HYPER TROPHIE TRAINING
HYPER TROPHIE TRAINING
Wissenschaft und Praxis für optimalen Muskelaufbau
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Originalausgabe
1. Auflage 2022
© 2022 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
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Vielen Dank an das Fitnessstudio Flexx Fitness Hürth für die Unterstützung beim Shooting.
Redaktion: Susanne Schneider
Umschlaggestaltung: Paul Oberndorfer, Marc-Torben Fischer
Umschlagabbildung: Shutterstock/shevtsovy
Fotos: Sämtliche Fotos © Kenny Beele, außer: Shutterstock: BGStock72: 50; Bojan Milinkov: 46, boschman1: 24, Denys Kurbatov: 49, Gorodenkoff: 47, Jacob Lund: 41, JoeSAPhotos: 10, maRRitch: 64, MARVIK: 12, MBLifestyle: 39, Microgen: 47, Mladen Zivkovic: 31, Oleksandr Drypsiak: 223, oneinchpunch: 77, Rido: 44, Rumruay: 11, Teguh Mujiono: 14, That Girl Sahar: 214, VectorMine: 19, VGstockstudio: 43, volha_a: 223
Models: Frederike Meuffels, Tim Havers
Illustrationen: Martha Kosthorst: 17, Tobias Prießner: 28, 35, 54, 55, 132, 242
Layout: Katja Muggli, www.katjamuggligrafikdesign.de
Satz: Daniel Förster
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7423-2059-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1824-1
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1825-8
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Vorwort
Hypertrophie — Allheilmittel und Schönheitselixier
Hypertrophie — Was ist das?
Das Phänomen der Skelettmuskelhypertrophie
Die verschiedenen Arten der Hypertrophie – viele Wege führen nach Rom
Die Triade der Trainingsstimuli — Achtung, Theorie!
Belastungsnormative
Die klassischen Belastungsnormative
Weitere krafttrainingsspezifische Faktoren
Trainingsplanung
Grundlagen der Krafttrainingsplanung
Beispielpläne
Die Übungen
Eine Auswahl der effektivsten Übungen für die Hypertrophie
Die Oberkörpermuskulatur
Die Unterkörpermuskulatur
Die Rumpfmuskulatur
Hypertrophie und Ernährung
Was ist Ernährung?
Proteine und ihr besonderer Stellenwert beim Muskelwachstum
Kohlenhydrate und ihr indirekter Einfluss auf die Hypertrophie
Der Fettstoffwechsel und Hypertrophietraining
Welche Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert sind
Praxisempfehlungen
Literatur
Über die Autoren
Als ich vor über 30 Jahren zum ersten Mal ein Fitnessstudio betrat – eigentlich war es eher eine »Muckibude« –, wurde ich von einem recht kantigen Herrn in die hohe Kunst des Muskeltrainings eingeweiht. Ich erinnere mich noch ungefähr an seine Worte: »Siehst du, welche Übung der Typ vor dem Spiegel da macht? Mach das auch!« Dann drehte er sich um und widmete seine Aufmerksamkeit wieder einer babybadewannenähnlichen Tupper-Dose mit Hühnchen und Reis.
Seitdem ist in der Fitnessbranche zum Glück viel passiert. Es gibt sehr gut ausgebildete Trainer:innen, viel Lektüre zum Krafttraining und natürlich das Internet als »ultimativen« Ratgeber. Aber welchem YouTube-Guru kann man Glauben schenken? Welcher Trainingstipp ist valide und welcher nur fake oder durch Hörensagen entstanden?
Die Idee hinter unserem Buch ist, mit Mythen über das Hypertrophietraining aufzuräumen und wissenschaftliche Fakten sprechen zu lassen. Wir wollen weniger Eminenz- und mehr Evidenz-Basierung liefern.
Wir, das sind neben meiner Wenigkeit noch Dr. Simon Gavanda, Dr. Eduard Isenmann und M.Sc. Tim Havers, und wir betreiben Fitnesswissenschaft – eine neue wissenschaftliche Disziplin, die sich mit genau solchen Fragestellungen beschäftigt.
Wir hoffen, dir mit diesem Buch viele wissenschaftlich fundierte Informationen und zusätzlich viel Freude beim Lesen mitgeben zu können.
Unser Dank gilt vor allem unseren Familien für ihre Unterstützung, aber auch allen Kraftsportliebhabern, die diesen Sport so großartig machen. Mein spezieller Dank gilt meinen sensationellen Co-Autoren, die mit Abstand den Löwenanteil an diesem Buch verantworten!
Dieses Buch widme ich Mirko. RIP, my friend – life was too short to be small.
Euer Dr. Stephan Geisler
Masse ist Macht! Solche oder so ähnliche Sprüche wird jeder schon mal im Fitnessklub gehört haben. Doch was steckt genau dahinter? Also nicht im literarischen Sinne. Denn auch wenn dieser Spruch stark an das 1960 erschienene philosophische Hauptwerk Masse und Macht des Nobelpreisträgers Elias Canetti erinnert, so hat er doch inhaltlich nichts damit zu tun. Klar ist, dass hier mit Masse die Skelettmuskelmasse des Homo sapiens gemeint ist. Was das mit Macht zu tun hat, überlassen wir dann lieber den Philosophen. Doch was vergrößert unsere Muskelmasse und wie funktioniert das Ganze? Diese Fragen und noch viel mehr möchten wir in diesem Buch (er)klären und wissenschaftlich fundierte Tipps zum Muskelaufbau geben … oder wie wir Wissenschaftler sagen würden: zur Hypertrophie!
Die Idee des Buches ist, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Skelettmuskel-Hypertrophie darzustellen und aus ihnen direkte Trainingsempfehlungen abzuleiten. Um grundsätzlich mehr Evidenz-Basierung in das Training einer eher nicht eminenzbasierten Trainingslehre im Fitnessklub zu bringen, haben wir als Autoren für die wichtigsten Aussagen in diesem Buch eine oder mehrere wissenschaftliche Studien hinterlegt, die allesamt einen Peer-Review-Prozess durchlaufen haben und in den einschlägigen wissenschaftlichen Datenbanken abrufbar sind.
Im ersten Kapitel des Buches beschreiben wir das Phänomen Hypertrophie und gehen dann nahtlos zur Trainingslehre über. Schließlich haben wir konkrete Beispiel-Trainingspläne erarbeitet, mit denen du trainieren und die du als Anhaltspunkte für dein weiteres Training nehmen kannst. Hier richten wir uns sowohl an Anfänger als auch an Fortgeschrittene oder sogar Hoch-Trainierte.
In einem gesonderten Kapitel widmen wir uns vor allem den Fragen, die wohl jeder schon mal im Fitnessklub gehört oder sogar gestellt hat: Wie oft soll ich trainieren? Wie sieht es mit der Belastungsintensität aus? Wie viele Wiederholungen soll ich machen? Welche Übungen wähle ich aus? Wir diskutieren bei den im Folgenden von uns vorgestellten Übungen auch detaillierte Fragen wie: Wie breit greife ich die Stange? Wie stelle ich meine Füße auf? Macht es einen Unterschied, ob ich den Griff so oder so anfasse?
Kurzum: Wir haben mehr als 50 Übungen genau auf den Prüfstand gestellt und erläutern im Detail, wo genau die Unterschiede liegen. Dazu ziehen wir eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien heran, welche die unterschiedlichen Übungen mit elektromyografischen Messungen (Messungen der elektrischen Aktivität eines Muskels) untersucht haben, und stellen dir kurz die Ergebnisse dieser Studien vor.
Hier sei kurz erwähnt, dass es wissenschaftlich nicht haltbar ist, von »DER effektivsten Übung« zu sprechen, denn sowohl die interindividuellen Unterschiede der Trainierenden als auch die Anpassung beziehungsweise Gewöhnung an trainierte Reize, machen eine solche Aussage nahezu unmöglich. Trotzdem liefern uns solche Messungen indirekt eine Idee, wie man welche Variation der Übung interpretieren kann, und wir hoffen, damit viele Fragen beantworten zu können.
Da das Training allein aber nur »die halbe Miete« wäre, widmen wir uns in einem weiteren Kapitel dem Thema Ernährung. Hier werden die Grundlagen der Sporternährung in Bezug auf die Hypertrophie dargestellt und wir nennen dir, darauf basierend, konkrete Vorschläge für die Ernährung und die Nahrungsergänzung.
Wir wünschen dir viel Spaß bei der Lektüre unseres Buches und sind jederzeit als Ansprechpartner – unter den Kontakten unserer Wirkungsstätte, der IST-Hochschule in Düsseldorf – für Fragen erreichbar.
Zählte man alle Vorteile der Hypertrophie der Skelettmuskulatur dezidiert auf, so könnte man wahrscheinlich ein eigenes Buch damit füllen. Doch es kursieren auch zahlreiche Vorurteile, mit denen allzu oft die Assoziation von »dicken Armen« verbunden ist. Um diese Vorurteile zu widerlegen, findest du hier ein paar Benefits der Hypertrophie:
Die Skelettmuskulatur ist das mit Abstand größte Stoffwechselorgan des Körpers. Das heißt, hier wird nicht nur Wärme erzeugt – sie ist, nebenbei bemerkt, die beste Heizung des Körpers –, sondern vor allem auch Energie umgesetzt. Und genau das ist in unserer modernen, aber bewegungsarmen Zivilisation ein wichtiges Faktum. Durch das Training der Muskeln wird Energie umgesetzt. Dies wiederum kann zu einer vergrößerten Muskelmasse führen, welche wiederum (sogar in Ruhe) umso mehr Energie umsetzt. Zugegeben, zu Zeiten einer Hungersnot wäre dies fatal und würde wahrscheinlich zu einem vorzeitigen Ableben führen, aber dass wir von einem solchen Szenario hierzulande meilenweit entfernt sind, zeigen die Zahlen der Übergewichtigen und Diabetes-Typ-2-Patienten nur zu deutlich. Ohnehin kann das Krafttraining als solches und natürlich die damit einhergehende Hypertrophie in der Rehabilitation als Heilsbringer angesehen werden. Es gibt eine Unzahl an Erkrankungen, die mit Krafttraining sehr effektiv behandelt werden können. Dies ist mittlerweile auch wissenschaftlich sehr gut belegt, wie ein Übersichtsartikel von Pedersen und Saltin aus dem Jahre 2015 klar darstellt (1).
Doch nicht nur Volkskrankheiten wie Diabetes Typ 2 können durch Hypertrophie bekämpft werden, sondern auch die zunehmende Abnahme der Muskelmasse im Alter. In der Wissenschaft wird dieses Phänomen als Sarkopenie beschrieben und ist assoziiert mit einem allmählichen Verlust der Selbstständigkeit im Alter. Kurz gesagt: Wenn ein Mensch keine Kraft mehr hat, um allein aus dem Bett oder vom Sessel aufzustehen, ist er pflegebedürftig. Lange Jahre hat man sich scheinbar mit dem Verlust der Muskeln im Alter abgefunden, aber die Wissenschaft weiß heute ganz klar, dass diesem durch Krafttraining sehr gut entgegengewirkt werden kann. Auch wenn der Muskelaufbau in höherem Alter nicht mehr so gut funktioniert wie in jungen Jahren (2), so ist es trotzdem möglich, Muskeln auch im fortgeschrittenen Alter aufzubauen. Damit kannst du dem Krankheitsbild der Sarkopenie sowohl präventiv als auch rehabilitativ entgegenwirken. Hypertrophie-orientiertes Krafttraining macht nicht nur »schön« und »sexy«, sondern hat auch präventiv-medizinische Wirkung.
In vielen Sportarten ist eine vergrößerte Muskelmasse durchaus funktionell, zum Beispiel beim American Football.
Über die Gesundung und Gesunderhaltung des Körpers, die mit der Gesunderhaltung des Geistes einhergeht, hinaus werden wir auch auf weitere Vorteile des Hypertrophietrainings eingehen. Eine höhere fettfreie Körpermasse kann nämlich in der Regel mehr Kraft und damit Leistung generieren und schützt zudem vor Verletzungen und Überlastungsschäden (3). Nicht zuletzt ist dies ein guter Grund, um Hypertrophietraining in vielen Sportarten, vor allem bei Kontaktsportarten, mit in den Trainingsplan aufzunehmen. Wie erwähnt, könnte man an dieser Stelle noch schier endlos weitere Vorteile des Hypertrophietrainings aufführen. Für weitere Lektüre empfehlen wir die wissenschaftlichen Quellen im Literaturverzeichnis. Ihr könnt euch auch gern direkt an uns, also die Autoren, wenden.
Muskelschwund am Beispiel des Bizeps: Oben ist der gesunde, »junge« Muskel zu sehen, unten im Bild hat der Muskel altersbedingt sichtbar an Masse verloren.
Die Hypertrophie (des Skelettmuskels) ist die Zunahme der Muskelquerschnittsfläche aufgrund der Zunahme des myofibrillären Volumens einzelner Muskelfasern. Es bilden sich neue, kleinste Einheiten des Muskels an der vorhandenen Muskelfaser (4). Dies ist grundsätzlich das Ergebnis aufeinanderfolgender Perioden einer positiven Proteinbilanz, das heißt, die Muskelproteinbiosynthese (der Aufbau der Proteine im Körper) übersteigt den Muskelproteinabbau. Die Muskelproteinbiosynthese kann durch zweierlei Stimuli ausgelöst werden: zum einen durch die Aufnahme von Aminosäuren und zum anderen durch wiederholte Trainingsbelastungen, zum Beispiel in Form eines Krafttrainings. Aus diesem Grund werden wir in diesem Buch beide Faktoren besprechen.
Die anatomische Darstellung des Aufbaus des Skelettmuskels – die Myofibrillen bilden die kleinste Einheit innerhalb des Muskels.
Ein Muskel ist aus mehreren Muskelsträngen aufgebaut. Diese von Bindegewebe umhüllten Muskelstränge oder Muskelfaserbündel bestehen wiederum aus einzelnen Muskelfasern. Betrachtet man eine Muskelfaser beziehungsweise einzelne Muskelfaserzellen, die auch Myozyten genannt werden, genauer, erkennt man die sogenannten Myofibrillen. Diese durchziehen die einzelnen Zellen. Sie sind aus Sarkomeren, den kleinsten funktionellen Einheiten der Myofibrillen, zusammengesetzt, die wiederum aus Myosin und Aktinfilamenten bestehen, letztlich also aus Eiweißmolekülen beziehungsweise kontraktilen Proteinen – Proteine, die die Fähigkeit besitzen, sich zusammenzuziehen.
Wenn es um Muskelaufbau geht, hat sich gezeigt, dass es nicht die eine singuläre Methode gibt, um dieses Ziel zu erreichen. Wie heißt es so schön? Viele Wege führen nach Rom. Um zu klären, wie die verschiedenen Erfolg versprechenden Wege zum Muskelaufbau aussehen, hilft ein genauerer Blick auf die Anatomie und Physiologie. Ein kurzer Abriss zeigt, was im Körper passiert, wenn Muskelmasse aufgebaut wird, und welche Prozesse daran beteiligt sind.
Wie man in Abbildung auf Seite 14 unschwer erkennen kann, sind die Myofibrillen sehr kleine beziehungsweise dünne Strukturen und setzen sich aus den sogenannten Sarkomeren, den kleinsten kontraktilen Einheiten des Muskels, zusammen. Die myofibrilläre Hypertrophie meint also ein Muskelwachstum, welches durch Neubildung von Sarkomeren und damit auch von Myofibrillen entsteht. Sie ist die »eigentliche« Form der Hypertrophie, die sich Sportler wünschen, denn nur wenn mehr Muskelstruktur entsteht, bringt eine Hypertrophie auch den versprochenen Kraftzuwachs mit sich. Warum wir dies hier erklären? Ganz einfach. Es ist wahrscheinlich nicht die einzige Art der Hypertrophie, aber die beste! Eine andere Art der Hypertrophie ist die sarkoplasmatische Hypertrophie.
Im Gegensatz zur myofibrillären Hypertrophie wird der Muskel bei der sarkoplasmatischen Variante zwar auch dicker, aber wahrscheinlich nicht so viel stärker, wie es Untersuchungen gezeigt haben. Es handelt sich nämlich hier mehr um Einlagerungen von Flüssigkeit und nicht so stark um Neubildung von funktioneller Muskelmasse. Das Sarkoplasma, nach der diese Variante benannt wurde, ist im Prinzip der intrazelluläre Zwischenraum zwischen den Myofibrillen. Dass dieser Raum mitwächst, ist recht wahrscheinlich, aber einige wenige Studien weisen darauf hin, dass es eventuell – abhängig von der Trainingsmethode – zu einer unterschiedlichen Verteilung der Hypertrophie-Arten kommen kann (5). Geht man davon aus, dass eine Person durch ein Krafttraining eine 20-prozentige Steigerung des Muskelfaserquerschnitts erlangt und der Anteil der Myofibrillen etwa 85 Prozent des Intrazellulärraumes einnehmen, so könnte man davon ausgehen, dass von den gewonnenen 20 Prozent Querschnitt circa 17 Prozent Myofibrillen ausmachen und circa 3 Prozent vergrößertes Sarkoplasma-Volumen. Man geht aktuell davon aus, dass es mehr zu einer Verschiebung in Richtung der Sarkoplasma-Anreicherung kommt, wenn mit höheren Wiederholungszahlen und geringeren Lasten trainiert wird (5). Es fehlen aber noch mehr valide Studien, die diese Hypothese untermauern können.
Fakt ist: Die sarkoplasmatische Hypertrophie existiert und kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Und wem es ausschließlich um die Optik des Muskels geht, der kann wahrscheinlich – sofern die oben genannte Hypothese zutrifft – auch mit leichteren Gewichten dicke Muskeln aufbauen. An dieser Stelle sei übrigens noch erwähnt, dass auch andere Strukturen, wie zum Beispiel die Mitochondrien (Zellkraftwerke des Muskels), circa fünf Prozent des Muskelquerschnitts ausmachen und diese ebenfalls durch eine Vergrößerung am Gesamtvolumen des Muskels beteiligt sein können. Wer weiß, was eventuell noch alles an einer Hypertrophie des Skelettmuskels beteiligt sein kann? Weitere Forschungsergebnisse werden auch hier neue Erkenntnisse bringen.
A: Ausgangsform (untrainiert); B: Myofibrilläre Hypertrophie; C: Hyperplasie; D: Sarkoplasmatische Hypertrophie
Im Gegensatz zur Hypertrophie versteht man unter Hyperplasie nicht die Verdickung der einzelnen Faserstrukturen, sondern eine Neubildung von Muskelfasern und dadurch eine Verdickung des Muskels. Ob es durch Training tatsächlich zu einer Hyperplasie kommen kann, wurde lange diskutiert und konnte bis heute nur am Tierversuch nachgewiesen werden. Da die Untersuchungsmöglichkeiten am Menschen begrenzt sind, weiß man leider so gut wie nichts zu dieser Theorie, und aus diesem Grunde möchten wir hier auf dieses Thema auch nicht weiter eingehen. Wir hoffen, dass die Wissenschaft in Zukunft die Hyperplasie am Menschen irgendwann valide nachweisen kann. Sie steht wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit der Aktivierung von Satellitenzellen, einer Art Myoblasten (Vorläufer von Muskelzellen), die die Regenerationsfähigkeit der Skelettmuskulatur beziehungsweise genauer deren Erhaltung, Reparatur und den Um- oder Neuaufbau ermöglichen. Sobald man hierzu Näheres weiß, kann vielleicht auch differenziert werden, bei welcher Art von Training die Hyperplasie besonders starke Effekte zeigt.
Durch eine Neubildung von Sarkomeren kann sowohl die Dicke als auch die Länge des Muskels beeinflusst werden. Tierstudien aus den 1990er-Jahren zeigten bereits, dass vor allem bei exzentrischen Belastungen (siehe den nächsten Abschnitt) die Sarkomere in Serie aufgebaut werden, womit die Muskellänge verändert wird. Konzentrische Belastungen zeigten in diesen Tierstudien meist einen Rückgang an seriell, also hintereinander, angeordneten Sarkomeren, aber dafür einen Aufbau parallel verlaufender Sarkomere. Dadurch wurde der Muskel de facto dicker. Ob diese Tierstudien auf den erwachsenen Menschen übertragbar sind, bleibt bis heute offen. Die hinter diesem Gedanken stehenden Hypothesen klingen jedoch insgesamt sehr schlüssig auch in Bezug auf den Menschen. Neuere Studien (6) zeigen unter anderem, dass aber nicht nur exzentrische, sondern auch isometrische Belastungen zu einer Längenveränderung der Myofibrille, also zu einer seriellen Anlagerung von Sarkomeren, führen können. Da beim »normalen Krafttraining« eigentlich immer alle Kontraktionsformen vorkommen, deckt man in der Regel auch alle Reize, die die Hypertrophie anregen, ab.
Grundsätzlich wird der Vorgang der Kontraktion in drei Formen eingeteilt: konzentrisch, exzentrisch und isometrisch. Unter einer konzentrischen Kontraktion versteht man das Zusammenziehen eines Muskels gegen einen Widerstand. Sowohl die Muskelspannung als auch die Muskellänge ändern sich. Das Gegenteil ist die exzentrische Kontraktion, mit der die Phase des »kontrollierten« Ablassens eines Gewichtes beziehungsweise die unter Spannung stehende Verlängerung des Muskels gemeint ist. Wenn sich die Länge des Muskels nicht ändert, die Muskelspannung jedoch trotzdem gegen einen Widerstand erhöht wird, spricht man von isometrischer Kontraktion. Einige Kollegen (vor allem ein sehr geschätzter Kollege aus der Schweiz) haben dafür andere Bezeichnungen: miometrisch (Konzentrik) und pliometrisch (Exzentrik). Wir arbeiten nicht mit diesen alternativen Begriffen, sie seien hier aber der Vollständigkeit halber erwähnt, da sie in der entsprechenden Literatur verwendet werden.
Ob die unterschiedlichen Kontraktionsformen auch unterschiedlichen Einfluss auf die Hypertrophie haben, wird ebenfalls seit Jahren stark diskutiert, doch mehr dazu später.
Die drei Kontraktionsformen: Krafttraining kann konzentrisch (zusammenziehend) exzentrisch (nachgebend) und isometrisch (haltend). ausgeführt werden.
Unter den verschiedenen Methoden, die im Training zur Leistungssteigerung genutzt werden, kursieren drei grundlegende Theorien: die Spannungstheorie, die Zerstörungstheorie und die metabolische Theorie des Muskelwachstums. Was es mit diesen Theorien auf sich hat und wie, ihnen folgend, das Phänomen des Muskelwachtsums erklärt wird, findest du in den folgenden Abschnitten erläutert.
Kraftsportler:innen und besonders Bodybuilder:innen wissen bereits seit Jahrzehnten – und die Menschen vielleicht schon seit Jahrhunderten –, dass die Muskelspannung beim Training einer der wichtigsten Faktoren beim Muskelaufbau ist. Intuitiv hat man immer schon schwere Gewichte gehoben, um den Muskel unter eine hohe Spannung zu setzen. Die dadurch entstehende, mechanische Spannung wird über sogenannte Mechanorezeptoren aufgenommen und weiterverarbeitet. Sie können wahrscheinlich sowohl das Ausmaß als auch die Dauer der Spannung rezipieren und aktivieren daraufhin verschiedene Signalwege, die wiederum zum Muskelproteinaufbau führen können (7). Dass die Spannung und die Dauer der Spannung wohl eine wichtige Rolle spielen, ist immer mehr in den Fokus gerückt, und in den 2000er-Jahren ist in der Sportwissenschaft der Begriff »Time Under Tension« (TUT) aufgetaucht. Hiermit versuchte man, eine gegebene Krafttrainingsbelastung (Trainingssatz) besser definieren zu können. Denn die Bewegungsgeschwindigkeit beziehungsweise die Dauer einer Wiederholung hat eine große Auswirkung auf die Wiederholungszahl beziehungsweise das Trainingsgewicht. Es macht einen riesigen Unterschied, ob du zehn Wiederholungen sehr langsam oder sehr schnell ausführst.
Im vergangenen Jahrtausend hat man hier noch nicht differenziert und die meisten Krafttrainingsstudien haben diesen Messparameter nicht berücksichtigt, was sie fast nicht vergleichbar mit heutigen Studien macht. Da im Bodybuilding meist das Prinzip der »Continuos Tension« (CT), also der dauerhaften Spannung auf den Muskel – das Gewicht darf während des Satzes nicht abgesetzt werden –, vorherrscht, wurde die TUT zu einem wichtigen Parameter zur Trainingssteuerung. Heute weiß man allerdings, dass die Technik der CT nicht der einzige Weg ist, der zu einer Muskelhypertrophie führt, daher sollte die TUT auch nicht überbewertet werden. In späteren Kapiteln werden wir hierauf stärker eingehen.
Wenn man den Muskel mit einer hohen Spannung über eine längere Dauer konfrontiert, dann kann dieser dadurch geschädigt werden. Jeder, der schon mal mehrere harte Sätze einer Übung bis zur Muskelermüdung ausgeführt hat, weiß, wovon ich spreche. Die hierbei entstehenden kleinen »Miniverletzungen« führen einerseits zu kleinen Entzündungsreaktionen im Körper, welche die typischen Muskelkatersymptome hervorrufen, andererseits werden gleichzeitig verschiedene Reparaturprozesse eingeleitet. Die bereits erwähnten Satellitenzellen werden aktiviert und eine Remodellierung der beanspruchten Muskulatur beginnt. Die erhöhte Muskelbioproteinsynthese nach solchen harten Belastungen spricht eigentlich für einen möglichen Muskelaufbaureiz. Inwiefern diese Zellschädigungen an einer langfristigen Adaptation (Anpassung, hier: Hypertrophie) beteiligt sind, wird diskutiert. Wenn nämlich zu viel Material »zerstört« wird und der Körper primär mit dem Wiederaufbau beschäftigt ist, ist fraglich, ob die angestoßenen Impulse für einen weiteren Aufbau von Muskelgewebe ausreichen (8). Es könnte also sein, dass die muskulären Schädigungen nur ein Nebenprodukt, insbesondere der hohen mechanischen Spannungen, sind und womöglich keinen notwendigen Reiz darstellen.
»Metabolismus« ist der Fachbegriff für den Stoffwechsel. Stoffwechselprozesse laufen in unserem Körper sekündlich zu Tausenden ab und bestimmen quasi unser gesamtes Sein. Wir sollten den Begriff »Stoffwechsel« also auf keinen Fall ausschließlich auf die Beurteilung einer guten oder schlechten Verwertung von Kilokalorien beschränken, wie es leider weit verbreitet ist, sondern ihm eine zentrale Rolle in der Physiologie unseres Körpers zuordnen. Eine Theorie der muskelaufbauenden Prozesse besagt, dass beim Training entstehende Metaboliten (Stoffwechsel-Zwischenprodukte) wie Laktat, Phosphat oder H+-Ionen zu Hypertrophie führen können. Ob sie das wirklich tun und in welchem Ausmaß, ist bis heute nicht ganz geklärt.
Am Beispiel des Laktats (Salz der Milchsäure) ist beispielsweise die folgende Erklärung plausibel: Laktat wird insbesondere bei ermüdenden Krafttrainingssätzen von mittlerer bis höherer Wiederholungszahl gebildet. Das Laktat kann zum Anstieg von Myogenin führen. Myogenin ist ein Protein, das an der Aktivierung muskelspezifischer Gene beteiligt ist und unter anderem bei der Bildung von Skelettmuskelfasern eine Rolle spielt. Es zählt zu den sogenannten Transkriptionsfaktoren. Dieser Faktor kann wiederum die Differenzierung von Satellitenzellen steuern. Außerdem könnten körpereigene, botenähnliche Stoffe wie Myostatin und Follistatin beeinflusst werden, die an der Regulation der Muskelmasse beteiligt sind. Beides sind Proteine, wobei das eine (Myostatin) das Muskelwachstum hemmt, das andere (Follistatin) das Muskelwachstum fördert; beide arbeiten zusammen und regulieren sich gegenseitig. Eine weitere Anreicherung an Metaboliten führt ebenfalls zu einer stärkeren Muskelermüdung und zwingt den Körper, mehr Muskelfasern in Summe einzusetzen, um eine gegebene Last weiter bewegen zu können.
Dies wiederum kann die Hormonantwort des Körpers (zum Beispiel Testosteron, IGF-1, den insulinähnlichen Wachstumsfaktor, und das Wachstumshormon GH) und den Ausstoß von sogenannten Myokinen, hormonähnlichen Botenstoffen der Muskulatur, beeinflussen. Zusätzlich kann metabolischer Stress auch eine Zellschwellung auslösen, die wiederum weitere Signalwege aktivieren kann, die sich schließlich auf das Muskelwachstum auswirken (9). Du siehst, das Ganze ist ganz schön komplex. Und ehrlich gesagt, ist das hier nur ziemlich verkürzt dargestellt und nur ganz grob an der Oberfläche gekratzt.
Welcher der beschriebenen Trainingsstimuli stärker in Bezug auf eine Hypertrophie wirkt, oder ob der »metabolische Weg« eine höhere sarkoplasmatische Hypertrophie auslöst, ist letztlich noch nicht ganz geklärt. Doch wie heißt es so schön? Viele Wege führen nach Rom und in unserem Fall zur Hypertrophie. Dass sich mehrere Vorgehensweisen als zielführend erwiesen haben, zeigt die Erfahrung, und so schauen wir uns zunächst einmal näher an, wie ein Training mit dem Ziel Muskelaufbau sinnvoll gestaltet werden kann und ob es einen »optimalen Hypertrophie-Trainingsbereich« gibt.
Du hast dich sicher schon häufig gefragt, welches Krafttraining das Beste ist, wenn du Muskelmasse aufbauen willst. Wahrscheinlich war diese Frage sogar das Motiv, unser Buch überhaupt erst aufzuschlagen. In den sozialen Netzwerken scheinen viele Sportler:innen und Trainer:innen die Antwort bereits gefunden zu haben. Doch gibt es tatsächlich den »Heiligen Gral des Muskelaufbaus«? Auf den folgenden Seiten wollen wir dir Antworten liefern, sofern es die wissenschaftliche Datenlage überhaupt zulässt. Ergänzend geben wir dir nützliche Tipps aus unserer eigenen Trainingserfahrung mit auf den Weg.
Krafttraining kann auf sehr unterschiedliche Weise durchgeführt werden. Selbst wenn es bei einer Übung nur eine einzige Variante der Ausführung gäbe, bliebe immer noch offen, wie genau die Belastung gestaltet werden soll. Zur Verdeutlichung: Du könntest an zwei verschiedenen Tagen »ass to grass«-Frontkniebeugen durchführen. Am ersten Tag absolvierst du drei Sätze mit 20 Wiederholungen und 50 Kilogramm Hantellast bei einer Satzpause von einer Minute. Am anderen Tag sind es sechs Sätze mit vier Wiederholungen und 90 Kilogramm und einer Pause von vier Minuten. Wenn du dir vorstellst, wie sich diese zwei Trainingstage anfühlen, wird dir wahrscheinlich klar, dass diese beiden Trainingseinheiten völlig unterschiedliche Reaktionen in deinem Körper hervorrufen werden. Diese Reaktionen wiederum werden damit auch sehr wahrscheinlich sehr verschiedene Anpassungen hervorrufen (siehe Kapitel 1).
Spinnen wir einmal herum und stellen uns vor, du würdest diese Trainingseinheiten zusammen mit Arnold Schwarzenegger in seiner besten Form absolvieren, ohne das Gewicht oder andere Faktoren anzupassen. Auch in diesem Gedankenspiel werden sich eure körperlichen Reaktionen während und nach den Kniebeugen und die damit verbundenen Anpassungen sehr stark voneinander unterscheiden. Aus diesem Grund ist es bei der praktischen Umsetzung von Training notwendig, in Abhängigkeit deiner Trainingsziele die Trainingsbelastungen präzise und vor allem individuell zu planen, um ungeeignete Belastungen oder eine Über- oder eine Unterforderung zu vermeiden.
Dazu werden in der Trainingswissenschaft sogenannte Belastungsnormative verwendet, welche synonym auch als Trainingsvariablen, Belastungskomponenten oder -merkmale bezeichnet werden. Zu diesen gehören unter anderem Faktoren wie die Belastungsintensität, die Anzahl der Wiederholungen und eine ganze Reihe anderer Komponenten, die auf den folgenden Seiten im Detail besprochen werden sollen. Das ist ein sehr wichtiges Thema, da die Gestaltung der Belastungsnormative über die akuten Belastungsreaktionen und damit über deine langfristigen Anpassungsprozesse an das Krafttraining (zum Beispiel Hypertrophie) entscheiden.
Die Belastungsintensität bezieht sich beim Krafttraining üblicherweise auf die Höhe des verwendeten Widerstands. Sie wird meistens in Prozent des Einerwiederholungsmaximums angegeben (englisch: One-Repetition Maximum [1-RM]). Konkret ist die Intensität in den meisten Fällen gleichbedeutend mit dem Gewicht, das du bei einer klassischen Krafttrainingsübung verwendest. Die Anzahl der Wiederholungen, die du bei einer Übung maximal absolvieren kannst, steht in einem entgegengesetzten Verhältnis zur Belastungsintensität. Das heißt, je höher die relative Intensität, desto niedriger ist die Anzahl der möglichen Wiederholungen. Aus diesem Grund ist es trainingspraktisch sinnvoll, die Belastungsintensität und die Anzahl der Wiederholungen gemeinsam zu betrachten.
Die Wiederholungszahl, die dazugehörige Intensität und der vermutete primäre Anpassungsmechanismus im Hypertrophietraining stehen in einem engen Verhältnis (Grafik modifiziert nach [14]).
Für Muskelaufbau wird dir üblicherweise ein Training mit acht bis zwölf Wiederholungen bei 60 bis 80 Prozent des 1-RM empfohlen. Bei dieser Art des Trainings wirken dementsprechend moderate bis hohe mechanische Spannungen auf deine Muskeln ein (siehe »Die Spannungstheorie des Muskelwachstums« auf Seite 20). Heute weiß man jedoch, dass auch metabolische Reize das Potenzial besitzen, Muskelwachstum auszulösen (siehe »Die metabolische Theorie des Muskelwachstums« ab Seite 22). Diese fallen bei Trainingssätzen mit niedrigen Belastungsintensitäten und hoher Wiederholungszahl bis zur Erschöpfung besonders hoch aus. Vergleicht man die Wirksamkeit von Krafttraining mit niedrigen (< 60 Prozent 1-RM) und hohen Intensitäten (> 60 Prozent 1-RM), zeigen Studien in Bezug auf den Zuwachs an Muskulatur, dass beide Varianten zu vergleichbaren Ergebnissen führen (10–12). Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn das Krafttraining mit niedrigen Intensitäten bis zum Muskelversagen durchgeführt wurde (13). Wenn nicht bis zum Muskelversagen trainiert wird, ist das Training mit höheren Intensitäten wirksamer.
Physiologisch kann argumentiert werden, dass beim Training mit hohen Intensitäten vor allem Signalwege, die in Verbindung mit mechanischer Spannung stehen, überwiegen, wohingegen bei hoher muskulärer Ermüdung Mechanismen, die mit metabolischem Stress assoziiert sind, bedeutsamer werden. Beide führen jedoch, wie bereits erwähnt, zum gleichen Resultat, nämlich Muskelzuwachs. Das heißt, bei deinem Hypertrophietraining kannst du eine ganze Bandbreite von Intensitäten verwenden, wodurch dir bei der Trainingsplanung einiges an Spielraum bleibt.
Von einem eng definierten Trainingsbereich, wie beispielsweise acht bis zwölf Wiederholungen bei 60 bis 80 Prozent 1-RM, kannst du dich aus heutiger Sicht verabschieden. Dir stehen weitaus mehr Variationsmöglichkeiten zur Verfügung, die dich zum Ziel bringen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Belastungsumfang im Krafttraining zu beschreiben. Eine sehr einfache Methode ist die Berechnung der Summe aller absolvierten Trainingssätze für einen Muskel über den Zeitraum einer Woche. Die Trainingshäufigkeit beziehungsweise Trainingsfrequenz wird am genauesten als Zahl der Trainingseinheiten pro Muskelgruppe pro Woche definiert.
Im Hinblick auf Muskelaufbau sind bei Trainingsanfänger:innen bereits vier Sätze pro Muskel und Woche wirksam (15), jedoch steigen die Zuwächse mit zunehmendem Belastungsumfang (16). Man könnte daraus schlussfolgern, es gelte der Leitsatz »je mehr, desto besser«, allerdings existiert wahrscheinlich eine Obergrenze bezüglich des maximal tolerierbaren Belastungsumfangs. Dieser hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise der Trainingserfahrung, der Ernährung und der Regenerationsfähigkeit, und lässt sich demnach nach heutigem Wissensstand nicht genau definieren. Bekannt ist jedoch, dass Fortgeschrittene für ein effektives Training sehr wahrscheinlich mehr Sätze benötigen. Daher absolvieren beispielsweise Bodybuilder:innen in der Off-Season im Mittel 12 bis 20 Sätze pro Muskelgruppe und Woche (17).
Bezüglich der Trainingshäufigkeit deuten die derzeitigen Erkenntnisse aus Übersichtsarbeiten darauf hin, dass Muskelgruppen mindestens zweimal pro Woche trainiert werden sollten (18). Eventuell sind höhere Frequenzen bei gleichbleibendem Belastungsumfang für den Muskelaufbau sogar noch effektiver (19).