Eike Christian Hirsch
Der berühmte Herr Leibniz
Eine Biographie
C.H.Beck
Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) gilt als das letzte Universalgenie. Beim Erwachen hatte der Philosoph, Mathematiker und Erfinder «schon so viele Einfälle, dass der Tag nicht ausreichte, um sie niederzuschreiben», hat er selbst bekannt. Die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte hat den Blick vor allem auf seine Werke gerichtet, aber auch den Menschen Leibniz kennenzulernen ist faszinierend. In dieser Lebensbeschreibung wird er zum ersten Mal als Person lebendig. Dank der Darstellungskunst des Verfassers fühlt man sich dem Genie und dem Menschen Leibniz trotz all seiner Schwächen so nahe, dass man sein Altwerden und sein Sterben voller Mitgefühl, ja mit Trauer erlebt. Aber auch die neue Mathematik, die Monaden oder die Theorie von der besten aller Welten werden so einleuchtend erklärt, dass auch ein philosophischer Laie versteht, worum es dem großen Philosophen ging.
Eike Christian Hirsch zeichnet mit dem Portrait dieses sonderbaren, schwierigen und doch liebenswerten Mannes auch ein Bild der Epoche um 1700, deren überragender Kopf Leibniz war.
Eike Christian Hirsch war nach seinem Studium der Theologie und Philosophie jahrzehntelang Redakteur im Hörfunk des NDR und ist heute Journalist in Hannover. Einem breiten Leserkreis ist er bekannt geworden durch seine Sprachglossen.
Seinem Helden nahekommen
I: Ein neues Leben
Nächtliche Begegnung
Ein Rückblick auf seine Jugend
Kein leichter Anfang
Das Wohlwollen steigt
Besuch bei Christiaan Huygens
Beim viel bedrängten Arnauld
Als Diplomat nach London
Lebensstellung gesucht
Aus London gefüttert und getadelt
Leibniz wollte politisch wirken
2: Pariser Ernte
Das Geheimnis der Zahl Pi
Ein Erfinder wird bestaunt
Geldnot, Beschäftigung, Stellensuche
Malebranche, ein mystischer Rationalist
Geld verdienen, zu einer Stellung kommen
Ehrenfried Walter von Tschirnhaus kommt
Die Erfindung der Infinitesimalrechnung
Es ist kein Bleiben
Die zweite Reise nach London
3: Berufen zum Berater
Zwei Genies aus der Nähe
Die Ankunft
Eingewöhnen
Die Reihe der Anregungen
Verlockende neue Ämter
Heil und Unheil aus dem Westen
Zur Rettung des Harzes
Abschied vom Herzog
4: In den Wind geschrieben
Der neue Herrscher
Drei Mühlen und ein neues Konzept
Ein Hofrat ohne Amt macht spontane Vorschläge
Eine Versicherung
Sorgenkind Catharina
Zum Frankfurter Deputationstag geladen
Sein Ansehen in Hannover und anderswo
Versöhnliche Religionsgespräche
Politischer Beobachter in der Einsamkeit
Das Harzer Krisenjahr geht zu Ende
5: Ein Ende und drei Anfänge
Eine neue Windkunst
Brandenburg wird gewonnen
Ein Mathematiker offenbart sich
Scheitern und noch ein Anfang
Alles für einen Kurhut
Grundsätze in Eis und Schnee
Die wichtigste These des Jahrhunderts
6: Reise in den Ruhm
Auf allerlei Umwegen
Der offizielle Teil der Reise
Es geht doch, wie Leibniz will
Kühne Pläne mit Bischof Rojas y Spinola
Warten auf eine Audienz beim Kaiser
Der Tag ist gekommen
Italien auf eigenen Wunsch
Ein Schatz wird gehoben
7: Wieder Alltag
Empfangen von der Herzogin
Kräftemessen mit Bossuet
Archivar und Briefautor
Nochmal Pellisson und Bossuet
Verbreitung der Physik
Das Neueste und Letzte vom Landgrafen
Leibniz wird berühmt als Mathematiker
Verdacht gegen eine Mutter
Ein Referent der Kurwürde
Den Kurhut auf dem Papier
Nachsicht mit den Schwärmern
Den neuen Hut liegen gelassen
8: Ein neues System
Der deutsche Patriot
Die Affäre Königsmarck
Hoffnung auf den Titel Geheimer Rat
Welfen und Este vereint
Nachfolger eines quälenden Vorbilds
Der Philosoph und die Kurfürstin
Hoch über den Konfessionen
Christian Thomasius und die Dissertation des Neffen
Vergleichende Sprachwissenschaft
Gesundheit, Selbstbeobachtung, Ärzte
Die Rechenmaschine
Das neue System seiner Metaphysik
9: Unter Papierbergen
Neu in der Klasse sieben
Verzettelt, auch aus Sorge vor Kritik
Rijswick, ein schmählicher Frieden
Das feindliche Wolfenbüttel entlarvt
Gespräche mit Helmont zu dritt
Familienpolitik
Novissima Sinica
Der allzu vielseitige Wissenschaftler
Der Zar wird bestaunt
Das Ende des Kurfürsten
Wie weit ist die Welfengeschichte?
10: Der höchste Ratgeber
Ein riskantes Spiel geht auf
‹The Jacobite Letter›
Grosser Besuch
Ein Pfand für die Katholiken
Die Reise nach Wien im Jahre 1700
Den Gegner in die Zange nehmen
Die Union der Evangelischen
Dyadik und I Ching
Der Kaiser von China
11: Kalender für die Wissenschaft
Zunächst ein Observatorium
Ein erster Blick auf Berlin
Steht die Finanzierung, fällt die Entscheidung
Kleiner oder grosser Zuschnitt?
Theoria cum praxi
Ein Gelehrter am Berliner Hof
Unterschriften am Geburtstag
Es geht um Titel, aber auch um Geld
Schmerzlicher Abschied
Die Kärrnerarbeit bleibt
12: Die beste aller Welten
Berliner Gold
Argumente, frisch aus Rotterdam
Prinzenerziehung
Incognito unterwegs
Eine Komödie
Gott nimmt sich einen Anwalt
Feuerkopf John Toland
Ein Buch über John Locke
Prinzessin Caroline
Die Einzigartige geht
Ein Denkmal aus Worten, die Theodicée
13: Blüte und Frost
In Hannover an der Kette
Ein falscher Ratschlag – und doch wieder in Berlin
Gelehrte Herren in der Marine-Stube
Das Seidenwerk und eigene Räume
Drei Kronen
Die Miscellanea
Die Vertrauenskrise
Die Inauguration lockt
Die letzten Jahre als Präsident
14: England als Schicksal
Keine Einladung für die Welfen
Ein Sprengsatz auf Englisch
Das Bildnis des Pretenders
Drei Feldherren
Der Diener zweier Herren in der Klemme
Anton Ulrichs Verwandlung
Englands höchster Adel
Wettstreit mit Newton
Eine Kommission als Tribunal
Mit Widukind bei Premier Bernstorff
Haushistoriker und Bibliothekar
Die Rechenmaschine
Ein Schnellschuss-Gewehr
Von Helmstedt nach Zeitz
15: Für Zar und Kaiser
Mit den Gedanken in Russland
Mehr als nur Briefträger
Die Hochzeit in Torgau
Grosses Welttheater und ein Spielzeug
Karlsbader Papier
Die Nähe des Kaisers
Hannover besänftigen
Reichshofrat mit dem falschen Gehalt
Schwächen und Stärken
Kanzler von Siebenbürgen oder Archivdirektor?
Prinz Eugen
Ein Spiegel ohne Fenster
Leidenschaftliche Gefühle?
Hannover im Blick
Das andere hannoversche Genie
Ein tödlicher Konflikt
16: Dem Ende entgegen
Heimkehren, um überzusetzen
Ein sprechender Hund und ein Perpetuum mobile
Das Ende der Rechenmaschine
Druck auf einen säumigen Historiker
Vollendete Geschichtsschreibung
Noch einmal den Zaren sehen
Merkwürdige Helfer in Wien
Ein Kranker will reisen
Streit um den Weltuhrmacher
Schreckensmeldungen aus Wien
Besuch eines alten Berliners
Die letzten Tage
Das Sterben
Zweimal beigesetzt
Ein Nachruf
Danksagung
Bildnachweis
Farbtafeln
Zeittafel
Register
Fußnoten
Der Enzyklopädist Denis Diderot (1713–1784):
«Wenn man zu sich selbst zurückkehrt, und die Talente, die man empfing, mit denen eines Leibniz vergleicht, ist man versucht, die Bücher von sich zu werfen und in irgendeinem versteckten Winkel der Welt ruhig sterben zu gehen.»
Dieses Buch über ein randvolles Leben beruht auf Ergebnissen der Leibnizforschung, trägt die Fakten aber, wo es geht, auch gern im Erzählton vor. Der Verlag hat mich gebeten, mit Rücksicht auf die Leser keine Fussnoten zu verwenden. Trotzdem kann man sich auf die Darstellung verlassen, denn um Fiktion geht es nie, und wenn ich Zusammenhänge nur erschlossen habe, ist das vermerkt. Selbst wo Leibniz im Dialog zu reden beginnt, habe ich mich eng an seine belegbaren Ansichten gehalten. Kleine Szenen, wörtliche Rede – diese Zugeständnisse an die Lesbarkeit sollen helfen, den unvergleichlichen Leibniz vielen Menschen nahezubringen.
Genies haben einen guten Charakter und sind in allem gross! Diesem üblichen Vorurteil verfällt leicht, wer das Leben eines bedeutenden Menschen beschreiben will. Auch ich wollte ursprünglich meinen Helden vorbildlich und stark sehen. Als ich mehr von Leibniz erfuhr, schien er mir hingegen allzu menschlich, und ich habe mich an ihm gerieben. Doch je näher ich ihm kam, desto mehr mochte ich diesen Mann, und ich fand seine Schwächen nicht mehr störend und seine Niederlagen nicht mehr peinlich. So bin ich ihm selbst begegnet, auch wenn es schwer ist, ihn zu verstehen, denn Leibniz hat wohl nie einen anderen in sein Herz blicken lassen. Zugleich glaubte ich, seine Grösse immer besser erkennen zu können. Für mich wurde er zu einem Visionär der Wahrheit.
Seine theoretischen Entwürfe zur Deutung der Welt – etwa der Versuch, Atom und Geist zur ‹Monade› zu vereinen – fesseln noch heute die Nachdenklichen. Andererseits mag man den Kopf schütteln über seine Ungeschicklichkeit in praktischen Fragen. Obwohl es ihm an Urteil fehlte, wollte er in die Politik, und das hiess, an die Höfe, wo er die Herrscher beraten, sogar regelrecht anleiten wollte. Eigentlich müsste man von Grössenwahn sprechen – wenn es nicht um diesen sonderbar klugen Menschen ginge.
Es trieb ihn überallhin, so suchte er ebenso die Nähe von Erfindern, Abenteurern und Goldmachern, wie er in Konkurrenz trat zu den grössten Gelehrten seiner Zeit.
Angeregt zu diesem Buch hat mich Friedrich Oehler, der schon 1991 die Idee hatte, es müsse eine neue Leibniz-Biographie geschrieben werden, und mich dafür gewonnen hat. Den Auftrag gab mir Günter Schmidt von der Landschaftlichen Brandkasse Hannover, einem Unternehmen, das seine Gründung im Jahre 1750 auf einen frühen Vorschlag von Gottfried Wilhelm Leibniz zurückführt. Beiden, die mich angeregt und gefördert haben, gilt mein besonderer Dank.
Diese dritte Auflage erscheint zum dreihundertsten Todestag des Denkers und wurde, soweit es mir möglich war, erneut auf den Stand der Wissenschaft gebracht. Nicht zuletzt hat die Forschung nun ergeben, dass die Leibnizsche Rechenmaschine als ein vollkommenes Meisterwerk erdacht war und – baut man sie heute nach dem neuesten Stand der Fertigungstechnik – fehlerfrei funktioniert. Eine unglaubliche Leistung unseres Gedankengenies.
Neu hinzugekommen ist auch die Zeittafel, die einen Überblick über das Leben von Leibniz gibt.
Hannover, im Februar 2016 |
Eike Christian Hirsch |