Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
KAPITEL 1 Die Kommunikation in der Pflege
KAPITEL 2 Das gute Gespräch in der Pflege
Wie redet man über die Pflege?
Gefühle in Gesprächen
KAPITEL 3 Die Gesprächsleiter
Die einzelnen Stufen eines Gesprächs
Die Vorbereitung
Der Einstieg
Die Klärung
Der Ausklang
Die Verabschiedung
KAPITEL 4 Wie führen pflegebedürftige Menschen gute Gespräche?
Kommunikation für Pflegebedürftige
Im Gespräch mit (pflegenden) Angehörigen
Im Gespräch in Arztpraxis und Klinik
Im Gespräch mit den Medizinischen Diensten der Krankenversicherungen
Im Gespräch mit dem Pflegeteam
Im Gespräch mit Freunden und Bekannten
KAPITEL 5 Wie führen Angehörige gute Gespräche?
Kommunikation für Angehörige
Im Gespräch mit dem zu pflegenden Menschen
Im Gespräch in Arztpraxis und Klinik
Im Gespräch mit den Medizinischen Diensten der Krankenversicherungen
Im Gespräch mit dem Pflegeteam
Im Gespräch mit Freunden und Bekannten
Im Gespräch mit sich selbst
Nachwort
Service-Teil
Geleitwort
Liebe Leserinnen und Leser,
mein Leben war fast immer leicht. Eine mit Zuckerguss und Liebe überzogene Kindheit, und auch als junge Frau erlebte ich die tiefen Täler eher selten.
Das änderte sich drastisch, als meine Großmutter und dann auch meine Mutter pflegebedürftig wurden. Ihrer beider Leiden und Tod waren mein Ticket zur Reise ins Innere. Und eine Reise auf der Suche nach meinen Werten, nach der Bedeutung von Liebe, Freiheit und Glück. Und nach meinen Aufgaben in der Welt und für die Gesellschaft. Welche eigenen Fußstapfen möchte ich hinterlassen?
Damals, als pflegende Enkelin, habe ich die Welt meiner demenziell veränderten Omi schwer verstanden. Und es ängstigte mich, dass ganz alltägliche Handlungen sie zu Fall brachten. Selbst Kaffeekochen – früher eine Selbstverständlichkeit – entwickelte sich zur riesigen Herausforderung und endete mit der vollständigen Kapitulation. Unkontrolliertes Wasserlassen auf einem Familienfest und das Fehlen aller Worte, die früher so selbstverständlich waren, belasteten meine Großmutter, und es belastete auch meine Mutter und mich. Ich begriff, dass meine Hilflosigkeit mich in die Zange nahm. Alzheimer bestimmte unser Leben, und nicht wir bestimmten das Leben mit Alzheimer.
Mir ist klar geworden, dass der Verlust der Eigenständigkeit und das langsame Verschwinden der geliebten Person alle betroffenen Menschen erdrückt. Wir pflegenden An- und Zugehörigen stehen oft belastet und hilflos daneben, und wir wissen häufig nicht, was wir tun können! Wie wir helfen können in diesen neuen und angsteinflößenden Situationen. Denn es hilft allen, hilfreich sein zu dürfen. Nicht nur uns selbst, sondern auch den geliebten anderen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, die unsere Hilfe und die vieler anderer Menschen brauchen.
Wir hatten damals einfach Angst vor dem, was all diese für uns neuen Worte – Alzheimer, Demenz und später Krebs – mit unserem Leben und mit uns selbst machen würden. Wir wussten viel zu wenig, wir stellten zu wenige Fragen, wir erhielten zu wenige Antworten. Wir ließen uns von der Angst lähmen und fühlten uns schlecht, auch unverstanden und allein gelassen. Wir hätten Hilfe gebraucht und nahmen sie uns nicht.
Trotz bester familiärer Voraussetzungen und medizinischer Rahmenbedingungen für die Pflege meiner Omi zerbrach meine Mutter. Sie wurde selbst krank und ging viel zu früh von uns. Weil wir uns nicht informiert hatten. Weil wir falsch kommuniziert hatten.
Heute weiß ich, Unwissenheit bei betroffenen Menschen sowie An- und Zugehörigen macht krank. Sorgen machen krank, wenn sie nicht als Antrieb, als Impuls für Mut, Taten und Neugier nach Wissen und Verständnis wahrgenommen werden können.
Seit zehn Jahren beschäftige ich mich beruflich mit voller Leidenschaft mit dem Thema Pflege – täglich. Ich wachse mit jeder Erfahrung und meine Seele lebt auf. Ich frage dabei sehr viel nach, und ich höre zu. Ich lerne jeden Tag mehr über die Sichtweisen der anderen. Und je mehr ich lerne, desto weniger Angst empfinde ich.
Hätte ich dieses Buch vor 18 Jahren gelesen, so hätte ich die Welt meiner Großmutter besser verstanden. Ich hätte gelernt, sie in Momenten der Furcht besser zu unterstützen, ihr Verständnis zu zeigen und ihr noch mehr zuzuhören. Ich hätte mir meine eigene Furcht erklären können und Wege aus ihr herausgefunden. Und ich hätte gelernt, wie groß das Leid meiner Mutter war. Ich hätte ihre Bedürfnisse besser erkannt und ihr vielleicht etwas von der Last nehmen können, immer die Starke sein zu müssen.
Ich glaube nicht, dass dieses Buch die Krankheit meiner Mutter verhindert hätte, dennoch bin ich überzeugt, dass unser Leben leichter gewesen wäre durch mehr Verständnis für alle Beteiligten. Wir hätten mehr Raum und Zeit für Lebensfreude gehabt.
Aus diesem Grund engagiere ich mich heute für und in der Pflege. Als Demenzbotschafterin und Regisseurin vermittle ich gesellschaftsrelevantes Wissen über Demenz. Dazu gebe ich konkrete Einblicke in die Welten der Pflege und begleite Betroffene wie An- und Zugehörige monatlich mit meiner Filmreihe »PflegeLeicht«. Ich habe meine Firma »Ilses weite Welt« nach meiner Omi benannt. Meine Filme dieser Marke helfen Menschen mit Demenz, indem sie zu deren Erinnerungen und guten Gefühlen Brücken bauen. Die Filme von »Ilses weite Welt« geben ihnen und den Angehörigen die Möglichkeit, leere Momente mit Schönem zu füllen und zusammen einen glücklichen Moment zu teilen. Dies sind meine Fußstapfen in dieser Welt.
Sandra Mantz schafft es in diesem Buch, über Gesprächsbeispiele aus Pflegesituationen, die Perspektiven der unterschiedlichen Akteure so verständlich zu machen, dass man sich ganz leicht in den Schuhen des anderen bewegen kann. So wird es viel einfacher, auf andere zuzugehen, um das zu bekommen, was man wirklich braucht.
Die alte japanische Reparaturtechnik »Kintsugi« lebt nur durch die Schönheit im Vergänglichen, Alten oder Fehlerhaften. Dort werden die Scherben einer zerbrochenen Keramik mit Gold wieder zusammengeklebt. Die Risse bleiben goldfarben sichtbar und veredeln die Schale.
Danke, Sandra Mantz, dass Sie uns die Möglichkeit geben, an unseren »Rissen« zu wachsen und durch diese Erfahrungen selbst wertvoller zu werden.
Danke an Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie bereit sind, neue Türen zu öffnen und Weltenbummler zu werden. Hilfe anzunehmen ist ein Zeichen von Stärke – nicht von Schwäche!
Ihre
Sophie Rosentreter