VIIVorwort: Schöne neue Welt

Ich beschäftige mich seit nunmehr 30 Jahren mit Forschung und Beratung in Sachen Marke. In den letzten zwanzig Jahren spüre ich einen Umbruch, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt habe. In dieser Zeit gab es eine ganze Reihe von Meilensteinen der Entwicklung. Zwei davon, die wir alle hautnah erlebt haben, sind der Start der Suchmaschine Google im Jahr 19971 sowie die Einführung des iPhone von Apple im Jahr 2007. Seitdem ist viel passiert.

Viele von uns haben diese Anpassungen, die unser Leben einfacher, leichter und vernetzter gemacht haben, sicherlich beiläufig wahrgenommen. Sie sind in einem schleichenden Prozess Teil unseres Lebens geworden. Hätten wir die Möglichkeit, das Ganze im Zeitraffer Revue passieren zu lassen, wären wir alle von dieser Entwicklung überrascht. Sie ist so groß wie bei der zweiten industriellen Revolution vor 120 Jahren. Damals mussten Unternehmen nicht nur die Elektrifizierung einsetzen, um einen Produktivitätsschub zu erreichen, sondern auch die Herstellungsprozesse komplett neu gestalten. Die Umstellung dauerte 30 Jahre. Sie verlief somit keinesfalls schlagartig oder „disruptiv“, sondern vollzog sich in kleinen Schritten.

Heute sind wir am gleichen Punkt. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz fordern Manager und Mitarbeiter in Unternehmen gleichermaßen. Veränderung ist in einer Geschwindigkeit notwendig, die wir bislang nicht gewohnt waren. Klassische Unternehmen hinken hier den Digitalunternehmen hinterher. Es herrscht eine digitale Kluft.

Die digitalen Angreifer drohen klassische Branchen zu überrollen: Uber ist das größte Taxi-Unternehmen der Welt ohne eigene Taxis, Alibaba ist der weltweit größte Händler ohne eigene Lagerbestände, Netflix ist der größte Filmhaus ohne eigene Kinos und WhatsApp und WeChat die größten Telekommunikationsanbieter ohne eigene Telekommunikationsinfrastruktur.

Soziale Medien wie Facebook, Instagram, Snapchat, um nur einige zu nennen, sind die neue kommunikative Währung der digitalen Generation, während ältere Generationen nach wie vor fernsehen und die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder den Stern lesen.

VIIIKonsumenten sind längst keine passiven Empfänger von Botschaften mehr. Sie haben sich zu aktiven Akteuren gewandelt. Konsumenten forcieren Themen und können dadurch einen enormen Einfluss auf den Erfolg von Marken und Unternehmen nehmen. Im Netz entscheiden sie mit einem Klick, welche Marken und Unternehmen sie negativ bewerten und abwählen oder aktiv in ihren Netzwerken promoten.

Kein Wunder, dass sich Manager bei der Gestaltung geeigneter Maßnahmen als Antwort auf diese Herausforderungen oft überfordert fühlen. Dies trifft nicht nur auf Manager zu. Auch viele Kunden werden durch diese Beschleunigung förmlich überrollt, weil sie immer noch mit den mentalen Programmen der Steinzeit arbeiten. Sie können die Flut verfügbarer Informationen nicht bewältigen, geschweige denn sich einen Überblick in allen Bereichen bewahren. Gerade ältere Menschen sind oft hoffnungslos überfordert durch die neuen Anforderungen, die die Digitalisierung und Technologiesprünge an sie stellen. Dies gilt übrigens auch für Digital Natives, also die Generation, die mit den neuen Technologien groß geworden ist. Sie sind zwar technologieaffin und technologieerprobt, weil es das ist, mit dem sie groß wurden. Allerdings wirkt sich das ständige „on“ sein negativ auf Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit aus. Daraus ergibt sich der Wunsch nach Vereinfachung, Entlastung und Orientierung. Marken können eine solche Orientierung in der Flut der Informationen und Angebote bieten. Sie sind der Rettungsanker in einer Welt, in der Informations- und Kommunikationsströme über Kunden hinwegbrechen.

Die meisten Manager, mit denen ich spreche, sehen in der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz allerdings auch eine große Chance für Unternehmen und Marken. Sie treiben dabei oft die gleichen Fragen um:

Sie wissen, dass alte Erfolgsrezepte oft nicht mehr ausreichen, um diese neuen Herausforderungen zu meistern. Insofern ist meist der erste Reflex, alles zu verändern und neue Herausforderer zu kopieren. Das ist mehr als nachvollziehbar, allerdings nicht zielführend. Ohne Frage ist es sinnvoll, sich Impulse von Best Practices aus anderen Branchen zu holen. Allerdings lassen sich solche Ansätze und Konzepte meist nicht 1:1 übertragen, weil dazu die Kulturen und Ausgangssituationen in den Unternehmen zu verschieden sind. Entsprechend bedarf es einer Adjustierung von dem aus anderen Branchen Gelerntem.

Zudem gilt es, an den eigenen Stärken anzusetzen und diese wirksam weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz sind hierbei Mittel zum Zweck. Sie sollten aus der Stärke der Marke und mit Blick auf den Kundennutzen genutzt werden, um den künftigen Erfolg zu sichern. Dies bedingt ein genaues Abwägen, welche Wirkungsmechanismen bzw. Mittel und Wege zur Kundenbeeinflussung nach wie vor gelten und welche zu adjustieren sind.

Wie Sie von dem Buch profitieren können

Dieses Buch reflektiert meine Forschungserkenntnisse sowie meine Erfahrungen von mehr als 600 Markenprojekten mit Kunden unterschiedlichster Branchen, vom DAX-Unternehmen zum Hidden Champion und Familienunternehmen, von B2C, B2B bis zu Dienstleistungen, von klassischen Unternehmen der Realwirtschaft bis zu Digitalunternehmen. Zudem sind darin auch viele intelligente Ansätze und Erkenntnisse von anderen Forschern und praktischen Quellen enthalten, die mir Inspiration beim Schreiben waren.

XIch zeige Ihnen im Folgenden wichtige Stationen auf einer erfolgreichen Reise zur Marke 4.0. Unter Marke 4.0 verstehe ich eine zukunftsfähige Marke für das digitale Zeitalter, die die Klaviatur der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz spielt und mit der realen Welt verknüpfen kann. Diese Stationen sind wissenschaftlich fundiert, werden durch viele Studien und Erkenntnisse gestützt und sind vor allem praktisch erprobt. Die Stationen stellen für Sie einen Handlungsrahmen dar, sind aber kein einfaches Rezeptbuch. Dazu ist das Thema zu komplex und vielfältig. Die Ausgangslage in Unternehmen ist zudem meist sehr unterschiedlich.

Insofern lade ich Sie ein, die Inhalte dieses Buches als Anregungen zu sehen und sich damit kritisch auseinanderzusetzen. Vor allem bitte ich Sie, das Ganze vor dem Hintergrund Ihres eigenen Unternehmens zu reflektieren. Dabei helfen Fragen wie „Wie ist der Stand in unserem Unternehmen, wo können wir uns weiter entwickeln?“, „Was wäre, wenn wir diese Idee auf unser Unternehmen übertragen würden?“, „Wie lässt sich dieser Ansatz in unserem Unternehmen realisieren?“, „Was hindert uns daran, gewisse Erfolgsmuster aufzugreifen?“ usw.

Sie als Manager sind besonders gefordert, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen und diese erfolgreich zu nutzen, um Ihre Marke auch künftig zum Glänzen zu bringen. Dieses Buch kann Ihnen dabei auf dem Weg zur Marke 4.0 helfen. Und denken Sie daran, es lohnt sich, denn:

Am Ende des Tages macht die Marke den Unterschied.

Saarlouis, im August 2019

Franz-Rudolf Esch

1 Die Google Suchmaschine ist 1996 unter anderem Namen gestartet, wurde aber 1997 in Google umbenannt.

1Teil A

Willkommen in der digitalen Welt

253Stichwortverzeichnis

A

Abverkauf 22

Action Unit 14

Aggregator 32

Agile Development 35

agiler Prozess 33

Ähnlichkeit 198

aktivierungsstarker Reiz 139

akustisch 168, 170

akzeptierte Marke 125

Analytics 45

Anker der Marke 73

anlassbezogene Kundenreise 191

Anpassung 10

Anpassungsfähigkeit 31

Anpassungsprozess 32

Anreiz- und Zielsystem 122

Anstoß für Mundpropaganda 144

App 173

AR-Funktion 177

AR-Produktpräsentation 177

Asset 10

Attraktivität 198

Aufmerksamkeit 48, 126, 138

Aufmerksamkeitsgunst 139

Aufmerksamkeitsspanne 48, 126, 137

Aufnahmefähigkeit 109

Augmented Reality-App 107

Augmented Reality (AR) 173

Augmented Reality-Spiegel 224

Auslöser 195

Authentizität 158

Autopilot 66

Avatar 40

B

B2B-Bereich 98

B2B-Nutzenpyramide 98

B2B-Unternehmen 132

B2C-Bereich 98

Balanced Scorecard 55

Banner Blindness 140

Bauplan 104

Bedürfnispyramide 73, 97

Bedürfnisse und Wünsche 21

Beeinflusser 154

Beeinflussungshoheit 199

Beeinflussungswirkung 192

begeisterndes Erlebnis 187

Begleitung und Beobachtung 102

begrenzte Informationsaufnahmekapazität 24

begrenzte Verarbeitungskapazität 24

Beharrungsvermögen 35

bekannte Persönlichkeiten 196

Bekanntheit 46

Benchmark 190

Beobachtung 85

Berührung 168

Berührungspunkt 49

Beteiligung 118

Bewertungsportal 23

Bezahldienst 82

Big Data 19, 225

Bindung 131, 201

– affektive 201

– emotionale 202

– kognitive 201

– soziale 194

Blaupause 234

Blog 157

Blogger 127

Bonusprogramme 208

Bonuspunkt 99

Brand Engagement 212

– moderates 214

Browser 127

Business Model Canvas 103

Business Model Navigator 103

C

Change 54

Change-Management-Prozess 35

Chat-Bot 17

Chat-Protokoll 160

Chief Digital Officer 222

Coach 207

Co-Creation 216

Commitment 46, 110

Community 26

Consistency 184

Content 49, 149

254Content bedienen 128

Content entwickeln 129

Content Management 45

Content Marketing 156

Conversational Commerce 130

Costs 184

Cross-Selling 22

Crowdsourcing 215

Crowd Voting 218

Customer Experience Journey 185

Customer Influencer Value 213

Customer Journey 176, 182

Customer Knowledge Value 213

Customer Referral Value 213

Customer Relationship Management 20

Customer Touchpoint Tracking 182

D

Dash Button 131

Dataismus 19

Daten 19

Datenmacht 19

dauerhafte Verankerung 112

Dauerpräsenz 137

Define 161

Denksystem 1 67

Design Thinking 161

Design-Thinking-Prozess 100

Dienstleistungsgüter 132

Digital-Diät 167

digitale Anthropologie 159

digitale Gemeinschaft 137

digitale Lösung 93

digitale Pinnwand 114

digitaler Kommunikationskanal 45

digitaler Kontaktpunkt 184

digitaler Wandel 10

digitales Werkzeug 189

digitale Technik 159

digitale Transparenz 23

digitale Workcloud 122

Digital Immigrants 134

Digitalisierung 3

Digital Natives 134

Digital Sale 45

Direct-to-Consumer Brands 215

Direct-to-Customer-Marken 188

Disruption 221

Disziplin 34

Diversity 60

DNA 65

Double-Loop-Lernprozess 120

Durchsetzungsgrad 121

E

Earned Touchpoint 184

E-Commerce-Website 131

Eigenschaft 68

eingefrorene Kaufentscheidung 201

Einheitsbrei 141

Einkaufserlebnis 19

Einkaufsgewohnheit 21

Einkaufsliste 131

Einkaufsverhalten 19

„Ein-Klick“-Prozess 207

Einstellung 88

E-Learning-Programm 114

elektronischer Newsletter 157

Emotion 14, 25

emotionaler Reiz 139

emotionales Involvement 133

Empathic Design 86

Empathic Research 159

Empathie-Wert 167

Empathize 161

Empowerment 119

Enabler 113, 119

Engagement 46, 110, 131

– der Kunden 110

– der Mitarbeiter 110

Entlastung 27

Entscheidung 25

Erfahrungsbericht 127

Erlebbarmachen 168

Erlösstruktur 105

Erwartung 134

E-Sport 188

evolutionstheoretisch 166

Evolutionstheorie 31

experimentelles Testen 91

Experten 196

Expertise 84

Exploration 102

extensive Kaufentscheidung 128

F

Facial Affect Coding System 14

Fallstudie 157

Fans 211

Fanseite 160

Fast Moving Consumer Goods 132

Feedbackgespräch 121

finanzielles Risiko 133

255Find a new bus-Prinzip 122

Fit for Future 35

Flow 177

FMCG-Bereich 132

Fokus 34

Fokusgruppe 102

Fokussierung 74

Follower 184

formale Muster 144, 145

Fremdbild 66

Frühadaptoren 199

Führungskraft 48, 114

Führungskräftetagung 111

Führungsnachwuchs 111

funktionales Bedürfnis 98

funktionales Risiko 133

Funnel 48

G

Gain Point 186

Game Changer 199

Gamification-Ansatz 115

Gamingwelt 188

Gattungsmarke 130

gedanklich überraschender Reiz 139

Gefühl 25, 68, 194

– negatives 194

– positives 194

gelernte Muster 134

Geruch 168

Gerücht 148

Geschäftsidee 79

Geschäftsmodell 32

Geschichte 138

Geschmack 168

geschmacklich 170

gesellschaftliche Entwicklung 149

gesellschaftsrelevantes Thema 150

Gesichtserkennung 14

Gesprächsrunde 121

Gewinnspiel 213

Gießkannentechnik 113

Gimmick 188

gläserner Konsument 20

Glaubwürdigkeit 198

großer Einfluss 197

großes Netzwerk 197

Gruppe 26

Gruppenzugehörigkeit 26

H

Haltung 34, 36

Haltungshaus 54

Haltungskampagne 157

Handlungsalternative 25

Handlungsimpuls 61

Handshaker 113

haptisch 170

Hard Fact 67

hierarchische Kultur 54

I

Ideate 161

Ideenwettbewerb 218

Image 46

Imagery-Theorie 166

Immersion 161

Impact 184

Implementierungsplan 121

Implementierungsprogramm 116

Incentivierung 218

Influencer 26

Influencer Marketing 197

Informationsanfrage 138

Informationsflut 24, 112, 136

Informationsmüll 136

Informationsüberlastung 136

Informationsüberschuss 136

inhaltliche Muster 144, 145

Innovationsplattform 216

Innovationsprozess 88

In-Person-Event 157

Insellösung 177

Integration 112

intelligente Datenanalysemöglichkeit 20

Interaktion 112, 160

Interaktionsweg 32

Interesse 21, 88

interne Bestandsaufnahme 183

interne Kommunikation 110

Internet 107

Intranet 114

Involvement 109, 127, 133

J

Jobs to be done 88

K

Kaleidoskop 100

Kampagne 45

Kampagnenmanagement 45

256Kanal 104

Kannibalisierung 140

Kaufentscheidung 28

Kausalitäten 225

Kern der Leistung 202

Kern der Story 148

Key Performance-Indikator 55

klares Signal 49

klassischer Kommunikationskanal 45, 109

Klick 19, 30

Klickverhalten 184

kohärenter Reiz 167

kohortenabhängig 134

Kommentar 184

Kommunikationsbudget 142

Kommunikationsimpuls 126

Kommunikationsumfeld 142

Kommunikationsweg 32

Kommunikationswettbewerb 139

komparativer Wettbewerbsvorteil 21

Kontaktpunkt 66

Kontaktpunktinnovation 187

Kontaktpunktperformance 185

Konvention 89

Konzentrationsfähigkeit 137

konzeptuelles System 169

Korrelationen 225

Kostenstruktur 105

KPI 64

Kreativ-Hub 93

Kreativität 14, 47, 90, 141

Kreativitäts-Session 91

Krise 9

kulturelles Umfeld 101

Kundenbedarf 19

Kundenbewertung 23

Kundenbeziehung 105, 212

Kundenbindung 22, 49

Kundenbindungsprogramme 208

Kundendaten 20, 189

Kundenengagement 50, 212

Kundenerlebnis 19

Kundenexploration 85

Kundenfunnel 125

Kundenintegration 50

Kundeninteraktion 187

Kundennutzen 34

Kundenpräferenz 17, 22

Kundenreise 49, 182

Kundensegment 21, 104

Kundenverständnis 20

Kundenversteher 85

Kundenzentrierung 19

Kundenzufriedenheit 110

künstliche Intelligenz 3, 13

kuratieren 207

L

Laddering-Methodik 89

Laissez-Faire-Haltung 37

latenter Kundenbedarf 85

latenter Kundenwunsch 158

latentes Kundenbedürfnis 158

Leadership 112

Leadership-Skill 37

Leading Change 110

Leads 22

Lebensphase 101

Lebensstiltyp 88

Leistung

– emotionale 202

– faktische 202

lernende Organisation 36

Lernprozess 120

Life Experience Tracking 186

Lifestyleunternehmen 132

Logik der Optimierung 142

Loyalität 131, 201

Loyalitätsschleife 200

Loyalty Loop 108, 200

Luxusunternehmen 132

M

Magical Number Seven Plus/Minus Two 27

Maluspunkt 99

Marke 65, 73

– austauschbare 30

– präferierte 125

– verzichtbare 30

Markenbild 57

Markenbildung 125

Markenbindung 201

Markenbotschaft 49

Markenbotschafter 117

Markencommunity 114, 160

Markencontent 129

Markenengagement 212, 214

– geringes 214

– starkes 214

Markenfunnel 125

Markengeschichte 115

Markenidentität 65

257Markenimage 66

Markenkonto 57

Markenloyalität 212

Markenperformance 134

Markenpositionierung 65

Markenselbstbezug 204

Markenstärke 65

Markenstärkung 125

Markensteuerrad 70

Markenwert 65

Markenwertranking 6

Marketingökosystem 177

Marktentwicklung 85

Marktkapitalisierung 9

Marktkenntnis 84

Marktversteher 85

massenkommunikative Maßnahme 109, 114

Maßnahmenpaket 114

Medienmarke 151

Medienpräferenz 21

Mehrwert 208

Meinungsführer 154

Meinungsführerschaft 24

Mere Exposure-Effekt 67

Mission 37

Mitarbeiter 48

Mobile First-Ansatz 162

Mobilgerät 161

Moment of Truth 126

Monitoring 85

Mooresches Gesetz 13

Motivator 119

Multiadditivität der Wirkung 170

multisensorische Verstärkung 167

Multisensualität 112

Multitasking 137

Mundpropaganda 49

– positive 127

Muster 138

Muster des Funnels 132

Muster in Unternehmen 89

N

Nachhaltigkeit 60, 112

Netnographie 85, 159

Netzwerkkultur 54

Neuromarketing 231

Neuronale Studie 26

Neuronen 167

Neurowissenschaftler 25

NFC-Chip 40

nonverbale Eindrücke 68

nonverbaler Reiz 169

nonverbales Signal 166

Nutzen 68

Nutzer 86

O

Offline-Mundpropaganda 193

Ökosystem 94

olfaktorisch 170

Omnichannel-Strategie 186

One Size Fits All-Ansatz 113

Onlinemarke 30

Online-Mundpropaganda 193

Onlinesortiment 19

organisatorisches Silo 186

Orientierung 27

Orientierungsreaktion 139

Originalität 141

Owned Touchpoint 183

P

Paid Touchpoint 183

Pain Point 186

Peak Performance 35

Performance 37, 122

personalisierter Empfehlungsprozess 207

persönliche Maßnahme 114

persönlicher Kontaktpunkt 184

Persönlichkeit 14, 204

Persönlichkeitseigenschaft 69

Perspektivwechsel 100

physisch intensiver Reiz 139

Pilot 66

Plattform 32

Plattform für ganzheitliches Erleben 158

plattformübergreifend 163

Playing to Win 55

Point of Sale 126

Points-of-Difference 99

Points-of-Parity 99

Positioning 73

Posting 186

Präferenzbildung 66

präfrontaler Cortex 25

Prägung 66

Präventivmaßnahme 114

Predictive Maintenance 207

Preisbereitschaft 170

Preis-Premium 86

258Priorisierung 184

Privacy Paradox 99

Product Genius 131

Produkt 57

Produktinvolvement 132

Produktlinie 57

projektive Technik 102

Prototype 161

psychographisches Kriterium 88

Purpose 54

Q

qualitative Technik 85

R

Reach and Frequency 184

reales Erleben 166

Recruiting 115

Reflektion 36

Regulativ 119

Reichweite 198

Relevant Set 126

Relevanz 112

Resistenz gegen Wandel 35

Return on Education 121

Retweet 184

Risikoreduktionsfunktion 29

S

Scanning 85

Schlüsselaktivität 105

Schlüsselpartner 105

Schlüsselressource 105

Schulungsprogramm 116

Schutzschirm 9

schwaches KI-System 16

Seamless Experience 49

Search 45

Searcher 127

Second Moment of Truth 126

Selbstbild 66

Selbstdarstellung 204

selbstlernendes System 13

Sharing Economy 82

Shitstorm 23, 218

Shoppingerlebnis 186

sichtbare Signale 195

Silodenken 182

Sinne 169

situatives Involvement 176

Small Data 225

SMART 64

Smartphone 5, 130

Smart Speaker 130

Social Capital Theory 194

Social Listening 85, 159

Social Media 23

Social Media Monitoring-Software 159

Soft Fact 67

Software-Tool 20

somatische Marker 26

soziale Integration 26

soziale Medien 23

sozialer Austausch 194

sozialer Einfluss 179

sozialer Vergleich 26

soziales Risiko 133

soziales Umfeld 100

starkes KI-System 16

Stärkung der Marke 22

Startup-Mentalität 92

Stereotypen 141

Strategiehaus 54

Streuverluste 193

Suchalgorithmus 138

Survival of the Fittest 31

Sweetspot 150

Symbolik 112

symbolische Handlung 117

Sympathie 198

Synästhesie 170

System 1 67

System 2 67

Systemgeschäft 132

Systemtechnologie 132

T

Tablet 130

Tagebuch 102

Talk of the Town 129

Technologiefortschritt 36

technologische Singularität 16

Test 161

Testbericht 127

Themenführerschaft 24

Tiefeninterview 102

Tipping Point 179

To go-Produkt 100

Touchscreen 5

Transaktion 21

Transaktionen 212

Transformation 12

Transformationsprozess 54

259Trendsetter 199

Turing-Test 16

U

Überzeugungswirkung 114

umgekehrt U-förmige Kurve 179

Unternehmensstrategie 56

Unternehmenswert 37

Unternehmenszweck 37

Unternehmerpersönlichkeit 111

Unterscheidungsmerkmal 73

unverkennbare Muster 195

unzufriedener Kunde 110

V

Veränderungsbereitschaft 36

Veränderungsprozess 9

Veränderungswille 36

verdichtete Information 28

vereinfachte Kaufentscheidung 128

Vereinfachung 112

Vergessenskurve 120

Vergleichsportal 23

Verhaltensprogramm 27

Vernetzung und Integration mit Kunden 46

Vertrautheit 198

viral 163

virale Verbreitung 163

virtuelle Konsum-Community 160

virtueller Assistent 173

virtueller Dash Button 131

Vision 36

visuell 170

visueller Reiz 168

Vorbild 46, 117

Vorkaufphase 156

W

Wachstumsdiamant 100

Wachstumsinkubator 100

wahrgenommene Passung 198

Wandel 32

Wandlungsfähigkeit 36

Website 19, 81

– responsive 161

Wechselwahrscheinlichkeit 86

weiches Signal 85

Weiterempfehlung 86

Wertbeitrag 104

Werte 61

Werte-Alignment 122

Wertegemeinschaft 53

Wertschöpfungskette 40

wertvollste Marken 10

Wettbewerbsvorteil 19

Wiedererkennbarkeit 144

Wiedererkennen 126

Wiederkauf 126

Wirkungsverstärkung 49

W-LAN 40

World Café 111

Wow-Effekt 182

Z

Zero Moment of Truth 48, 126

Zielgruppe 88

Zielgruppenpyramide 113

ZMOT 126

Zukunftstreiber 73

Zukunftswerkstatt 91

zweites Betriebssystem 92

3Kapitel I. Eine kleine Reise mit der Zeitmaschine

Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie unerreichbar. Für die Verzagten ist sie unbekannt. Für die Kühnen ist sie ideal.

Victor Hugo

Im großen Jahresrückblick der Wochenzeitung „Die Zeit“ für das Jahr 2017 faszinierte mich eine Abbildung, die sinnbildlich für die derzeitige Entwicklung durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz steht. Es ging um die Frage, wer einem zuhause zuhört (Abbildung 1).

Sicherlich kann der ein oder andere von Ihnen nachvollziehen, dass es weniger die eigenen Kinder oder der Ehepartner sind – Ausnahmen gibt es immer! Würden Sie als Hundebesitzer Ihren Hund in der Pole Position sehen, sprächen sicherlich gute Gründe dafür, etwa Leckerlis zur Belohnung. Allerdings waren Hunde und Katzen als Option nicht aufgeführt. Stattdessen führte unangefochten die aufmerksame Alexa von Amazon als interessierte Zuhörerin das Feld an.1

Alexa erfüllt Ihnen jeden Wunsch: Auf Wunsch dimmt sie das Licht, streamt eine Playlist mit Ihrer Wunschmusik, nimmt Bestellungen auf und informiert Sie über Wetter und Uhrzeit. Und dies ohne zu

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Abbildung 1: Wer hört Ihnen zuhause zu?

4zögern oder zu murren. Willkommen in der Zukunft. Was früher nur in Science-Fiction-Filmen vorstellbar war, ist heute gelebte Realität.

Hätten wir eine Zeitmaschine, könnten wir uns beliebig zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bewegen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten die Veränderung der Welt wie Michael J. Fox in dem Film „Zurück in die Zukunft“ in einer solchen Zeitmaschine erleben. Sie wären sprachlos von der Geschwindigkeit des Wandels in den letzten Jahrzehnten.

Ein Beispiel: Am 21. September 1983 bekam der US-Konzern Motorola die Zulassung für das erste kommerziell vertriebene Mobiltelefon der Welt mit dem Namen DynaTAC 8000x. Dieses Mobiltelefon hatte eine markante „Knochen“-Form und wurde zum Design-Klassiker (Abbildung 2). 1984 hielten die ersten Kunden das DynaTAC 8000x in der Hand. Mit einem Gewicht von knapp 800 Gramm und einer Höhe von 25 Zentimeter – ohne Antenne – war es nicht für die Hosentasche geeignet. Der stolze Preis von 3.995 Dollar schloss eine Verbreitung im Massenmarkt aus. Dafür bekam man rund eine halbe Stunde Gesprächszeit und einen Speicher für 30 Telefonnummern. War der Akku leer, musste er zehn Stunden lang aufgeladen werden. Dennoch war es eine Revolution: Die bisherigen „Mobiltelefone“ waren fest in Autos verbaut oder mussten wie ein Koffer getragen werden.2

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Abbildung 2: Zur Erinnerung: das erste „Mobil“telefon

Es war eine Zeit, in der Briefe und Faxe der Standard der Kommunikation waren. Niemanden störte es wirklich, wenn nicht prompt eine 5Antwort zurückkam. Das ist heute undenkbar. Eine Antwort, die nicht am gleichen Tag erfolgt, wird als Indikator für Desinteresse gewertet. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts saß ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung der Universität des Saarlandes an einem Großrechner, um statistische Auswertungen für Studien durchzuführen oder Expertensysteme zu programmieren. Am nächsten Morgen konnte ich im Rechenzentrum der Universität die Ausdrucke mit den Ergebnissen abholen. War ein Befehl falsch eingegeben, konnte man das Prozedere von vorne beginnen und eine weitere Nacht auf das Ergebnis warten. Erzählen Sie dies heute einmal einem jungen Studenten oder Doktoranden. Sie würden auf Unverständnis stoßen. Heute ist das Gleiche auf jedem Notebook innerhalb von Sekunden machbar.

Anpassung ist ein schleichender Prozess. Wir sind uns dessen oft nicht bewusst.

Viele von Ihnen können sich noch an Zeiten erinnern, in denen die Eltern den Kindern im Restaurant Malstifte und ein Blatt Papier in die Hand drückten, um in Ruhe essen zu können. Heute dient das Smartphone mit einem spannenden Kinderfilm als Ersatz – und es wirkt. Wenn Sie heute Kindern ein altes Wähltelefon, einen Kassettenrekorder oder einen Walkman in die Hand drücken, werden Sie auf Unverständnis stoßen: Wer mit Touchscreens und „Wischen“ groß wird, drückt keine Tasten mehr.

Wir können uns heute ein Leben ohne Smartphone kaum noch vorstellen. Und es wäre unvorstellbar, dass es nicht in unsere Hosentasche passt. Das Smartphone ist unser Tor zur Welt, unser mobiler Arbeitsplatz, unsere Unterhaltungsquelle. Es dient dazu, dass wir mit Fotos festhalten, was wir gerade sehen und umgehend mit Freunden teilen.

Auf die Frage „Worauf würden Sie lieber ein Jahr lang verzichten als auf Ihr Mobiltelefon?“ wurden folgende Antworten gegeben: Auf Essen gehen hätten 64 Prozent der Befragten verzichtet, auf das Haustier 51 Prozent, auf Urlaub 50 Prozent und bei der Gretchenfrage „Handy oder Sex“ hätten 38 Prozent der Befragten lieber ein Jahr lang ohne Sex gelebt als ohne Handy (Abbildung 3).3 Willkommen in der digitalen Welt!

Anpassung ist ein schleichender Prozess, im Zeitraffer fallen einem allerdings die Veränderungen wie Schuppen von den Augen.

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Abbildung 3: Handy oder Sex?

Die Digitalisierung macht in vielen Bereichen das Leben einfacher, leichter, besser und schöner. Für Marken kann die Digitalisierung ein Sprungbrett sein, um Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen. Marken, die es verpassen, sich anzupassen, laufen Gefahr, für Menschen bedeutungslos zu werden. Ein erster, ohne Frage grober Indikator dafür sind Markenwertrankings.

Menschen nutzen das, was ihnen das Leben einfacher, leichter, besser und schöner macht.

Markenwertrankings als Spiegel der Veränderung. Reisen wir in der Zeitmaschine in das Jahr 2000, führte Coca-Cola das Ranking der wertvollsten Marken der Welt an, Nokia lag auf Rang fünf. Die großen Vier Amazon, Facebook, Google und ­Apple steckten entweder noch in den Kinderschuhen, waren wie Facebook noch gar nicht auf der Welt oder rangierten unter „ferner liefen“. Im Jahr 2007 war das Ranking noch sehr ähnlich, die Stabilität der ersten Plätze zeugte von einer klaren Dominanz der dort gelisteten Marken, allen voran mit Coca-Cola und wiederum mit Nokia auf Rang fünf. Sie alle wissen, warum ich ausgerechnet das Jahr 2007 als Referenz nehme: Es ist die Geburtsstunde des ­iPhone. Der Tag, an dem Steve Jobs „another big thing“ ankündigte und auf der Bühne zelebrierte, was dieses kleine Gerät alles konnte. Das iPhone war ein game changer. Das Unternehmen rangierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter den top ten der wertvollsten Marken der Welt.

Im Jahr 2018 zeigt sich die Welt der wertvollsten Marken in anderem Licht. Apple ist die unangefochtene Nummer eins, gefolgt von Google und Amazon, Microsoft und Samsung folgen mit Abstand auf den nächsten Plätzen und Facebook nimmt Rang neun für sich in Anspruch: Tech-Konzerne dominieren das Ranking (Abbildung 4).

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Abbildung 4: Markenwertranking im Jahr 2000, 2007 und 2018

Von der alten Welt der Konsumgüter ist Coca-Cola die einzige verbliebene Marke, allerdings mit deutlichem Wertverlust. Gerade einmal zwei Automobilhersteller, Toyota und Mercedes-Benz, schaffen es unter die top ten.

Die Digitalisierung hat das Ranking der stärksten Marken der Welt grundlegend verändert. Tech-Companies dominieren.

Diese lösen bei Kunden durch die bessere Befriedigung von Bedürfnissen mittels neuer Technologien positive Gefühle aus, die auf die Marke übertragen werden.

Zwei Beispiele dazu: Das iPhone ist der Prototyp des Smartphones und steht für eine gewisse Denkhaltung und Einstellung, die durch Steve Jobs geprägt wurde. Smartphones sind heute unsere Lebensbegleiter. Wir schauen im Durchschnitt alle 18 Minuten auf unser Handy.4 Ohne Smartphone fühlen sich viele Menschen unwohl. Smartphones verändern unser Straßenbild wie kaum ein anderes Produkt. Es ist für uns heute selbstverständlich, dass Menschen mit ihrem Smartphone in gebückter Haltung durch Straßen laufen und sich in öffentlichen Verkehrsmitteln darin vertiefen und abschotten. Städte reagieren, indem sie Fußgängerampeln möglichst weit unten quasi auf Wadenhöhe platzieren, so dass sie mit gesenktem Kopf wahrnehmbar sind. Heute passieren schon mehr Autounfälle durch Nutzung des Smartphones als durch Trunkenheit am Steuer oder durch Drogenkonsum.

8Wir sind uns dieser Entwicklungen oft nicht bewusst. Erst der Zeitraffer zeigt die Sprünge, die wir in der Entwicklung gemacht haben. Die Inauguration der letzten beiden Päpste verdeutlich dies: Bei der Inauguration von Papst Benedikt XVI im Jahr 2005 war auf dem Peters­platz in Rom von Handys keine Spur zu sehen, bei der Inaugura­tion des Papstes Franziskus im Jahr 2013 war der Petersplatz voll mit Menschen, die dieses Ereignis mit ihrem Handy aufnahmen (Abbildung 5).

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Abbildung 5: Inauguration der Päpste 2005 und 2013

Vor 20 Jahren war Google den meisten Menschen kein Begriff. Heute ist ein Tag ohne Google kaum vorstellbar. Im Durchschnitt gibt es 140 Millionen Suchanfragen am Tag in Deutschland.5 Google macht 9uns das Leben leichter, es ist zu einem unverzichtbaren Teil unseres Lebens geworden.

Von Nokia lernen: Nokia musste am eigenen Leib erfahren, wie radikal der Wandel durch die Digitalisierung und die daraus resultierenden Chancen und Risiken für Unternehmen sind. Lange Jahre unter den top ten der wertvollsten Marken, wurde das iPhone dem finnischen Handygiganten zum Verhängnis. Das iPhone revolutionierte den Markt für Mobiltelefone, Nokia rutschte in der Gunst der Kunden ab. Dies reflektiert sich auch im Ranking: 2014 schaffte es Nokia gerade noch auf Rang 98, seit 2015 wurde Nokia nicht mehr unter den Top 100 gelistet.

Der Untergang der Marke Nokia verlief schleichend. Hätte Nokia diesen schleichenden Verfall verhindern können? Nun, im Nachhinein ist man immer schlauer, aber ohne Frage wäre dies möglich gewesen. An der Technologie hat es jedenfalls nicht gelegen. Dies war alles bei Nokia verfügbar. Die Marktreife neuer Geräte wäre ein machbarer Schritt gewesen. Es gab einen anderen Grund für diesen Niedergang: Mein Kollege und Change-Guru John P. Kotter spricht in solchen Fällen von dem typischen Muster der Selbstgefälligkeit der Manager.6 Aufgrund langjähriger Erfolge wird man satt und sieht die Zeichen der Zeit nicht, sondern wägt sich in Sicherheit. Dies ist das größte Hemmnis für notwendige Veränderungen in Unternehmen. Dazu mehr in Kapitel 2.

Aus Markensicht stellt sich aber eine andere, wesentliche Frage: Hätte die Marke als Schutzschirm für notwendige Veränderungsprozesse dienen und dem Management den notwendigen Zeitpuffer geben können, um diesen Wandel zu vollziehen? Aus unserer Forschung weiß ich, dass starke Marken als Schutzschirm in Krisen dienen. Kunden verzeihen einer starken Marke mehr als einer schwachen Marke.7 Volkswagen lässt grüßen. Das Unternehmen hat die Dieselkrise nicht zuletzt durch die Reputation der Marke gut überstanden. Je besser das Management dann Unternehmen und Marke durch die Krise navigiert, umso gestärkter geht die Marke aus der Krise hervor.

Die Analyse des Niedergangs von Nokia zeigt, dass es hier ähnlich war. Die Marke hat dem Management aufgrund ihrer Stärke den notwendigen Spielraum und somit den Schutzschirm für konsequentes Eingreifen und Umsteuern gegeben. Wie Abbildung 6 zeigt, sank mit Beginn der Einführung des iPhone die Marktkapitalisierung von Nokia drastisch. 2009 entsprach die Marktkapitalisierung dem Markenwert. 10Dies gilt auch für die Folgejahre. Der Wert des Unternehmens konnte demnach vollständig durch den Wert der Marke erklärt werden. Die Marke hat somit vier Jahre dem Management einen Schutzschirm geboten. Dies ist ein großer Zeitraum, um im Management Fehlentwicklungen zu korrigieren, vor allem, wenn alle technischen Möglichkeiten dazu im Unternehmen vorliegen.

Starke Marken dienen als Schutzschirm beim Wandel.

Die fortlaufende Anpassung der Unternehmen an den digitalen Wandel ist eine notwendige Überlebensstrategie. Doch anders als die vielen digitalen Startups können vorhandene Unternehmen kein weißes Blatt Papier beschreiben. Vielmehr müssen sie den digitalen Wandel in ihren Unternehmen mit Blick auf die gegebenen Rahmenbedingungen treiben. Andererseits haben etablierte Unternehmen allerdings auch wertvolle Assets, die ihnen den Schritt in die digitale Welt und der Zukunftssicherung des Unternehmens erleichtern können. Neben den aufgebauten Branchenkenntnissen sowie technischen Fähigkeiten ist dies vor allem die Kraft der Marke, die für Wachstum in der digitalen Welt genutzt werden kann. Nokia hat diese Chance nicht genutzt.

Und wie steht es um die deutschen Unternehmen und Marken? Unter den 100 wertvollsten Marken der Welt befinden sich nur neun deutsche Marken, davon mit SAP nur ein Softwareunternehmen, der Rest steht für alte Branchen. Fünf der neun deutschen Marken stammen aus der Automobilindustrie. Würde man dies als Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Zeitalter der Digitalisierung sehen, müsste man sich berechtigte Sorgen machen.

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Abbildung 6: Entwicklung der Marktkapitalisierung und des ­Markenwertes von Nokia von 2000 bis 2014

11Ein Blick auf die deutschen Unternehmen zeigt allerdings, dass die Stärke der Marke ein Asset ist, aus der sich Wachstumsstrategien für die digitale Welt ableiten lassen. Ein Vergleich mag dies verdeutlichen: Die Markenwert-Rankings werden derzeit dominiert von den vier großen (apokalyptischen) Reitern Apple, Google, Amazon und Facebook.8 Deren Marktkapitalisierung liegt im Jahr 2017 bei rund 2.182 Mrd. US Dollar, die kumulierten Markenwerte bei 355 Mrd. US Dollar (Abbildung 7). Vergleicht man dies mit den neun deutschen Unternehmen, die zu den 100 stärksten Marken der Welt zählen, wirkt das

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Abbildung 7: Marktkapitalisierung (oben) und Markenwert (unten) der „Big Four“ im Vergleich zu den deutschen Unternehmen unter den Top 100 der weltweit stärksten Marken

12Ergebnis mehr als ernüchternd: SAP, Siemens, Volkswagen, Daimler, BMW, Audi, Porsche, Allianz und Adidas erreichen gerade einmal eine Marktkapitalisierung von 536 Mrd. US Dollar. Die Markenwerte belaufen sich auf 141 Mrd. US Dollar. Es ist ein Vergleich zwischen alter und neuer Welt.

Bei der Marktkapitalisierung und den Markenwerten der großen vier Reiter im Vergleich zu den oben genannten deutschen Unternehmen offenbaren sich interessante Unterschiede: Deutsche Unternehmen haben zwar nur 26 Prozent der Marktkapitalisierung von Google und Co., aber 40 Prozent des Markenwerts. Sie profitieren somit nach wie vor von dem, was sie schon länger im Markt aufgebaut haben: dem Kapital in den Köpfen der Kunden. Darauf lässt sich aufbauen. Dies gilt natürlich nicht nur für solche Unternehmen, die in diesem Ranking von Interbrand oder anderen Agenturen geführt werden, sondern für alle starken Marken in ihren jeweiligen Branchen. Allerdings sollten sich diese Marken auch darüber bewusst sein, dass dieser Vorsprung schrumpft: von 2017 auf 2018 um drei Prozentpunkte. Die Marke hilft somit temporär bei der Transformation als Schutzschild. Sie schafft den notwendigen Spielraum zur Anpassung. Sich auf der Marke auszuruhen reicht allerdings nicht.

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Key Take-aways

Die Reise in der Zeitmaschine zeigt, wie schnell sich die Welt durch die Digitalisierung verändert hat. Anpassung ist ein schleichender Prozess. Wir sind uns dessen oft nicht bewusst.

Die Digitalisierung macht Menschen das Leben einfacher und bequemer. Dies wirkt sich auch auf Marken aus. Die Markenwertrankings werden heute dominiert durch digitale Unternehmen. Deutsche Unternehmen hinken hinterher. Allerdings zeigt sich, dass der Abstand bei der Marktkapitalisierung größer ist als beim Markenwert. Hier profitieren deutsche Unternehmen vom Vertrauen der Kunden. Sie haben über lange Zeit ihre Marken gestärkt und das Markenversprechen eingelöst.

Anpassung ist erforderlich. Marken sind in Zeiten der Veränderung ein Schutzschirm und schaffen Spielräume für Manager.

1 Die Zeit, Der Große Jahresrückblick 2017, 4. Dezember 2017, S. 17.

2 http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/erstes-geraet-vor-30-jahren-mit-einem-dicken-knochen-ins-handy-zeitalter/8805448.html?ticket=ST-373054-H4ebEZGC03cR931asFZT-ap1

3 Boston Consulting Group, Qualcomm, 2015.

4 Laut „Mental Balance“ Projekt: https://www.sueddeutsche.de/digital/immer-online-digitaler-dauerstress-1.3322626

5 https://orange-services.de/de/artikel/newskategorie/wie-viele-suchanfragen-beantwortet-google

6 Kotter, 2015.

7 Esch, Weyler, 2012.

8 Die Bezeichnung als (apokalyptische) Reiter stammt von meinem Kollegen Scott Galloway (2017), der zu der Auswirkung von Apple, Amazon, ­Google und Facebook das lesenswerte Buch „The Four“ geschrieben hat.