RICHARD RIESS
  (Herausgeber)

Freundschaft

2. Auflage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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INHALT

RICHARD RIESS Freundschaft – Ferment des Lebens – Einleitung

Freundschaft – Dies unerschöpfliche Wort

FULBERT STEFFENSKY Freundschaft – Die Besiedelung der Welt

HERMANN GLASER Feind und Freund. Freund und Feind – Redensarten als Ratschläge

HEIDE SIMONIS Freundschaft – und eine Menge Fragen

HERMANN LÜBBE Freundschaft – sprachgebräuchlich und sprichwörtlich bestätigt

VERENA KAST Freundschaft ist etwas Mittleres

GÜNTER KUNERT Ein Freund, ein guter Freund

HELM STIERLIN Sechs Elemente der Freundschaft

JÖRG DITTMER »O Freunde, es gibt keinen Freund!« – Philosophische Einsichten und Ansichten

Freundschaft – Im Widerschein der Geschichte

ANJA GREBE Albrecht Dürer und Willibald Pirckheimer – Zu einer großen Künstler- und Gelehrtenfreundschaft

WOLFGANG SOMMER Martin Luther und Philipp Melanchthon – Glücksfall einer großen Freundschaft

RÜDIGER SAFRANSKI »Die Hälfte meines Daseins« – Zur Freundschaft zwischen Goethe und Schiller

WOLFGANG FRÜHWALD Brüderliche Freundschaft

PETER BECKER »… so gehen wir doch auf dem gleichen Pfad« – Versuch über eine wundersame Freundschaft in Schuberts »Winterreise«

WALTER SPARN »… die Freundschaft hat ihre Täuschungen wie die Liebe« – Jean Pauls Freundschaften

KONRAD KLEK Johannes Brahms und seine Freunde

ANDREAS MALESSA Er nannte ihn »Freund Hein« – Matthias Claudius und der Tod

FERDINAND SCHLINGENSIEPEN Dietrich Bonhoeffer und seine Freunde im Widerstand

EDNA BROCKE »Treue als Zeichen der Wahrheit« – Hannah Arendt, Freundschaft für ein ganzes Leben

DETLEV CLAUSSEN Eine gescheiterte Freundschaft – Hannah Arendts Briefwechsel mit Gershom Scholem

UWE TIMM Der Freund und der Fremde

Freundschaft – Memoriale für Menschen

HANS-JOCHEN VOGEL Freundschaft in der Politik

THOMAS BONHOEFFER Erste Schritte in die Schöpfung

MARITA KRAUSS/ERICH KASBERGER »…Ihr könnt nicht ahnen, was jede Zeile von Euch für mich, für uns, heute bedeutet!« – Else Behrend-Rosenfeld und ihr Freundeskreis in den Jahren 1933–1945

JOSEF DUSS-VON WERDT Nachgeholter Abschied von einem väterlichen Freund

RAIMER JOCHIMS »Man muss die Farben befreunden.« – Antonio Calderara zum Gedächtnis

PETER SCHÜTZE Brief an einen früheren Freund

ULRICH KABITZ Leben im Experiment. – Erinnerungen an Ernst Lange

ARNIM JUHRE Die Freundschaft mit toten Freunden

HANS VON SEGGERN Der fremde Freund – und doch so nah

ULRIKE TILLICH Bleibe wie du bist

VOLKER BRAUN Totenrede für Christa Wolf

DIETER WELLERSHOFF Ende einer Freundschaft

HENRY KISSINGER Ein Teil meines Lebens – Zur Erinnerung an Marion Gräfin Dönhoff

Freundschaft – Biographische, soziale und kulturelle Facetten

DIETRICH GRÖNEMEYER Mein Körper, mein Freund – Ein Bekenntnis

URSULA BALTZ-OTTO Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus

ANDREAS KRUSE Freundschaft im Alter

HERMANN STEINKAMP Freundschaft: Ferment, nicht Droge – Netzwerke als neue Wahlverwandtschaften?

INGRID RIEDEL Lob der Verschiedenheit – Zur Freundschaft im Märchen

DIETMAR HAHLWEG Freundschaft mit der Stadt – Zur ökologischen und sozialen, politischen und kulturellen Entwicklung einer städtischen Region

THOMAS ZEILINGER »Der Engel der Stadt« – Spiritualität von Freundschaft im Sozialraum der modernen Stadt

Freundschaft – Der Charme der Schöpfung

BARBARA VON WULFFEN »Und die Welt hob an zu singen« – Von Liturgien meiner gefiederten Freunde

JENS JESSEN Das Gewissen der Hunde – Freundschaft mit Tieren und ihre Grenzen

HENNING WIESNER Aber ihn vermisse ich sehr – Die Freundschaft des Schimpansen

ENOCH FREIHERR VON UND ZU GUTTENBERG Ein Requiem für die Schöpfung – Was nützt alle Freundschaft mit der Natur

Freundschaft – Religiöse Chiffren

FRANK CRÜSEMANN Das Hiobbuch als Buch der Freundschaft – auch mit Gott?

MANFRED JOSUTTIS Hiob und die Freunde – Ein Märchen von heute

HEINRICH BEDFORD-STROHM Freundschaft – über den Tod hinaus

WOLFGANG STEGEMANN »Ihr seid meine Freunde« – Freundschaft im Rahmen des Johannesevangeliums

KARL KERN Gottesfreundschaft

GERHARD SAUTER Gott als Freund

LUDWIG SCHICK Die christliche Freundschaft

OTTO BETZ Das Geschenk der Freundschaft

TRAUGOTT ROSER Widerstand oder Ergebung? – Zur Freundschaft mit dem Leben im Angesicht von Sterben und Tod

DOROTHEE SÖLLE Dear Mr. Death, Sehr geehrter Herr Tod

Freundschaft – In lyrischen Lettern

DAGMAR NICK Mein Todfreund

HORST PETER NEUMANN Poschavio im Winter

ROSE AUSLÄNDER Gemeinsam

EVA ZELLER Philippus und Nathanael

RICHARD RIESS Weggang der Freunde

Anmerkungen

Quelle

Die Autorinnen und Autoren

Freundschaft – Ferment des Lebens

Einleitung

Alte Wörter. Scheinbar verbrauchte Wörter. Ehrbarkeit zum Beispiel und Niedertracht, Bruderliebe und Eigensinn, Glückseligkeit und Sanftmut. Gehört »Freundschaft« auch dazu? Man könnte es meinen. Mindestens im ersten Moment. Zu viele Schatten lasten auf dem Wort: die Verklärung im Zeitalter der Romantik, der Kult um den »Kameraden« im Dritten Reich, all die fadenscheinigen Bruderküsse der »Genossen« im Kommunismus.

Die Wiederkehr des alten Wortes

Seit geraumer Zeit freilich mehren sich schon die Anzeichen für eine Wiederkehr und erneute Aktualität von »Freundschaft«. So zum Beispiel im Bereich der belletristischen Literatur: dem Tagebuch, dem Brief, der Autobiographie. Auf weithin unbekannte Weise erscheinen nun Autorinnen und Autoren wie Franz Kafka und Max Brod, Walter Benjamin und Bert Brecht, Albert Camus, Stefan Zweig und Joseph Roth, Max Frisch und Alfred Andersch und andere und nicht zuletzt Hannah Arendt in einem neuen Licht, gewinnen an Lebendigkeit und Farbe, werden als menschliche Menschen erkennbar: in ihrem Glück und ihrem Elend, ihren Höhenflügen und ihren Tiefen.1

Ingeborg Nordmann, die sich mit ihrer literarischen Arbeit dem Leben und dem Lebenswerk von Hannah Arendt besonders gewidmet hat, weist unter anderem auf Grundzüge hin, die das Verständnis von Freundschaft bei Hannah Arendt kennzeichnen: Freundschaft als das »Beziehungsgewebe« zwischen den Menschen, das »Zwischen«, sozusagen der kommunikative Zwischen-Raum, in dem die Menschen aufeinander zugehen: »mit Bekenntnissen der Zuneigung und Anerkennung, Erwartungen und Hoffnungen, Erzählungen von Erfahrungen und Geschichten … So ergeben sich verschiedene Freundeskreise, die sich voneinander abheben, überschneiden und neue Verbindungen eingehen. Im Wechselspiel der Sichtweisen wird eine Welt von Freundschaften in allen ihren Facetten sichtbar: mit ihren Geheimnissen und dem Wagnis zur Offenheit, dem Vertrauen und der Verlässlichkeit, dem plötzlichen Fremdwerden und der Verschlossenheit.«2

Dieses Ausmaß an Sehnsucht

Es war nicht vorauszusehen und geschah doch wie über Nacht: die sensationelle Ankunft des Wortes »Freundschaft« in der virtuellen Wirklichkeit der so genannten sozialen Medien, speziell des globalen Netzwerkes »Facebook«. Allein schon die Vehemenz, mit der sich die Anfragen und Bitten um Freundschaft über die Grenzen von Ländern, Kulturen und Milieus hinweg in aller Welt verbreitet haben, lässt aufhorchen. Wir gehen sicherlich nicht fehl, in dem Vorgang nicht nur das Verlangen nach Beliebtheit und sozialer Bedeutung von Einzelnen zu sehen, sondern auch den Ausdruck einer weltweiten Sehnsucht: sich in dieser Welt überhaupt gesehen, gehört, gewürdigt zu wissen – als ein Mensch, der es von Anfang an wert ist, in seiner Einmaligkeit gesehen, gehört, gewürdigt zu werden. Die Sehnsucht spiegelt sich zum Beispiel auch im Titel eines Bandes wider, den der Maler Roland Peter Litzenburger vor Jahren herausgebracht hat: »Wer bin ich, wenn mich niemand anschaut?«3 In einer Zeit, in der die Einsamkeit des Menschen – trotz überfüllter Strände, Schauplätze und Stadien – ansteigt wie die Flut vieler Bäche und Flüsse im Frühjahr, steigt auch das Ausmaß an Sehnsucht nach dem »gnädigen Nächsten« (Heinz Zahrnt). Ein Student, Malte Stefan Hermann, der diese weltweite Stimmung schon vor Jahren auf uns zukommen sah, hat das auf bewegende Art und Weise zum Ausdruck gebracht:4

»Ich bin so allein
Fänd ich den Schatten
Eines Herzens

Oder dass mir jemand
Einen Stern schenkte …

Möchte in den Wolken
Begraben sein,
Überall, wo Sonne wächst«

In einer Welt fragiler Beziehungen

Menschliche Beziehungen bewegen sich. Im Auf und Ab der Jahre werden sie dichter und intensiver, auch distanzierter und spannungsvoller. Menschliche Beziehungen erwärmen sich, kühlen sich ab, sprühen vor Temperament oder triften auseinander – bis hin zu abrupter Trennung oder einem langen, endgültigen Abschied. Selbst so klassische Modelle des Miteinanders mit ursprünglich hoher erotischer Anziehung und auf ewig gedachter Haltbarkeit wie die Ehe und die Familie folgen heutzutage eher dem Muster von Passagen – und drohen am Ende doch auch zu passageren, den Launen des Schicksals unterworfenen Lebensabschnitten zu werden. Von anderen Gestalten menschlicher Gesellschaft ganz zu schweigen: von Berufen und Nachbarschaften, Vereinen und Clubs, Kirchenchören und Dampferfahrten, Theaterbesuchen und Schulfesten. Das Leben der Menschen, das Zusammenleben zumal, sei heute so fragil geworden, hört man jetzt öfters, so zerbrechlich, verletzbar und unverbindlich – unverbindlich wohl auch zum eigenen Schutz. Wer aber und was schenkt dem Menschen unserer Zeit überhaupt noch Mut zu Verwundbarkeit, Berührung und Aufruhr? Wer oder was öffnet die Tür zu einem Raum der Akzeptanz und einer entspannten Atmosphäre, frei von Angst und überzogener Erwartung?

Offensichtlich hat in letzter Zeit die Sehnsucht, wie wir sahen, nach guten, wirklich guten Freunden hierzulande zugenommen. In dem Wertekatalog, der in unserer Welt weithin beschworen wird, ist »die wahre Freundschaft« sehr gefragt – jene wahre Freundschaft, die doch – so das Lied – »nicht wanken soll«. Nicht wanken soll beim nächsten Windstoß, einem Unglück über Nacht, einer beruflichen Widrigkeit, einer großen Bitte und Zumutung auch. Dem Kartenhaus gleich stürzt bisweilen eine vermeintlich gute Freundschaft in sich zusammen. Fluchtartig verlassen sie, die so genannten guten Freunde, den Ort des »Unglücks«, wechseln, sobald es brenzlig wird, nicht selten sogar die Seiten. Wie ein Film fühlt sich ein solcher Fall dann an – wie ein Film, dessen Drehbuch ganz aus der Passionsgeschichte der Evangelien zu stammen scheint. Das »Kreuz«, ein Kreuz im Leben, vertreibt oft genug die Menschen, die kurz vorher noch ihre Kleider auf den Weg der Erfolgreichen gebreitet und ihnen aus voller Kehle zugejubelt haben. Glück zieht oft magisch die Glücksritter an, Unglück aber vertreibt sie wieder. Es wird wohl auch immer so sein: Am Schicksal eines Menschen scheiden sich die Geister, zeigt sich, wer im Grunde die »wahren« Freunde sind und wer nicht.

Trotz solcher Tendenzen, die in archaischen Tiefen des menschlichen Lebens schlummern, ist bis heute weder die Sehnsucht nach »unbedingtem Angenommensein« (Paul Tillich) erloschen noch der Ruf nach »authentischem Leben« verstummt: Dass sich in dieser Welt durchaus Menschen finden lassen, zu deren Vokabular auch Wörter wie Anerkennung, Wertschätzung und Respekt gehören und die – ohne Hintergedanken – auf ihre Weise so etwas wie Halt geben, wo doch heutzutage und in dieser medienbesessenen Scheinwelt so vieles als haltlos erscheint. Nenne man die Einstellung solcher Menschen nun Authentizität oder Zivilcourage, Nächstenliebe – oder schlichtweg Freundschaft. Optionen und Wünsche dieser Art werden in Zukunft wohl nicht weniger werden. Mit der wachsenden Zahl der Singles und der Einzelhaushalte wächst auch die Einsamkeit – und das schon in der zweiten Lebenshälfte und erst recht im Alter. Freunde im Alter – wir ahnen bereits, welche Brisanz dieser Aspekt in Zukunft gewinnen wird. Denn sie, die wahren Freunde, sind nicht an jeder Straßenecke zu finden. Mit jedem guten Freund aber, von dem wir im Lauf der Jahre Abschied nehmen müssen, erlischt auch ein Licht. Wird unser Leben um eine Hoffnung ärmer.

Sicherlich. Neu ist das nicht. Zu allen Zeiten schon haben gute Freunde hohes Ansehen genossen, ob wir an die Epen Homers denken oder an die Erzählungen des Alten Testamentes von David und Jonathan, an die Helden des Nibelungenliedes oder die Gestalten der Gralslegende, die Reformatoren von Wittenberg oder die Romantiker in den Berliner Salons, die französische Resistance, den deutschen Widerstand im Dritten Reich und vieles mehr. Immer wieder aber kam und kommt es darauf an, dass die Konfrontation mit oftmals gewaltigen Gegnern und zumeist bei Gefahr für Leib und Leben alle Kräfte gefordert und dass sich in dieser »Konfrontation« – ob Krieg, Folter oder Hinrichtung – die Freundschaft auch bewährt hat. Wie ein unvorstellbares Wunder ist das Durchhalten der Freundschaft allemal in Zeiten großer Not denn auch gedeutet worden – und »wenn die Welt voll Teufel wär« (Martin Luther), die Teufel von Bosheit und Gewalt, Rachsucht und Tod haben doch nicht über sie gesiegt. Was für eine Ermutigung am Ende dann auch: Es gibt sie noch, das Einstehen des Einen für den Anderen und des Anderen für den Einen, die Solidarität im Miteinander, die Loyalität und den Mut zur eigenen Überzeugung und zum eigenen Glauben.

Und noch ein Anderes sei an dieser Stelle erwähnt: Zumeist ist es nicht der Kreis der »Blutsverwandten«, aus dem ein Freund oder die Freunde kommen, obgleich dies durchaus der Fall sein kann. Es ist weit mehr der Kreis der »Wahlverwandtschaften« (J. W. von Goethe), in dem wir oftmals unsere besten Freunde finden: Menschen mit einem Gleichklang im Denken und Fühlen, Glauben und Handeln. Und doch sind »Wahlverwandte« – im Unterschied zu den »Blutsverwandten« – zunächst fremde Menschen, fremd im Hinblick auf ihre Herkunft und Bildung, Begabung und Geschmack. Dass dann dennoch so etwas wie »Freundschaft« entsteht und diese Freundschaft nicht selten ein ganzes Leben anhält, gleicht wiederum einem Wunder. Denn einer Gesellschaft wie der unseren, der man ausgesprochen »narzisstische Tendenzen« (Christopher Lasch) nachsagt, geht es allem Anschein nach immer wieder darum, »den Anderen« gerade nicht als den »Anders-Gearteten« und »Anders-Denkenden« zu akzeptieren und ernst zu nehmen, sondern ihn auf jede erdenkliche Weise auszugrenzen. Wahre Freundschaft aber, die diesen Namen verdient, zielt nicht auf Ausgrenzung, Gleichschaltung und Erniedrigung. Im Gegenteil. Sie will den Spielraum zum Anderen hin erhalten und fördern, dieses »Dazwischen« (Martin Buber), in dem das Bewusstsein von Eigenständigkeit und die Entfaltung von Begabung, der Mut zum Widerspruch und die Fähigkeit zur konstruktiven Versöhnung von Divergenzen und Verschiedenheiten gedeihen. Freundschaft, der Freiraum für das »Dazwischen«, ist ein Ferment für Toleranz, Empathie und Respekt – ein Grundelement von »Kultur auf Augenhöhe«.

In einem der berühmtesten Märchen der Neuzeit von der »Freundschaft«, dem Mythos vom »Kleinen Prinzen« des Antoine de Saint-Exupéry, kommt es bekanntlich zur Freundschaft zwischen dem Fuchs aus der Wüste und dem Kleinen Prinzen vom anderen Stern. Und dies geschieht in einem äußerst sorgfältigen und zarten Prozess langsamer Annäherung – und das ohne jeden Hauch von Annexion, Hast und Verschmelzung. Sie werden in der Tat »wahre Freunde«, und doch bleibt der Fuchs immer noch der Fuchs aus der Wüste und der Kleine Prinz bleibt der Kleine Prinz vom anderen Stern. Tag für Tag verlassen sie ihren ursprünglichen Ort, lernen sich vorsichtig und scheu zu verständigen und nähern sich allmählich, Schritt für Schritt, einander an – bis ein jeder seinen eigenen Ort neu finden kann.

Bislang schien es so, als wäre dieses berühmte Märchen für die Kleinen und die Großen vergangener Generationen geschrieben worden und gehörte – auch mit seinem Pathos – in eine andere Zeit. Im Zeitalter von Mail, Twitter und Facebook aber gewinnt gerade dieses kosmopolitische Manifest mit seiner Botschaft von der »Freundschaft« und mit seiner Metaphorik von Wüste, Rose und Sternenwelt eine ungeahnt neue Brisanz. Und gerade mit dieser Metaphorik und dieser zarten Sprache des Märchens behält seine zeitlose Botschaft von der Freundschaft seine Bedeutung, ja gewinnt sie erst recht für unsere Gegenwart zurück.

Facetten der Freundschaft

Es war Martin Luther, der in seiner theologischen Anthropologie das Thema »Einsamkeit«, insbesondere »metaphysische Einsamkeit«, explizit zur Sprache gebracht hat. Kennzeichnend für seine Sicht ist bekanntermaßen die klassisch gewordene Formel vom Menschen als dem »homo in se ipsum incurvatus« – dem Menschen als dem Geschöpf, das sich bewusst von seinem Schöpfer abwendet, sich immer mehr in sich selbst verstrickt und in sich selbst gefangen bleibt. Erst Zuwendung und Zuneigung von außen (»extra nos«) befreien ihn dazu, sich aus diesem Zustand zu lösen und sich in Freiheit und Selbstverantwortung seiner Welt zu öffnen. Das tiefgreifende Erleben, sich ganz mit Leib und Seele willkommen, angenommen und wertgeschätzt zu werden, zeichnet vor allem Freundschaft unter Menschen aus.

Später, im Spanien des 17. Jahrhunderts, hielt der Philosoph und katholische Theologe Balthasar Gracián die Freundschaft sogar für das einzig wirksame Mittel gegen das Unglück und die Unbilden des Schicksals.5

So einleuchtend Einsichten dieser Art im ersten Augenblick auch erscheinen mögen – Fleisch und Blut werden sie freilich erst im »Projekt« des Lebens selbst, im Rahmen von Zeit und Raum, im Alltag und vor Ort. Für das Entstehen und die Entfaltung von Freundschaft spielt denn auch eine ganze Reihe von Faktoren eine gewichtige Rolle:

Freundschaft beginnt und geschieht, wie gesagt, zumeist im Prozess einer langsamen Annäherung – dem weisen Ratschlag des Wüstenfuchses zufolge, den er dem Kleinen Prinzen mit auf den Weg gibt: »Wenn du einen Freund willst, so zähme mich …!«6

Freundschaft bedingt die Wechselseitigkeit der Beziehung: die Entdeckung des Einen durch den Anderen und des Anderen durch den Einen, Bereitschaft zu Austausch und offenem Gespräch wie überhaupt das Wechselspiel von Geben und Nehmen. Sie scheitert, wenn sie auf Dauer nur zum Nutzen des Einen oder des Anderen unterhalten wird.

Freundschaft bedeutet »Arbeit« auf beiden Seiten: Bereitschaft, die gemeinsame Beziehung auch über lange Zeit aktiv mitzugestalten, Aufmerksamkeit zuallererst und Einfühlung, Initiative und Raum für viele Kontakte. Insofern ist »Hegen und Pflegen« im Sinne des lateinischen »colere« gefordert. Und insofern ist die aktive, verantwortungsvolle Pflege von Freundschaft in der Tat eine Form von »Kulturarbeit« par excellence.

Freundschaft baut auf einer Balance auf und strebt zu neuer Balance hin: der Balance von Außen und Innen und Innen und Außen. Freundschaft mit Anderen wird nur gelingen, wenn man auch »freundlich« mit sich selbst umgeht und sich bis in den Grund seiner Seele selbst »befreundet«: mit seinen Stärken und Schwächen, seinem Schatten und seinem Schicksal.

Freundschaft besteht aus einer Fülle gemeinsamer Erfahrungen und bleibender Erinnerungen, sensibler Anteilnahme und Achtung voreinander. Aus einer Vielzahl unvergesslicher Augenblicke, Episoden und Geschichten formt sich im Lauf der Zeit eine gemeinsame Geschichte – Grundlage für jenes einmalige Miteinander, das – allen Ängsten, Konflikten und Umbrüchen zum Trotz – das Zusammenleben auch heutzutage immer noch auszeichnet. Was der Freundschaft freilich im Grunde ihre Kraft und ihren Zauber verleiht, bleibt ihr Geheimnis. Es gibt auch keine Formel und keinen Kunstgriff, sie aus eigener Kraft herzustellen. Freundschaft ist – ohne Pathos und jenseits aller Klischees sei es gesagt – letzten Endes ein Geschenk. Das macht sie auch so kostbar, so einmalig, so unersetzbar, wenn sie – sei es durch Tod oder Streit, Umzug oder Leichtsinn – verlorengeht. Und das vor allem im Alter.

Freundschaft lässt sich letztlich auch wie ein lautloser Vorgang von »Transzendenz« verstehen: Wenn der Eine und der Andere aus dem Gehäuse seiner Welt aufbricht, seine festgemauerten Grenzen übersteigt und beginnt, über sich selbst hinauszugehen. Man mag diesen Akt bereits als den Anfang eines tiefergehenden spirituellen Prozesses begreifen oder auch nicht. Er hat – im buchstäblichen Sinne des Wortes – bereits etwas von einer »Ekstase« (S. Kierkegaard) in sich, und auch schon den Widerschein einer über sich hinausweisenden Wirklichkeit über sich, die Paulus in dem berühmten 13. Kapitel seines 1. Korintherbriefes mithilfe der Trias »Glaube, Liebe, Hoffnung« umschreibt. Freundschaft ist – sofern man diesem Gedankengang folgt – gewissermaßen ein Grundmuster von »Transzendenz«.

Ferment, Komposition und vieles mehr

Möglich, dass uns das Thema »Freundschaft« auch wegen der Vielfalt seiner Aspekte und Perspektiven besonders fasziniert. Im Alltag ereignet sie sich jedoch als ein komplexes Ganzes. Der Titel der Einleitung enthält bezeichnenderweise noch die Bezeichnung »Ferment« – Ferment als ein Element, das antreibt, inspiriert und verwandelt. Der Begriff stammt bekanntlich aus dem Bereich der Natur und der Naturwissenschaft. Man kann das Thema »Freundschaft« indessen auch mit Bildern aus einem ganz anderen Bereich anschaulich machen: dem Bereich der Musik, insbesondere mit der Metapher »Komposition«. Am Beispiel einer »Symphonie« etwa mag einem aufgehen, was alles dazu beiträgt, eine Freundschaft zum Schwingen zu bringen: das Instrument und die Kunst der Musiker, die Harmonie und die Melodie, die Akustik und die Lautstärke, die Klangfarbe und die Tonart, der Rhythmus und der Takt – und dergleichen mehr. Es ist – mit anderen Worten – das Allegro und Vivace, Adagio und Con moto, das Forte und Furioso, Amoroso und das Dolce, das Dur und das Moll und all das Andere auch, was das Besondere, das Flair und das Timbre einer Freundschaft je und je ausmacht.

Der vorliegende Band – bleibt man im Duktus dieser Bilder – ist wie eine »Symphonie« konzipiert, als »Komposition« sozusagen, ein »Zusammenspiel« unterschiedlicher Sichtweisen, Themen und Hintergründe, die auch in den sieben Abschnitten des Buches zum Ausdruck kommen: hermeneutisch und historisch, persönlich und kulturell, ökologisch, religiös und poetisch. Der Begriff »Freundschaft« wird demzufolge nicht auf den personalen Bereich beschränkt, sondern bewusst weit gefasst: unter Einbezug vergangener Epochen, geschichtlicher und fiktiver Gestalten, Natur und Umwelt, Kultur und Sozialisation, Religion und Literatur. Die vorliegenden Beiträge verstehen sich – so gesehen – nicht in erster Linie als Dokumente eigenen Erlebens, sondern – je nach ihrer literarischen Gattung – weit mehr als Erträge und Entwürfe der Autorinnen und Autoren von dem, was ihnen im Blick auf diese zeitübergreifende Thematik von Bedeutung erscheint. Viele Beiträge lesen sich denn auch wie Vermächtnisse an kommende Generationen.

Ich danke allen Autorinnen und Autoren sehr herzlich für ihre Bereitschaft und für alle Mühe, mit der sie zu diesem Band einen Beitrag eigener Wahl und eigenen Formates beigesteuert haben. Sie haben auf diese Weise einen hohen Anteil an seiner Gestaltung und seinem Gelingen.

In gleicher Weise danke ich der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, insbesondere ihrem Lektor Dr. Jens Seeling, sehr herzlich für ihr und sein spontanes Interesse an dem Projekt, seine unkomplizierte Aufnahme in das Verlagsprogramm der WBG – und nicht zuletzt für den vorbildlichen Stil im Umgang mit dem Herausgeber und den Autoren.

Schließlich danke ich den Schriftstellerinnen Dagmar Nick (München), Eva Zeller (Berlin) und dem Schriftsteller Arnim Juhre (Wuppertal) vielmals für ihre freundschaftliche Verbundenheit über viele Jahre wie für ihre fachliche Begleitung vor und während der Entstehung dieses Buches.

Roland Peter Litzenburger hat – wie erwähnt – in einem seiner Bände die Frage aufgeworfen: »Wer bin ich, wenn mich niemand anschaut?« Es ist das zweifellos eine der großen Fragen an die Menschen aller Zeiten – zumal die Menschen unserer Zeit. Vielleicht kann die vorliegende Anthologie in ihrer Vielfalt ein wenig dazu beitragen, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Jedenfalls ist es nicht ausgeschlossen, sich gerade bei einer intensiveren Beschäftigung mit diesem Thema dessen inne zu werden, welch eminente Bedeutung die Erfahrung von Freundschaft für jeden Menschen hat. Mehr noch. Es erscheint nicht einmal ausgeschlossen, dass sie sogar dazu führt, die Augen zu öffnen und eine Ahnung dafür zu bekommen, was das heißt:

Ich bin wer, wenn mich jemand anschaut.
Ich bin wer, weil mich jemand anschaut.

Dies zu wissen und nicht nur zu wissen, wäre ein großes Glück und käme wohl einem Wunder gleich.

»Dass ein anderer Mensch an uns glaubt« – schreibt Max Frisch an einer Stelle – », wenn uns der eigene Glaube zerschlagen ist, und ihn uns wiedergibt, das, dachte ich, wäre … Gnade, unerklärbar wie das Nahen eines Engels …«7

Ich wünsche den Leserinnen und Lesern dieses Buches viel Gewinn bei der Lektüre und gute Freunde in den kommenden Zeiten.

Erlangen, Pfingsten 2014

Richard Riess

FREUNDSCHAFT – DIES UNERSCHÖPFLICHE WORT

Fulbert Steffensky

Freundschaft – Die Besiedelung der Welt

Man kann nicht allen Menschen in gleicher Weise nahe sein. Man kann nicht an allen Orten in gleicher Weise beheimatet sein. Man kann nicht alle Bücher in gleicher Weise lieben. Wir sind nicht omnipotent, auch nicht in unseren erotischen Fähigkeiten. Wir sind endliche Wesen in unserem Verhältnis zu Menschen und Dingen. Darum schließen wir Freundschaft mit Menschen und Dingen und schaffen uns so eine Welt, in der wir zuhause sind; jedenfalls mehr zuhause als in anderen Welten. »Freundschaft schließen« – ich lese drei Bedeutungen in dieser Wortkombination, die erste: Ich schließe mich in besonderer Weise an einen Menschen oder an Dinge an. Ich schließe mich ihnen auf und befreunde mich mit ihnen. Dies ist ein Akt der auswählenden Liebe, ein Moment der Freiwilligkeit also. Mit Familienbeziehungen ist es anders, da hat man keine Wahl. Familien sind Schicksal, gnädiges oder bösartiges Schicksal. Eine Freundschaft ist ein Haus mit offenen Türen, man kann eintreten und man kann das Haus wieder verlassen; verlassen jedenfalls mit geringerer Dramatik, als wenn man einem Familienhaus kündigt.

Ganz behält man seine Kommens- und Gehensfreiheit nicht, wenn man eine Freundschaft geschlossen hat. Man ist zwar in einer guten Freundschaft nicht gefesselt, aber man ist in sie gebunden, wie die Nähe zu Menschen uns immer bindet. Freundschaften verlangen Treue, Nähe, Entschiedenheit. Die Freundschaften, die wir schließen und die ihren Namen verdienen, schließen uns ein und nehmen uns die Willkür des Kommens und Gehens – die andere Bedeutung des »Schließens«. Freundschaften sind nicht unser Kerker, aber sie setzen unserer Beliebigkeit Grenzen. Man kann die Freundschaft »verraten«, wenn man diese Grenzen missachtet.

Ein drittes Moment des Wortpaares »Freundschaft schließen«: Die Freundschaft zu einigen Menschen schließt die Freundschaft zu anderen aus. In den Klöstern wurde lange besonderen Freundschaften und Nähen zwischen einzelnen Menschen misstraut; als »Privatfreundschaften« waren sie suspekt, eben wegen der Ausschließlichkeit jener Beziehungen. Jeder, der schon einmal in Gruppen gearbeitet hat, kennt das Misstrauen gegen den »inneren Kern« der Gruppe; gegen jene in der Gruppe, die durch besondere Nähe miteinander verbunden waren. Nähen ziehen Grenzen. Diese Grenzen müssen nicht feindlich sein. Es gibt kein Leben und keine Intensität ohne solche Grenzen. Man lernt durch sie, wer man ist, indem man lernt, wer man nicht ist.

Ich suche einige Stellen solcher Freundschaft auf und nenne als erste die Freundschaft mit Büchern. Ich habe acht oder zehn Bücher, die meine besonderen Freunde sind. In sie mache ich zum Beispiel keine Eselsohren, aber ihr Text ist mit vielen Unterstreichungen und Anmerkungen versehen. Sie stehen an bevorzugter Stelle in meinem Regal, und ich leihe sie nur ungern aus. Es sind übrigens kaum Bücher, die unmittelbar zu dem Fach gehören, das ich zu bearbeiten habe. Wenn ich etwas zu schreiben habe, befrage ich sie zuerst, blättere in ihnen herum, gehe zu ihnen wie zu einem Lehrer, dem ich in besonderer Weise vertraue, auch wenn er zu dem Thema, mit dem ich mich gerade beschäftige, nicht sehr viel zu sagen hat. Es sind übrigens meistens Bücher von Autoren und Autorinnen, die eine gute Sprache haben. Solche findet man bekanntlich nicht an jeder literarischen Straßenecke. Geist vermute ich immer bei guter Sprache. Ein solcher Buch-Freund ist für mich zum Beispiel Leon Wieseltier mit seinem »Kaddisch«. Das Buch ist nicht für alles zuständig, aber da ich das Buch zu meinem Freund gemacht habe, vermute ich es für vieles zuständig (über Freundschaft habe ich übrigens wenig in ihm gefunden). Ich gebe diesem Buch also einen Vorschuss vor anderen Büchern und lese manchmal mehr in es hinein als aus ihm heraus. So macht man es ja auch bei Menschenfreunden. Vielleicht gibt es schönere, weisere und zutreffendere Bücher. Aber diese sind nun einmal nicht in gleicher Weise meine Freunde. Ich finde etwas in meinen Freundschaftsbüchern, weil ich etwas suche. Es ist also eine Sache des Vertrauens und der Liebe, die mich mehr finden lässt, als das Buch reich ist. So ist das auch mit Menschenfreundschaften.

Übrigens bin ich nicht in gleicher Weise mit der Bibel befreundet. Sie ist mehr »Familie«. Sie gehört enger und unausweichlicher zu mir als die Freundschaftsbücher, und es ist mir nicht möglich, ihr zu kündigen wie jenen Büchern. Ihr bin ich anders verpflichtet, und sie setzt mich anders gefangen als die Bücher, vor denen ich die Wahl habe. Auf die Bibel muss ich hören, auf die Freundschaftsbücher darf ich hören. Natürlich erlaube ich auch der Bibel nicht, mich einzukerkern. Aber sie hat eine andere Autorität als die, die ich den Freundschaftsbüchern verliehen habe. In dieser Bibel treiben sich auch Ideen, geistige Figuren herum, die mich gelegentlich ärgern, die ich aber ebenso wenig loswerde, wie man Familienmitglieder loswird. Übrigens auch da gleicht das Verhalten dem, was man zu Familienmitgliedern hat: Man verschweigt vor anderen ihre Schwächen und beschönigt sie. Ein Glück, dass es nicht nur die Bibel gibt; ein Glück, dass es nicht nur die Familie gibt!

In ähnlicher Weise kann ich mich mit Orten befreunden. Ich wohne am Vierwaldstätter See in der Schweiz und liebe einen Berg besonders, den Fronalpstock, lieber als den Pilatus, ebenfalls in der Nähe des Sees. Warum? Ich kann es nicht sagen, wie man in der Liebe und in der Freundschaft nie ganz erklären kann, warum man eben diese Wahl getroffen hat. Ich finde es charmant, dass es Stellen gibt, an denen man sich selbst nicht ganz entschlüsseln und durchschauen kann. Der Pilatus ist vermutlich nicht weniger schön als mein Fronalpstock. Aber er ist nicht in gleicher Weise mein Berg. Ich »finde« meinen Berg schöner, weil ich seine Schönheit intensiver gesucht und sie in ihn hineingelesen habe. Übrigens verlangt der Fronalpstock wie ein Menschenfreund Treue. Er verlangt meinen gelegentlichen Besuch, sonst könnte seine Schönheit in meinen Augen verblassen. Die Welt wird freundlicher, bekannter und vertrauter, wenn man Orte des Vertrauens hat. Es gibt eine Weise des Flanierens durch die Welten; eine Art Donjuanismus, in dem alles gleichgültig bleibt, weil man viel genossen, aber keine Wahlen getroffen hat. Wenn man die Welt nicht durch Freundschaften besiedelt, bleibt man unbehauster Weltbürger. Es gibt andere Orte der Freundschaft, Kirchen zum Beispiel; die Katharinenkirche in Hamburg oder die Franziskanerkirche in Luzern. Mit einem Ort befreundet zu sein, bedeutet zwangsweise, andere Orte weniger zu lieben oder sie gar zu verschmähen, obwohl ich ihnen damit vielleicht Unrecht tue. So meide ich diese Orte, etwa den Hamburger Michel, den Kölner Dom oder – meinen Feind – den Petersdom in Rom. Liebe bevorzugt, und einem Stück Ungerechtigkeit kann man dabei nicht entkommen (beim Petersdom allerdings habe ich kein Unrechtsbewusstsein).

Freundschaft zu Dingen und Orten lebt nach ähnlichen Gesetzen wie die Freundschaft unter Menschen. Auf diese will ich nun mit einem Gedanken eingehen: Was unterscheidet sie von der reinen Genossenschaft? Ist Freundschaft immer eine Sache der Herzen, und besteht sie nur aus den Herzen, die einander zugeneigt sind? Es gibt offensichtlich Nähen von Menschen zueinander, die nicht zuerst aus unmittelbarer Herzlichkeit bestehen. Die Quäker, jene christliche Gruppierung, die im 17. Jahrhundert in England entstanden ist und die sich dem Frieden und der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet weiß, nennen sich »Gesellschaft der Freunde«. Freunde und Freundinnen sind diese Menschen nicht, weil sie sich alle mögen. Freunde sind sie, weil sie eine Sache vereinigt; etwa ihr Gottesdienst, der in großen Teilen aus Schweigen besteht. Freundschaftlich verbunden sind sie in der gemeinsamen Arbeit am Frieden und am Recht. Es gibt also menschliche Nähen, deren Autor nicht das Herz ist, sondern die gemeinsam geglaubte und vertretene Sache. Die Parteifreunde verbindet die oft kühle Gemeinsamkeit eines Programms. Die Christen, die sich Brüder und Schwestern nennen, verbindet die Gemeinsamkeit ihres Glaubens. Oft ist das Herz recht unbeteiligt an solchen Freundschaften und Geschwisterschaften. Man fühlt sich zusammengehörig und muss sich dabei nicht unbedingt mögen. Ich war kürzlich auf einer Konferenz von Christen, die hart miteinander stritten. Ein Bischof wollte den Streit mildern und redete einen Teilnehmer des Streites mit »Bruder« an. Dieser empört: »Ich bin nicht Ihr Bruder!« Dann sagte er mit grimmigem Humor: »Also meinetwegen ›Bruder‹, es bleibt mir ja nichts anderes übrig.« Es blieb ihm nichts anderes übrig, weil etwas vorlag, das größer war als ihr Dissens. Die Herzen sprachen gegeneinander, aber eine gemeinsame Sache verband sie.

Nicht immer, aber oft schafft die gemeinsame Sache auch eine persönliche Nähe. Wenn ich in einer fremden Stadt in einen Gottesdienst gehe und neben wildfremden Menschen sitze, bin ich nicht neben ihnen, wie ich im Wartesaal eines Bahnhofs neben meinem Nachbarn sitze. Es ist ein Vorschuss an Nähe da, den die Einzelnen nicht erarbeitet haben und der aus der gemeinsamen Lebensoption besteht. Menschen blicken sich freundlich an, sagen ein Wort zueinander, obwohl sie wenig voneinander wissen und wenig miteinander zu tun haben. Diese Gemeinsamkeit erzeugt Lebenswärme, also Freundschaft. In einem wichtigen Ziel verbunden zu sein, dem man freiwillig zugestimmt hat, erzeugt mehr als eine reine zweckorientierte Genossenschaft. Man ist sich wenigstens in diesem Ziel einig, oft bei herzlicher Uneinigkeit.

Vielleicht braucht jede Freundschaft im ursprünglichen Sinn des Wortes, um intensiv und langfristig zu bleiben, zumindest eine gewisse Gemeinsamkeit in einem Dritten, in einer gemeinsamen Arbeit, in einem zusammen verfolgten Ziel oder in einer gemeinsamen Lebenssicht. Jeder hat es schon einmal erlebt, wie Freundschaften blass werden oder gar zerbrechen, wenn die Lebensziele auseinanderdriften. Die Freundschaft des Kriegsgegners und des Aufrüstungsbefürworters hat es nicht leicht. Eine Ehe eines religiösen Menschen mit einem Religionsverächter bleibt bedroht. Das Herz ist oft zu klein, wenn ihm nicht geholfen wird von einer gemeinsam vertretenen Sache, von einer gemeinsamen Arbeit und einem geteilten Lebensglauben. Freundschaft ist eine Grundform der Liebe. Liebe aber braucht, damit sie bestehen kann, Kinder. Es müssen nicht immer leibliche Kinder sein. Es können gemeinsame Interessen sein, gemeinsame Arbeiten oder Lebensziele, für die man zusammen kämpft. Man findet sie im gemeinsamen Dritten. Nach alter katholischer Ehelehre kommt eine Ehe erst zustande, wenn beide Partner Kinder wollen. Die krude Wörtlichkeit einer solchen Auffassung ist problematisch, aber wahr ist ihr Geist. Unmittelbarkeit kann nur gelingen, jedenfalls auf Dauer nur gelingen, wenn sich ein Drittes einstellt, ein »Kind«, ein gemeinsames Anliegen; wenn die Zuneigung sich verfremden und Gestalt gewinnen kann in wichtigen Themen und Arbeiten. Oft ist es so, dass das gemeinsame Dritte in einer Freundschaft oder einer Ehe Menschen zusammenhält, wo der unmittelbare Zugang zueinander schon schwer geworden ist. Menschen, die sich darin erschöpfen, sich in die Augen zu sehen, werden füreinander blind. Dagegen wachsen Menschen in ihrer Freundschaft und Zuneigung, wo man sich einig ist in einer gemeinsamen Sache. Freunde oder Liebende, die kein anderes Thema haben als sich selber, verholzen in ihrer Beziehung, denn weltlose Beziehungen werden auf Dauer langweilig. Die Konflikte werden schärfer und unlösbarer, wo sie nicht die gemeinsame Sorge um ein Drittes mildert. Zwei Menschen, die nicht mehr haben als sich selber und die sich selber immer das Wichtigste auf der Welt sind, sind sich auf Dauer nicht genug. Wir sind endlich, auch in unserer personalen Zuneigung. Aber die Grenzen werden weiter, und Menschen brechen ihre eigene Enge auf, wo sie voneinander abzusehen vermögen im Blick auf das gemeinsame Dritte. Freundschaften finden dort ihre Fülle, wo sie zugleich Arbeitsgemeinschaften sind; wo die Freunde zugleich Genossen sind.

 

Hermann Glaser

Feind und Freund. Freund und Feind

Redensarten als Ratschläge

Aus der Völkerwanderungszeit stammen für unseren Kultur- und Sprachraum die ersten Ratschläge, die dazu auffordern, das jeweilige Gegenüber zu prüfen, ob in ihm nicht ein Feind bedrohlich lauere:

»Nach allen Türen, eh man eintritt/
soll sorglich man sehen,/soll scharf man schau’n:/
Nicht weißt du gewiss, ob nicht weilt ein Feind/
auf der Diele vor dir.« –
»Von seinen Waffen/weiche der Mann/
keinen Fuß auf dem Feld,/denn er weiß nicht genau,/
wann auf den Wegen/des Speers er draußen bedarf.« –
»Mit dem Gere nehme man Gaben entgegen, Spitze gegen Spitze.«
Aus dem Misstrauen erwächst dann die Hoffnung auf Vertrauen,
die Sehnsucht nach einem Freund, der schützend zur Seite steht.
»Jung war ich einst,/einsam zog ich,/da ward wirr mein Weg;/
glücklich war ich,/als den Begleiter ich fand,/
den Menschen freut der Mensch.«

(Aus der »Edda«)

Die polare Konstellation von Menschen ist, anthropologisch gesehen, archetypisch: Von der menschlichen Frühzeit bis zur Facebook-Epoche ist ein Urbild im Unterbewusstsein und Bewusstsein: die Erwartung, einen die Widrigkeiten des Lebens mittragenden Gefährten zu finden. Dessen Ausprägung wechselt; die Etymologie des Wortes »Freund« zeigt dies: Es gehört zum gotischen Verb »frijon« (lieben), steht auch für Verwandter, LiebhaberIn, Vertrauter. Die Definition, die übergreifend den »Freund« charakterisiert, meint eine Person, die man liebt, deren Bestes man zu befördern sucht – ohne Rücksicht auf das Geschlecht. Die lexikalischen Belege, die etwa in Hermann Pauls »Deutschem Wörterbuch« zum Gebrauch des Wortes »Freund« herangezogen werden, zeigen ein weites Spektrum. »Mein Freund ist mir ein büschel Myrrhen, dazwischen meinen Brüsten hanget« (Martin Luther im »Hohenlied«) weist auf die erotische Komponente; das Sprichwort »Freunde in der Not/gehen tausend auf ein Lot« zeigt auf die Wankelmütigkeit von Freundschaft. »Freunde des Stadttheaters« meinen die Verbundenheit mit einer »Sache« (hier einer Einrichtung). Wenn Goethe aufklärt: »Grau, teurer Freund, ist alle Theorie«, sucht er mit solcher Anrede aufgeschlossene Proselyten.

Ich versuche mit diesem knappen kursorischen Streifzug durch Definitionen, Redensarten und »geflügelten Worten« meine Unsicherheit, bei wem und wann ich von einem Freund oder einer Freundin sprechen kann, etwas abzubauen, mit der Hoffnung, dass ich dadurch auch anderen eine Verständigungshilfe geben kann.

So unbestritten es üblicherweise ist, dass der Feind kein Freund ist, so wird doch mit dem biblischen »Liebet eure Feinde« und »So nun dein Feind hungert, so speise ihn, dürstet ihn, so tränkt ihn« die trennende Wand zu Mitmenschen durchbrochen. Was sich hier als eine irrational-humane Botschaft erweist, wird pragmatisch zum Rezept der Klugheit beim Umgang mit Feinden reduziert, wenn etwa Friedrich Schiller in den »Votivtafeln« rät: »Zeigt mir der Freund, was ich kann, lehrt mich der Feind, was ich soll« und ähnlich Magnus Gottfried Lichtwer: »Nützlich ist uns oft ein Feind. Er dient, wenn er zu schaden meint.« Also, so Georg Rollenhagen: »Ein Narr, der seinen Feind verachtet.« Und ähnlich das Sprichwort: »Wenn du einen Feind nicht besiegen kannst, mach ihn dir zum Freund.«

Während gerade auch politische Klugheit dazu rät, einem fliehenden Feind goldene Brücken zu bauen, ist eine Aussage von Jean Racine, jenseits jeder mitleidigen Regung, charakteristisch für die Wirklichkeit: »Ans Herz drück ich den Feind, doch um ihn zu ersticken.« Verschränkt sind Feind und Freund in Arthur Schopenhauers bissiger, aus dem Arabischen übernommenen Maxime: »Was dein Feind nicht wissen soll,/das sage deinem Freund nicht.« Sie nimmt unsere heutige Medienwirklichkeit mit ihren Indiskretionen vorweg.

Bei aller Skepsis dem Verhalten und der Mentalität sogenannter Freunde gegenüber, auch angesichts der fließenden Übergänge vom Freund zum Feind und Feind zum Freund (mit vielen schmerzlichen und auch ermutigenden Erfahrungen – je nach »Richtung« des Wandels) –, überwiegt doch die Überzeugung, dass es den guten Freund gibt, der bedingungslos zu einem hält. Er wird entsprechend von den Dichtern rhapsodisch besungen (etwa in Friedrich Schillers »Bürgschaft«). Lieder der Freundschaft sind eine ergreifende Quelle für die Stärkung der Gewissheit, dass im Freund Treue zur Person geworden ist, eine Person, die Halt bei Kummer, Schmerz und Trauer gibt, mit der man aber auch gemeinsam die Freuden des Lebens genießen kann.

»Was kann die Freude machen,
die Einsamkeit verhehlt?
Das gibt ein doppelt Lachen,
was Freunden wird erzählt;

der kann sein Leid vergessen,
der es von Herzen sagt;
der muss sich selbst auffressen,
der in geheim sich nagt.«
(Simon Dach)

Erschreckend ist, dass oft am Verlust des Freundes menschliche Aggressivität schuld ist, ein Feind ihn uns von der Seite reißt. »Ich hatt’ einen Kameraden,/einen bessern findst du nit …« Es bleiben dann nur Schmerz und Trauer.

Freundschaft, das bedeutet Seelenverwandtschaft. »Amicum esse unam animam in duobus corporibus« lautet die lateinische Übersetzung eines Wortes von Aristoteles (»Ein Freund sei eine Seele in zwei Körpern«). Dies schließt ein, dass man, wenn man zum Freund gut ist, auch mit sich selbst im Reinen sein muss und nicht vom Freund erwartet, dass er Zerrissenheit kitten soll. Man darf nicht auf den Freund abladen, was man selbst tragen und (wie man heute sagt) »schultern« sollte.

»Wer nicht sein eigener Freund, dein Freund kann er nicht sein./auch der nicht, wer nur ist sein eigner Freund allein.«
(Friedrich Rückert)

Aber William Shakespeares Aufforderung (in »Julius Cäsar«): »Es soll ein Freund des Freundes Schwächen tragen« ist, wenn es beachtet wird, ein Glücksfall.

Heutzutage, in einer Zeit und Welt der schnellen und vielen Kontakte, der eiligen Verbindungen (und der ebenfalls raschen Auflösungen), der hektischen Suche nach massenhaftem Miteinander, der warenästhetisch auf deodorantes Frischwärts getrimmten Libido und all der besonders durch die Medien bewirkten inflationären Kommunikationsmöglichkeiten, ist der Spruch »Wer jedes Freund sein will, ist niemandes Freund« oder die Variante dazu: »Aller Menschen Freund ist nicht mein Freund«, sehr ernst zu nehmen – und nicht nur von Facebook-Partnern und – Partnerinnen zu berücksichtigen. Und auch die biblische Weisheit, dass ein treuer Freund mit keinem Geld noch Gut zu bezahlen ist, hat angesichts des dominanten Kapitalismus, Materialismus, Mammonismus ganz neue Aktualität erhalten.

Es prüfe, wer sich bindet: Auch wenn wir hier nur eine kleine Auswahl von Spruchweisheiten zitieren und kommentieren konnten – klopft man sie auf ihren inneren Gehalt hin ab, so können sie doch helfen, meine ich, sorgfältig und »bedenklich«, d.h. seinem Kopf und Herzen zwar folgend, aber nicht ungestüm und unbeherrscht, verlässliche Freundesbande zu knüpfen – eingedenk der Feststellung von Dante Alighieri: Dass wir ohne Freunde kein vollkommenes Leben haben können.

 

Heide Simonis

Freundschaft – und eine Menge Fragen

Als ob das Wort Freundschaft nicht für sich alleine stehen könnte. Wir ziehen stattdessen alle möglichen Vergleiche und Verstärkungen zu seinem Verständnis heran. Sie sollen das offenbar Ungewöhnliche vermitteln, das sich mit dem keineswegs gewöhnlichen Wort verbindet: ewige Freundschaft, feste Freundschaft, innige Freundschaft, treue Freundschaft, unverbrüchliche Freundschaft, wahre Freundschaft, aber auch Kameradschaft, Männerfreundschaft, Kumpanei – ja auch Kumpanei. Und um klarzumachen, in welchem Zusammenhang man Freundschaft nicht erwarten sollte, werden Felder und Bereiche aufgeführt: die Politik zum Beispiel (Doch da auf keinen Fall), der Leistungssport (Wo kämen wir da hin), die Vorstandsetagen (Wie soll das funktionieren), die Frauenfreundschaft (Na ja, meinetwegen bei kleinen Mädchen). Man hört bei jedem der Begriffe schon förmlich den spöttischen Unterton mit.

Echte Freundschaft, das hat doch – folgt man gewissen »Mythologien« – mit außergewöhnlichen Mutproben, mit dem gemeinsamen Verspeisen eines Regenwurms oder mit Blutsbrüderschaft zu tun. Für Mädchen freilich gilt das nicht – oder bestenfalls höchst ausnahmsweise. Wer würde es aber schon wagen, sich in der realen Welt über eine »ewigwährende« Männerfreundschaft zu mokieren oder sie gar kabarettreif durch den Kakao zu ziehen? Selbst dann nicht, fürchte ich, wenn sie auf eine bierselige Runde zurückgeht. Mehr noch. Wer fragt sich nicht stillschweigend, ob ein kräftiger oder lässiger Schlag auf die Schulter eines so genannten »Freundes« wirklich Ausdruck einer echten Freundschaft ist und nicht vielmehr Geste einer vermeintlichen Überlegenheit? Und wer bei einem langgedehnten, betulichen Satz wie »Das will ich Ihnen aber mal sagen, mein lieber Freund« nicht rechtzeitig Reißaus nimmt, der hat entweder wirklich nur gute Freunde – oder schlichtweg gute Nerven.

Viele Freundschaften – so jedenfalls eine Theorie vom Austausch menschlicher Beziehungen – gründen in einer Art von wechselseitig nachrechenbarem »Austausch« auf emotionaler Ebene. Nicht selten tragen sie dazu bei, die Balance im eigenen Leben wiederherzustellen, Einfluss zu gewinnen oder auch Verstecke und Zufluchtsorte zu finden, falls es zu Konflikten kommt. Meistens pflegt man auch solche Freundschaften – meistens freilich nur so lange, solange man sie braucht.

Vielleicht aber, frage ich mich, verlangen wir, bewusst oder unbewusst, tatsächlich zu viel von Freundschaft. Offenbar möchten wir uns in Sicherheit wiegen, wenn wir und weil wir die Erfahrung machen, dass die Inanspruchnahme von Freundschaft und von freundschaftlichen Hilfen keine unguten Gefühle hinterlässt. Diese emotionale »Buchhaltung« kann auf Dauer allerdings mehr oder weniger stark belasten. Denn wir wollen – selbst in einer noch so guten Freundschaft – im Grunde auch unsere innere Ruhe behalten. Wir wollen, mit anderen Worten, nicht abhängig werden, nur weil uns jemand da und dort oder öfters mal geholfen hat.

Empfindungen dieser Art haben mitunter tiefe, ja archaische Wurzeln, wie sie nicht selten auch indianische Bräuche und deutsche Geschichtsbücher, englische Dramen und selbst klassische Gedichte widerspiegeln, die wir früher in der Schule zu lernen hatten. In derlei Überlieferungen musste sich beispielsweise ein junger Mann für seinen Freund aufopfern und umbringen lassen, weil es die Familienehre, dynastischer Zwang oder eine unbeglichene Schuld verlangt hat. Ein weites Feld, sollte man meinen. Eine tiefgreifende Frage auch: Ob sich, um seine Freundschaft zu beweisen, überhaupt ein Freund für den Freund mit seinem Leben »aufopfern« soll – ob oder ob nicht, wann und wann nicht, warum beziehungsweise warum nicht?