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Matthias Haldemann

KANDINSKY

Verlag C.H.Beck


Wassily Kandinsky (18661944) ist weithin bekannt als «Held» der abstrakten Malerei, die sich in seinem Werk zwischen 1908 und 1913 scheinbar ohne Vorbereitung Bahn brach. Weniger bekannt ist das spätere Œuvre mit seiner kühl geometrischen und seiner dekorativ ornamentalen Phase. Ebenso weit gespannt wie Kandinskys Werk ist sein Leben zwischen Moskau und München, Weimar, Dessau und Paris. Seine Schriften zur Kunst üben ihren kaum zu unterschätzenden Einfluss bis heute aus. Matthias Haldemann führt in diesem Band in Kandinskys Schaffen und Denken ein und bringt dabei auch die weniger bekannten Seiten dieser Jahrhundertfigur ans Licht: den Bühnen- und Wortkünstler, den Lehrer, den Kritiker und Ausstellungskurator, den Vielleser und Reisenden. Damit stellt er Kandinsky als einen modernen Universalisten dar, an dem es bis heute noch vieles zu entdecken gilt.

Matthias Haldemann ist Direktor des Kunsthauses Zug und einer der besten Kenner von Kandinskys Leben und Werk.

Inhalt

Vorwort

1. Die Zeit bis 1907

Kein Frühwerk

Impressionen und Fantasien

Traum und Wirklichkeit

Abstraktion vor der Abstraktion

Altrussisches

2. München/Murnau 1908–1914

Revolution in Murnau

Innere Notwendigkeit

Neue Künstlervereinigung München

Der Blaue Reiter

Improvisieren

Matrix

Bildschweberaum

‹Berg›

Gattungswandel und Medienmischung

Kompositionelle Malerei

Vorbild Musik

Bewegung und Zeit

Erschütterung und Ekstase

Alexander Skrjabin

Arnold Schönberg

‹Impression III (Konzert)›

Akustisch-musikalischer Raum

Sprechen vom Geheimen durch Geheimes

Symbolismus

Das Ganze

Dichtung

Theater

Das Ding

Abstrakte Realistik und realistische Abstraktion

Das geistige Auge

Modell

Apokalypse

‹Komposition VII›

Friedrich Nietzsche

3. Moskau und Weimar 1915–1925

Revolution in Moskau

Russische Avantgarde

Physio-Psychologie

Kunstwissenschaft

Am Bauhaus

Bild und Raum

‹Bilder einer Ausstellung›

Bilder im Bild

Urbild

Kühle Periode

Dialektik

Animieren

Abstraktion der Abstraktion

4. Dessau und Paris 1926–1944

UND

Balance und Netz

Paris

Ironie

Bild-Märchen

Tafelteil

Literatur

Werkverzeichnisse

Schriften

Briefe

Sekundärliteratur

Bildnachweis

Tafelteil

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9  – Holland-Strandkörbe, 1904, Öl/Leinwand, 24 x 32,6 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 126)

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10  – Das bunte Leben, 1907, Mischtechnik/Leinwand, 130 x 162,5 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (BA 219)

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11  – Berg, 1909, Öl/Leinwand, 109 x 109 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 293)

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12  – Murnau mit Kirche I, 1910, Öl/Leinwand, 64,7 x 50,2 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 346)

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15  – Impression III (Konzert), 1911, Öl/Leinwand, 77,5 x 100 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 375)

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16  – Komposition IV, 1911, Öl/Leinwand, 159,5 x 250,5 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf (RB 383)

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17  – Komposition V, 1911, Öl/Leinwand, 190 x 275 cm, Privatsammlung (RB 400)

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18  – Allerheiligen I, 1911, Öl/Karton, 50 x 64,5 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 408)

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23  – Komposition VI, 1913, Öl/Leinwand, 195 x 300 cm, Staatliche Ermitage, St. Petersburg (RB 464)

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24  – Komposition VII, 1913, Öl/Leinwand, 200 x 300 cm, Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau (RB 476)

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25  – Improvisation Klamm, 1914, Öl/Leinwand, 110 x 110 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 503)

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26  – Roter Fleck II, 1921, Öl/Leinwand, 137 x 181 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (RB 675)

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31  – Komposition VIII, 1923, Öl/Leinwand, 140 x 201 cm, The Solomon R. Guggenheim Museum, New York (RB 701)

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32  – Einige Kreise, 1926, Öl/Leinwand, 140 x 140 cm, The Solomon R. Guggenheim Museum, New York (RB 767)

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33  – Ins Dunkel, 1928, Aquarell/Papier, 48 x 31,8 cm, The Hilla von Rebay Foundation, The Solomon R. Guggenheim Museum, New York (BA 855)

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34  – Komposition IX, 1936, Öl/Leinwand, 114 x 195 cm, Musée national d’art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris (RB 1064)

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35  – Komposition X, 1939, Öl/Leinwand, 130 x 195 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf (RB 1093)

Vorwort

Viel ist über die Malerei von Wassily Kandinsky geschrieben worden. Man kennt vor allem den gefeierten «Helden» der abstrakten Malerei. Im Unterschied zu Pablo Picasso oder Vincent van Gogh ist sein populäres Bild aber weniger vom Künstler als von seinem Werk bestimmt, vor allem vom Prozess der Abstraktion zwischen 1908 und 1913. Und auf diese expressive Phase folgten die kühl geometrische und die dekorativ ornamentale Phase, die sich so sehr davon unterscheiden, dass man sie kaum mit Kandinsky in Verbindung bringt.

Kandinskys weit gespannte und verästelte Biografie verlief zwischen Historismus und Moderne, Osten und Westen. Er war Zeuge von Um- und Aufbrüchen, von Revolutionen und Kriegen. Man hat ihn kritisiert, bewundert, angefeindet und wieder vergessen. Zum Maler ist er im Westen geworden nach einem Studium der Nationalökonomie und Jurisprudenz in Moskau. Erst spät, mit Perestroika und Glasnost, gelangte er in der Sowjetunion wieder ins öffentliche Bewusstsein, nachdem seine Werke 50 Jahre lang weggesperrt waren. Der mehrsprachige Kosmopolit Kandinsky verstand sich als halb deutsch, halb russisch. Außer in Moskau lebte er am liebsten in Paris. Neben seiner bahnbrechenden Malerei sind die vielfach übersetzten Schriften des Künstler-Theoretikers bis heute einflussreich. Aber auch weniger bekannte Seiten gibt es bei ihm: den Ausstellungskritiker und Ausstellungskurator, den Zeichner, den Bühnen-, Wort- und Buchkünstler, den Lehrer, den Sammler von Kinderzeichnungen, den Vielleser und den Reisenden. Indem er sich mit den tiefgreifenden Veränderungen der Wirklichkeit beschäftigte und in seinem Werk Erfahrungen aus Kunst, Wissenschaft, Philosophie und Religion zu vermitteln suchte, darf man Kandinsky einen modernen Universalisten nennen.

Bis heute geben seine Bilder zu sehen und zu denken, besonders die radikale Abstraktion, die sich bei ihm scheinbar ohne Vorbereitung Bahn brach. So berühmt er als ihr wichtigster Begründer sein mag, so unsicher ist noch immer, wie man seine Werke verstehen soll, die nicht zuletzt die Frage nach der Wirklichkeit des Bildes in der modernen Realität stellen.