DER GROSSE
Gewalt und Glaube
Eine Biographie
C.H.BECK
„Regen. Im Regen. Er stand im Regen, unten am Läuterungsberg. Endlos stürzte der Regen auf ihn hernieder und schien dennoch die Sünden nicht abwaschen zu können, die ihn befleckten. Ein Untier zernagte unablässig sein Geschlecht, das umgehend nachwuchs, um wieder zerfressen zu werden, fort und fort. Ein alter Mönch schaute den Büßer und erschrak. Kaum wagte er den Namen des Toten zu offenbaren. Doch alle wußten: Es war Karl, der große Kaiser, der Sünder, der da zu büßen hatte.“
Johannes Fried war bis zu seiner Emeritierung Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt. 1995 erhielt er den Preis des Historischen Kollegs (Historikerpreis), 2006 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa. Bei C.H.Beck sind von ihm erschienen „Aufstieg aus dem Untergang“ (2001), „Der Schleier der Erinnerung“ (2004), „Das Mittelalter“ (2008) sowie zuletzt, zusammen mit Olaf B. Rader (Hg.) „Die Welt des Mittelalters. Erinnerungsorte eines Jahrtausends“ (2011).
Vorwort
I. PROLOG
II. DER KNABE
1. Die unbekannte Kindheit eines Herrschers
2. Literate Bildung und Erziehung zum Glauben
3. Formkräfte des karolingischen Königtums
4. Der junge Karl begegnet zum ersten Mal einem Papst
III. DIE UMWELT DES FRANKENREICHES: KOMMUNIKATION MIT DEN FREMDEN
1. Grenzen der Wahrnehmung
2. Fernes Byzanz und noch fernerer Dâr al-Islâm
3. Die nächsten Nachbarn
4. Karls Welt
IV. DER KRIEGSKÖNIG
1. Bruderkrieg droht
2. Italien ruft
3. Grundzüge der fränkischen Heeresorganisation
4. Sachsen erfordert einen dreißigjährigen Krieg
5. Mangelnde Aufklärung: Spanien und Benevent
6. Wachsende Konkurrenz: Byzanz
7. Die Kriege mehren sich: Baiern und Pannonien
8. Was brachten die Kriege?
V. HERRSCHAFTSSTRUKTUREN
1. Wirtschaften im frühen Mittelalter
2. Wie wurden Grundherrschaften verwaltet?
3. Zentrum und Peripherie
4. Orientierung in der Weite des Raumes
5. Sonderfall Italien
VI. DER HERRSCHER
1. Der König schützt die Kirche und stärkt den Glauben
2. «Restitution» und «Renovation»
3. Rom fasziniert
4. Lehrer aus der Fremde
5. Schulen, Skriptorien und Gebet
6. Reformen sind überfällig: Doch wo beginnen?
7. Auch ein König hat Sorgen: «Admonitio generalis»
8. «Die Weisheit der Alten erneuern»
9. Der weise König Karl
10. Die Kirche braucht Ordnung
Vielfalt des Rechts
Vielfalt der Kultpraxis
Ordnung ruft nach Hierarchie
Maßnahmen werden ergriffen
Auch Prälaten streiten
VII. DER KÖNIGSHOF
1. Verwandte und Freunde
2. Das königliche Herrschaftszentrum
3. «Die Ordnung des Hofes»
4. Am Hof bündelt sich Wissen
5. Die Pfalz in Aachen erinnert an den Palast Konstantins des Großen
6. Die Erlöser- und Marienkirche in Aachen: Ein steingewordenes Gebet
7. Weitere Pfalzbauten Karls des Großen
VIII. ERNEUERUNG DER KAISERWÜRDE
1. Zeichen der Endzeit: Häresien und ihre Abwehr
2. «Sich den Feinden der Wahrheit widersetzen»
3. Das Opus Caroli regis
4. Ein versteckter Mißerfolg: Die Synode von Frankfurt
5. Auf dem Weg zum Kaisertum
6. In Rom rebellieren die Feinde des Papstes
7. Die Krönung – angeblich abgelehnt
IX. IMPERATOR AUGUSTUS
1. Gerechtigkeit und Frieden
2. Den Orient im Blick
3. Ordnung im Imperium
4. Eine letzte Begegnung mit Leo III.
5. Ein neuer Feind: «Nordmänner»
6. Beziehungen zu Fremden
7. Die Ordnung der Nachfolge
8. Zeichen am Himmel
9. Ein später Frieden mit Byzanz
10. Dem Ende entgegen
11. Noch einmal eine Neuordnung der Nachfolge
12. Letzte Erlasse und Tod
X. EPILOG: MYTHOS UND HEILIGKEIT
1. Das Maß seiner Seele
2. Memoria
3. Sagenheld
4. Heiligkeit
5. Böser Mißbrauch
6. Und heute?
Anmerkungen
Abkürzungen
Benutzte Editionen und Literaturtitel
Personenregister
Ortsregister
Bildnachweis
as folgende Buch ist kein Roman, dennoch eine Fiktion. Sie beschreibt das Bild, das sich der Autor von Karl dem Großen oder Charlemagne macht. Es ist subjektiv geformt und gefärbt, auch wenn es die Zeugnisse jener Zeit gebührend heranzieht. Die Tiefe eines Lebens vor 1200 Jahren ist heute nicht mehr auszuloten. So bleibt nur die eigene Imagination. Nicht alles wird angesprochen, was hätte angesprochen werden können. Dieses oder jenes mag ein Kenner vermissen. Kritiker werden zweifellos den Finger darauf legen. Vielleicht auch werden sie die Art und Weise schelten, wie der Autor sich seinem Gegenstand näherte, obgleich sie selbst nur ein anderes, nicht minder subjektives und fragmentarisches Bild entgegensetzen könnten. Eine objektive Darstellung des großen Karolingers ist schlechterdings nicht möglich.
1200 Jahre vor unserer Zeit: Eine fremde, eine kaum mehr vorstellbare Welt. Karl lebte, um es gleich zu sagen, von (vermutlich) 748 bis (sicher) 814. Damals hieß Konstantinopel noch nicht Istanbul. Kein Kölner Dom ragte in den Himmel; der Bamberger Dom hatte noch 200 Jahre auf seinen Bau zu warten, und der Speyrer Dom war unscheinbar im Vergleich zu dem heutigen Wunderwerk am Rhein, den Louvre gab es noch nicht, und Notre Dame auf der Île de la Cité war eine bescheidene Bischofskirche. Venedigs Eichenpfähle waren noch nicht in die Lagune gerammt, um den Markusdom oder die bewunderten Adelspaläste zu errichten; kein Gondoliere sang seine Lieder auf dem Canal Grande; und der «Vatikan» war bloß ein Hügel außerhalb der «Ewigen Stadt», zwar mit der spätantiken Grabkirche des Apostelfürsten, doch keinerlei Palast.
Auch das «Reich» gab es noch nicht. Wenn im folgenden vom «Reich» die Rede ist, dann geschieht es ausschließlich in einem territorialen Sinn, nicht als einer Institution. Gelegentlich wird mit der Vokabel auch die personale Königsherrschaft umrissen.
Die Bevölkerung Europas war dünn gesät. Weite Landstriche sahen auf Wochen oder Jahre hinaus keinen Menschen. Städte, aus der Antike überkommen, gab es immerhin dem Namen nach; doch Ruinen füllten sie. Schmelztiegel fremder Zuwanderer waren sie nicht, souveräne Kommunen wie dann ein halbes Jahrtausend später schon gar nicht. Völkerwanderungen, wie sie die Antike gekennzeichnet hatten und wie sie alle Menschheitsgeschichte durchziehen, waren nach der großen Pest des 6. Jahrhunderts zu einem vorübergehenden Stillstand gelangt. Die großen Wälder standen dicht, kaum zu durchdringen. Riemen und Segel beherrschten die Meere; Vögel regierten die Lüfte. Einsamkeit und Schweigen umgaben die Gipfel der Alpen. Nur Sternen- oder Mondlicht durchdrang die Nacht; Kerzen kosteten ein Vermögen, sie brannten in den Kirchen, in den Palästen, doch nicht in den Hütten. Das Leben folgte dem Sonnenlauf; es ging gemächlich. Handarbeit war gefragt, die – von Mühlen abgesehen – keine Maschine erleichterte – hart, aber menschengemäß. Die Welt war ruhig, Zeit war nicht kostbar, abgehetzt war niemand, allenfalls ein Flüchtling.
Eine fremde Welt wird also zu erfassen sein, Menschen mit uns Heutigen fremd gewordenem sozialem und technischem Wissen, einer fremd gewordenen Sprache, fremder Rede- und Denkweise, mit einer Logik, die nicht mehr die unsere ist. Ihre Emotionen teilen wir nicht mehr, ihr Können steht uns nicht mehr zur Verfügung, ihr Wollen und Planen mutet uns rückständig an, ihre Werte und Ethik sagen uns, den in die Globalisierung und ihre Folgen Taumelnden, kaum noch etwas. Niemand schrieb oder zeichnete beispielsweise Karikaturen, statt ihrer geisterten Verteufelungen aller Gegner, Häretiker, Fremdgläubiger im Volk und seinen Eliten. Ironie wurde auch damals selten verstanden. Wohl aber beanspruchte der König Deutungshoheit über die Vergangenheit. Dieses «autoritative Gedächtnis» schlug sich allenthalben nieder und wich nur selten fremder Wahrnehmung und Deutung.
Nur vage und hypothetisch läßt sich mithin diese Welt erschließen und darstellen. Methodologische Überlegungen wird der Leser auf den folgenden Seiten freilich vergebens suchen. Aber daran sei erinnert, daß jeder Anfang selbst einen Vorlauf und Anfang hat und jede Wirkung ihrerseits Wirkungen erzeugt. Das übersehen manche Historiker und meinen, wer den Anfang des Anfangs, die Folgewirkungen zu ergründen trachtet, denke teleologisch. Doch zwischen Ursache, Wirkung und Telos liegen Welten. Gleichwohl ist mit Prozessen zu rechnen, systemisch zusammenwirkenden Prozessen nämlich, in denen eine unkontrollierbare Fülle ineinandergreifender Zufälle in Umwelt und Gesellschaft oder an unbeabsichtigter Gleichzeitigkeit menschlichen Tuns eine ebenso nachhaltige, vielleicht effektvollere Wirkung übt als planvolle Zielsetzung. Sie mag im nachhinein als zielgerichtet erscheinen.
Kleinere Wiederholungen – zumeist in unterschiedlichen Kontexten – sollen dem Leser die Orientierung erleichtern. Gelegentlich zitiere ich – manchmal sogar ohne Hervorhebung – eigene ältere Abhandlungen; fremde Zitate sollten durchweg, liegt kein Versehen vor, ausgewiesen sein. Die Fülle der Anmerkungen, die den Ausführungen begründend zur Seite tritt, bietet einen unvollkommenen Ersatz. Sie konzentriert sich auf verfügbare Zeugnisse. Knappe, in den Text eingeschobene Verweise auf Kapitel (c.), längere Passagen oder Jahreszahlen der mit Kürzel genannten Werke der Geschichtsschreibung – gewöhnlich nach Christi Geburt oder Common Era (CE), bei dem byzantinischen Chronisten Theophanes auf das Jahr seit Erschaffung der Welt, dem Annus Mundi (AM) – sollen den Anmerkungsapparat entlasten, ohne den Textfluß zu stören; sie beziehen sich stets auf das zuletzt herangezogene Überlieferungszeugnis. «Der Biograph» ist durchweg Einhard mit seiner «Vita Karoli». «Ms» kündigt die Bibliothekssignatur der erwähnten Handschrift an. Wissenschaftliche Literatur, so unverzichtbar sie ist, wird in der Regel nur dann genannt, wenn sie für die Darstellung maßgeblich oder wenn ihr gerade nicht gefolgt wurde und die Gründe der Abweichung wenigstens knapp darzulegen waren. Eine umfassende Bibliographie zu Karl dem Großen und seiner Zeit ist nicht intendiert; dafür sei der Leser grundsätzlich auf zwei wertvolle Hilfsmittel verwiesen: Rudolf Schieffer, «Die Zeit des karolingischen Großreiches» und – auch wenn vorwiegend zur deutschen Geschichte – Jörg W. Busch, «Die Herrschaften der Karolinger». Die Bibliographie am Ende des vorliegenden Bandes nennt nur jene Titel, die wiederholt angeführt wurden; andere finden sich in den Anmerkungen an Ort und Stelle.
Für die Zeugnisse der Karolingerzeit wurden im Hinblick darauf, daß die Darstellung nicht nur wissenschaftliche Kreise erreichen soll, vorzugsweise zweisprachige Ausgaben zitiert; das gilt auch für die angeführten althochdeutschen Texte. Die Datierung der «Kapitularien», dieser Niederschläge königlicher oder kaiserlicher Herrschaft, folgt grundsätzlich Hubert Mordek, «Bibliotheca Capitularium», wobei offen bleiben muß, wieweit die Einzelnummern der noch immer maßgeblichen Edition in den MGH Capitularia tatsächlich Einzelstücken entsprachen; neuere Forschungen stellen das in Frage. Alkuins Briefe, diese wichtigen Zeugnisse der Karlszeit, folgen in ihrer Datierung der Alcuin-Monographie Donald A. Bulloughs.
Zwei Büchern zum Gegenstand fühlt sich der Autor in besonderer Weise verpflichtet: Der Karlsmonographie von Donald A. Bullough, die vor fast einem halben Jahrhundert erstmals erschien, und der jüngsten Darstellung Karls des Großen aus der Feder von Wilfried Hartmann. Die Weite des Blicks des einen und die Präzision der Darstellung des anderen macht die Lektüre beider Bücher in gleicher Weise lohnenswert.
Zu danken hat der Autor vielen. Hervorgehoben seien meine Frankfurter Kollegen Jörg W. Busch, der sich der Mühe der Lektüre des Manuskripts zum vorliegenden Buch unterzog und mich vor manchem Fehler bewahrte, sowie der Byzantinist Wolfram Brandes, dem wertvolle Hinweise auf die Verhältnisse in Ostrom verdankt werden. Dankbar erinnere ich mich der «Karls-Gespräche» mit Bernhard Jussen, Max Kerner, Heribert Müller und Matthias M. Tischler; ihnen verdankt das folgende Buch wertvolle Anregungen. Lebhaften Dank abstatten muß ich meinen unermüdlichen Frankfurter Helfern Sinja Lohf und Janus Gudian M.A.; mit Rat und Tat und vielfältiger Entlastung standen sie mir in nie erlahmender Geduld und Hilfsbereitschaft bei. Dr. Detlef Felken nahm in gewohnter Souveränität die Betreuung des Bandes und die Sorgen des Lektorats mit Einschluß der Beschaffung wertvollen Bildmaterials auf sich; ohne ihn und seine Mitarbeiterinnen Bettina Corßen-Melzer und Janna Rösch wäre der Band niemals so ansprechend ausgefallen, wie er sich jetzt zur Hand nimmt. Nicht der letzte Dank gilt meiner Frau, die einmal mehr vorgelesene Probekapitel und halb ausformulierte Gedanken über sich ergehen lassen mußte – zum Glück oftmals lachend.
Daß dieses Buch zum zweihundertfünfzigjährigen Jubiläum des Verlages C.H.Beck erscheinen kann, ist mir eine besondere Freude. Dem Verleger Dr. h.c. Wolfgang Beck danke ich für die Ermunterung zu diesem Buch, dem lebhaften Interesse an seiner Vollendung und die Geduld bei seiner Ausführung. Ihm und seinem für die Geschichtswissenschaft so bedeutungsvollen Verlag sei dieser «Karl» gewidmet.
Frankfurt am Main |
Johannes Fried |
egen. Im Regen. Er stand im Regen, unten am Läuterungsberg. Endlos stürzte der Regen auf ihn hernieder und schien dennoch die Sünden nicht abwaschen zu können, die ihn befleckten. Ein Untier zernagte unablässig sein Geschlecht, das umgehend nachwuchs, um wieder zerfressen zu werden, fort und fort. Ein alter Mönch, Wetti mit Namen, einst Schulmeister, nun selbst schon vom Tode gezeichnet, schaute den Büßer am Berg und erschrak. Kaum wagte er, für wenige Stunden ins Leben zurückgekehrt, den Namen des Toten zu offenbaren. Doch alle wußten: Es war Karl, der große Kaiser, der Sünder, der da zu büßen hatte. Wir stehen mitten im Leben. Die Vision des Sterbenden galt den Gegenwärtigen. Sie drängte die Mächtigen zu umfassenden Innovationen. Sie warnte Jahre nach Karls Tod die Lebenden vor den Gefahren des Jenseits und appellierte an deren Bußfertigkeit und an ihre Verpflichtung zum Gebetsgedenken. Der König war in der Sünde gestorben.
Das war das erste Erinnerungsbild, das von Karl dem Großen verbreitet wurde. Entworfen wurde es im Jahr 824, zehn Jahre nach seinem Tod[1]. So wünschte es Karls Sohn und Nachfolger, Ludwig. Der reinigte, kaum daß er in Aachen den Thron bestiegen hatte, den Königshof von der Sünde, mit der ihn sein Vater befleckt hatte, indem er die Unwürdigen und obendrein die Gegner in die Verbannung trieb. Die Lebenden sollten, das wurde mit der Vision den Reichenauer Mönchen bedeutet, mit ihrem Gebet dem leidenden Toten helfend zur Seite stehen; das Totengedenken sollte fester denn je zuvor gegründet werden. So verlangte es das neue Heilsprogramm, das der Kaiser, beraten von dem Abt Benedikt von Aniane und Inden, verfolgte. Wie im Leben die Litaneien, so sollten im Tod die Fürbitten Gottes Gnade erwirken und sie selbst, die Beter, an das künftige Gericht gemahnen. Würde Gott sich Karls, des Sünders, erinnern, sich seiner erbarmen?
«Oh Gott, erbarme Dich meiner» (Ps 50[51],3). Ein seliger Tod: Das war das Ziel. Sterben zu dürfen von den Sakramenten der Kirche gestärkt, von Beichte, Bußpsalmen, letzter Ölung und Kommunion, von Priestern begleitet und durch ihre Gebete gewappnet gegen die Gefahren des Jenseits, wo die Heere von Himmel und Hölle auf die Seele einstürmten (wie es im zeitgenössischen Muspilli-Lied hieß[2]), wo die Inquisitionen des Jüngsten Gerichts und seine Martern drohten, wo niemand und nichts mehr half, kein Eidhelfer, kein Meineid, wo nur das eigene, sündige oder gottgefällige Tun gewichtet wurde, wo allein der Glaube auf einen Empfang durch Christus und seine Heiligen hoffen ließ. Selig im Tod, damals, vor 1200 Jahren, das war das Ziel; «Du, Herr, Du treuer Gott, Du erlösest mich» (Ps. 30(31),6).
Und Karl? Wer war Karl, daß man ihn der Sünde zeihen durfte? Das Leben wurde – eine eigentümliche Verfügungsmacht der Lebenden über die Toten – vom Tod her gedeutet. Er machte die Menschen nicht gleich wie Jahrhunderte später im Zeitalter der Pest. Der Tod offenbarte den postumen Deutern, ob ein Leben heilsgemäß war oder Satan verfallen, ob ein Mensch in Gottes Gedächtnis bleibe oder ausgeschabt aus dem Buch des Lebens und ins brennende Pech gestoßen werde. Der Tod bemaß das vergangene Leben und vergalt es Zug um Zug. Seine Erwartung weckte in vorauseilendem Wissen Verantwortung für jede Tat und jedes Leben. Der Glauben formte die Wirklichkeit.
Doch der fromme Ludwig besaß nicht nur Freunde. Mächtige Führungseliten unter den Franken erinnerten sich eines anderen Karl, leisteten Widerstand gegen die Regierung des Sohnes, bedrängten denselben, zwangen ihn zu öffentlicher Buße, zu wiederholtem Austausch der Berater, zum Wechsel der Planungen und Ziele, stürzten ihn in blutige Kämpfe. Ihr Karl war ein Kämpfer, ein Sieger, ein weiser Kaiser. Nichts aber vereitelte die Kriege um Thron und Reich, keine Mahnung, keine Warnung, kein Gebet und kein Gedenken. Die Franken lieferten sich bald die mörderischsten Schlachten, ihr Reich zerbrach.
Als sich das alles anzukündigen begann, erschien eine schmale Schrift, ein Erinnerungsmal ciceronianischen Geistes[3], das «Leben Karls», die «Vita Karoli», der Einhard die Feder geliehen hatte. Er war einst als junger Mann an den Hof gekommen, wo er den Hofnamen Beseleel empfing, war Paladin des Toten gewesen, mit ihm und seinen Kindern befreundet, und hatte sich nun vom Hof zurückgezogen. Dieses «Leben» hielt den Streitenden den Spiegel vor Augen. Es zeigte, bald vielfältig abgeschrieben und weit verbreitet, einen anderen Mann als jener Träumer, zeigte den erfolgreichen König, den Helden, den großen Kaiser, das Vorbild aller Herrscher. Er starb nun gesegnet im 72. Lebensjahr, von der heiligen Kommunion gestärkt. Der Kaiser aber, für dessen Ohren das Büchlein in erster Linie bestimmt war, Ludwig der Fromme, wurde darin in keiner Weise hervorgehoben, nur als Nachfolger und Testamentsvollstrecker erwähnt (c. 30 und 33) – eine harsche Kritik.
Auch Einhards «Karlsleben» war ein Bild, das weiterwirkte. Gezeichnet wurde es, als niemand mehr lebte, der sich Karls Knabenjahre, pueritia, hätte erinnern können, was hieß: frühestens im Jahr 826, zu dessen Beginn sein Vetter Adalhard starb, mit dem zusammen Karl am Hof erzogen worden war[4]. Mit der Zeit und dem Niedergang des Frankenreiches verklärte sich auch dieses Bild. Indes, Einhards «großer König» hatte das Höchste, den Gipfel des Ruhms noch nicht bestiegen; noch war er nicht «Karl der Große». Auch als Notker in St. Gallen um 885 zur Feder griff, war es noch nicht der Fall[5]. Der Mönch feierte den siegreichen, gerechten, freigiebigen, weitblickenden, gottesfürchtigen Herrscher. Sein Tatenbericht überlieferte – an Anfang und Ende verstümmelt und nur wenigen bekannt – eine Sammlung von Karls- und anderen Karolingeranekdoten. Dieselben weckten – nicht unähnlich Einhards Biographie – nostalgische Gefühle, waren legendenhaft verbrämt und geradezu phantastisch ausgeschmückt. Aber «groß» war Karl auch hier noch nicht.
Karls Urenkel Karl III. soll, als ihm bei einem Klosterbesuch diese Geschichten erzählt wurden, sich an ihnen ergötzt und um ihre Niederschrift gebeten haben. Sie gemahnten ihn fortgesetzt an ein und dasselbe: an den Heros Karl, den «unbesieglichsten Kaiser», invictissimus imperator, an das Ideal von Herrscher, von Tatkraft, Macht und von Durchsetzungskraft – durchweg Eigenschaften, die dem dritten, dem tobsüchtigen und kranken Karl abgingen. Jede einzelne dieser Episoden verkündete ihrem Auftraggeber gleichsam die nämliche Botschaft: sich im Gedenken an den herausragenden Ahn seiner eigenen Bestimmung bewußt zu werden: ‹Karl, werde ein Karl!› Was freilich dem einflußreichen Höfling Einhard im Zentrum der Macht versagt geblieben war, fiel auch dem erzählfreudigen Mönch im fernen alemannischen Kloster nicht zu. Karls Taten mochten ihre Leser und Hörer ergötzen, doch sie hielten den Untergang des von ihm geschaffenen Reiches nicht auf. Heroen aber steigen aus solchem Untergang empor, erheben sich ewig als Tröster, Hoffnungsspender und als Zukunftskünder über alles Elend, als notentrückter, leuchtender, menschlicher, fleischgewordener Erinnerungsort.
Die letzte Stufe historischer Heroisierung, die zuvor nur Alexander, Konstantin und Theodosius hatten erklimmen können, erreichte Karl verzögert. Erste Hinweise auf seine persönliche, im Beinamen sich spiegelnde Größe deuteten sich um 900 bei dem Poeta Saxo an. Doch erst um die Jahrtausendwende pries man regelmäßig – im Westen wie im Osten des einstigen Karlsreiches – den «großen Karl», Karolus magnus[6].
Das Gedenken an den Heros blieb, unter dem das Reich an äußerer Macht gewachsen war, im Innern friedlich leben konnte und Großes sah und an Glanz nicht seinesgleichen gekannt hatte. Ein Karl nostalgischer und gegenwartskritischer Vorstellungen hielt seinen Einzug in das kulturelle Gedächtnis des Abendlandes, bot das Bild einer Vergangenheit, in der sich eine bessere Zukunft brach. Keine seiner Taten ließ er zurück, weder die ‹guten› noch die ‹bösen›. Als Übeltäter und Sünder, als Züchtiger des Feudaladels, als Held und Heiliger zog er ein. So herausragend Karls Regierung gewesen, so den Sinnen zugewandt sein Leben verlief, so umfassend setzte nach seinem Tod die Mythisierung ein. Allein Aufstände und Vernichtungsaktionen wie gegen seinen Vetter Tassilo von Baiern filterte das alles modulierende und verzerrende Gedächtnis aus – einstweilen jedenfalls, denn die Epik einer späteren Epoche wußte in anderen Umrissen und mit anderen Farben so gut wie das Sündenmotiv auch die Rebellenthematik zu erneuern, ja, Spott über ihn, Charlemagne, zu schütten[7].
Selbst jenseits seiner Reiche spürte man Karls Bedeutung. Die Slawen, die ursprünglich kein Königtum kannten, adaptierten seinen Namen als ihren Königstitel: So wie aus Caesar der «Kaiser» wurde, wie Augustus zum Bestandteil des Kaiser- und Königstitels wurde und bis zum Ende des «Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation» blieb, so eben Karl zu «korol», «król» oder «král». Vielleicht bot dazu auch erst sein ihm nachbenannter Urenkel, der dritte Karl, den Anlaß.
Wer war dieser Karl, daß ihm solches widerfuhr? Daß er gepriesen, gescholten und verspottet wurde, in die Sage einging, zu dem Archetypen eines Königs aufrücken konnte, daß er ohne Zweifel zur berühmtesten Herrschergestalt des Mittelalters überhaupt avancierte? Daß sein Name bis zur Stunde zu dem am häufigsten gewählten Königsnamen Europas werden konnte: Karl, Charles (frz.), Charles (engl.), Carlos, Carlo? Was wissen wir über ihn, sein Leben, seine Person? Die Antwort enttäuscht. Eine Karlsbiographie in modernem Sinne ist unmöglich. Wir fassen nur wenige Taten, nur Anweisungen, die er erlassen haben dürfte, nur Ergebnisse seiner Herrschaft, unpersönliche Lebensspuren, daß er von 768 bis 814 als König und Kaiser regierte, kaum Privates, nichts Persönliches, von den wenigen Geschichtsschreibern abgesehen keine sonderlichen Erinnerungszeugnisse, besitzen aus seiner Lebenszeit bloß einzelne Werke der Geschichtsschreibung, knappe Annalen, eine Reihe von Erlassen, sog. Kapitularien, Urkunden, mit einer Ausnahme kaum Briefe: stilisierte Texte sie durchweg, in der Tradition zudem älteren Geschäftsschriftguts. Kein einziger Ausspruch ist mit letzter Gewißheit auf Karl zurückzuführen, auch wenn gelehrte Forschung wenigstens in diesem oder jenem Fall sein eigenes Zeugnis zu vernehmen meint[8]. Kein Wort seiner vier oder fünf Ehefrauen ist überliefert, keines seiner bekannten und unbekannten «Beischläferinnen», die er geliebt haben könnte, keines seiner Söhne und Töchter. Schweigen hüllt sie alle ein.
Nur eine schwache Hoffnung blitzt auf, dem für ewig Schweigenden doch noch die eine oder andere Aussage, vielleicht auch nur einen herrscherlichen Wink entlocken zu können. Auch er, der große König und Kaiser, wünschte, zusätzlich zum Totengedenken in seiner Stiftung, der Marienkirche zu Aachen, die Erinnerung an seine Taten für die Zukunft festzuhalten. Wir haben jedenfalls guten Grund zu der Annahme, daß die sog. «Annales regni Francorum» hofnah und offiziös entstanden, wie seit Leopold von Rankes Entdeckung für gesichert gelten darf. Jeder Satz dieser «Reichsannalen» rückte den Herrscher ins Zentrum, war gleichsam – in ihrer ersten Version bald nach dem Jahr 788 – unter Karls Augen niedergeschrieben[9].
Die Berechtigung einer solchen Prämisse vermag das Beispiel der nachträglichen, tatsächlich unzutreffenden und verzeichnenden Schuldkonstruktion gegen Tassilo von Baiern zu liefern, die überraschend viel Raum in eben diesen Annalen (und nur in ihnen und ihren Folgern) einnimmt und auf verschiedene Jahreseinträge aufgeteilt wurde[10]. Ohne eine ausdrückliche Anweisung des Königs, eines Vetters des Baiernherzogs, dürfte das schwerlich geschehen sein. Karl wird sich dieses Werk, wie vermutet werden darf, gleich anderen ihm wichtigen Texten zur Billigung haben vorlesen lassen[11]. Er selbst setzte demnach die Akzente, die von diesen Jahrbüchern verteilt wurden, nicht irgendein Geschichtsschreiber.
Weitere Momente lassen sich aufzeigen, die auf eine persönliche Anteilnahme des Königs an diesem Annalenwerk verweisen[12]. Karl förderte ganz offenkundig die Historiographie. Schon ein paar Jahre zuvor, zwischen 783 und 787, war eine sich explizit auf den König selbst berufende, ihn preisende, dem Karolingerhaus zugewandte und dessen Aufstieg zum Königsthron rechtfertigende Geschichte von den «Taten der Bischöfe von Metz» aus der Feder des Paulus Diaconus entstanden. In Metz war einst der hl. Arnulf Bischof gewesen, einer der Ahnherren des karolingischen Geschlechts, und eben, im Jahr 783, Karls Gemahlin Hildegard bestattet worden. Der Langobarde hatte den Tatenbericht im Auftrag von Karls Erzkapellan Angilram verfaßt, der jetzt die Metzer Cathedra innehatte. Mit ihr setzte tatsächlich die Geschichtsschreibung im Umfeld des Karlshofes ein[13]. Der König trat hier als großer Eroberer Italiens, als Sieger über die Langobarden hervor, der nun als Abkömmling Trojas, des Aeneas, des Stammvaters der Römer, sich das Rom seiner Ahnen unterwarf. Was sollte mehr bewundert werden, seine Kühnheit im Krieg, der Glanz seiner Weisheit oder die Kenntnis aller freien Künste?
Karl wird auch diese Geschichte sich haben vorlesen lassen. Er muß sie gebilligt haben und von der Darstellung so entzückt gewesen sein, daß er den Langobarden Memorialverse für seine frühverstorbenen Schwestern dichten hieß. Sie griffen ebenfalls die in der Bischofsgeschichte ausgebreitete Troja-Abkunft der Karolinger auf und feierten zugleich den Auftraggeber, den Eroberer Italiens. Geschichtsschreibung und Verse dienten dem Preis und der Legitimation der eigenen Gegenwart. Jener heilige Ahnherr freilich, dessen Kult gerade seit dem ausgehenden 8. Jahrhundert aufzublühen begann, genoß bei Karl nur anfänglich hohe Verehrung; sie wich bald einer eigentümlichen Distanzierung, die nun die «pippinidischen» Vorfahren herausstellte[14].
Die «Reichsannalen», deren erste Fassung bald nach 788 entstand und nur wenige Jahre später in knapper Weise bis zum Jahr 792 ergänzt wurde, erfüllten diese Aufgabe in geradezu exemplarischer Deutlichkeit. Ihr Grundzug spiegelte sich in der Tassilo-Episode. Sie gestattet wohl, dieses Annalenwerk als einen Tatenbericht des Königs zu deuten[15]. Trifft es zu, so besitzen wir zwar immer noch keine Selbstdarstellung des großen Mannes. Wir können somit nicht behaupten, daß die Dinge sich so abgespielt haben, wie die Annalen es beschrieben; ja, wir müssen es entschieden bezweifeln. Aber wir dürfen mit Gewißheit festhalten, daß Karl seine Kindheit und frühen Herrscherjahre, überhaupt sein Königtum so gewertet, gewichtet und gesehen wissen wollte, wie es der Annalist festhielt. Kriege beherrschten die Szene, der Schutz der römischen Kirche trat hervor und ab und an ein ganz persönlicher Hinweis, der Karl selbst verdankt worden sein mußte[16].
Wahrscheinlich ermunterte er ein Jahrzehnt später, um das Jahr 805, die Nonnen von Chelles, unter Aufsicht seiner Schwester Gisela, die er im Vorjahr dort besuchte hatte, ein weiteres Geschichtswerk zu verfassen: die sog. «älteren Metzer Annalen». Sie schilderten ausführlich, doch aufgrund weithin unbekannter Zeugnisse den Aufstieg der Karolingerfamilie zu Hausmeieramt, König- und Kaisertum und zeichneten mit Benutzung der «Reichsannalen» ein etwas anderes Bild auch Karls und seiner Taten[17]. Die Darstellung floß breiter daher, war ausführlicher, führte zielstrebig auf die Kaiserwürde zu. Ganz offenkundig hatte sich mit ihr der Blick in die Vergangenheit verformt. So hieß es schon von dem zweiten Pippin, der im Jahr 714 starb, Karls Urgroßvater: «Von den Mahnungen heiliger Ahnen gestärkt, gelangte er, Pippin, über die Pfade der Gerechtigkeit an die Zügel der Königsherrschaft». Alemannen, Baiern und Sachsen habe er dem Imperium der Franken unterworfen[18]. Karls Kaiserwürde kündigte sich von Ferne an.
Wie also diesem Herrscher gerecht werden, den die Zeitgenossen so panegyrisch priesen und heimlich schalten? Traf eines der skizzierten Bilder oder Erinnerungsmuster zu? Sie alle zusammen? Keines? Deutungen jener Zeit, des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts, verlangen nach Kenntnis der Maßstäbe, an denen damals alles Tun gemessen wurde. Sie galten für den mächtigsten Herrscher des Mittelalters wie für jeden seiner Weggenossen. Sie sind uns indessen, den zweiflerischen Zeitgenossen des frühen 21. Jahrhunderts, fremd geworden, gestatten nur Annäherungen an die verflossene Gegenwart und fordern eine Archäologie des geschichtlichen Gedächtnisses, die Schicht um Schicht der sich überlagernden Kulturen abträgt, bis sie zu der erstrebten vorgedrungen ist und sie offenlegt, ohne doch die vielfarbige Lebensfülle von einst ganz überschauen zu können.
Annäherung also an eine fremde, abgelebte, eine verblichene Zeit, in der die Knoten von Wissen, Glauben und Handeln, von gesellschaftlichen Werten und persönlichen Emotionen anders geschürzt wurden als heute; Annäherung an Karl den Großen, an einen König, einen Herrscher, einen Menschen, den niemand mehr kennt, der Mythos geworden ist, Symbol, Chiffre; Annäherung an seine Freunde, Helfer und Gegner, – heute, da nur noch die Gegenwart zählt, nur das lustvolle Leben, der prickelnde Rausch, «das gezeichnete Ich». Wie da sich nähern? Wie die verflüchtigten Begierden und Enttäuschungen der Toten erfassen? Ihre fremdgewordenen Sünden? Ihren Glauben? Ihre Ziele?
Kein Erinnern bringt das Gestern zurück, jede erinnerte Vergangenheit ist das bald unbewußte, bald bewußte Gedächtniskonstrukt einer Gegenwart mit ihren Freuden, Sorgen, Feindschaften und Ängsten, mit der Gesamtheit ihrer Erfahrungen, mit ihrem Wissen und ihren Wertungen der ihr aus der Vergangenheit zugeflossenen Informationen, mit ihren Wünschen, Zielen und Hoffnungen[19]. Kein Erinnern gibt unverformt wieder, was einst wahrgenommen wurde. Das gilt für das Werk der Historiker von heute wie der Geschichtsschreiber von einst, für jedweden Bericht aus jenen abgelegenen Zeiten, für Einhard wie für seine Leser und Interpreten, für jeden Annalisten. Alles ist Gegenwart, in der sich die Vergangenheit spiegelt. Das gilt erst recht für die Hinterlassenschaften von Kulturen mit so beschränkter Schriftlichkeit, wie es das Zeitalter Karls des Großen war. Wir lesen Einhards «Vita Karoli» mit dem Wissen der 1200 Jahre, die seit ihrer Niederschrift ins Land geflossen sind. Vergangenes läßt sich kein zweites Mal sehen oder hören.
Die Geschichte fließt immerzu fort, weil sie dem menschlichen Gedächtnis verhaftet ist; sie muß stets neu überdacht und neu erzählt werden, weil sie immer jüngeren menschlichen Generationen zur Erbauung dienen muß und zur Belehrung. Sie bietet kein ewig unveränderliches «So-war-es», kaum daß sie ein dürres Gerippe von belanglosen Sachverhalten zu bewahren vermag, denen erst der ‹visionäre› Historiker Sinn verleiht. Sie besitzt eine nur bruchstückhaft memorierbare, kaum überschaubare Vergangenheit und eine Zukunft so dunkel wie menschliche Zukunft überhaupt. Ihr Substrat, die menschliche Erinnerung, ruht nie, ist vielmehr endlos fortwirkenden Modulationskräften ausgesetzt, weil sie, die Erinnerung, sich bereits in das Geschehen selbst einnistet und immer andere Hörer- oder Leserschaft ansprechen soll. Auch die sog. «Reichsannalen» sahen sich ja bald im Umfeld des Königshofes ‹imperial› überarbeitet. Allein kirchliches Gebetsgedenken, das liturgische Memorialwesen, konnte diesen Deformationskräften zäheren Widerstand entgegensetzen, ohne ihnen doch ganz zu entrinnen. Erinnert wurden im wesentlichen ja bloß die Namen derer, für die gebetet werden sollte.
Annäherungen also, nur Annäherungen an jene fernen Epochen sind möglich. Sie folgen, von Geschichtsschreibern, einem Paulus Diaconus, Einhard, Notker, den anonymen Annalisten, wohl auch den Nonnen in Chelles und sonstigen, vom Zufall gestreuten Zeugnissen unterstützt, mancherlei Visionen, auch Warnungen und besonderen Hinweisen, die den erwähnten Verformungskräften Rechnung trugen und sich von ihnen leiten ließen. Spuren des vielfältigen Wandels in und von Karls Zeitalter bleiben, sind zwar, wenn auch von den Zeitenstürmen verweht, oftmals nur noch undeutlich und schwach den Überlieferungen eingedrückt. Doch auch diese spärlichen Reste können Historiker aufdecken und mit einiger Geduld bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgen – eben als Wissensarchäologen, die sich mit dem Bündel ihrer Fragen allmählich von heute nach gestern vorarbeiten. Aber sie bleiben auch damit stets «Heutige».
Was läßt sich also unter diesen Bedingungen über die Kindheit und die Knabenjahre Karls, des künftigen Helden, erkennen? Welches Bild von der Welt rings um das Frankenreich entwarfen seine Zeitgenossen, und wie zeigte es sich dem jungen, zu weiten Eroberungen aufbrechenden Frankenkönig? Welche Erwartungen hatte er zu erfüllen? Wie wurde der Konsens unter den Franken und ihren Großen zu den fortwährenden Kriegen des Königs gestiftet, und warum konnte er bewahrt werden? Endlich treten Karl als christlicher Herrscher und sein Königshof als Zentrum eines nachhaltigen Erneuerungswerkes in den Blick. Dann öffnet sich der Weg zur Wiedergeburt des westlichen Kaisertums und tritt das Ringen der letzten Jahre des Imperators Augustus um ein von höchsten Werten, von Frieden und Gerechtigkeit geformtes Reich aus den spärlichen, oft weitgestreuten Hinterlassenschaften hervor.
Das Werkzeug, das die Historiker bei solchem Vordringen in die Tiefen der Vergangenheit einsetzen, besteht nicht aus Spaten und Kelle, sondern im Wissen. So spiegelt, was sie freizulegen erhoffen, ihre eigene Gegenwart; spiegelt sie in den Werten und Maßstäben, die sie aufspüren, dem Glauben und Aberglauben, dem Wissen und Können, den Lebenswelten und Lebensformen, den Wahrnehmungsweisen und dem Gedächtnis von einst. Auch heutige Historiker entwerfen nur Karlsbilder, nicht anders, als es am Ende des Mittelalters ein Albrecht Dürer tat, der seinen idealen Karolus Magnus Imperator ins Bild bannte – gewiß nach allen Regeln dieser oder jener Kunst und dennoch weit vom einstigen Leben entfernt (Abb. 60). Davon handelt das letzte Kapitel.
Dieses unerreichbare Früher, das sich noch in die jüngsten Regeln der Kunst eingenistet hat, formt unser eigenes Denken, Handeln und Forschen. Jeder Blick in die Vergangenheit gleicht nur einem Blick in den Spiegel, dessen Bild sich als Brechung des Könnens und Wissens eigener Gegenwart erweist, ihrer Leidenschaften und Zweifel. Wir sind es, die nach Wahrnehmungsweisen und Herrschaftsstrukturen fragen, nicht Karl, wir, die der doppelten Buchführung mit Kosten und Gewinn huldigen, nicht der Erfolge erzielende und Mißerfolge verkraftende große König und Kaiser. Geschichte – das sind immer auch wir selbst. So gleicht, genau genommen, kein Karl der Große einem anderen Karl dem Großen.
Annäherung also an Karl… Er starb, wie es die Kirche gebot, von Vorzeichen gewarnt, gefaßt und ruhig. Von Buße war keine Rede. Nur kurz – mehr gebührte sich nicht – wurden Totenklagen in den Klöstern angestimmt und Trauergesänge wie der erhaltene «planctus Karoli» vielleicht aus Bobbio, der alten Gründung Columbans, die unter Karl sich einer neuen Blüte erfreute; auch Tränen flossen[20]. «Christus, der Du die himmlischen Heerscharen lenkest, gewähre Karl Ruhe in Deinem Königreich!» «Auf Deinem heiligen Thron, oh Christus, empfange den frommen Karl mit Deinen Aposteln!» So gedachten die Lebenden öffentlich des großen Toten, der beim König des Himmels um Audienz nachsuchte, in gläubiger Zuversicht und hoffnungsvoll. Leichenreden – wie sie in der Barockzeit üblich wurden – waren das nicht.
Karl wußte – von dem Angelsachsen Alkuin instruiert, dem einstigen Schulmeister von York, den er erfolgreich für sich hatte gewinnen können – um die Nähe des Jüngsten Gerichts[21]. Er war ein gläubiger Christ, so gut man es zu seiner Zeit sein konnte. Er war aber auch ein Mann sinnlichster Lebensfreude gewesen. Er hatte die Lüste der Liebe gesucht und genossen, wieder und wieder. Groß war dieses Leben gewiß, wohl auch fromm nach dem Maßstab der Zeit, doch selig war es nicht. Zwar hatte der König und Kaiser die wundervolle Erlöser- und Marienkirche in Aachen errichtet, sie reich mit Gold und Silber geschmückt und ausgestattet; auch war er regelmäßig morgens und abends zur Kirche gegangen, hatte, solange es seine Gesundheit erlaubte, die nächtlichen Horen mitgefeiert. Aber Wollust galt als Todsünde. Sie verlangte Buße. Warum mied Karl sie nicht? Konnte er ihren jenseitigen Folgen entgehen? Auch Zorn, Rache, Gewalt waren Karl nicht fremd. Konnte alles aufgewogen werden durch gute Taten? Und hatte er solche aus eigenem Willen vollbracht oder durch Gottes vorauseilende Gnade? Manch ein Zeitgenosse hegte Zweifel. Die Theologen der Epoche ergingen sich bald in Sünden- und Prädestinationslehren. Bußbücher, oft aus Irland ins Frankenreich gebracht, hielten Sündenkataloge und Tilgungstarife bereit; nur langsam setzte sich die Lebensbeichte durch. Hilfe aber für den Leidenden sollte das tausendfache Gebet der Mönche des ganzen Reiches gewähren.
Was ließ sich auf die Waagschale St. Michaels legen? Karl hatte Glaubensboten aussenden lassen und die Ausbreitung der Kirche gefördert, hatte neue Bistümer, wo es erforderlich war, gegründet und ausgestattet. Er hatte in tiefer Sorge um die Ordnung der Kirche und die Einhaltung der kirchlichen Normen Reformen ins Werk gesetzt, den Schutz für Klerus und Kirchengut, soweit es möglich war, realisiert. Ewiges Gotteslob erschallte in den Klöstern und sollte in seinem Reich nicht verstummen. Es sollte in korrekter Sprache ertönen, Gottes würdig und ein Wohlgefallen. Die Erneuerung der Bildung, die Karl ins Werk setzte, diente diesem heiligen Zweck. Der König hatte, wie wohl kein zweiter Herrscher vor ihm, den Nachfolger Petri geachtet, auf dessen Felsen die Kirche stand. Er hatte als erster der Könige und Kaiser in einer für die Zukunft entscheidenden Weise mit dem Rechtssatz ernst gemacht, wonach der Papst jeder menschlichen Gerichtsbarkeit entrückt sei. Den Schutz der Armen, wie ihn die Religion gebot, hatte er zu verwirklichen getrachtet. Der Christen jenseits des Meeres hatte er sich angenommen, ihnen Almosen zur Erneuerung ihrer Kirchen geschickt.
Dies alles ließ sich nun in die Waagschale des Engels legen, jedenfalls in den Augen von Karls Freunden. Die Besiegten und Geächteten mochten anders empfinden. Ihnen dürfte er als Gewaltherrscher in Erinnerung geblieben sein, als Unterdrücker und Tyrann. Doch die Überlieferung überhörte ihre Stimme. Jedenfalls zunächst. Sie schienen, folgt man den zeitgenössischen Zeugnissen, für alle Zeit zum Schweigen verurteilt zu sein. Erst Jahrhunderte später brachen sie sich Bahn, artikulierten sich etwa in dieser oder jener «Chanson de geste» oder weiteren Sagen – wie beispielsweise der Geschichte von den vier Haimonskindern – gespeist aus mündlichen Überlieferungen und nachträglichen Verzeichnungen. Sie zeugen von unterschwelliger Feindschaft und Empörung gegen den Kaiser, von Ablehnung und Kritik zumal im Südwesten des alten Karlsreiches, in Aquitanien, das tatsächlich erst im 13. Jahrhundert in der Folge der Kreuzzüge gegen die Albigenser fester an die französische Krone gebunden wurde. Karl erschien in diesen «Liedern» als Antiheld, geradezu als Karikatur eines Königs, mitunter ins Lächerliche verzerrt[22].
Und Karl selbst? Zu keinen autobiographischen Äußerungen schwang sich der König und Kaiser auf. Seine Selbstzeugnisse sind anderer Art, aber sie fehlen nicht völlig. Sie ergänzen den Tatenbericht der «Reichsannalen». Sie verstecken sich in jener theologischen Streitschrift gegen den griechischen «Bilderkult», die er nach dem Konzil von 787 in Auftrag gab. Das Ergebnis wurde ihm, dem Laien, zur Prüfung vorgelesen, und er kommentierte einzelne seiner Sätze, nicht alle mit knappen, emphatischen Worten[23]. Die Sätze, die ihn zu seinen Ausrufen hinrissen, lassen eine Ahnung aufsteigen von Karls innerstem Wesen, gläubig, ernst und schlicht[24]. Der dem hl. Ambrosius zugewiesene Ausspruch etwa: «Wie Gott ist, lebt und sinnt, so ist, lebt und sinnt auch die Seele nach ihrem Maß». «Gut!» Nach ihrem Maß! Wie maß Karl seine Seele? Noch einmal derselbe Pseudo-Ambrosius: «Je mehr jeder die Tugenden in sich hat, um so näher ist er bei Gott, um so mehr ist er Gleichnis seines Schöpfers.» «Sehr gut!» Der tugendgeleitete König: nahe bei Gott, ein Gleichnis seines Schöpfers, ein Eigen-Anspruch des Herrschers jenseits aller Panegyrik. Endlich der Apostel Paulus: «Rühmt Gott und tragt ihn in eurem Leibe!» «Catholice!» Der König der Kirche ergeben, als geisterfüllter Gottesträger, als Nachfolger Christi! In solchen Sätzen mochte Karl Momente seines eigenen Geistes erkennen, nach ihnen handeln. Katholisch, Gott nahe, nach dem Maß seiner Seele.
So überdauerten der Ruhm, die kostbare Kirche mit ihrem Thron und Karls Grab, kryptisch auch Skepsis und Feindseligkeit; und es blieben Glaube und Hoffnung. Der Ort jener Qualen, der Läuterungsberg, nicht die Hölle, nährte sie. Spätere hielten den Kaiser in der Tat aller Sünden für ledig. Schon der Kaiser Otto III., ein Sachse von Vatersseite, wollte im apokalyptischen Jahr 1000 Karl, den «Apostel» der Sachsen, als welcher er, der Sieger, seit dem ausgehenden 9. Jahrhundert im Land der Ottonen galt, zur Ehre der Altäre erheben. Es mißlang, um erst anderthalb Jahrhunderte später, im Jahr 1165, und nicht ohne politisches Kalkül des regierenden Kaisers aus Schwaben, Friedrich Barbarossas, und unter der Aufsicht des kirchlich gebannten Erzbischofs Rainald von Köln vollendet zu werden[25]. Der Papst, der es billigte, Paschal III., gilt als Gegenpapst; in das Martyrologium Romanum, das Verzeichnis der Heiligen der gesamten Kirche, wurde der selige Kaiser wohl deshalb nicht aufgenommen. Aber in Aachen und Frankfurt, in Reims, in Zürich und an einigen anderen Orten wird seiner seitdem als eines Heiligen gedacht. Am 28. Januar, seinem Sterbetag, wird sein Offizium zelebriert.
ferdemist und Jauchegruben, Hühnerhöfe und Schweinezucht, Ochsen und Gemächlichkeit – Karl wuchs in ländlicher Umwelt auf. Sattel und Zaumzeug von klein an, der Geruch der Ställe, der Ruf der Knechte, das Quietschen der Lastkarren – das war seine Welt. Hier mochte der Knabe tollen und sein Kräfte messen, hier reifte er zum Mann. Die Merowinger, die Vorgänger der Karolinger auf dem Königsthron, residierten zumeist noch in Städten[1]. Karls Familie aber bevorzugte – wenn auch nicht ausschließlich, wie Karls zahlreiche Aufenthalte in Worms oder Regensburg verdeutlichen – wohl aus Gründen leichterer Versorgung offene, ländliche Herrschaftssitze, Pfalzen genannt, große Gutshöfe, villae, mit Herrenhaus, vielleicht als Fachwerk errichtet, mit Wirtschaftsgebäuden, Werkstätten, Arbeitshäusern für Frauen (sog. genicia), Grob- und Hufschmieden, Stallungen, Mühlen, mit Häusern für Kleriker, Höflinge und Dienstpersonal, geeignet, den König und sein Gefolge für mehrere Tage oder Wochen zu versorgen; und jede Pfalz besaß eine Pfalzkapelle, in der die Königsfamilie täglich zur Messe ging und betete.
Das Landleben verlangte zudem ständigen Wechsel. Der Vater, seine Kinder, deren Mutter, ob schwanger oder nicht, die Dienerschaft und schützenden Krieger: Sie alle waren unablässig unterwegs, zumeist in der «Königslandschaft» zwischen Loire, Seine, Maas und Rhein, von Pfalz zu Pfalz, von Zeltlager zu Zeltlager, ruhelos, doch gemächlich (Zeit war nicht kostbar), die Kinder in der Sänfte oder auf dem Pferderücken – so wuchs Karl ins Leben.
Gewiß, Karl kannte auch – eingebettet in Grundherrschaften – Städte: Paris, Trier, Köln, Vienne, Arles, Mainz, Worms, Regensburg und wie sie alle hießen. In Begleitung seines Vaters hatte er die meisten schon besucht. Sie waren seit der Römerzeit überkommen, doch – wie allerorts Ruinen zeigten – zusammengeschrumpft oder lagen in Trümmern, boten gerade noch Raum für den Bischof und die erforderlichen Kirchen, aber kaum mehr für längere Königsaufenthalte. Und sie bildeten – vielleicht von Italien abgesehen – keinen eigenen Rechtsbezirk; ein spezifisches Stadtrecht gab es noch nicht, einen durchorganisierten Ausgleich zwischen Stadt und Umland noch weniger, eine irgendwie verfaßte Bürgerschaft, ein Bürgertum schon gar nicht. Damit aber fehlte das gesellschaftliche Substrat für so abstrakte Konzepte wie «Gleichheit». Nicht einmal vor dem göttlichen Gericht wurden nach damaligem Verständnis alle gleich beurteilt. Die Adelsgesellschaft, in die Karl hineinwuchs, war durch Ungleichheit geprägt, deren Wahrung zwar «Gerechtigkeit» hieß, deren Wirklichkeit aber «Konkurrenz» und «Konflikt» beherrschten.
An Karls Kindheit erinnerte nur eine späte Legende. Siebenjährig und übermütig, tollte darin der Knabe während des kirchlichen, von Wundern begleiteten Rituals zwischen den ausgehobenen Gräbern für die Gebeine von Heiligen in St-Germain (bei Paris) herum. Seinen ersten Zahn habe er dabei verloren. So will es die Sage, hübsch erzählt und doch erfunden. Daß Kinder spielen und auch künftige Könige ausgelassen herumtollen, kann schwerlich verwundern. Wahr ist die Geschichte dennoch nicht. Karl soll sie selbst erzählt haben. Aber kein erwachsener Mensch erinnert sich, wann und wie er den ersten seiner zwanzig Milchzähne verlor; die zeitlichen Umstände passen obendrein nicht. Karls Geburtsjahr steht nicht mit letzter Sicherheit fest. Sein Biograph Einhard, der den König und Kaiser lange kannte und an seinem Hof diente, erinnerte sich unzutreffend, als er von seinem Tod im 72. Lebensjahr sprach. Mit einiger Wahrscheinlichkeit aber ist Karls Geburt im Jahr 748 zu bestimmen. Der Tag dürfte der 2. April gewesen sein[2]. Das Jahr aber paßt nicht zu der Erzählung vom verlorenen Zahn.
Die Episode, die Historiker so gerne aufgreifen, weil sie sonst aus Karls Kindheit nichts zu berichten wüßten, wurde am Ende des 9. Jahrhunderts fern vom Königshof fingiert, um Besitz und Rechte jener Heiligengräber zu sichern. Der schon legendäre Karl sollte ihnen – und sei es als Kind – dabei zur Seite stehen: ein verbreitetes Erfindungsmuster, doch nichts zur Kindheit des Heros, leider. Die Knabenjahre aller frühmittelalterlichen Herrscher, bestiegen sie nicht bereits im Kindesalter den Thron, entziehen sich unserer Kenntnis. Die Gründe liegen im Desinteresse aller Geschichtsschreiber an der Realität kindlicher Entwicklung und an der Erziehung. Vom Sterben, dem Verlassen der Welt, handelten sie gern, nicht vom Hineinwachsen in dieselbe. Taten wurden gefeiert, nicht Bedingungen. Stereotype Kindheitsmuster wurden verbreitet, keine wirklichen Schicksale.
An Karls Kindheit und Jugend zu erinnern, hielt auch Einhard für überflüssig, da niemand mehr lebe, der sich an sie erinnere. Der Geburtsort ist unbekannt; er könnte aber, so ergibt der damalige Reiseweg der Eltern, in der Pfalz Ver zwischen Paris und Compiègne zu suchen sein; in diesem Raum lag der Schwerpunkt von Pippins Herrschaft[34