Auf LIEBE gebaut
Sinnlicher Liebesroman
von
Isabella Lovegood
Band 6 der „Rosen-Reihe“
Copyright © 2015 Isabella Lovegood
www.isabella-lovegood.at
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin
ISBN 978-3-903066-10-6
Covergestaltung: Isabella Lovegood
Cover-Foto © zb89v - Fotolia.com
Die Personen und Handlungen in diesem Buch
sind frei erfunden.
Etwaige Ähnlichkeiten sind
rein zufällig und ungewollt.
Interessiert musterte die grauhaarige Dame im dezenten, dunkelblauen Kleid den Mann, der am Grazer Hauptbahnhof zugestiegen war. Er hatte die Augen geschlossen und die langen Beine ausgestreckt, so gut es die Enge der Sitzreihen zuließ, um es sich für die gut zweistündige Fahrt nach Wien so gemütlich wie möglich zu machen. Neben ihm stand ein großer Trolli, auf den er seinen Arm gelegt hatte.
Er hatte ihr ein umwerfendes Lächeln geschenkt, als er sie höflich gefragt hatte, ob der ihr schräg gegenüberliegende Platz frei sei. Sie hatte den reizvollen Kontrast sofort wieder vor Augen, den seine makellosen Zähne zu dem cappuccinofarbenen Teint schufen. Wäre ich dreißig Jahre jünger, hätte ich von einem solchen Lächeln Herzrasen bekommen ... Hübscher Junge ... Wo er wohl herkommt? Ob da ein Elternteil Afrikaner ist? Dann fiel ihr ein, dass er nicht nur akzentfrei Deutsch gesprochen hatte, sondern mit einem leichten, aber eindeutigen südsteirischen Dialekt. Oberflächlich betrachtet wirkte er entspannt, doch sie spürte intuitiv, dass ihn irgendetwas quälte.
Simon döste nur. Die Erschöpfung, hervorgerufen durch etliche, beinahe schlaflose Nächte, forderte ihren Tribut. Sogar im Schlaf beschäftigte ihn das Problem, vor dem er soeben im Begriff war davonzufliegen. Wie hatte das nur passieren können? Warum gerade jetzt, wo er ein halbes Jahr am anderen Ende der Welt sein würde?
Er hatte keinen Moment daran gezweifelt, dass all die Emotionen, die seine Freundin zeigte, der Schock, die Unsicherheit, die langsam aufkeimende Freude, die wieder von Angst abgelöst wurde, echt waren. Ihre Stimmungen spiegelten genau das wider, was er selbst fühlte, nur dass sie damit wesentlich besser umgehen konnte.
Simon war so heftig darin eingetaucht, dass ihm die Luft wegblieb und das Karussell, in dem er sich drehte, ihm die blanke Panik bescherte. Zwischendurch bekam die Vernunft die Oberhand, die ihm sagte, dass es zu schaffen wäre. Dann kam der Optimismus, der unter normalen Umständen sein Wesen bestimmte, wieder zum Vorschein und trieb ihn dazu, ihr beinahe einen Heiratsantrag zu machen, oder zumindest Andeutungen in dieser Richtung auszusprechen. Er erwog ernsthaft, das Architektur-Studium zu kippen und sich einen Job zu suchen, um seine Familie zu ernähren. Ein paar Stunden später hatten ihn jedoch seine Ängste wieder so fest im Griff, dass er ihr, kopflos wie er war, vorschlug, ob nicht eine Abtreibung doch der bessere Weg wäre. Nie würde er den Blick vergessen, den sie ihm zugeworfen hatte. Er lenkte ein und die Spirale fing sich von Neuem an zu drehen.
Ihr innerer und äußerer Kampf zog sich über mehrere Tage, bis sie beide Hände hob, ihn blass und verweint mit ihren großen, dunklen Augen ansah, und was sie dann sagte, war das Aus, der ultimative Super-GAU:
„Simon, bitte geh! Flieg nach Kanada, mach dein Auslandssemester, und lass mich das hier alleine durchstehen. Ich kann nicht mehr. Ich liebe dich, aber diese Höllenfahrt, die du hier veranstaltest, steh ich nicht durch...“ Sie zog ihn kurz an sich, wobei er zu geschockt war, um zu reagieren, schob ihn auf den Gang hinaus und drückte die Tür zu ihrer kleinen, gemütlichen Studentenbude, in der sie unzählige Stunden mit endlosen Unterhaltungen, viel Lachen und noch mehr heißem Sex verbracht hatten, leise, aber nachdrücklich hinter ihm zu.
Wie in Trance war er nach Hause gegangen, hatte mit niemandem darüber gesprochen, sondern sich still und leise aus dem Staub gemacht.
„Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie sehr ich mich freue, dass du gewissermaßen in meine Fußstapfen trittst?“
Das breite Lächeln des jungen Mannes brachte seine ebenmäßigen Zähne zum Vorschein. „Diese Woche noch nicht!“
„Ich bin wirklich stolz auf dich, dass du bald deinen Master in der Tasche hast! Wie geht es mit deinem Projekt voran? Wann ist Abgabetermin?“ Der grauhaarige Mann lehnte sich gemütlich auf dem Sofa seines Sohnes zurück. Unauffällig ließ er den Blick durch den Wohnraum gleiten. Obwohl er sich spontan zu diesem Besuch entschlossen hatte, wirkte die Wohnung überraschend ordentlich. Das wird Susan freuen ...
„In zehn Tagen. Mit dem Modell bin ich fast fertig. Willst du es sehen?“ Simon war klar, dass auf diese Frage nur ein „Ja“ folgen konnte, und stand bereits auf. „Ich erkläre es dir so, wie ich es bei der Präsentation mache, okay?“
Die nächste knappe Stunde waren Vater und Sohn mit fachsimpeln beschäftigt. Während der junge Mann sein Modell, das eine ultramoderne Wohnanlage darstellte, wieder sicher verstaute, stellte er fest, dass es sein Vater auch diesmal wieder geschafft hatte, Verbesserungsvorschläge so anzubringen, dass er sich trotzdem auf einer Augenhöhe mit ihm fühlte. Das war eine Gabe, die er an ihm restlos bewunderte.
Simon war der Jüngste von drei Geschwistern. Eine Tatsache, die ihm seine um vier Jahre ältere Schwester Tabea und vor allem sein um sieben Jahre älterer Bruder Robin von Kindheit an gerne spüren ließen. Schon sehr früh hatte er erkannte, dass es sinnlos war, ihnen nacheifern zu wollen, da sie ihm ohnehin immer in allem überlegen waren. Doch dann entdeckte er, dass es etwas gab, das er richtig gut konnte: Er war geschickt darin, etwas zu bauen. Zuerst mit Bauklötzen und Legosteinen, später aus Sperrholz und allem, was er in die Finger bekam. Sein Vater, selbst Bauingenieur, unterstützte ihn zwar mit kleinen, praktischen Tipps, ließ ihn aber vor allem seine Fantasien umsetzen. Jetzt war Simon 29 Jahre alt und beinahe Diplom-Ingenieur der Architektur.
„Danke für deine Anregungen, Papa! Ich werde sie bei der Präsentation berücksichtigen!“
Josef nickte ihm lächelnd zu. „Was machst du, wenn du deinen Abschluss hast?“
Simon ließ es sich nicht anmerken, wie sehr ihn das Thema frustrierte. „Ich habe mich bei einigen Firmen beworben. Und es gibt da noch eine Zusatzausbildung in 'Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz', die mich interessieren würde. Die ist aber ohnehin berufsbegleitend.“
„Was das Entwerfen und Bauen betrifft, hast du immer beachtlichen Ehrgeiz entwickelt“, stellte sein Vater mit einem Lächeln fest, in dem auch ein Hauch Ironie mitschwang.
„Ich gebe ehrlich zu, dass ich vermutlich schneller fertig gewesen wäre, wenn ich hin und wieder eine Party ausgelassen hätte“, grinste Simon lausbubenhaft. „Aber ich weiß jetzt schon, dass ich in meinem Job richtig gut sein werde. Schließlich ist es ja genau das, was mir Spaß macht und was ich machen will!“
Sein Vater griff hinüber, legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie kurz. „Genauso soll es sein! Deine Mutter und ich sind sehr stolz auf dich!“, wiederholte er nachdrücklich.
„Danke, Papa, das weiß ich! Hast du übrigens schon gehört, dass Robin, Peter und Klara mich als Taufpaten für Jonathan ausgesucht haben?“
„Das ist eine Ehre und eine wichtige Aufgabe, vor allem, wenn man die Patenschaft ernst nimmt.“
„Das habe ich auf jeden Fall vor!“
„Wen haben sie für Valerie ausgesucht?“
„Klaras jüngste Schwester Karoline.“ Er bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. „Wer von beiden nun tatsächlich der Vater der Zwillinge ist? Muss doch ein eigenartiges Gefühl sein, es nicht zu wissen, oder?“
Josef grinste. „Ich glaube, so geht es vielen ... Nur können die Wenigsten so liebevoll und bewusst mit der Tatsache umgehen, wie Klara, Peter und Robin.“
Er musste lachen. „Ja, auch wieder wahr. Und liebevoll sind sie wirklich miteinander. Ich bin gerne bei ihnen. Hätte nicht gedacht, dass man eine solche Dreiecksgeschichte so gut und harmonisch hinbekommen kann ... Ich muss gestehen, ich bewundere sie dafür!“
„Ich würde dir dieses Beziehungsmodell trotzdem nicht zur Nachahmung empfehlen! Die Drei sind wohl die absolute Ausnahme der Regel. Was hast du eigentlich zu Weihnachten vor? Du bist uns natürlich wieder herzlich willkommen! Tabea kommt auch für drei Wochen aus Düsseldorf.“
„Oh, das ist schön! Sie fehlt mir. Als sie noch in Wien gewohnt hat, hatten wir sie doch wenigstens alle paar Wochen mal zu Gesicht bekommen! Du kannst Mama ausrichten, dass ich den Heiligen Abend sehr gerne mit euch verbringen würde! Zu Silvester bin ich dann bei Klara, Peter und Robin eingeladen.“
Sein Vater sah auf seine Armbanduhr, leerte dann seine Kaffeetasse und stand auf. „Ich werde mich mal wieder auf den Weg machen, sonst sperren die Geschäfte zu, bevor ich die Einkaufsliste abgearbeitet habe, die mir deine Mutter mitgegeben hat. Wird höchste Zeit, dass sie ihr neues Auto bekommt. Leider wurde der Liefertermin nicht eingehalten.“
„Ja, aber nur, weil sie ihren kleinen Flitzer unbedingt in Feuerrot haben wollte. In Silber hätte sie ihn schon längst!“
Josef zuckte lächelnd mit den Schultern. Simon hatte nichts anderes erwartet. Schließlich wurde sein Vater niemals müde zu betonen, dass er seine Frau nicht trotz, sondern wegen ihres Temperaments und ihrer Einzigartigkeit liebte.
Simon setzte sich noch einmal an seine Präsentation, um die Anregungen einzuarbeiten, solange er sie noch frisch im Gedächtnis hatte. Danach trommelte er seine drei besten Freunde zusammen.
****
„Sag mal Raffy, was ist denn heute mit dir los? Du hast schon am Telefon so seltsam geklungen!“ Simon hatte mit der Frage gewartet, bis Andy und Felix an die Bar gegangen waren, um Getränke-Nachschub zu besorgen.
„Vanessa hat mich verlassen!“ Raffael zuckte müde mit den Schultern. „Es überrascht mich nicht, aber fertig macht es mich trotzdem. In letzter Zeit haben wir uns nur noch gestritten!“
„Was ist mit der Kleinen?“
„Die hat sie natürlich mitgenommen. Wenn ich schön brav bin und alles rausrücke, was Vanessa haben will, darf ich Bini vielleicht sogar besuchen.“
„Ach, Scheiße!“, kommentierte Simon und nickte Raffy beruhigend zu, als der ihm verstohlen mit zusammengepressten Lippen bedeutete, vor den anderen nicht weiter darüber reden zu wollen. Stattdessen drückte er ihm kurz den Arm.
„Wie geht’s mit dem Studium voran? Wirst du jetzt auch endlich mal fertig?“ Felix grinste Simon an. Er hatte Kunstgeschichte studiert, sich aber mit dem Magister zufriedengegeben. Er arbeitete schon geraume Zeit bei einem bekannten Grazer Kunst- und Antiquitätenhändler, obwohl sie gleichzeitig zu studieren begonnen hatten. Simon nickte. „Ja, jetzt dürft ihr bald Herr Diplomingenieur zu mir sagen!“
„Na, so weit kommt es noch“, entrüstete sich Andy amüsiert. „Aber auf jeden Fall ist dann eine fette Party fällig.“
„Das ist ja wohl klar“, stimmte Simon zu. „Und was macht dein Krimi?“ Andreas war arbeitsloser Deutschlehrer und nutzte die Zeit zum Schreiben, wenn er nicht gerade einen Gelegenheitsjob machte, um sich über Wasser zu halten.
„Mein Thriller meinst du wohl“, verbesserte ihn Andy und seine Miene verdüsterte sich schlagartig. „Hab gerade eine gewaltige Schreibblockade.“
„Dagegen hilft Alkohol und Sex“, riet Felix.
„Woher willst du das denn wissen? Ist es beim Malen auch so?“, erkundigte sich Simon bei seinem Freund, der in seiner Freizeit richtig gute Bilder malte.
„Das ist sein Allheilmittel gegen alles“, warf Raffael trocken ein und alle lachten.
„Du hast eben keine Künstlerseele. Fürs Zahlenjonglieren wäre das natürlich eher abträglich, das ist klar“, meinte Felix versöhnlich. Raffael war in Buchhaltung und Controlling ein Ass und hatte das BWL-Studium in Rekordzeit hinter sich gebracht. Simon fiel ein, dass Vanessa im Falle einer Scheidung vermutlich einen ordentlichen Teil von Raffys überdurchschnittlichem Gehalt fordern würde. Doch wie er seinen Freund kannte, traf ihn die Trennung von seiner Tochter Sabine sicher viel mehr als der Verlust des Geldes.
Andy und Felix hatten schon reichlich getankt und waren dementsprechend aufgedreht. „Sagt mal, habt ihr die Mädels da drüben bemerkt? Die schauen die ganze Zeit zu uns rüber. Gut, dass du vergeben bist, sonst müssten wir uns die Drei aufteilen“, witzelte Felix an Raffael gewandt. Dem gelang ein müdes Lächeln.
„Tut euch keinen Zwang an. Ich mache mich ohnehin auf den Weg. Mir reicht´s für heute.“
Er verabschiedete sich mit Handschlag von Felix und Andreas. Simon stand auf und legte seinen Freund die Hand auf die Schulter. „Ich ruf dich morgen an, okay? Dann reden wir in Ruhe!“, schlug er leise vor. Raffael nickte. „Viel Spaß noch!“
Simon wandte sich zu den jungen Frauen um, die einige Tische entfernt von ihnen saßen. Es war offensichtlich, dass sie einem Flirt – oder vielleicht auch mehr – nicht abgeneigt waren. Er nickte ihnen lächelnd zu, dann setzte er sich wie vorhin mit dem Rücken zu ihnen hin. Es dauerte keine halbe Minute, bis Andy seinen Freunden zuraunte: „Achtung, sie kommen zu uns herüber.“
Als Simon am nächsten Morgen aufwachte, schmiegte sich ein warmer, duftender Frauenkörper an ihn. Schlaftrunken drehte er sich um und lächelte die hübsche Brünette an.
„Guten Morgen! Hast du etwa schon geduscht?“
Sie beugte sich über ihn und küsste ihn auf den Mund. Hmmm, Zähne geputzt hat sie auch schon ...
„Du hast mich heute Nacht ja ordentlich ins Schwitzen gebracht“, erklärte sie mit einem zufriedenen Lächeln.
„Du mich auch, Belinda! Ich habe es sehr genossen, mit dir.“ Er legte seinen Arm sanft um sie und zog sie noch ein wenig näher. Ihre Brüste drückten sich weich und voll an seinen Brustkorb und sofort stieg das Verlangen in ihm hoch.
„Es muss noch nicht vorbei sein, oder?“ Sie griff unter die Decke und umfasste sein halb steifes Glied.
„Gib mir bitte einen Moment.“ Rasch stieg er aus dem Bett. Auf dem Gang blieb er abrupt stehen und versuchte vergebens, sich in der fremden Wohnung zu orientieren.
„Die Toilette und das Bad sind gleich neben der Eingangstür“, half ihm Belinda aus der Verlegenheit. Nun fand er sich zurecht. Abschließend spritzte er sich kaltes Wasser ins Gesicht und spülte den Mund, um die letzten Spuren des Schlafs loszuwerden. Nun war er bereit, seinen One-Night-Stand noch ein wenig auszudehnen.
Langsam küsste er sich an dem Frauenkörper abwärts. Er war weich und fast ein wenig mollig, doch das störte ihn nicht im Geringsten. Er umfasste mit jeder Hand eine üppige Brust und wog sie in den Händen. Fasziniert betrachtete er den Kontrast ihrer milchweißen Haut zu seiner dunkleren. Ihre Brustwarzen waren gerötet und, nachdem wie intensiv Belinda reagierte, wohl auch von ihren nächtlichen Aktivitäten noch immer gereizt und empfindlich. Er leckte mit weicher Zunge genussvoll darüber, genoss die Reibung ihrer großen, harten Nippel, und blies darüber. Das zarte, rosabraune Gewebe ihrer Vorhöfe zog sich runzelig zusammen und ließ sie weiter wachsen.
Simon spielte damit, bis sich die junge Frau unter ihm vor Verlangen wand. Doch statt sein hartes Glied in ihr zu versenken, ging er auf Erkundungstour. Sie im hellen Tageslicht zu betrachten, hatte einen ganz eigenen Reiz.
Bereitwillig spreizte Belinda die Beine, um sich seinem forschenden Mund anzubieten. In der letzten Nacht hatte er sie drei Mal zum Orgasmus gebracht. Sie war neugierig, ob er mit der Zunge ebenso geschickt war wie mit seinen Fingern und seinem Schwanz.
Ächzend stöhnte sie auf, als er wieder und wieder treffsicher die richtigen Stellen reizte. Die warmen, kräftigen Finger an ihren Schenkeln hielten sie fest und zogen gleichzeitig ihre Schamlippen auseinander. Das Bewusstsein, weit offen vor ihm zu liegen, erregte sie. Genauso wie der Eindruck, dass er es genoss, sie tief und fest zu lecken und auf diese intime, animalische Art zu verwöhnen.
Er schmeckte und roch ihre Erregung und sein eigenes Verlangen stieg sprunghaft an. Unerbittlich hielt er sie fest, als sie sich in ihrem Orgasmus wand, erlebte ihre Zuckungen und die Nässe, die sie ausstieß, unmittelbar und direkt. Erst als sich ihr Becken entspannt senkte, ließ er von ihr ab. Mit dem Handrücken wischte er sich über den Mund, bevor er nach einem der Kondome griff, die auf ihrem Nachtkästchen lagen. Sie beobachtete ihn mit einem trägen Lächeln.
„Du bist ein wandelndes Klischee, weißt du das?“ Simon gelang es, nicht missmutig das Gesicht zu verziehen. Seit ihm klar geworden war, dass er seinen Erfolg bei Frauen zu einem Gutteil dem Gerücht verdankte, dass dunkelhäutige Männer große Schwänze hatten, nervte ihn der Gedanke, auf sein Geschlechtsteil reduziert zu werden.
Sie griff danach und massierte ihn andächtig. „Sieht echt geil aus ... Komm, steck' ihn mir rein!“
Genau das hab ich vor ... Simon kniete sich zwischen ihre Beine und brachte sich in Position. Stück für Stück schob er sich bis zum Anschlag in ihre enge Nässe. Belinda stöhnte genussvoll auf. Langsam fing er an, sie mit drehenden, stoßenden Hüftbewegungen erneut zu stimulieren. Er legte die Hand auf ihren Venushügel und streichelte mit dem Daumen über ihre feuchten Lippen. Erst als sie eindeutig wieder erregt war, steigerte er die Heftigkeit seiner Stöße und übte sanften Druck auf den Bereich um ihren Kitzler aus. Er beobachtete sie, den konzentrierten Ausdruck auf ihrem Gesicht und ihre im Rhythmus der Bewegungen wippenden Brüste.
Sie atmete bereits heftig. Mühsam rang er um Beherrschung, aber erst als sich ihre Muskeln im Orgasmus verkrampften und seinen Schwanz kräftig molken, erlaubte er sich loszulassen.
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„Noch nicht gefrühstückt?“ Raffael musterte seinen Freund interessiert. Simon schüttelte den Kopf.
„Nicht wirklich! Sie hatte nur Kaffee, aber nichts zu beißen.“
Raffael grinste. „Lass mich raten: Andy hat sich die Blondine gekrallt.
„Genau, wie üblich. Aber lassen wir das... Wie geht es dir?“
Unter Simons aufmerksamem Blick sank Raffael förmlich in sich zusammen. „Nach den endlosen Streitereien genieße ich es ehrlich gesagt, meine Ruhe zu haben. Das ist im Moment nicht das Problem. Aber Bini fehlt mir unheimlich.“
„Hast du mit Vanessa schon vereinbart, wann du die Kleine sehen darfst?“
„Wir haben derzeit ziemliche Probleme, miteinander zu reden.“ Er fuhr frustriert durch sein schwarzes, welliges Haar. „In letzter Zeit war nur noch der Wurm drin. Ich hatte das Gefühl, alles falsch zu machen, ohne zu wissen, warum.“
„Was ist denn jetzt eigentlich Sache? Will Vanessa die Scheidung? Hat sie vielleicht sogar schon einen anderen?“
Raffael zuckte mit den Schultern. „Sie sagt, nein. Wir haben eine Trennung auf Zeit ausgemacht. Dass das ein Tod auf Raten ist, ist ja allgemein bekannt...“
„Nicht unbedingt, Raffy. Du wirst doch nicht kampflos alles hinschmeißen?“
Erneut zuckte er mit den Schultern. „Was soll ich denn machen?“
Simon überlegte einen Moment. Er sah die beiden vor sich, als er ihnen die Ringe auf dem kleinen Samtkissen gereicht hatte. Wie glücklich sie gewesen sind...
„Was hältst du davon, mit Vanessa eine Paartherapie zu machen? Nein, lass mich ausreden!“ Er hob die Hand, als Raffael den Mund zum Protest öffnete. „Erstens wäre es eine wirkungsvolle Geste, dass dir etwas an ihr und an eurer Ehe liegt. Zweitens kann das tatsächlich helfen. Kommunikation ist das A und O in jeder Beziehung.“
„Bei der Gesprächskultur hat es bei uns immer schon gehapert“, gab sein Freund etwas widerwillig zu.
„Erinnerst du dich an Jasmin?“
„Du meinst die heiße Psychotherapeutin, mit der du vergangenes Jahr zusammen warst?“
Simon nickte lächelnd. „Sie ist Paar-Therapeutin, oder Beziehungscoach, wie sie sich lieber nennt. Von ihr hab ich viel über Kommunikation gelernt. Soll ich dir ihre Nummer geben?“
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Zur gleichen Zeit klingelte Belindas Telefon.
„Hey, Süße, wie war dein Abend? Sorry, dass wir dich mit Simon sitzen gelassen haben.“
„Hallo, Lisa, kein Problem. Es war sogar leichter, an ihn heranzukommen, als wir nur noch zu zweit waren.“
„Hat es sich wenigstens gelohnt?“
„Absolut! Ich hab ihn genau richtig eingeschätzt. Allerdings hat es mich einiges an Überredungskunst gekostet, ihn zum Mitkommen zu bewegen.
„Wie das? Du hast doch sonst keine Probleme damit, das Objekt deiner Begierde abzuschleppen.“
„Keine Ahnung, was mit ihm los ist. Erst nachdem ich ihm versichert habe, dass ich nur an einer schönen, gemeinsamen Nacht interessiert bin, hat er mich nach Hause begleitet.“
„Hat er nach deiner Telefonnummer gefragt? Will er dich wiedersehen?“
„Hast du nicht zugehört? Es war ein One-Night-Stand!“ Dann kicherte Belinda. „Allerdings hab ich ihm meine Nummer in die Brieftasche gesteckt. Jetzt kenne ich zumindest seinen vollen Namen. Mal sehen ...“
„Hast du dich in ihn verknallt?“ Lisa klang alarmiert. „Wer weiß, was mit dem los ist, wenn er so gar nichts von dir wissen will. Vielleicht ist er sogar verheiratet!“
„Keine Ahnung. Wir hatten eine wirklich heiße Nacht zusammen. Vielleicht ändert er seine Meinung ja und meldet sich bei mir, wenn er meine Nummer findet! Aber jetzt erzähl mal, wie war es denn mit Andy?“
Lisa lachte. „Na, von schüchtern oder zurückhaltend ist bei dem keine Rede! Er ist ein echt süßer Typ, wir hatten eine Menge Spaß letzte Nacht! Kaum, dass er eine Stunde weg war, hat er mir schon eine SMS geschrieben. Vielleicht hofft er ja auf einen Nachschlag. Ines hat mir übrigens vorhin auch eine Nachricht geschickt. Ihr Kerl hat sich schon in der Nacht, gleich danach, wieder verkrümelt. Aber es war ihr ganz recht so.“
„Also hatten wir alle eine befriedende Nacht!“, stellte Belinda lächelnd fest und rekelte sich genüsslich in ihrem Bett. Das Kopfkissen roch noch ein wenig nach Simon: ein würziger, männlicher Duft, den sie sofort wieder erkennen würde.
****
„Du könntest dich bei Horst bewerben.“
Simon hob überrascht den Kopf und sah seinen Vater misstrauisch an. Seine Augenbrauen zogen sich unwillig zusammen. „Hast du ihn etwa gefragt, ob er mich brauchen kann? Du weißt doch, was ich von Protektion halte!“
Josef schüttelte den Kopf. „Davon kann keine Rede sein. Er hat nach dir gefragt. Wir waren vorgestern miteinander auf ein Bier. Er wollte wissen, wann du endlich mit dem Studium fertig bist und dich bei ihm bewirbst.“ Er sah seinen Sohn schmunzelnd an. „Schließlich kennt er dich schon, seit du die ersten Bausteine aufeinandergestapelt hast.“
„Und er nimmt tatsächlich jemanden auf?“
„Sonst würde er kaum fragen, oder?“
„Du kennst ja den Betrieb, Simon. Würde es dich nicht interessieren? Das wäre doch eine Riesenchance“, schaltete sich seine Mutter nun ein und fragte im selben Atemzug: „Möchtest du noch etwas?“
„Danke, ich bin satt, Mama. Das Kokos-Hühnchen war wie immer köstlich!“ Simon strich sich genüsslich über den vollen Magen. „Natürlich gefiele mir die Arbeit bei Onkel Horst. Aber ich möchte den Job nicht nur deshalb bekommen, weil er mein Firmpate ist!“
Sein Vater hob den Kopf und sah Simon überrascht an. „Glaubst du im Ernst, das würde er machen? Erinnerst du dich daran, dass er seine eigene Tochter mal rausgeschmissen hat, weil sie seiner Meinung nach nur Unfug getrieben hat?“
Simon grinste. Damals hatten sie gemeinsam Praktikum gemacht. Marnie war Schülerin der Handelsakademie und wollte im Büro ihres Vaters ein Ferialpraktikum machen. „Du hast recht, daran hab ich nicht gedacht. Ich werde es mir überlegen.“
Unvermittelt öffnete sich die Tür zur Wohnküche und eine junge Frau mit dunklem Teint und einem strahlenden Lächeln trat ein.
„Dachte ich mir doch, dass ihr hier versammelt seid!“ Nacheinander fielen sich die Familienmitglieder in die Arme.
„Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du heute schon kommst, Tabby?“
„Ich habe mich ganz spontan dazu entschlossen, Mama. Ehrlich gesagt hatte ich solche Sehnsucht nach euch!“
„Du hast Glück, Schwesterchen, ich hab noch etwas zu essen übrig gelassen!“
„Lasst mich raten, irgendetwas mit Curry und Kokos! Gott, habe ich das alles vermisst“, seufzte sie mit einer umfassenden Handbewegung und plumpste erleichtert auf die gepolsterte Eckbank.
„Ich bin hundemüde und freue mich unendlich auf meinen Urlaub und die Feiertage mit euch!“
„Wann musst du zurück?“
Tabea verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. „Am 2. Jänner ist mein nächster Arbeitstag!“
„Du klingst nicht so, als ob du in Düsseldorf deinen Traumjob gefunden hättest“, stellte Simon bedauernd fest.
„Ich denke darüber nach, meinen Vertrag nicht zu verlängern. Keine Ahnung, was ich dann machen werde, aber ich will wieder zurück in die Steiermark. Irgendetwas wird sich schon finden. Und jetzt erzählt mir mal, was es bei euch Neues gibt, während ich es mir schmecken lasse!“
Schwungvoll fuhr Simon in die Tiefgarage. Robins blauer Flitzer sah neben seinem BMW ein wenig schmächtig aus.
Mit dem kleinen Schlüssel öffnete er das Bedienpaneel des Aufzugs. Er hatte bereits den Knopf gedrückt, um den Lift in den 7. Stock zu dirigieren, als ihm einfiel, dass er sich vorher anmelden sollte. Eilig stoppte er im 1. Stock und wählte die Nummer seines Bruders, der sofort abhob. „Hallo, Kleiner, komm rauf!“
Sein Herz stolperte für einen winzigen Moment, als er Karoline auf dem Sofa entdeckte. Sie hielt ein Glas Rotwein in der Hand und nickte ihm lächelnd zu. Er erwiderte ihr Lächeln, dann wandte er sich rasch seiner hochschwangeren Schwägerin zu und überreichte ihr den in Baby-Geschenkpapier verpackten Karton. Irgendwie war es mittlerweile zu einem ungeschriebenen Gesetz geworden, dass jeder Besucher der werdenden Mutter etwas mitbrachte, entweder für sie selbst oder für die Babys. Er hatte diesen Brauch gerne übernommen. Nach anfänglicher Skepsis hatte er festgestellt, dass Klara sehr nett war. Sie wurde von ihren beiden Partnern vergöttert, aber er hatte noch nie erlebt, dass sie das ausgenutzt hätte. Die zukünftigen Väter sahen ihr über die Schulter, als sie die Spieluhr auspackte. Sie trieb ein Mobile mit bunten Tierfiguren an, während sie 'Guten Abend, gute Nacht' spielte.
„Das hat uns Papa vorgesungen“, fiel Robin ein und Simon nickte mit einem breiten Lächeln.
„Es ist interessant, wie viele Erinnerungen hochkommen, wenn man sich mit Baby-Kram beschäftigt! Wisst ihr, ich denke, wir hatten eine besonders schöne Kindheit! Unsere Eltern hatten Zeit für uns, und wir hatten einander, auch wenn ihr beide und Tabea mich immer wie ein Baby behandelt habt! Da draußen auf dem Land war die Welt irgendwie noch in Ordnung. Die Stadtkinder haben ja wirklich nicht viele Möglichkeiten zum Spielen im Freien.“
Die Drei wechselten einen bedeutungsvollen Blick, gingen aber nicht näher darauf ein. Erst als sich alle zum gemeinsamen Abendessen niedergelassen hatten, brachten sie den eigentlichen Grund für die Einladung zur Sprache.
„Wir wünschen uns von euch, dass ihr überlegt, ob ihr daran interessiert seid, unser Traumhaus zu planen. Und ob ihr jeder einen eigenen Vorschlag machen oder gemeinsam daran arbeiten wollt“, schloss Peter seine Ausführungen ab. „Natürlich würden wir euch dafür bezahlen!“
„Also, ich auf jeden Fall! In meinem Job kann ich mich bei Weitem nicht so einbringen, wie ich das gerne möchte!“, meinte Karoline sofort.
Simon nickte begeistert. „Das ist eine Riesenchance! Zumal man als 'Newcomer' nicht leicht die Möglichkeit hat, etwas zu entwerfen, bei dem Geld keine Rolle spielt! Ich nehme an, vergoldete Türmchen wollt ihr trotzdem nicht, oder?“
„Natürlich werdet ihr finanzielle Vorgaben bekommen“, sagte Peter steif. „Es muss ja alles in einem vernünftigen Rahmen bleiben!“
„Ach hab dich nicht so. Ist ja wohl noch genügend übrig!“ Die Aussicht auf dieses tolle Projekt ließ ihn übermütig werden.
„Simon, lass gut sein!“, ging Robin mit einem warnenden Unterton dazwischen und verdrehte die Augen in Karolines Richtung. Zu spät begriff er, dass Klaras Schwester offensichtlich noch nicht wusste, dass Peter und Robin im vergangenen Jahr mehrere Millionen im Lotto gewonnen hatten. Eine angespannte Stille trat ein, während Robin, Peter und Klara stumm, nur mit Blicken, kommunizierten. Klara macht es auch schon! Beinahe hätte Simon amüsiert gelächelt. Diese Angewohnheit hatten Peter und Robin schon, als sie noch Kinder waren. Doch Robins strafender Blick brachte ihm schnell wieder zu Bewusstsein, dass er sich wohl besser ruhig und unauffällig verhalten sollte. Nun wandte sich Robin an Karoline, die fragend von einem zum anderen sah.
„Nachdem mein lieber Bruder mal wieder nicht den Mund halten konnte, werden wir dich einweihen.“ Ihr blieb beinahe der Mund offen stehen, und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie nicht veräppelt wurde, grinste sie.
„Okay, das erklärt einiges ... Wow ... Prima ... Ja, Simon hat recht, das macht das Ganze noch um eine Dimension interessanter! Also doch vergoldete Türmchen?“
Klara lachte. „Wer weiß ... Macht uns einen Vorschlag, der uns überzeugt!“
Nachdem sie sich von der Überraschung erholt hatte, wurde Karoline schnell ganz geschäftsmäßig, schaltete gewissermaßen in den 'Berufsmodus'.
„Was habt ihr euch denn grundsätzlich vorgestellt? Bungalow oder Geschossbau? Gibt es das Grundstück schon und wisst ihr etwas über die Bauvorschriften?“
Simon hielt sich bewusst zurück, verfolgte ihre Gesprächsführung jedoch genau. Immerhin hatte sie bereits fast drei Jahre Berufspraxis und, so wie er sie einschätzte, war sie bestimmt gut in ihrem Job. Die zukünftigen Hausbesitzer erzählten begeistert von ihrem Grundstück:
„Es liegt nahezu eben und ideal Nord-Süd ausgerichtet. Flach- und Pultdächer sind verboten. Es darf maximal drei Etagen haben, aber so hoch soll es ja ohnehin nicht werden!“
„Das ist ja schon eine ganze Menge an Informationen“, staunte Karo und er nickte beeindruckt. „Ihr habt euch offensichtlich schon mit der Materie auseinandergesetzt!“
„Ja, haben wir“, nickte Klara lächelnd. „Und was uns auch noch interessieren würde: Wie bald könntet ihr uns denn einen brauchbaren ersten Vorschlag liefern?“
„Das kommt darauf an ...“ Karo sah Simon fragend an. „Was denkst du, gemeinsam oder jeder für sich?“
Ihm wurde heiß. Damit habe ich nicht gerechnet. Warum will sie ...? Sie hat das doch gar nicht nötig, mit ihrer Erfahrung ... Ob das gut geht? Doch ihm war auch sofort klar, dass er sich diese Chance nicht entgehen lassen würde.
„Ich würde sehr gerne mit dir zusammenarbeiten. Es geht ja schließlich um die Familie!“ Etwas Klügeres fällt dir nicht ein?, schimpfte er stumm mit sich selbst. Schnell redete er weiter. „Ich hab im Moment viel Zeit, weil ich meine Abschlussarbeit vor einer Woche abgegeben habe und ohnehin gerade in einer Orientierungsphase bin.“
Karo nickte. „In Ordnung, Simon, dann schauen wir mal, wie wir die Zusammenarbeit hinbekommen!“ Sie streckte ihm die Hand hin, er nahm sie und drückte sie kraftvoll. Beide hielten sie länger, als nötig gewesen wäre, um den Deal zu besiegeln. Sie sahen einander direkt in die Augen und er bemühte sich erfolglos, darin zu lesen.
Es irritierte Karoline, wie angenehm sie seinen Händedruck empfand. Er rief völlig unpassende Erinnerungen hervor. Gefühle, die jetzt absolut nicht förderlich waren, sondern, wenn überhaupt, eher in die stille Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers gepasst hätten. Sie zog ihre Hand zurück und schlug einen neutralen Tonfall an, um die Eckdaten abzufragen.
„Wie viele Räume?“
„Moment mal, habt ihr vielleicht Papier und Stifte für uns? Dann könnten wir uns gleich Notizen machen!“, fiel ihr Simon ins Wort und sah sie entschuldigend an, bevor sie ihm anerkennend zunickte. Peter brachte ihnen das Gewünschte, dann fing Klara an aufzuzählen:
„Einen geräumigen Wohn-Essbereich, die Küche optional abzutrennen, also im Prinzip wie hier, mit direktem Ausgang auf eine große Sitzterrasse.“
„Mindestens zwei Badezimmer, eher drei, mit Wanne und Dusche, zwei bis drei abgetrennte Toiletten“, ergänzte Peter.
„Und mindestens sieben Schlafräume!“, setzte Robin dem Ganzen die Krone auf.
„Sieben? Wollt ihr in eine Massenproduktion einsteigen?“, fragte Karoline schockiert und alle lachten.
Klara schüttelte den Kopf „Nein, ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt noch einmal schwanger werden möchte. Aber wir wollen jeder ein eigenes Zimmer, ein gemeinsames Schlafzimmer, jeweils ein Zimmer für Jonathan und Valerie und ein Gästezimmer!“ Sie zählte mit den Fingern mit.
„Naja, dann vielleicht doch eher acht. Falls du es dir anders überlegst und sich noch ein Geschwisterchen einstellt“, schlug Simon vor. „Einer von euch wird ja möglicherweise auch noch selbst Vater werden wollen.“ Ihm war nicht bewusst, dass er damit ein heikles Thema angesprochen hatte. Schließlich konnte niemand abschätzen, wie groß die Enttäuschung desjenigen sein würde, der sich damit abfinden musste, doch nicht der leibliche Vater der Zwillinge zu sein. Klara nickte ihm nachdenklich zu.
„Ja, da hast du nicht Unrecht! Auf ein Zimmer mehr oder weniger kommt es ja ohnehin nicht mehr an!“
„Okay, also acht Zimmer“, notierte Karoline. „Wirtschaftsräume, Fitnessraum? Sauna? Keller? Und welche Heizung habt ihr euch vorgestellt?“
Es wurde noch ein diskussionsreicher Nachmittag, an dessen Ende Karoline und Simon ein Treffen für den nächsten Tag, einem Sonntag, vereinbarten, um mit dem Projekt zu beginnen. Schließlich eilte es ihren Geschwistern.
Erst in der ruhigen Abgeschiedenheit ihrer Wohnung kam ihr so richtig zu Bewusstsein, worauf sie sich eingelassen hatte. Was hat mich bloß geritten, Simon mit einzubeziehen? Niemand hätte etwas dabei gefunden, wenn jeder von uns einen eigenen Entwurf gemacht hätte. Wie wird es sich anfühlen, Simon hier zu haben? Vielleicht hätten wir wenigstens einen neutralen Treffpunkt in einem Lokal vereinbaren sollen? Sie spürte, wie leichte Panik in ihr aufstieg.
Beinahe so wie damals, als Klara ihr von ihm erzählt hatte, und Simon sich ein klärendes Gespräch mit ihr wünschte. Ihre Schwester war die Einzige, die von dem damaligen Fiasko wusste. Da sie und Simon nun quasi verschwägert waren und sich auf der ersten großen Familienfeier unweigerlich begegnen würden, führte praktisch kein Weg daran vorbei.
Sie hatten sich in dem Café am Jakominiplatz getroffen, in dem sie auch früher oft gewesen waren. Sie hatte ihn erkannt, noch bevor er sie entdeckt hatte. Er hatte sich verändert, war nicht mehr so schlaksig wie früher. Er wirkte männlicher und verursachte ihr ein unangenehmes Herzklopfen. Unangenehm deshalb, weil er nun einmal ihr Ex war und sie doch eigentlich längst über ihn hinweg hätte sein sollen.
Was sie aber vor allem schockiert hatte, war die Tatsache, dass er die Geschichte von damals offensichtlich wesentlich schlechter verarbeitet hatte als sie. Von dem selbstsicheren Sunnyboy, den sie gekannt hatte, war in diesem Moment nicht viel übrig gewesen: Seine Hände hatten gezittert und seine Mimik war so angespannt gewesen, dass sie die Bezeichnung Begrüßungslächeln nicht verdient hatte. Ihrer beider Verlegenheit war fast greifbar gewesen.
Sie hatten Kaffee bestellt. Simon hatte die Kellnerin gefragt, ob es diese spezielle Schokoschnitte noch gäbe, die mit hellem und dunklem Mousse au Chocolat gefüllt und mit Schokoglasur überzogen war. Damit hätte er sie beinahe aus der Fassung gebracht. Das war vor vielen Jahren ihr absoluter Favorit gewesen. Auf seinen fragenden Blick hin hatte sie die Mehlspeise mit einem stummen Nicken bestellt. Unvermittelt hatte er ein vorsichtiges, zärtliches Lächeln gezeigt, das sie schlagartig um fünf Jahre zurückversetzt hatte. Es hatte sie zutiefst beunruhigt, dass er sie mit einem Wimpernschlag vollkommen aus der Bahn werfen konnte. Noch immer.
Jedes Mal, wenn sie einander seither begegneten, bemühten sie sich um einen unverbindlichen, freundschaftlichen Ton. Niemand konnte daraus schließen, wie eng sie einmal verbunden gewesen waren.
Sie ertappte sich dabei, dass sie mitten in ihrer Küche stand, sosehr war sie in ihre Erinnerungen vertieft gewesen. Energisch griff sie zu dem elektrischen Wasserkocher, um sich einen entspannenden Tee zuzubereiten.
Soll ich etwas mitbringen? Oder sieht das zu sehr nach einem Date aus? Unschlüssig sah Simon sich in dem der Tankstelle angeschlossenen Mini-Supermarkt um. Ein Glas Rotwein könnte die Anspannung ein wenig lockern. Es ist ja direkt lächerlich. Ich bin beinahe nervöser als bei meiner Abschlusspräsentation! Kurz entschlossen griff er nach einer Flasche Lambrusco und hoffte, dass Karo den noch immer gerne trank. Dann stellte er sich an die Kasse, um Wein und Benzin zu bezahlen.
Im letzten Moment entdeckte er einen freien Parkplatz und bog scharf in die schräg zur Fahrbahn liegende Lücke ein. Ein Fußgänger machte auf dem Gehsteig erschrocken einen Schritt zur Seite und deutete entrüstet mit dem Zeigefinger gegen seine Stirn. Simon hob mit einem Lächeln entschuldigend beide Handflächen. Kopfschüttelnd vor sich hin murmelnd, setzte der alte Mann seinen Weg fort.
Simon atmete noch einmal tief durch, dann stieg er aus und suchte auf den Schildchen neben den Klingelknöpfen nach dem Namen Bernstein. Er drückte ihn rasch zwei Mal. Nach einer kurzen Wartezeit klingelte er erneut, diesmal energischer. Sie wird mich doch nicht versetzt haben? Eilig kontrollierte er das Display seines Handys, aber es zeigte weder Nachricht noch Anruf. Unschlüssig blickte er um sich. Eine zierliche Gestalt mit wehendem dunklem Haar und rotem Mantel kam auf ihn zu. Sein Herz machte einen Hüpfer, als er Karo erkannte. In diesem Moment wurde ihm glasklar, was er die letzten Monate versucht hatte zu verdrängen: Er bewunderte diese Frau nicht nur, weil sie hübsch und klug und witzig war, er liebte sie noch immer. Er schloss für ein paar Sekunden die Augen, als ob ihn diese Erkenntnis blenden würde. Als er sie wieder öffnete, stand sie direkt vor ihm. Er sah sie an und saugte ihren Anblick in sich auf: Die von der Kälte leicht geröteten Wangen, die blitzenden Augen, die hellroten, ungeschminkten Lippen ... Karoline pustete eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sie an der Nase gekitzelt hatte, und lachte zu ihm auf.
„Ich hatte nicht angenommen, dass du so pünktlich sein würdest!“
Einen Moment überlegte Simon, ob er beleidigt reagieren sollte, doch dann lächelte er sie an. „Du wirst schon noch merken, dass ich mich verändert habe!“
Etwas an diesem Lächeln irritierte sie, ohne, dass sie sofort hätte sagen können, was es war. Erst als sie vor ihm die Treppe hochstieg und seine Blicke auf ihrer Kehrseite spürte, wurde ihr klar, dass er sie so angesehen hatte wie früher, als sie noch ein Paar gewesen waren. Eine Mischung von Sehnsucht und Angst wollte sich ausbreiten, doch sie unterdrückte diese Regungen sofort.
„Schicke Wohnung!“ Simon sah sich ungeniert um.
„Klein, aber fein“, antwortete sie zustimmend. Sie liebte ihre Altbauwohnung im Zentrum von Graz. Es hatte ihr viel Spaß gemacht, alles perfekt aufeinander abzustimmen und die beengten Raumverhältnisse optimal zu nutzen.
„Nimmst du oft Arbeit mit nach Hause?“ Er deutete auf den großen Tisch, der den Raum beherrschte. Einen verwirrenden Augenblick lang, hatte er ein Déjà-vu-Erlebnis und er schluckte vernehmlich, bevor er fragte: „Ist das derselbe Tisch?“ Dass Karoline plötzlich die Röte ins Gesicht schoss, war ihm Antwort genug.
„Er ist so praktisch, um die Entwürfe darauf auszubreiten“, meinte sie etwas lahm. Er fand es nicht klug, weiter darauf herumzureiten und nickte nur, wobei er krampfhaft versuchte, die Bilder zu verdrängen, die ihm in den Sinn kamen. Sehr aufregende Bilder mit sich und einer jungen, sehr empfänglichen Karoline in den Hauptrollen. Er räusperte sich.
„Hast du die Notizen bei der Hand?“ Karoline fuhr herum und nahm die Zettel vom Regal, wo sie sie am Vorabend hingelegt hatte.
„Möchtest du etwas trinken?“, besann sie sich auf ihre Rolle als Gastgeberin. Nun fiel Simon der Rotwein ein, der auf der Rückbank seines Wagens lag, aber sie winkte ab. „Wir sollten einen kühlen Kopf bewahren!“
Da kann ich ihr nur recht geben, dachte Simon, bevor er sie um ein Glas Wasser bat.
Dann gingen sie an die Arbeit, diskutierten, skizzierten, verwarfen Ideen und kreierten neue. Ehe sie sich recht versahen, verfielen sie in den unbeschwerten, neckenden Tonfall von früher, als sie Projekte für das Studium durchgekaut hatten.
Plötzlich hörte Simon ihre Worte nicht mehr, sah nur noch, wie sich ihre Lippen bewegten. Sie waren verführerisch nah. Erst als sie ruhig hielten und er sich der Stille im Raum bewusst wurde, hob er den Blick und sah in Karolines dunkelbraune Augen, die forschend auf ihn gerichtet waren. Langsam neigte er den Kopf, während er den Blickkontakt hielt. In ihren Augen flammte einen Moment so etwas wie Angst auf, dann zuckte sie zurück.
„Lass das“, fuhr sie ihn an, aber ihre Stimme klang dabei nicht so scharf und streng, wie sie es vielleicht beabsichtigt hatte, sondern eher zittrig. „Wir sitzen hier, um zu arbeiten, Simon!“
Sein Herz klopfte. Einen Moment überlegte er, ob er versuchen sollte, sie umzustimmen, sie zu verführen. Dann fiel ihm ein, dass es mehr als peinlich sein würde, sollte sie ihn weiter zurückweisen. Und falls sie im Bett landeten – oder auf dem Tisch, wie früher – würde das die leise Vertrautheit, die sich eingeschlichen hatte, möglicherweise wieder zerstören.
„Entschuldige bitte“, murmelte er stattdessen und ging etwas auf Abstand. Mit hastigen Strichen skizzierte er einen U-förmigen Bau. „Was hältst du davon? Hier in der Mitte könnten wir den Wintergarten und im Anschluss daran den Sommergarten unterbringen, den sie sich gewünscht haben, wenn wir hier und hier Unterteilungen anbringen.“
Karoline sah ihn erstaunt an. „Hast du dir das jetzt ausgedacht? Vielleicht sollte ich mich doch von dir küssen lassen. Wer weiß, welche Geniestreiche dir dann erst einfallen!“
Simon lachte, erleichtert über den scherzhaften Tonfall. „Du warst schon immer meine Muse, hast du das vergessen?“ Die Spannungen von vorhin waren beinahe verschwunden und machten wieder der Vertrautheit Platz. Er betrachtete ihr Profil und musste sich verkneifen, ihre die lose Haarsträhne wie früher hinter das Ohr zu streifen. Wie schnell alles wieder da ist ...
Doch Karo war bereits damit beschäftigt, an der Raumaufteilung zu tüfteln. „Der Querbau müsste etwas tiefer sein, damit wir Wohnzimmer und Vorraum gut unterbringen, ohne dass die beiden Räume zu schlauchförmig ausfallen.“ Nach einigem Hin und Her hatten sie das Erdgeschoss grob eingeteilt.