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Ulrich Raulff

DAS LETZTE JAHRHUNDERT
DER PFERDE

Geschichte einer Trennung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

C.H.Beck

Zum Buch

Seit Urzeiten war das Pferd der engste Partner des Menschen. Es war unverzichtbar in der Landwirtschaft, verband Städte und Länder, entschied die Kriege. Doch dann zerbrach der kentaurische Pakt, und in nur einem Jahrhundert fiel das Pferd aus der Geschichte heraus, aus der es jahrtausendelang nicht wegzudenken war. Furios erzählt Ulrich Raulff die Geschichte eines Abschieds – der Trennung von Mensch und Pferd.

Über den Autor

Ulrich Raulff ist Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar. Zuvor war er u.a. Feuilletonchef der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sowie Leitender Redakteur der «Süddeutschen Zeitung». Er hat Bücher über Marc Bloch und Aby Warburg geschrieben und für seine Arbeiten den «Anna-Krüger-Preis für wissenschaftliche Prosa» und den «Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik» erhalten. Sein bei C.H.Beck erschienenes Buch Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben wurde 2010 mit dem «Preis der Leipziger Buchmesse» für das beste Sachbuch ausgezeichnet.

INHALT

DER LANGE ABSCHIED

A. DER KENTAURISCHE PAKT. ENERGIE

Die Pferdehölle

Ein Unfall auf dem Land

Ritt nach Westen

Der Schock

Die jüdische Reiterin

B. EIN PHANTOM DER BIBLIOTHEK. WISSEN

Blood and speed

Die Anatomiestunde

Kenner und Täuscher

Die Forscher

C. DIE LEBENDIGE METAPHER. PATHOS

Napoleon

Der vierte Reiter

Die Peitsche

Turin, ein Wintermärchen

D. DER VERGESSENE AKTEUR. HISTORIEN

Zahn und Zeit

Land nehmen

Das elliptische Tier

Herodot

ANHANG

Dank

Anmerkungen

Bildnachweis

Register

DER LANGE ABSCHIED

Wer um die Mitte des 20. Jahrhunderts auf dem Land geboren wurde, wuchs in einer alten Welt auf. Sie unterschied sich wenig von derjenigen, die hundert Jahre früher da gewesen war. Agrarische Strukturen sind von Natur aus träge. Das Land dreht sich in langsameren Rhythmen. Für Stadtkinder sah die Umwelt anders aus. Sie war geprägt von Maschinen – und von Ruinen, die ihrerseits das Resultat mechanischer Zerstörung waren. Das Land in seiner Zurückgebliebenheit hatte sich dem Sprung in die technische Moderne noch fast ein Jahrhundert lang entzogen. Gewiss, auch hier hatten die Maschinen, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts seltene, experimentelle Ausnahmen gewesen waren, der Zahl nach zugenommen. Überdies waren sie kleiner, praktischer, alltäglicher geworden und sahen nicht mehr aus wie mittelalterliche Belagerungsmaschinen oder Saurier aus Jurassic Park. Immer häufiger kam es vor, dass sie von kleinen Traktoren gezogen wurden, Geräten, die das 19. Jahrhundert noch nicht oder allenfalls in Gestalt enormer Dampfmaschinen gekannt hatte. Die Traktoren um die Mitte des 20. Jahrhunderts leisteten 15 oder 20 PS, hatten kurze, einprägsame Namen wie Fendt, Deutz, Lanz oder Faun und waren mit wenigen Ausnahmen wie etwa dem grauen Lanz grün lackiert. Im Rückblick wirken sie wie fragile Grashüpfer, verglichen mit den Mammuts von heute mit 200 PS und schalldichter Kabine.

Abgesehen von diesen Vorreitern der Mechanisierung auf dem Land, deren ruckhafte Bewegungen und deren Lärm nicht ins romantische Bild des 19. Jahrhunderts passten, hatte sich nicht viel geändert. Immer noch waren Pferde, schwere belgische Kaltblüter, starke Trakehner und stämmige Haflinger, das am weitesten verbreitete und am meisten gebrauchte Transport- und Zuggerät auf den schmalen, gewundenen Straßen wie an den Abhängen der Felder und in den Schluchten der Wälder. Über den Winterbildern meiner Erinnerung steht der Dampf ihres Atems und ihrer erhitzten Flanken, über den Sommerbildern liegt der Duft ihrer braunen Felle und hellen Mähnen. Immer noch spüre ich das Entsetzen, mit dem ich zusah, wie ihnen beim Beschlagen vierkantige Eisennägel in das, was ich für ihre Fußsohlen hielt, getrieben wurden. Szenen von solcher Drastik hatte ich bis dahin nur in Kirchen, auf Bildern der Passion Christi erblickt. Immer wenn ich später von jemandem sagen hörte, er sei «beschlagen», was soviel bedeutete wie: er sei gebildet oder belesen, tauchten vor meinen Augen die Vierkantnägel auf.

In den Ställen der Bauern, die noch von den Erträgen des Landes lebten und ihre bescheidene Wirtschaft nicht gegen einen Arbeitsplatz in der Fabrik eingetauscht hatten, nahmen die Boxen der Pferde den kleineren, aber nobleren Teil ein. Die Kühe, Rinder, Kälber, Schweine und Hühner machten sich breiter, sie stanken heftiger und führten das große Wort, sie waren, mit einem Wort, die Plebs im Stall; die Pferde waren selten, kostbar und wohlriechend, sie aßen manierlicher und litten spektakulärer, besonders ihre Koliken waren gefürchtet. Wie lebendige Skulpturen standen sie in ihren Verschlägen, nickten mit den schönen Köpfen und signalisierten mit ihren Ohren Misstrauen oder Verdacht. Die Pferde hatten ihren eigenen Campus, auf den sich nie eine Kuh verirrte, von Schweinen oder Gänsen ganz zu schweigen. Kein Bauer wäre auf die Idee gekommen, die Weide der Pferde mit Stacheldraht zu umgeben, hinter dem sich Kühe und vor allem Schafe nicht selten fanden. Bei den Pferden genügte ein bisschen Holz oder ein leichter Elektrozaun. Aristokraten sperrt man nicht ein, man erinnert sie an ihr Ehrenwort, auf Flucht zu verzichten.

Ich sehe uns, meinen Großvater und mich, an einem Tag Mitte der Fünfziger auf einer Anhöhe stehen, von der sich unser Hof, das umliegende Land und sogar ein Stück des fernen Laubwaldes, durch den sich eine schmale Straße den Berg hinaufwand, überblicken ließen. Seit einer Weile war die Stille über der ländlichen Einsamkeit zerrissen von etwas, das wie eine bucklige Ameise aussah, die sich langsam und geräuschvoll den Berg hinauf quälte. Im Näherkommen gab sich die Ameise als der altertümliche Mercedes Diesel eines meiner Onkel zu erkennen. Mit olympischer Gravität näherte sich der schwere Wagen. Mein Großvater machte eine abschätzige Bemerkung über den Diesel, in der das Wort Dreschkasten vorkam, und sah mit wachsender Skepsis zu, wie mein Cousin, der Mann am Volant, den festen Weg verließ und quer über das Weideland direkt auf uns zusteuerte. Schon nach wenigen Metern auf dem feuchten Gras verlor er die Kontrolle über sein Gefährt. Der Wagen brach seitlich aus, kam ins Gleiten und verwickelte sich in den Elektrozaun, der die Pferdeweide umgab, bis er endlich, von einer dunkelblauen Wolke umgeben, vor einem Baumstumpf zum Stehen kam. Unter der abziehenden Wolke kam der Olympier zum Vorschein, der jetzt seine Blitze nach innen schleuderte: Der Gefangene des Elektrozauns hatte sich in eine Art umgekehrten Faradayschen Käfig verwandelt, der über die zahlreichen Eisenteile jeden Stromstoß an seinen Insassen weitergab.

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Der kurze Gruß zum langen Abspann: Die Wege trennen sich.

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Konkurrenz der Pferdestärken: Das Dieselross hat 12 PS, der Hafermotor nur zwei, die aber besser riechen.

Nachdem alle Versuche zur Selbstbefreiung von Fahrer und Wagen fehlgeschlagen waren, betrat als Nothelfer ein schwerer belgischer Kaltblüter die Szene. Vor die hintere Stoßstange des Diesel gespannt, zog er mit den Bärenkräften eines gutmütigen Riesen das havarierte Automobil auf festen Grund zurück. Jeder kennt das Bild von William Turner, auf dem ein qualmender Dampfschlepper ein stolzes Kriegsschiff unter gerefften Segeln, die Fighting Temeraire, zu ihrer letzten Anlegestelle im Abwrackdock schleppt. In unserem Fall hatte das Schicksal, ironisch wie so oft, noch einmal das historische Blatt gewendet: Hier war es der Gaul, das von der Geschichte pensionierte Schlachtross, das jetzt das Auto zog: Noch einmal legte die alte Welt sich für die neue ins Geschirr.

Tatsächlich war zu diesem Zeitpunkt die Sache definitiv entschieden: Mensch und Pferd hatten getrennte Wege eingeschlagen. Da der Mensch es künftig vorzog, die seinen mit Kraftwagen zu befahren, hatte er sie planiert und asphaltiert. Das Pferd war buchstäblich überholt. Es gehörte zu jenem Teil der Wirklichkeit, den Condoleeza Rice, die vormalige amerikanische Außenministerin, als the roadkill of history bezeichnet hat; es gehörte zu denen, die die Geschichte überfahren hatte. Jahrhunderte lang hatte sich die Menschheit das Schicksal des Besiegten immer im Bild dessen gedacht, der unter die Hufe des Siegers gerät und von diesem überritten wird. Jetzt, im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert, war es das Pferd, das sich von der Geschichte überritten oder vielmehr überfahren fand. Während der längsten Zeit der aufgezeichneten Geschichte hatte das Pferd dem Menschen geholfen, seinen gefährlichsten Feind zu besiegen, den anderen Menschen; jetzt lag es selbst am Rand der Straße und sah den Sieger über sich hinwegrollen. Sechshundert Jahre Schießpulver hatten dem Pferd nicht seinen angestammten Platz als wichtigste Kriegswaffe des Menschen streitig gemacht – einhundert Jahre Mechanisierung des Krieges genügten, es obsolet zu machen. Das Pferd war einer der Besiegten der jüngsten Geschichte.

So einfach und glatt, wie man sich die Trennung von Mensch und Pferd, von mechanischer und animalischer Kraft vorstellt, ist sie indessen nicht verlaufen. Der Mensch war nicht an einem Tag Reiter und Kutscher und am nächsten Tag Kraftfahrer und Automobilist. Die Trennung ereignete sich in mehreren Phasen, die sich über einen Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten verteilen, vom frühen 19. Jahrhundert, das verschiedene Techniker mit dampfgetriebenen Fahrzeugen und Laufrädern experimentieren sah, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, als das Automobil mit Verbrennungsmotor das Pferd als Antriebsmaschine auch zahlenmäßig überholte. Das auf den ersten Blick Überraschende ist, dass während der längsten Strecke dieses Zeitraums der Verbrauch an Pferden immer weiter stieg, statt, wie man erwarten könnte, zu sinken. Erst gegen Ende des Zeitraums, Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, geht der Verbrauch an Pferden zurück, dann allerdings rapide. Insofern erlebt das letzte Jahrhundert des Pferdezeitalters nicht nur den Exodus des Pferdes aus der Menschengeschichte, sondern zuvor noch seine Apotheose: Nie zuvor war die Menschheit so stark auf Pferde angewiesen wie zu der Zeit, als in Mannheim und Cannstadt schon die Verbrennungsmotoren knatterten.

Wenn ich trotz der besagten anderthalb Jahrhunderte gelegentlich vom letzten Jahrhundert der Pferde spreche, geschieht dies nicht aus Gründen gedanklicher Faulheit oder weil es griffiger klingt. Dem Prinzip nach deckt sich das Ende des Pferdezeitalters ziemlich genau mit dem, was man als das lange 19. Jahrhundert zu nennen sich angewöhnt hat: Es beginnt mit Napoleon und endet mit dem Ersten Weltkrieg. Seitdem sind oder werden praktisch alle technischen Systeme, vom Verkehr bis zur Armee, denen das Pferd die nötige Traktionsenergie geliefert hatte, auf Verbrennungs- oder Elektromotoren umgestellt. Praktisch zieht sich diese Konversion aber erheblich in die Länge[1]; die beiden Weltkriege treiben den Verbrauch von Pferden noch einmal auf grausame Weise in die Höhe, und erst seit der Jahrhundertmitte steht ausreichend billige Traktionsenergie zur Verfügung, um die Zahl der Pferde in Europa drastisch abstürzen zu lassen. Jetzt erst ist die Trennung nicht nur beschlossene Sache, jetzt ist sie auch vollzogen.

Mit den Augen eines Historikers betrachtet, erscheint die Trennung von Mensch und Pferd als das zentrale Kapitel in der Geschichte vom Ende der agrarisch geprägten Welt. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Bild auch der mechanisierten und technisch fortgeschrittenen Zivilisationen der westlichen Welt noch stark von ruralen Strukturen, von Bauerndörfern, Märkten, Viehherden und Kornfeldern bestimmt. Geht man um weitere fünfzig Jahre in der Zeit zurück, bis an den Anfang des vergangenen Jahrhunderts, wird die Dramatik des Auszugs aus dem pastoral anmutenden Naturraum noch augenfälliger: «Um 1900», schreibt der Philosoph Michel Serres, «arbeiteten die meisten Menschen auf unserem Planeten in der Land- und Ernährungswirtschaft; heute machen in Frankreich wie in vergleichbaren Ländern die Bauern gerade noch ein Prozent der Bevölkerung aus. Zweifellos wird man darin einen der tiefsten historischen Brüche seit dem Neolithikum erkennen müssen.»[2]

In diese Perspektive einer radikalen Umwälzung der traditionellen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den Ländern der fortgeschrittenen Industrialisierung muss man auch den Abschied von den Pferden eintragen: als eine Phase im Auszug der Menschen aus der analogen Welt. Zu den verstörendsten Erfahrungen, die die Zeitgenossen des 19. Jahrhunderts machten, Nietzsche hat dafür das Wort vom Tod Gottes gefunden, gehörte der Verlust einer für sicher geglaubten transzendenten Sphäre: Die Menschen spürten, dass ihnen das Jenseits entglitt. Die Bürger des 21. Jahrhunderts kennen ein ähnliches Unbehagen: Sie sind dabei, das Diesseits zu verlieren.

In einem traditionsreichen Agrarland wie Frankreich, in dem die antike, die römische Bedeutung von Kultur, nämlich Bodenkultur, Landbau und Weinbau zu sein, nie in Vergessenheit geraten ist[3], wird der Bruch naturgemäß als besonders dramatisch empfunden. Die Wein- und Obstgötter haben sich zurückgezogen, und mit ihnen verschwand die alte humane Lebenswelt. Der Abschied von den Pferden wird zu einem Geschichtszeichen für den Verlust der ländlichen Welt. «Ich gehöre zu einem verschwundenen Volk», klagt der Kunsthistoriker und Schriftsteller Jean Clair. «Bei meiner Geburt machte es noch an die 60 Prozent der französischen Bevölkerung aus. Heute sind es keine 2 Prozent mehr. Eines Tages wird man anerkennen, dass das wichtigste Ereignis des 20. Jahrhunderts nicht der Aufstieg des Proletariats war, sondern das Verschwinden des Bauerntums.»[4] Verschwunden sind die Bauern und Erzeuger, und mit den Bauern, manchmal noch vor ihnen, gingen die Tiere: «Die Pferde waren die ersten, die gingen, Ende der fünfziger Jahre. Sie waren nutzlos geworden und verschwanden für immer.»[5]

Durch die Brille der Geschichtsphilosophie betrachtet, erscheint die Trennung von Mensch und Pferd als Auflösung einer singulären Arbeitsgemeinschaft: In gemeinschaftlicher, wenngleich einseitig erzwungener Anstrengung haben die beiden Spezies vollbracht, was Hegel das Werk der Geschichte nannte. Ein seltsamer Zufall, der zu spekulativen Deutungen einlädt, hat es gefügt, dass sich die Auflösung dieser alten Arbeitsgemeinschaft ziemlich exakt in dem Zeitraum vollzog, der Hegels «Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte»[6] von jenen Theorien trennt, in denen sich um die Mitte des 20. Jahrhunderts zuerst der Gedanke von einem «Ende der Geschichte» aussprach.[7] Genau fünfzehn Jahrzehnte sind es, die das Ende des Pferdezeitalters von seinem ersten Vorschein im frühen 19. Jahrhundert bis zur endgültigen Ratifizierung in der Mitte des zwanzigsten überspannt. Sie reichen von Hegel, der 1807 den Kaiser der Franzosen als «Weltseele zu Pferde» apostrophierte, bis zu Arnold Gehlen, der in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts seine Lehre von der posthistoire entwickelte.

Drei Weltzeitalter unterschied der Philosoph und Anthropologe Gehlen: Auf eine sehr lange Zeit der Vorgeschichte folgte die Phase der eigentlichen, agrarisch geprägten Geschichte, welche wiederum von der Industrialisierung und dem Eintritt in die Nachgeschichte abgelöst worden war.[8] Als knüpfe er an dieses Schema an, unterschied auch der Historiker Reinhart Koselleck, als er 2003 erstmals über das Pferdezeitalter sprach, drei große Weltepochen: Die Gesamtheit der vergangenen Zeit unterteile sich in ein Vor-Pferdezeitalter, ein Pferdezeitalter und ein Nach-Pferdezeitalter.[9] Die Simplizität dieser chronologischen Dreifelderwirtschaft nahm der Historiker in Kauf, weil er sich von ihr eine neue Perspektive auf die Weltgeschichte versprach: «Wohl wissend, daß alle Periodisierungen … von perspektivisch ordnenden Fragestellungen abhängen, suche ich nach einem Kriterium, das alle Abgrenzungen zwischen alter, mittlerer und neuerer … Geschichte unterläuft.»[10]

Mit meinem Versuch über das Ende des Pferdezeitalters teile ich Kosellecks Erwartungen. Anders als er lenke ich allerdings den Blick auf die relativ schmale Übergangszone, in der sich dieser eigentümliche Auszug aus der Geschichte vollzieht. Die Geschichte der Entpferdung, wie Isaac Babel den Prozess nannte[11], hat ihre eigene Dauer und historische Mächtigkeit. Sie vollzieht sich als eine Folge von Ablösungs- und Transformationsprozessen, die sich über mehr als ein Jahrhundert hinzogen und in gewisser Hinsicht bis heute nicht abgeschlossen sind. Nicht nur auf Kosellecks Narrativ von 2003 lag noch der lange Schatten des Pferdezeitalters. Er liegt auch auf unseren Erzählungen, den Bildern unseres Alltags und den Figuren unserer Rede. Tatsächlich überspannt das Ende des Pferdezeitalters nicht nur einen relativ langen Zeitraum, sondern auch eine Fülle von Realien und Beobachtungen aus den unterschiedlichsten Wirklichkeitsbereichen. Kein anderes historisch-natürliches Wesen, der Mensch ausgenommen, verlangt so zwingend nach einer histoire totale wie das Pferd.

Zahllose Geschichten unterschiedlichster Art ließen sich erzählen, in denen das Pferd eine Hauptrolle spielte: Technikgeschichten, Verkehrsgeschichten, Agrar-, Kriegs- und Stadtgeschichten, Energiegeschichten. Aber mit diesen «realen» Geschichten der materiellen Welt drängen sogleich andere Historien herbei, die ebenfalls erzählt sein wollen: Wissens- und Symbolgeschichten, Kunst-, Ideen- und Begriffsgeschichten. Selbst jüngste Ansätze in der Geschichtsschreibung wie die sound history, die Geschichte vom akustischen Relief vergangener Lebenswelten, fänden im Pferd ein privilegiertes Sujet. All diese Narrative sind plausibel, all die Pferde, von denen sie berichten, hat es irgendwann gegeben, sie mögen Produkte der Zucht gewesen sein, Geschöpfe der Forschung oder Kreaturen der Kunst; keines dieser Wesen ist wirklicher oder gültiger als das andere. Ein Graffito an der Wand, eine Metapher, der Schatten eines Traums ist nicht weniger wirklich als ein Wesen aus Fleisch und Blut; von den einen wie von den anderen lebt die Geschichte – und nicht nur diejenige des Pferdes. Jules Michelet hat einmal gesagt, in seinen Anfängen sei ihm die Geschichte gleichzeitig zu wenig materiell und zu wenig spirituell erschienen. Das ist die Wette, die es anzunehmen gilt, eine Geschichte des Pferdes zu schreiben, die beides wäre, materiell und sinnlich – und gleichzeitig spirituell, heute würde man sagen intellektuell.

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Am Anfang des Pferdezeitalters steht ein Paradox, gleichsam das Urparadox der ganzen Geschichte. Ein intelligentes Säugetier, der Mensch, bemächtigt sich eines anderen Säugetiers, des Pferdes. Er zähmt und züchtet es, freundet sich mit ihm an, benutzt es zu seinen Zwecken. Das Erstaunliche an der Sache ist, dass sie auch dann noch funktioniert, wenn die Zwecke des Menschen der Natur seines vierbeinigen Kollegen konträr zuwider laufen. Anders nämlich als der Mensch ist das Pferd ein Fluchttier. Wenn es nicht mit seinesgleichen in erotischen Belangen konkurriert (die berühmten kämpfenden Hengste), sucht es weder Krieg noch Streit; der Instinkt für Beute ist dem großen Vegetarier fremd. Die Geschwindigkeit, mit der es seine Flucht bewerkstelligt, ist es, wodurch es sich der Bedrohung durch die Jäger und Fleischfresser entzieht. Dies aber ist genau der Punkt, durch den es die Aufmerksamkeit eines anderen Säugetiers erweckt, das Interesse des Menschen. Nicht als Proteinlieferant, ja nicht einmal als Zug- und Tragetier tritt das Pferd zuerst ins Licht und bald schon ins heiße Zentrum der Menschengeschichte. In der Funktion des Lastenbewegers verharrt es mit Ochs und Esel im Hinterhof der Geschichte, gleichsam am Lieferanteneingang. Erst als schnelles Fluchttier rückt das Pferd an die Spitze aller historischen Symbiosen von Geschichte und Natur. Ein Platz, den es, allen historischen Teilerfolgen von Kamel und Elefant zum Trotz, sechstausend Jahre lang unangefochten behaupten sollte.

Die wichtigste Leistung, die mit dem Pferd in die Geschichte kommt, ist die Geschwindigkeit; Oswald Spengler hat dies klar gesehen. Fast sechs Jahrtausende lang verband sich die Erfahrung starker Beschleunigung und hoher Geschwindigkeit mit dem Pferd, im arabischen Raum auch mit dem Kamel. Schnell sein hieß beritten sein – eine historische Erfahrung, die fünf Generationen nach der Erfindung des Automobils, vier nach der des motorisierten Fliegens, weitgehend vergessen ist. Das Pferd war die Tempomaschine par excellence; als solche ermöglichte es Herrschaft in einem territorialen Umfang, wie sie ohnedem undenkbar gewesen wäre. Dank dem Pferd ließen sich weite Territorien erobern und ausgedehnte Herrschaften errichten; mehr noch, sie ließen sich auch sichern und aufrechterhalten. Spengler nennt das, anknüpfend an Nietzsche, die große Politik: Mit dem Pferd war historisch die Möglichkeit da, Machtpolitik, Eroberungspolitik im großen Stil zu betreiben. Als Tempomaschine wurde das Pferd zur Kriegsmaschine ersten Ranges; als Distanzvernichter schaffte es die Möglichkeit zu potenziert erweiterten Kommunikationsräumen. Als zähmbares und züchtbares, als von Menschen lenkbares Geschwindigkeitstier, mit einem Wort: als animalischer Vektor wurde das Pferd zum politischen Tier und zum wichtigsten Gefährten des Homo sapiens.

Damit kehrt das anfängliche Paradox zurück. In seiner Vektorfunktion muss nicht selten das zivile Reit- oder Zugpferd sich in das militärische Schlachtross verwandeln. Oft genug muss der friedliche Grasfresser, seine Instinkte verleugnend, den Menschen ins Gefecht begleiten und dessen Feinde in den Staub treten. Gegen seine Natur muss das schreckhafte Fluchttier zur Inkarnation eines Schreckens werden, der auch das Beutetier Mensch scharenweise in die Flucht schlägt: Wer will schon unter die Räder oder vielmehr unter die Hufe kommen? Das Fluchttier, eingesetzt als physisch überlegene Waffe im Kampf des Beutetiers Mensch gegen seinesgleichen – dies ist die originäre Dialektik des Pferdezeitalters, der Spannungsbogen, der dem kentaurischen Pakt zugrunde liegt.

Verglichen mit dieser historischen Allianz waren alle anderen Bündnisse, die der Mensch in seiner Geschichte einging, fragil und ephemer; nicht einmal die Beziehungen zu seinen Göttern wiesen ein vergleichbares Maß an Stabilität auf. Umso bemerkenswerter war sein Ende: Im selben Augenblick, in dem das Bündnis seine höchste Dichte und Virulenz erreichte, begann es unaufhaltsam zu zerfallen. Beinahe geräuschlos und von den meisten Zeitgenossen unbemerkt löste es sich in seine Bestandteile auf. Die große dramatische Figur zerfiel, sechs Jahrtausende kentaurischer Gemeinschaft gingen sang- und klanglos zu Ende. Was danach passierte, war kaum ein Satyrspiel zu nennen: Während die eine Partei, der menschliche Teil der alten Allianz, kurzlebige Bündnisse mit Maschinen aller Art, Automobilen, Flugobjekten und mobilen Rechnern, einging, wechselte die andere als Sport- und Therapiegerät, Prestigesymbol und Assistenzfigur der weiblichen Pubertät in den historischen Ruhestand. Nur gelegentlich sollte dem Pferd noch ein Auftritt im archaischen Schreckensfach vergönnt sein, etwa wenn es galt, demonstrierende Arbeiter niederzureiten oder Protestierende aus den Einkaufszonen zu vertreiben.

Parallel zu seinem finalen Aufstieg und Fall erlebte das Pferd im 19. Jahrhundert eine enorme literarische und ikonografische Karriere. Die großen Romane in diesem letzten Jahrhundert der Pferde sind, sofern sie nicht auf hoher See, sondern auf dem Land spielen, zum großen Teil Pferderomane; sie sind von Pferdemotiven und Pferdegeschichten wie von Sehnen und Adern durchzogen. Das gilt selbst für die urbansten Schriftsteller jener Zeit, man denke an Stendhal, Balzac, Flaubert, Tolstoi und Stevenson. Alle großen Ideen, die das 19. Jahrhundert zu Triebkräften der Geschichte gemacht hat: Freiheit, menschliche Größe, Mitleid, aber auch die Unterströme der Geschichte, die seine Zeitgenossen entdeckten, die Libido, das Unbewusste und das Unheimliche, führen über kurz oder lang zurück zum Pferd. Natürlich ist das Pferd nicht die Sphinx. Wohl aber ist es der große Ideen- und Bildträger des 19. Jahrhunderts, sein Denkhelfer, sein Logopäde. Wann immer sie gedanklich nicht mehr weiter wissen oder emotional nicht weiter kommen, rufen die Menschen des 19. Jahrhunderts das Pferd zu Hilfe: Es ist ihr Ideenfluchttier und ihr Leidtragetier.

Im Hintergrund der Trennungsgeschichte, die ich auf den folgenden Seiten erzähle, verläuft ein Prozess der Sublimation. Im selben Maß, in dem unter dem Druck einer sich mechanisierenden Zivilisation die alte, solide Welt der Pferde, Kutschen und Kavalleristen sich aufzulösen beginnt, gewinnen die Pferde an imaginärer und schimärischer Präsenz: Sie werden zu Gespenstern der Moderne, und je mehr sie an weltlicher Präsenz einbüßen, umso heftiger spuken sie in den Köpfen einer Menschheit, die sich von ihnen abgewandt hat. Vielleicht ist dies der Preis, den wir für den «enormen Verlust an naiver geschichtlicher Tradition» entrichten, den Hermann Heimpel auf dem Historikertag 1956 in Ulm beklagte: «Mit jedem Pferd verschwindet ein Zustand, der unsere Zeit mit der Zeit Karls des Großen noch verbindet.»[12]

Wenn ein Zeitalter endet, kann frei nach Marx, der wieder frei nach Hegel zitiert, das historische Drama als Komödie wiederkehren. So hat auch das Pferdezeitalter im Heraufdämmern seines Endes ein letztes komisches Aufglühen erlebt. Es stammte von einem rötlichen Roßschwanz, der lockend auf und nieder wippte, während hinter ihm die Tür der Geschichte ins Schloss fiel. Man schrieb das Jahr 1957, soeben war die Erzählung Homo faber von Max Frisch erschienen. Das schwere Zeitalter der Kentauren war vorbei, das jugendliche der Schulmädchen-Amazonen in Cowboyhosen brach an, und der Autor arbeitete hart an der Kontur: «Ihr rötlicher Roßschwanz, der über den Rücken baumelt, unter ihrem schwarzen Pullover die zwei Schulterblätter, die Kerbe in ihrem straffen und schlanken Rücken, dann ihre Hüften, die jugendlichen Schenkel in der schwarzen Hose, die bei den Waden gekrempelt sind, ihre Knöchel» – aber alle diese sekundären Merkmale, Rücken, Hüften, Waden, Knöchel, sind tertiär gegenüber dem schaukelnden Sturmzeichen, in dem sich Unschuld mit Animalität verbindet. Noch werden sieben Jahre vergehen, bis mit dem Ford Mustang das passende Gerät für den Ritt nach Westen bereitsteht. Doch schon wippt und lockt das Geschichtszeichen, unter dem eine alte Epoche endet und eine neue beginnt.

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Die alte Zeit rettet die neue vor dem Untergang: Pferde schleppen ein in Seenot geratenes Auto auf den Ostseestrand.

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Geschichte im Rückspiegel: Robert Doisneau, Les Embarras des Petits Champs, Paris 1968.

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Die grandiosen Leistungen, die das Pferd erbrachte, solange der kentaurische Pakt hielt, geraten jetzt, im Nachpferdezeitalter, rasch in Vergessenheit. Tatsächlich ist das Pferd nicht la part maudite der Geschichte, ihre verfemte oder verworfene Seite, es ist bloß ihr vergessener Teil. Ein allerdings umfangreicher und komplexer Teil: Die Versuchung ist groß, sämtliche Aspekte der Pferdegeschichte in einem Atemzug erzählen zu wollen. Sich gleichsam hineinzustürzen und treiben zu lassen, zwischen Realien und Ideen, Romanen und Remonten, Trensen und Triebschicksalen. Ästhetisch mag das reizvoll sein, praktisch ist es nicht. Um einer gewissen Systematik willen werde ich Geschichten, die richtiger parataktisch erzählt sein sollten, nacheinander behandeln. Das soll in vier längeren Kapiteln geschehen.

Im ersten Kapitel erzähle ich Realgeschichten: von Städten, Straßen und Unfällen, von Landärzten und Kavalleristen, von Räumen, Wegen und Energien. Im zweiten Wissensgeschichten: von den Figuren des Wissens über die Equiden, Figuren, die Kenner, Züchter, Maler und Forscher im Lauf der letzten Jahrhunderte gebildet haben, und die heute teilweise wenn nicht ganz vergessen sind. Im dritten dann Metaphern- und Bildergeschichten: Repräsentationen, in denen das 19. Jahrhundert seine Ideen von Macht, Freiheit, Größe, Mitleid und Terror entwickelt hat. In dieser Abfolge reflektieren sich die drei Ökonomien, in denen das Tier seine alte, zentrale Rolle als Beweger spielte, als großer Umwandler von Energie, Wissen und Pathos. Im vierten und letzten Kapitel schließlich sammle und erzähle ich Historien von Pferden und Menschen, die ich gehört, gelesen und erlebt habe. Ich systematisiere sie so gut ich kann, indem ich den Linien der drei Ökonomien folge, zeige, wie andere Historiker das Pferd und seine Geschichte dargestellt haben, und mache eigene Vorschläge für Erzählungen.

Welchen Dreh soll man dieser gesamten Geschichte geben? Soll man sie als Tragödie oder als Komödie erzählen? Als Aufstieg oder als Verfall? Kulturkritisch oder cool und struktural? Angesichts einer Trennungsgeschichte läge es nahe, sich für die ästhetische Form des Abschieds zu entscheiden. Heißt es nicht Abschied nehmen von einer humanen Lebenswelt, einer naturnahen Zivilisation, einer raffinierten Kultur, einer analogen Welt? Aber der Abschied, sagten wir, sei längst genommen, die Geschichte seit einem halben Jahrhundert definitiv beendet. Drängt demzufolge nicht alles zur dramatischen Form des Epilogs? Verführerisch sind beide Formen, und an ihrer Bühnenwirksamkeit besteht kein Zweifel. Dem Gefühl geben sie viel, aber wie viel geben sie der Erkenntnis? Wer wissen will, wie sich die Geschichte abgespielt und was sie uns noch zu sagen hat, hält sich im Zweifelsfall besser an offenere, brüchigere Formen. Mehr Komparatistik, weniger letzte Worte.

Für letzte Worte ist die Geschichte von den Pferden ohnehin nicht gemacht. Der Gegenstand rufe nach einer histoire totale, schrieb ich oben und gab damit wieder, was ich mir zu einem frühen Zeitpunkt meiner Überlegungen zurechtgelegt hatte. Wie wenig wusste ich damals von den Geistern, die ich rief! Ströme von Tinte hat das Pferd zum Fließen gebracht und einen Ozean von gedruckter Literatur entstehen lassen. Nie wird eine Synthese, wie ich sie mit diesem Buch wage, dem Labyrinth des Gedruckten entkommen; das Archiv bleibt ein ferner Traum. Das Pferd ist nicht in Troja geboren, sondern in Alexandria, es ist ein Phantom der Bibliothek, und wer sich einmal auf die Bild- und Textformen eingelassen hat, in denen es die Köpfe der Künstler, Schriftsteller und Gelehrten besetzt, ja, bis zur Besessenheit besiedelt hat, wird Mühe haben, die raue Welt der Ställe, Manegen und Weiden wiederzufinden.

Das ist noch nicht alles. Die epistemischen Probleme gehen tiefer und stellen die Möglichkeit der Darstellung selbst in Frage. Wer über zwei- oder dreihundert Jahre Pferdegeschichte schreibt, sieht sich vor dichten Schichten von Literatur über die Rolle des Pferdes in unterschiedlichen, hoch differenzierten kulturellen Kontexten. Mit jedem Schritt, den er tut, bewegt er sich über Abgründen von Forschungskontroversen, die er unmöglich überblicken, geschweige denn wiedergeben kann. Hundert Jahre Indianerforschung der nordamerikanischen Anthropologie lassen sich nicht auf einer Handvoll Seiten zusammenfassen. Schon mancher ist als Franz Boas gesprungen und als Karl May gelandet. Dieses generelle Problem der Bodenlosigkeit kennen alle Autoren historischer Synthesen, allen voran die Globalhistoriker. Mit einer Vielzahl von Fußnoten, wie ich sie meinem Text mitgebe, legt man zwar, so weit es geht, die Karten auf den Tisch. Aber die Fragen der Bewertung sind damit eher umgangen als beantwortet; weniger als eine positive Habe zeigen sie Desiderate an. Und je geschwätziger die Diskurse der Forschung und der Spezialliteraturen plappern, umso unüberhörbarer wird auf der anderen Seite das Schweigen des eigentlichen Protagonisten: Das Pferd bleibt stumm.

Le cheval n’a pas de patrie, das Pferd hat kein Vaterland, hat Marschall Ney gesagt, aber wäre es nicht an der Zeit, ihm Bleiberecht in unseren Erzählungen von der Vergangenheit zu geben? Fast zwei Jahrzehnte ist es her, dass ich auf die Idee kam, eine Geschichte des langen 19. Jahrhunderts zu schreiben, in deren Mittelpunkt nicht die üblichen Verdächtigen, von Napoleon und Metternich bis Bismarck ständen, sondern der geheime Held und Protagonist dieses Jahrhunderts – das Pferd. Damals träumte ich noch davon, der historischen Hauptperson selbst zu Wort und Stimme zu verhelfen. Dieser Traum ist nicht an der Obskurität des Gegenstandes und dem Mangel an Daten, sondern im Gegenteil am überladenen Speicher der Diskurse gescheitert. Man schreibt nie vom Stall aus, sondern immer von der Bibliothek her, und wer, wie manche einfühlsame Autoren der Pferde- und der Weltliteratur, von Théodore Sidari (Mémoires d’un cheval d’escadron, dictées par lui-même, Paris 1864), John Mills (Life of a Racehorse, 1865), Anna Sewell (Black Beauty, 1877) über Leo Tolstoi (Der Leinwandmesser, 1886), Mark Twain (A Horse’s Tale, 1905) und D. H. Lawrence (St Mawr, 1925) bis Michael Mopurgo (War Horse, 1982), dem Pferd die Hauptrolle oder die erste Person Singular überlässt, hat deswegen die Bibliothek noch lange nicht verlassen. Damit ist nicht gesagt, man könne der speziellen Intelligenz und dem Gefühlsleben des Pferdes nicht nähertreten; mit einigen knappen Hinweisen am Schluss versuche ich, solche Möglichkeiten immerhin anzudeuten. Mit meiner anfänglichen Hoffnung bin ich allerdings gescheitert. Mein erstes echtes Pferdebuch muss warten bis zu meiner Wiedergeburt als Pferd. Dasjenige, das der Leser jetzt in Händen hält, ist kein Pferdebuch, sondern das Buch eines Historikers über das Ende des Zeitalters, in dem Menschen und Pferde gemeinsam Geschichte machten. Wohlgemerkt, nicht schrieben, sondern machten, denn geschrieben hat immer nur der eine Teil des Paares, und ein Menschenleben reicht nicht aus, um alles zu lesen, was er über den anderen zu sagen hatte.

Lange Zeit dachte ich, ich müsste dieses Buch für die Historiker schreiben. Als ginge es darum, den Kollegen zu zeigen, welche historische Hauptperson sie all die Jahre übersehen und welche Erkenntnischance sie vertan hatten. Immer noch würde ich mich freuen, wenn einer von ihnen jetzt mein Buch läse und etwas damit anzufangen wüsste. Geschrieben habe ich es aber am Ende, um eine schöne, unbescheidene Dedikation zu zitieren, für Alle und Keinen. Auch das stimmt freilich nur zum Teil. Geschrieben habe ich es für meine Mutter, die die Pferde liebte und verstand. Ob es ihr gefallen hätte, werde ich nie mehr erfahren. Zehn Jahre sind vergangen, seit ich es sie zuletzt hätte fragen können.

DER KENTAURISCHE PAKT
ENERGIE

Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,   

Sind ihre Kräfte nicht die meine?         

Ich renne zu und bin ein rechter Mann,

Als hätt’ ich vierundzwanzig Beine.      

Goethe, Faust I

Wie ein Wahrzeichen steht über dem 19. Jahrhundert die Figur des Kentauren. Keine andere Gestalt aus dem sagenhaften Figurenpark der Griechen verkörpert wie er die Laufrichtung eines Zeitalters, das verhext ist von den Versprechen gesteigerter Energie. Es ist die Zeit der Rossmenschen, der Mehr-als-Menschenwesen. Der Kentaur ist der Energetiker par excellence, der Unhold im Mythenzoo, ein rauer Bursche, der gern zecht und sich prügelt; wer ihn zum Essen einlädt, riskiert mehr als zerbrochenes Geschirr. In keinem anderen mythologischen Wildling steckt tiefer die immer präsente Möglichkeit der Gewalt. Eine explosive Maschine aus Tempo und Trieb, in der sich Klugheit und List des Menschen mit der Kraft und Schnelligkeit des Pferdes verbinden, wilde Streitlust mit planvollem Drang. Was sich als kentaurische Aggressivität äußert, ist pure Ausbruchsenergie. Die Frau existiert in der Welt dieses Hufnarren nur als Beute und Schnäppchen, als Sabinerin, die man packt und wegschleppt. Er mag den Gentleman geben und galant einer Schönen die Hand reichen zum Aufstieg auf seinen Pferderücken[1], im nächsten Augenblick wird er mit ihr davontoben, dass die Funken fliegen und die Luft erzittert von erotischer Energie. In Liebesdingen hat der Kerl seit Ovids Tagen nichts dazugelernt.

Der junge Kentaur, der seines ersten Menschen ansichtig wird, macht eine enttäuschende Entdeckung. Er erblickt ein Mängelwesen, eine halbierte Portion: «Eines Tages, da ich einem Tal nachging, in das die Kentauren wenig kommen, entdeckte ich einen Menschen», heißt es bei Maurice de Guérin: «Es war der erste, der mir zu Gesicht kam, ich verachtete ihn. Das ist höchstens die Hälfte meines Wesens, sagte ich mir … Ohne Zweifel, das ist ein Kentauer, den die Götter gestürzt haben und herabgesetzt, sich so fortzuschleppen.»[2] Der Mensch ist sich seiner Niedrigkeit und Schwäche wohl bewusst. Deshalb zähmt und züchtet, hütet und formt er Pferde, den animalischen Part seiner beweglichen Existenz. Je enger und fester der Zusammenschluss der beiden Partner, je «kentaurischer» ihre Verbindung, desto größer das Maß an Energie, Kraft und Tempo, über das der Lenker verfügt. Es konnte nicht ausbleiben, dass auch in der hereinbrechenden Dämmerung des Pferdezeitalters noch einmal eine neue kentaurische Kultur entstand: In ihren Reiterkriegen um den amerikanischen Westen haben Indianer und Cowboys – nach Mongolen, Kosaken und Mamelucken – ein letztes Mal die alte Verschmelzungsphantasie in die Wirklichkeit getragen. Und wie nebenher Generationen von Kinderhirnen kolonisiert.

Der Diskurs über das bevorstehende Ende des Reitens und Reisens mit Pferden setzt früh ein, ein Menschenleben, bevor das erste Automobil zögernd auf die Straße rollt. Die Ursache für den Diskurs ist eine Katastrophe, sein Auslöser eine Erfindung. 1815 hatte der Ausbruch des Tambora, eines Vulkans östlich von Bali, den Himmel zunächst über der südlichen, im folgenden Jahr auch über der nördlichen Hemisphäre so gründlich verdunkelt, dass es zu einem Temperatursturz und einer Serie von Missernten kam. Die Folgen waren Hungersnöte und steigende Haferpreise: «Die Pferde konkurrierten um das knappe Getreide und Heu und wurden notgeschlachtet und verzehrt oder verendeten aus Futtermangel.»[3] Dies war, wie der Technikhistoriker Hans-Erhard Lessing eindringlich dargelegt hat, die Stunde des Erfinders: 1817 präsentierte Karl Drais das erste Modell seiner «Laufmaschine», von ihm selbst als «Fahrmaschine ohne Pferd» beschrieben und von vornherein dazu gedacht, den alten kentaurischen Pakt, einseitig geschlossen, wie er war, einseitig aufzukündigen. Einmal in die Welt gesetzt, sollte der Diskurs über das bevorstehende Ende des Pferdezeitalters nie mehr gänzlich verstummen; Erfindergeist und Technikphantasien hielten ihn am Leben, bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts die realen Ablösungs- und Ersetzungsprozesse, sowohl durch Elektro- wie durch Verbrennungsmotoren, einsetzten und rasch an Dynamik gewannen.

Den Abgesang auf die alte, nunmehr versunkene Pferdewelt veröffentlichte im Jahr 1935 unter dem Titel Reiterbuch ein seinerzeit unbekannter Autor. Es war Alexander Mitscherlichs Erstling. Der junge Mann, aus der Entourage Ernst Jüngers kommend in diejenige Ernst Niekischs gewechselt, verklärte die «Gestalt» des Reiters und folgte dem Zug seiner wechselnden Erscheinungen durch die Jahrtausende. Über allen Gipfeln lag der Glanz historischer Abendröte und der süße Ton der Elegie: «Es ist nicht mehr das Licht der großen Bühne, das heute auf Roß und Reiter fällt … Ihr Marschrhythmus ist verklungen. Die Spuren der Hufe sind verweht. Klein ist die Domäne des Pferdes geworden. (…) In neuen Spuren geht der Mensch, seit er sich den Takt der Motoren zugesellt.»[4]

Mitscherlichs geschichtliche «Schau» mündete in eine Kritik der maschinellen und motorisierten Zivilisation. Im Gegensatz zu den «ewigen Werkzeugen» des Menschen wie Schwert und Ross, in denen dieser die natürliche Erweiterung und Steigerung seiner Kräfte, «Eingebung seines ursprünglichen Denkens»[5], gefunden hatte, beraubte die Maschine den Menschen seines lebendigen Ausdrucks: «… der Mensch (gibt) den Ausdruck und die Bewegung seiner Gestalt an ihre Neutralität ab, versteckt sich in der Apparatur.»[6] In den «Totalprothesen» der Gegenwart hockte ein sich selbst entfremdetes, geschwächtes Wesen: «… je zahlreicher die Prothesen in Dienst genommen werden, desto schwächer wird die Gestalt selbst, der sie dienen.»[7] Mitscherlichs Epilog auf den Reiter, der vom Ross gestiegen und in der Kabine seiner Fahrzeuge verschwunden war, gehörte nach seinen Stichworten und Denkfiguren – Technik als Prothetik, Neutralität der technisch generierten Energie, Entmachtung des Subjekts – in den Kontext konservativer Kultur- und Technikkritik um 1930. Eine Fußnote zu Jüngers Arbeiter – und gegenüber dessen aggressiver Technovision ein sentimentales Kalenderblatt.

Wenn ich auf den folgenden Seiten beschreibe, wie sich die Ersetzung des animalischen Energielieferanten Pferd und der auf ihn zentrierten Systeme (Ernährung, Transport, Verkehr, Militär …) in verschiedenen Lebenswelten realgeschichtlich abspielte, werden Elegie und Kulturkritik nicht den Ton angeben. Die Auflösung des kentaurischen Pakts geht nicht einher mit dem völligen Verschwinden der Pferde.[8] Im Gegenteil, seit dem historischen Tiefstand des Jahres 1970 mit 250.000 Pferden ist deren Zahl in Deutschland wieder angestiegen und wird heute auf über eine Million geschätzt. Ebenfalls über eine Million Männer und Frauen in Deutschland treiben regelmäßig Pferdesport – mit einer signifikanten Asymmetrie zugunsten der Frauen und der Mädchen. 300.000 Menschen arbeiten in Deutschland in der Pferdewirtschaft. Sie verdienen ihr Geld mit der Zucht von Pferden, ihrer Haltung, Heilung, Ausbildung und Pflege. Sie verkaufen Ausrüstungsstücke, erteilen Reitunterricht, organisieren Turniere und Reiterferien, sie schreiben für Pferdezeitschriften: Zwei Dutzend Periodika für Ross und Reiter hat die durchschnittliche Bahnhofsbuchhandlung im Angebot. Nicht zu vergessen das Fach Pferdewissenschaft, das man an mehreren Hochschulen der Bundesrepublik studieren und in Berlin, Osnabrück und Nürtingen mit dem Bachelor, in Göttingen sogar mit dem Master abschließen kann.

Außer für diejenigen, die von der Pferdewirtschaft leben, hat dieses sportliche und zärtliche Nachleben des Pferdezeitalters seinen historischen Ernst verloren. Die Verbindungen zwischen Menschen und Pferden, die heute eingegangen werden, sind Liebesbeziehungen, Herzensgemeinschaften und Sportskameradschaften. Demgegenüber war der kentaurische Pakt aus härterem Holz geschnitzt. Es war ein Bund der alten Art, den noch das Gesetz der Notwendigkeit regierte. Menschen und Pferde waren Schicksalsgefährten – bis zu dem Tag, an dem sie beschlossen, in Zukunft getrennte Wege zu gehen. Wie es dazu kam und was danach geschah, wird Gegenstand der folgenden Seiten sein.

 

 

 

Die Pferdehölle

Seit wir die Eisenbahnen haben, laufen die Pferde schlechter.

Fontane, Der Stechlin

Dreisatz mit Dante

Als der seit langem todkranke Schiller im Mai 1805 stirbt, hinterlässt er eine lange Reihe unausgeführter Dramenprojekte. Eines der geplanten Stücke trägt den Titel Die Polizey. Schauplatz des Trauerspiels ist das vorrevolutionäre Paris, eine gigantische Szenerie der Überwachung von Menschen und der Kontrolle von Information. In ihrem Mittelpunkt steht das Büro des allmächtigen Polizeichefs. Sein eigentlicher Gegner ist nicht die Schattenwelt des Verbrechens, sondern die Intrige der nächtlichen Stadt. Paris, die Bühne des Geschehens, wird zum übermenschlich großen Mitspieler in diesem Drama. Wie in den meisten Plänen des Frühverstorbenen hat auch im Polizeiprojekt die Arbeit der Poesie noch nicht begonnen, kein Vers ist überliefert. Wie das Skelett eines Stückes liegt die Prosaskizze da, umschwirrt von Exzerpten, drapiert mit Lesefrüchten und bizarren Funden. Einer der schönsten lautet: Paris der Frauen Paradies, der Männer Fegefeuer, Hölle der Pferde.[9]

Friedrich Schiller hat den einprägsamen Dreisatz nicht erfunden, nur seinen Rhythmus leicht verändert. Louis-Sébastien Mercier, den er zitiert, spricht von le paradis des femmes, le purgatoire des hommes & l’enfer des chevaux.[10] Für sein Parisdrama findet der Dichter in Merciers Tableau de Paris einen unerschöpflichen Fonds an Zitaten und Beobachtungen. Das modern wirkende Bild des Polizeiapparats als große Maschine übernimmt er aus Mercier, ebenso das der Stadt als Moloch, dessen eigentliches Medium die Nacht ist. Dass Schiller den demographischen Kontext von Merciers Aperçu nicht übersehen hat, zeigt sich schon im nächsten Satz seiner Notizen: Mortalität zu P. jährlich 20.000.[11] Auch das stammt von Mercier, der unter der Überschrift Population de la capitale den Nachweis führt, dass die Männer in Paris früher und jünger sterben als die Frauen. Deswegen, so Mercier, spricht das kleine Volk von Paris als dem Paradies der Frauen und dem Fegefeuer der Männer. Schneller als diese sterben nur die Pferde und die Fliegen.

Auch Mercier hat das schöne Zitat nicht erfunden. Schon zwei Jahrhunderte vor seiner Zeit war der Dreisatz von den Frauen, den Pferden und den Männern geläufig. Allem Anschein nach taucht er 1558 erstmals bei Bonaventure Des Périers auf. In der 31. Novelle seiner postum veröffentlichten Nouvelles récréations et joyeux devis heißt es, Paris sei «das Paradies der Frauen, die Hölle der Maultiere und das Fegefeuer der Bittsteller.»[12] Gegen Ende des 16. Jahrhunderts sorgt John Florio in seinen Second Fruits erstmals für die klassische Rollenverteilung: das Paradies den Frauen, das Fegefeuer den Männern, die Hölle den Pferden.[13] Und wieder dreißig Jahre später, 1621, holt Robert Burton das Paradies der Frauen und die Hölle der Pferde zurück nach England, um sein Land mit Italien zu konfrontieren, wo alles umgekehrt ist und das Paradies den Pferden gehört.[14] Aber erst Mercier bringt das einprägsame Wort so recht in Verbreitung. Dante ist immer rasch zur Stelle, wenn die Hölle an die Wand gemalt wird, und das Trikolon haftet im Gedächtnis. Doch die Kunden bedienen sich in selektiver Weise. Der Hamburger Domherr F. J. L. Meyer, der nach seiner Frankreichreise 1802 Briefe aus der Hauptstadt und dem Innern Frankreichs erscheinen lässt[15], rühmt die Qualität der Polizei und beklagt die Lage der Pferde namentlich in der Stadt Paris. Man fahre dort sehr billig, aber Pferde und Geschirr seien elend. Frauen, Männer, Sterblichkeit, der ganze demographische Kontext ist von der Bildfläche verschwunden, geblieben ist das Elend der Pferde, das fortan als Topos durch die Parisliteratur des 19. Jahrhunderts wandert.

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Wilde Energien: Kentaurin, Federzeichnung von Eugène Fromentin.

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«Winters und sommers ritt Tolstoi häufig aus. Morgens arbeitete er, trank Kaffee, dann trat er aus dem Haus, raffte mit geübter Hand die Pferdemähne am Widerrist mit den Zügeln zusammen, stieg in den Steigbügel, warf ein Bein über den Pferderücken und saß leicht und elastisch auf. – Kramskoi sagte, Tolstoi zu Pferde sei der schönste Mann von allen, die er gekannt habe.» (V. Schklowski, Leo Tolstoi). Tolstoi auf seinem Pferd Demir, 1908.

So taucht es auch bei Eduard Kollof wieder auf, dem Pariser Korrespondenten von Cottas Morgenblatt für gebildete Leser, der im Jahr 1838 über «Das Pariser Fuhrwesen» berichtet und mit einem Bild des Höllenverkehrs in der Hauptstadt einsetzt: «Wenn man die Masse von Wagen sieht, welche von Morgens früh bis Abends spät unablässig in den Straßen von Paris herumrollen, so wundert man sich über Eins, daß man nämlich auf den Trottoirs noch Fußgänger antrifft. Cabriolets, Fiaker, Delta’s, Lutetiennes, Tilbury’s, Kaleschen, Kutschen, Coupé’s, Landau’s, Einspänner, Zweispänner, Postchaisen mit vier Pferden, Diligencen mit sechs Pferden – dies Alles fährt Tag und Nacht in, unter, durch, an und auseinander, bricht die Achsen, wirft um und veranlasst tausend Unfälle in der Hauptstadt Frankreichs, welche seit langer Zeit Frauenparadies genannt wird, mit mehr Recht aber ihren anderen Beinamen, Pferdehölle, verdient und ganz füglich auch Fußgängerhölle heißen könnte.»[16]

Auch arabischen Diplomaten und Schriftstellern ist die Parole von der Pferdehölle geläufig. Zu ihnen gehört der Wesir Idriss ibn Muhamed al-’Amraoui, der sich im Jahr 1860 als Emissär des Sultans Mohamed IV. (1859–1873) an den Hof Napoleons III. begibt. Amraoui übernimmt die Formel von einem gelehrten Vorgänger, dem ägyptischen Scheich Rifa’a Rafi’a al-Tahtawi, der einige Jahre früher Frankreich bereist hat.[17] Der Wesir interessiert sich nicht für die Demographie von Paris und wenig für die Verkehrsverhältnisse in der Kapitale. In seinen Augen bringt die Formel vom Paradies der Frauen und der Hölle der Pferde etwas Anderes, Wichtigeres auf den Punkt: die Herrschaft, die die Frau innerhalb des Hauses ausübt, und die manchmal sogar über dessen Mauern hinausreicht.[18] In der Macht der Frau wittert der Orientale eine kulturelle Gefahr, die es ratsam erscheinen lässt, auf Distanz zum Okzident zu halten. Die Pferde der Franzosen hingegen streift der Kennerblick des Arabers mit Herablassung: «So hervorragende Pferde wie bei uns haben wir dort drüben nicht gesehen.»[19]

Leise Berührungen

Tableau de Paris