Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht

Ein Fall- und Repetitionsbuch für
Examenskandidaten

 

von

Dr. Susanne A. Benner
Professorin an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin

 

 

6., neu bearbeitete Auflage

 

www.cfmueller.de

Impressum

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ISBN 978-3-8114-8747-5

 

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Vorwort

Dieses Buch wendet sich in erster Linie an Jurastudierende, die ihr Wissen im Bürgerlichen Recht vertiefen möchten und sich auf Klausuren aus dem Gebiet des Familien- und Erbrechts vorbereiten. Es ist auf die in der Schwerpunkte Reihe erschienenen Bücher zum Familienrecht von Wilfried Schlüter und zum Erbrecht von Lutz Michalski und Jessica Schmidt abgestimmt und stellt die wesentlichen examensrelevanten Inhalte in Form eines Klausurenkurses dar.

Viele der zu lösenden Fälle sind an Sachverhalten orientiert, die Bestandteil von Examenskampagnen verschiedener Bundesländer waren bzw. in den examensvorbereitenden Klausurenkursen verschiedener Universitäten ausgegeben wurden.

Zum Aufbau: Nach der im Gutachtenstil ausformulierten Musterlösung folgt ein Repetitoriums- und Vertiefungsteil mit Prüfungsschemata, Schaubildern, (weiteren) Literaturhinweisen und Rechtsprechungsnachweisen. Der Lösung vorangestellt sind jeweils fallrelevante Vorüberlegungen, z.T. mit Zeitleisten und Skizzen sowie eine Gliederung.

Durch die strukturierte Behandlung der familien- und erbrechtlichen Probleme sowie durch die Einbeziehung der angrenzenden Rechtsgebiete, insbesondere auch des Verfahrensrechts (FamFG, ZPO, GBO), eignet sich das Buch auch sehr gut zur Wiederholung und Vertiefung des Stoffes im Referendariat.

Die Klausuren sind so angeordnet, dass sie, ebenso wie die Repetitoriums- und Vertiefungsteile, inhaltlich aufeinander und auf die Gesetzessystematik abgestimmt sind.

Es bietet sich daher an, die Klausuren in der hier vorgesehenen Folge durchzuarbeiten. Dabei sollte der Sachverhalt vollständig durchdrungen und selbstständig zumindest eine Lösungsskizze angefertigt werden. Bei fehlender Kenntnis der klausurrelevanten Probleme können die in den Vorüberlegungen befindlichen Hinweise weiterhelfen.

Auch in dieses Werk der Autorin fließen ihre langjährige Erfahrung in der Lehr- und Prüftätigkeit sowie ihre intensive Auseinandersetzung mit Didaktik und aktuellen Lehr-/Lernmethoden ein.

In der hier vorliegenden 6. Auflage sind die Düsseldorfer Tabelle 2021 sowie gesetzliche Neuerungen eingearbeitet, die z.B. die Eheschließungsvoraussetzungen betreffen (und durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen, in Kraft getreten am 22.7.2017 sowie das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts, in Kraft getreten am 1.10.2017, eingeführt wurden) oder für das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung relevant sind (und durch das Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen, in Kraft getreten am 1.7.2018, eingeführt wurden) oder für die Thematik der elterlichen Sorge von Bedeutung sind (und durch das Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, in Kraft getreten am 22.5.2021, eingeführt wurden). Darüber hinaus sind aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung berücksichtigt.

Kontaktmöglichkeiten bei Fragen, Hinweisen und Verbesserungsideen unter: benner@jsb-berlin.de (Juristische Schulung und Bildung – Berlin) oder unter: benner@ash-berlin.eu über die Alice Salomon Hochschule Berlin.

Für wertvolle inhaltliche und didaktische Anregungen und die erneute, unermüdliche Hilfe bei den (Korrektur-)Arbeiten danke ich Elisabeth Böhm-Christl sehr herzlich.

Meinen Leser:innen[1] danke ich für die positive Resonanz und die konstruktiven Anregungen und dem C.F. Müller Verlag für die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Berlin, 10. Juni 2021

Susanne A. Benner

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Abkürzungsverzeichnis

 Literaturverzeichnis

 1. Teil Allgemeiner Teil

  I. Einführung in die Technik des Klausurenschreibens 1 – 6

  II. Zur Arbeit mit diesem Buch 7 – 9

  III. Zu den gesetzlichen Neuerungen im Familien- und Erbrecht 10, 11

 2. Teil Familienrecht

  Fall 1 Der Schein kann trügen

   Voraussetzungen einer wirksamen Eheschließung. Eheaufhebung. Scheidung, Scheidungsfolgen. Unterhaltspflichten. Kindesunterhalt. Sorge- und Umgangsrecht. Zugewinn- und Versorgungsausgleichsrecht. Einigung über Ehewohnung und Haushaltsgegenstände.
Repetitorium und Vertiefung: Eheschließung – Aufhebung der Ehe – Ehescheidung und Scheidungsfolgen.

  Fall 2 Verliebt, verlobt, verheiratet . . .

   Verlöbnis. Rücktritt und Schadensersatzanspruch. Abstammungsrecht. Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Stiefkindadoption. Unterhaltsanspruch bei Getrenntleben (Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1.1.2021). Differenzmethode. Scheinehe. Anwendung des EGBGB.
Repetitorium und Vertiefung: Rechtsnatur und Wirkungen des Verlöbnisses – Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten, Eheleuten/Lebenspartner:innen und zwischen nicht miteinander verheirateten Eltern i.S.d. § 1615l[*].

  Fall 3 Wer stört?

   § 1353. Herstellungsklage. § 120 III FamFG. Unterlassungsanspruch für den räumlich-gegenständlichen Lebensbereich bei Mitnahme der/des außerehelichen Geliebten in die Ehewohnung. Schadensersatz. Schmerzensgeld.
Repetitorium und Vertiefung: Allgemeine Rechtswirkungen der Ehe.

  Fall 4 Szenen einer Ehe

   Ehewirkungen. §§ 1353 ff. Haftungsprivileg des § 1359. Vaterschaftsanfechtung. Kindschaftsrecht. Elterliche Sorge. Maßnahmen des Familiengerichts.
Repetitorium und Vertiefung: Grundzüge des Verfahrens nach dem FamFG – Elterliche Sorge – Beschränkung/Ausschluss der Vertretungsrechts der Eltern – Vormundschaft, Betreuung, Pflegschaft – Beistandschaft – Annahme als Kind.

  Fall 5 Sex sells, aber wer zahlt?

   Ehewirkungen: Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes i.S.d. § 1357. Verfügungen über Haushaltsgegenstände i.S.d. § 1369. Revokationsrecht des § 1368.
Repetitorium und Vertiefung:  Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs i.S.d. § 1357.

  Fall 6 Nicht ohne meine Frau

   Ehegüterrecht. Verpflichtungs- und Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365, 1369. Rechtsbeschwerde i.S.d. GBO.
Repetitorium und Vertiefung: Verpflichtungs- und Verfügungsbeschränkungen i.S.d. §§ 1365, 1369.

  Fall 7 Der Spatz in der Hand ist besser als der Kuckuck auf dem Dach

   Zivilprozessualer Aufbau. Vollstreckungserinnerung i.S.d. § 766 ZPO. Drittwiderspruchsklage i.S.d. § 771 ZPO. Gewahrsams- und Eigentumsvermutung der § 739 ZPO, § 1362.
Repetitorium: Revokationsrecht i.S.d. § 1368.

  Fall 8 Ich weiß etwas, das du nicht weißt

   Güterstand der Gütergemeinschaft. Problematik der heterologen Insemination. Auskunftsrecht des Kindes auf Abstammung. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Ersatz des ideellen Schadens bei fehlender Auskunftsmöglichkeit.
Repetitorium und Vertiefung: Ehegüterrecht – Abstammungsrecht – Auskunftsrechte – Verwandtenunterhalt – Unterhalt gegenüber volljährigen Kindern.

  Fall 9 Geschenkt ist geschenkt und wieder holen ist gestohlen?

   Rechtliche Behandlung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, insbesondere: Rückforderungsansprüche bei Trennung. Zeugnisverweigerungsrecht i.S.d. § 383 ZPO unter Stiefgeschwistern. Verwandtschaft und Schwägerschaft (§§ 1589, 1590). Exkurs zur Kindesannahme. Rückforderung unbenannter Zuwendungen.
Repetitorium und Vertiefung: Ausgleichsansprüche in der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft – Ehebezogene unbenannte Zuwendungen.

 3. Teil Erbrecht

  Fall 1 Ein Freund, ein guter Freund . . .

   Gewillkürte und gesetzliche Erbfolge. Wirksamkeit eines Testamentes. Sittenwidrigkeit eines Geliebtentestamentes. Möglichkeit der Anfechtung einer Erbschaftsannahme. Abgrenzung zwischen vorläufigem Erben und Erbschaftsbesitzer. Anwendung des § 935 zu Lasten des vorläufigen Erben.
Repetitorium und Vertiefung: Gewillkürte und gesetzliche Erbfolge – Rechtsstellung des vorläufigen Erben.

  Fall 2 Nachlass-Schreck oder Schreck lass nach

   Gesetzliche Erbfolge (auch in der 2. und 3. Ordnung). Erbscheinserteilung. Irrtum über Nachlassverbindlichkeiten als Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Beschwerde gegen Erbschein i.S.d. §§ 58 ff. FamFG.
Repetitorium und Vertiefung: Erbfolge nach Ordnungen.

  Fall 3 Marmor, Stein und Eisen bricht

   Voraussetzungen eines wirksamen Testaments i.S.v. § 2247. Widerruf. Fragen der Testamentsauslegung (z.B. Abgrenzung Vermächtnis – Auflage). Miterbengemeinschaft. Erbschaftskauf. Nachlassverwaltung.
Repetitorium und Vertiefung: Testamentsauslegung und -umdeutung – Erbengemeinschaft (Gesamthandsgemeinschaft) – Erbenhaftung.

  Fall 4 Erbe, wem Erbe gebührt?

   Erbrecht bei eingetragenen Lebenspartner:innen/Ehegatt:innen. Güter- und erbrechtliche Lösung bei der Zugewinngemeinschaft. Pflichtteilsrecht.
Repetitorium und Vertiefung: Wirksamkeit eines Testaments – Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod – Pflichtteilsrecht.

  Fall 5 Geteiltes Leid ist halbes Leid?

   Erbschaftsbesitzeranspruch i.S.d. § 2018. Anwendung der Kommorientenvermutung des Verschollenheitsgesetzes. Problematik des Zugewinnausgleichsanspruches beim gleichzeitigen Tod beider Ehegatten. Höchstpersönlichkeit i.S.d. §§ 2064, 2065.
Repetitorium und Vertiefung: Gesetzliches Erbrecht bei Gütertrennung und Gütergemeinschaft – Voraus – Dreißigster.

  Fall 6 Drum prüfe, wer sich ewig bindet

   Gemeinschaftliches Testament. Formprivileg des § 2267. Widerrufsproblematik i.S.d. §§ 2271, 2270. Anfechtungsmöglichkeit analog § 2281. Aushöhlungsnichtigkeit i.S.d. §§ 134, 2289 I 2. Anwendung der Verfügungsbeschränkung des § 2113. Korrektur „beeinträchtigender Schenkungen“ analog § 2287.
Repetitorium und Vertiefung: Widerruf und Auslegung gemeinschaftlicher Testamente.

  Fall 7 Des Einen Freud, des Ander’n Leid

   Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente. Anwendung des § 2113. Wiederverheiratungsklausel. Einheits-/Trennungsprinzip. Erbeinsetzung unter Bedingungen. Gutglaubensschutz und Erbschein (§ 2113 III i.V.m. den §§ 2366, 2365).
Repetitorium und Vertiefung: Vor- und Nacherbschaft – Ersatzerbschaft – Wiederverheiratungsklausel – Erbschein.

  Fall 8 Eigener Herd ist Goldes wert?

   Erb- bzw. Erbverzichtsverträge. Exkurs: Annahme des Kindes des eingetragenen Lebenspartners. Ehegattenpflichtteil. Testamentsauslegung (Abgrenzung: Teilungsanordnung – Vorausvermächtnis).
Repetitorium und Vertiefung: Erbverzicht – Testamentsvollstreckung – Erbfolge und Gesellschaftsrecht.

  Fall 9 Besser spät als nie . . .?

   Voraussetzung eines echten Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall. Sachenrechtlicher Bezug: Anwendung des § 952. Formerfordernisse der Schenkung von Todes wegen i.S.d. § 2301. Tatbestandsmerkmale des Erbschaftsbesitzes i.S.d. § 2018.
Repetitorium und Vertiefung: Erbschafts(-besitzer-)anspruch – Urkunden – Schenkung von Todes wegen.

 Paragraphenverzeichnis

 Sachverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.

Auflage

a.A.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

AG

Amtsgericht

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Alt.

Alternative

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung(en)

Arg.

Argument

arg. (e contrario)

argumentum (e contrario) [=Umkehrschluss]

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil (des BGB)

Aufl.

Auflage

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Beschl.

Beschluss

BetreuungsG

Betreuungsgesetz

BeurkG

Beurkundungsgesetz

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungssammlung des BGH in Zivilsachen

BNotO

Bundesnotarordnung

BR-Drs.

Bundesratsdrucksache

BSHG

Bundessozialhilfegesetz

BT

Besonderer Teil

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

DB

Der Betrieb

ders.

derselbe

d.h.

das heißt

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

E

Entwurf, Entscheidung in der amtlichen Sammlung

EG

Einführungsgesetz

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EheG

Ehegesetz

Einf. (v.)

Einführung (vor)

Einl. (v.)

Einleitung (vor)

entspr.

entsprechend

ErbR

Erbrecht

ErbV

Erbvertrag

ESchG

Embryonenschutzgesetz

EuGHMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

evtl.

eventuell

FamFG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FamG

Familiengericht

FamGKG

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen

FamR

Familienrecht

FamRB

Familienrechts-Berater

FamRZ

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

ff.

folgende

Ffm

Frankfurt am Main

FGG

Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit

FGG-RG

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Fn.

Fußnote

GBl.

Gesetzblatt

GBO

Grundbuchordnung

gem.

gemäß

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GKG

Gerichtskostengesetz

GoA

Geschäftsführung ohne Auftrag

g.T.

gemeinschaftliches Testament

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

HausratsVO

Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats

HGB

Handelsgesetzbuch

h.L.

herrschende Lehre

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber:in

Hs.

Halbsatz

i.d.F.

in der Fassung

i.d.R.

in der Regel

i.H.d.

in Höhe der/des

i.H.v.

in Höhe von

insbes.

insbesondere

i.R.d.

im Rahmen der

i.R.v.

im Rahmen von

i.S.d.

im Sinne des/der

i.S.e.

im Sinne eines/einer

i.S.v.

im Sinne von

i.Ü.

im Übrigen

i.V.m.

in Verbindung mit

JA

Jugendamt

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

Kap.

Kapitel

KG

Kammergericht

KindRG

Kindschaftsrechtsreformgesetz

KindUG

Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder

KJHG

Kinder- und Jugendhilfegesetz

Kom

Kommentar

KV FamGKG

Kostenverzeichnis zum Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen

KV GKG

Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz

LG

Landgericht

LM

Nachschlagewerk zu Entscheidungen des BGH: Lindenmaier/Möhring

LPartG

Lebenspartnerschaftsgesetz

LPartÜG

Überarbeitungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz

LS

Leitsatz

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

m.E.

meines Erachtens

MM

Mindermeinung

MüKo

Münchener Kommentar

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen/mit weiterem Nachweis

m.W.v.

mit Wirkung vom

m.W.z.

mit Wirkung zum

ne.L.

nichteheliche Lebensgemeinschaft

n.F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJWE-FER

NJW Entscheidungsdienst Familien-Erbrecht

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht

Nr.

Nummer

NZFam

Neue Zeitschrift für Familienrecht

OLG

Oberlandesgericht

OLGZ

Entscheidungssammlung der Oberlandesgerichte (bzw. des Kammergerichts) in Zivilsachen

o.Rn.

ohne Randnummer

PflVG

Pflichtversicherungsgesetz

ProstSchG

Prostituiertenschutzgesetz – Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen

PStG

Personenstandsrecht

PStRG

Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts

Rep.

Repetitorium

RG

Reichsgericht

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer bzw. Randnummern

Rpfleger

Der Deutsche Rechtspfleger

RPflG

Rechtspflegergesetz

Rspr.

Rechtsprechung

R.z.B.

Recht zum Besitz

S.

Satz, Seite

SaRegG

Samenspenderegistergesetz

SchKG

Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten

SchuldR AT

Schuldrecht Allgemeiner Teil (des BGB)

SchuldR BT

Schuldrecht Besonderer Teil (des BGB)

SGB

Sozialgesetzbuch

sog.

so genannt

Sp.

Spalte

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

str.

streitig

st. Rspr.

ständige Rechtssprechung

TV

Testamentsvollstrecker

Tz

Textziffer

u.a.

unter anderem

UhVorschG

Unterhaltsvorschussgesetz

Urt.

Urteil(e)

u.U.

unter Umständen

u.w.

und weitere

v

vom/vor/von

VA

Versorgungsausgleich

VAHRG

Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich

VersAusglG

Versorgungsausgleichsgesetz

VersR

Versicherungsrecht

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

Vor/Vorb.

Vorbemerkung(en)

VVG

Versicherungsvertragsgesetz

V.z.D.

Vertrag zugunsten Dritter

WEG

Wohnungseigentumsgesetz

z.B.

zum Beispiel

ZEV

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

zit.

zitiert

ZPO

Zivilprozessordnung

ZS

Zivilsenat

z.T.

zum Teil

zw.

zwischen

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Lehrbuch des Familienrechts, 7. Auflage 2020,
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Erbrecht, 7. Auflage 2018, zit.: Gursky/Lettmaier, ErbR

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Steiner, Anton

Praxis-Handbuch, Erbrechtsberatung, 5. Auflage 2019,
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Helms, Tobias; Kieninger, Jörg; Rittner, Christian

Abstammungsrecht in der Praxis, FamRZ Buch 33, 1. Auflage 2010
zit.: Helms/Kieninger/Rittner, Abstammungsrecht

Henrich, Dieter

Familienrecht, Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen, 4. Auflage 1999, zit.: Henrich, FamR

Hoppenz, Rainer

Familiensachen, zit.: Hoppenz/Bearbeiter 9. Auflage 2009

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Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 18. Auflage 2021,
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Familienrecht, Kommentar, 7. Auflage 2020,
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Erbrecht, Ein Lehrbuch, 14. Bearbeitung 1990,
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Erbrecht, 5. Auflage 2001, zit.: Lange/Kuchinke, ErbR

Larenz, Karl; Canaris, Claus-Wilhelm

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Leipold, Dieter

Erbrecht, Ein Lehrbuch mit Fällen und Kontrollfragen,
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Lipp, Martin; Mayer, Claudia

Examens-Repetitorium Familienrecht, 5. Auflage 2020,
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Examens-Repetitorium Erbrecht, 4. Auflage 2017,
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Medicus, Dieter; Petersen, Jens

Bürgerliches Recht, 27. Auflage 2019,
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BGB-Erbrecht, 5. Auflage 2019, zit.: Michalski/Schmidt, ErbR

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Band 3, Schuldrecht AT II §§ 311-432, 8. Auflage 2019
Band 6, Schuldrecht BT IV, §§ 705-853, 8. Auflage 2020
Band 8, Familienrecht I, §§ 1297-1588, 8. Auflage 2019
Band 11, Erbrecht, §§ 1922-2385, §§ 27-35 BeurkG, 8. Auflage 2020, zit.: MüKo/Bearbeiter

Müller, Lothar

Beratung und Vertragsgestaltung im Familienrecht, 3. Auflage 2010, zit.: Müller, Beratung und Vertragsgestaltung

Olzen, Dirk; Looschelders, Dirk

Erbrecht, 6. Auflage 2020, zit.: Olzen/Looschelders, ErbR

Palandt, Otto

Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, Kommentar, 80. Auflage 2021, zit.: Palandt/Bearbeiter

RGRK – Das Bürgerliche Gesetzbuch

Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des BGH, 12. Auflage 1974 Band V, 1. Teil, §§ 1922-2146, zit.: BGB-RGRK

Roth, Andreas

Familien- und Erbrecht mit ausgewählten Verfahrensfragen,
5. Auflage 2010, zit.: Roth

Röhricht, Volker; Graf von Westphalen, Friedrich; Haas, Ulrich

HGB, Kommentar, 5. Auflage 2019
zit.: Röhricht/Bearbeiter

Saenger, Ingo; Ullrich, Christoph; Siebert, Oliver

ZPO, Kommentiertes Prozessformularbuch, 4. Auflage 2019
zit.: Saenger/Bearbeiter, ZPO-Prozessformularbuch

Schack, Haimo

BGB Allgemeiner Teil, 16. Auflage 2019, zit.: Schack, BGB AT

Schellhammer, Kurt

Familienrecht nach Anspruchsgrundlagen, 4. Auflage 2006,
zit.: Schellhammer

Schlüter, Wilfried

BGB-Familienrecht, 14. Auflage 2012, zit.: Schlüter, FamR

Schwab, Dieter

Familienrecht, 28. Auflage 2020, zit.: Schwab, FamR

Soergel, Hans Theodor

Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen:
Band 14, Sachenrecht 1, §§ 854-984, 13. Auflage 2002
Band 17/1, Familienrecht 1/1, §§ 1297-1588, 13. Auflage 2013
Band 21, Erbrecht 1, §§ 1922-2063, 13. Auflage 2002
Band 22, Erbrecht 2, §§ 2064-2273, §§ 1-35 BeurkG, 13. Auflage 2003
Band 23, Erbrecht 3, §§ 2274-2385, 13. Auflage 2002
zit.: Soergel/Bearbeiter

Staudinger, Julius von

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen:
Buch 1, Allgemeiner Teil, §§ 164-240, Neubearbeitung 2019
Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 812-822, Neubearbeitung 2007
Buch 4, Familienrecht, Einleitung zum Familienrecht, §§ 1297-1362, Anhang zu §§ 1297 ff., Neubearbeitung 2018
Buch 4, Familienrecht, §§ 1353-1362, Neubearbeitung 2018
Buch 4, Familienrecht, §§ 1363-1407, Neubearbeitung 2017
Buch 5, Erbrecht, Einleitung zum Erbrecht, §§ 1922-1966,
Neubearbeitung 2017
Buch 5, Erbrecht, §§ 1967-2063, Neubearbeitung 2016
Buch 5, Erbrecht, §§ 2064-2196, Neubearbeitung 2019
Buch 5, Erbrecht, §§ 2265-2338, Neubearbeitung 2014
Buch 5, Erbrecht: §§ 2346-2385, Neubearbeitung 2016
zit.: Staudinger/Bearbeiter

Thalmann, Wolfgang; May, Günther; Benner, Susanne

Praktikum des Familienrechts, 5. Auflage 2006,
zit.: Thalmann/May/Benner, Praktikum des FamR

Thomas, Heinz; Putzo, Hans u.a.

Zivilprozessordnung FamFG, Verfahren in Familiensachen GVG,
Einführungsgesetz, EU Zivilverfahrensrecht Kommentar,
42. Auflage 2021, zit.: Thomas/Putzo/Bearbeiter, ZPO

Tschernitschek, Horst; Saar, Stefan

Familienrecht, Lehrbuch, 4. Auflage 2008,
zit.: Tschernitschek/Saar, FamR

Westermann, Harm Peter; Staudinger, Ansgar

BGB-Sachenrecht, 13. Auflage 2017,
zit.: Westermann/Staudinger, SachenR

Westermann, Harm Peter; Bydlinski, Peter; Arnold, Stefan

BGB-Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 9. Auflage 2020,
zit.: Westermann/Bydlinski/Arnold, SchuldR AT

Ziegler, Eberhard; Mäuerle, Karl-Heinz

Familienrecht, 2. Auflage 2000, zit.: Ziegler/Mäuerle, FamR

Zöller, Richard

Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, zit.: Zöller/Bearbeiter, ZPO

1. Teil Allgemeiner Teil

I. Einführung in die Technik des Klausurenschreibens

1

Im ersten juristischen Examen wird man im Rahmen von familien- und erbrechtlichen Klausuren auf Aufgabenstellungen treffen, die aus anderen Gebieten des Bürgerlichen Rechts bereits bekannt sind. So wird z.B. nach der Rechtslage gefragt, konkret die Beurteilung erbeten, ob Ansprüche auf Herausgabe, Zahlung etc. bestehen oder aber es wird z.B. die gutachterliche Beurteilung eines Sachverhalts als Vorbereitung eines anwaltlichen Rates verlangt.

Selbst wenn ein verfahrensrechtlicher Einstieg (z.B. FamFG- oder ZPO-Verfahren) verlangt sein sollte, wird der Schwerpunkt der Klausur i.d.R. im materiell-rechtlichen Bereich liegen. Soweit nicht Standardprobleme abgefragt werden, ergibt sich – insbesondere bei Verfahrensfragen – die Antwort zumeist direkt aus dem Gesetz.

2

Im ersten Examen ist es bei familien- und erbrechtlichen Klausuren – wie auch bei allen anderen juristischen Aufgabenstellungen – besonders wichtig, den Sachverhalt genau zu lesen, sich ausschließlich auf die dort aufgeworfenen Fragestellungen zu konzentrieren und den Gutachtenstil konsequent einzuhalten. Sofern nämlich der Obersatz richtig formuliert wurde, lässt sich nach Darstellung der erforderlichen Definitionen und der Subsumtion leicht überprüfen, ob die in der conclusio getroffene Aussage tatsächlich mit dem Obersatz korrespondiert. Man sollte sich zu Beginn jeder Anspruchsprüfung auch nicht scheuen, anhand der Fragestellung: „wer, von wem, was, woraus?“ zu verifizieren, dass alle erforderlichen Angaben in jedem Prüfungseinstieg und korrespondierend im Ergebnissatz enthalten sind. Auf diese Art und Weise lassen sich logische Brüche vermeiden und die Folgerichtigkeit der eigenen Ausführungen unterliegt einer Überprüfung. Wichtig ist zudem die Arbeit mit dem Gesetz im Definitions- bzw. Subsumtionsteil. Insoweit ist es unabdingbar, die entscheidungserheblichen Normen jeweils zu zitieren.

3

Selbst wenn die Art, zur richtigen bzw. vertretbaren Lösung einer Klausur zu gelangen, so individuell sein wird, wie es auch die Menschen sind, die sich mit der Suche nach der Lösung beschäftigen, gibt es doch einige Grundregeln, deren Beachtung grundsätzlich hilfreich sein könnte.

Beim ersten Lesen des Sachverhaltes ist es sinnvoll, unmittelbar zu notieren, welche Probleme direkt als solche erkannt werden, damit diese anfänglichen Gedanken, die bei der Schwerpunktbildung im Rahmen der eigenen Lösungsfindung relevant sein können, nicht in Vergessenheit geraten.

4

Im zweiten Schritt sollte mit der Grobgliederung begonnen werden, wobei insbesondere bei erbrechtlichen Klausuren Personenskizzen und evtl. Zeitleisten hilfreich sein können. Zudem muss erkannt werden, ob nach der Aufgabenstellung ein rein materieller oder ein prozessualer Aufbau geboten ist.

Bei einem prozessualen Aufbau hilft es, sich auf das Grundschema jeder Rechtsbehelfsprüfung (wie z.B. auch der des verwaltungsrechtlichen Widerspruches) zu besinnen. Stellung zu nehmen ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung insbesondere zu den Punkten: Zuständiges Gericht, Statthafte Verfahrensart, Form/Frist, Beschwer, bevor innerhalb des Begründetheitsteils mit der materiellen Prüfung begonnen wird. Entscheidend für jeden Klausuraufbau ist allein die im Anschluss an den Sachverhalt aufgeworfene Fragestellung; zu prüfen ist ausschließlich, wonach dort gefragt ist.

5

Bei der materiell-rechtlichen Prüfung ist besonderes Augenmerk auf die Erarbeitung von Streitständen zu richten. Unabhängig davon, ob man sich für die konventionelle, historische oder problemorientierte Darstellung von Streitständen entscheidet, sollte man – soweit möglich – bei der Diskussion folgende Reihenfolge in der Auseinandersetzung mit dem streitigen Punkt einhalten: Auszugehen ist im Sinne der grammatischen bzw. philologischen Interpretation vom Wortsinn der in Rede stehenden Norm. Fortzufahren ist im Anschluss daran mit der systematischen Interpretation, indem überlegt wird, in welchem Gesetzeszusammenhang die fragliche Norm überhaupt steht. Sodann ist, wenn ergiebig und im Einzelfall bekannt, auf die historische bzw. genetische Interpretation abzustellen und abschließend teleologisch zu interpretieren, indem Sinn und Zweck der Rechtsnorm zur Interpretation herangezogen werden. Insbesondere bei den Streitständen, die rund um die Regelungen der §§ 1365, 1369 existieren, führt eine Rückbesinnung auf Sinn und Zweck dieser Paragraphen stets zu sachgerechten Ergebnissen.

6

Etwa nach Ablauf des ersten Drittels der Zeit, die zur Bearbeitung insgesamt zur Verfügung steht, sollte mit der Reinschrift begonnen werden, wobei zu diesem Zeitpunkt der Sachverhalt bereits gedanklich vollständig erfasst und die Grobgliederung erarbeitet sein müssten. Oftmals kann es hilfreich sein, vor der Niederschrift noch einmal zu versuchen, alles juristische Wissen auszublenden und zu überlegen, welches Ergebnis nach dem spontanen Rechtsempfinden für sachgerecht und richtig gehalten wird. Die so gefundene Lösung sollte (bei „gesundem Judiz“) zumeist mit der sich auf Grund von Normen ergebenden kongruent sein.

II. Zur Arbeit mit diesem Buch

7

Das vorliegende Buch ist in dieser Form entstanden, weil die Studierenden, die ich auf das erste juristische Staatsexamen vorbereitete, den Wunsch an mich herangetragen haben, Klausurlösungen einmal in der Form nachlesen zu können, in der sie auch im Examen verlangt werden, insbesondere auch unter Verwendung des Gutachtenstils. Entsprechend ist das Buch konkret auf die studentischen Bedürfnisse zugeschnitten und als Arbeitsbuch zu verstehen.

8

Sinnvoll wäre es, den Sachverhalt vollständig zu durchdringen und selbstständig zumindest eine Lösungsskizze anzufertigen. Bei Unsicherheiten können die der ausformulierten Musterlösung vorangestellten fallrelevanten Vorüberlegungen, z.T. mit Zeitleisten und Skizzen weiterhelfen. Darüber hinaus könnte auch die abgedruckte Gliederung als Grundlage für eine eigene Formulierung dienen.

Nach Erstellung einer eigenen Lösungsskizze bzw. einer ausformulierten Klausur sollte die Musterlösung nebst Repetitoriums- und Vertiefungsteilen durchgearbeitet werden. Es wird dringend empfohlen, die zitierten Paragraphen auch nachzulesen und zwar jeweils bis zum Ende bzw. ggf. auch noch die nachfolgende Norm. Dies ist insofern erforderlich, als es der Gesetzessystematik entspricht, dass am Ende des jeweiligen Absatzes oder im nächsten Absatz der Norm bzw. in der folgenden Vorschrift die Ausnahme zum Grundsatz enthalten sein kann, auf die es bei der Lösung des in Rede stehenden Falles womöglich gerade ankommt.

In den Exkurs-/Vertiefungskästen finden sich ergänzende Erklärungen, die das Verständnis der Materie fördern, jedoch über die konkrete Falllösung hinausgehen, wie z.B. auch Hinweise zur früheren Rechtslage. Die Formulierung des derzeitigen Gesetzestextes kann oft erst vollständig verstanden werden, wenn die frühere Rechtslage bekannt ist. Zudem kann die historische Entwicklung bei der Auslegung der Gesetze hilfreich sein bzw. Argumente im Rahmen von Meinungsstreitigkeiten liefern.

9

Die Repetitoriums- und Vertiefungsteile enthalten wichtige Fakten in komprimierter Form und Prüfungsschemata, so dass sie insbesondere auch dazu geeignet sind, eigene Karteikarten anzufertigen. Es bietet sich an, in privaten Arbeitsgemeinschaften anhand der Kontrollfragen zu überprüfen, ob der Stoff des jeweiligen Falles bereits durchdrungen und abrufbar ist.

Es ist insofern sinnvoll, die im Buch vorgesehene Reihenfolge bei der Fallbearbeitung einzuhalten, als die Klausuren aufeinander abgestimmt sind und bestimmte Verknüpfungen und Wiederholungen dazu dienen, das bereits Erlernte richtig einzuordnen und anzuwenden.

Viel Erfolg im Examen!

III. Zu den gesetzlichen Neuerungen im Familien- und Erbrecht

10

Da sich sowohl die Lebenswirklichkeit als auch die gesellschaftliche Vorstellung von Zusammenleben ständig verändert, ändern sich auch die das Leben regelnden Gesetzestexte fortwährend, insbesondere auch die des Familienrechts, wobei der Gesetzgeber z.T. auch aufgrund entsprechender Entscheidungen des BVerfG und des EuGHMR tätig werden musste.

Im Folgenden findet sich eine Auswahl derjenigen Artikelgesetze (vgl. dazu Rn. 11), die das Familien-oder/und Erbrecht geändert haben oder im Rahmen des Familien- und Erbrechts relevant sind.

Gesetz zum Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) vom 03.06.2021, BGBl. I Nr. 29 S. 1444, in Kraft getreten am 10.06.2021

Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vom 12.5.2021, BGBl. I Nr. 24 S. 1082, in Kraft getreten am 22.5.2021

Gesetz zur Verbesserung der Hilfen für Familien bei Adoption (Adoptionshilfe-Gesetz) vom 12.2.2021, BGBl. I Nr. 7 S. 226, in Kraft getreten am 1.4.2021

Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien vom 19.3.2020, BGBl. I Nr. 14 S. 541, in Kraft getreten am 31.3.2020

Gesetz zur Stärkung der Rechte von Betroffenen bei Fixierungen im Rahmen von Freiheitsentziehungen vom 19.6.2019, BGBl. I Nr. 23 S. 840, in Kraft getreten am 28.6.2019

Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18.12.2018, BGBl. I Nr. 48, S. 2639, in Kraft getreten am 22.12.2018

Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18.12.2018, BGBl. I Nr. 48, S. 2635, in Kraft getreten am 22.12.2018

Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom 17.7.2017, BGBl. I Nr. 48 S.2513, in Kraft getreten am 1.7.2018

Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 28.7.2017, BGBl. I Nr. 52 S. 2787, in Kraft getreten am 1.10.2017

Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20.7.2017, BGBl. I Nr. 52 S. 2780, in Kraft getreten am 29.7.2017

Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17.7.2017, BGBl. I Nr. 48 S. 2429, in Kraft getreten am 22.7.2017

Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20.11.2015, BGBl. I Nr. 46 S. 2018, in Kraft getreten am 1.1.2017

Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20.11.2015, BGBl. I Nr. 46 S. 2010, in Kraft getreten am 26.11.2015

Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.6.2015, BGBl. I Nr. 26 S. 1042, in Kraft getreten am 17.8.2015

Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde vom 28.8.2013, BGBl. I Nr. 53 S. 3393, in Kraft getreten am 1.7.2014

Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner vom 20.6.2014, BGBl. I Nr. 27 S. 786, in Kraft getreten am 27.6.2014

Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt vom 28.8.2013, BGBl. I Nr. 53 S. 3458, in Kraft getreten am 1.5.2014

Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (Personenstandsrechts-Änderungsgesetz – PStRÄndG) vom 7.5.2013, BGBl. I Nr. 23 S. 1122, in Kraft getreten am 1.11.2013

Gesetz zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare vom 26.6.2013, BGBl. I Nr. 32 S. 1800, in Kraft getreten am 1.9.2013

Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4.7.2013, BGBl. I Nr. 36 S. 2176, in Kraft getreten am 13.7.2013

Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) vom 26.6.2013, BGBl. I Nr. 32 S. 1805, in Kraft getreten am 30.6.2013

Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013, BGBl. I Nr. 18 S. 795, in Kraft getreten am 19.5.2013

Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Februar 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft vom 15.3.2012, BGBl. II Nr. 7 S. 178, in Kraft getreten am 1.5.2013

Gesetz zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts und des materiellen Unterhaltsrechts vom 20.2.2013, BGBl. I Nr. 9 S. 273, in Kraft getreten am 1.3.2013

Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18.2.2013, BGBl. I Nr. 9 S. 266, in Kraft getreten am 26.2.2013

Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts vom 23.1.2013, BGBl. I Nr. 3 S. 101, in Kraft getreten am 29.1.2013

Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes vom 20.12.2012, BGBl. I Nr. 61 S. 2749, in Kraft getreten am 28.12.2012

Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 29.6.2011, BGBl. I Nr. 34 S. 1306, in Kraft getreten am 6.7.2011

Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften vom 23.6.2011, BGBl. I Nr. 33 S. 1266, in Kraft getreten am 1.7.2011

11

Exkurs/Vertiefung:

Ein Artikelgesetz ist ein Gesetz, mit dem gleichzeitig mehrere Gesetzestexte geändert oder/und ein Gesetz gänzlich neu eingeführt werden kann, wobei für jedes zu ändernde oder zu erlassende Gesetz ein eigener Artikel vergeben wird. Sofern also ein bestimmter rechtlicher Bereich modernisiert bzw. abgeändert werden soll, wird ein entsprechendes Artikelgesetz erlassen, um alle Gesetze, die den neu zu regelnden Bereich betreffen, gleichzeitig erfassen zu können.

So enthält z.B. das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 (BGBl. I Nr. 61 S. 2586), dessen Regelungen zum 1.9.2009 Wirkung erlangt haben, in

Artikel 1:(das neu geschaffene) FamFG, §§ 1-491
Artikel 2:(das neu geschaffene) FamGKG §§ 1-63

und in weiteren Artikeln Änderungen bestehender Gesetze, wie z.B. in:

Artikel 50:Änderung des BGB. Hierin heißt es beispielsweise unter 11.:

In § 1357 Abs. 2 Satz 1, § 1365 Abs. 2, § 1366 Abs. 3 Satz 3 und § 1369 Abs. 2 wird jeweils das Wort „Vormundschaftsgericht“ durch das Wort „Familiengericht“ ersetzt.

Jedes Bundesgesetz muss in Deutschland, um Gültigkeit erlangen zu können, im Bundesgesetzblatt (BGBl.) verkündet werden, vgl. auch Art. 82 I 1 GG, so dass sich die ergangenen bundesgesetzlichen Artikelgesetze auch nach ihrer Einarbeitung in die jeweiligen Fachgesetze dort nachlesen lassen.

2. Teil Familienrecht

Fall 1 Der Schein kann trügen

12

Jura-Studentin Julia von Jahnsdorf (J) aus Bonn-Bad Godesberg lernt bei einem Berlin Besuch im September 2019 im b-flat den Jazz-Musiker Madu Magoro (M) kennen. Die beiden sehr unterschiedlichen Menschen verlieben sich ineinander. Obwohl ihm seine Freunde abraten, will M um jeden Preis eine Beziehung zu seiner „Prinzessin“. Da er glaubt, ihr etwas bieten zu müssen, erzählt er ihr, wie erfolgreich seine Band sei, dass eine große Konzert-Tournee in Aussicht stünde und bezahlt vor ihren Augen mit gespielter Leichtigkeit mit einem 500,– €-Schein. Er hofft darauf, dass J, wenn sie eines Tages erfahren würde, dass ihm in Wahrheit in manchen Monaten das Geld kaum zum Leben reicht und er inzwischen die Hoffnung fast aufgegeben hat, ganz von seiner Musik leben zu können, trotzdem mit ihm zusammen bleiben würde.

J, die tatsächlich keinen Freund haben will, der nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, ist von dem Auftreten des M sehr beeindruckt und zieht zu ihm in eine Luxus Dachgeschosswohnung in Berlin-Mitte, die M von seiner sich derzeit im Ausland befindlichen Ex-Freundin für wenig Miete bis Ende September 2020 überlassen worden war. Auf den dringenden Wunsch der J, die glaubt, dadurch endlich erwachsen zu werden, heiraten M und J am 2.1.2020, wobei der wenig routinierte Standesbeamte am Ende der Zeremonie vergisst, auszusprechen, dass J und M nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute seien.

In der Folgezeit wird M als Jazzer immer erfolgreicher und erwirtschaftet mit seinen Einkünften wesentlich mehr als nur seinen eigenen Unterhalt. J trägt durch einen Job als Messe-Hostess ebenfalls zum Lebensunterhalt bei. Ihr Studium hat sie mittlerweile aufgegeben, weil sie keine der angebotenen Klausuren bestanden hatte. Am 11.7.2020 kommt die gemeinsame Tochter Tina (T) zur Welt.

Als J ein Tagebuch ihres Mannes findet und liest, erfährt sie zum einen, dass M sie über seine finanziellen Verhältnisse getäuscht hat und sie bald aus der Wohnung ausziehen müssen. Zum anderen erwähnt M dort, dass er J auf einer Konzert-Tournee kurz nach der Hochzeit mit einer Sängerin betrogen hat. J ist außer sich, obwohl auch sie in dieser Zeit eine kurze Affäre mit ihrem Physiotherapeuten Leo Lohmeyer (L) hatte.

Am 9.8.2020 lässt sich J mit ihrer Tochter T von ihren Eltern abholen und zieht zu ihnen zurück nach Bad Godesberg. Sie ist sich sicher, dass sie mit M nichts mehr zu tun haben will. Ihre Eltern unterstützen sie darin und verwehren M jeglichen Kontakt mit ihr und T. Gemeinsam mit J suchen sie kurz darauf einen befreundeten Anwalt auf und wollen wissen, ob sich J noch im Jahr 2020 scheiden lassen oder ihre Ehe auf andere Weise unproblematisch beenden könne. Auf jeden Fall soll M aber den Familiennamen „von Jahnsdorf“ wieder abgeben müssen. Außerdem wollen sie wissen, ob J Anspruch auf einen Teil des Geldes habe, das sich M während der Ehe dazu verdient und erspart habe. Nach ihrer Rechtsauffassung soll M der J auch die Fortsetzung des unterbrochenen Studiums finanzieren und für ihre Altersversorgung aufkommen, da er durch seine Lügen und die Affäre die Trennung verschuldet habe.

Auch M holt sich anwaltlichen Rat. Er will wissen, was nach Beendigung der Ehe auf ihn zukommt, insbesondere interessiert ihn, ob er dann unterhaltspflichtig sei. Er äußert den (letztlich unbegründeten) Verdacht, womöglich gar nicht der leibliche Vater der T zu sein. Da er T aber vom ersten Augenblick ins Herz geschlossen habe, möchte er sie in jedem Falle in Zukunft sehen dürfen. Außerdem möchte er wissen, was mit den gemeinsamen Haushaltsgegenständen passieren wird.

Die Antworten der Rechtsanwälte sind in einem Gutachten vorzubereiten, wobei Getrenntlebensunterhaltsansprüche nicht zu prüfen sind.

Es ist davon auszugehen, dass M 3000,– € mit in die Ehe gebracht hat, jedoch noch Raten i.H.v. 2000,– € für den erworbenen VW-Bus abzahlen musste. Sein Endvermögen ist mit 5000,– € anzusetzen.

Das Anfangsvermögen der J lässt sich nicht mehr ermitteln. Ihr Endvermögen ist mit 1000,– € anzusetzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sie im April 2020 700,– € für ein Flugticket nach Athen ausgegeben hat, das sie L spendiert hat, um ihn loszuwerden.

Vorüberlegungen

13

I.

In dieser umfangreichen Klausur sind die Voraussetzungen einer wirksamen Eheschließung darzustellen sowie die Möglichkeiten der Beendigung einer Ehe (Eheaufhebung/Scheidung). Des Weiteren ist darauf einzugehen, welche Rechtsfolgen mit der Beendigung einer Ehe verbunden sind, wobei Getrenntlebensunterhaltsansprüche explizit nicht zu prüfen sind.

II.

Problematisch ist hier insbesondere, die prüfungsrelevanten Punkte an den jeweils passenden Stellen zu diskutieren. Häufig wird der Fehler gemacht, im Rahmen der Prüfung einer wirksamen Eheschließung sämtliche diesbezüglich existierenden Soll-Vorschriften zu zitieren. Tatsächlich ist eine Ehe jedoch bereits wirksam geschlossen, wenn sich:

1.

zwei volljährige (vgl. § 1303) Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts (vgl. § 1353),

2.

vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten

3.

gegenseitig den Eheschließungswillen erklären (vgl. § 1310).

III.

Zeitleiste:

Gliederung

14

1. Teil: Rechtslage im Jahr 2020 – Beendigung bzw. Auflösung der Ehe

A.

Vorliegen einer wirksamen Ehe

B.

Aufhebung der Ehe

C.

Scheidung der Ehe

I.

Scheitern der Ehe

II.

Keine Härte i.S.d. § 1568 1. Fall oder § 1568 2. Fall

III.

Unzumutbare Härte i.S.v. § 1565 II

D.

Ergebnis

2. Teil: Folgen bei Beendigung der Ehe gegen M gemäß §§ 1569 ff.

A.

Unterhaltsanspruch der J gemäß §§ 1569 ff.

I.

Unterhaltsbeziehung

II.

Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten

1.

Bedarf aufgrund eines oder mehrerer Tatbestände der §§ 1570 ff.

a)

Bedarf nach § 1570

b)

Bedarf nach § 1575

2.

Keine eigene Deckungsfähigkeit

III.

Leistungsfähigkeit

IV.

Rangfolge

V.

Kein Ausschluss

1.

Ausschluss wegen kurzer Ehedauer gem. § 1579 Nr. 1

2.

Ausschluss gemäß § 1579 Nr. 7

3.

Ausschluss gemäß § 1579 Nr. 8

4.

Vertraglicher Ausschluss i.S.d. § 1585c bzw. Ausschluss i.S.d. § 1586

VI.

Art der Unterhaltsgewährung

VII.

Ergebnis

B.

Anspruch der J gegen M auf Zugewinnausgleich i.S.d. § 1378 i.V.m. §§ 1372 ff.

I.

Vorliegen einer Zugewinngemeinschaft

II.

Beendigung zu Lebzeiten

III.

Zugewinnausgleichsforderung

1.

Zugewinn des Anspruchsgegners

2.

Zugewinn der Anspruchstellerin

3.

Hälfte der Differenz

4.

Zwischenergebnis

IV.

Kein Ausschluss gemäß § 1381

V.

Keine Verjährung

VI.

Ergebnis

C.

Versorgungsausgleich i.S.d. § 1587 i.V.m. Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG)

D.

Unterhaltsanspruch der T gegen M gemäß §§ 1601 ff.

I.

Unterhaltsbeziehung

II.

Bedürftigkeit des Kindes

1.

Bedarf i.S.v. § 1610

2.

Keine eigene Deckungsfähigkeit

III.

Leistungsfähigkeit

IV.

Rangfolge

V.

Kein Ausschluss

VI.

Art der Unterhaltsgewährung

VII.

Ergebnis

E.

Sorge- und Umgangsrecht

I.

Elterliche Sorge

II.

Umgangsrecht

F.

Ehename

G.

Verteilung der Haushaltsgegenstände

Lösung

1. Teil: Rechtslage im Jahr 2020 – Beendigung bzw. Auflösung der Ehe

15

Eine Ehe kann gemäß § 1313 und § 1564 durch eine richterliche Entscheidung oder durch den Tod eines der Ehegatten beendet werden. Ob im vorliegenden Fall im Jahr 2020 die Voraussetzungen für eine Eheaufhebung i.S.d. § 1313 oder Scheidung i.S.d. § 1564 erfüllt sind, muss erst beurteilt werden, wenn zwischen J und M überhaupt eine wirksame Ehe besteht.

Exkurs/Vertiefung:

Während es in § 1313 und § 1564 bislang hieß, eine Ehe könne nur durch Urteil aufgehoben werden, wurde das Wort: „Urteil“ (durch das FGG-Reformgesetz[1]) mit Wirkung zum 1.9.2009 durch den Begriff „Entscheidung“ ersetzt. Da die Entscheidung in Familiensachen gemäß § 116 FamFG durch Beschluss erfolgt, wird eine Ehe nunmehr durch einen Beschluss aufgehoben.

Unabhängig vom Terminus bleibt es dabei, dass ein Gestaltungsakt des Gerichts vorliegen muss. Gestaltungsakt insofern, als es unmittelbar durch den richterlichen Ausspruch zu einer Änderung der Rechtslage kommt.

A. Vorliegen einer wirksamen Ehe

16

Fraglich ist, ob J und M rechtswirksam verheiratet sind.

Eine Ehe ist jedenfalls wirksam geschlossen, wenn sich zwei volljährige Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten gegenseitig erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, vgl. §§ 1303, 1310, 1353 I 1. Nur wenn elementare Voraussetzungen einer Eheschließung fehlen, also wenn einer der Ehegatten unter 16 Jahre alt wäre oder sich die Ehegatten nicht vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten ihren Eheschließungswillen erklärt hätten, liegt eine sog. Nichtehe vor, die keinerlei Rechtswirkungen zwischen den Beteiligten begründet[2]. Andere Verstöße gegen das Eheschließungsrecht (vgl. dazu z.B.: §§ 1304, 1306, 1307 und 1311) ändern nichts daran, dass die Ehe zunächst wirksam geschlossen wurde, sie können i.S.d. § 1314 lediglich zur Aufhebung der Ehe führen. Ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, also z.B. ein Verstoß gegen § 1312, bleibt völlig sanktionslos[3].

Vorliegend sind die elementaren Voraussetzungen einer Eheschließung erfüllt. Selbst wenn also der Standesbeamte J und M nicht kraft Gesetzes für rechtmäßig verbundene Eheleuten erklärt hat, wie es die Soll-Vorschrift des § 1312 vorsieht, ist dies für die Wirksamkeit der Eheschließung zwischen M und J ohne Belang.

Exkurs/Vertiefung:

Die zum 1.1.2009 wirksam gewordene Änderung des Personenstandsrechts (§§ 67, 67a PStG wurden aufgehoben[4]) ermöglicht zwar eine kirchliche Trauung mit kirchenrechtlichen Folgen, vgl. § 1588, ohne dass die standesamtliche Trauung zuvor vollzogen sein muss, Rechtswirkungen aus zivilrechtlicher Sicht entfaltet die Ehe jedoch lediglich, wenn die oben genannten elementaren Voraussetzungen erfüllt sind[5].

Eine andere Neuerung des PStG ist im Jahr 2018 aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des BVerfG erfolgt, das die bis dato geltende Regelung, nach der für Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, kein alternativer Geschlechtseintrag vorgesehen war, als verfassungswidrig ansah[6]. Während auch im Familienrecht grundsätzlich ein binäres Geschlechtermodell zugrunde gelegt wird, kennt das PStG daher nun auch das Geschlecht: „divers“ und nicht nur das „unbestimmte Geschlecht“, vgl. dazu § 22 III PStG in Bezug auf das Geburtenregister.

B. Aufhebung der Ehe

17

Möglicherweise kommt eine Aufhebung der zwischen J und M bestehenden Ehe gemäß den §§ 1313 ff. in Betracht.

Als Ansatzpunkt für einen Aufhebungsgrund ließe sich anführen, dass M die J i.S.d. § 1314 II Nr. 3 1. Hs. arglistig über seine Vermögensverhältnisse getäuscht hat[7][8]

Exkurs/Vertiefung: