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Julia Schultz

HYPOTHALAMISCHE
AMENORRHÖ

WENN DIE PERIODE
TROTZ GESUNDEN
LEBENSSTILS AUSBLEIBT

Dein Weg zurück zu
einem natürlichen Zyklus

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Bildnachweis:

Illustrationen: © Heike Kmiotek

Originalausgabe

1. Auflage 2022

Verlag Komplett-Media GmbH

2021, München

www.komplett-media.de

E-Book-ISBN: 9-783-8312-7105-4

Lektorat: Diane Zilliges, Langenburg

Korrektorat: Redaktionsbüro Diana Napolitano, Augsburg

Umschlaggestaltung: Favorit Büro, München

Layout und Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim www.brocom.de

Gedruckt in der EU

Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrecht zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.

EINLEITUNG

Was ist eine Hypothalamische Amenorrhö? Erst mal ganz grob

DIE MENSTRUATION ALS VITALZEICHEN

WAS ALSO IST DENN NUN EINE HYPOTHALAMISCHE AMENORRHÖ?

FIRST THINGS FIRST: DIE ROLLE DER HORMONE

Den weiblichen Zyklus verstehen

DIE PHASEN DES MENSTRUATIONSZYKLUS

DER ZYKLUS BEI DER HYPOTHALAMISCHEN AMENORRHÖ. WAS LÄUFT SCHIEF?

Diagnose der Hypothalamischen Amenorrhö

KLEINER EXKURS: DAS HERAUSKITZELN DER PERIODE MIT HORMONEN

HYPOTHALAMISCHE AMENORRHÖ ODER DOCH PCOS?

Ursachen der Hypothalamischen Amenorrhö

STRESS. WENN ES UNS EINFACH ZU VIEL WIRD

NICHT AUSREICHEND NAHRUNG. DABEI SCHEINT UNSER FOOD-STIL DOCH SO GESUND …

WENN SPORT ZUM PROBLEM WIRD

SCHLAFMANGEL. WEIL UNS ALLES ANDERE WICHTIGER SCHEINT ALS RUHE

EIN MÜDER STOFFWECHSEL

Warum eine natürliche Periode so wichtig ist

OSTEOPOROSE? MIT MITTE 20?

GEHIRN, PSYCHE UND STIMMUNG

HERZ-KREISLAUF-ERKRANKUNGEN

WARUM DIE PILLE DAS PROBLEM NICHT LÖST

Die Rolle deines Unterbewusstseins

WENN BEDÜRFNISSE NICHT GESTILLT WERDEN

NEGATIVE GLAUBENSSÄTZE

Diese Ernährung tut deinem Zyklus gut

WIE VIEL ENERGIE BRAUCHT DEIN KÖRPER?

DIE MAKRONÄHRSTOFFE

DEINE ERNÄHRUNGSGUIDELINES

ALL-IN. WIRKLICH ALLES ESSEN?

TROUBLESHOOTING

Sport. Weniger ist mehr!

DEIN KÖRPER IST NICHT VERKEHRT

SPORTPAUSE. WIRKLICH NÖTIG?

TROUBLESHOOTING

Erholung und Schlaf

MINDSET-SHIFT: ERHOLUNG MACHT DAS LEBEN ANGENEHMER

SETZE GRENZEN – VOR ALLEM DEINEM SMARTPHONE

MACH SCHLAF ZU DEINER PRIORITÄT

TROUBLESHOOTING

Was kannst du erwarten?

MUSST DU WIRKLICH ZUNEHMEN?

TROUBLESHOOTING

WANN KOMMT MEINE PERIODE WIEDER?

PERIODE WIEDER DA. JETZT ALLES AUF ANFANG? ODER WANN BIST DU WIRKLICH VON DER HA ERLÖST?

WANN GIBT ES WIEDER SPORT?

DEINE ERNÄHRUNG NACH DER HEILUNG

Wenn es tiefer sitzt: Nebennierenschwäche

WAS IST EINE NEBENNIERENSCHWÄCHE?

WIE ZEIGT SICH EINE NEBENNIERENSCHWÄCHE?

SO KANNST DU DEINEN KÖRPER UNTERSTÜTZEN

SCHLUSSWORT

ANMERKUNGEN

EINLEITUNG

Da sitzen wir nun, vermeintlich gesund und trotzdem irgendwie nicht so wirklich. Ein wichtiger Teil unserer Gesundheit als Frau fehlt: die Periode. Darin inbegriffen haben wir vermutlich ein Ungleichgewicht in den Hormonen. Wir dachten, wir hätten alles richtig gemacht: Nur die besten Lebensmittel kommen uns über unsere Lippen. Alles vermeintlich Schlechte, ob Kohlenhydrate oder Fette, versuchen wir zu meiden – je nachdem, was gerade Trend ist und als der Buhmann und die Ursache für Übergewicht oder Krankheit ausgemacht wurde. Weniger ist das neue Mehr. Zumindest, was die Ernährung angeht. Beim Sport gilt weiterhin: Mehr ist immer besser. Und doch geht es uns nicht wirklich gut.

Findest du dich hier wieder? Keiner weiß so wirklich, weshalb deine Periode nicht kommt. Selbst deine Frauenärztin ist ratlos, denn auf dem Papier sieht alles gut aus. Gesunde Ernährung? Ausreichend Bewegung? Check und check. Eventuell zu viel Stress? Vielleicht hast du aber auch eine Diagnose – vermutlich Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) oder eine Art frühe Menopause –, kannst dich damit aber nicht identifizieren und willst sie nicht als wahr ansehen. Meiner Erfahrung nach ist dieses Bauchgefühl oft richtig.

Vielleicht weißt du aber auch genau, weshalb deine Periode nicht kommt, da du dich gerade erst aus einer Essstörung herausgekämpft hast oder sie seit einer vergangenen Essstörung nie zurückbekommen hast. Egal, weshalb du zu diesem Buch gegriffen hast: Du bist hier richtig. Und mit dir ist nichts verkehrt (damit wir das schon mal geklärt haben). Du bist auch absolut nicht allein mit deiner Geschichte. Wie dir geht es so unglaublich vielen Frauen! Auch ich war eine von ihnen. Damals habe ich den (weiblichen) Körper für ein wahres Mysterium gehalten, das einfach willkürlich handelt. Der gemeine Körper, der einfach nicht das machen will, was ich gern von ihm hätte! Bis ich eines Tages feststellte, dass er gar nicht so willkürlich handelt und ich nicht irgendwelche schlechten Gene habe. Ganz im Gegenteil: Mein Körper folgt ganz einfachen logischen und vor allem natürlichen Regeln. Genau wie deiner. Doch irgendwie bekommen wir eingetrichtert, dass der Körper etwas sei, was man bezwingen und unter allen Umständen kontrollieren müsste. Ein »Etwas«, was wir beliebig formen können. Und wenn uns das nicht glückt, dann sind wir vermutlich einfach nicht diszipliniert genug.

Dieses Buch ist eine Hommage an deinen Körper, denn er ist wirklich atemberaubend intelligent. Dieses Buch soll dir dienen und dabei vor allem deinen inneren Prozess unterstützen, deinen Körper endlich als Freundin zu betrachten, die es wirklich zu jeder Zeit gut mit dir meint. Es soll dir die Augen öffnen und dir den Mut geben, deinen Körper aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Und es soll dich darin unterstützen, nicht einfach nur deine Periode wiederzubekommen, sondern dein gesamtes Leben wieder mehr genießen zu können. Denn »die Periode zu haben« hat – wie du im Laufe des Buches feststellen wirst – sehr viel mit genüsslichem Hingeben (Ernährung), Loslassen (Sport) und gleichzeitig Empfangen (Chillmodus) zu tun.

Dabei ist es fast egal, wie alt du bist oder wie lange deine Periode schon ausbleibt. Ich habe mit der Methode, die ich dir hier vorstellen werde, schon Frauen begleitet und mit ihnen »Perioden-Dance-Partys« feiern dürfen, die sieben, zehn oder 14 Jahre lang keine natürliche Periode hatten. Es gab Frauen in meinen Programmen, die bereits Ende 30 oder Anfang 40 waren und ihre Periode wiederbekommen haben. Es ist sogar möglich, die allererste natürliche Periode (denn Pillenblutungen gelten nicht) mit Mitte 20 oder Anfang 30 zu bekommen! Ganz genau, selbst wenn deine Periode in deinen Teenagerjahren nie kam, ist es auch in deinen Zwanzigern noch nicht zu spät dafür. So vieles ist möglich! Natürlich gibt es nie eine Garantie. Aber ich sage immer: Wenn es keine Garantie für das Wiederkommen deiner Periode gibt, gibt es genauso wenig eine Garantie dafür, dass sie niemals wiederkommen wird. Wenn du aus tiefstem Herzen das Beste für deinen Körper möchtest und danach handelst, ist wirklich alles möglich. Aus meiner Sicht ist die Rückkehr deiner Periode viel wahrscheinlicher als das, was viele Ärztinnen pauschal sagen: »Das wird niemals natürlich funktionieren können.« Ob sie damit Hormonbalance, Rückkehr der Periode oder den natürlichen Kinderwunsch ansprechen.

Wird der Weg immer einfach sein? Nein, vermutlich nicht. Von deiner Seite ist eine Menge Mut und Vertrauen gefragt. Aber der Weg lohnt sich.

Wo wir gerade bei dem Wort »Ärztinnen« waren: Ich habe mich bewusst dazu entschieden, in der Weise in diesem Buch zu gendern, dass ich die weibliche Form eines Substantivs bevorzugt verwende. Wenn ich also beispielsweise von Ärztinnen oder Freundinnen schreibe, möchte ich damit niemanden ausschließen. Ich meine sowohl weibliche, männliche als auch nicht-binäre Menschen. Es ist vermutlich nicht die beste Lösung, vereinfacht aus meiner Sicht jedoch den Lesefluss, es so einfach zu halten.

Allgemein möchte ich noch kurz auf die Sprache in diesem Buch eingehen. Es geht hier im Speziellen um die Zyklusstörung der Hypothalamischen Amenorrhö. Das ist definitiv kein Wort, das leicht über die Lippen geht und eventuell auch beim Lesen schon kleine Knoten in die Gehirnneuronen dreht. Aus diesem Grund verwende ich statt Hypothalamischer Amenorrhö auch oft die Abkürzung HA. Du wirst des Weiteren oft Aussagen lesen wie »Dein Körper weiß …« oder »Dein Körper muss dir vertrauen können«. Dein Körper ist ein Teil von dir, wird aber vermutlich nicht »wissen« oder »vertrauen« können (wenn wir ganz korrekt sind). Was ich aber ansprechen möchte, sind bestimmte Arten und Weisen, wie dein Körper mit inneren Prozessen auf bestimmte Bedingungen und Veränderungen reagiert. Ich persönlich finde es schön, wenn wir zum Körper ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen und ihn als Teil von uns begreifen, der deutlich mehr kann als nur stupiden Anweisungen zu folgen. Die Intelligenz des Körpers (und somit der Natur) übertrifft bei Weitem alles, was wir uns mit unserem Verstand vorstellen können, und reagiert auf kleinste (auch emotionale) Reize. Meine Erfahrung zeigt: Je wohlgesonnener wir unserem eigenen Körper sind und je tiefer wir die Verbundenheit mit ihm erkennen, desto leichter und auch schneller kann sich eine wahre Hormonbalance mit regelmäßigen Zyklen einstellen. Nun lass uns aber nicht länger um den heißen Brei herumreden, sondern eintauchen in die Welt der Hypothalamischen Amenorrhö und in die Möglichkeiten, wie du sie überwinden kannst.

Viel Freude beim Lesen und beim Kennenlernen deines Körpers!

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Was ist eine Hypothalamische Amenorrhö? Erst mal ganz grob

Ich habe mir lange Zeit überhaupt keine Gedanken um meine Periode gemacht. Als 13-jähriges Mädchen, so erinnere ich mich, war ich erfreut, dass ich sie endlich bekommen habe. Ich habe mich gefreut, zur Frau zu werden. Doch was sie eigentlich bedeutete und was in meinem Körper vor jeder Periode Grandioses passierte, war mir noch lange Zeit überhaupt nicht bewusst. Perioden hat man als Frau halt. Jeden Monat einmal. So die Theorie. Einfach Tampon rein und schon geht’s ganz normal mit dem Leben weiter. Natürlich nur, solange man zu den Glücklichen gehört, die sich nicht mit Periodenschmerzen herumplagen müssen. Mit 15 Jahren begann ich, die Pille zu nehmen. Meine Frauenärztin hat sie mir damals wegen meiner Akne verschrieben. Mein Zyklus kam also noch nicht einmal richtig in Fahrt, schon habe ich ihn durch die Einnahme von Hormonen beeinflusst. Allerdings machte ich mir damals sehr wenig Gedanken um den weiblichen Zyklus und stellte die Einnahme der Pille nicht infrage. Vielmehr war ich davon überzeugt, dass ich mit der Pille ganz normal meine Periode habe – immerhin gibt es einige Menschen, die behaupten, dass sie den Zyklus »regulieren« würde. Heute weiß ich, dass das absoluter Quatsch ist und ich mir da einen riesigen Bären habe aufbinden lassen. Leider geht es da draußen so vielen Mädchen genauso wie mir damals. Sie haben keine Ahnung über die Folgen und werden auch nicht dementsprechend aufgeklärt. Das werden wir uns später noch etwas genauer anschauen.

DIE MENSTRUATION ALS VITALZEICHEN

Erst mit etwa 20 Jahren, als ich die Pille abgesetzt habe, begann ich, meine Aufmerksamkeit auf meinen weiblichen Zyklus zu richten. Der Grund? Na ja, sie kam einfach nicht. Für etliche Monate. Nach Absetzen der Antibabypille wartete ich auf das Einsetzen meiner Periode. Das hat mich stutzig gemacht, schließlich kam sie bis dato doch jeden Monat pünktlich – mit Pille! Tatsächlich hat mich also erst das Ausbleiben der Periode darauf aufmerksam gemacht, dass das (für mich) Selbstverständlichste der Welt »Frau hat Periode« vielleicht doch nicht so selbstverständlich ist, wie ich damals annahm. Heute weiß ich, dass die Periode ein Ereignis vieler unglaublicher hormoneller und struktureller Abläufe im Körper einer biologischen Frau ist (#NaturIstEinVerdammtes-Wunder). Ich gehe noch einen Schritt weiter: Die Menstruationsblutung einer Frau ist das fünfte Vitalzeichen von Menschen, die von der Natur mit einer Gebärmutter und Eierstöcken ausgestattet wurden.

MENSTRUATION ALS VITALZEICHEN

Vitalzeichen sind die von außen wahrnehmbaren Lebensfunktionen eines Menschen. Die wichtigsten Vitalzeichen sind: Atmung, Herztätigkeit (Puls und Blutdruck), Körpertemperatur und Bewusstsein.1 Und für Frauen eben dazu noch die Menstruationsblutung.

Die Art der Menstruationsblutung, ob sie schmerzhaft oder ohne Schmerzen verläuft und in welchen Abständen sie kommt, kann viele Einblicke in die Gesundheit einer Frau liefern. Man kann von ihr sogar Rückschlüsse darauf ziehen, ob eine Frau so lebt, wie es ihren eigenen Bedürfnissen und den Bedürfnissen ihres Körpers entspricht. Das ist ein superspannendes Thema, nur leider viel zu umfangreich für dieses Buch (und irgendwie auch am Thema vorbei, weil du dir deine Periode vielleicht grundsätzlich erst mal überhaupt wünschst). Wenn dich dieses Thema dennoch interessiert, kannst du dir einen Podcast anhören, den ich dazu aufgenommen habe: Was dir dein Menstruationsblut über deine Hormone verrät.2

Eine Amenorrhö nun wird wie folgt definiert:

AMENORRHÖ

Substantiv, f

Ame·nor·rhö [amenɔˈʁø:]

Bedeutungen:

Medizin: Ausbleiben der monatlichen Regelblutung (Menstruation)

Herkunft:

griechisch a- »nicht-« und Menorrhö, aus griechisch μήν (mēn) (Genitiv μηνός [mēnos]) »Monat« und ῥεῖν (rhein) »fließen«.3

Wenn die Periode einen so tiefen Einblick in die Gesundheit und das Leben einer Frau geben kann, was bedeutet dann eine ausbleibende Periode? Ich bin ganz ehrlich: Es ist ein klares Warnzeichen deines Körpers, der vermutlich nicht ganz so gesund ist, wie du bisher dachtest. So geht es übrigens vielen Frauen mit Hypothalamischer Amenorrhö. Sie betrifft nämlich gerade junge Frauen, die sehr viel Wert auf ihre Gesundheit legen. Das scheint paradox und verlangt gewaltig viel Ehrlichkeit mit dir selbst, denn du wirst (eventuell mit Erschrecken) feststellen, dass gerade die Dinge, von denen du denkst, dass sie gesund für deinen Körper sind, genau die Dinge sind, die deine Periode fernhalten. Das muss man erst mal in seinen wunderschönen Kopf bekommen.

Für mich hat es einige Jahre andauerndes Ausprobieren vieler angeblich hormonausgleichender Ansätze gebraucht, um meinen weiblichen Körper wirklich zu verstehen, und vor allem zu verstehen, was er tatsächlich braucht (und welchen Schmarrn aus Frauenzeitschriften und der Fitnesswelt er absolut gar nicht benötigt). Wir leben nämlich in einer Gesellschaft, in der wir so viel mehr Wert auf die Meinung anderer legen und uns darüber hinaus ständig zu mehr Leistung antreiben, dass wir unser eigenes Körpergefühl und die tiefen inneren Bedürfnisse unseres Selbst hinten anstellen. Dieses Buch soll dir eine kleine Anleitung dafür geben, wie du dich von diesen Fesseln (und vor allem von den lauten Stimmen von außen) lösen kannst, um dich endlich wieder auf deine innere Stimme (deine Körperstimme, nicht deine Verstandesstimme!) zu berufen und ein tiefes Vertrauen in dich und deinen wundervollen Körper zu erlangen. Die Kirsche auf der Sahnehaube sollte dann natürlich die Rückkehr deiner Menstruationsblutung sein.

Zuerst wollen wir uns anschauen, was Hypothalamische Amenorrhö bedeutet, um dann gleich im Anschluss tiefer in das Wunderwerk »weiblicher Körper« und dessen Bedürfnisse zu blicken.

WAS ALSO IST DENN NUN EINE HYPOTHALAMISCHE AMENORRHÖ?

Hypothalamische Amenorrhö beschreibt das Ausbleiben der Periode. Dafür steht das Wort Amenorrhö, wie du ja bereits weißt. Der Begriff hypothalamisch gibt uns bereits einen kleinen Hinweis darauf, weshalb die Periode ausbleibt. Die Ursache liegt hier nämlich im Hypothalamus, einem Bereich in unserem Gehirn, der viele Informationen vom Körper aufnimmt, verarbeitet und darauf mit der Ausschüttung bestimmter Hormone reagiert. Diese Hormone kontrollieren und regulieren unter anderem Stoffwechsel, Herzschlag, Hungergefühl und auch unseren weiblichen Zyklus. Man könnte den Hypothalamus auch als Dreh- und Angelpunkt des Hormonsystems betiteln, als hormonelle Schaltzentrale des Körpers.

Bei der Hypothalamischen Amenorrhö nimmt der Hypothalamus so viel Stress wahr, dass er entscheidet, dass eine Schwangerschaft jetzt definitiv keine gute Idee wäre – er fährt daher die Reproduktionsfähigkeit des Körpers zurück und die Periode bleibt aus. Dabei können die Stressoren, die der Hypothalamus wahrnimmt, vielfältig sein. Der häufigste Grund für das Ausbleiben der Periode bei einer Hypothalamischen Amenorrhö ist jedoch oftmals das Missverhältnis zwischen Energieaufnahme und Energieaufwand. Kurzum: Du isst zu wenig oder hast zu wenig Energiereserven im Körper (oft auch einen zu geringen und somit ungesunden Körperfettanteil) und/oder du verbrauchst zu viel Energie, zum Beispiel durch deinen Sport.

Vielleicht fühlst du dich jetzt schon ertappt?! Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass du vor einer laaaaangen Zeit einmal eine Crash-Diät gemacht hast und dein Körper daran immer noch zu kauen hat. Oder du hast eine On-off-Beziehung mit Diäten im Allgemeinen, was deinen Körper nie so richtig wissen lässt, ob jetzt genügend Energie da ist oder doch nicht.

Auch viele Athletinnen haben häufig das Problem, dass sich die Periode verabschiedet. Dieses Phänomen hat sogar seinen eigenen Namen: Female Athlete Triad oder RED-Syndrom. Der Leistungssport wird hier oft mit einer zu geringen Nahrungsaufnahme gekoppelt. Ein fatales Szenario für den Körper, da sich der weibliche Zyklus einstellen und das Osteoporoserisiko, inklusive Ermüdungsbrüche der Knochen, dramatisch zunehmen kann. Ein wichtiges Thema, dem ich ein ganzes Kapitel in diesem Buch widmen werde (siehe »Osteoporose? Mit Mitte 20?«).

Jetzt weißt du schon mal ganz grob, was Hypothalamische Amenorrhö bedeutet. Bevor wir nun gleich den weiblichen Zyklus betrachten und schauen, was bei der HA schiefläuft, sollten wir ganz kurz die Bedeutung der Hormone beleuchten. Ganz wesentlich für unser Thema.

FIRST THINGS FIRST: DIE ROLLE DER HORMONE

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber früher habe ich Hormone größtenteils mit lästigen Ereignissen im Leben einer Frau in Verbindung gebracht: Pubertät (Pickel, ölige Haut, fettige Haare … Halleluja, was für eine spaßige Zeit!) und Wechseljahre (lichter werdendes Haar, Hitzewallungen, miese Stimmung). Oftmals erkennt man noch die Wichtigkeit der Hormone in der Schwangerschaft. Doch auch das hört sich nicht immer rosig an. Ich sage nur: Morgenübelkeit, Müdigkeit und schwere Beine. Und dann kommen die Hormone auch immer ins Spiel, wenn es mit unserem Zyklus nicht so rundläuft und wir einige Beschwerden haben. Dann geht’s zur Ärztin und »die Hormone« werden gecheckt …

Hormone sind eigentlich immer der Buhmann, wenn es mal schiefläuft und wir eine Ursache für Beschwerden benötigen. Dabei sind Hormone die ganze Zeit in unserem Körper aktiv, nicht nur, wenn sie mutmaßlich »etwas anstellen«. Ja, natürlich spielen Hormone eine wichtige Rolle im Verursachen von Beschwerden. Daran können wir sehen, welch riesengroßen Einfluss sie auf uns haben. Fast so wie eine kleine Mücke an heißen Sommertagen. In. Unserem. Schlafzimmer! So winzig, aber doch so kraftvoll darin, uns mit ihrem Summen vom Schlafen abzuhalten und am nächsten Tag mit ihren juckenden Stichen auch nachträglich noch zu nerven. Und auch wenn wir es in solchen Momenten nicht sehen wollen, haben Mücken auf dieser Erde eine Daseinsberechtigung. Die Natur hat sich die Mücken nicht einfach so einfallen lassen. Sie übernehmen eine Rolle im Ökosystem. (Ich weiß, ich musste auch erst mal googlen. Kaum vorstellbar, oder? Wer braucht schon Parasiten?!) Mücken sind Teil der Nahrungskette und (vielleicht sogar dank unseres Blutes, das sie intus haben) eine nahrhafte Delikatesse für viele Vögel, Frösche und andere Tiere – #OhneMückeKeineVögel. Und man könnte sogar meinen, dass ihre blutsaugende Eigenschaft Training für unser Immunsystem bedeutet, das uns widerstandsfähiger macht.

Und die Hormone? Auch sie fallen uns meist erst ein, wenn es Probleme gibt – aber sie sind natürlich sehr wichtig für den Organismus. Sie steuern viele Prozesse hinsichtlich Stoffwechsel, Ernährung, Atmung, Sexualfunktion und so weiter. Wenn wir keine Beschwerden haben und sie so »funktionieren«, wie sie sollen, bemerken wir sie nicht. Dabei dürfen wir uns mal bewusst machen, was Hormone alles können – auch wenn alles gutläuft. Ohne Hormone wäre unser Körper nämlich das reinste Chaos. Sie koordinieren ALLES. Wie kleine Botenstoffe, die wichtige Informationen an jedes einzelne Organ – besser noch – an jede einzelne Körperzelle überliefern. Man könnte meinen, sie sind die Telefonleitungen zwischen den einzelnen Organen und Drüsen, die es ihnen ermöglichen, miteinander zu »sprechen«. So befinden sich in unserem Körper ganze Kommunikationsketten, die auf vielen verschiedenen Hormonen basieren. Ist ein Glied (sprich Hormon) in dieser Kommunikationskette gestört, kann das gesamte System ins Wanken geraten. So ähnlich wie beim Spiel »Stille Post«: Wenn auch nur ein Glied der Kette die Nachricht falsch überträgt, kommt am Ende nicht das korrekte Ergebnis raus.

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»Stille Post« der Hormone

Bei einer Hypothalamischen Amenorrhö ist es zum Beispiel nicht unüblich, dass sich das Hormonungleichgewicht in Haarausfall äußert. Der kann viele Ursachen haben. Eine ist oft ein Östrogenmangel. Dadurch, dass die hormonelle Kommunikationskette bei der Hypothalamischen Amenorrhö bereits im Gehirn fehlschlägt – im Hypothalamus –, können auch die darauffolgenden Instanzen keine stimmige Information weitersenden.

Das bedeutet, dass der Hypothalamus kein klares Signal an die Hypophyse sendet. Die Hypophyse kann daraufhin auch nur fehlerhafte Botschaften an die Eierstöcke übermitteln (das follikelstimulierende Hormon FSH wird nur minimal übertragen, das luteinisierende Hormon LH in der Regel fast gar nicht). Daraufhin werden in den Eierstöcken keine Follikel gebildet und die Östrogenproduktion erlahmt. (Keine Angst, wir schauen uns den ganzen Prozess im Detail im nächsten Kapitel an.) Das Östrogen aber hat nun einen erheblichen Einfluss auf diverse Körperzellen, so auch auf unsere Haarzellen. Das weibliche Geschlechtshormon dockt nämlich an die Haarzellen an und überbringt das Signal, die Lebensphase des Haares zu verlängern. Das ist genau der Grund, warum schwangere Frauen von ihrem auf einmal so dichtem und fülligem Haar berichten: Östrogen gibt es in der Schwangerschaft im Überfluss. Und wenn es im Übermaß vorhanden ist, bekommen die Haare immer neu die Botschaften, die sie befähigen, so richtig schön zu wachsen und zu bleiben. Jedes Haar durchläuft verschiedene Phasen. Eine davon ist auch irgendwann der Ausfall, bevor das Haar wieder – wie Phönix aus der Asche – anfängt, neu zu wachsen. Östrogen verlängert in dem ganzen Ablauf die Phasen, die wir als positiv empfinden: Haarwachstum und Haarerhalt. Ist zu wenig Östrogen vorhanden, dann werden diese Phasen des Haarwachstums weniger unterstützt und die Haarpracht wird dünner.

Du merkst also, Hormone braucht es in unserem Körper und häufig kommt es auf die Menge eines bestimmten Hormons an – zu wenig, aber in vielen Situationen auch zu viel davon kann sich unangenehm bemerkbar machen.

Weil wir uns in diesem Buch vor allem mit der Hypothalamischen Amenorrhö und somit dem weiblichen Zyklus befassen, habe ich dir in der folgenden Tabelle eine Übersicht über die dabei wesentlichen Hormone zusammengestellt. Danach tauchen wir ein in die Geheimnisse des weiblichen Zyklus – denn dort kommen wir auch der Hypothalamischen Amenorrhö auf die Spur.

WESENTLICHE ZYKLUSHORMONE UND IHRE AUFGABEN

Hormon

Produktionsstätte

Aufgaben

Gonadoliberin (auch Gonadotroping Releasing-Hormon genannt, GnRH)

Hypothalamus

Verantwortlich für die Stimulierung der Hormonausschüttung in der Hypophyse.

Follikelstimulierendes Hormon (FSH)

Hypophyse

Stimuliert die Follikel in den Eierstöcken zur Reifung.

Luteinisierendes Hormon (LH)

Hypophyse

Auslösen des Eisprungs.

Östrogen (speziell Östradiol)

Follikel sowie Gelbkörper in den Eierstöcken

Stimulierung des Aufbaus der Gebärmutterschleimhaut. Wachstum der Brust bzw. Brustdrüsen. Positive Wirkung auf das Haarwachstum sowie auf die Elastizität und Durchblutung der Haut. Knochenschützende Wirkung, wichtig für Knochenwachstum und -stabilität.

Progesteron (auch Gelbkörperhormon genannt)

Gelbkörper in den Eierstöcken

»Auflockerung« der Gebärmutterschleimhaut. Stabilisierung und Erhalt einer Schwangerschaft. Beruhigende Wirkung auf das Zentralnervensystem. Knochenschützende Wirkung. Wichtig im Bereich Immunsystem, z. B. wegen einer Immunsuppression während der Schwangerschaft.

Den weiblichen Zyklus verstehen

Bevor wir uns anschauen, was die tieferliegenden Ursachen der Hypothalamischen Amenorrhö sind, finde ich es wichtig (und enorm hilfreich) zu verstehen, was denn idealerweise jeden Monat im Körper einer Frau passiert oder eben passieren sollte. Dieses Wissen scheint mir essenziell, da es unser Verständnis und auch unsere Ehrfurcht vor dem weiblichen Körper (und der unbeschreiblichen Intelligenz von Mutter Natur) stärken kann und den Prozess der Heilung oftmals einfacher gestaltet. Wenn wir verstehen, was für ein intelligentes und ausgeklügeltes »System« in unserem Körper vorherrscht, kann es leichter sein, uns fallen zu lassen, zu vertrauen und uns »hinzugeben«. Es wird dann leichter, unseren Körper endlich als Freundin statt als Feindin zu betrachten, die gegen uns handelt. Das braucht es nämlich, um aus der HA herauszufinden: ein Team, bestehend aus dir und deinem Körper. Eine Einheit, in der sich beide Parteien vertrauen. Das mag abgedroschen klingen, aber in meiner Arbeit als Coach habe ich immer wieder festgestellt, dass es einfacher wird, die Periode wiederzubekommen, wenn wir Frieden mit unserem Körper schließen und ihn als Wunderwerk betrachten statt als Maschine, die aus einzelnen Teilen besteht. Gib diesem Gedanken also gern mal eine Chance.

DIE PHASEN DES MENSTRUATIONSZYKLUS

Vielleicht hast du die Theorie des weiblichen Zyklus schon ein paar Mal ordentlich durchgekaut. Dann werde ich dir in diesem Kapitel vermutlich nicht allzu viel Neues erzählen. Aber ich habe mich bemüht, eine wichtige Komponente hier zu integrieren, die oft ausgelassen wird: die Rolle des Hypothalamus und des Hormons GnRH.

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Der weibliche Zyklus

Zyklusphase 1: Menstruation

Es ist das Ereignis im Zyklus, das heraussticht. Aus diesem Grund beginnt ein neuer Zyklus »offiziell« mit dem ersten Tag der Menstruationsblutung. Alle Hormone befinden sich hier auf einem Tiefpunkt. In der Tat setzt die Blutung überhaupt erst ein, weil die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen (im Speziellen Östradiol) und Progesteron zuvor abgefallen sind. Wenn diese Hormone absinken, bekommen die Gebärmutterschleimhautzellen nicht mehr das Signal, in der Gebärmutter zu verharren und auf eine mögliche Einnistung zu warten. Der Zug ist in dieser Zyklusphase nämlich bereits abgefahren. Die Zellen dürfen sich ablösen und Platz für neue Zellen im nächsten Zyklus machen. Der gesamte Ablauf wird dir bei der Beschreibung der nächsten Phasen sicher noch verständlicher werden.

DREI ARTEN VON ÖSTROGEN

Es gibt drei Arten von Östrogen: Östron (E1), Östradiol (E2) und Östriol (E3). Sie übernehmen alle etwas unterschiedliche Aufgaben im Körper. So wird Östron vor allem im Fettgewebe produziert und ist besonders wichtig in der Menopause. Östradiol ist das Östrogen, das im Menstruationszyklus vermehrt produziert wird. Östriol ist ein Stoffwechselprodukt aus den anderen beiden Östrogenen und für die Schleimhäute sowie in der Schwangerschaft von besonderer Bedeutung.

Zyklusphase 2: Follikelphase

Der Hypothalamus reagiert nun auf die niedrigen Hormonwerte der ersten Phase. Unser Körper verfügt nämlich über ein ausgeklügeltes Feedbacksystem. Unser Gehirn besitzt feine Messinstrumente und weiß so ganz genau, wie viel von einem bestimmten Hormon im Blutkreislauf kursiert. So nimmt es das niedrige Level an Östradiol wahr. Daraufhin reagiert der Hypothalamus und beginnt mit einer geringen Ausschüttung von Gonadoliberin in langsamen Pulswellen. Die Menge an GnRH sowie die Abstände, in denen der Hypothalamus dieses Hormon ausschüttet, sind wichtig und bedeutender Bestandteil des Signals an die nächste Instanz der Hormonachse des weiblichen Zyklus: die Hypophyse.

Die Hypophyse reagiert auf die langsamen Pulswellen an GnRH mit der Ausschüttung des follikelstimulierenden Hormons. Der Name ist Programm: Mit dem Übergang in den Blutkreislauf gelangt FSH zu den Eierstöcken und regt dort die Reifung der Follikel in den Eierstöcken an. Es reifen immer gleich mehrere Follikel heran, die nun beginnen, Östradiol zu produzieren. Da die Follikel immer größer werden, wird auch immer mehr Östradiol ausgeschüttet. Nur ein Follikel wird jedoch »dominant« und wächst so stark, dass es sich für einen Eisprung eignet.

Das Östradiol übernimmt wichtige Aufgaben im weiblichen Zyklus. Zum einen überbringt es das Signal an die Gebärmutterschleimhaut, dass sie sich aufbauen darf, um sich auf die mögliche Einnistung einer befruchteten Eizelle vorzubereiten. Zum anderen verändert sich unter der Anwesenheit von Östradiol (je nach Menge) der Zervixschleim. Mit mehr Östradiol wird dieser immer flüssiger und nimmt an Menge zu. Kurz vor und am Tag des Eisprungs ist die Konsistenz des Zervixschleims besonders nährend und schützend für die Spermien des Mannes und erleichtert ihnen den Weg zur Eizelle.4

FOLLIKEL

Ein Follikel besteht immer aus einer Eizelle und mehreren tausend Hilfszellen, die eine Hülle um die jeweilige Eizelle bilden. Es sind die Hilfszellen, welche Hormone produzieren.

Zyklusphase 3: Eisprung

Nun kommt wieder das Feedbacksystem des Körpers ins Spiel. Das Gehirn nimmt wahr, dass die Menge an Östrogenen im Blut ganz schön zugenommen hat. Das veranlasst den Hypothalamus, die Pulswellen, in denen er GnRH ausschüttet, zu verkürzen. Du erinnerst dich: In der Follikelphase waren sie eher langsam und die Abstände zwischen ihnen größer. Nun wird mehr GnRH in kürzerer Zeit ausgestoßen. Das ist genau das Signal, das die Hypophyse braucht, um das luteinisierende Hormon auszuschütten. Mit dem Höhepunkt der LH-Konzentration – etwa neun bis 24 Stunden vor dem großen Ereignis – wird der Eisprung begünstigt, wenn es denn ein Follikel geschafft hat, zu »dominieren«, wenn es also zum »Sprung« bereit ist. Wir nehmen jetzt einfach mal an, dass dies der Fall ist (schließlich schauen wir uns den weiblichen Zyklus unter Idealbedingungen an). Die Eizelle verlässt dann ihren Kokon aus Hilfszellen, tritt aus dem Eierstock heraus und macht sich auf den Weg durch den Eileiter zur Gebärmutter. Die Hilfszellen verbleiben in den Eierstöcken und bilden nun den sogenannten Gelbkörper.

Zyklusphase 4: Lutealphase

Während sich die Eizelle langsam auf den Weg Richtung Gebärmutter macht, beginnt der Gelbkörper, das Gelbkörperhormon zu produzieren. Du kennst dieses Hormon vielleicht eher unter dem Namen Progesteron. Auch Östradiol wird vom Gelbkörper weiterhin ausgeschüttet, jedoch im Verhältnis zu Progesteron nun in geringeren Mengen. Das Gehirn nimmt sogleich wahr, dass die Progesteronkonzentration ansteigt, und der Hypothalamus fährt die Produktion von GnRH wieder zurück. Das soll verhindern, dass weitere Follikel heranreifen, es wird ja jetzt kein weiterer Eisprung benötigt. Dieser Prozess ist für den aktuellen Zyklus erst mal auf Eis gelegt.

Die anhaltende Anwesenheit von Östradiol sorgt dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut gehalten wird und sich vielleicht sogar noch etwas weiter aufbaut. Da nun aber auch noch Progesteron im Spiel ist, wird ihrem übermäßigen Aufbau entgegengewirkt, denn für eine mögliche Schwangerschaft will es die Natur, dass die Schleimhaut weder zu dünn noch zu dick ist. Auch verändert Progesteron die Qualität der Gebärmutterschleimhaut und »lockert« das Gewebe auf, sodass eine mögliche Einnistung leichter wird.

Wird die Eizelle nicht befruchtet, bildet sich der Gelbkörper zurück und die Produktion von Östradiol und Progesteron wird eingestellt. Dieser Hormonabfall führt zur Ablösung der Gebärmutterschleimhaut, weil die Zellen nun keine Signale durch die Hormone mehr bekommen. Die Menstruationsblutung setzt ein. Nun beginnt der ganze Prozess wieder von vorn mit der ersten Phase.

DER ZYKLUS BEI DER HYPOTHALAMISCHEN AMENORRHÖ. WAS LÄUFT SCHIEF?

Bei einer Hypothalamischen Amenorrhö funktioniert der Zyklus nicht so, wie du es gerade kennengelernt hast. Wenn wir uns die Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse (siehe Grafik »›Stille Post‹ der Hormone« im Kapitel »First things first: Die Rolle der Hormone«) anschauen, ahnen wir schon, dass der Zyklus bereits auf Höhe des Hypothalamus ins Straucheln kommt und sich dabei negativ auf die gesamte weitere Hormonkette auswirkt. Du erinnerst dich an das Beispiel der Stillen Post? Wenn schon die erste Instanz in der Hormonkette verwirrende Signale sendet, dann kann auch das Endresultat nicht stimmen. Genau das passiert bei der HA. Aus irgendwelchen Gründen (zu denen kommen wir später noch) sendet die hormonelle Schaltzentrale nur schüchtern ihre Signale in Form von Gonadoliberin, also GnRH los. Das nimmt die Hypophyse wahr und reagiert darauf – abgestimmt auf das Signal oder Nicht-Signal, das bei ihr ankommt. Wenn der Hypothalamus nur ganz verhalten GnRH ausschüttet, dann reagiert auch die Hypophyse verhalten. Meist sieht das bei der HA so aus, dass zwar noch FSH von der Hypophyse ausgeschüttet wird, aber LH kaum vorhanden ist. Das variiert von Frau zu Frau und kommt unter anderem auf die Schwere an, mit der sich die HA manifestiert hat. Spielen wir mal zwei mögliche Beispiele durch:

Beispiel 1: Geringer ausgeprägte HA

Der Hypothalamus sendet gerade noch ausreichend Signale, damit die Hypophyse ein gering-normales Level an FSH ausschütten kann. Das reicht aus, um ein paar Eibläschen im Eierstock zu stimulieren und zum Wachstum anzuregen. Das passiert aber nur zögerlich, weshalb zwar etwas Östradiol produziert werden kann, aber bei Weitem nicht ausreichend, um die Gebärmutterschleimhautzellen zu stimulieren. Die Gebärmutterschleimhaut baut sich damit nicht ausreichend auf, sie bleibt häufig unter vier Millimetern Dicke. Zum Vergleich: Die Gebärmutterschleimhaut in einem gesunden Zyklus baut sich zu einer sieben bis zehn Millimeter dicken »Wand« auf.

Des Weiteren wird kein Follikel wirklich dominant, also nicht besonders groß und nicht ausreichend, um den »Sprung« zu wagen. Aufgrund des niedrigen Östrogenspiegels bleibt das Feedback an den Hypothalamus aus, LH in der Hypophyse anzuregen – wenn er dafür nicht ohnehin zu schwach ist. Somit findet kein LH-Anstieg statt, keine Eizelle verlässt den Eierstock und auch Progesteron wird in der Folge nicht produziert. Der Zyklus kommt zum Erliegen.

In manchen Fällen kann es hierbei noch zu Schmierblutungen kommen. Das ist oft dann der Fall, wenn sich die Gebärmutterschleimhaut aufgrund des immerhin geringen Östradiolspiegels wenigstens etwas aufgebaut hat. Fällt der Östradiolspiegel dann etwas ab, kann sich das Gewebe lösen: Eine Schmierblutung wird wahrgenommen. Meine Erfahrung zeigt, dass Schmierblutungen aber selten der Fall sind und meist erst im Heilungsprozess der HA auftreten, wenn sich der Zyklus langsam erholt.

Übrigens kann es hier auch zu sogenannten Zysten in den Eierstöcken kommen, die auf einem Ultraschall sichtbar werden. Hier ist es wichtig, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und das PCO-Syndrom zu diagnostizieren. (Mehr zur Unterscheidung vom PCO-Syndrom und HA findest du in den folgenden Kapiteln.)

Beispiel 2: Stärker ausgeprägte HA

Hat sich die HA stärker manifestiert, bekommt die Hypophyse wirklich kaum noch »richtige« Signale vom Hypothalamus. FSH wird deswegen in viel zu geringen Mengen ausgeschüttet und die Eizellreifung kann komplett zum Erliegen kommen. Wenn keine Eibläschen heranwachsen, kann auch kein Östradiol produziert werden. Ich habe schon Östradiolwerte bei jungen Frauen gesehen, die gegen Null gingen. In solchen Fällen darf man aufpassen, sich nicht die Diagnose »frühe Wechseljahre« aufzuhalsen – besonders dann, wenn man vom Alter her noch weit von den Wechseljahren entfernt ist.

Eigentlich kann ich an diesem Punkt schon aufhören, denn es sollte klar sein, dass der Zyklus in so einem Zusammenhang gar nicht mehr vorhanden ist. Ohne Östradiol kann sich keine Gebärmutterschleimhaut aufbauen, die später abbluten könnte, und es wird auch kein LH ausgeschüttet. Es findet kein Eisprung statt und Progesteron wird nicht produziert. Es werden vermutlich auch keine Follikel im Eierstock sichtbar sein – jedoch bestätigen Ausnahmen die Regel.

Das Beispiel mag etwas erschreckend klingen, deshalb möchte ich hier schon sagen, dass eine HA behoben werden kann – egal wie stark sie ausgeprägt sein mag. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass du sie heilen kannst, obwohl ich dieses Wort wirklich nicht gern in den Mund nehme (oder zu Papier bringe). Aber in diesem Fall ist es absolut zutreffend.

Du magst jetzt vielleicht denken, dass bei der HA der Hypothalamus »kaputt«