VIIVorwort: Schöne neue Welt
Ich beschäftige mich seit nunmehr 30 Jahren mit Forschung und Beratung in Sachen Marke. In den letzten zwanzig Jahren spüre ich einen Umbruch, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt habe. In dieser Zeit gab es eine ganze Reihe von Meilensteinen der Entwicklung. Zwei davon, die wir alle hautnah erlebt haben, sind der Start der Suchmaschine Google im Jahr 19971 sowie die Einführung des iPhone von Apple im Jahr 2007. Seitdem ist viel passiert.
Viele von uns haben diese Anpassungen, die unser Leben einfacher, leichter und vernetzter gemacht haben, sicherlich beiläufig wahrgenommen. Sie sind in einem schleichenden Prozess Teil unseres Lebens geworden. Hätten wir die Möglichkeit, das Ganze im Zeitraffer Revue passieren zu lassen, wären wir alle von dieser Entwicklung überrascht. Sie ist so groß wie bei der zweiten industriellen Revolution vor 120 Jahren. Damals mussten Unternehmen nicht nur die Elektrifizierung einsetzen, um einen Produktivitätsschub zu erreichen, sondern auch die Herstellungsprozesse komplett neu gestalten. Die Umstellung dauerte 30 Jahre. Sie verlief somit keinesfalls schlagartig oder „disruptiv“, sondern vollzog sich in kleinen Schritten.
Heute sind wir am gleichen Punkt. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz fordern Manager und Mitarbeiter in Unternehmen gleichermaßen. Veränderung ist in einer Geschwindigkeit notwendig, die wir bislang nicht gewohnt waren. Klassische Unternehmen hinken hier den Digitalunternehmen hinterher. Es herrscht eine digitale Kluft.
Die digitalen Angreifer drohen klassische Branchen zu überrollen: Uber ist das größte Taxi-Unternehmen der Welt ohne eigene Taxis, Alibaba ist der weltweit größte Händler ohne eigene Lagerbestände, Netflix ist der größte Filmhaus ohne eigene Kinos und WhatsApp und WeChat die größten Telekommunikationsanbieter ohne eigene Telekommunikationsinfrastruktur.
Soziale Medien wie Facebook, Instagram, Snapchat, um nur einige zu nennen, sind die neue kommunikative Währung der digitalen Generation, während ältere Generationen nach wie vor fernsehen und die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder den Stern lesen.
VIIIKonsumenten sind längst keine passiven Empfänger von Botschaften mehr. Sie haben sich zu aktiven Akteuren gewandelt. Konsumenten forcieren Themen und können dadurch einen enormen Einfluss auf den Erfolg von Marken und Unternehmen nehmen. Im Netz entscheiden sie mit einem Klick, welche Marken und Unternehmen sie negativ bewerten und abwählen oder aktiv in ihren Netzwerken promoten.
Kein Wunder, dass sich Manager bei der Gestaltung geeigneter Maßnahmen als Antwort auf diese Herausforderungen oft überfordert fühlen. Dies trifft nicht nur auf Manager zu. Auch viele Kunden werden durch diese Beschleunigung förmlich überrollt, weil sie immer noch mit den mentalen Programmen der Steinzeit arbeiten. Sie können die Flut verfügbarer Informationen nicht bewältigen, geschweige denn sich einen Überblick in allen Bereichen bewahren. Gerade ältere Menschen sind oft hoffnungslos überfordert durch die neuen Anforderungen, die die Digitalisierung und Technologiesprünge an sie stellen. Dies gilt übrigens auch für Digital Natives, also die Generation, die mit den neuen Technologien groß geworden ist. Sie sind zwar technologieaffin und technologieerprobt, weil es das ist, mit dem sie groß wurden. Allerdings wirkt sich das ständige „on“ sein negativ auf Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit aus. Daraus ergibt sich der Wunsch nach Vereinfachung, Entlastung und Orientierung. Marken können eine solche Orientierung in der Flut der Informationen und Angebote bieten. Sie sind der Rettungsanker in einer Welt, in der Informations- und Kommunikationsströme über Kunden hinwegbrechen.
Die meisten Manager, mit denen ich spreche, sehen in der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz allerdings auch eine große Chance für Unternehmen und Marken. Sie treiben dabei oft die gleichen Fragen um:
- Wie bereit ist mein Unternehmen für den Wandel? Wie sieht es mit der Bereitschaft und den Fähigkeiten aus, den notwendigen Wandel wirksam einzuläuten?
- Haben wir im Unternehmen die richtige Haltung, aus der wir den Wandel initiieren können oder hemmen unsere Denkmuster und Werte die notwendigen Anpassungen?
- Wie können wir die Stärke der Marke nutzen, um den Wandel voranzutreiben?
- Wie können wir die Digitalisierung nutzen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln? Trägt unsere Marke solche Entwicklungen oder ist dafür eine neue Marke zu entwickeln? Kannibalisiert das neue Geschäftsmodell möglicherweise unser bisheriges?
- IXWie schaffen wir es mit unserer Marke, bei der herrschenden Informationsflut auf die Menükarte der Kunden zu kommen?
- Wie können wir die Kommunikation und Interaktion mit Kunden effektiv und effizient aufstellen, um mit der Marke relevant zu bleiben? Wie können wir die Interaktion mit Kunden verstärken, um Kundenbedürfnisse besser zu erspüren sowie deren Know-how bei der Entwicklung neuer, relevanter Produkte und Services zu nutzen?
- Wie können wir uns in die Lebens- und Erfahrungswelt der Kunden mit unserer Marke einklinken, um für diese relevant und unverzichtbar zu werden?
- Wie schaffen wir Bindung und Botschafter für die Marke?
- Wie nehmen wir die Mitarbeiter mit auf die Reise, damit diese ihre Wertbeiträge für die Marke kennen und sich 100 Prozent für den Erfolg der Marke engagieren?
Sie wissen, dass alte Erfolgsrezepte oft nicht mehr ausreichen, um diese neuen Herausforderungen zu meistern. Insofern ist meist der erste Reflex, alles zu verändern und neue Herausforderer zu kopieren. Das ist mehr als nachvollziehbar, allerdings nicht zielführend. Ohne Frage ist es sinnvoll, sich Impulse von Best Practices aus anderen Branchen zu holen. Allerdings lassen sich solche Ansätze und Konzepte meist nicht 1:1 übertragen, weil dazu die Kulturen und Ausgangssituationen in den Unternehmen zu verschieden sind. Entsprechend bedarf es einer Adjustierung von dem aus anderen Branchen Gelerntem.
Zudem gilt es, an den eigenen Stärken anzusetzen und diese wirksam weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz sind hierbei Mittel zum Zweck. Sie sollten aus der Stärke der Marke und mit Blick auf den Kundennutzen genutzt werden, um den künftigen Erfolg zu sichern. Dies bedingt ein genaues Abwägen, welche Wirkungsmechanismen bzw. Mittel und Wege zur Kundenbeeinflussung nach wie vor gelten und welche zu adjustieren sind.
Wie Sie von dem Buch profitieren können
Dieses Buch reflektiert meine Forschungserkenntnisse sowie meine Erfahrungen von mehr als 600 Markenprojekten mit Kunden unterschiedlichster Branchen, vom DAX-Unternehmen zum Hidden Champion und Familienunternehmen, von B2C, B2B bis zu Dienstleistungen, von klassischen Unternehmen der Realwirtschaft bis zu Digitalunternehmen. Zudem sind darin auch viele intelligente Ansätze und Erkenntnisse von anderen Forschern und praktischen Quellen enthalten, die mir Inspiration beim Schreiben waren.
XIch zeige Ihnen im Folgenden wichtige Stationen auf einer erfolgreichen Reise zur Marke 4.0. Unter Marke 4.0 verstehe ich eine zukunftsfähige Marke für das digitale Zeitalter, die die Klaviatur der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz spielt und mit der realen Welt verknüpfen kann. Diese Stationen sind wissenschaftlich fundiert, werden durch viele Studien und Erkenntnisse gestützt und sind vor allem praktisch erprobt. Die Stationen stellen für Sie einen Handlungsrahmen dar, sind aber kein einfaches Rezeptbuch. Dazu ist das Thema zu komplex und vielfältig. Die Ausgangslage in Unternehmen ist zudem meist sehr unterschiedlich.
Insofern lade ich Sie ein, die Inhalte dieses Buches als Anregungen zu sehen und sich damit kritisch auseinanderzusetzen. Vor allem bitte ich Sie, das Ganze vor dem Hintergrund Ihres eigenen Unternehmens zu reflektieren. Dabei helfen Fragen wie „Wie ist der Stand in unserem Unternehmen, wo können wir uns weiter entwickeln?“, „Was wäre, wenn wir diese Idee auf unser Unternehmen übertragen würden?“, „Wie lässt sich dieser Ansatz in unserem Unternehmen realisieren?“, „Was hindert uns daran, gewisse Erfolgsmuster aufzugreifen?“ usw.
Sie als Manager sind besonders gefordert, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen und diese erfolgreich zu nutzen, um Ihre Marke auch künftig zum Glänzen zu bringen. Dieses Buch kann Ihnen dabei auf dem Weg zur Marke 4.0 helfen. Und denken Sie daran, es lohnt sich, denn:
Am Ende des Tages macht die Marke den Unterschied.
Saarlouis, im August 2019
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Franz-Rudolf Esch
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1Teil A
Willkommen in der digitalen Welt
253Stichwortverzeichnis
A
Abverkauf 22
Action Unit 14
Aggregator 32
Agile Development 35
agiler Prozess 33
Ähnlichkeit 198
aktivierungsstarker Reiz 139
akustisch 168, 170
akzeptierte Marke 125
Analytics 45
Anker der Marke 73
anlassbezogene Kundenreise 191
Anpassung 10
Anpassungsfähigkeit 31
Anpassungsprozess 32
Anreiz- und Zielsystem 122
Anstoß für Mundpropaganda 144
App 173
AR-Funktion 177
AR-Produktpräsentation 177
Asset 10
Attraktivität 198
Aufmerksamkeit 48, 126, 138
Aufmerksamkeitsgunst 139
Aufmerksamkeitsspanne 48, 126, 137
Aufnahmefähigkeit 109
Augmented Reality-App 107
Augmented Reality (AR) 173
Augmented Reality-Spiegel 224
Auslöser 195
Authentizität 158
Autopilot 66
Avatar 40
B
B2B-Bereich 98
B2B-Nutzenpyramide 98
B2B-Unternehmen 132
B2C-Bereich 98
Balanced Scorecard 55
Banner Blindness 140
Bauplan 104
Bedürfnispyramide 73, 97
Bedürfnisse und Wünsche 21
Beeinflusser 154
Beeinflussungshoheit 199
Beeinflussungswirkung 192
begeisterndes Erlebnis 187
Begleitung und Beobachtung 102
begrenzte Informationsaufnahmekapazität 24
begrenzte Verarbeitungskapazität 24
Beharrungsvermögen 35
bekannte Persönlichkeiten 196
Bekanntheit 46
Benchmark 190
Beobachtung 85
Berührung 168
Berührungspunkt 49
Beteiligung 118
Bewertungsportal 23
Bezahldienst 82
Big Data 19, 225
Bindung 131, 201
– affektive 201
– emotionale 202
– kognitive 201
– soziale 194
Blaupause 234
Blog 157
Blogger 127
Bonusprogramme 208
Bonuspunkt 99
Brand Engagement 212
– moderates 214
Browser 127
Business Model Canvas 103
Business Model Navigator 103
C
Change 54
Change-Management-Prozess 35
Chat-Bot 17
Chat-Protokoll 160
Chief Digital Officer 222
Coach 207
Co-Creation 216
Commitment 46, 110
Community 26
Consistency 184
Content 49, 149
254Content bedienen 128
Content entwickeln 129
Content Management 45
Content Marketing 156
Conversational Commerce 130
Costs 184
Cross-Selling 22
Crowdsourcing 215
Crowd Voting 218
Customer Experience Journey 185
Customer Influencer Value 213
Customer Journey 176, 182
Customer Knowledge Value 213
Customer Referral Value 213
Customer Relationship Management 20
Customer Touchpoint Tracking 182
D
Dash Button 131
Dataismus 19
Daten 19
Datenmacht 19
dauerhafte Verankerung 112
Dauerpräsenz 137
Define 161
Denksystem 1 67
Design Thinking 161
Design-Thinking-Prozess 100
Dienstleistungsgüter 132
Digital-Diät 167
digitale Anthropologie 159
digitale Gemeinschaft 137
digitale Lösung 93
digitale Pinnwand 114
digitaler Kommunikationskanal 45
digitaler Kontaktpunkt 184
digitaler Wandel 10
digitales Werkzeug 189
digitale Technik 159
digitale Transparenz 23
digitale Workcloud 122
Digital Immigrants 134
Digitalisierung 3
Digital Natives 134
Digital Sale 45
Direct-to-Consumer Brands 215
Direct-to-Customer-Marken 188
Disruption 221
Disziplin 34
Diversity 60
DNA 65
Double-Loop-Lernprozess 120
Durchsetzungsgrad 121
E
Earned Touchpoint 184
E-Commerce-Website 131
Eigenschaft 68
eingefrorene Kaufentscheidung 201
Einheitsbrei 141
Einkaufserlebnis 19
Einkaufsgewohnheit 21
Einkaufsliste 131
Einkaufsverhalten 19
„Ein-Klick“-Prozess 207
Einstellung 88
E-Learning-Programm 114
elektronischer Newsletter 157
Emotion 14, 25
emotionaler Reiz 139
emotionales Involvement 133
Empathic Design 86
Empathic Research 159
Empathie-Wert 167
Empathize 161
Empowerment 119
Enabler 113, 119
Engagement 46, 110, 131
– der Kunden 110
– der Mitarbeiter 110
Entlastung 27
Entscheidung 25
Erfahrungsbericht 127
Erlebbarmachen 168
Erlösstruktur 105
Erwartung 134
E-Sport 188
evolutionstheoretisch 166
Evolutionstheorie 31
experimentelles Testen 91
Experten 196
Expertise 84
Exploration 102
extensive Kaufentscheidung 128
F
Facial Affect Coding System 14
Fallstudie 157
Fans 211
Fanseite 160
Fast Moving Consumer Goods 132
Feedbackgespräch 121
finanzielles Risiko 133
255Find a new bus-Prinzip 122
Fit for Future 35
Flow 177
FMCG-Bereich 132
Fokus 34
Fokusgruppe 102
Fokussierung 74
Follower 184
formale Muster 144, 145
Fremdbild 66
Frühadaptoren 199
Führungskraft 48, 114
Führungskräftetagung 111
Führungsnachwuchs 111
funktionales Bedürfnis 98
funktionales Risiko 133
Funnel 48
G
Gain Point 186
Game Changer 199
Gamification-Ansatz 115
Gamingwelt 188
Gattungsmarke 130
gedanklich überraschender Reiz 139
Gefühl 25, 68, 194
– negatives 194
– positives 194
gelernte Muster 134
Geruch 168
Gerücht 148
Geschäftsidee 79
Geschäftsmodell 32
Geschichte 138
Geschmack 168
geschmacklich 170
gesellschaftliche Entwicklung 149
gesellschaftsrelevantes Thema 150
Gesichtserkennung 14
Gesprächsrunde 121
Gewinnspiel 213
Gießkannentechnik 113
Gimmick 188
gläserner Konsument 20
Glaubwürdigkeit 198
großer Einfluss 197
großes Netzwerk 197
Gruppe 26
Gruppenzugehörigkeit 26
H
Haltung 34, 36
Haltungshaus 54
Haltungskampagne 157
Handlungsalternative 25
Handlungsimpuls 61
Handshaker 113
haptisch 170
Hard Fact 67
hierarchische Kultur 54
I
Ideate 161
Ideenwettbewerb 218
Image 46
Imagery-Theorie 166
Immersion 161
Impact 184
Implementierungsplan 121
Implementierungsprogramm 116
Incentivierung 218
Influencer 26
Influencer Marketing 197
Informationsanfrage 138
Informationsflut 24, 112, 136
Informationsmüll 136
Informationsüberlastung 136
Informationsüberschuss 136
inhaltliche Muster 144, 145
Innovationsplattform 216
Innovationsprozess 88
In-Person-Event 157
Insellösung 177
Integration 112
intelligente Datenanalysemöglichkeit 20
Interaktion 112, 160
Interaktionsweg 32
Interesse 21, 88
interne Bestandsaufnahme 183
interne Kommunikation 110
Internet 107
Intranet 114
Involvement 109, 127, 133
J
Jobs to be done 88
K
Kaleidoskop 100
Kampagne 45
Kampagnenmanagement 45
256Kanal 104
Kannibalisierung 140
Kaufentscheidung 28
Kausalitäten 225
Kern der Leistung 202
Kern der Story 148
Key Performance-Indikator 55
klares Signal 49
klassischer Kommunikationskanal 45, 109
Klick 19, 30
Klickverhalten 184
kohärenter Reiz 167
kohortenabhängig 134
Kommentar 184
Kommunikationsbudget 142
Kommunikationsimpuls 126
Kommunikationsumfeld 142
Kommunikationsweg 32
Kommunikationswettbewerb 139
komparativer Wettbewerbsvorteil 21
Kontaktpunkt 66
Kontaktpunktinnovation 187
Kontaktpunktperformance 185
Konvention 89
Konzentrationsfähigkeit 137
konzeptuelles System 169
Korrelationen 225
Kostenstruktur 105
KPI 64
Kreativ-Hub 93
Kreativität 14, 47, 90, 141
Kreativitäts-Session 91
Krise 9
kulturelles Umfeld 101
Kundenbedarf 19
Kundenbewertung 23
Kundenbeziehung 105, 212
Kundenbindung 22, 49
Kundenbindungsprogramme 208
Kundendaten 20, 189
Kundenengagement 50, 212
Kundenerlebnis 19
Kundenexploration 85
Kundenfunnel 125
Kundenintegration 50
Kundeninteraktion 187
Kundennutzen 34
Kundenpräferenz 17, 22
Kundenreise 49, 182
Kundensegment 21, 104
Kundenverständnis 20
Kundenversteher 85
Kundenzentrierung 19
Kundenzufriedenheit 110
künstliche Intelligenz 3, 13
kuratieren 207
L
Laddering-Methodik 89
Laissez-Faire-Haltung 37
latenter Kundenbedarf 85
latenter Kundenwunsch 158
latentes Kundenbedürfnis 158
Leadership 112
Leadership-Skill 37
Leading Change 110
Leads 22
Lebensphase 101
Lebensstiltyp 88
Leistung
– emotionale 202
– faktische 202
lernende Organisation 36
Lernprozess 120
Life Experience Tracking 186
Lifestyleunternehmen 132
Logik der Optimierung 142
Loyalität 131, 201
Loyalitätsschleife 200
Loyalty Loop 108, 200
Luxusunternehmen 132
M
Magical Number Seven Plus/Minus Two 27
Maluspunkt 99
Marke 65, 73
– austauschbare 30
– präferierte 125
– verzichtbare 30
Markenbild 57
Markenbildung 125
Markenbindung 201
Markenbotschaft 49
Markenbotschafter 117
Markencommunity 114, 160
Markencontent 129
Markenengagement 212, 214
– geringes 214
– starkes 214
Markenfunnel 125
Markengeschichte 115
Markenidentität 65
257Markenimage 66
Markenkonto 57
Markenloyalität 212
Markenperformance 134
Markenpositionierung 65
Markenselbstbezug 204
Markenstärke 65
Markenstärkung 125
Markensteuerrad 70
Markenwert 65
Markenwertranking 6
Marketingökosystem 177
Marktentwicklung 85
Marktkapitalisierung 9
Marktkenntnis 84
Marktversteher 85
massenkommunikative Maßnahme 109, 114
Maßnahmenpaket 114
Medienmarke 151
Medienpräferenz 21
Mehrwert 208
Meinungsführer 154
Meinungsführerschaft 24
Mere Exposure-Effekt 67
Mission 37
Mitarbeiter 48
Mobile First-Ansatz 162
Mobilgerät 161
Moment of Truth 126
Monitoring 85
Mooresches Gesetz 13
Motivator 119
Multiadditivität der Wirkung 170
multisensorische Verstärkung 167
Multisensualität 112
Multitasking 137
Mundpropaganda 49
– positive 127
Muster 138
Muster des Funnels 132
Muster in Unternehmen 89
N
Nachhaltigkeit 60, 112
Netnographie 85, 159
Netzwerkkultur 54
Neuromarketing 231
Neuronale Studie 26
Neuronen 167
Neurowissenschaftler 25
NFC-Chip 40
nonverbale Eindrücke 68
nonverbaler Reiz 169
nonverbales Signal 166
Nutzen 68
Nutzer 86
O
Offline-Mundpropaganda 193
Ökosystem 94
olfaktorisch 170
Omnichannel-Strategie 186
One Size Fits All-Ansatz 113
Onlinemarke 30
Online-Mundpropaganda 193
Onlinesortiment 19
organisatorisches Silo 186
Orientierung 27
Orientierungsreaktion 139
Originalität 141
Owned Touchpoint 183
P
Paid Touchpoint 183
Pain Point 186
Peak Performance 35
Performance 37, 122
personalisierter Empfehlungsprozess 207
persönliche Maßnahme 114
persönlicher Kontaktpunkt 184
Persönlichkeit 14, 204
Persönlichkeitseigenschaft 69
Perspektivwechsel 100
physisch intensiver Reiz 139
Pilot 66
Plattform 32
Plattform für ganzheitliches Erleben 158
plattformübergreifend 163
Playing to Win 55
Point of Sale 126
Points-of-Difference 99
Points-of-Parity 99
Positioning 73
Posting 186
Präferenzbildung 66
präfrontaler Cortex 25
Prägung 66
Präventivmaßnahme 114
Predictive Maintenance 207
Preisbereitschaft 170
Preis-Premium 86
258Priorisierung 184
Privacy Paradox 99
Product Genius 131
Produkt 57
Produktinvolvement 132
Produktlinie 57
projektive Technik 102
Prototype 161
psychographisches Kriterium 88
Purpose 54
Q
qualitative Technik 85
R
Reach and Frequency 184
reales Erleben 166
Recruiting 115
Reflektion 36
Regulativ 119
Reichweite 198
Relevant Set 126
Relevanz 112
Resistenz gegen Wandel 35
Return on Education 121
Retweet 184
Risikoreduktionsfunktion 29
S
Scanning 85
Schlüsselaktivität 105
Schlüsselpartner 105
Schlüsselressource 105
Schulungsprogramm 116
Schutzschirm 9
schwaches KI-System 16
Seamless Experience 49
Search 45
Searcher 127
Second Moment of Truth 126
Selbstbild 66
Selbstdarstellung 204
selbstlernendes System 13
Sharing Economy 82
Shitstorm 23, 218
Shoppingerlebnis 186
sichtbare Signale 195
Silodenken 182
Sinne 169
situatives Involvement 176
Small Data 225
SMART 64
Smartphone 5, 130
Smart Speaker 130
Social Capital Theory 194
Social Listening 85, 159
Social Media 23
Social Media Monitoring-Software 159
Soft Fact 67
Software-Tool 20
somatische Marker 26
soziale Integration 26
soziale Medien 23
sozialer Austausch 194
sozialer Einfluss 179
sozialer Vergleich 26
soziales Risiko 133
soziales Umfeld 100
starkes KI-System 16
Stärkung der Marke 22
Startup-Mentalität 92
Stereotypen 141
Strategiehaus 54
Streuverluste 193
Suchalgorithmus 138
Survival of the Fittest 31
Sweetspot 150
Symbolik 112
symbolische Handlung 117
Sympathie 198
Synästhesie 170
System 1 67
System 2 67
Systemgeschäft 132
Systemtechnologie 132
T
Tablet 130
Tagebuch 102
Talk of the Town 129
Technologiefortschritt 36
technologische Singularität 16
Test 161
Testbericht 127
Themenführerschaft 24
Tiefeninterview 102
Tipping Point 179
To go-Produkt 100
Touchscreen 5
Transaktion 21
Transaktionen 212
Transformation 12
Transformationsprozess 54
259Trendsetter 199
Turing-Test 16
U
Überzeugungswirkung 114
umgekehrt U-förmige Kurve 179
Unternehmensstrategie 56
Unternehmenswert 37
Unternehmenszweck 37
Unternehmerpersönlichkeit 111
Unterscheidungsmerkmal 73
unverkennbare Muster 195
unzufriedener Kunde 110
V
Veränderungsbereitschaft 36
Veränderungsprozess 9
Veränderungswille 36
verdichtete Information 28
vereinfachte Kaufentscheidung 128
Vereinfachung 112
Vergessenskurve 120
Vergleichsportal 23
Verhaltensprogramm 27
Vernetzung und Integration mit Kunden 46
Vertrautheit 198
viral 163
virale Verbreitung 163
virtuelle Konsum-Community 160
virtueller Assistent 173
virtueller Dash Button 131
Vision 36
visuell 170
visueller Reiz 168
Vorbild 46, 117
Vorkaufphase 156
W
Wachstumsdiamant 100
Wachstumsinkubator 100
wahrgenommene Passung 198
Wandel 32
Wandlungsfähigkeit 36
Website 19, 81
– responsive 161
Wechselwahrscheinlichkeit 86
weiches Signal 85
Weiterempfehlung 86
Wertbeitrag 104
Werte 61
Werte-Alignment 122
Wertegemeinschaft 53
Wertschöpfungskette 40
wertvollste Marken 10
Wettbewerbsvorteil 19
Wiedererkennbarkeit 144
Wiedererkennen 126
Wiederkauf 126
Wirkungsverstärkung 49
W-LAN 40
World Café 111
Wow-Effekt 182
Z
Zero Moment of Truth 48, 126
Zielgruppe 88
Zielgruppenpyramide 113
ZMOT 126
Zukunftstreiber 73
Zukunftswerkstatt 91
zweites Betriebssystem 92
3Kapitel I. Eine kleine Reise mit der Zeitmaschine
Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie unerreichbar. Für die Verzagten ist sie unbekannt. Für die Kühnen ist sie ideal.
Victor Hugo
Im großen Jahresrückblick der Wochenzeitung „Die Zeit“ für das Jahr 2017 faszinierte mich eine Abbildung, die sinnbildlich für die derzeitige Entwicklung durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz steht. Es ging um die Frage, wer einem zuhause zuhört (Abbildung 1).
Sicherlich kann der ein oder andere von Ihnen nachvollziehen, dass es weniger die eigenen Kinder oder der Ehepartner sind – Ausnahmen gibt es immer! Würden Sie als Hundebesitzer Ihren Hund in der Pole Position sehen, sprächen sicherlich gute Gründe dafür, etwa Leckerlis zur Belohnung. Allerdings waren Hunde und Katzen als Option nicht aufgeführt. Stattdessen führte unangefochten die aufmerksame Alexa von Amazon als interessierte Zuhörerin das Feld an.1
Alexa erfüllt Ihnen jeden Wunsch: Auf Wunsch dimmt sie das Licht, streamt eine Playlist mit Ihrer Wunschmusik, nimmt Bestellungen auf und informiert Sie über Wetter und Uhrzeit. Und dies ohne zu
Abbildung 1: Wer hört Ihnen zuhause zu?
4zögern oder zu murren. Willkommen in der Zukunft. Was früher nur in Science-Fiction-Filmen vorstellbar war, ist heute gelebte Realität.
Hätten wir eine Zeitmaschine, könnten wir uns beliebig zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bewegen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten die Veränderung der Welt wie Michael J. Fox in dem Film „Zurück in die Zukunft“ in einer solchen Zeitmaschine erleben. Sie wären sprachlos von der Geschwindigkeit des Wandels in den letzten Jahrzehnten.
Ein Beispiel: Am 21. September 1983 bekam der US-Konzern Motorola die Zulassung für das erste kommerziell vertriebene Mobiltelefon der Welt mit dem Namen DynaTAC 8000x. Dieses Mobiltelefon hatte eine markante „Knochen“-Form und wurde zum Design-Klassiker (Abbildung 2). 1984 hielten die ersten Kunden das DynaTAC 8000x in der Hand. Mit einem Gewicht von knapp 800 Gramm und einer Höhe von 25 Zentimeter – ohne Antenne – war es nicht für die Hosentasche geeignet. Der stolze Preis von 3.995 Dollar schloss eine Verbreitung im Massenmarkt aus. Dafür bekam man rund eine halbe Stunde Gesprächszeit und einen Speicher für 30 Telefonnummern. War der Akku leer, musste er zehn Stunden lang aufgeladen werden. Dennoch war es eine Revolution: Die bisherigen „Mobiltelefone“ waren fest in Autos verbaut oder mussten wie ein Koffer getragen werden.2
Abbildung 2: Zur Erinnerung: das erste „Mobil“telefon
Es war eine Zeit, in der Briefe und Faxe der Standard der Kommunikation waren. Niemanden störte es wirklich, wenn nicht prompt eine 5Antwort zurückkam. Das ist heute undenkbar. Eine Antwort, die nicht am gleichen Tag erfolgt, wird als Indikator für Desinteresse gewertet. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts saß ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung der Universität des Saarlandes an einem Großrechner, um statistische Auswertungen für Studien durchzuführen oder Expertensysteme zu programmieren. Am nächsten Morgen konnte ich im Rechenzentrum der Universität die Ausdrucke mit den Ergebnissen abholen. War ein Befehl falsch eingegeben, konnte man das Prozedere von vorne beginnen und eine weitere Nacht auf das Ergebnis warten. Erzählen Sie dies heute einmal einem jungen Studenten oder Doktoranden. Sie würden auf Unverständnis stoßen. Heute ist das Gleiche auf jedem Notebook innerhalb von Sekunden machbar.
Anpassung ist ein schleichender Prozess. Wir sind uns dessen oft nicht bewusst.
Viele von Ihnen können sich noch an Zeiten erinnern, in denen die Eltern den Kindern im Restaurant Malstifte und ein Blatt Papier in die Hand drückten, um in Ruhe essen zu können. Heute dient das Smartphone mit einem spannenden Kinderfilm als Ersatz – und es wirkt. Wenn Sie heute Kindern ein altes Wähltelefon, einen Kassettenrekorder oder einen Walkman in die Hand drücken, werden Sie auf Unverständnis stoßen: Wer mit Touchscreens und „Wischen“ groß wird, drückt keine Tasten mehr.
Wir können uns heute ein Leben ohne Smartphone kaum noch vorstellen. Und es wäre unvorstellbar, dass es nicht in unsere Hosentasche passt. Das Smartphone ist unser Tor zur Welt, unser mobiler Arbeitsplatz, unsere Unterhaltungsquelle. Es dient dazu, dass wir mit Fotos festhalten, was wir gerade sehen und umgehend mit Freunden teilen.
Auf die Frage „Worauf würden Sie lieber ein Jahr lang verzichten als auf Ihr Mobiltelefon?“ wurden folgende Antworten gegeben: Auf Essen gehen hätten 64 Prozent der Befragten verzichtet, auf das Haustier 51 Prozent, auf Urlaub 50 Prozent und bei der Gretchenfrage „Handy oder Sex“ hätten 38 Prozent der Befragten lieber ein Jahr lang ohne Sex gelebt als ohne Handy (Abbildung 3).3 Willkommen in der digitalen Welt!
Anpassung ist ein schleichender Prozess, im Zeitraffer fallen einem allerdings die Veränderungen wie Schuppen von den Augen.
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Abbildung 3: Handy oder Sex?
Die Digitalisierung macht in vielen Bereichen das Leben einfacher, leichter, besser und schöner. Für Marken kann die Digitalisierung ein Sprungbrett sein, um Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen. Marken, die es verpassen, sich anzupassen, laufen Gefahr, für Menschen bedeutungslos zu werden. Ein erster, ohne Frage grober Indikator dafür sind Markenwertrankings.
Menschen nutzen das, was ihnen das Leben einfacher, leichter, besser und schöner macht.
Markenwertrankings als Spiegel der Veränderung. Reisen wir in der Zeitmaschine in das Jahr 2000, führte Coca-Cola das Ranking der wertvollsten Marken der Welt an, Nokia lag auf Rang fünf. Die großen Vier Amazon, Facebook, Google und Apple steckten entweder noch in den Kinderschuhen, waren wie Facebook noch gar nicht auf der Welt oder rangierten unter „ferner liefen“. Im Jahr 2007 war das Ranking noch sehr ähnlich, die Stabilität der ersten Plätze zeugte von einer klaren Dominanz der dort gelisteten Marken, allen voran mit Coca-Cola und wiederum mit Nokia auf Rang fünf. Sie alle wissen, warum ich ausgerechnet das Jahr 2007 als Referenz nehme: Es ist die Geburtsstunde des iPhone. Der Tag, an dem Steve Jobs „another big thing“ ankündigte und auf der Bühne zelebrierte, was dieses kleine Gerät alles konnte. Das iPhone war ein game changer. Das Unternehmen rangierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter den top ten der wertvollsten Marken der Welt.
Im Jahr 2018 zeigt sich die Welt der wertvollsten Marken in anderem Licht. Apple ist die unangefochtene Nummer eins, gefolgt von Google und Amazon, Microsoft und Samsung folgen mit Abstand auf den nächsten Plätzen und Facebook nimmt Rang neun für sich in Anspruch: Tech-Konzerne dominieren das Ranking (Abbildung 4).
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Abbildung 4: Markenwertranking im Jahr 2000, 2007 und 2018
Von der alten Welt der Konsumgüter ist Coca-Cola die einzige verbliebene Marke, allerdings mit deutlichem Wertverlust. Gerade einmal zwei Automobilhersteller, Toyota und Mercedes-Benz, schaffen es unter die top ten.
Die Digitalisierung hat das Ranking der stärksten Marken der Welt grundlegend verändert. Tech-Companies dominieren.
Diese lösen bei Kunden durch die bessere Befriedigung von Bedürfnissen mittels neuer Technologien positive Gefühle aus, die auf die Marke übertragen werden.
Zwei Beispiele dazu: Das iPhone ist der Prototyp des Smartphones und steht für eine gewisse Denkhaltung und Einstellung, die durch Steve Jobs geprägt wurde. Smartphones sind heute unsere Lebensbegleiter. Wir schauen im Durchschnitt alle 18 Minuten auf unser Handy.4 Ohne Smartphone fühlen sich viele Menschen unwohl. Smartphones verändern unser Straßenbild wie kaum ein anderes Produkt. Es ist für uns heute selbstverständlich, dass Menschen mit ihrem Smartphone in gebückter Haltung durch Straßen laufen und sich in öffentlichen Verkehrsmitteln darin vertiefen und abschotten. Städte reagieren, indem sie Fußgängerampeln möglichst weit unten quasi auf Wadenhöhe platzieren, so dass sie mit gesenktem Kopf wahrnehmbar sind. Heute passieren schon mehr Autounfälle durch Nutzung des Smartphones als durch Trunkenheit am Steuer oder durch Drogenkonsum.
8Wir sind uns dieser Entwicklungen oft nicht bewusst. Erst der Zeitraffer zeigt die Sprünge, die wir in der Entwicklung gemacht haben. Die Inauguration der letzten beiden Päpste verdeutlich dies: Bei der Inauguration von Papst Benedikt XVI im Jahr 2005 war auf dem Petersplatz in Rom von Handys keine Spur zu sehen, bei der Inauguration des Papstes Franziskus im Jahr 2013 war der Petersplatz voll mit Menschen, die dieses Ereignis mit ihrem Handy aufnahmen (Abbildung 5).
Abbildung 5: Inauguration der Päpste 2005 und 2013
Vor 20 Jahren war Google den meisten Menschen kein Begriff. Heute ist ein Tag ohne Google kaum vorstellbar. Im Durchschnitt gibt es 140 Millionen Suchanfragen am Tag in Deutschland.5 Google macht 9uns das Leben leichter, es ist zu einem unverzichtbaren Teil unseres Lebens geworden.
Von Nokia lernen: Nokia musste am eigenen Leib erfahren, wie radikal der Wandel durch die Digitalisierung und die daraus resultierenden Chancen und Risiken für Unternehmen sind. Lange Jahre unter den top ten der wertvollsten Marken, wurde das iPhone dem finnischen Handygiganten zum Verhängnis. Das iPhone revolutionierte den Markt für Mobiltelefone, Nokia rutschte in der Gunst der Kunden ab. Dies reflektiert sich auch im Ranking: 2014 schaffte es Nokia gerade noch auf Rang 98, seit 2015 wurde Nokia nicht mehr unter den Top 100 gelistet.
Der Untergang der Marke Nokia verlief schleichend. Hätte Nokia diesen schleichenden Verfall verhindern können? Nun, im Nachhinein ist man immer schlauer, aber ohne Frage wäre dies möglich gewesen. An der Technologie hat es jedenfalls nicht gelegen. Dies war alles bei Nokia verfügbar. Die Marktreife neuer Geräte wäre ein machbarer Schritt gewesen. Es gab einen anderen Grund für diesen Niedergang: Mein Kollege und Change-Guru John P. Kotter spricht in solchen Fällen von dem typischen Muster der Selbstgefälligkeit der Manager.6 Aufgrund langjähriger Erfolge wird man satt und sieht die Zeichen der Zeit nicht, sondern wägt sich in Sicherheit. Dies ist das größte Hemmnis für notwendige Veränderungen in Unternehmen. Dazu mehr in Kapitel 2.
Aus Markensicht stellt sich aber eine andere, wesentliche Frage: Hätte die Marke als Schutzschirm für notwendige Veränderungsprozesse dienen und dem Management den notwendigen Zeitpuffer geben können, um diesen Wandel zu vollziehen? Aus unserer Forschung weiß ich, dass starke Marken als Schutzschirm in Krisen dienen. Kunden verzeihen einer starken Marke mehr als einer schwachen Marke.7 Volkswagen lässt grüßen. Das Unternehmen hat die Dieselkrise nicht zuletzt durch die Reputation der Marke gut überstanden. Je besser das Management dann Unternehmen und Marke durch die Krise navigiert, umso gestärkter geht die Marke aus der Krise hervor.
Die Analyse des Niedergangs von Nokia zeigt, dass es hier ähnlich war. Die Marke hat dem Management aufgrund ihrer Stärke den notwendigen Spielraum und somit den Schutzschirm für konsequentes Eingreifen und Umsteuern gegeben. Wie Abbildung 6 zeigt, sank mit Beginn der Einführung des iPhone die Marktkapitalisierung von Nokia drastisch. 2009 entsprach die Marktkapitalisierung dem Markenwert. 10Dies gilt auch für die Folgejahre. Der Wert des Unternehmens konnte demnach vollständig durch den Wert der Marke erklärt werden. Die Marke hat somit vier Jahre dem Management einen Schutzschirm geboten. Dies ist ein großer Zeitraum, um im Management Fehlentwicklungen zu korrigieren, vor allem, wenn alle technischen Möglichkeiten dazu im Unternehmen vorliegen.
Starke Marken dienen als Schutzschirm beim Wandel.
Die fortlaufende Anpassung der Unternehmen an den digitalen Wandel ist eine notwendige Überlebensstrategie. Doch anders als die vielen digitalen Startups können vorhandene Unternehmen kein weißes Blatt Papier beschreiben. Vielmehr müssen sie den digitalen Wandel in ihren Unternehmen mit Blick auf die gegebenen Rahmenbedingungen treiben. Andererseits haben etablierte Unternehmen allerdings auch wertvolle Assets, die ihnen den Schritt in die digitale Welt und der Zukunftssicherung des Unternehmens erleichtern können. Neben den aufgebauten Branchenkenntnissen sowie technischen Fähigkeiten ist dies vor allem die Kraft der Marke, die für Wachstum in der digitalen Welt genutzt werden kann. Nokia hat diese Chance nicht genutzt.
Und wie steht es um die deutschen Unternehmen und Marken? Unter den 100 wertvollsten Marken der Welt befinden sich nur neun deutsche Marken, davon mit SAP nur ein Softwareunternehmen, der Rest steht für alte Branchen. Fünf der neun deutschen Marken stammen aus der Automobilindustrie. Würde man dies als Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Zeitalter der Digitalisierung sehen, müsste man sich berechtigte Sorgen machen.
Abbildung 6: Entwicklung der Marktkapitalisierung und des Markenwertes von Nokia von 2000 bis 2014
11Ein Blick auf die deutschen Unternehmen zeigt allerdings, dass die Stärke der Marke ein Asset ist, aus der sich Wachstumsstrategien für die digitale Welt ableiten lassen. Ein Vergleich mag dies verdeutlichen: Die Markenwert-Rankings werden derzeit dominiert von den vier großen (apokalyptischen) Reitern Apple, Google, Amazon und Facebook.8 Deren Marktkapitalisierung liegt im Jahr 2017 bei rund 2.182 Mrd. US Dollar, die kumulierten Markenwerte bei 355 Mrd. US Dollar (Abbildung 7). Vergleicht man dies mit den neun deutschen Unternehmen, die zu den 100 stärksten Marken der Welt zählen, wirkt das
Abbildung 7: Marktkapitalisierung (oben) und Markenwert (unten) der „Big Four“ im Vergleich zu den deutschen Unternehmen unter den Top 100 der weltweit stärksten Marken
12Ergebnis mehr als ernüchternd: SAP, Siemens, Volkswagen, Daimler, BMW, Audi, Porsche, Allianz und Adidas erreichen gerade einmal eine Marktkapitalisierung von 536 Mrd. US Dollar. Die Markenwerte belaufen sich auf 141 Mrd. US Dollar. Es ist ein Vergleich zwischen alter und neuer Welt.
Bei der Marktkapitalisierung und den Markenwerten der großen vier Reiter im Vergleich zu den oben genannten deutschen Unternehmen offenbaren sich interessante Unterschiede: Deutsche Unternehmen haben zwar nur 26 Prozent der Marktkapitalisierung von Google und Co., aber 40 Prozent des Markenwerts. Sie profitieren somit nach wie vor von dem, was sie schon länger im Markt aufgebaut haben: dem Kapital in den Köpfen der Kunden. Darauf lässt sich aufbauen. Dies gilt natürlich nicht nur für solche Unternehmen, die in diesem Ranking von Interbrand oder anderen Agenturen geführt werden, sondern für alle starken Marken in ihren jeweiligen Branchen. Allerdings sollten sich diese Marken auch darüber bewusst sein, dass dieser Vorsprung schrumpft: von 2017 auf 2018 um drei Prozentpunkte. Die Marke hilft somit temporär bei der Transformation als Schutzschild. Sie schafft den notwendigen Spielraum zur Anpassung. Sich auf der Marke auszuruhen reicht allerdings nicht.
Key Take-aways
Die Reise in der Zeitmaschine zeigt, wie schnell sich die Welt durch die Digitalisierung verändert hat. Anpassung ist ein schleichender Prozess. Wir sind uns dessen oft nicht bewusst.
Die Digitalisierung macht Menschen das Leben einfacher und bequemer. Dies wirkt sich auch auf Marken aus. Die Markenwertrankings werden heute dominiert durch digitale Unternehmen. Deutsche Unternehmen hinken hinterher. Allerdings zeigt sich, dass der Abstand bei der Marktkapitalisierung größer ist als beim Markenwert. Hier profitieren deutsche Unternehmen vom Vertrauen der Kunden. Sie haben über lange Zeit ihre Marken gestärkt und das Markenversprechen eingelöst.
Anpassung ist erforderlich. Marken sind in Zeiten der Veränderung ein Schutzschirm und schaffen Spielräume für Manager.