Todesermittlung

Grundlagen und Fälle

Begründet von

Armin Mätzler †

 

Fortgeführt von

Prof. Dr. med. Dr. phil. Ingo Wirth

 

 

6., neu bearbeitete Auflage


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www.kriminalistik.de

Reihe

Grundlagen

Die Schriftenreihe der „Kriminalistik“

Autoren

Armin Mätzler (1930–2018), Leitender Kriminaldirektor a. D., Träger des Bundesverdienstkreuzes, 38 Jahre im Polizeidienst, 1960 Eintritt in die Kriminalpolizei, 13 Jahre Leiter der Dienststelle für Todesermittlungsverfahren und Tötungsdelikte, Leiter der Mordkommission der Kriminalhauptstelle Düsseldorf, ab 1983 Leiter der zuständigen Kriminalgruppe, 1985 bis 1990 Leiter der Abteilung Kriminalpolizei beim Polizeipräsidenten in Köln.

Ingo Wirth, geb. 1952 in Spremberg/Niederlausitz, Prof. Dr. med. Dr. phil., Studium der Medizin und Kriminalistik in Berlin, dort ab 1978 Gerichtsarzt, 1990 Hochschuldozent für Kriminalistik/Forensische Medizin an der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität zu Berlin, 2000–2017 Professor für Kriminalistik/Kriminologie an der heutigen Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg.

Impressum

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ISBN 978-3-7832-4054-2

 

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Vorwort

Im Spätherbst 2018 erreichte mich die Nachricht, dass Armin Mätzler im Alter von 88 Jahren verstorben ist. Hinter ihm lag ein erfülltes Berufsleben mit mehreren verantwortungsvollen Funktionen in der Kriminalpolizei. Dazu gehörte eine vieljährige Tätigkeit als Leiter der Dienststelle für Todesermittlungsverfahren und Tötungsdelikte wie auch als Leiter der Mordkommission der Kriminalhauptstelle Düsseldorf. In diesen Funktionen konnte er die reichhaltigen Erfahrungen sammeln, die er in verschiedenen Publikationen der Fachöffentlichkeit vermittelte. Das vorliegende Werk „Todesermittlung“ stellt eine eindrucksvolle Gesamtschau seiner kriminalistischen Lebensleistung dar. Es verdeutlicht zugleich die enorme Verantwortung der Todesermittler bei der Aufdeckung von Tötungsdelikten und damit bei der Verfolgung dieser Erscheinungsform der Schwerstkriminalität.

Als ich vor Jahren die Neubearbeitung der „Todesermittlung“ von Armin Mätzler übernahm, war er noch am Leben. So konnte ich ihm das Konzept für die Neuauflage vorlegen und sein Einverständnis einholen. Dadurch weiß ich, dass ich das Werk seither in seinem Sinne fortführe, und so soll es auch bleiben. Möge der „Mätzler“ noch lange das Andenken an diesen verdienstvollen Kriminalisten bewahren.

Die 6. Auflage soll wiederum rechtliche und kriminalistische Grundlagen der Todesermittlung in Verbindung mit Praxiserfahrungen vermitteln. Über den Wert von Fallberichten schrieb der Berliner Kriminalist Hans Schneickert (1876–1944): „Die kriminaltaktische Lehre kann selbstverständlich nicht auf eine Kasuistik verzichten. Auch ältere Kriminalfälle können als Lehrbeispiele ein theoretisches Interesse beanspruchen. Die Berücksichtigung der Kriminalgeschichte wird immer von einigem Nutzen sein, weil sie geeignet ist, die Kombinationsfähigkeit des jungen Kriminalisten anzuregen.“[1]

Zeitlos und nach wie vor außerordentlich lehrreich ist auch die von Armin Mätzler gesammelte Kasuistik. Die Fallbeschreibungen zeigen auf, was sich aus einer nicht selten harmlos anmutenden kriminaltaktischen Ausgangslage entwickeln kann. Dabei wird deutlich, wie vielfältig die Probleme sind, mit denen sich der Todesermittler auseinandersetzen muss. Neben Fachwissen und Berufserfahrung sind Kreativität und Akribie bei den Ermittlungen notwendig, um das Zustandekommen eines Todesfalles aufzuklären. Manche Fallbeispiele verdeutlichen aber auch die Grenzen der kriminalistischen Untersuchungstätigkeit, sodass trotz intensiver Arbeit das zum Tod führende Geschehen unklar bleibt.

Die polizeilichen Ermittlungen in Sterbefällen werden vorrangig mit dem Ziel geführt, ein Fremdverschulden entweder festzustellen oder zweifelsfrei auszuschließen. Dementsprechend gehören zur vorgestellten Kasuistik auch einige Fälle, bei denen die Untersuchung ergab, dass ein Tötungsverbrechen vorliegt. Im Interesse der Leser gehen diese Fallbeschreibungen über das Todesermittlungsverfahren hinaus und umfassen auch das kriminalistische Vorgehen im Ermittlungsverfahren zur Aufklärung der aufgedeckten Tötungsdelikte.

Das Werk „Todesermittlung“ kann und soll kein Lehrbuch der Rechtsmedizin ersetzen und ist ebenso wenig ein Kriminalistik-Lehrbuch. Für eine Beschäftigung mit den rechtsmedizinischen Grundlagen kann auf das Buch „Rechtsmedizin“ aus der Schriftenreihe der „Kriminalistik“ verwiesen werden. Das notwendige Wissen aus der Allgemeinen Kriminalistik wird vorausgesetzt. Wer sich dennoch rasch und verlässlich informieren will, kann im „Kriminalistik-Lexikon“ nachlesen. Darüber hinaus finden sich im Literaturverzeichnis ausführliche Werke mit vertiefenden Informationen für den speziell interessierten Leser.

Der vorliegende Band soll auch künftig dazu beitragen, die polizeiliche Todesermittlung so zu gestalten, dass Tötungsverbrechen nicht unerkannt bleiben – ganz im Sinne von Armin Mätzler.

Berlin, im Januar 2022        Ingo Wirth

Inhaltsverzeichnis

 Todesermittlung

  Reihe

  Autoren

 Vorwort

 Inhaltsverzeichnis

 Abbildungsverzeichnis

 A. Strafprozessuale Grundlagen der Todesermittlung

  1. Nichtnatürliche Todesfälle

  2. Unbekannte Tote

  3. Anzeigepflicht der Polizei

  4. Ermittlungsfolgen

 B. Leichenschau und Leichenöffnung

  1. Ärztliche Leichenschau

   1.1 Problematik der ärztlichen Leichenschau

    1.1.1 Feststellung des Todes

    1.1.2 Irrtümliche Todesfeststellung – Fallbeispiele

    1.1.3 Natürlicher oder gewaltsamer Tod?

    1.1.4 Verkannte nichtnatürliche Todesfälle – Fallbeispiele

    1.1.5 Zunächst nicht entdeckte Tötungsdelikte – Fallbeispiele

    1.1.6 Fehlleistungen und ihre Ursachen

   1.2 Problematik der Todesbescheinigung

    1.2.1 Inhaltliche Gestaltung der Todesbescheinigung

    1.2.2 Anzeigepflicht versus Schweigepflicht des Arztes

    1.2.3 Fehlerhafte und abgeänderte Todesbescheinigungen

   1.3 Bestellung amtlicher Leichenschauer?

  2. Gerichtliche Leichenschau

  3. Gerichtliche Leichenöffnung

 C. Identifizierung unbekannter Toter

  1. Verfahrensregelung

  2. Kriminalistische Identifizierungsmaßnahmen

   2.1 Probleme der visuellen Identifizierung

   2.2 Vorrang naturwissenschaftlicher Identifizierungsverfahren

   2.3 Erfassung äußerer Identitätsmerkmale

   2.4 Leichendaktyloskopie

   2.5 Ermittlungsansätze

   2.6 Beschaffung von Vergleichsmaterial

   2.7 Wiedererkennungsmaßnahmen

  3. Rechtsmedizinische Identifizierungsmethoden

   3.1 Leichenuntersuchung

   3.2 Gesichtsrekonstruktion

   3.3 Odontologischer Vergleich

   3.4 Röntgenbildvergleich

   3.5 DNS-Analyse

  4. Der Skelettfund

   4.1 Superimposition

   4.2 Gesichtsweichteilrekonstruktion

 D. Kriminalistische Ermittlungen bei Todesfällen

  1. Einsatzphasen und Ziele des Ersten Angriffs

  2. Sicherungsangriff

  3. Auswertungsangriff

  4. Ereignisortbefundbericht

  5. Hinweise zur abschließenden Bearbeitung

  6. Fehlerquellen in Todesermittlungsverfahren

   6.1 Fehler bei der kriminalistischen Arbeit am Leichenfundort

   6.2 Fehler in Zeugenaussagen

   6.3 Vermisstensachen als Erscheinungsform latenter Tötungsdelikte

  7. Probleme mit Sachverständigengutachten

  8. Praxistipps für die Todesermittlung

 E. Die Phänomenologie des nichtnatürlichen Todes, dargestellt an Fällen

  1. Tod durch mechanisches Ersticken

   1.1 Strangulation und andere Erstickungsmechanismen

    1.1.1 Erhängen

    1.1.2 Erdrosseln

    1.1.3 Erwürgen

    1.1.4 Ersticken unter weicher Bedeckung

    1.1.5 Perthes'sche Druckstauung

    1.1.6 Lagebedingter Erstickungstod

   1.2 Zur Phänomenologie des Todes durch mechanisches Ersticken

    1.2.1 Erhängen – Selbsttötung oder Tod durch fremde Hand?

    1.2.2 Tötung durch Erdrosseln oder Selbsterdrosseln?

    1.2.3 Strangulationstod von Kindern – Unfall oder vorsätzliche Tötung?

    1.2.4 Tötung durch Erwürgen

  2. Tod durch scharfe Gewalt

   2.1 Folgen scharfer Gewalteinwirkung

    2.1.1 Schnittverletzungen

    2.1.2 Stichverletzungen

    2.1.3 Hiebverletzungen

   2.2 Zur Phänomenologie des Todes durch scharfe Gewalt

  3. Tod durch stumpfe Gewalt

   3.1 Folgen stumpfer Gewalteinwirkung

   3.2 Zur Phänomenologie des Todes durch stumpfe Gewalt

    3.2.1 Blutergüsse – Folge stumpfer Gewalteinwirkung oder krankhafter Blutungsneigung?

    3.2.2 Entkleidet und getötet?

    3.2.3 Sturzbedingte Kopfverletzungen

    3.2.4 Sturz aus großer Höhe

    3.2.5 Überfahren und getötet oder getötet und überfahren?

  4. Tod durch Schuss

   4.1 Kriminalistische Probleme bei Schusstodesfällen

    4.1.1 Erkennen von Ein- und Ausschuss

    4.1.2 Schussentfernungsbestimmung

    4.1.3 Schusshandfeststellung

   4.2 Zur Phänomenologie des Todes durch Schuss

  5. Tod im Wasser

   5.1 Kriminalistische Probleme bei Wasserleichen

    5.1.1 Leichenbeseitigung nach Tötungsdelikt oder Selbsttötung?

    5.1.2 Verletzungen an Wasserleichen

   5.2 Zur Phänomenologie des Todes in der Badewanne

  6. Tod durch Brand

   6.1 Kriminalistische Probleme bei Brandleichen

   6.2 Zur Phänomenologie des Todes durch Brand

  7. Tod durch Unterkühlung

   7.1 Kriminalistische Probleme bei Todesfällen durch Unterkühlung

   7.2 Zur Phänomenologie des Todes durch Unterkühlung

  8. Tod durch Strom

   8.1 Kriminalistische Probleme beim Stromtod

   8.2 Zur Phänomenologie des Todes durch Strom

  9. Tod durch Vergiftung

   9.1 Kriminalistische Probleme beim Vergiftungstod

   9.2 Zur Phänomenologie des Todes durch Vergiftung

    9.2.1 Problemfall Drogentod

 F. Möglichkeiten und Grenzen der Aufdeckung rechtlich relevanter Todesfälle – ein Resümee

 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Kleinste Knochenfragmente, aufgefunden nach einem Feldscheunenbrand

Abbildung 2:

Fragmente menschlicher Knochen, aufgefunden nach einem Feldscheunenbrand

Abbildung 3:

Menschlicher Torso mit starker Brandzehrung in einer Größe von 33,5 cm × 18,5 cm

Abbildung 4:

Leiche des Manfred Sch. am Tatort

Abbildung 5:

Die von den Obduzenten übersehene Schussverletzung im Hinterkopf von Manfred Sch.

Abbildung 6:

Die an einer Straßenböschung in Haßlinghausen aufgefundenen Männerbeine

Abbildung 7:

Der an der B 326 aufgefundene männliche Torso, dem Kopf, Hände und Beine fehlten

Abbildung 8:

Teile des sichergestellten Strangwerkzeugs

Abbildung 9:

Rekonstruktion des Erhängungsmechanismus, bei dem es zur Ausbildung einer zirkulär um den Hals verlaufenden und einer zweiten, ansteigenden Strangmarke gekommen war

Abbildung 10:

Der Erhängte im Rohbau

Abbildung 11:

Fesselung der Hände auf dem Rücken

Abbildung 12:

Der Erhängte im Wald

Abbildung 13:

Fesselung der Hände auf dem Rücken

Abbildung 14:

Punktförmige Blutungen (Petechien) in der Augenbindehaut

Abbildung 15:

Selbsterdrosseln mit zwei fest verknoteten Schnürsenkeln

Abbildung 16:

Selbsterdrosseln mit zwei fest verknoteten Schnürsenkeln

Abbildung 17:

Selbsttötung durch Halsschnitt. Beachte die suizidtypischen Probierschnitte!

Abbildung 18:

Selbsttötung durch Erstechen mit der suizidtypischen Entkleidung der Einstichregion

Abbildung 19:

Nach Beseitigung der Blutspuren stellte sich heraus, dass sich die Frau zwei Stichverletzungen beigebracht hatte

Abbildung 20:

Weitgehend entkleidete Frauenleiche im Wald – Verdacht auf Sexualmord

Abbildung 21:

Die entkleidete, blut- und schmutzverschmierte unbekannte Frauenleiche im Keller. Tötungsdelikt oder Unfall?

Abbildung 22:

Die ordentlich abgelegten Kleidungsstücke der Frau auf der Kellertreppe

Abbildung 23:

Auffindesituation der weitgehend entkleideten Leiche der Helga W.

Abbildung 24:

Stirnhaut mit zwei Verletzungen, doch es war nur einmal geschossen worden

Abbildung 25:

Rekonstruktion der Tat, bei der die Schmauchspuren der behaupteten Selbsttötung widersprachen

Abbildung 26:

Die über der Trommel des Revolvers liegende Hand hatte alle Schmauchspuren aufgefangen

Abbildung 27:

Drei untereinanderliegende Einschüsse im Bereich der linken Brustseite. Tatwaffe war ein Revolver, Kaliber .38 Special. Lag eine Selbsttötung vor?

Abbildung 28:

Links der Einschuss im Hemd, rechts die großkalibrige Einschussverletzung in der Brust

Abbildung 29:

Tatwaffe der Selbsttötung war eine Perkussionspistole, Kaliber .44

Abbildung 30:

Selbst hergestellte Patronen für die Perkussionswaffe

Abbildung 31:

Patronenhülsen aus Schreibpapier, Pulver aus Zündholzköpfen und selbst gegossene Projektile

Abbildung 32:

Das ausgebaute Schloss der Badezimmertür, der Schlüssel und der in der Wohnung des Tatverdächtigen aufgefundene Draht

Abbildung 33:

So war die Badezimmertür von außen bei innen steckendem Schlüssel verschlossen worden

Abbildung 34:

Der Ölofen, in dessen Brennkammer der Täter versucht hatte, sein Opfer zu verbrennen

Abbildung 35:

Die Leiche der 16 Jahre alten Postangestellten in der Brennkammer des Ölofens nach Abbau des Brenners und des Gebläseaggregats

Abbildung 36:

Die Füße des Opfers, aus denen Knochenteile herausgebrochen waren

Abbildung 37:

Armin Mätzler mit der Giftmörderin Gisela T. bei der Rekonstruktion der Tat

Abbildung 38:

Möglichkeiten der Aufdeckung rechtlich relevanter Todesfälle

A. Strafprozessuale Grundlagen der Todesermittlung

Die Rechtsgrundlagen für die polizeilichen Ermittlungen in Sterbefällen finden sich in der Strafprozessordnung (StPO) und sind somit Bundesrecht. Wesentlich für Leichensachen ist § 159 StPO. Ergänzend sind einige Regelungen der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) zu beachten.

Die Voraussetzungen für ein Todesermittlungsverfahren ergeben sich aus § 159 Abs. 1 StPO: „Sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder wird der Leichnam eines Unbekannten gefunden, so sind die Polizei- und Gemeindebehörden zur sofortigen Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder an das Amtsgericht verpflichtet.“

Mit dieser kriminalpolizeilichen Bestimmung soll der Staatsanwaltschaft frühzeitig die Entscheidung darüber ermöglicht werden, ob ein Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts einzuleiten ist. Insofern dient § 159 Abs. 1 StPO zugleich der Beweissicherung, insbesondere durch Leichenschau und Leichenöffnung.[1] Beide Untersuchungshandlungen sind mit größter Beschleunigung durchzuführen (vgl. Nr. 36 RiStBV), denn die ärztlichen Feststellungen über die Todesursache können schon durch geringe Verzögerungen an Zuverlässigkeit verlieren.

Eine Mitteilung an das Amtsgericht kommt nur in Betracht, wenn der Amtsrichter schneller als der Staatsanwalt zu erreichen ist (vgl. §§ 165, 167 StPO). Wenn nicht Gefahr im Verzug besteht, gibt der Richter die Anzeige an die Staatsanwaltschaft ab. Bei Bekanntwerden eines rechtlich relevanten Todesfalles im Sinne von § 159 StPO muss der Staatsanwalt, bei Gefahr im Verzug der Amtsrichter, unverzüglich prüfen, ob und gegebenenfalls welche Ermittlungen zu veranlassen sind. Insbesondere hat er zu entscheiden, ob eine Leichenschau oder eine Leichenöffnung (§ 87 StPO) geboten ist. Zudem muss er die zur Identifizierung des Toten (§ 88 StPO) erforderlichen Maßnahmen treffen.

Rechtlich darf erst nach ärztlicher Diagnose (Ausnahme: Schleswig-Holstein) und Bescheinigung des Todes von einer Leiche gesprochen werden. Nach medizinischer Auffassung gilt als Leiche der Körper eines Verstorbenen, gekennzeichnet durch Leichenerscheinungen. Juristischer Ansicht zufolge ist eine Leiche der Körper eines toten Menschen oder totgeborenen Kindes, solange er noch nicht zerfallen oder noch nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs geworden ist, wie Leichen oder Leichenteile für den Anatomieunterricht im Medizinstudium und Mumien.

Bei Neugeborenen unterscheidet man zwischen

Lebendgeborenen und

Totgeborenen.

Als lebendgeboren gilt ein Kind, wenn nach vollständigem Verlassen des Mutterleibes entweder das Herz geschlagen, die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat, unabhängig von Länge und Gewicht des Kindes oder von der Dauer der Schwangerschaft. Wenn ein Lebendgeborenes verstirbt, gilt es rechtlich generell als Leiche.

Ein Kind ist totgeboren, wenn es nach vollständigem Verlassen des Mutterleibes keines der maßgeblichen Zeichen eines Lebendgeborenen und ein Gewicht von mindestens 500 g aufweist. Unter dieser Voraussetzung gilt auch ein Totgeborenes rechtlich als Leiche. Demnach gilt nicht als Leiche eine Leibesfrucht mit einem Körpergewicht unter 500 g, bei der nach dem Verlassen des Mutterleibes keines der Lebenszeichen vorhanden war. Sie wird als Fehlgeburt, Frühgeburt oder Abort bezeichnet.

Als menschliche Leiche gilt auch der Kopf oder Rumpf als abgetrennte Teile des Körpers, die nicht zusammengeführt werden können. Alle übrigen abgetrennten Körperteile und abgetrennten Organe einer verstorbenen Person sind Leichenteile. Skelette oder Skelettteile gelten nicht mehr als Leiche (Ausnahme: Sachsen-Anhalt).

Im Todesermittlungsverfahren ist der Leichnam in aller Regel eines der wichtigsten Beweismittel. Die Leiche ist daher stets sicherzustellen oder zu beschlagnahmen. Die Rechtsgrundlagen hierfür sind die §§ 94 ff. StPO, die gleichfalls für die Sicherstellung von Gegenständen aus dem Nachlass gelten. Der Begriff Gegenstände in § 94 Abs. 1 StPO ist sehr weit auszulegen und erfasst auch Leichenteile, Feten sowie Körperinhalte, wenn sie vom Körper getrennt sind (z. B. Gewebe-, Blut- und Urinproben). Die nach § 159 Abs. 2 StPO vorgeschriebene Bestattungsgenehmigung setzt keine zuvor erfolgte Beschlagnahme voraus, sondern ist unabhängig davon bei allen in Absatz 1 der Vorschrift genannten Todesfällen erforderlich. Eine Beschlagnahme des Leichenfundorts kann notwendig sein, wenn dort weitere Ermittlungen geführt werden müssen.

Der Rechtsstatus der Leiche ist zwar gesetzlich nicht normiert, aber Ansehen und Würde eines Verstorbenen genießen rechtlichen Schutz. In § 189 StGB wird die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener unter Strafe gestellt. Die Vorschrift schützt das Pietätsempfinden der Angehörigen und die nach dem Tod fortbestehende Menschenwürde. Geschütztes Rechtsgut über den Tod hinaus bleibt auch der persönliche Lebens- und Geheimbereich (§ 203 StGB). Ebenso gelten bestimmte Rechte, wie Urheber- und Erbrechte, und Willenserklärungen des Verstorbenen weiter. Allerdings können Verstorbene im Fall eines nichtnatürlichen Todes ihre Obduktion nicht durch Verfügung von Todes wegen ausschließen (LG Mainz, NStZ-RR 2002, 43).

Durch den Straftatbestand Störung der Totenruhe (§ 168 StGB) ist die Leiche im Wesentlichen gegen unbefugte Handlungen geschützt. Nach dieser Vorschrift wird bestraft, „wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt“. Ebenso wird bestraft, „wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt“. Einige Probleme beim Umgang mit der Leiche sind durch § 168 StGB nur unvollkommen geregelt. Das betrifft beispielsweise die Zulässigkeit von Obduktionen, die Verwendung der Leiche als anatomisches Präparat sowie die Entnahme und Weiterverwendung natürlicher oder künstlicher Teile des toten Körpers.

Gemäß § 159 Abs. 2 StPO ist zur Bestattung die schriftliche Genehmigung („Bestattungsschein“) der Staatsanwaltschaft erforderlich. Die Bestattungsgenehmigung hat der Staatsanwalt unverzüglich zu erteilen, wenn die Leiche nicht oder nicht mehr für Ermittlungen benötigt wird. Diese Genehmigung muss dem Standesamt auf schnellstem Weg, beispielsweise durch Einschalten der örtlich und sachlich zuständigen Polizeibehörde, zugeleitet werden.

Für die Feuerbestattung muss eine ausdrückliche Zustimmung erteilt werden. Dazu heißt es unter Nr. 38 RiStBV: „Aus dem Bestattungsschein muss sich ergeben, ob auch die Feuerbestattung genehmigt wird. Bestehen gegen diese Bestattungsart Bedenken, weil dadurch die Leiche als Beweismittel verloren geht, so wird die Genehmigung hierfür zu versagen sein. Solange der Verdacht eines nicht natürlichen Todes besteht, empfiehlt es sich, die Feuerbestattung nur im Einvernehmen mit dem Arzt (§ 87 Abs. 2 Satz 3 StPO) zu genehmigen.“

1. Nichtnatürliche Todesfälle

Nichtnatürliche (unnatürliche) Todesfälle im Sinne des § 159 StPO sind die Selbsttötung, der Unfall und der durch eine rechtswidrige Tat herbeigeführte Tod. Eine Operation mit tödlichem Ausgang ist nur dann den in Absatz 1 genannten nichtnatürlichen Todesfällen zuzurechnen, wenn wenigstens entfernte tatsächliche Anhaltspunkte für einen ärztlichen Behandlungsfehler oder für ein pflichtwidriges Verhalten des Pflegepersonals vorliegen.

Eine Selbsttötung (Suizid, auch Selbstmord oder Freitod) ist die absichtliche Beendigung des eigenen Lebens. Der Suizid ist straflos, folglich ebenso der Versuch sowie Anstiftung und Beihilfe. Eine andere Situation besteht bei der Missachtung einer rechtlich gegebenen Garantenstellung. Für die polizeiliche Todesermittlung ist eine Unterscheidung der Selbsttötung nach phänomenologischen Gesichtspunkten zweckmäßig.

Bei einem einfachen Suizid besteht die Absicht, ausschließlich das eigene Leben zu beenden. Wird das Vorhaben geplant, trifft der Suizident die notwendigen Vorbereitungen. Derartige Handlungen (z. B. Abschiedsbesuche, Zurechtlegen wichtiger Schriftstücke, Sicherheitsvorkehrungen) liefern Anhaltspunkte für die Feststellung einer Selbsttötung.

Ein gemeinsamer Suizid ist dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Personen den individuell gefassten Entschluss verwirklichen, miteinander aus dem Leben zu scheiden. Häufig handelt es sich um einen Doppelsuizid. Lässt sich die Suizidausführung jeder verstorbenen Person im Einzelnen nachweisen, bereitet die Sachverhaltsaufklärung kaum Schwierigkeiten. Problematisch wird die Situation besonders dann, wenn jemand von den Beteiligten nicht verstirbt. In einem solchen Fall muss durch die Ermittlungen geklärt werden, ob die überlebende Person ein Tötungsdelikt begangen hat.

Bei einem kombinierten Suizid werden zwei oder mehr Suizidmethoden während einer Selbsttötung angewendet. Die zusätzlich eingesetzten Tötungsarten sollen den unbedingt angestrebten Eintritt des Todes auch beim Versagen der anfänglich verwendeten Methode garantieren. Deshalb wird die Suizidausführung genau durchdacht und gründlich vorbereitet. Die Kombination mehrerer Tötungsarten ist ein Hinweis darauf, dass eine Selbsttötung vorliegt.

Von dem (primär) kombinierten Suizid lässt sich ein sekundär kombinierter oder protrahierter Suizid abgrenzen. Hierbei werden vom Suizidenten zwei oder mehrere Tötungsarten nacheinander angewendet, weil die zuerst eingesetzte Suizidmethode zu schmerzhaft war, nicht schnell genug zum Tod geführt hat oder gänzlich versagte. Die Entscheidung für weitere Tötungsmethoden wird erst im Laufe der Suizidausführung getroffen. Aufgrund der Überlagerung von Spuren unterschiedlicher Gewalteinwirkungen kann die Differenzierung zwischen einem protrahierten und einem vorgetäuschten Suizid schwierig sein. Um den Sachverhalt verlässlich aufzuklären, ist eine Leichenöffnung unverzichtbar.

Bei einem verschleierten Suizid sollen andere Personen über das tatsächliche Geschehen getäuscht werden. Die Verschleierung der Selbsttötung kann durch Vorkehrungen des Suizidenten oder Maßnahmen von Hinterbliebenen erfolgen. Als Motive kommen Furcht vor Schande (Vortäuschung eines natürlichen Todes) oder Betrugsabsicht (Vortäuschung eines Unfalls oder Fremdverschuldens) in Betracht. Insbesondere bei Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang muss im Einzelfall mit einem verschleierten Suizid gerechnet werden.

Ein erweiterter Suizid, auch Mitnahmesuizid, liegt vor, wenn der Selbsttötung die Tötung mindestens einer anderen Person vorausgeht. Ein solches Ereignis ist von einem Tötungsdelikt mit nachfolgendem Suizid des Täters abzugrenzen. Ausschlaggebend für die Unterscheidung sind die Tatumstände. Das bestimmende Kriterium ist die Abfolge der Entschlussfassung. Bei einem erweiterten Suizid fällt zuerst die Entscheidung für die Selbsttötung, aus der sekundär die Tötungsabsicht erwächst. Der Suizident nimmt eine oder mehrere Person(en) ohne deren Einverständnis oder gegen deren Willen mit in den Tod. Typische Opfer sind eigene Kinder (Filizid) oder hilfsbedürftige (Ehe-)Partner (Intimizid), die nicht allein und unversorgt zurückbleiben sollen. Ein weiteres Kriterium ist die rasche Aufeinanderfolge von Tötung und Suizid. Zudem werden beide Taten meist am selben Ort oder in unmittelbarer Nähe ausgeführt. Im Unterschied zum erweiterten Suizid wird bei einem Tötungsdelikt mit nachfolgendem Suizid des Täters der Entschluss zur Beendigung des eigenen Lebens erst nach der Tötungshandlung in einem zweiten Akt neu gefasst. Wesentliche Beweggründe für die Folgeentscheidung sind Reue, Schuldgefühl und Furcht vor Strafe. Das Misslingen der Selbsttötung führt sowohl bei einem erweiterten Suizid als auch nach einem Tötungsdelikt zu strafrechtlichen Konsequenzen für die überlebende Person.

Auch sonst sind polizeiliche Ermittlungen notwendig, um die Selbsttötung zuverlässig nachzuweisen und so zugleich ein strafrechtlich bedeutsames Fremdverschulden auszuschließen. Neben der Ereignisortuntersuchung und einer Leichenöffnung gehört dazu die möglichst differenzierte Feststellung der Suizidursachen.

Die Selbsttötung kann als Kurzschlusshandlung in direkter Folge aktueller Affekte ausgeführt werden, wie es vor allem bei Jugendlichen vorkommt. Mitunter soll in einer stark affektbetonten Konfliktsituation (Liebeskummer, Ehekrise) durch einen demonstrativen Suizid den Mitmenschen bekundet werden, in welcher schwierigen oder verzweifelten Lage sich die betreffende Person befand. Die Handlung wird oft längere Zeit bedacht und überlegt ausgeführt, auch wenn nur ein demonstrativer Suizidversuch beabsichtigt ist. Inwieweit im Einzelfall der Tod gewollt oder infolge einer Fehleinschätzung des Suizidenten ungewollt eingetreten ist, lässt sich gewöhnlich kaum herausfinden. Ist die Selbsttötung die Reaktion auf eine Lebensbilanz, wird die Tat als Bilanzsuizid bezeichnet. Besonders bei alleinstehenden und alten Menschen, aber auch in Partnerschaften und Familien ohne echte zwischenmenschliche Kontakte kann eine soziale Vereinsamung zur Selbsttötung führen. Schließlich ist bei psychischen Krankheiten, speziell bei depressiven Störungen, ein Suizid möglich.

Das Phänomen Selbsttötung ist zu vielschichtig, als dass eine umfassende Erklärung dafür gefunden werden könnte, welche Ursachen einen so starken Trieb wie den der Selbsterhaltung in das Gegenteil zu verkehren vermögen. Konkrete Erkenntnisse sind sicherlich nur im Einzelfall zu erlangen. Untersucht man solche Geschehnisse, so ist man oft erschrocken über die Entschlossenheit, mit der sterbewillige Menschen vorgegangen sind, wie sorgfältig sie ihre Selbsttötung vorbereitet haben und wie sie bemüht waren, eine Rettung zu verhindern.

Ein Unfall liegt nach den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) vor, „wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet“. Diese Begriffsbestimmung lässt die Frage nach der Schuld am Zustandekommen des Unfalls offen. Zu unterscheiden sind:

Selbstverschulden (z. B. Sturz, Ertrinken, Vergiftung),

Fremdverschulden (z. B. Verkehrs- und Arbeitsunfall),

höhere Gewalt als Geschehnis, das durch keinerlei Sorgfalt weder abgewehrt noch verhindert werden kann (z. B. Blitzschlag, Überschwemmung, Erdrutsch).

Im Zusammenhang mit Naturereignissen können auch strafbare Handlungen in Betracht kommen, etwa das Auslösen einer Lawine durch eine Person oder bei Verletzung von Fürsorgepflichten.

Eine rechtswidrige Tat im Sinne des Strafrechts ist „nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Strafrechtlich können sich bei Leichensachen ganz unterschiedliche Bezüge ergeben, die weit über den Auftragsrahmen des § 159 StPO hinausgehen. Dazu gehören vorrangig die Straftaten gegen das Leben, etwa

§ 211 Mord,

§ 212 Totschlag,

§ 213 Minder schwerer Fall des Totschlags,

§ 216 Tötung auf Verlangen,

§ 221 Aussetzung,

§ 222 Fahrlässige Tötung.

Weiterhin sind es solche Straftaten wie

§ 176d Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge,

§ 178 Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge,

§ 227 Körperverletzung mit Todesfolge,

§ 231 Beteiligung an einer Schlägerei,

§ 235 Entziehung Minderjähriger,

§ 238 Nachstellung,

§ 239 Freiheitsberaubung,

§ 239a Erpresserischer Menschenraub,

§ 251 Raub mit Todesfolge,

§ 306c Brandstiftung mit Todesfolge,

§ 307 Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie,

§ 308 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion,

§ 309 Missbrauch ionisierender Strahlen,

§ 312 Fehlerhafte Herstellung einer kerntechnischen Anlage,

§ 313 Herbeiführen einer Überschwemmung,

§ 314 Gemeingefährliche Vergiftung,

§ 316a Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer,

§ 316c Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr,

§ 318 Beschädigung wichtiger Anlagen,

§ 328 Unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern,

§ 330 Besonders schwerer Fall einer Umweltstraftat,

§ 330a Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften.

Im Einzelfall sind Notwehr und Notstand (vgl. §§ 32 ff. StGB) zu beachten, wenn es dabei zu Tötungshandlungen kommt. Außerdem gelten einige Strafvorschriften aus Gesetzen des Nebenstrafrechts (z. B. Betäubungsmittelgesetz).

Die Anhaltspunkte für einen nichtnatürlichen Tod können sich sowohl aus Spuren einer Gewalteinwirkung an der Leiche als auch aus der Fundortsituation, bei jüngeren Menschen sogar aus dem Fehlen von Hinweisen auf einen natürlichen Tod ergeben. Ein besonderes Problem stellen die plötzlichen Todesfälle im Säuglings- und Kleinkindalter dar. Der Tod kann durch eine unerkannte Krankheit, aber ebenso durch ein nichtnatürliches Geschehen bis zum spurenarmen Tötungsdelikt verursacht sein. Eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft gemäß § 159 Abs. 1 StPO ist deshalb stets erforderlich.

Auch bei scheinbar natürlicher Todesursache muss daran gedacht werden, dass ein solcher Sterbefall mit einer Straftat zusammenhängen kann und nur durch entsprechende Ermittlungen, speziell hinsichtlich der Kausalität von Ereignis und Tod, aufzuklären ist. In Betracht kommen vor allem unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB), Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB) sowie Körperverletzung oder Tötung (§§ 223 f., 222, 212 StGB) durch unterlassene oder unzureichende Behandlung oder Versorgung.

Entscheidend für die Einordnung als nichtnatürlicher Todesfall ist der Kausalzusammenhang zwischen der äußeren Einwirkung auf den Körper und dem Todeseintritt. Strafrechtlich gilt als kausal für ein Ereignis jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg – der Todeseintritt – entfiele. Dabei ist jede Bedingung als gleichwertig anzusehen, soweit sie irgendwie zum Erfolg führt (Äquivalenz- oder Bedingungstheorie). Die Einwirkung von außen muss weder unmittelbar noch allein den Tod herbeigeführt haben und kann dem Todeseintritt längere Zeit vorausgegangen sein.

2. Unbekannte Tote

Unbekannt im Sinne des § 159 StPO ist ein aufgefundener Toter, der nicht alsbald identifiziert werden kann. Spätestens bei Abschluss des Auswertungsangriffs muss die Identifizierung gelungen sein, ansonsten ergibt sich eine Leichensache gemäß Absatz 1. Ein Leichnam gilt auch dann als unbekannt, wenn ein Mensch im Beisein anderer Personen, beispielsweise in einem öffentlichen Verkehrsmittel, verstirbt und seine Identität nicht ohne Weiteres, etwa durch mitgeführte Papiere, festgestellt werden kann. In all diesen Fällen dienen die polizeilichen Ermittlungen zwar vorrangig der Identifizierung, dennoch müssen Todesursache und Ablebensumstände geklärt werden. Solange die Todesursache unklar ist, muss die Möglichkeit eines nichtnatürlichen Todes in Betracht gezogen werden.

3. Anzeigepflicht der Polizei

Der Staatsanwalt kann in einer Leichensache nur tätig werden, wenn er von einem nichtnatürlichen Todesfall bzw. vom Fund eines Unbekannten erfährt. Deshalb verpflichtet § 159 Abs. 1 StPO die Polizei- und Gemeindebehörden bei Vorliegen einer der beiden Alternativen zur sofortigen Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft oder, wenn diese nicht alsbald erreichbar ist, an das Amtsgericht des Ortes, wo sich die Leiche befindet. Die Zuständigkeit regelt § 143 GVG.

Die Anzeigepflicht obliegt dem Leiter oder einem nach dem Geschäftsverteilungsplan beauftragten Angehörigen der Behörde. Zur Anzeige verpflichtet sind nur die Polizei- und Gemeindebehörden, nicht aber andere Behörden oder Privatpersonen.

Inhaltlich wird sich die Anzeige der Polizei- oder Gemeindebehörde nicht auf die bloße Mitteilung beschränken, dass jemand möglicherweise eines nichtnatürlichen Todes gestorben oder der Leichnam eines Unbekannten gefunden worden ist. Vielmehr sind alle bereits bekannten Umstände weiterzugeben, die für die Ermittlungen von Bedeutung sein können, wie Fundort und Zustand der Leiche, Spuren und sonstige Auffälligkeiten oder persönliche Verhältnisse bei bekannten Toten.

4. Ermittlungsfolgen

Strafprozessual handelt es sich bei Todesermittlungen gemäß § 159 StPO um die gesetzlich geregelte Verpflichtung, die im Absatz 1 genannten Sterbefälle polizeilich zu überprüfen. Aufgrund dieser Vorschrift hat die Polizei tätig zu werden, ohne dass bereits der Verdacht einer Straftat gegeben sein muss. Die sofortige Anzeige durch die Polizei- oder Gemeindebehörde ist keine Strafanzeige im Sinne von § 158 Abs. 1 StPO und setzt demnach kein Ermittlungsverfahren gemäß § 160 StPO, sondern nur Vorermittlungen in Gang.

Unabhängig von der Erfüllung der Anzeigepflicht nach § 159 Abs. 1 StPO haben die Polizeibeamten gemäß § 163 Abs. 1 StPO dafür zu sorgen, dass weder an der Leiche noch am Fundort irgendwelche Veränderungen vorgenommen werden. Darin besteht ein wesentliches Ziel des Sicherungsangriffs im Todesermittlungsverfahren. Das Verändern von Spuren und das Entfernen von Beweisgegenständen sind nur aus Gründen der Gefahrenabwehr zulässig. Strafprozessuale Eingriffe in geschützte Einzelrechte bedürfen der richterlichen Anordnung (vgl. §§ 162, 165 StPO). Hingegen ist die Überführung der Leiche vom Fundort an einen anderen Ort nicht von der Genehmigung des Staatsanwalts oder des Richters abhängig.

Die polizeilichen Ermittlungen in Sterbefällen werden mit dem Ziel geführt, ein Fremdverschulden entweder festzustellen oder zweifelsfrei auszuschließen. Stellt sich heraus, dass es sich um eine Selbsttötung oder einen Unfall ohne Fremdverschulden handelt, kommt es nicht zu einem Strafverfahren. Ebenso kann sich ein plötzlicher, unerwarteter Todesfall im Ergebnis des Todesermittlungsverfahrens als natürlicher Tod ohne strafrechtliche Bezüge erweisen.

Andernfalls muss durch „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ ein Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 2 StPO begründet werden. Der Anfangsverdacht besteht, wenn es nach kriminalistischen Erfahrungen als möglich erscheint, dass eine Straftat vorliegen könnte. Lediglich Vermutungen genügen nicht. Der Verdachtsgrad braucht weder dringend (§ 112 StPO) noch hinreichend (§ 203 StPO) zu sein. Mit dem Entstehen des Anfangsverdachts wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 160 Abs. 1 StPO erforderlich (Legalitätsprinzip).

Ergeben die ersten Feststellungen an der Leiche und/oder am Fundort den Verdacht oder gar die Gewissheit einer schuldhaften Verursachung oder Mitverursachung des Todes durch eine andere Person, so liegt ein strafrechtlich relevanter Todesfall vor.

Für den ersten Zugriff der Strafverfolgung ist der gesetzliche Auftrag der Polizei nach § 163 Abs. 1 StPO gleich dem der Staatsanwaltschaft, der sich aus § 160 Abs. 1 StPO ergibt. Danach haben die Behörden und Beamten des Polizeidienstes „Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten“.

B. Leichenschau und Leichenöffnung

Das Leichenwesen ist durch landesrechtliche Vorschriften geregelt. Nach den Landesgesetzen muss in jedem Sterbefall ein Arzt hinzugezogen werden, der eine Leichenschau vorzunehmen und darüber eine ärztliche Bescheinigung auszustellen hat.[1] Diese obligatorische ärztliche Leichenschau wird gelegentlich auch als allgemeine Leichenschau bezeichnet. Um deren Ergebnis zu dokumentieren, werden Formulare verwendet, die unterschiedlich gestaltet sind. Die Vordrucke können – je nach Bundesland – Todesbescheinigung, Leichenschauschein oder Totenschein heißen.

Für das Todesermittlungsverfahren gelten die strafprozessualen Bestimmungen über die Leichenschau und die Leichenöffnung gemäß §§ 87 ff. StPO. Von § 87 Abs. 2 StPO abgetrennte Spezialregelungen zur Leichenöffnung bestehen für die Öffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes (§ 90 StPO) sowie für die Untersuchung bei Verdacht einer Vergiftung (§ 91 StPO).

1. Ärztliche Leichenschau

Die obligatorische Leichenschau durch einen Arzt[2] dient vorrangig der Feststellung des Todes. Zugleich soll aber auch geklärt werden, ob ein natürlicher oder ein nichtnatürlicher Tod vorliegt. In den Sterbefällen, in denen der Leichenschauarzt den Tod als nichtnatürlich oder als ungeklärt bescheinigt oder wenn es sich um die Leiche eines Unbekannten handelt, ergibt sich nach den Landesgesetzen für den Arzt die Verpflichtung zur Benachrichtigung der Polizei. Ob ein Todesfall polizeilich überprüft wird, entscheidet also in erster Linie der zum Leichenfundort gerufene Arzt.

Bei Verdacht auf einen nichtnatürlichen Tod und bei unbekannten Toten hat der Arzt bis zum Eintreffen der Polizei oder der Staatsanwaltschaft von einer Fortsetzung der Leichenschau abzusehen und dafür zu sorgen, dass keine Veränderungen an der Leiche und in deren unmittelbarer Umgebung vorgenommen werden. In vielen Bundesländern sind Notärzte während ihres Einsatzes im Rettungsdienst nicht zur Vornahme der Leichenschau verpflichtet, haben aber zumindest den Tod festzustellen. Danach wird der ärztlich diagnostizierte Tod rechtssicher auf einer vorläufigen Todesbescheinigung dokumentiert. Nachfolgend muss dann ein anderer Arzt (z. B. Hausarzt, Rechtsmediziner) die obligatorische Leichenschau vornehmen.

Bescheinigt der Leichenschauarzt den Tod als natürlich, so finden keine weiteren amtlichen Untersuchungen statt, der Sterbefall wird beim Standesamt als natürlicher Tod beurkundet, die Bestattung des Leichnams kann erfolgen. Lediglich vor einer Feuerbestattung ist eine zweite (amtsärztliche) Leichenschau (Feuerbestattungsleichenschau, Kremationsleichenschau, Leichennachschau) erforderlich. Eine solche Feuerbestattungsleichenschau dient der Feststellung von Anzeichen eines nichtnatürlichen Todes und der Freigabe zur Einäscherung.

Für die Feuerbestattung gelten die Bestattungsgesetze der Bundesländer. Anders als bei der obligatorischen ärztlichen Leichenschau ist der Kreis der zur Leichennachschau befugten Ärzte eingeschränkt. Zu dieser Untersuchung kann ein Arzt des Gesundheitsamtes oder eines beauftragten Instituts für Rechtsmedizin oder Pathologischen Instituts ermächtigt werden. Nach einer Übergangsfrist wird zum Jahresbeginn 2023 in Bayern als letztem Bundesland eine verpflichtende zweite Leichenschau vor der Feuerbestattung eingeführt.

Die Feuerbestattungsleichenschau ist „ein wichtiger und zumindest in einem wesentlichen Teilbereich effektiver Filter, um nicht natürliche Todesfälle zu erkennen und insoweit einen endgültigen Verlust von Beweismitteln zu verhindern“.[3] Allerdings darf der Erkenntniswert der Kremationsleichenschau nicht überschätzt werden. Darauf deutet der niedrige Anteil der durch die Leichennachschau zusätzlich aufgedeckten nichtnatürlichen Todesfälle hin, der mit 1–2 % angegeben wird. Insbesondere sind die Möglichkeiten einer Aufdeckung spurenarmer Tötungsdelikte – auch bei qualifizierter Ausführung der zweiten Leichenschau – begrenzt, weil sich die Nachschau im Krematorium naturgemäß auf die äußere Untersuchung des Leichnams beschränkt und der Fundort als wichtige Informationsquelle fehlt. Eine wirkliche Verbesserung der Treffsicherheit bei der Feststellung von Todesursache und Todesart ist einzig und allein durch die Erhöhung der Obduktionsraten zu erreichen.

1.1 Problematik der ärztlichen Leichenschau

1.1.1 Feststellung des Todes

Nach den landesgesetzlichen Bestimmungen kann jeder approbierte Arzt (niedergelassener Arzt, Krankenhausarzt, Notarzt, Arzt im Gesundheitsamt) als Leichenschauer fungieren. Gegen diese gesetzliche Regelung, die die Ärzte generell verpflichtet, Todesbescheinigungen ohne Rücksicht auf Spezialkenntnisse und Erfahrungen auszustellen, richtet sich schon lange Kritik. Vielen der zum Leichenfundort gerufenen Ärzte fehlen die notwendigen rechtsmedizinischen Kenntnisse zur Beurteilung der vielfältigen Leichenerscheinungen und der äußeren Anzeichen eines gewaltsamen Todes. Sie werden häufig als notdiensttuende Ärzte zu einem Leblosen gerufen, den sie nie vorher gesehen haben und von dem sie weder die Lebensumstände noch die Art möglicherweise vorangegangener Erkrankungen kennen. Dennoch sollen sie am Fundort, oft unter ungünstigen Umständen, den Tod und dessen Ursache, den Zeitpunkt des Todeseintritts und die Anzeichen eines Fremdverschuldens möglichst zweifelsfrei feststellen.

Die Diagnose des Todes ist dem Arzt als Aufgabe zugewiesen, weil dazu in der weitaus größten Zahl der Fälle medizinische Kenntnisse erforderlich sind. Andernfalls kann durch ihn, wenn sich noch Lebenszeichen nachweisen lassen, kompetent medizinische Hilfe geleistet werden.

Das Erkennen des Todeseintritts kann gelegentlich erheblich erschwert sein. Unter bestimmten Bedingungen sind alle Lebenserscheinungen auf ein Minimum reduziert (Vita minima). Es besteht eine tiefe, unter Umständen lang dauernde Bewusstlosigkeit, und äußerlich lassen sich Atmung, Puls, Körperwärme und Reflexe kaum wahrnehmen. Deshalb wird gefordert, dass vor dem Ausfertigen der Todesbescheinigung mindestens eines der sicheren Todeszeichen deutlich ausgeprägt sein muss. Sichere Zeichen des Todes sind die Leichenerscheinungen sowie solche schweren Verletzungen, die ein Überleben ausschließen. Im Allgemeinen werden etwa 15 bis 20 Minuten nach dem Todeseintritt die ersten Leichenflecke sichtbar, sodass recht bald nach dem Ableben eine sichere Feststellung des Todes möglich ist.

Hält sich der Arzt konsequent an die Forderung, den Tod nur bei Vorhandensein sicherer Zeichen des Todes zu bescheinigen, besteht keine Gefahr, einen Lebenden für tot zu erklären. Dennoch gibt es Jahr für Jahr mehrere solcher ärztlichen Fehlleistungen. In der Folge werden einige wahllos herausgegriffene Fälle dargestellt, die die Problematik verdeutlichen sollen.

1.1.2 Irrtümliche Todesfeststellung – Fallbeispiele

Fall 1

Eine 60 Jahre alte Apothekerin wurde in ihrer Wohnung von einer Freundin in scheinbar leblosem Zustand aufgefunden. Die Auffindesituation (Abschiedsbrief, leeres Behältnis eines barbitursäurehaltigen Schlafmittels, Becher mit weißlichen Anhaftungen) ließ auf eine Selbsttötung schließen.

Man rief einen Arzt, der auch wenig später erschien und den Tod der Frau bescheinigte. Der Arzt bat, die Polizei zu verständigen. Da er wenig Zeit habe und außerdem keine Todesbescheinigung bei sich führe, solle doch die Polizei bei ihm vorbeikommen und die Todesbescheinigung abholen.

Der zum Fundort entsandte Kriminalbeamte stellte bei der angeblich Toten deutliche Atembewegungen fest und veranlasste daraufhin die sofortige Überführung der Frau in ein Krankenhaus. Die behandelnden Ärzte erklärten am Einlieferungstag, die Frau habe eine gute Überlebenschance. Sie verstarb jedoch in den Nachmittagsstunden des darauffolgenden Tages an einem toxischen Herz- und Kreislaufversagen, wie bei der anschließenden Obduktion festgestellt wurde.

Fall 2

Eine 41 Jahre alte Frau schrieb abends einen Abschiedsbrief, setzte sich in der Garage in ihr Auto und schluckte eine Überdosis Schlaftabletten. Am anderen Morgen wurde sie aufgefunden und von einem Arzt, nachdem er den Puls gefühlt und „irgendwie das Genick untersucht“ hatte, für tot erklärt. Weil Anhaltspunkte für einen nichtnatürlichen Tod vorlagen, unterrichtete der Mediziner die Polizei von dem Vorfall mit dem Hinweis, er habe „die Leiche im Fahrzeug belassen“. Die scheinbar Tote hat überlebt.

Den Kriminalbeamten war bei der genaueren Untersuchung eine leichte Bewegung an der rechten Halsseite aufgefallen. Sie veranlassten die Aufnahme in ein Krankenhaus. Nach sechstägigem Klinikaufenthalt und zweimaliger Blutwäsche war die Frau wieder bewusstseinsklar.

Fall 3

Eine 80 Jahre alte, alleinstehende Frau begab sich abends, nachdem sie bei den im selben Haus wohnenden Enkelkindern das Abendessen eingenommen hatte, in ihre im dritten Stockwerk gelegene Wohnung.

Am nächsten Morgen wurde sie, mit Nachthemd und Strümpfen bekleidet, gegen 6.45 Uhr von ihrem Enkelsohn vor dem in der Nacht nicht benutzten Bett auf dem Fußboden liegend aufgefunden. Die alte Frau war nicht ansprechbar. Der Enkelsohn, der versuchte ihren Puls zu fühlen, konnte keine Kreislauftätigkeit feststellen. Er benachrichtigte den ärztlichen Notdienst.

Der Arzt traf gegen 9 Uhr ein. Nachdem er die Frau untersucht hatte, erklärte er sie für tot und bescheinigte einen natürlichen Tod. Er stellte die Todesbescheinigung aus und vermerkte als Todeszeit 2.00 Uhr. Zur Todesursache schrieb er, dass die Frau an Herzversagen verstorben sei.

Der Enkelsohn rief eine Bestattungsfirma, deren Mitarbeiter die vermeintlich Tote entkleideten, ihr ein Totenhemd anzogen, sie kämmten und die Hände falteten. Plötzlich bewegte sich die Frau. Sie atmete tief durch und bewegte Arme und Beine.

Um 10.25 Uhr wurde sie in ein Krankenhaus aufgenommen, wo man bei den weiteren Untersuchungen in der Magenspülflüssigkeit und im Harn verschiedene Barbiturate nachwies. Es lag eine Überdosierung von Schlafmitteln vor.

Nach 13 Tagen konnte die Frau von der Intensivstation auf die Normalstation des Krankenhauses verlegt werden. Sie befand sich außer Lebensgefahr.

Fall 4

Eine 74 Jahre alte Frau musste zwei Tage im Leichenkeller verbringen, weil die Krankenhausärzte sie für tot erklärt hatten. Die Frau war nach einem Herzinfarkt in die Klinik gebracht worden, wo sie scheinbar verstarb. Sie wurde, lediglich mit einem Leinentuch bedeckt, bei 10 °C Raumtemperatur im Leichenkeller abgelegt. Als Krankenhausangestellte zwei Tage später einen Toten in die Leichenhalle brachten, beobachteten sie zufällig, dass sich die Frau unter dem Laken bewegte.

So wurde der Tochter der Frau zweieinhalb Tage nach der Todesnachricht von einer Ärztin des Krankenhauses mitgeteilt, dass die Mutter doch nicht verstorben sei.

Fall 5[4]

Eine Spaziergängerin war es, die an einem Tag im Mai gegen 12.20 Uhr eine Frau im Gebüsch neben einem Feldweg scheinbar leblos auffand. Sie rief die Polizei.

Die Beamten konnten weder am Handgelenk noch am Hals der Frau einen Puls spüren. Sie hielten sie für tot. Der diensthabende Bereitschaftsarzt wurde hinzugezogen. Man sagte ihm am Telefon, dass von Spaziergängern in einem Gebüsch eine Leiche gefunden worden sei.

Der Arzt, der um 13.25 Uhr am Fundort eintraf, prüfte den Puls der völlig bekleidet auf dem Rücken liegenden Frau. Er stellte keine Lebenszeichen fest, bemerkte aber, dass die Frau offenbar unterkühlt war. An ihren Händen und am Mund fielen dem Arzt eine milchig-weiße Masse und in einer Flasche eine ganz ähnliche Substanz auf. Den Polizeibeamten erklärte er, dass die Frau offensichtlich eines nichtnatürlichen Todes gestorben sei. Todesursächlich sei möglicherweise eine Schlafmittel- oder Rauschmittelvergiftung. Die Todesbescheinigung könne erst nach einer genauen Untersuchung der Todesursache ausgestellt werden. Danach fuhr er weg. Die Kriminalpolizei wurde gerufen.

Um 13.50 Uhr erschienen zwei Kriminalbeamte. Sie fotografierten und beschrieben den Fundort. Bei der eingehenden Untersuchung der Frau fanden sie keine sicheren Zeichen des Todes. Es waren weder Leichenflecke noch Leichenstarre vorhanden. Alle Gliedmaßen konnten frei bewegt werden. Der Körper der Frau fühlte sich warm an.