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ISBN 978-3-7562-5207-7

Copyright © 2022 Maximilian Tan
Illustrationen von Yi Sun. Alle Rechte vorbehalten.

Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

Inhalt

Sun Tzu

Sun Tzu‘s ‘Kunst des Krieges‘ ist die älteste überlieferte militärische Abhandlung. Geschrieben im antiken China wurde sie anfangs wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Später fand sie schnell weltweite Verbreitung und beeinflusste Staatsmänner wie Mao Tse Tung, Napoleon oder Putin.

Sun Tzu wurde während der Frühlings- und Herbstperiode um 544 v.Chr. im Reich der Qi geboren. Aufgewachsen in einer alten, landlosen Aristokratenfamilie lernte er schnell von den Weisheiten der Alten, Bücher zu lesen und eigene Schlüsse aus dem Gelernten zu ziehen. Er gehörte der Klasse der shih an, welche mit dem europäischen Ritterorden vergleichbar ist. Während diese Kaste im Laufe der Jahre mehr und mehr an Macht verlor, verdingten sich viele seiner aristokratischen Mitstreiter als Gelehrte, Berater oder der Wissenschaft kundige Techniker. Dadurch erfuhr nicht nur die Bezeichnung shih eine neue Bedeutung, es brachte auch veränderte Machtstrukturen im Gleichgewicht zwischen Herrscher und Hochadel hervor.

Sun Tzu wurde stark von seinen Vorfahren beeinflusst. Während sein Großvater beratend tätig war und aufgrund seiner Weisheit von Graf Ching den vererbbaren Titel Sun ’Meister’ verliehen bekam, arbeitete sein Vater Sun Feng als Minister für den Staat der Qi. Sun Tzu erfuhr sehr früh die Macht des Militärs und verdingte sich als Söldner in seinen frühen Männertagen. Schnell machte er sich einen ausgezeichneten Namen am Hofe der Qi und erfuhr große Beachtung. Diese Zuneigung ließ andere Höflinge wiederum Intrigen schmieden, woraufhin Sun Tzu um 510 v.Chr. floh und am Hofe He Lu’s - Herrscher der Wu – ein neues Zuhause fand. Der in Changjang, angeheuerte Sun Tzu erfuhr sehr bald große Berühmtheit, denn He Lu war zwar von Sun Tzu’s Aufzeichnungen begeistert, doch wollte er dessen Effizienz bewiesen sehen.

Auf Befehl He Lu’s sollte er eine schlagkräftige Truppe aus den Konkubinen des Herrschers formen. Sun Tzu stimmte zu und ließ He Lu auf dem Balkon des Palastes teilhaben. Nachdem die 180 Damen des Herrschers in zwei Einheiten unterteilt und die beiden Lieblingskonkubinen als Offiziere der jeweiligen Einheit befohlen wurden, ging Sun Tzu zum Herrscher. „In Kriegszeiten muss der Herrscher dem General seiner Armee vertrauen und das Schicksal des Landes in seine Hände legen.“, sagte Sun Tzu. He Lu lauschte den Worten und stimmte zu. Sun Tzu ging zu den Damen zurück und lehrte sie den Umgang mit Hellebarden. „Wisst ihr wo das Herz ist, könnt ihr zwischen rechts und links unterscheiden?“, fragte er die Damen, welche mit einem kichernden „Ja!“ antworteten. Als er daraufhin den Frauen befahl in die jeweils angekündigte Richtung zu stoßen, brachen die Damen in lautes Gelächter aus. „Wenn die Regeln nicht klar und die Befehle nicht richtig dargeboten sind, ist es ein Fehler des Generals!“, rief er in Richtung He Lu’s und erklärte sie nochmals den Damen.

Als diese nach mehrmaligen Versuchen noch immer nicht den Ernst der Übung verstanden, sprach der Meister mit ernstem Blick in Richtung He Lu: „Wenn Befehle nicht klar gegeben, ist es ein Fehler des Generals, doch wenn sie klar gegeben und dennoch nicht befolgt werden, ist es ein Verbrechen gegen die militärische Ordnung und die Schuld der Offiziere. Offiziere sind für die Ausführung der Befehle verantwortlich und müssen daher auch die Konsequenzen tragen!“ Sun Tzu ließ die beiden Lieblingskonkubinen vortreten, als He Lu erkannte, dass sie die Verantwortung für das dumme Verhalten der anderen tragen sollten. Entschieden wandte er sich gegen die Pläne und forderte Gnade. Doch Sun Tzu erinnerte an die von He Lu zugestimmte Regel über die alleinige Verantwortung des Generals für das Land im Kriegsfall. Somit konnte He Lu nichts bewirken. Seine Lieblingsdamen wurden vor der angetretenen Konkubinenarmee geköpft. Seitdem erkannten die Damen den Ernst der Situation.

Die neu ernannten weiblichen Offiziere sorgten für Ordnung und strikte Einhaltung der Befehle. Von da an wusste He Lu, dass Sun Tzu’s Regeln aus jedem Schurkenhaufen eine erfolgreiche Armee machen können.

He Lu ernannte Sun Tzu zum General seiner Truppen. Schnell ließ er seine Armee trainieren, so dass er bald seine Truppen gen Süden führen konnte. Später zog er gen Norden und gegen die dort ansässigen Reiche. Dort griff er die befeindeten Yueh an und eroberte zugleich die benachbarten Chu. Mit seinen Attacken kündigte He Lu einen Nichtangriffspakt der mächtigsten Reiche im antiken China auf. Im Laufe der Jahre wurde das Reich der Wu das stärkste im Verbund der Chinesen und kontrollierte weite Teile des Landes.

Sun Tzu starb bei einem Anschlag auf seinen Herrn He Lu um 496 v.Chr.

Nach dem Dahinscheiden des Meisters wuchs die Macht der Wu weiter. Die 5.000 Zeichen umfassende ‘Kunst des Krieges‘ war weiterhin die Basis des Erfolges der Wu.

In einer Epoche, wo Konfuzius, Lao Tze oder Tao Te Ching gesellschaftlich starken Einfluss ausübten, hinterließ Sun Tzu die ersten überlieferten Schriften über militärisches Handeln. Die Richtigkeit dieser Regeln trug wesentlich dazu bei, dass das Papier bis heute seine Gültigkeit nicht verlor und ihre Anwendbarkeit vom militärischem über die Wirtschaft bis hin in die individuellen Entscheidungen eines Jeden gefunden hat.

Lagepläne

Sun Tzu sagt:

Die ‘Kunst des Krieges‘ ist von lebenswichtiger Bedeutung eines Staates.

Es geht um Überleben und Tod, beschreibt eine Straße zur Sicherheit oder zum Untergang. Folglich ist es ein Thema, welches unter keinen Umständen vernachlässigt werden darf.

Die Kunst des Krieges wird durch fünf konstante Faktoren geregelt, die bei der Definition von Bedingungen eines Bereiches stets gemeinsam in Betracht gezogen werden müssen. Diese sind:

1. Das Moralische Gesetz

2. Der Himmel

3. Die Erde

4. Der Kommandant

5. Die Methode und Disziplin

Das Moralische Gesetz veranlasst das Volk, seinem Führer kompromisslos zu gehorchen, so dass es ihm folgt ohne ihr Leben zu schonen, ungerührt jeglicher Gefahr.

Himmel bedeutet Tag und Nacht, Hitze und Kälte, Uhrzeiten und Jahreszeiten.

Erde bedeutet große und kleine Distanzen, Gefahren und Sicherheiten, offener Boden und enge Pässe, Leben und Tod.

Der Kommandant steht für Tugenden wie Klugheit, Aufrichtigkeit, Wohltätigkeit, Mut und Strenge.

Unter Methode und Disziplin ist die Unterteilung der Armee in Einheiten, die Einteilung der Offiziere nach deren Rang, die Bedeutung der Straßen, worauf das Zubehör der Armee transportiert werden könnte und die Kontrolle der militärischen Ausgaben zu verstehen.

Diese fünf Faktoren sollten jedem General vertraut sein: Der sie kennt, wird siegreich sein, der sie nicht kennt, wird verlieren.

Wenn sie die militärische Lage analysieren achten sie insbesondere auf folgende Problematiken:

1. Welcher Herrscher ist mit dem Moralischen Gesetz eins?

2. Welcher General ist der fähigere?

3. Mit wem sind die Vorteile von Himmel und Erde?

4. Auf welcher Seite wird Disziplin am strengsten durchgesetzt?

5. Welche Armee ist stärker?

6. Auf welcher Seite sind Offiziere und Männer besser trainiert?

7. In welcher Armee gibt es die größere Beständigkeit in Belohnung und Bestrafung?

Mittels dieser sieben Erwägungen kann ein Sieg oder eine Niederlage prognostiziert werden.

Der General, der meine Ratschläge studiert und danach handelt wird erobern: Geben sie solch einem die Befehlsgewalt! Der General, der meine Ratschläge ignoriert und nicht danach handelt wird verlieren: Entlassen sie diesen!

Während sie nach Vorteilen mittels meiner Ratschläge streben, nutzen sie auch jegliche weitere hilfreiche Umstände über und jenseits der gewöhnlichen Regeln.

Insofern die Umstände vorteilhaft sind, sollten ihre Pläne daran ausgerichtet werden.

Jede Kriegsführung basiert auf Täuschung.

Folglich: Wenn sie bereit sind anzugreifen, müssen sie vortäuschen dazu nicht Imstande zu sein; wenn wir unsere Kräfte aufwenden, müssen wir inaktiv erscheinen; wenn wir nahe sind, müssen wir den Feind glauben lassen, dass wir weit weg sind; wenn weit weg, müssen wir ihn glauben lassen, dass wir nahe sind.

Legen sie Köder aus, um den Feind zu verleiten. Täuschen sie Probleme vor und zerschmettern sie ihn.

Wenn er in allen Aspekten sicher ist, seien sie auf ihn vorbereitet. Wenn er in überlegener Stärke ist, weichen sie ihm aus.

Wenn ihr Konkurrent von aufbrausendem Temperament ist, versuchen sie ihn zu reizen. Täuschen sie vor schwach zu sein, so dass er arrogant wird.

Wenn er etwas leicht nimmt, gönnen sie ihm keine Pause. Wenn er seine Kräfte vereinigt, trennen sie diese.

Attackieren sie ihren Feind, wo er unvorbereitet ist; erscheinen sie, wo er sie nicht erwartet.

Diese zum Sieg führenden militärischen Ratschläge dürfen nicht bekannt gegeben werden.

Der General, der eine Schlacht gewinnt, macht in seinem Palast viele Berechnungen bevor die Schlacht gekämpft ist. Der General, der eine Schlacht verliert, macht nur wenige Berechnungen vorher. Daher führen viele Berechnungen zum Sieg und wenige Berechnungen zur Niederlage. Dieser Fakt ist sehr wichtig, da vorausgesehen werden kann wer wahrscheinlich gewinnt oder verliert.

Kriegsführung

Sun Tzu sagt:

Während der Kriegsaktionen, wenn auf dem Schlachtfeld tausende schnelle und ebenso viele schwere Wagen sowie hunderttausend leichtgepanzerte Soldaten sind, erreichen die Aufwendungen für einen tausend Li - etwa 650 Kilometer - langen Marsch, die häuslichen und militärischen Ausgaben - einschließlich zur Unterhaltung der Gäste -, kleinere Sachen wie Klebstoff, Farbe und Dinge für Wagen und Rüstung, tausend Unzen Silber pro Tag.

Dies sind die Kosten zur Verpflegung einer Armee mit über 100.000 Mann.

Wenn sie in richtigen Kämpfen verwickelt sind und der Sieg in weiter Ferne ist, werden die Waffen der Männer stumpf und ihre Leidenschaft gedämpft. Wenn sie Städte belagern, schwächen sie ihre Kampfkraft.

Wenn sich ein Feldzug verzögert, sind die Belastungen höher als die Ressourcen eines Staates.

Wenn ihre Waffen stumpf und die Leidenschaft gedämpft, ihre Kraft erschöpft und ihr Geld ausgegeben ist werden andere Kriegsherren kommen, um einen Vorteil aus ihrer extremen Situation zu erzielen. Dann wird kein Mann - egal wie klug - die folgenden Konsequenzen abwenden können.

Obwohl wir von dummer Eile im Krieg hörten, resultierten nie lange Verzögerungen aus Klugheit.

Es gibt kein Land, welches von einem langen Krieg profitierte.

Nur derjenige, der aus eigener Erfahrung die Übel des Krieges kennt, wird den besten Weg zur Vorsorge gegen diese finden.

Der talentierte General wird keine zweiten Abgaben verlangen und seinen Versorgungswagen nicht mehr als zweimal beladen.

Nehmen sie ihr Kriegsmaterial von daheim mit, Verpflegung holen sie sich jedoch vom Feind. So wird die Armee stets genügend Nahrung haben.