Die folgenden Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:
Beispiele und Übungen
In diesem Buch finden Sie zahlreiche Beispiele und Übungen, die die geschilderten Sachverhalte veranschaulichen.
Definitionen
Hier werden Begriffe erläutert.
Die Merkkästen enthalten Empfehlungen und hilfreiche Tipps.
Auf den Punkt gebracht
Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenfassung des behandelten Themas.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gewährt behinderten Menschen ein Recht auf selbstbestimmte und umfassende Teilhabe und auf Gleichstellung in allen Bereichen der Gesellschaft.
Daher steht seit 1994 in unserem Grundgesetz der Satz: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (Art. 3 Abs. 3 GG).
Behinderte Menschen sollen ihr Leben möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich führen können. Dieser Ratgeber gibt Orientierung, vor allem den Menschen mit Behinderung, aber auch ihren Angehörigen und Freunden. Er klärt auf, liefert Praxistipps und benennt die wichtigsten Anlaufstellen und Ansprechpartner, damit Menschen mit Behinderung im Alltag die Unterstützung erfahren, die sie für ihr Leben mit Handicap benötigen.
Mit der Neuauflage wird der Ratgeber auf den Rechtsstand zum 1.1.2018 gebracht. In der dritten Auflage sind insbesondere die Änderungen im Schwerbehindertenrecht durch das Bundesteilhabegesetz und die Neuerungen in der Pflegeversicherung berücksichtigt.
Jürgen Greß
Praxisfall
Im vergangenen Jahr war ich in einen Verkehrsunfall verwickelt und erlitt sehr schwere Verletzungen. Ich verbrachte daraufhin mehrere Monate in verschiedenen Kliniken und Reha-Einrichtungen. Meine behandelnden Ärzte meinten, ich solle wegen der noch vorhandenen gesundheitlichen Beschwerden einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Mit dem Ausweis könnte ich bei vielen Ämtern staatliche Unterstützung und soziale Leistungen bekommen und hätte auch im Alltag besondere Vorteile. Ich kenne mich aber gar nicht aus.
Besonders im Bereich der Behindertenhilfe und der sozialen Leistungen ist es durch die Vielzahl der möglicherweise zuständigen Ämter und staatlichen Stellen sehr schwer, den Überblick zu behalten. Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Regelungen besonders kompliziert sind und nicht in einem einheitlichen Gesetz geregelt sind. Das Sozial- und Behindertenrecht 7ist daher nur schwer zu durchschauen und zu verstehen.
Die wichtigsten Bestimmungen für die Versorgung und Absicherung von Menschen mit Behinderung sind in den zwölf Sozialgesetzbüchern (SGB) geregelt. Die Sozialgesetzbücher sind mit römischen Ziffern von I bis XII durchnummeriert. Dabei enthält vor allem das SGB IX wichtige Regelungen zur Rehabilitation und Teilhabe für Menschen mit Behinderung.
Praxistipp
Die aktuellen Texte sämtlicher Gesetze in Deutschland, insbesondere die Sozialgesetzbücher, können Sie kostenlos unter http://www.gesetze-im-internet.de im Internet einsehen und abrufen.
Im Folgenden werden wichtige staatliche Stellen und Ansprechpartner kurz vorgestellt, um Menschen mit Behinderung im Behördenwirrwarr Orientierung zu geben.
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8Praxistipp
Die Versorgungsämter werden in den Bundesländern unterschiedlich bezeichnet. In einigen Bundesländern gibt es Versorgungsämter. In den meisten Bundesländern heißen sie Amt oder Landesamt für Soziale Angelegenheiten. In Bayern ist es das Zentrum Bayern Familie und Soziales mit seinen jeweiligen Regionalstellen. In Baden-Württemberg sind die Landratsämter zuständig.
Auf den Punkt gebracht
Unterstützung für behinderte Menschen wird von zahlreichen staatlichen Stellen gewährt. Scheuen Sie sich nicht, an diese Stellen auch tatsächlich heranzutreten und Ihre Rechte einzufordern.
Praxisfall
Im vorherigen Kapitel wurde beschrieben, an welche staatlichen Stellen ich mich wenden kann, um Hilfe zu bekommen. Damit ich Vergünstigungen als Schwerbehinderter erhalte, benötige ich einen Schwerbehindertenausweis.
Welche Erkrankungen oder Behinderungen müssen vorliegen, damit ich als schwerbehindert anerkannt werde?
Definition „Behinderung“
Eine Behinderung im Sinne des Gesetzes ist gegeben bei körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen, die einen Menschen in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Dies ist in § 2 Abs. 1 SGB IX festgelegt.
Die Schwere der Behinderung wird durch den Grad der Behinderung (GdB) ausgedrückt. Der GdB wird in Zehnergraden von 20 bis 100 festgestellt.
14Typische Beispiele für eine Körperbehinderung sind:
Typische Beispiele für eine geistige Behinderung sind:
Seelisch behindert sind beispielsweise
Praxisfall
Meine Ärzte sagten zu mir, dass ich wegen meiner gesundheitlichen Beschwerden voraussichtlich einen GdB von 50 bekommen könnte. Reicht das, um einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten?
Sie sind schwerbehindert, wenn Sie einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder höher haben. Mit einem GdB von 50 15stellt Ihnen das Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis aus. Damit können Sie die einem schwerbehinderten Menschen kraft Gesetz zustehenden oder auf freiwilliger Grundlage eingeräumten Vorteile und Vergünstigungen (sog. Nachteilsausgleiche) beanspruchen. Der Schwerbehindertenausweis dient in Deutschland als bundeseinheitlicher Nachweis für die Eigenschaft als Schwerbehinderter.
Der Antrag auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises ist beim Versorgungsamt vor Ort zu stellen. Der Antrag kann aber auch bei der Gemeindeverwaltung eingereicht werden, die den Antrag an das Versorgungsamt weiterleitet.
Das Versorgungsamt ist zuständig für
Praxistipp
Die Antragsformulare stehen Ihnen im Internet zur Verfügung. Sie können Anträge auch direkt online bei Ihrem Versorgungsamt stellen. In Bayern unter www.zbfs.bayern.de.
Das Versorgungsamt stellt nach Eingang Ihres Antrags selbst Ermittlungen zu Ihrem Gesundheitszustand an. In der Regel holt es einen Befundbericht Ihres Hausarztes ein. Die Befunde der anderen mitbehandelnden Fachärzte liegen meistens bereits dem Hausarzt vor, der sie dem Versorgungsamt zur Verfügung stellt.
Sind die vorliegenden Befundberichte nicht ausreichend, erfolgt eine versorgungsärztliche (amtsärztliche) Untersuchung und es wird ein entsprechendes Gutachten zu Ihrer Behinderung erstellt.
Reichen Sie gleich bei der Antragstellung beim Versorgungsamt alle bereits vorhandenen ärztlichen Unterlagen mit ein, z. B. einen Krankenhausentlassungsbericht und alle Ihre Behinderung betreffenden Befunde.
Wichtig ist auch, nicht nur die Grunderkrankung, sondern alle zusätzlichen Beeinträchtigungen und Begleiterscheinungen (z. B. Sehfehler, psychische Leiden etc.) anzugeben, da diese unter Umständen einen höheren GdB als die Haupterkrankung allein begründen können.
17Praxistipp
Achten Sie darauf, dass die Sie behandelnden Ärzte in den Befundberichten die einzelnen Auswirkungen der Erkrankung (z. B. körperliche Belastbarkeit) detailliert darstellen. Denn diese Kriterien – nicht allein die Diagnose – entscheiden über den Grad der Behinderung. Informieren Sie die Ärzte hierüber, bevor Sie den Antrag beim Versorgungsamt stellen, und bereiten Sie die Ärzte auch darauf vor, dass das Versorgungsamt entsprechende Befundberichte anfordert. Unter Umständen ist es auch sinnvoll, aus Anlass der Antragstellung ärztliche Untersuchungen durchführen zu lassen, damit aktuelle und geeignete Befundberichte vorhanden sind.
Kosten entstehen Ihnen in dem Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderung nicht. Die Kosten für ärztliche Befundberichte oder Gutachten werden vom Staat oder der Krankenkasse getragen.
Der Grad der Behinderung setzt eine Abweichung gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Körperliche und psychische Leistungseinschränkungen, die im Alter typisch sind, sind bei der Beurteilung des GdB daher nicht zu berücksichtigen. Demgegenüber zählen Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur 18im Alter auftreten, bei der Beurteilung des GdB auch dann mit, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als „Alterskrankheiten“ (z. B. „Altersdiabetes“, „Altersstar“) bezeichnet werden.