VVorwort zur 13. Auflage

Die in den letzten Jahren erfolgten zahlreichen Neureglungen im SGB II und im SGB XII haben eine umfassende Neubearbeitung des Werkes notwendig gemacht. Insbesondere die Auswirkungen der Pflegereform (Pflegestärkungsgesetz II) sowie des Bundesteilhabegesetzes führten zu erheblichen Veränderungen in der Sozialhilfe. Dies betrifft die Hilfe zur Pflege (§§ 61ff. SGB XII) sowie die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Hieran zeigt sich, wie stark die Sozialgesetze miteinander verknüpft sind. Am Ende dieses Prozesses wird die gesamte Eingliederungshilfe vollständig in das SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) überführt werden. Um die Kontinuität auch für die Zukunft sicherzustellen, wird nunmehr 13. Auflage erstmalig von zwei Autoren gemeinsam verantwortet. Wie in den vorherigen Auflagen werden die grundlegenden Strukturen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und der Sozialhilfe dargestellt und die für die Leistungsgewährung relevanten Aspekte anhand von Beispielsfällen erläutert. Wir hoffen, dass hierdurch auch weiterhin eine Orientierung über die komplexen Strukturen des SGB II und des SGB XII vermittelt werden kann.

Münster und Paderborn, im Juni 2018

Jost Hüttenbrink
Gerhard Kilz

1 1. Kapitel
 
Einführung

I. Historischer Hintergrund

Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wurde zum 1.1.2005 durch das SGB XII und (ergänzend) durch das SGB II abgelöst. Das BSHG war ein relativ junges Gesetz; es trat erst am 1.6.1962 in Kraft und bildete den vorläufigen Schlusspunkt einer langen historischen Entwicklung.

Im Mittelalter wurde der Arme als Almosenempfänger betrachtet: er gab den Reichen Gelegenheit zu gottgefälligem Tun; der Reiche erlangte durch die Almosengewährung Vergebung seiner Sünden. Der Arme leistete Fürbitte für das Seelenheil seines Wohltäters und erfüllte so eine wichtige Funktion innerhalb der Gesellschaft. Das Almosenwesen war dabei strikt auf den jeweiligen räumlichen Bereich beschränkt, in dem der Arme lebte (zum Beispiel die Stadtgemeinde).

Die Situation änderte sich, als es im 18. Jahrhundert zu einem starken Anwachsen der armen Bevölkerung kam. Die christliche Motivation des Almosenaktes trat in den Hintergrund; die soziale Not der Unterschichten wurde in immer stärkerem Maße zu einem gesellschaftlichen Problem. Gleichzeitig verloren die Städte weitgehend zugunsten territorialer Staaten ihre Selbständigkeit. Im Laufe der Jahrzehnte musste sich deshalb der Staat des Armenwesens immer 2stärker annehmen. Im Jahre 1794 wurde im Allgemeinen Preußischen Landrecht erstmals seine generelle Fürsorgepflicht für die Armen als Staatsaufgabe gesetzlich anerkannt:

Der Arme blieb jedoch Almosenempfänger, dem nach Gutdünken der Obrigkeit gnädiglich eine Unterstützung gewährt wurde.

Im 19. Jahrhundert änderte sich hieran wenig, obwohl im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Reihe von sozialen Vorsorgesystemen geschaffen wurde (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Invaliditäts- und Altersversicherung). Der Arme blieb bis zur Geltung des Grundgesetzes lediglich Objekt der staatlichen Verwaltung (Untertan). Erst mit der Einführung des Grundgesetzes erfuhr das gesamte Fürsorgerecht eine völlig neue rechtliche Grundlage. Bereits in einer der ersten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 24.6.1954) wurde deshalb klargestellt, dass die frühere Auffassung vom Almosenwesen spätestens seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht mehr haltbar sei. Die in Art. 1 (Menschenwürde) und 20 (Sozialstaatsklausel) enthaltenen Leitgedanken des Grundgesetzes führten dazu, das Fürsorgerecht heute dahin auszulegen, dass den Trägern der öffentlichen Fürsorge eine Rechtspflicht gegenüber dem jeweiligen Bedürftigen obliege und dass dieser einen hierauf einklagbaren Rechtsanspruch habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat dargelegt, dass die in Art. 1 GG niedergelegte unantastbare, von der staatlichen Gewalt zu schützende Würde des Menschen es verbiete, den Menschen als bloßen Gegenstand staatlichen Handelns anzusehen, soweit es um die Sicherung des notwendigen Lebensbedarfs, also des Daseins überhaupt, gehe. Eine der großen Errungenschaften des Grundgesetzes ist es also, dass der in eine persönliche Notlage geratene Mensch nicht mehr Almosenempfänger und Bittsteller ist, sondern einen einklagbaren Anspruch gegenüber dem Staat auf Alimentation besitzt.

Auf Grund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1954 wurde dann im Jahre 1962 das Bundessozialhilfegesetz in Kraft gesetzt und für alle Bundesländer eine einheitliche Regelung für Sozialhilfeleistungen geschaffen. Das BSHG trat zum 31.12.2004 außer Kraft; es wurde durch die seit dem 1.1.2005 geltenden 3Vorschriften des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und des SGB XII (Sozialhilfe) ersetzt.

II. Kurzüberblick über die Regelungen des SGB II und des SGB XII

1. Integration in das SGB

Mit dem Inkrafttreten des SGB II und des SGB XII hat der Gesetzgeber eine seit langem bestehende Forderung verwirklicht, das Recht der Sozialhilfe weiter zu entwickeln und die Sozialhilfe als weiteres Buch – als SGB XII – im Sozialgesetzbuch zu integrieren. Das Sozialgesetzbuch ist jetzt wie folgt aufgebaut:

Eine Reihe von weiteren gesetzlichen Vorschriften wie etwa das Wohngeldgesetz, das Bundesausbildungsförderungsgesetz, das Bundesversorgungsgesetz, das Opferentschädigungsgesetz und weitere, die ebenfalls Sozialleistungen beinhalten, sind materiell betrachtet ebenfalls Bestandteil des Sozialgesetzbuches, ohne bereits in das Sozialgesetzbuch förmlich eingereiht zu sein.

42. Eckpunkte des SGB II

Die Schwerpunkte des SGB II sind:

53. Eckpunkte des SGB XII

Die Eckpunkte des Sozialhilferechts SGB XII können thesenartig wie folgt zusammengefasst werden:

6III. Leistungsberechtigte und Leistungsgruppen

Nach § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 21 SGB XII beziehungsweise § 7 SGB II muss hinsichtlich der Leistungsberechtigten zwischen drei Personengruppen unterschieden werden:

1. Gruppe 1: erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen (§ 7 Abs. 1 u. 2 SGB II)

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Personen, die

Die Altersgrenze von 65 Jahren ist durch § 7 a SGB II für Personen, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, sukzessive bis zum 67. Lebensjahr wie folgt angehoben worden:

7Anhebung der Altergrenze:

Für den Geburts- jahrgang

erfolgt eine Anhebung um Monate

auf Vollendung eines Lebensalters von

1947

1

65 Jahren und 1 Monat

1948

2

65 Jahren und 2 Monaten

1949

3

65 Jahren und 3 Monaten

1950

4

65 Jahren und 4 Monaten

1951

5

65 Jahren und 5 Monaten

1952

6

65 Jahren und 6 Monaten

1953

7

65 Jahren und 7 Monaten

1954

8

65 Jahren und 8 Monaten

1955

9

65 Jahren und 9 Monaten

1956

10

65 Jahren und 10 Monaten

1957

11

65 Jahren und 11 Monaten

1958

12

66 Jahren

1959

14

66 Jahren und 2 Monaten

1960

16

66 Jahren und 4 Monaten

1961

18

66 Jahren und 6 Monaten

1962

20

66 Jahren und 8 Monaten

1963

22

66 Jahren und 10 Monaten

ab 1964

24

67 Jahren.

Keine Leistungen nach dem SGB II erhalten Ausländer, Asylbewerber und deren Familienangehörige im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II, sowie die in § 7 Abs. 4 und 5 SGB II genannten Personen. Personen, die dem Grunde nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, können keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (§§ 27 ff, § 41 ff SGB XII) erhalten. Der Personenkreis des § 7 SGB II könnte aber ergänzend sonstige Hilfen nach den §§ 47–74 SGB XII bekommen.

82. Gruppe 2: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Personen, die

erhalten als Hilfe zum Lebensunterhalt Leistungen nach den §§ 41–46 SGB XII. Ergänzend können sie Leistungen in sonstigen Lebenssituationen nach den §§ 47–74 SGB XII erhalten.

3. Gruppe 3: sonstige Personen, die nicht in die Gruppe 1 oder in die Gruppe 2 fallen

Sonstigen Personen, die nicht in die Gruppe 1 oder 2 fallen, ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27–40 SGB XII zu leisten, wenn diese Personen ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können. Der Personenkreis, der zu den „sonstigen Personen“ zählt, ist denkbar klein, weil die beiden anderen Gruppen alle wesentlichen Fallgestaltungen abdecken. Neben den Personengruppen, die nach § 7 Abs. 4 und 5 SGB II vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, fallen hierunter beispielsweise:

BEISPIEL 1 a: Die 14-jährige Vollweise, die nach dem Tode der Eltern von Freunden in den Haushalt aufgenommen wird, wobei die Freunde der Eltern selbst nicht nach dem SGB II/XII leistungsberechtigt sind.

9BEISPIEL 1 b: Die Eheleute Gerd und Martina Müdenkamp sind nach einem schweren Verkehrsunfall beide erwerbsunfähig und leben mit ihren drei Kindern Philipp, Anna-Sophia und Antonia im Alter von 14, 9 und 7 Jahren zusammen. Die Eltern sind grundsicherungsberechtigt nach §§ 41 ff SGB XII (Gruppe 2), die Kinder als sonstige Personen sozialhilfeberechtigt (Gruppe 3).

Gruppenübersicht:

Hilfe zum Lebensunterhalt

sonstige Hilfen

Gruppe 1:

a) erwerbsfähige Hilfe- suchende, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und die gesetzliche Altersgrenze noch nicht erreicht haben

Arbeitslosengeld II gem. §§ 19–29 SGB II

  • Leistungen zur
  • Eingliederung
  • in Arbeit,
  • §§ 14–17 SGB II
  • §§ 47–74 SGB XII

b) die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen (§ 7 Abs. 2 SGB II)

Sozialgeld §§ 19 Abs.1 S.2, 23 SGB II

§§ 47–74 SGB XII

Gruppe 2: erwerbsunfähige Hilfesuchende über 18 Jahren oder Personen, die die gesetzliche Altersgrenze erreicht haben

Grundsicherung gem. §§ 41–46 SGB XII

§§ 47–74 SGB XII

Gruppe 3: sonstige Personen, die nicht in Gruppe 1 oder Gruppe 2 fallen

Hilfe zum Lebensunterhalt §§ 27–40 SGB XII

§§ 47–74 SGB XII

Berücksichtigung des Einkommens und des Vermögens

Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern ist das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen (§ 27 Abs. 2 SGB XII). Sofern minderjährige unverheiratete Kinder vor Vollendung des 15. Lebensjahres dem Haushalt ihrer erwerbsunfähigen Eltern oder eines Elternteils (Gruppe 2) angehören und diese den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht beschaffen können, sind auch das Einkommen und das Vermögen 10der Eltern und des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen. Lebt eine Person bei ihren Eltern/Elternteil und ist sie schwanger oder betreut sie ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nach § 9 Abs. 3 SGB II nicht berücksichtigt.

Die Personen, die der Gruppe 3 angehören, können im Übrigen die ergänzenden Sozialhilfeleistungen in sonstigen Lebenssituationen nach den §§ 47–74 SGB II beziehen, soweit sie über kein ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügen.

11 2. Kapitel
 
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)

I. System der Grundsicherung – Fördern und Fordern, §§ 1–6 d SGB II

1. Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende, § 1 SGB II

§ 1 SGB II enthält die programmatischen Kernaussagen des Gesetzes. Das Gesetz will aktive Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gewähren. Ziel des Gesetzes ist es dabei, die Eigenverantwortung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu stärken und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, damit die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ihren Unterhalt und denjenigen, mit denen sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, aus einer eigenen Erwerbstätigkeit bestreiten können (sogenannte passive Leistungen). Die aktiven Leistungen sollen den Erwerbsfähigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützten. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

§ 1 Abs. 3 SGB II stellt dann noch einmal klar, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende drei Leistungen umfasst, nämlich

2. Grundsatz des Forderns, § 2 SGB II

§ 2 SGB II regelt die Pflichten des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Er und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Personen müssen sich vorrangig und eigeninitiativ um die Beendigung der Erwerbslosigkeit bemühen und sind deshalb gehalten, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Der erwerbsfähige Leistungsberechtigte muss aktiv an allen Maßnahmen mitwirken, die seine Eingliederung unterstützen sollen, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Dies bedeutet im Klartext, dass der Erwerbsfähige nicht abwarten darf, dass ihm die Bundesagentur für Arbeit eine Arbeitsstelle vermittelt, sondern er muss sich eigenständig und eigeninitiativ um sein berufliches Fortkommen bemühen. Die Eingliederungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit sollen diese Bemühungen lediglich unterstützen („Fördern und Fordern“).

Leitgedanke:

Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist es, den Erwerbsfähigen unabhängig von der Eingliederung durch die Bundesagentur zu machen. Der § 2 SGB II korrespondiert dabei in gewisser 13Weise mit dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 2 SGB XII („Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.“).

§ 2 Abs. 2 S. 2 SGB II weist deshalb noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen müssen.

3. Leistungsgrundsätze (§ 3 SGB II)

a) Allgemeine Grundsätze zur „Eingliederung in Arbeit“, § 3 Abs. 1 SGB II

§ 3 SGB II umschreibt die Leistungsgrundsätze des SGB II. § 3 Abs. 1 SGB II stellt dabei klar, dass die „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ als Ermessensleistungen erbracht werden. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (§ 3 Abs. 1 S. 3 SGB II). Die Frage der Erforderlichkeit von Eingliederungsleistungen unterliegt der Beurteilung des jeweiligen Fallmanagers (Sachbearbeiters). Bei der Entscheidung über die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sind

zu berücksichtigen. Dabei sollen vorrangig solche Maßnahmen eingesetzt werden, die möglichst unmittelbar eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen.

Nach § 3 Abs.2 sollen Eingliederungsleistungen unverzüglich nach der Beantragung von SGB II-Leistungen erbracht werden. Ziel ist eine möglichst rasche Integration in den Arbeitsmarkt.

14b) Sprachförderung, § 3 Abs. 2a SGB II

§ 3 Abs. 2a SGB II betrifft die Sprachkompetenz. Danach hat der Träger darauf hinzuwirken, dass die Leistungsberechtigten an Kursen teilnehmen, wenn sie entsprechend auch teilnahmeberechtigt sind. Es kann sich dabei um einen Integrationskurs nach § 45 Aufenthaltsgesetz oder um eine berufsbezogene Deutschsprachförderung nach § 45a Aufenthaltsgesetz handeln. Dies gilt aber nicht, wenn die leistungsberechtigte Person in eine Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden kann und eine Kursteilnahme daneben nicht zumutbar ist. Ferner ist die Teilnahmeverpflichtung auch in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen. Dies hat dann aber auch die Konsequenz, dass bei Verstößen hiergegen eine Sanktion nach §§ 31ff. SGB II droht.

c) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, § 3 Abs. 3 SGB II

§ 3 Abs. 3 SGB II wiederholt noch einmal ausdrücklich den Subsidiaritätsgedanken bezüglich der zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Derartige Leistungen werden nur dann erbracht, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.

4. Leistungsarten, § 4 SGB II

§ 4 SGB II beschreibt die Art und Weise der Leistungserbringung der „Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende“; die Vorschrift korrespondiert mit § 10 SGB XII. Die Leistungen der Grundsicherung werden in Form von

erbracht. Nach § 4 Abs. 2 SGB II hat die Bundesagentur für Arbeit darauf hinzuwirken, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die erforderliche Beratung und Hilfe anderer Träger, insbesondere der Kranken- und Rentenversicherung, erhalten. Betont wird auch die Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Der für die SGB II-Leistungen zuständige Träger hat daher auch mit den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe sowie mit Schulen und Kindertageseinrichtungen zusammen zu arbeiten. Ferner sollen Eltern bei der Wahrnehmung der Leistungen für Bildung und Teilhabe unterstützt werden.

5. Verhältnis zu anderen Leistungen, § 5 SGB II

§ 5 SGB II regelt das Rangverhältnis zu Leistungen anderer, insbesondere zu den Trägern anderer Sozialleistungen. Das Gesetz wiederholt hier noch einmal den Subsidiaritätsgedanken (siehe dazu auch §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 3 SGB XII): Verpflichtungen und Leistungen anderer haben grundsätzlich Vorrang vor Leistungen nach dem SGB II. Das Gesetz weist in § 5 Abs. 1 S. 2 SGB II ausdrücklich darauf hin, dass Ermessensleistungen anderer Träger nicht deshalb versagt werden dürfen, weil das SGB II vergleichbare Leistungen vorsieht.

Das Rangverhältnis zur Sozialhilfe (SGB XII) ist in § 5 Abs. 2 näher geregelt:

16§ 5 Abs. 3 SGB II ermöglicht es der Bundesagentur für Arbeit, an der Stelle des Leistungsberechtigten selbst einen Antrag auf Leistungen bei anderen Trägern zu stellen, sowie Rechtsmittel und Rechtsbehelfe einzulegen, wenn er den Antrag trotz Aufforderung nicht gestellt hat. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Ansprüche gegen andere Träger realisiert werden können, um das Prinzip der Nachrangigkeit von Leistungen nach dem SGB II sicherzustellen.

Keine Auswirkung von Fristablauf auf Leistungen anderer Leistungsträger

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass § 5 Abs. 3 S. 2 SGB II bestimmt, dass der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach dem SGB II verstrichen sind, nicht gegen die übrigen Leistungsträger wirken, dies gilt allerdings nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach dem SGB II das Verfahren selbst betreiben.

6. Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Die Trägerschaft der Grundsicherung für Arbeitsuchende war im Gesetzgebungsverfahren stark umstritten. Bis zuletzt konnten sich Regierung und Opposition nicht darauf einigen, wer Träger der Leistungen nach dem SGB II werden sollte. Während die damaligen Regierungsfraktionen (SPD/Grüne) ein Modell favorisierten, wonach die Leistungen im Wesentlichen von der Bundesagentur für Arbeit erbracht werden sollten, favorisierte der CDU-/CSU-majorisierte Bundesrat eine Option in kommunaler Trägerschaft. Nach langem Tauziehen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde in § 6 SGB II Folgendes bestimmt:

Träger der Leistungen sind:

17Allzuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit

§ 6 Abs.1 Ziff. 1 SGB II begründet für die Bundesagentur für Arbeit eine Allzuständigkeit das heißt, diese ist immer dann zuständig, wenn nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs.1 Ziff. 2 SGB II die kommunalen Träger zuständig sind. Die Zuständigkeit der kommunalen Träger besteht nach § 6 Abs.1 Ziff. 2 SGB II in folgenden Fällen:

– Leistungen nach § 16a (kommunale Eingliederungsleistungen wie Betreuung von Angehörigen, Schuldnerberatung, schulpsychosoziale Betreuung, Suchtberatung),

– das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld, soweit Arbeitslosengeld II und Sozialgeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird,

– die Leistungen nach § 24 Abs. 3 S.1 Nr.1 und 2 SGB II,

– § 28 (Bedarfe für Bildung und Teilhabe).

Der Landesgesetzgeber hat außerdem die Möglichkeit, durch Landesrecht andere als die im Gesetz genannten kommunalen Träger zu bestimmen. Die ursprüngliche Konstruktion des Gesetzes hätte für die Leistungsberechtigten den Nachteil gehabt, dass diese sich allein wegen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt an zwei Träger wenden müssten: während das Arbeitslosengeld II/Sozialgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden müsste, müssten für die Leistungen, die in kommunaler Trägerschaft liegen, Anträge bei dem zuständigen kommunalen Träger gestellt werden. Dies gilt insbesondere für die Kosten von Unterkunft und Heizung.

Bei Inkrafttreten des SGB II wurde in letzter Minute § 6 a SGB II in das Gesetz eingefügt, wonach eine grundsätzliche Option der kommunalen Trägerschaft eingeführt wurde. Abweichend von § 6 SGB II wurden zunächst max. 69 (jetzt: 110) kreisfreie Städte und Kreise auf ihren Antrag und mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde anstelle der Agenturen für Arbeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung als Träger der Aufgaben nach diesem Gesetz zugelassen. Das Nähere regeln die §§ 6 a–c SGB II. Infolge dieses Optionsmodells kann es deshalb zu unterschiedlichen Trägerschaften bei der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ kommen.

18Soweit nach dem Optionsmodell kein kommunaler Träger als einheitlicher Träger für alle Leistungen nach dem SGB II zuständig ist, sondern sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die kommunalen Träger im Sinne von § 6 SGB II für die Leistungen nach dem SGB II zuständig sind (siehe oben), errichten die Träger der Leistungen zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge gemeinsame Einrichtungen (§ 44 b SGB II). Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Agentur für Arbeit und der kommunalen Träger als Leistungsträger nach dem SGB II einheitlich war; die kommunalen Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II übertragen; dadurch wurde die Doppelzuständigkeit von Bundesagentur und kommunalen Trägern bei SGB II-Leistungen weitgehend eingeebnet. Die gemeinsame Einrichtung ist berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen (§ 44 b Abs. 1 S.3 SGB II). Die Geschäfte führt einen Geschäftsführer, der auch berechtigt ist, die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten (§ 44 d Abs. 1 SGB II).

Aufstockung der Zahl der Optionskommunen der kommunalen Träger

Die Einführung der Arbeitsgemeinschaften widersprach nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12. 2007 dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20.12.2007 die Vorschrift des § 44 b SGB II allerdings bis zum 31.12.2010 weiter für anwendbar erklärt, sofern der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung trifft. Durch eine Grundgesetzänderung (Art. 91e GG wurde ergänzend in das Grundgesetz eingefügt) wurde das bisherige Modell des Nebeneinanders von Arbeitsgemeinschaften und 19Kommunen bestätigt; allerdings wurde die Zahl der Optionskommunen (der kommunalen Träger) erheblich aufgestockt: 110 kommunale Träger statt bisher 69 Träger.

Die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44 b SGB II zwischen der Bundesagentur und dem kommunalen Träger und die Einrichtungen der Optionskommunen (kommunalen Träger) führen nach § 6 d SGB II die Bezeichnung Jobcenter.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt:

20II. Anspruchsvoraussetzungen, §§ 7–13 SGB II

1. Berechtigte, § 7 SGB II

§ 7 SGB II legt den Kreis der Berechtigten fest. Dabei wird zwischen

a) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte (§ 7 Abs. 1 SGB II)

Zu den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II gehören Personen, die

Ausgeschlossen aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten sind aber Ausländer/Ausländerinnen sowie deren Familienangehörige, die unter die Regelungen des § 7 Abs.1 S.2 Nr.1–3 SGB II fallen:

b) Angehörige als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 III SGB II)

Nach § 7 Abs.2 S.1 SGB II besteht ein Leistungsanspruch auch für Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft 22leben. § 7 Abs. 2 SGB II stellt zudem klar, dass die mit den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden sonstigen Personen auch Dienst- und Sachleistungen bekommen können, wenn dadurch die Hilfsbedürftigkeit beendet oder verringert oder die Hemmnisse bei der Eingliederung des Erwerbsfähigen beseitigt oder vermindert werden.

Angehörige, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 und 3 SGB II) leben, sind neben

Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird für unverheiratete, zusammenlebende Personen ein „wechselseitiger Wille Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“ dann vermutet, wenn die Partner

– länger als 1 Jahr zusammenleben,

– mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,

– Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder

– 23befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des Anderen zu verfügen.

Die vorstehend aufgezählten Umstände stellen jedoch nur die Voraussetzungen für eine gesetzliche Vermutung im Sinne von § 7 Abs. 3a SGB II dar. Sie sind nicht abschließend. Liegt keine dieser Tatsachen vor oder wird eine entsprechende Vermutung widerlegt, können dennoch weitere Lebensumstände auf eine sogenannte „Einstehensgemeinschaft“ schließen lassen (der Leistungsträger ist hierfür beweispflichtig!).

BEISPIEL 1 c: Die Antragsteller leben seit 3 Monaten zusammen in einer neu angemieteten Wohnung; die Frau ist im 6. Monat schwanger und erwartet in Kürze ein gemeinsames Kind. In diesem Fall könnte auch trotz des kurzfristigen Zusammenlebens bereits von einer Einstehensgemeinschaft ausgegangen werden, weil die besonderen Umstände des Einzelfalls darauf hinweisen, dass das Paar vor allem wegen der bevorstehenden Geburt des gemeinsamen Kindes einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt aufgenommen hat.

Durch die gesetzliche Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c in Verbindung mit Abs. 3a SGB II ist klargestellt, dass auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren, die nicht Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind, eine Bedarfsgemeinschaft bestehen kann. Für eine Lebensgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3a SGB II spricht unter anderem die gemeinsam angemietete Wohnung und die Benennung der Lebensgefährtin als Begünstigte in der privaten Rentenversicherung. Der Einkommensanrechnung der Einkünfte der Lebensgefährtin steht nicht entgegen, dass der Antragsteller mit einer anderen Frau (formal) noch verheiratet ist, sofern die Eheleute dauernd getrennt leben und das Scheidungsverfahren läuft. Entscheidend ist allein das Bestehen einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft mit einer neuen Partnerin.

24Besonderheiten bezüglich der Bedarfsgemeinschaft zwischen Eltern und Kindern

Erwerbsfähige volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und mit ihren Eltern in einer Wohnung zusammenleben, gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern (wohl aber zur Haushaltsgemeinschaft! (Siehe dazu unten II., 3 c), sondern bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft und müssen deshalb einen eigenständigen, gesonderten Grundsicherungsantrag nach dem SGB II stellen.

Erwerbsfähige unverheiratete Kinder unter 25 Jahre, die aus der elterlichen Wohnung ausziehen wollen, erhalten nur dann Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn der Träger dem Leistungsberechtigten dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (§ 22 Abs. 5 S. 1 SGB II). Der kommunale Träger ist nach § 22 Abs. 5 S.2 SGB II zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann oder der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder ein sonstiger ähnlicher schwerwiegender Grund vorliegt. Von dem Erfordernis der vorherigen Zusicherung der Kostenübernahme kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zuzumuten war, die Zusicherung einzuholen. Leistungen für die Unterkunft und Heizung werden für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erbracht, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen (§ 22 Abs. 5 S.4 SGB II).

Bei einem Umzug ohne Zustimmung des zuständigen Trägers erhalten diese Personen einen geringeren monatlichen Betrag zur Deckung des Regelbedarfs (siehe § 20 Abs.3).

Im Haushalt lebende (erwerbsunfähige) Eltern oder Elternteile gehören nur so lange zur Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, als ihre Kinder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

25BEISPIEL: Lebt eine 16-jährige, erwerbsfähige Tochter mit ihrer 40-jährigen erwerbsunfähigen Mutter zusammen, so bilden beide eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II; sobald die erwerbsfähige Tochter das 25. Lebensjahr vollendet hat, besteht keine Bedarfsgemeinschaft mehr.

Unter 25-jährige Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben, gehören damit grundsätzlich zu deren Bedarfsgemeinschaft. Dies gilt aber nicht, wenn sie verheiratet sind oder ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können.

Bedarfsgemeinschaft – Haushaltsgemeinschaft

Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 SGB II darf nicht mit dem Begriff der Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II verwechselt werden.

c) Ausschlusstatbestände (§ 7 Abs. 4, 4 a und Abs. 5 SGB II)

§ 7 Abs. 4, Abs. 4 a und 5 SGB II enthalten Ausschlusstatbestände. Nach § 7 Abs. 4 SGB II erhalten Personen, die

keine Leistungen nach dem SGB II.

Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt.

Die vorgenannten Ausschlusstatbestände gelten dann nicht, wenn jemand voraussichtlich für weniger als 6 Monate in einem Krankenhaus im Sinne des § 107 SGB V untergebracht ist oder wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Wochenstunden erwerbstätig ist.

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhält also nicht, wer absehbar für länger als 6 Monate vollstationär in einer 26Anstalt, einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht ist (etwa im Rahmen von Resozialisierungsmaßnahmen bei Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, §§ 67 ff. SGB XII).

Begriff: Vollstationäre Unterbringung

27BEISPIEL 2a: Gerda F. (21 Jahre) lebt seit einem Jahr mit ihrem Freund W. zusammen. Sie ist arbeitslos und verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. In den letzten Monaten kam es immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen mit ihrem Freund. Ursache der Auseinandersetzungen war dabei nicht zuletzt auch regelmäßig reichlicher Alkoholkonsum. Nach einem heftigen Streit mit W. verlässt sie die gemeinsame Wohnung; nach einem 4-wöchigen Aufenthalt bei ihrer Schwester, der ebenfalls im Streit endet, vagabundiert sie zunächst obdachlos durch die Stadt und wird dann in einer sozialtherapeutischen Einrichtung für wohnungslose Frauen aufgenommen. Nach einer ausführlichen Sozialanamnese kommt die Einrichtung zu dem Ergebnis, dass Gerda F. für einen längeren Zeitraum von mindestens 12  Monaten zur Vorbereitung auf eine eigenständige Lebensführung in dem Heim leben sollte.

Gerda F. ist zwar grundsätzlich erwerbsfähig, fällt aber unter die Ausschlussklausel des § 7 Abs. 4 SGB II;