DIE WELTWEITE
UNGLEICHHEIT
Der World Inequality Report
2018
Herausgegeben von
Facundo Alvaredo
Lucas Chancel
Thomas Piketty
Emmanuel Saez
Gabriel Zucman
Aus dem Englischen übersetzt von
Hans Freundl und Stephan Gebauer
C.H.Beck
Mit seinem Weltbestseller Das Kapital im 21. Jahrhundert hat Thomas Piketty eine heftige Kontroverse über die wachsende Ungleichheit in den westlichen Gesellschaften und deren Ursachen ausgelöst. Nun folgt der World Inequality Report 2018 – der gründlichste und aktuellste Bericht zur Lage der weltweiten Ungleichheit. Ein junges Team von Ökonomen, zu dem auch Piketty gehört, legt darin Fakten und Analysen vor, die ganz klar zeigen: Fast überall auf der Welt nimmt die Ungleichheit dramatisch zu.
1980 verdienten in den USA die unteren 50 Prozent der Lohnskala 21 Prozent des gesamten nationalen Einkommens, während das oberste 1 Prozent 11 Prozent des gesamten Einkommens mit nach Hause nahm. Doch dieser gewaltige Spagat hat sich heute sogar noch umgekehrt: Während die untersten 50 Prozent nur noch 13 Prozent des Einkommens nach Hause bringen, sichert sich das oberste 1 Prozent mehr als 20 Prozent des gesamten Einkommens.
Diesen Trend zunehmender ökonomischer Ungleichheit gibt es nicht nur in den USA, sondern nahezu überall auf der Welt. Er wirkt wie eine bedrohliche kapitalistische Urgewalt, gegen die sich im Zeitalter von Globalisierung und Beschleunigung nichts ausrichten lässt. Der World Inequality Report zeigt, dass dies nicht stimmt. Wir können und müssen etwas gegen diesen Trend unternehmen – und eine starke Demokratie mit klaren Spielregeln für die Marktwirtschaft kann dies bewirken.
Der World Inequality Report ist das Ergebnis der Arbeit von über 100 Forschern aus 70 Ländern, den «WID.world fellows».
Herausgegeben wird er von Facundo Alvaredo, Professor an der Paris School of Economics, Lucas Chancel, Dozent an der Sciences Po und Kodirektor des World Inequality Lab, Thomas Piketty, Professor an der École des Hautes Études en Sciences Sociales, Emmanuel Saez, University of California, Berkeley, Gabriel Zucman, University of California, Berkeley
BERICHT ZUR WELTWEITEN UNGLEICHHEIT 2018 – Kurzfassung
1. Was ist das Ziel des Berichts zur weltweiten Ungleichheit 2018?
2. Welche neuen Befunde gibt es zur globalen Einkommensungleichheit?
3. Warum hat die Entwicklung des privaten und öffentlichen Kapitaleigentums Auswirkungen auf die Ungleichheit?
4. Was sind unsere neuen Befunde zur globalen Vermögensungleichheit?
5. Was ist die Zukunft der globalen Ungleichheit, und wie sollte ihr begegnet werden?
EINLEITUNG
TEIL I: DAS WID.WORLD-PROJEKT UND DIE MESSUNG WIRTSCHAFTLICHER UNGLEICHHEIT
Wie misst man Einkommens- und Vermögensungleichheit?
Wo findet man Daten über globale Ungleichheit?
Fiskalische Daten erfassen Ungleichheitsdynamiken, die durch Befragungen nicht ermittelt werden können
Das erneuerte Interesse an Einkommensungleichheit und die World Top Incomes Database
Das Neue an WID.world: Erstellung konsistenter verteilungsbezogener nationaler Berichte
Kasten 1.1
Welche Art von ökonomischer Ungleichheit messen wir im Bericht zur weltweiten Ungleichheit?
Berücksichtigung der Vermögensungleichheit
Von der nationalen zur regionalen und globalen Verteilung von Einkommen und Vermögen
WID.world und der Bericht zur weltweiten Ungleichheit: freier Zugang, Transparenz und Nachvollziehbarkeit als Kernbestandteile
TEIL II: TRENDS DER GLOBALEN EINKOMMENSUNGLEICHHEIT
1. Dynamiken der globalen Einkommensungleichheit
Die Beschränkungen durch die Daten in den Griff bekommen, um die globale Verteilung des Einkommens darzustellen
Schritt für Schritt eine Darstellung der Verteilung der globalen Ungleichheit entwickeln
Kasten 2.1.1
Wie haben wir die Kenngrößen für globale Einkommensungleichheit konstruiert?
Kasten 2.1.2
Die Interpretation der Ungleichheitsgrafiken in diesem Bericht
Die Geografie der weltweiten Einkommensungleichheit hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert
Seit 2000 hat sich ein differenzierteres Bild ergeben, doch die Ungleichheit innerhalb der Länder nimmt zu
Gemessen an Marktwechselkursen, ist die weltweite Ungleichheit sogar noch größer
Eine sorgfältige Untersuchung der Wachstumsentwicklungen und der politischen Veränderungen in den Ländern ist notwendig, um die treibenden Kräfte der nationalen und der weltweiten Ungleichheit zu erkennen
2. Trends der Einkommensungleichheit zwischen den Ländern
Das Nationaleinkommen eignet sich besser als das BIP für den Vergleich der Einkommensungleichheit zwischen Ländern
Das Wachstum in Asien hat zur Verminderung der Ungleichheit zwischen den Ländern in den vergangenen Jahrzehnten beigetragen
Auch divergierende Kräfte waren in einigen Teilen der Welt wirksam, wie etwa in Subsahara-Afrika und in Lateinamerika
3. Trends der Einkommensungleichheit innerhalb der Länder
Nach einem historischen Rückgang zwischen den 1920er und den 1970er Jahren befindet sich die Einkommensungleichheit in den meisten Weltregionen wieder im Anstieg
Die unteren Einkommensgruppen wurden in den USA vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt, während die Spitzeneinkommen in der angelsächsischen Welt stiegen
Die Ungleichheit in Gesamteuropa (mit 520 Mio. Einwohnern) ist heute erheblich geringer als in den USA (320 Mio.)
Den kontinentaleuropäischen Ländern gelang es besser, den Anstieg der Spitzeneinkommen und die Stagnation der unteren Einkommen zu verhindern
In Russland, China und Indien ist die Einkommensungleichheit nach den 1980er Jahren gestiegen
Brasilien, Südafrika und der Nahe Osten können als «extrem ungleiche» Regimes eingestuft werden: Sie verzeichnen den höchsten Grad an Ungleichheit
In Ländern mit niedrigem Einkommen ist die Ungleichheit wahrscheinlich größer als vermutet, aber dazu gibt es kaum Daten
4. Einkommensungleichheit in den USA
Die Einkommensungleichheit in den USA isteine der höchsten unter den reichen Ländern
Das Nationaleinkommen ist von 1980 bis 2014 um 61 % gewachsen, doch die unteren 50 % waren davon ausgeschlossen
Der Anstieg im Bereich des obersten 1 % spiegelt den Rückgang in dem der unteren 50 % wider
Ohne Berücksichtigung der Gesundheitstransfers stagniert das durchschnittliche Nachsteuereinkommen der unteren 50 % bei 20.500 US-Dollar
Bei den unteren 50 % sinkt das Vorsteuereinkommen der Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter
Die Vorsteuereinkommensungleichheit hat seit den 1980er Jahren deutlich zugenommen, und zwar etwas mehr als die Nachsteuereinkommensungleichheit
Die Steuerprogression flachte in den vergangenen Jahrzehnten ab
Kasten 2.4.1
Die Erfassung der Vorsteuer- und Nachsteuerungleichheit
Transfers zielen im Wesentlichen auf die Mittelschicht und helfen den unteren 50 % kaum, den Rückgang ihrer Vorsteuereinkommen auszugleichen
Die Reduzierung des geschlechterbezogenen Lohnunterschieds bildete eine wichtige Gegenkraft zum Anstieg der Ungleichheit in den USA
5. Einkommensungleichheit in Frankreich
Im Jahr 2014 entfielen auf die oberen 10 % der französischen Einkommensbezieher 33 % des Nationaleinkommens
Die Einkommensungleichheit in Frankreich hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts stark verändert
Das Ende der «30 glorreichen Jahre» für die unteren 95 %, nicht aber für die an der Spitze
Der Einkommensanstieg an der Spitze in der jüngeren Zeit ist auf höhere Gehälter und Kapitalerträge zurückzuführen
Das geschlechterspezifische Lohngefälle mag sich vermindern, doch Männer verdienen noch immer annähernd 50 % mehr als Frauen
6. Einkommensungleichheit in Deutschland
Die langfristige Dynamik der Einkommensungleichheit lässt sich in fünf Perioden unterteilen
Die Nachkriegsperiode ist durch einen relativ stabilen, aber hohen Einkommensanteil des obersten Perzentils gekennzeichnet
Die Einkommensungleichheit an der Spitze steigt seit der Wiedervereinigung
7. Einkommensungleichheit in China
Die chinesischen Durchschnittseinkommen haben sich seit 1978 verneunfacht
Die Anteile der oberen 10 % und der unteren 50 % haben sich nach der Einleitung der Reformpolitik auseinanderentwickelt
Die Einkommensungleichheit hat sich nach 2006 stabilisiert
Seit 1980 kamen die oberen Einkommensgruppen in China in den Genuss vierstelliger Wachstumsraten
Der Stadt-Land-Gegensatz nimmt weiter zu,vor allem aber die Ungleichheit innerhalb der Regionentreibt die allgemeine Zunahme der Ungleichheit voran
8. Einkommensungleichheit in Russland
Das Aufschließen Russlands zum westeuropäischen Wachstumsniveau seit den 1990er Jahren vollzog sich keineswegs reibungslos
Im Zuge der «Schocktherapie» des Übergangs hat der Anteil der oberen 10 % am Nationaleinkommen erheblich zugenommen
Die Einkommensungleichheit in Russland zeigt langfristig ein U-förmiges Muster
Es bedarf detaillierterer Daten, um genauere Schlussfolgerungen ziehen zu können
9. Einkommensungleichheit in Indien
Indien ist ohne Ungleichheitsdaten in das digitale Zeitalter eingetreten
Die Ungleichheit stieg ab Mitte der 1980er Jahre im Gefolge der grundlegenden Transformation der Wirtschaft
Die Entwicklung der Ungleichheit in Indien wurde durch den Anstieg der Spitzeneinkommen vorangetrieben
Der jüngste Anstieg der Ungleichheit verhält sich spiegelbildlich zum Abbau der Ungleichheit zwischen den 1940er und den 1980er Jahren
Eine Erinnerung an die Einkommenswachstumsraten des «Shining India»
10. Einkommensungleichheit im Nahen Osten
Die Forderungen das «Arabischen Frühlings» nach mehr sozialer Gerechtigkeit haben die Wissenschaftler veranlasst, die Ungleichheit im Nahen Osten noch einmal zu untersuchen
In keiner Region der Welt ist die Ungleichheit stärker ausgeprägt als im Nahen Osten
Die extreme Ungleichheit im Nahen Osten wird durch die enorme und dauerhafte Ungleichheit zwischen den Ländern vorangetrieben
Auch die Ungleichheit innerhalb der Länder ist im Nahen Osten hoch
Für den Nahen Osten werden dringend bessere Daten über Einkommensungleichheit benötigt
11. Einkommensungleichheit in Brasilien
Die Ungleichheit in Brasilien ist größer als bislang geschätzt und in den letzten beiden Jahrzehnten relativ stabil geblieben
Die allgemeine Einkommensungleichheit verharrt in Brasilien auf einem sehr hohen Niveau, wenngleich die Ungleichheit der Arbeitseinkommen zurückgeht
Die Einkommensungleichheit in Brasilien nimmt zu, weil die Superreichen ein stärkeres Einkommenswachstum erfahren
12. Einkommensungleichheit in Südafrika
Südafrikas duale Wirtschaft gehört zu denjenigen in der Welt mit der größten Ungleichheit
Die Ungleichheit ist zurückgegangen in der Zeit von der Vereinigung Südafrikas bis zum Ende der Apartheid
Die nach dem Ende des Apartheidregimes durchgeführten Reformen waren nicht ausreichend, um einer grundlegend ungleichen sozioökonomischen Struktur entgegenzuwirken
TEIL III: DIE ENTWICKLUNG VON ÖFFENTLICHEM UND PRIVATEM KAPITAL
1. Die Vermögens-Einkommens-Relationen weltweit
Neue Daten beleuchten den Zusammenhang zwischen Vermögen und Ungleichheit
Die Privatvermögen sind seit den 1970er Jahren im Verhältnis zum Nationaleinkommen deutlich gestiegen
Die Anstiege der Vermögens-Einkommens-Relation in den letzten Jahrzehnten sind ausschließlich auf das Wachstum des Privatvermögens zurückzuführen
Die jüngsten Entwicklungen der Vermögens-Einkommens-Relationen sind wahrscheinlich das Ergebnis wirtschaftspolitischer Entscheidungen und länderspezifischer Rahmenbedingungen
2. Die Entwicklung der aggregierten Vermögens-Einkommens-Relationen in den Industrieländern
Nationales Sparvermögen, Wirtschaftswachstum und Vermögenspreise haben entscheidenden Einfluss auf die langfristige Entwicklung der nationalen Vermögens-Einkommens-Relationen
Die nationale Kapitalakkumulation stützte sich vor allem auf das Wachstum des Immobilienvermögens
Das Auslandsvermögen hat beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung der Vermögens-Einkommens-Relation
Ein neues goldenes Zeitalter?
3. Die unterschiedlichen Erfahrungen der ehemals kommunistischen Länder
Die Privatisierungsstrategien sind der Hauptgrund für die unterschiedliche Vermögensakkumulation in China und Russland
Hintergrund der unterschiedlichen Vermögensakkumulation in China und Russland
Entwicklung des öffentlichen Vermögens in China und Russland
4. Kapitalakkumulation, Privateigentum und wachsende Ungleichheit in China
Chinas Übergang zu einem gemischten Wirtschaftssystem hat zu einem deutlichen Anstieg des Nationalvermögens und zu einer radikalen Veränderung seiner Zusammensetzung geführt
Das Staatseigentum ist in China anders als in den meisten westlichen Ländern weiterhin beträchtlich
Die Vermögensakkumulation wurde durch hohe Sparquoten und einen Anstieg der relativen Vermögenspreise ermöglicht
China ist ähnlich wie Japan misstrauischer gegenüber ausländischen Eigentümern als Europa oder Nordamerika
5. Der Aufstieg des Privateigentums in Russland
Der Übergang vom Staats- zum Privateigentum in Russland
Das russische Privatvermögen besteht mittlerweile hauptsächlich aus Wohnimmobilien
Die russischen Privathaushalte besitzen besonders wenig Finanzvermögen, was vor allem auf die Coupon-Privatisierung der Staatsbetriebe zurückzuführen ist
Berücksichtigt man das Offshore-Vermögen, so verdoppelt sich das russische Finanzvermögen
Die Diskrepanzen in Russlands Zahlungsbilanz geben Aufschluss über das Offshore-Vermögen des Landes
TEIL IV: DIE GLOBALE ENTWICKLUNG DER VERMÖGENSUNGLEICHHEIT
1. Globale Vermögensungleichheit: Trends und Projektionen
Die Daten zur globalen Vermögensungleichheit sind spärlicher als jene zur globalen Einkommensungleichheit und müssen mit Vorsicht interpretiert werden
Die verfügbaren Daten zeigen, dass die globale Vermögensungleichheit extrem ist und weiter zunimmt
Wenn sich die gegenwärtige Entwicklung fortsetzt, wird der Vermögensanteil des reichsten 1 % der Menschheit alle fünf Jahre um einen Prozentpunkt steigen
Die Entwicklung der globalen Vermögensungleichheit hängt von zahlreichen Faktoren ab
Kasten 4.1.1
Methodologischer Hinweis: Wie unsere Projektionen funktionieren
2. Trends der Vermögensungleichheit im weltweiten Vergleich
Unterschiedliche Transitionsstrategien bedingen unterschiedliche Ungleichheitsdynamiken in China und Russland
Die wachsende Ungleichheit von Einkommen und Sparquoten hat in den Vereinigten Staaten zu einer raschen Vermögenskonzentration geführt
In Frankreich und Großbritannien dämpfte das wachsende Immobilienvermögen der Mittelschicht die Zunahme der Vermögensungleichheit
Auch in Spanien hat der Anstieg der Immobilienpreise geholfen, die Zunahme der Vermögensungleichheit zu bremsen
Politische Eingriffe und Institutionen prägen die langfristige Entwicklung der Vermögensungleichheit durch die Beeinflussung von Kapitalrenditen und Sparquoten
3. Vermögensungleichheit in den Vereinigten Staaten
Die Vermögensungleichheit in den Vereinigten Staaten steigt seit Mitte der 1980er Jahre schnell und beständig
Die Zunahme der Vermögensungleichheit seit den 1980er Jahren ist fast zur Gänze auf den Vermögenszuwachs des reichsten 0,1 % zurückzuführen
Die jüngste Zunahme der Vermögenskonzentration steht in deutlichem Gegensatz zur kontinuierlichen Verringerung im vorausgegangenen halben Jahrhundert
Aufstieg und Niedergang der vermögenden Mittelschicht
Die Zunahme der Vermögensungleichheit beruht vor allem auf der Dynamik der Sparquoten
4. Vermögensungleichheit in Frankreich
Die reichsten 10 % der Franzosen besitzen 55 % des Gesamtvermögens, während der Vermögensanteil der mittleren 40 % bei 38 % liegt
Die Vermögensungleichheit ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts dramatisch gesunken, was zur Entstehung einer vermögenden Mittelschicht geführt hat
Moderater Vermögenszuwachs seit 1984
Die unterschiedliche Zusammensetzung der Vermögensportfolios der verschiedenen Vermögensgruppen erklärt die Entwicklung der Vermögensungleichheit in den letzten Jahrzehnten
Der Anstieg der Hauspreise bremst seit den 1980er Jahren die Vermögenskonzentration
Höhere Sparquoten und Kapitalrenditen der Reichen haben die Vermögenskonzentration seit den 1980er Jahren erhöht
Die Situation der älteren Generation erklärt die Vermögensentwicklung in Frankreich
Die Ungleichheit der Sparquoten hängt vermutlich von der Entwicklung von Gewohnheiten, von der Dynamik der Einkommensungleichheit und von der Entwicklung des Steuersystems ab
Die Vermögenskonzentration könnte bis 2100 wieder auf das im «Gilded Age» beobachtete Niveau steigen
5. Vermögensungleichheit in Spanien
Das Vermögenswachstum in Spanien beruht auf dem Anstieg der Hauspreise
Die reichsten 10 % besitzen seit Mitte der 1980er Jahre mehr als die Hälfte des persönlichen Vermögens Spaniens
Immer mehr Vermögen wird an die Nachkommen der Reichen vererbt
Die spanische Immobilienblase wirkte sich nicht auf die Vermögensungleichheit aus
Unterschiedliche Sparquoten und Kapitalrenditen erhöhen langfristig die Vermögensungleichheit
Berücksichtigt man das Offshore-Vermögen, so ist die Vermögensungleichheit in Spanien größer
6. Vermögensungleichheit in Großbritannien
Die Vermögenskonzentration in Großbritannien wandelte sich im 20. Jahrhundert grundlegend
Die Vermögensungleichheit in Großbritannien steigt seit den 1980er Jahren und ist keineswegs unbedeutend
Die Ungleichheit innerhalb der oberen Vermögensgruppen verringerte sich zwischen 1914 und 1980 deutlich
Die Veränderung der Verteilung des Wohneigentums trug bis 1980 wesentlich zur Verringerung der Vermögensungleichheit bei
Die Verteilung des Immobilienvermögens hat die jüngste Tendenz einer zunehmenden Vermögenskonzentration gebremst
TEIL V: MASSNAHMEN GEGEN DIE WIRTSCHAFTLICHE UNGLEICHHEIT
1. Wie wird sich die Einkommensungleichheit in Zukunft weltweit entwickeln?
Drei Szenarien der globalen Einkommensungleichheit bis 2050
Unter der Bedingung «Weiter wie bisher» wird die globale Ungleichheit trotz eines kräftigen Wachstums in Ländern mit niedrigen Einkommen weiter zunehmen
Ob die Armut weltweit besiegt werden kann, hängt von der Entwicklung der Ungleichheit innerhalb der Länder ab
2. Maßnahmen gegen die zunehmende Ungleichheit an der Spitze: Die Schlüsselrolle einer progressiven Besteuerung
Hohe Spitzensteuersätze haben erhebliche Auswirkungen auf die Einkommensungleichheit vor und nach Steuern
Ein günstiger Moment für progressive Einkommensteuern?
In den Schwellenländern werden Erbschaften nicht besteuert, während den Armen hohe Konsumsteuern aufgebürdet werden
3. Steuerpolitik in einer globalen Wirtschaft: Argumente für ein globales Finanzregister
Kasten 5.3.1
Auf dem Weg zu einem globalen Finanzregister?
Zentralverwahrer als Bausteine eines globalen Finanzregisters
Bei den meisten westlichen Zentralverwahrern herrschen nicht transparente Konten vor
Größere Transparenz ist möglich
4. Maßnahmen gegen die Ungleichheit an der Basis: Wir brauchen einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und gut bezahlten Arbeitsplätzen
Neue Forschungsergebnisse zeigen, wovon die Bildungsungleichheit abhängt und wie sie mit der Einkommensungleichheit interagiert
In den Vereinigten Staaten hängt die intergenerationale Aufwärtsmobilität auch vom Wohnort ab
Der Zugang zu einer hochwertigen höheren Bildung ist in den Vereinigten Staaten besonders ungleich
Die amerikanischen Hochschulen leisten sehr unterschiedliche Beiträge zur Aufwärtsmobilität
Die Mobilitätstrends sind uneinheitlich, aber insgesamt sind die Fortschritte gering
Die Bildungsungleichheit kann auch in Ländern mit geringerer Einkommens- und Vermögensungleichheit erhebliche Auswirkungen haben
Ein enger Zusammenhang zwischen sozialer und räumlicher Segregation
Transparente Daten sind eine Voraussetzung für eine bessere öffentliche Debatte über die Bildung
Kasten 5.4.1
Das indische Reservierungssystem
Kasten 5.4.2
Mindestlohn, fairer Lohn und Unternehmensführung
5. Eine Botschaft aus der Vergangenheit: Die Staaten sollten in die Zukunft investieren
Kasten 5.5.1
Wir brauchen einheitliche Maße der Ungleichheit, die internationale Vergleiche und
kollektive Lernfortschritte ermöglichen
Zwei Dinge sind erwähnenswert
SCHLUSS
ANHANG
ANMERKUNGEN
Teil I: Das WID.world Projekt und die Messung wirtschaftlicher Ungleichheit
Teil II: Trends der globalen Einkommensungleichheit
Teil III: Die Entwicklung von öffentlichem und privatem Kapital
Teil IV: Die globale Entwicklung der Vermögensungleichheit
Teil V: Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Ungleichheit
Allgemeine Koordination:
Lucas Chancel
Forschungsteam:
Thomas Blanchet
Richard Clarke
Leo Czajka
Luis Estévez Bauluz
Amory Gethin
Wouter Leenders
Der Bericht bezieht sich hauptsächlich auf
neuere Forschungsbeiträge von:
Facundo Alvaredo
Lydia Assouad
Anthony B. Atkinson
Charlotte Bartels
Thomas Blanchet
Lucas Chancel
Luis Estévez Bauluz
Juliette Fournier
Bertrand Garbinti
Jonathan GoupilleLebret
Clara Martinez Toledano
Salvatore Morelli
Marc Morgan
Delphine Nougayrède
Filip Novokmet
Thomas Piketty
Emmanuel Saez
Li Yang
Gabriel Zucman
WID.world Fellows:
Der Bericht basiert letztlich auf Daten, die von mehr als 100 WID.world Fellows auf fünf Kontinenten erhoben, erstellt, vereinheitlicht und in die World Wealth and Income Database eingepflegt wurden (vgl. www.wid.world/team für weitere Informationen). Die in diesem Bericht vorgelegten Analysen geben die Ansichten der Herausgeber wieder und nicht notwendigerweise die der WID.world Fellows.
In Erinnerung an Tony Atkinson (1944–2017)
Kodirektor der World top incomes database (2011–2015)
und der Wid.world (2015–2017)
Kurzfassung
Der Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2018 stützt sich auf eine innovative Methode zur systematischen und transparenten Messung der Einkommens- und Vermögensungleichheit. Mit der Entwicklung dieses Berichts möchte das World Inequality Lab eine demokratische Lücke füllen und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren die nötigen Fakten an die Hand geben, um informierte öffentliche Debatten zum Thema Ungleichheit zu führen.
Der Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2018 soll zu einer besser informierten, weltweiten demokratischen Debatte zur ökonomischen Ungleichheit beitragen, indem neueste und umfassende Daten für die öffentliche Diskussion bereitgestellt werden.
Ökonomische Ungleichheit ist weit verbreitet und bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass wachsende Ungleichheit, sofern sie nicht adäquat beobachtet und angegangen wird, zu verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Katastrophen führen kann.
Unser Ziel ist nicht, einen gesellschaftlichen Konsens zum Thema Ungleichheit herzustellen. Dazu wird es niemals kommen, einfach weil es kein wissenschaftlich erwiesenes Idealmaß an Ungleichheit gibt und erst recht keine allseits akzeptierte Mischung aus politischen Maßnahmen und Institutionen zum Erreichen dieses Maßes. Letztlich müssen diese schwierigen Entscheidungen über die öffentliche Auseinandersetzung sowie die politischen Institutionen und ihre Verfahren getroffen werden. Für diesen Meinungsbildungsprozess sind jedoch gründlichere und transparentere Informationen zu Einkommen und Vermögen unerlässlich.
Um die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, solche Entscheidungen zu treffen, sind wir auch bestrebt, makroökonomische Phänomene – etwa Maßnahmen zur Verstaatlichung und Privatisierung, Kapitalakkumulation und die Entwicklung der Staatsschulden – mit mikroökonomischen Ungleichheitsentwicklungen zu verknüpfen, vor allem im Hinblick auf individuelle Einkommen und staatliche Transferleistungen, Privatvermögen und Verschuldung.
Makro- und mikroökonomische Ungleichheitsdaten miteinander in Einklang zu bringen ist kein einfaches Unterfangen, da viele Länder keine detaillierten und einheitlichen Statistiken zu Einkommens- und Vermögensungleichheiten veröffentlichen, ja mitunter noch nicht einmal erheben. Die Standardmaße für Ungleichheit stützen sich oft auf Haushaltsbefragungen, in denen die Einkommen und Vermögen der Personen an der Spitze der Einkommensverteilung regelmäßig unterschätzt werden.
Zur Überwindung der gegenwärtigen Beschränkungen stützen wir uns auf eine wegweisende Methode, die auf systematische und transparente Weise alle uns zur Verfügung stehenden Datenquellen kombiniert: nationale Einkommens- und Vermögensberichte (möglichst einschließlich Schätzungen zum Offshore-Vermögen), Erhebungen zu Einkommen und Vermögen von Privathaushalten, fiskalische Daten aus Einkommensteuern, Daten zu Erbschaften und Vermögen (sofern vorhanden) und Vermögensranglisten.
Die im Bericht vorgelegten Datenreihen stützen sich auf die kollektive Arbeit von mehr als 100 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus allen Kontinenten, die einen Beitrag zur WID.world-Datenbank leisten. Alle auf wir2018.wid.world online verfügbaren Daten sind vollständig reproduzierbar, so dass jeder Nutzer und jede Nutzerin eigene Analysen zum Thema Ungleichheit durchführen und eigene Schlüsse daraus ziehen kann.
Der Bericht zeigt, dass die Einkommensungleichheit in den letzten Jahrzehnten in fast allen Weltregionen zugenommen hat, jedoch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dass die Ungleichheit im Ländervergleich so unterschiedlich stark ausgeprägt ist – selbst bei Ländern, die ein ähnliches Entwicklungsniveau aufweisen –, unterstreicht die bedeutende Rolle, die nationale Politik und Institutionen bei der Ausformung der Ungleichheit einnehmen.
Die Einkommensungleichheit variiert erheblich zwischen den Weltregionen. Am niedrigsten ist sie in Europa, am höchsten im Nahen Osten.
Die Ungleichheit innerhalb der Weltregionen variiert erheblich. 2016 betrug der Anteil des Nationaleinkommens, der nur den oberen 10 % der Einkommensbezieher zufließt (Einkommensanteile der Top 10 %), 37 % in Europa, 41 % in China, 46 % in Russland, 47 % in USA/Kanada und rund 55 % in Subsahara-Afrika, Brasilien und Indien. Im Nahen Osten, nach unseren Berechnungen die Region mit der weltweit höchsten Ungleichheit, erhalten die oberen 10 % der Einkommensbezieher 61 % des Gesamteinkommens (vgl. Grafik E1).
In den letzten Jahrzehnten hat die Einkommensungleichheit in fast allen Ländern zugenommen, jedoch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, was darauf hindeutet, dass Institutionen und Politik bei der Ausprägung der Ungleichheit eine wichtige Rolle zukommen.
Seit 1980 ist die Einkommensungleichheit in Nordamerika, China, Indien und Russland rasant gestiegen. In Europa (vgl. Grafik E2a) verlief der Anstieg moderat. Aus historischer Perspektive markiert der Anstieg der Ungleichheit das Ende eines egalitären Nachkriegsregimes, das in diesen Regionen jeweils unterschiedlich ausgeprägt war.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 vereinten in Europa die oberen 10 % der Einkommensbezieher 37 % des Nationaleinkommens
auf sich; im Nahen Osten waren es 61 %.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 vereinten in den USA die oberen 10 % der Einkommensbezieher 47 % des Nationaleinkommens auf sich; 1980
waren es nur 34 %.
Es gibt Ausnahmen zu diesem allgemeinen Muster. Im Nahen Osten, Subsahara-Afrika und Brasilien blieb die Einkommensungleichheit relativ stabil, wenn auch auf extrem hohem Niveau (vgl. Grafik E2b). Da diese Regionen niemals das egalitäre Nachkriegsregime durchlaufen haben, geben sie das weltweite «Ungleichheitsmaximum» vor.
Die Heterogenität der seit 1980 im Ländervergleich beobachteten Entwicklungen zeigt, dass die Dynamik der Einkommensungleichheit durch verschiedene nationale, institutionelle und politische Kontexte geprägt ist.
Dies zeigt sich an den unterschiedlichen Verlaufskurven in den ehemals kommunistischen oder hochgradig regulierten Ländern China, Indien und Russland (vgl. Grafiken E2a und b). In Russland wuchs die Ungleichheit besonders abrupt, in China moderat und in Indien relativ langsam – ein Spiegelbild der unterschiedlichen Deregulierungs- und Öffnungspraktiken, die in diesen Ländern in den letzten Jahrzehnten verfolgt wurden.
Besonders extreme Divergenzen im Ungleichheitsniveau zeigen sich zwischen Westeuropa und den USA, die 1980 noch ein ähnliches Ungleichheitsniveau aufwiesen, aber heute vor radikal anderen Verhältnissen stehen. Betrug 1980 der Anteil des obersten 1 % der Einkommensbezieher am Gesamteinkommen in beiden Regionen noch knapp 10 %, so stieg er bis 2016 in Westeuropa nur leicht auf 12 %, während er in den USA auf 20 % emporschoss. Gleichzeitig sank in den USA zwischen 1980 und 2016 der Anteil der unteren 50 % am Gesamteinkommen von gut 20 auf 13 % (vgl. Grafik E3).
Das in den USA beobachtete Verlaufsmuster der Einkommensungleichheit ist vor allem der massiven Ungleichheit im Bildungsbereich geschuldet, in Verbindung mit einem Steuersystem, das trotz eines Anstiegs der Spitzengehälter seit den 1980er Jahren und wachsender hoher Kapitaleinkünfte in den 2000er Jahren weniger progressiv ausgestaltet wurde. In Kontinentaleuropa hingegen sank die Steuerprogression weniger stark, während die Lohnungleichheit durch eine Bildungs- und Lohnpolitik abgefedert wurde, die eher den unteren und mittleren Einkommensgruppen zugutekam. In beiden Regionen hat die Einkommensungleichheit zwischen Männern und Frauen abgenommen, bleibt jedoch besonders stark an der Spitze der Verteilung.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 erhielten in Indien die oberen 10 % der Einkommensbezieher 55 % des Nationaleinkommens;
1980 waren es 31 %.
Wie hat sich die Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten auf globaler Ebene entwickelt? Wir bieten erste Schätzungen, wie sich das Wachstum des globalen Einkommens seit 1980 auf die Gesamtheit der Weltbevölkerung verteilt. Das oberste 1 % der Einkommensbezieher weltweit hat doppelt so stark von diesem Wachstum profitiert wie die ärmeren 50 % der Weltbevölkerung. Dennoch konnten die unteren 50 % ebenfalls ein deutliches Wachstum verzeichnen. Die globale Mittelschicht (zu der alle der ärmsten 90 % Einkommensgruppen in der EU und den USA zählen) wurde zusammengedrückt.
Auf globaler Ebene ist die Ungleichheit trotz des hohen Wachstums in China seit 1980 stark angestiegen.
Dank des hohen Wachstums in Asien (insbesondere in China und Indien) sind die Einkommen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung deutlich gestiegen. Dennoch konnte aufgrund der hohen und wachsenden Ungleichheit innerhalb einzelner Länder das reichste 1 % der Weltbevölkerung seit 1980 mehr als doppelt so viel Wachstum auf sich vereinen wie die unteren 50 % (vgl. Grafik E4). Personen, deren Einkommen zwischen dem weltweit unteren 50 % und oberen 1 % angesiedelt sind, erlebten ein schleppendes Einkommenswachstum oder sogar ein Nullwachstum. Zu dieser Gruppe zählen alle unteren und mittleren Einkommensgruppen in Nordamerika und Europa.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 erhielt in Westeuropa das oberste 1 % der Einkommensbezieher 12 % des Nationaleinkommens;
in den USA waren es 20 %. 1980 flossen in Westeuropa dem obersten 1 % der Einkommensbezieher
10 % des Nationaleinkommens zu; in den USA waren es 11 %.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 erhielten in Westeuropa die unteren 50 % der Einkommensbezieher 22 % des Nationaleinkommens.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
Auf der waagerechten Achse ist die Weltbevölkerung in 100 Gruppen von gleicher Bevölkerungsgröße
unterteilt und nach dem Einkommensniveau jeder Gruppe aufsteigend von links nach rechts
angeordnet. Die Gruppe des obersten 1 % wird in zehn Untergruppen geteilt, von denen
die reichste wiederum in zehn Untergruppen geteilt wird und davon die reichste noch
einmal in zehn Untergruppen von gleicher Bevölkerungsgröße. Die senkrechte Achse zeigt
den Einkommenszuwachs eines durchschnittlichen Mitglieds jeder Gruppe zwischen 1980
und 2016. Für die Gruppe des Perzentils p99p99.1 (die ärmsten 10 % unter dem reichsten
1 % der Einkommensbezieher weltweit) betrug der Zuwachs 74 % zwischen 1980 und 2016.
Das oberste 1 % vereinte in diesem Zeitraum 27 % der gesamten Einkommenszuwächse auf
sich. Die Einkommensschätzungen berücksichtigen Unterschiede in den Lebenshaltungskosten
zwischen den Ländern. Die Werte sind inflationsbereinigt.
Der Anstieg der globalen Ungleichheit ist nicht stetig verlaufen. Der Anteil des weltweit obersten 1 % am Gesamteinkommen stieg zwischen 1980 und 2000 von 16 auf 22 %, fiel danach jedoch wieder leicht auf 20 %. Der Anteil der weltweit unteren 50 % hat sich seit 1980 bei rund 9 % eingependelt (vgl. Grafik E5). Die Trendwende nach 2000 erklärt sich aus der Abnahme der durchschnittlichen Einkommensungleichheit zwischen den Ländern, während die Ungleichheit innerhalb der Länder weiter zunimmt.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 erhielt das oberste Prozent 22 % des weltweiten Einkommens; die unteren 50 %
erhielten 10 %. Zum Vergleich: 1980 gingen 16 % des weltweiten Einkommens an das oberste
1 % und 8 % an die unteren 50 %.
Hauptursache der ökonomischen Ungleichheit ist die ungleiche Verteilung von Kapital, das sich entweder in privater oder in öffentlicher Hand befinden kann. Wir zeigen, dass seit 1980 in fast allen Ländern, in reichen wie in Schwellenländern, riesige Mengen an öffentlichem Vermögen in private Hände transferiert wurden. Während das Volksvermögen also stark gestiegen ist, liegt das öffentliche Vermögen in den reichen Ländern heute nahe null oder im negativen Bereich. Dadurch verringert sich der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken; in jedem Fall hat es wichtige Implikationen im Hinblick auf die Vermögensungleichheit zwischen Individuen.
In den vergangenen Jahrzehnten sind die Länder reicher geworden, aber die Regierungen sind verarmt.
Das Verhältnis zwischen privatem Nettovermögen und dem Nettonationaleinkommen erlaubt einen Einblick in den Gesamtwert des Vermögens, das in einem Land von Privatpersonen gehalten wird, verglichen mit dem öffentlichen Vermögen, das sich in der Hand der Regierungen befindet. Die Summe aus privatem und öffentlichem Vermögen entspricht dem Nationalvermögen. Die Differenz zwischen privatem und öffentlichem Vermögen hat entscheidenden Einfluss auf das Ungleichheitsniveau.
Die privaten Nettovermögen sind in den letzten Jahrzehnten allgemein gewachsen, von 200 bis 350 % des Nationaleinkommens in den meisten reichen Ländern im Jahr 1970 auf heute 400 bis 700 %. Diese Entwicklung wurde durch die Finanzkrise von 2008 oder durch die aufgeblähten Preise für Vermögenswerte, die in einigen Ländern wie Japan oder Spanien zu beobachten waren, kaum beeinträchtigt (vgl. Grafik E6). In Russland und China gab es einen ungewöhnlich hohen Zuwachs an Privatvermögen; im Zuge des Übergangs von einer kommunistischen zu einer marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftsweise hat es sich verdrei- bzw. vervierfacht. Die privaten Vermögens- und Einkommensquoten in diesen Ländern nähern sich inzwischen den Werten für Frankreich, Großbritannien und die USA.
Umgekehrt ist das öffentliche Nettovermögen (d.h. die öffentlichen Vermögenswerte abzüglich der Staatsschulden) seit den 1980er Jahren in fast allen Ländern gesunken. In China und Russland sank das öffentliche Vermögen von 60 bis 70 % des Nationalvermögens auf 20 bis 30 %. In Großbritannien und den USA ist das öffentliche Nettovermögen in den letzten Jahren sogar in den negativen Bereich abgerutscht; in Japan, Deutschland und Frankreich ist es nur leicht positiv (vgl. Grafik E7). Dadurch haben die Regierungen weniger Spielraum zur Regulierung der Wirtschaft, zur Umverteilung von Einkommen und zur Bekämpfung der wachsenden Ungleichheit. Die einzigen Ausnahmen zum allgemeinen Rückgang öffentlichen Eigentums sind Länder mit großen Ölvorkommen und großen Staatsfonds wie etwa Norwegen.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2015 war in den USA der Wert des öffentlichen Nettovermögens (oder öffentlichen Kapitals) negativ (-17 %
des Nettonationaleinkommens); demgegenüber belief sich der Wert des privaten Nettovermögens
(oder privaten Kapitals) auf 500 % des Nationaleinkommens. 1970 betrug das öffentliche
Nettovermögen noch 36 % des Nationaleinkommens, während das private Nettovermögen
sich auf 326 % des Nationaleinkommens belief. Das private Nettovermögen entspricht
den privaten Vermögenswerten abzüglich der privaten Schulden. Das öffentliche Nettovermögen
entspricht den öffentlichen Vermögenswerte abzüglich der Staatsschulden.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2015 betrug in Frankreich der Anteil des öffentlichen Vermögens am Volksvermögen 3 %;
1980 waren es noch 17 %.
Die Kombination aus umfangreicher Privatisierung und wachsender Einkommensungleichheit innerhalb der Länder hat den Anstieg von Vermögensungleichheit unter Individuen verstärkt. In Russland und den USA gab es einen extremen Anstieg der Vermögensungleichheit; in Europa hingegen verlief er gemäßigter. Noch hat die Vermögensungleichheit in den reichen Ländern allerdings nicht wieder das extrem hohe Niveau des frühen 20. Jahrhunderts erreicht.
Die Vermögensungleichheit zwischen Individuen hat seit 1980 im Ländervergleich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zugenommen.
Die zunehmende Einkommensungleichheit und die groß angelegte Umwandlung von öffentlichem Vermögen in privates Vermögen in den letzten 40 Jahren haben zu steigender Vermögensungleichheit zwischen Individuen geführt. Noch hat die Vermögensungleichheit in Europa oder den USA allerdings nicht wieder das Niveau des frühen 20. Jahrhunderts erreicht.
Dennoch ist die Vermögensungleichheit in den USA sehr stark gewachsen: Zwischen 1980 und 2014 stieg der Anteil des reichsten Prozents am Gesamtvermögen von 22 auf 39 %. Diese Zunahme der Ungleichheit ist vor allem auf die Vermögenszuwächse der reichsten 0,1 % zurückzuführen. Frankreich und Großbritannien verzeichneten in den letzten 40 Jahren einen moderateren Anstieg der höchsten Vermögensanteile, teilweise aufgrund der dämpfenden Wirkung des steigenden Immobilienvermögens der Mittelschicht und einer im Vergleich zu den USA geringeren Einkommensungleichheit (vgl. Grafik E8).
Starke Zuwächse bei den Anteilen der Reichen am Gesamtvermögen gab es auch in China und Russland im Zuge des Übergangs vom Kommunismus zum Kapitalismus. Zwischen 1995 und 2015 hat sich sowohl in China als auch in Russland der Vermögensanteil des obersten 1 % verdoppelt, von 15 auf 30 % bzw. 22 auf 43 %.
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2015 besaß in Russland das oberste 1 % 43 % des Gesamtvermögens; 1995 waren es 22 %.
Wir prognostizieren Einkommens- und Vermögensungleichheit bis 2050 mit hilfe verschiedener Szenarien. In einer Zukunft, die von «business as usual» geprägt ist, wird die weltweite Ungleichheit weiter wachsen. Folgen dagegen alle Länder dem moderaten Ungleichheitsverlauf, wie er in den letzten Jahrzehnten für Europa typisch war, kann die globale Einkommensungleichheit verringert werden – in diesem Fall kann es auch substantielle Fortschritte bei der Beseitigung der weltweiten Armut geben.
Bei einem Business-as-usual-Szenario wird die globale Mittelschicht zusammengedrückt.
Die zunehmende Vermögensungleichheit innerhalb der Länder hat dazu beigetragen, dass auch weltweit die Vermögensungleichheit wächst. Unter der Annahme, dass sich der globale Trend in der kombinierten Erfahrung von China, Europa und den USA ausdrücken lässt, hat sich der Anteil des obersten 1 % Prozents der Weltbevölkerung am Weltvermögen zwischen 1980 und 2016 von 28 auf 33 % erhöht, während der Anteil der unteren 75 % im gleichen Zeitraum stets bei knapp über oder knapp unter 10 % lag.
Setzt sich der Trend der letzten Jahrzehnte fort, so wird der Anteil des weltweit reichsten 0,1 % am Weltvermögen (in einer Welt, die von China, der EU und den USA repräsentiert wird) im Jahr 2050 genauso hoch sein wie der Vermögensanteil der globalen Mittelschicht (vgl. Grafik E9).
Quelle: WID.world (2017). Vgl. wir2018.wid.world für Datenreihen und Kommentare.
2016 besaß in einer von China, der EU und den USAUSA