morgen wachte Mary auf, weil ein junges Dienstmädchen ins Zimmer gekommen war, um Feuer zu machen, und jetzt auf dem Kaminvorleger kniete und geräuschvoll die Asche herausräumte. Mary blieb liegen und beobachtete sie eine Weile und sah sich dann in dem Zimmer um. Sie hatte noch nie ein so eigenartiges und düsteres Zimmer gesehen. An den Wänden hingen Teppiche mit Stickereien, die Szenen in einem Wald zeigten. Unter den Bäumen standen Leute in märchenhaften Kleidern und in der Ferne spitzten die Türme einer Burg hervor. Jäger waren zu sehen, und Pferde und Hunde und Damen. Mary kam es vor, als wäre sie gleichfalls in dem Wald und inmitten dieser Leute. Durch ein Fenster in der dicken Mauer fiel ihr Blick auf ein weites, ansteigendes Stück Land, auf dem keine Bäume standen und das eher wie ein grenzenloses, träges, lila schimmerndes Meer wirkte.

»Was ist denn das?«, fragte sie und zeigte aus dem Fenster.

Martha, das junge Dienstmädchen, hatte sich aufgerichtet und zeigte jetzt ebenfalls mit ausgestrecktem Finger hinaus.

»Das da?«, fragte sie.

»Ja.«

»Das ist das Moor«, sagte Martha mit einem gutmütigen breiten Lächeln. »Gefällt es dir?«

»Nein«, antwortete Mary. »Ich finde es scheußlich.«

»Das ist nur, weil du es noch nicht kennst«, sagte Martha und ging zurück zum Kamin. »Jetzt kommt es dir riesengroß und öde vor. Aber du wirst es schon noch mögen.«

»Magst du es denn?«, wollte Mary wissen.

»Und wie!«, antwortete Martha und kratzte weiter eifrig den Kaminrost ab. »Ich finde es wunderbar. Es ist überhaupt nicht öde. Überall wachsen Pflanzen, die wunderbar riechen. Im Frühling und im Sommer, wenn Heidekraut und Stechginster und Wollgras blühen, dann ist es dort einfach herrlich. Es duftet nach Honig und die Luft ist überall so frisch, der Himmel ist so weit, und wenn die Bienen summen und die Lerchen trällern, dann hört sich das einfach wunderbar an. Weiß Gott, ich würde um nichts in der Welt woanders leben wollen als auf dem Moor.«

Mary hörte ihr mit ernster und verstörter Miene zu. In Indien waren die eingeborenen Diener ganz anders. Sie waren unterwürfig und ergeben und maßten es sich nicht an, mit ihren Herren so zu reden, als seien sie ihnen ebenbürtig. Sie verbeugten sich vor ihnen und nannten sie »Beschützer der Armen« und Ähnliches. Indische Diener bat man nicht um etwas, man befahl es ihnen. Man sagte auch nicht »Bitte« und »Danke«, und wenn Mary wütend gewesen war, hatte sie ihre Ayah immer ins Gesicht geschlagen. Sie fragte sich, was dieses Mädchen wohl tun würde, wenn man ihr ins Gesicht schlagen würde. Sie war ein wenig drall, hatte ein rosiges Gesicht und wirkte gutmütig, aber sie hatte eine zupackende Art und Mary fragte sich, ob sie nicht sogar zurückschlagen würde – wenn die Angreiferin nur ein kleines Mädchen war.

»Du bist eine merkwürdige Dienerin«, sagte Mary ziemlich hochnäsig von ihrem Bett herab.

Martha setzte sich auf die Fersen, die Ofenbürste in der Hand, lachte und schien nicht im Geringsten verstimmt zu sein.

»O ja, ich weiß«, sagte sie. »Wenn es hier in Misselthwaite eine richtige Herrin geben würde, dann wäre ich nicht einmal ein niederes Dienstmädchen geworden. Ich hätte Küchenmagd sein können, aber ich hätte niemals nach oben gedurft. Ich bin eine viel zu einfache Person und mein Yorkshire-Dialekt ist viel zu stark. Aber das hier ist ein seltsames Haus, obwohl es so prachtvoll ist. Außer Mr. Pitcher und Mrs. Medlock gibt es weder Herrn noch Herrin. Mr. Craven kümmert sich um gar nichts, wenn er hier ist, und er ist ja sowieso fast immer weg. Mrs. Medlock hat mir die Stelle aus reiner Freundlichkeit gegeben. Sie hat gesagt, dass das unmöglich gewesen wäre, wenn es in Misselthwaite so zugehen würde wie in anderen Herrenhäusern.«

»Bist du jetzt meine Dienerin?«, fragte Mary, immer noch in dem gebieterischen Ton, den sie aus Indien gewohnt war.

Martha machte sich wieder an das Säubern des Kaminrosts.

»Ich bin die Dienerin von Mrs. Medlock«, sagte sie entschieden. »Und sie ist die von Mr. Craven. Ich soll hier oben die Hausarbeit machen und auch ein bisschen für dich da sein. Aber du kommst bestimmt auch allein zurecht.«

»Wer wird mich anziehen?«, fragte Mary.

Martha setzte sich wieder auf die Fersen und starrte Mary an. Vor lauter Erstaunen fiel sie in breitesten Dialekt.

»Kannst du dich denn nicht selbst anziehen?«, fragte sie.

»Nein«, antwortete Mary empört. »Das habe ich noch nie getan. Meine Ayah hat mich immer angezogen, wer denn sonst?«

»Nun«, entgegnete Martha, die offenbar gar nicht merkte, wie ungebührlich das war, was sie sagte, »dann solltest du es allmählich lernen. Du bist doch kein kleines Kind mehr. Es wird dir guttun, dich ein bisschen um dich selbst zu kümmern. Meine Mutter hat immer gesagt, sie wundert sich, dass die Kinder der Herrschaften nicht geradewegs zu Idioten werden – mit all den Kindermädchen, dem Waschen, dem Anziehen und den Spaziergängen, so als wären sie Schoßhündchen!«

»In Indien ist das anders«, sagte Mary verächtlich. Sie hielt es kaum noch aus.

Aber Martha ließ sich kein bisschen aus der Ruhe bringen.

»Das glaube ich gerne«, entgegnete sie, fast ein wenig mitleidig. »Und ich meine, das liegt daran, dass es dort so viele Schwarze gibt und keine anständigen weißen Menschen. Als ich gehört habe, dass du aus Indien kommst, habe ich auch erst gedacht, du wärst eine Schwarze.«

Wütend richtete Mary sich in ihrem Bett auf.

»Was?«, rief sie. »Was? Du hast gedacht, ich wäre eine Eingeborene! Du – du Schweinekind!«

Martha sah sie verärgert an.

»Was soll denn das Geschimpfe?«, sagte sie. »Du brauchst dich nicht gleich so aufzuregen. So redet ein junges Fräulein nicht. Ich habe nichts gegen Schwarze. In den Broschüren steht immer, dass sie sehr gläubig sind. Und da steht auch, dass die Schwarzen genauso Menschen und unsere Brüder sind. Ich habe noch nie einen Schwarzen gesehen und ich hatte mich schon darauf gefreut, einmal einen aus der Nähe zu sehen. Als ich heute Morgen hereingekommen bin, um Feuer zu machen, habe ich mich an dein Bett geschlichen und vorsichtig die Decke hochgehoben, um dich anzuschauen. Und da lagst du«, fügte sie enttäuscht hinzu, »kein bisschen schwärzer als ich selbst – sondern sogar richtig bleich.«

Mary versuchte gar nicht erst zu verbergen, wie wütend sie war und wie erniedrigt sie sich fühlte.

»Du hast gedacht, ich wäre eine Eingeborene! Wie konntest du nur! Du hast doch keine Ahnung von Eingeborenen! Das sind keine Menschen – das sind Diener, die sich vor einem verbeugen müssen. Du hast keine Ahnung von Indien. Du hast überhaupt keine Ahnung von irgendwas!«

Sie war so wütend und fühlte sich unter den Augen dieses unbedarften Mädchens so hilflos und plötzlich so entsetzlich einsam und weit entfernt von allem, was ihr vertraut war, dass sie sich auf das Bett warf und herzzerreißend losschluchzte. Sie schluchzte so hemmungslos, dass Martha, das gutherzige Yorkshire-Mädchen, es ein bisschen mit der Angst zu tun bekam, aber auch Mitleid für sie empfand. Sie ging zu ihrem Bett und beugte sich über sie.

»Na na, du brauchst doch nicht gleich so zu weinen«, sagte sie beschwichtigend. »Dafür gibt’s doch keinen Grund. Ich wusste ja nicht, dass du dich so aufregen würdest. Ich habe keine Ahnung von irgendwas, genau wie du sagst. Entschuldige bitte, kleines Fräulein. Und jetzt hör auf zu weinen.«

Ihr seltsamer Dialekt und ihre robuste Art hatten etwas Tröstliches und zutiefst Wohlwollendes, das Mary guttat. Nach und nach hörte sie auf zu weinen und beruhigte sich. Martha wirkte erleichtert.

»Und jetzt musst du aufstehen«, sagte sie. »Mrs. Medlock hat gesagt, ich soll dir das Frühstück, den Tee und das Abendessen in das Zimmer nebenan bringen. Man hat daraus ein Kinderzimmer für dich gemacht. Wenn du aufgestanden bist, helfe ich dir beim Anziehen. Die Knöpfe auf dem Rücken kannst du ja nicht selbst zumachen.«

Als Mary schließlich aufstand, stellte sie fest, dass die Kleidungsstücke, die Martha aus dem Schrank nahm, nicht dieselben waren, die sie am Vorabend bei ihrer Ankunft mit Mrs. Medlock getragen hatte.

»Das sind nicht meine«, sagte sie. »Meine sind schwarz.«

Sie betrachtete den Mantel und das Kleid aus dicker weißer Wolle und fügte mit kühler Anerkennung hinzu:

»Sie sind schöner als meine.«

»Und du musst sie anziehen«, sagte Martha. »Mrs. Medlock hat sie in Mr. Cravens Auftrag in London gekauft. Er hat gesagt: ›Ich werde nicht zulassen, dass das Kind schwarz gekleidet herumläuft, wie eine verlorene Seele‹, das hat er gesagt. ›Das würde im Haus noch mehr Tristesse verbreiten. Sie soll etwas Buntes tragen.‹ Mutter hat gesagt, sie versteht genau, was er meint. Sie versteht immer, was die Leute meinen. Sie kann Schwarz auch nicht leiden.«

»Ich hasse schwarze Sachen«, sagte Mary.

Das Anziehen war für sie beide eine neue Erfahrung. Martha hatte ihren jüngeren Geschwistern oft beim Zuknöpfen geholfen, aber sie hatte noch nie ein Kind gesehen, das reglos dastand und darauf wartete, dass jemand anderes die Arbeit machte, als hätte es selbst weder Hände noch Füße.

»Warum ziehst du dir die Schuhe denn nicht selbst an?«, fragte sie, als Mary ihr in aller Seelenruhe einen Fuß entgegenstreckte.

»Das hat immer meine Ayah gemacht«, antwortete Mary und sah sie an. »Das war so üblich.«

Sie sagte häufig: »Das war so üblich.« Die indischen Diener hatten es auch dauernd gesagt. Wenn man ihnen etwas befahl, das ihre Vorfahren die letzten tausend Jahre nicht getan hatten, sahen sie einen sanftmütig an und sagten: »Das ist nicht üblich.« Dann wusste man, dass die Sache erledigt war.