Das Leben für Fortgeschrittene

An den Allerhöchsten Staatsrat: Hiermit kandidiere ich für den Grabposten des Unbekannten Soldaten.

Als Unbekannter habe ich hervorragende Qualifikationen, weil mich niemand kennt. Alle wissen, wer Elvis Presley war, oder die Beatles oder Mick Jagger, aber über mich ist nichts bekannt. Wenn der Allerhöchste Rat das nicht glaubt, dann können Sie fragen, wen Sie wollen, jeder wird dem Allerhöchsten Rat bestätigen, daß niemand je von mir gehört hat.

Ich habe sogar versucht, berühmt zu werden, und habe einmal auf einer Hochzeit

Ich habe dann lange nachgedacht, warum es so ist, und jetzt weiß ich es. Ich habe ein sehr großes Talent dazu, unbekannt zu sein, und deshalb kann ich kein anderes Talent haben.

Als Soldat habe ich die Kategorie C, aber nur in der Reserve. Aber darum geht es ja auch nicht, der Unbekannte Soldat muß ja nicht die Kategorie A haben, Hauptsache, er ist sehr unbekannt, und das kann ich wirklich garantieren, da darf der Allerhöchste Rat ganz beruhigt sein. Es wird nie einen Skandal geben, wenn eine ausländische Delegation anreist, um einen Kranz am Grab des Unbekannten Soldaten niederzulegen, denn im Ausland bin ich noch weit unbekannter als bei uns im Lande. Diskretion wird zugesichert, und ich werde auch zufrieden sein, wenn ich im Lande und im Ausland berühmt werde, wenn auch als völlig Unbekannter. Und warum sollte man ein solches Talent

Wir sollten uns trennen«, sagte ich. »Schluß mit dieser Geschichte. Wir sind schon lange beieinander, haben viele Abenteuer zusammen erlebt, doch nun ist es genug, wir haben uns gegenseitig satt. Wozu das verheimlichen? Ich kann euch nicht mehr riechen.«

»Tut mir leid«, sagte der Fuchs, »aber ich bin’s, der dich nicht mehr riechen kann. Und ihn auch nicht«, setzte er hinzu und wies auf den Hahn.

»Und ich weder ihn noch dich«, sprach der Hahn.

»Ich habe gesagt: gegenseitig. Das erste

»Gut«, stimmte der Fuchs zu, »aber wer verläßt wen?«

»Genau«, bestätigte der Hahn. »Einverstanden, aber wer geht als erster weg?«

»Niemand geht als erster weg. Wir gehen gleichzeitig auseinander.«

»Unmöglich«, sagte der Fuchs.

»Warum?«

»Wenn wir alle gleichzeitig auseinandergehen, wer bleibt dann hier, um festzustellen, daß wir nicht mehr da sind?«

»Das ist’s. Jemand muß hierbleiben, um das festzustellen.« Damit unterstützte der Hahn den Fuchs.

»Dann bleibe ich hier.«

»O nein«, widersetzte sich der Hahn. »Du bleibst hier, als wäre nichts geschehen, und ich soll weggehen? Kommt nicht in Frage.«

»Dann gehe eben ich weg, und ihr bleibt hier.«

Der Hahn warf einen Blick auf den Fuchs, der Fuchs auf den Hahn.

»Und ich soll weiter diese Fuchsschnauze anschauen?«

»Und ich soll weiter diesen dummen Schnabel anschauen?«

»Nun, dann laßt uns alle gemeinsam hierbleiben.«

»Ja, das ist der einzige Ausweg«, sagte der Hahn nach kurzem Schweigen.

»Ja, das ist die einzige Möglichkeit«, gab der Fuchs nach kurzem Überlegen zu.

»Wer aber geht nun woandershin?« fragte ich.

»Mach dir keine Sorgen«, sprach der Fuchs. »Wir werden zwar gemeinsam hierbleiben, werden dafür aber nicht woanders sein.«

In der Zeitung habe ich gelesen, daß über uns Satelliten fliegen. Mit bloßem Auge kann man sie nicht sehen, selbst durch ein Fernrohr nicht, weil sie im Kosmos fliegen. Aber sie sehen uns. Was schlimmer ist, sie fotografieren alles auf der Erde – und das mit einer solchen Genauigkeit, daß alles, was nicht weniger als einen halben Meter lang oder breit ist, auf dem Foto so genau herauskommt, als ob dieses Foto ein Cousin bei der Namenstagsfeier oder bei der Hochzeit gemacht hätte. ›Man braucht sich keine Sorgen zu machen‹, dachte ich, ›meine Fresse ist weniger als einen halben Meter lang.‹

Irgendwie aber hat mein Gebiß gehalten, und bis jetzt hat mich niemand verprügelt. Aber was hilft’s! Eines Tages erfuhr ich beim Zeitunglesen, daß sie die Satelliten verbessert haben und daß sie jetzt sogar das fotografieren können, was weniger als einen halben Meter und mehr als dreißig Zentimeter lang ist.

›Was soll’s‹, dachte ich. ›Man muß sich wenigstens einmal in der Woche rasieren. Das Risiko bleibt, daß es auf dem Foto gräßlich aussieht.‹

Ich rasiere mich nicht gern, aber ich habe auch meinen Stolz, also habe ich mich einmal, sogar zweimal in der Woche rasiert, besonders bevor ich in die Stadt ging.

Aber dann berichtete die Presse, daß die

Als ich mein Gesuch für die Rente einreichte, sollte ich ein Foto beilegen. Ich dachte mir: ›Wieso soll ich zum Fotografen gehen und wieder bezahlen, wenn sie jede Menge Fotos von mir haben?‹ Also schrieb ich an die Vereinten Nationen, sie sollten mir eins schicken. Ich denke, eins steht mir doch zu. Oder? – Aber ich bekam keine Antwort. Ich wartete und wartete, und nichts geschah. Aber das Gesuch mußte termingerecht abgegeben

Ich ging zum Fotografen, ließ mir ein Foto machen, zahlte aus eigener Tasche und reichte mein Gesuch ein. Dann stieg ich in die Straßenbahn und fuhr bis zur letzten Station. Von dort aus ging ich lange zu Fuß, bis ich mich auf freiem Feld befand. Ich sah mich um, kein Mensch weit und breit, nur ein paar Kühe, aber weit weg. Ich ließ die Hosen herunter und streckte meinen Hintern in Richtung Himmel.

Sollen die ruhig wissen, was ich von ihnen halte.

Unser Hund war entlaufen, und das Kind war untröstlich, weil es den Hund sehr liebte. Also nahm ich das Kind mit zum Hausmuseum eines berühmten Schriftstellers. Es könnte sich ablenken und sich gleichzeitig bei der Gelegenheit bilden.

Ich kaufte Eintrittskarten, dann warteten wir, bis sich eine Besuchergruppe zusammenfand und der Museumsführer uns in die Zimmer des Schriftstellers führte. Denn der Schriftsteller war vor hundert Jahren gestorben, und das Museum war seine Wohnung, die man in ein Museum umgewandelt hatte.

Neben der Kasse war ein Kiosk mit

Die Gruppe sammelte sich, und der Führer brachte uns ins Vorzimmer.

»Rechts das Bad«, informierte der Führer.

Wir sahen in das Bad, denn die Tür war offen, nur daß man nicht rein durfte, weil der Eingang mit einer roten Brokatkordel versperrt war. Auf dem Waschbecken eine Seifenschachtel und darin Seife. Auf der Seife eine Tafel: ›Die Lieblingsseife des Schriftstellers‹.

»Darf man daran riechen?« fragte eine Dame.

»Verboten«, verkündete der Führer. »Aber die Forscher haben festgestellt, daß er sich täglich gewaschen hat.«

»Die Ohren auch?« fragte das Kind entsetzt.

»Sei still«, rügte ich den Kleinen. »Stör die Erwachsenen nicht bei der Besichtigung. Na sicher auch die Ohren. Wenn du dir die Ohren wäschst, dann wirst du auch ein berühmter

»Das Studierzimmer des Schriftstellers«, gab der Museumsführer bekannt und ließ uns vorgehen.

Am Schreibtisch saß der Schriftsteller in Lebensgröße. Er sah aus wie echt; war wohl aus Wachs; im Schlafrock. Er hielt eine Feder in der Hand, und auf dem Schreibtisch lag beschriebenes Papier: »Eine Handschrift, denn er schrieb mit der Hand«, erklärte der Museumsführer. »Das haben die Forscher festgestellt. Hier wird vorgestellt, wie er seine berühmtesten Verse schreibt. Erinnern Sie sich? Mein Volk, als ich in deinen Armen, wie ein Kind gewiegt, trank deinen Geist …«

Ich sah hin. Tatsächlich, unter dem Schreibtisch stand eine leere Wodkaflasche.

»Die haben die Maler nach der Renovierung stehengelassen«, erklärte der Museumsführer. »Das gehört nicht zu den Ausstellungsstücken.«

In diesem Augenblick entdeckte ich eine Inschrift auf der Glatze des Schriftstellers: »Ich war hier. Kazik.«

›Sicher hat er sich sogar Notizen gemacht, wenn er kein Papier zur Hand hatte‹, dachte ich. ›Ein echter Schriftsteller. Aber was ist hier unten?‹

Unten auf der Glatze war eine zweite Notiz: »Na und was weiter, du Scheißer?« Und eine Unterschrift: »Ein Literaturliebhaber.«

›Das hat er ja wohl kaum selber geschrieben‹, dachte ich. ›Eine ganz andere Schrift.‹

Ich sah mich um. Das Kind war damit beschäftigt, Schubladen aufzumachen, und der

Eine Menge Leute gehen in dieses Museum, und jeder wird es lesen. Vielleicht findet sich der Hund.

Der Präsident empfahl uns zu sparen, und um mit gutem Beispiel voranzugehen, schob er den zweiten Sessel aus seinem Arbeitszimmer. »Nichts zu machen«, sagte er. »Ich muß mit der Sekretärin auf einem Sessel Platz finden. Es wird eng für uns werden, aber wir sparen ein Möbelstück, das Holz ist jetzt so teuer. Was seht ihr für Reserven?«

Wir berieten und berieten uns … Reserven sahen wir keine. Jeder will leben.

Schließlich analysierten wir den Boten. Man könnte den, der da ist, auswechseln und an seiner Stelle einen einbeinigen Invaliden

Leider gab es in unserer Ortschaft keinen Einbeinigen. Ohne Zähne, ohne Blinddarm, bitte sehr, aber einen Einbeinigen nicht mal auf ärztliches Attest. Unsere Gesellschaft ist zweibeinig, und manche laufen sogar auf vier Beinen. Total genommen ist die Anzahl der Beine eine gerade Zahl.

Wir fragten im Krankenhaus nach, aber es war keine Amputation vorgesehen, trotz der fortschreitenden Motorisierung.

Wir gaben eine Anzeige in der Zeitung auf: »Bote gesucht, für sofort. Verlangt wird ein Bein und die mündliche Kenntnis der polnischen Sprache.« Es meldete sich ein Einheimischer, der hatte zwar ein Bein, aber war stumm.

Also gaben wir eine Anzeige in der Kreiszeitung auf. Da meldeten sich zwei, jeder mit einem Bein. Wir nahmen den, der das kürzere

Der sitzt jetzt in der Portierloge und trinkt Tee. Und wenn wir was in der Stadt zu erledigen haben, geht jeder selber los und erledigt das allein. Wie sollte es anders gehen? Einen Krüppel quälen?!

Vor allem, da man unterwegs mal auf ein Bier einkehren kann.