Über das Buch:
In seinem Weltbestseller „Die fünf Sprachen der Liebe“ hat Chapman seinen Lesern die fünf Sprachen erschlossen, durch die Ehepartner ihre Liebe zueinander ausdrücken und verstehen lernen.
Mit diesem Buch öffnet er diese Wege auch für Singles.
Denn nichts beeinflusst das Wohlbefinden eines jeden Menschen so sehr wie das Wissen, geliebt zu werden, und die Fähigkeit, Liebe zu schenken. Egal, ob Sie immer unverheiratet waren, verwitwet sind oder geschieden wurden – Ihre Seele hungert nach Liebe, und Ihre größten Erfolge im Leben erzielen Sie da, wo Sie Liebe schenken.
Ob Sie Ihren Verwandten, Freunden, Kollegen oder Mitbewohnern lieber
·Ihre Zeit opfern
·Mut machen
·durch kleine Aufmerksamkeiten das Leben verschönern
·hilfreich zur Seite stehen
·ihre Sympathie zeigen, indem Sie sie einfach mal in den Arm nehmen –
es lohnt sich, wenn man seine eigenen Stärken kennt und die Wünsche der anderen richtig einzuschätzen weiß. Denn die Liebe, die Sie schenken, muss erst mal ankommen, damit sie vielfach zurückkommen kann.
Dieses Buch hilft Ihnen, sowohl Ihren Bedürfnissen als auch Ihren Herausforderungen gerecht zu werden.
Über den Autor:
Dr. Gary Chapman ist ein amerikanischer Paar- und Beziehungsberater und Autor zahlreicher Bücher. Mit seinem paartherapeutischen Konzept der »Fünf Sprachen der Liebe« hat er den zentralen Schlüssel zur Kommunikation entwickelt. Sein gleichnamiges Buch wurde in 49 Sprachen übersetzt und hat ein Millionenpublikum erreicht.
7. Die fünfte Liebessprache: Zärtlichkeit
In unseren ersten Lebensmonaten, noch bevor wir krabbeln oder feste Nahrung zu uns nehmen konnten, haben wir sozusagen von Liebe gelebt. Zahlreiche Untersuchungen über kindliche Entwicklungsphasen sind zum gleichen Ergebnis gekommen: Babys, die auf den Arm genommen und geknuddelt werden und viel Zärtlichkeit erfahren, entwickeln sich später zu emotional stabileren Kindern als solche, die lange Zeit ohne Berührungen auskommen mussten. Dasselbe gilt für ältere Leute. Man muss nur einmal in ein Altenheim gehen und sich die Bewohner anschauen, die öfters liebevoll berührt werden: Sie sind im Allgemeinen ausgeglichener und kommen besser zurecht als solche, die ohne jede Zärtlichkeit auskommen müssen. Zärtliche Berührungen geben Sicherheit und sind eine der Hauptsprachen der Liebe.
Was für Neugeborene und Senioren gilt, gilt auch für Singles aller Altersklassen. Eine alleinstehende junge Frau bemerkte dazu frustriert: „Es ist schon komisch, dass niemand sich etwas dabei denkt, ein Baby auf den Arm zu nehmen oder einen fremden Hund zu streicheln und zu tätscheln – und ich sitze hier herum, wünsche mir nichts sehnlicher, als dass mich auch einmal jemand knuddelt, aber darauf kommt natürlich keiner.“ Sie begann dann gleich, sich zu entschuldigen, dass sie so offen über ihre Bedürfnisse gesprochen hatte, und fügte zum Schluss nachdenklich hinzu: „Wahrscheinlich ist uns das ein bisschen unheimlich, wenn andere Leute wissen, wie sehr wir uns alle nach Zärtlichkeit sehnen. Wir denken, dass sie das irgendwie falsch verstehen. Also bleiben wir lieber einsam, und niemand fasst uns je an.“
Meiner Beobachtung nach können Tausende von alleinstehenden Erwachsenen die Aussage dieser jungen Frau gut nachvollziehen.
Unser Körper ist auf Berührungen geradezu angelegt. Anders als die anderen Sinne ist das Fühlen nicht auf ein einzelnes Organ oder einen Bereich unseres Körpers beschränkt. Winzige Rezeptoren sind über den ganzen Körper verteilt. Diese Rezeptoren reagieren auf Druck oder Berührung: Die Nerven vermitteln die Impulse an das Gehirn, wo die Information weiterverarbeitet wird, und so wissen wir, dass das, was uns da gerade berührt hat, heiß oder kalt, weich oder hart ist. Wir empfinden Schmerz oder Wohlbefinden. Und wir unterscheiden manchmal auch zwischen liebevollen und böswilligen Berührungen.
Manche Teile unseres Körpers reagieren empfindlicher auf Berührungen als andere. Unsere Fingerspitzen, unsere Nasenspitze und unsere Zungenspitze sind zum Beispiel sehr berührungsempfindlich. Auf der Hinterseite der Schultern dagegen spüren wir dagegen fast nicht, ob und wie wir berührt werden. Der Grund für diese Unterschiede liegt darin, dass die winzigen Sinneszellen nicht gleichmäßig über den Körper verteilt, sondern in kleinen Grüppchen angelagert sind. Uns soll es in diesem Kapitel aber nicht um das Zusammenspiel von Berührungen und unserem Nervensystem gehen, sondern um ihre psychologische Bedeutung.
Berührungen können eine Beziehung weiterbringen oder zum Anlass werden, dass sie beendet wird. Sie können Liebe oder Hass vermitteln. Wenn jemand die Sprache der Zärtlichkeit als Muttersprache hat, sagen Ihre Berührungen diesem Menschen weit mehr als Ihre Worte: „Ich liebe dich“ oder „Ich hasse dich“. Wenn Sie andererseits einem solchen Menschen die Berührungen vorenthalten, nach denen er sich so sehnt, fühlt er sich schnell einsam und beginnt, an Ihrer Liebe zu zweifeln. Jedem Kind kann man Liebe vermitteln, wenn man es in den Arm nimmt – aber besonders erfahrbar wird diese Liebe für das Kind, dessen Liebessprache Zärtlichkeit ist. Für Erwachsene gilt genau das Gleiche. Wenn Ihnen ein Freund erzählt, wie dreckig es ihm gerade geht, und Sie ihm freundschaftlich auf die Schulter klopfen, bringen Sie damit laut und deutlich zum Ausdruck: „Ich habe dich lieb. Du bist mir wichtig, und du bist nicht allein.“
Was auch immer Sie als Person ausmacht, steckt in einem Körper. Wer Ihren Körper berührt, berührt damit auch Sie. Wenn jemand sich von Ihrem Körper zurückzieht, zieht er sich auch gefühlsmäßig von Ihnen zurück. In unseren Breitengraden ist es üblich, dass man einander die Hand schüttelt; man möchte dem Gegenüber damit Offenheit und Nähe zum Ausdruck bringen. Wenn aber jemand einem Menschen den Handschlag verweigert, ist das ein klares Zeichen, dass zwischen den beiden irgendetwas nicht in Ordnung ist.
Eine Berührung aus Liebe kann ganz verschiedene Formen annehmen. Gerade weil sich die Tastrezeptoren über den ganzen Körper verteilt finden, können wir eine andere Person prinzipiell fast überall berühren, um ihr unsere Liebe zu vermitteln. Aber wir sollten dabei bedenken, dass nicht alle Menschen alle Berührungen gleich empfinden. Je mehr Sie eine andere Person kennenlernen, desto mehr sollten Sie herauszufinden versuchen, welche Art von Körperkontakten sie am meisten zu schätzen weiß.
Arten von Berührungen
In jeder Gesellschaft gibt es einen gewissen Grundkonsens darüber, welche Arten von Berührungen Menschen des anderen Geschlechts gegenüber angemessen oder unangemessen sind. In den letzten Jahren ist in der westlichen Welt verstärkt über das Thema sexuelle Belästigung diskutiert worden. Bei manchen Berührungen, mit denen Sie jemandem Ihre Liebe vermitteln wollen, geht der „Schuss nach hinten los“ – sie können schlimmstenfalls zu Ihrer Verhaftung führen.
Natürlich ist auch jede Form von Missbrauch beziehungsweise Gewaltanwendung unangemessen. Schwere Gewaltausbrüche finden sich bei unverheirateten Paaren übrigens wesentlich öfter als bei verheirateten. (Was Missbrauch ist und wie man sich vor ihm schützen kann, wird später im Abschnitt „Unangemessene Berührungen“ näher ausgeführt.)
Unscheinbare und demonstrative Berührungen
Berührungen aus Liebe können fast wie „nebenbei“ und unauffällig ausfallen und dauern vielleicht nur ein paar Sekunden. Jenny legt ihrer Mutter manchmal die Hand auf die Schulter, wenn sie ihr Tee einschenkt. Manchmal streicht sie ihr kurz über den Rücken, wenn sie sich verabschiedet. Jemandem den Rücken zu kraulen oder die Füße zu massieren dagegen sind Beispiele für bewusste Berührungen, die unsere ganze Aufmerksamkeit erfordern. Für sie muss man sich mehr Zeit nehmen – nicht notwendigerweise für die Berührungen an sich, aber für den Prozess, der uns dahin bringt, die Wünsche und Bedürfnisse des anderen erfüllen zu können. Wenn Ihnen an einem Menschen liegt, für den Rückenmassagen ein unmissverständlicher Ausdruck Ihrer Liebe sind, sind die Zeit, das Geld und die Energie, die Sie in einen Massagekurs stecken, eine gute Investition.
Die unauffälligeren Berührungen dagegen erfordern nicht besonders viel Zeit, aber umso mehr Mitdenken, vor allem, wenn die Liebessprache der Zärtlichkeit nicht Ihre Muttersprache ist und Sie nicht in einer Familie aufwuchsen, in der Berührungen „so ganz nebenbei“ zum alltäglichen Umgang miteinander gehörten. Aber auch Erwachsene können damit beginnen, die einfache und doch so deutliche Sprache der Zärtlichkeit in ihrer Familie zu sprechen. Wenn Sie beim allabendlichen Fernsehprogramm näher an Ihre Mutter oder Ihren Vater heranrücken, vermitteln Sie damit Ihre Liebe sehr klar. Und es ist auch nicht besonders aufwendig, einem anderen Familienmitglied kurz auf die Schulter zu klopfen oder es kurz zu umarmen, wenn man im Hausflur aufeinandertrifft.
Einfühlsame Berührungen
Wenn Menschen etwas Schlimmes widerfährt, nehmen sie sich fast automatisch in den Arm. Warum eigentlich? Weil körperliche Nähe Liebe im wahrsten Sinne des Wortes spürbar vermittelt. Und gerade wenn es uns schlecht geht, brauchen wir das Bewusstsein, geliebt zu werden. Wir können an dem, was uns zustößt, nicht immer etwas ändern, aber wir kommen sehr viel besser damit zurecht, wenn wir uns geliebt wissen.
Alleinstehende sind vor den üblichen Krisen und Problemen des Lebens natürlich nicht gefeit. Nahestehende Menschen, z.B. Familienmitglieder, sterben. Bei Autounfällen werden jedes Jahr Hunderte und Tausende von Menschen verletzt und getötet. Krankheiten können jeden treffen. Und Enttäuschungen gehören zum Leben einfach dazu. Das Beste, was Sie in einer solchen Krise für einen Menschen tun können, an dem Ihnen liegt, ist, dass Sie ihm Ihre Liebe vermitteln. Wenn die Liebessprache Ihrer Freundin Zärtlichkeit ist, gibt es für sie nichts Wichtigeres, als im Arm gehalten zu werden, wenn sie weint. Ihre Worte bedeuten ihr möglicherweise wenig, aber Ihre Berührung vermittelt ihr, dass Sie für sie da sind. Gerade in Krisenzeiten haben wir großartige Gelegenheiten, anderen Menschen unsere Liebe zu zeigen. An Ihre Zärtlichkeit und Nähe wird man noch lange zurückdenken – auch noch, wenn die eigentliche Krise längst vorbei ist. Und wenn Sie es nicht über sich bringen, einen guten Freund in einer Notlage zu umarmen, wird er sich auch daran vermutlich noch sehr lange mit Enttäuschung erinnern.
Wie viele durchaus erfolgreiche und mit beiden Beinen im Leben stehende Singles würden alles darum geben, von ihrem Vater einmal so richtig herzlich umarmt zu werden? Wenn uns jemand auf die Schulter klopft, ein Küsschen auf die Wange drückt, unseren Arm kurz berührt oder uns in den Arm nimmt, drückt er seine Liebe in den verschiedenen Dialekten der Liebessprache Zärtlichkeit aus. Julia verriet mir ihre erste Liebessprache, als sie mir erzählte: „Was ich an meiner Gemeinde wirklich am allerbesten finde, ist, dass die Leute sich dort ständig in den Arm nehmen. Wenn ich aus dem Gottesdienst komme, ist mein Liebestank bis zum Rand gefüllt. Ich weiß dann, dass ich es durch eine ganze schwierige Woche hindurch schaffen werde, weil die Leute da mich lieb haben.“
Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die auf Körperkontakt nicht gerade begeistert reagieren. Wenn Sie einem Kollegen ermutigend auf die Schulter klopfen und er ganz starr wird und sich von Ihnen zurückzieht, bringt er damit zum Ausdruck, dass Berührungen nicht seine erste Liebessprache sind. Ein anderer Kollege in Ihrem Büro fühlt sich dagegen durch die gleiche Geste bestätigt und wertgeschätzt. Es geht bei der Liebe immer darum, dass der oder die andere sich wohlfühlt und bestätigt sieht, nie darum, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn Sie lernen, die erste Liebessprache Ihres Gegenübers zu sprechen, können Sie Ihre Liebe immer so vermitteln, dass Sie auch verstanden werden.
Exkurs: Zärtlichkeit und Sexualität
Wenn wir uns in diesem Kapitel mit der Sprache der Berührungen beschäftigen, können wir den Zusammenhang von Zärtlichkeit und Sexualität nicht außer Acht lassen. Und wir können auch nicht über Berührungen und Zärtlichkeit reden, ohne gleichzeitig zu berücksichtigen, wie sehr die Sexualmoral des einundzwanzigsten Jahrhunderts unsere Einstellung zu Berührungen insgesamt verändert hat. Wir erleben heute die Nachwehen der sexuellen Revolution, die vor einem halben Jahrhundert begann.
Freud und die sexuelle Revolution
Diese Revolution berief sich auf die Schriften Siegmund Freuds zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Vater der Psychoanalyse betonte immer wieder, wie sehr die Sexualität eines Menschen ihn in seinem ganzen Verhalten prägt. Wenn wir nur alle unsere sexuellen Wünsche und Triebe ganz natürlich ausleben würden, so behauptete Freud, wären wir geistig gesund und glücklich. Freuds Vorstellungen von Sexualität fanden zwar weite Verbreitung und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit; Untersuchungen der letzten fünfzig Jahre konnten seine Thesen allerdings nicht bestätigen.
In dem Jahrzehnt, bevor die eigentliche sexuelle Revolution ins Rollen kam, veröffentlichte Erich Fromm, ein ehemaliger Schüler Freuds, seine Gegenthese. In seinem Klassiker Die Kunst des Liebens schrieb Fromm:
... die klinischen Fakten zeigen unverkennbar, dass Männer – und Frauen –, die ihr Leben der hemmungslosen sexuellen Befriedigung widmen, nicht glücklich sind und sehr häufig unter schweren neurotischen Konflikten oder Symptomen leiden. Die völlige Befriedigung aller triebhaften Bedürfnisse ist nicht nur kein Fundament des Glücks, sie garantiert nicht einmal seelische Gesundheit.9
Pitirim Sorokin, einer der führenden Soziologen seiner Zeit, sagte schon in den 50er-Jahren voraus, dass die Bedeutung der menschlichen Sexualität unzweifelhaft verloren gehen würde, wenn eine Gesellschaft tatsächlich irgendwann dazu überginge, Freuds Ideen in die Tat umzusetzen:
Die sexbesessene Gesellschaft bricht ohne zu zögern sowohl das menschliche als auch das göttliche Gesetz und reißt alle Werte in Stücke. Wie ein Tornado lässt sie auf ihrem Durchzug einen Berg Leichen zurück, Heerscharen von zerstörten Leben, unbeschreibbares Leid und einen Schrotthaufen unbrauchbar gewordener Ideale. Sie zerstört die Freiheit der gesunden Liebe, und anstatt die menschliche Leidenschaft zu veredeln und zu bereichern, reduziert sie sie auf bloße Kopulation.10
Das Ergebnis der Revolution
Sorokin hat mit seiner Prophezeiung aus der Soziologie recht behalten. Singles und Verheiratete sind an Geschlechtskrankheiten erkrankt, wie man das in diesem Ausmaß nie für möglich gehalten hatte. Glenn Stanton, ein Sozialforscher, stellte fest: „Seit die Sexualität aus dem Kontext der Ehe gelöst worden ist, ist der Traum von einer erfüllenden Sexualität für mehr Menschen viel unerfüllbarer geworden, als er das in der gesamten Geschichte unserer Nation je gewesen ist.“ Er kommt nach der Betrachtung vieler verschiedener Studien zu diesem Thema zu dem Schluss, dass die menschliche Sexualität „nicht befreit werden muss, sondern schlicht wieder an ihre eigentliche Wirkungsstätte zurückgeführt werden sollte, wo sie sich am besten entfalten kann. Und jahrzehntelange Untersuchungen sind zu dem Schluss gekommen, dass diese optimale Wirkungsstätte eine monogame, lebenslange Ehe ist.“11 Auch die weit verbreitete Ansicht, dass ein längeres Zusammenleben vor der eigentlichen Eheschließung zu einer stabileren und gesünderen Ehe führt, ist längst widerlegt worden. Heute weiß man, dass Paare, die schon vor der Hochzeit zusammenlebten, langfristig auffallend höhere Scheidungsraten aufweisen als solche, die erst nach der Hochzeit zusammenzogen. Manche Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass unverheiratet zusammenlebende Paare im Vergleich zu verheirateten weniger gesunde Beziehungen haben. Ihr Miteinander ist weniger gut und weniger stabil und lässt sehr viel mehr Unstimmigkeiten erkennen.
Auf der Suche nach sexueller Erfüllung
Die meisten Menschen in der westlichen Welt gehen davon aus, dass Sex eine biologische Notwendigkeit ist, ähnlich wie Trinken oder Schlafen. Wenn Sie Hunger haben, essen Sie etwas. Wenn Sie Durst haben, trinken Sie eben. Wenn Sie das Bedürfnis nach Sex haben, erfüllen Sie es sich. Professor Sorokins Vorhersage hat sich bewahrheitet: Sex ist zur bloßen Kopulation verkommen, wie wir sie aus dem Tierreich kennen. Das Problem ist nur, dass das niemand von uns wirklich glaubt. Wir können in jedem beliebigen Restaurant unser Wasser trinken und uns irgendetwas zu essen bestellen, aber wenn wir mit irgendeinem beliebigen Menschen irgendwann und irgendwo Sex haben, wird das Bedürfnis nach Nähe nicht gestillt, das tief in unserer Seele verwurzelt ist. Irgendetwas in uns sagt uns deutlich: „Sex ist eine zu persönliche Sache, als dass ich sie mit jemandem teilen sollte, mit dem ich mich nicht wirklich verbunden weiß.“
Nicht ohne Grund sieht das Christentum – wie übrigens die meisten Weltreligionen – in der menschlichen Sexualität etwas ganz Besonderes und Wertvolles. Sie ist weit mehr als eine biologische Notwendigkeit wie beispielsweise Schlaf; sie ist ein Geschenk Gottes, und man hat am meisten Freude an ihr, wenn man sie als Mann und Frau im geschützten Rahmen einer Ehe ausleben kann. Alle Untersuchungen, die in den letzten fünfzig Jahren von Soziologen, Anthropologen und Psychologen zu diesem Thema durchgeführt worden sind, haben diese Sicht der menschlichen Sexualität bestätigt.
Als Single zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts müssen Sie sich zwischen Freud und den Fakten entscheiden: Entweder leben Sie Ihre Sexualität ohne Einschränkungen aus, oder Sie bewahren Ihre Sexualität für die eine Person, die sich lebenslang an Sie zu binden bereit ist. Das ist eine Entscheidung von ziemlich gewaltiger Tragweite, denn Ihre Gesundheit, Ihr Gefühlsleben und letzten Endes Ihre sexuelle Erfüllung werden mit davon abhängen, wem Sie mehr Glauben schenken.
Was ist angemessen?
Nach diesem wichtigen und notwendigen Exkurs, bei dem wir uns von der Liebessprache der Zärtlichkeit ein Stück weit entfernt haben, möchte ich nun aber doch noch einmal auf die Dialekte dieser Sprache zurückkommen. Es gibt viele gute Möglichkeiten, einem anderen Menschen durch Berührungen zu vermitteln, dass er geliebt ist. Diese Form von Zärtlichkeit hat zwischen einem Mann und einer Frau in einer festen Beziehung ihren Platz, aber auch in einer ganz „normalen“ Freundschaft oder am Arbeitsplatz.
Die Sprache der Berührungen können Männer auch mit Männern und Frauen auch mit Frauen sprechen. Sie sollten nicht als Ausdruck einer homosexuellen Orientierung missverstanden werden, sondern als Ausdruck von Freundschaft und Wertschätzung – gegenüber einem Freund, einer Mitbewohnerin oder irgendeinem Menschen, den man im Rahmen einer Geschäftsreise oder privaten Veranstaltung kennengelernt hat. Dieses Kapitel über die Sprache der Zärtlichkeit hat eigentlich sehr wenig mit Sex zu tun, dafür soll es aber umso mehr darum gehen, wie wir einem anderen Menschen durch unsere Berührungen vermitteln können, dass er geliebt wird.
Berührungen lernen
Für manche Menschen ist es allerdings nicht gerade einfach, auf dem Weg der Berührungen Liebe zu empfangen und anderen zu vermitteln. Sie haben als Kinder oder Jugendliche sexuellen Missbrauch oder Gewalt erlebt, und diese Erfahrungen haben ihre Spuren hinterlassen. Für solche Menschen ist eine seelsorgerliche Betreuung, in der die Verletzungen der Vergangenheit aufgearbeitet werden, die beste Hilfe. Ohne diese innere Heilung haben sie es sonst sehr schwer, gesunde und dauerhafte Beziehungen aufzubauen.
Andere sind nicht gerade von den Traumata des Missbrauchs geprägt, haben aber einen Familienhintergrund, in dem Berührungen einfach keine Rolle gespielt haben. Ihnen ist die Vorstellung fremd, dass jemand sie berühren und damit in ihre Privatsphäre einbrechen könnte, und schon beim Gedanken daran ist ihnen unwohl. Für diese Leute geht es nur darum, eine neue Liebessprache zu lernen.
„Ich bin nicht der Typ für Zärtlichkeiten“
Anja, Single und vierundzwanzig Jahre alt, erzählte mir: „Ich bin einfach nicht der Typ für Zärtlichkeiten. Ich finde es nicht so toll, wenn andere Leute versuchen mich zu umarmen, und ich selbst mache das auch nicht bei anderen. Das liegt wohl an meinem Hintergrund. In meiner Familie haben wir uns auch alle lieb gehabt, aber wir haben uns nicht ständig angefasst.“
Nachdem ich Anja von den fünf Sprachen der Liebe erzählt und ihr erklärt hatte, dass jeder Mensch eine Liebessprache mehr als die anderen spricht, rief sie: „Also, Berührungen sind jedenfalls nicht meine erste Liebessprache!“
„Welche Sprache ist es denn?“, fragte ich.
„Ich glaube, Lob und Anerkennung“, überlegte sie. „Ich finde es wirklich toll, wenn mir jemand sagt, dass ich hübsch bin, oder wenn mein Chef ein Lob für mich hat. Meine Mutter ist da ganz anders. Sie nimmt mich ständig in den Arm, wenn wir uns sehen. Das stört mich ziemlich, und sie ist dann beleidigt. Andererseits hat sie fast nie ein nettes Wort für mich übrig, und sie merkt kaum, dass ich so oft versuche, ihr Komplimente zu machen: über ihre neue Frisur, das Essen, die Blumen, die auf dem Tisch stehen ... Ich glaube, ihre Sprache ist die der Berührungen und Zärtlichkeit.“
Anja war offensichtlich schnell von Begriff. Ich hakte also gleich nach: „Wenn Berührungen und Zärtlichkeit die erste Liebessprache Ihrer Mutter sind – würden Sie diese Sprache dann gerne lernen?“
„Ja, schon“, meinte sie. „Aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ich je der Typ dafür sein werde.“
„Sie müssen auch gar kein anderer Typ werden“, beruhigte ich Anja. „Aber jede der fünf Sprachen der Liebe lässt sich erlernen, und das gilt auch für Sie und die Sprache der Zärtlichkeit.“
„Wie soll ich das denn lernen?“ Anja war richtig neugierig geworden.
„Indem Sie es ausprobieren. Jede Sprache lernt man Wort für Wort, und in unserem Fall heißt das Berührung für Berührung. Sie könnten zu Beispiel damit beginnen, dass Sie Ihre Eltern und Geschwister umarmen, wenn Sie sie das nächste Mal sehen.“
„Sie meinen, ich soll einfach auf sie zugehen und sie in den Arm nehmen?“, fragte Anja etwas skeptisch.
„Genau. Trauen Sie sich das zu?“
„Naja, wird schon gehen“, meinte sie. „Aber ich habe keine Ahnung, wie sie darauf reagieren.“
Zärtlichkeit kann man lernen
„Darauf kommt es nicht an“, versicherte ich ihr. „Sie machen nichts anderes, als die Liebessprache der Berührungen zu lernen – und das geht nur, indem Sie sie auch sprechen. Ich möchte Ihnen darüber hinaus vorschlagen, in den nächsten zwei Monaten Ihre Eltern jedes Mal, wenn Sie sie sehen, in den Arm zu nehmen, und zwar bei der Begrüßung und beim Abschied. Das schadet Ihren Eltern nicht, und für Sie ist es auf jeden Fall ein Einstieg. Sie werden sich mit der Sprache der Berührungen bald schon ein bisschen wohler fühlen.
Und wie ist es mit guten Freunden oder Ihren Geschwistern? Geben Sie ihnen die Hand, klopfen Sie ihnen auf die Schulter, hängen Sie sich bei Ihrer Schwester oder Ihrer besten Freundin ein, wenn Sie durch die Stadt bummeln.“
Anja sah nicht so richtig begeistert aus, aber sie sagte doch nach einem Zögern: „Okay. Ich versuch das einfach mal und schau, was passiert.“
Unser Gespräch war eigentlich recht kurz gewesen, aber ich hoffte trotzdem, dass Anja mit genügend Eifer an die ganze Sache heranging. Ihr Wunsch, die Beziehung zu ihrer Mutter zu verbessern, würde ihr sicher den nötigen Mut geben, meine Vorschläge auch in die Tat umzusetzen.
Als ich Anja das nächste Mal sah, war sie ganz begeistert: „Es klappt! Das Verhältnis zu meiner Mutter hat sich wirklich verbessert. Als ich meine Mutter zum ersten Mal in den Arm nahm, war sie richtig überrascht – und sie hat mich so fest gedrückt, dass ich fast keine Luft mehr bekam! Die Atmosphäre war gleich ganz anders. Sonst war ich total angespannt, wenn ich meine Eltern besuchte – aber auf einmal war es richtig schön und erholsam, bei ihnen zu sein. Wir haben zum ersten Mal seit Langem wieder offen miteinander geredet.“
„Ich gehe davon aus, dass Ihre Mutter Ihnen jetzt auch genügend Lob und Anerkennung vermittelt?“, fragte ich.
„Oh ja, und sie beschwert sich auch nicht mehr!“, freute sich Anja.
Das Gute an den fünf Sprachen der Liebe ist, dass sie sich alle lernen lassen. Sie können also die Beziehungen zu allen Menschen, an denen Ihnen liegt, verbessern, wenn Sie lernen, ihre Muttersprache der Liebe zu sprechen. Wenn Sie die Sprache der zärtlichen Berührungen fließend sprechen wollen, müssen Sie gleichzeitig darauf achten, was sich der andere wünscht. Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt, den richtigen Ort und die richtige Art und Weise Ihrer Berührungen an.
Der richtige Zeitpunkt
Was ein guter Zeitpunkt für Berührungen ist, richtet sich nach der Stimmung und den Wünschen desjenigen, dem Sie Ihre Liebe zeigen wollen. Eine Mutter erzählte mir: „Ich weiß genau, ob mein Sohn offen für Berührungen ist oder nicht, wenn er zur Tür hereinkommt. Man merkt das daran, wie er die Tür zumacht; wenn er sie hinter sich zuknallt, ist er in Rühr-mich-nicht-an-Stimmung. Wenn er sich dagegen die Zeit nimmt, sie vorsichtig zuzuziehen, heißt das: ‚Ich hab nichts gegen ein bisschen Kuscheln, Mama.‘“ Eine andere Mutter berichtete: „Ich merke, dass meine Tochter nicht von mir berührt werden möchte, wenn sie in einem gewissen Abstand von mir stehen bleibt, um mir etwas zu erzählen. Wenn sie beim Reden auf der anderen Seite des Zimmers steht, weiß ich, dass ich sie besser in Ruhe lasse, aber wenn sie zu mir herüberkommt und sich neben mich stellt, weiß ich, dass sie ein paar Streicheleinheiten haben möchte.“
Die meisten Menschen drücken durch ihre Körpersprache schon aus, in welcher Stimmung sie sind – wie nahe sie bei Ihnen stehen beispielsweise, oder ob sie die Arme übereinander verschränkt haben. Wenn Sie genau hinsehen, was der Körper Ihres Gegenübers „sagt“, finden Sie gute Momente für Zärtlichkeiten recht einfach heraus. Es ist fast immer unangebracht, einen anderen Menschen zu berühren, wenn er aufgebracht und wütend ist. Wut ist ein Gefühl, das die Beteiligten voneinander wegtreibt. Wenn Sie versuchen, einen wütenden Menschen zu umarmen, erleben Sie mit ziemlicher Sicherheit eine Abfuhr. In solchen Situationen wird Körperkontakt als ein Versuch verstanden, den anderen zu mäßigen und zu beherrschen, was ihn umso mehr in Rage bringt und ihm das Gefühl gibt, in seiner Freiheit beschnitten zu werden. Umso mehr wird er Ihren Berührungen auszuweichen versuchen.
Angemessen sind Berührungen dagegen für gewöhnlich, wenn ein anderer etwas Besonderes geleistet hat. Es ist eine gute Art und Weise, einen Sieg zu feiern. Man kann das besonders gut bei Sportereignissen beobachten, aber im Büro oder in einer Freundschaft funktioniert es auch. Andererseits bieten auch Zeiten des Verlusts und des Versagens gute Möglichkeiten, um mit einem Menschen die Sprache der Zärtlichkeit zu sprechen. Wer sich schlecht fühlt, weil irgendetwas in seinem Leben schiefgelaufen ist, reagiert normalerweise positiv auf Berührungen, die ihm Liebe und Anteilnahme vermitteln.
Der richtige Ort
Berührungen haben auch ihren richtigen Ort. Es geht mir hier nicht um Bereiche unseres Körpers, wie sie vor allem in der Sexualität Bedeutung gewinnen, sondern um den äußeren Rahmen für jede Art von Berührungen. Der Zehnjährige mag sich nach jedem Spiel seiner Fußballmannschaft über die Umarmung seiner Mutter gefreut haben. Er rannte sofort nach dem Abpfiff zu ihrem Sitzplatz hinüber, um ihre anerkennenden Worte und eine Umarmung entgegenzunehmen. Der Sechzehnjährige hält nicht mehr bei jedem Spiel nach seiner Mutter Ausschau – und er hofft auch sehr, dass sie nicht nach ihm suchen geht, um ihn herzhaft in den Arm zu nehmen. Mütter und Väter tun gut daran, das Umfeld zu berücksichtigen, wenn sie mit ihren Kindern – vor allem mit denen im Teenager-Alter – in der Sprache der Zärtlichkeit sprechen wollen.
Was an einem Ort angemessen ist, passt an den anderen vielleicht gar nicht besonders gut. Entscheidend ist immer, wie wohl sich die Person, zum Beispiel Ihr Teenager, mit bestimmten Berührungen in einem bestimmten Umfeld fühlt. Und damit sind wir auch schon beim dritten Punkt, der Art und Weise, wie Berührungen als angenehm und angemessen erfahren werden.
Die richtige Berührung
Hier soll es nicht nur um mögliche Arten von Berührungen gehen, sondern auch um die Art und Weise, wie wir sie vermitteln. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie wir einem anderen Menschen unsere Zuneigung vermitteln können, indem wir ihn zärtlich berühren: Umarmungen, Küsse, Rückenmassagen, Schulterklopfen, Kraulen und Armdrücken gehören alle zur Liebessprache der Berührungen. Aber ganz so einfach ist die ganze Sache ja noch nicht. Nicht alle Menschen mögen die gleichen Berührungen. Manche mögen es, wenn man ihnen den Rücken massiert, andere überhaupt nicht. Jeder Mensch ist einmalig. Wenn Sie in Beziehungen Erfolg haben wollen, müssen Sie nicht nur die Grundsprache der Liebe beherrschen, sondern auch den Dialekt, durch den der geliebte Mensch sich am meisten wertgeschätzt und umsorgt fühlt.
Wenn Ihre Schwester es nicht mag, wenn Sie ihr die Schulter massieren, wäre es falsch, ihr immer wieder eine solche „Behandlung“ zukommen zu lassen, bloß weil Sie selbst zufällig Schultermassagen mögen. Wir dürfen unsere eigene Liebessprache – oder unseren eigenen Dialekt – keinem anderen Menschen aufdrängen, sondern müssen uns vielmehr auf seinen Dialekt einlassen. Wenn Ihr Sohn auf Ihre Bemühungen ablehnend reagiert: „Ich mag das nicht so“, lassen Sie das einfach und versuchen etwas anderes. Wenn Sie fortfahren, etwas zu tun, das Ihren Sohn stört, vermitteln Sie ihm genau das Gegenteil von Liebe. Und Sie bringen damit zum Ausdruck, dass es Ihnen nicht wichtig ist, was er sich wünscht und was er empfindet.
Misshandlungsexueller Missbrauch
Misshandlung
In den Fünf Sprachen der Liebe für Teenager habe ich Misshandlung so definiert:
Es wird in Familien geschlagen, getreten und verprügelt. Und meist steckt dahinter eine tief sitzende Wut. Viele Eltern von Teenagern haben es nie gelernt, mit ihrem Zorn konstruktiv umzugehen. Bringt sie der Jugendliche durch sein Verhalten zur Weißglut, so folgt den anfänglichen Schimpftiraden meist körperliche Gewalt. Teenager werden geschlagen, gestoßen, gewürgt, grob festgehalten und geschüttelt. Wo das passiert, können wir davon ausgehen, dass der Liebestank des betroffenen Teenagers nicht nur leer, sondern auch noch völlig durchlöchert ist. Jeder Liebesschwur nach solchen Attacken klingt für den Jugendlichen hohl und heuchlerisch. Die Seele erholt sich nicht so schnell von solchen Misshandlungen.12
Hier reicht eine aufrichtige und ernst gemeinte Entschuldigung nicht aus. Wer anderen Menschen gegenüber Gewalt ausübt, braucht Hilfe, um die alten, zerstörerischen Verhaltensweisen zu durchbrechen und neue Strategien zu entwickeln, mit Ärger auf eine konstruktive Weise umzugehen. Wer zu Wutausbrüchen neigt und schnell gewalttätig wird, verliert diese Neigung nicht einfach mit der Zeit. Wenn jemand Ihnen gegenüber Gewalt in welcher Form auch immer anwendet, möchte ich Ihnen dringend nahelegen, diese Beziehung zu beenden und darauf zu bestehen, dass der andere sich in therapeutische beziehungsweise seelsorgerliche Behandlung begibt. Wenn Sie sich das im Moment nicht zutrauen, rate ich Ihnen, selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie können lernen, sich zu behaupten, und Sie können lernen, wie Sie sich vor den Übergriffen des anderen schützen können. Es ist kein Ausdruck von Liebe, wenn Sie alles stumm hinnehmen.
Sexueller Missbrauch
Sexueller Missbrauch findet statt, wenn einer der Partner die Beziehung ausnutzt, um die eigenen sexuellen Bedürfnisse ohne Rücksicht auf die Wünsche des anderen zu befriedigen. Wenn jemand gegen seinen Willen zu sexuellen Handlungen genötigt oder gezwungen wird, ist das Missbrauch. Natürlich kommt diese Form von Missbrauch und sexueller Ausbeutung nicht nur im Rahmen einer Partnerschaft vor; gerade im Drogenmilieu ist sie eher die Regel als die Ausnahme.
Manche Singles sehnen sich so verzweifelt nach Liebe und Geborgenheit, dass sie es zulassen, nicht als Person, sondern vielmehr als Objekt behandelt zu werden. Ich würde auch hier sehr stark dazu raten, seelsorgerlich-therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen; Sie können die Selbstachtung entwickeln, die nötig ist, um dem Missbrauch ein Ende zu setzen. Jede erzwungene sexuelle Handlung ist das Gegenteil von Liebe – sie ist nicht mehr als eine Form der Selbstbefriedigung.
Wenn sich ein solcher Missbrauch über einen längeren Zeitraum ereignet, führt er zu Bitterkeit, Hass und oft genug zu Depressionen. Diese Gefühle wiederum bahnen sich oft in Form von Gewaltausbrüchen ihren Weg an die Oberfläche, und so schließt sich der Kreis.
Der erste Schritt, aus diesem Muster auszubrechen, ist das Eingeständnis, dass das Verhalten des anderen falsch und völlig inakzeptabel ist. Der zweite Schritt besteht darin, sich in professionelle Behandlung zu begeben, das Problem anzusprechen und einen Heilungsprozess in Gang zu setzen. Zu einem solchen Schritt braucht man eine Menge Mut, und ja, er hat seinen Preis. Es ist peinlich, ein solches Problem zuzugeben. Sie lassen sich auf einen schwierigen Prozess ein, der Ihnen emotional einiges abverlangt. Aber wenn Sie diesen Prozess jetzt nicht in Gang setzen, zahlen Sie langfristig einen sehr viel höheren Preis: Wenn nämlich Ihre Beziehungen ungesund sind oder ganz scheitern.
Die Liebessprache der Zärtlichkeit greift nie auf Gewalt zurück, sondern richtet sich immer nach der angemessenen Zeit, dem angemessenen Ort und der angemessenen Art und Weise, um einen anderen Menschen Liebe spüren zu lassen. Die Sprache der Zärtlichkeit ist eine der Hauptsprachen der Liebe, und es lohnt sich, Zeit, Mühe und Energie aufzuwenden, um sie zu erlernen.
Zum Nachdenken:
1. Welche Arten von Berührungen empfinden Sie als liebevoll und bestätigend?
2. Bei welchen Arten von Berührungen fühlen Sie sich unwohl?
3. Inwieweit haben Ihre Eltern mit Ihnen die Liebessprache der Berührungen gesprochen? Und miteinander?
4. Wer in Ihrem Freundeskreis kuschelt gerne und umarmt andere? Menschen, die anderen Zärtlichkeit schenken, reagieren für gewöhnlich auch selbst sehr stark auf Berührungen. Wie könnten Sie diesen Freunden gegenüber in der nächsten Zeit Ihre Zuneigung vermitteln?
5. Wie und in welchem Zusammenhang haben Sie gestern oder heute andere Menschen berührt? Wie haben diese darauf reagiert?
6. Wenn Sie die Sprache der Berührungen ganz natürlich sprechen – wer in Ihrem Bekanntenkreis scheint darauf nicht positiv zu reagieren? Woran, denken Sie, könnte das liegen?
9 Erich Fromm: Die Kunst des Liebens. Frankfurt a.M./Berlin: Ullstein 1990, S. 104.
10 Pitirim A. Sorokin: The American Sex Revolution. Boston: Porter Sargent 1956, S. 3.
11 Glenn T. Stanton: Why Marriage Matters. Colorado Springs: Pinon 1997, S. 53.
12 Gary Chapman: Die fünf Sprachen der Liebe für Teenager. Marburg: Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH 2003, S. 66.