BWL Basiswissen
Ein Schnellkurs für Nicht-Betriebswirte
Dr. Volker Schultz
4. Auflage
Die folgenden Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:
Beispiele
In diesem Buch finden Sie zahlreiche Beispiele und Beispielrechnungen, die Ihnen die Sachverhalte veranschaulichen.
Definitionen
Hier werden Begriffe kurz und prägnant erläutert.
Die Merkkästen enthalten wichtige Themen und hilfreiche Tipps.
Auf den Punkt gebracht
Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenfassung.
Betriebswirtschaftliches Grundwissen zählt fast schon zur Allgemeinbildung. Wirtschaftswissenschaftliche Grundbegriffe begegnen einem in den Medien, in Schule und Ausbildung sowie im Beruf.
Dieses Buch soll Ihnen helfen, den Einstieg in die BWL „zwischendurch“ – z. B. während einer Bahnfahrt, während einer Pause oder am Abend vor dem Einschlafen – zu meistern. Dazu sind die wichtigsten Bereiche der BWL prägnant und kompakt zusammengefasst. Die einzelnen Kapitel sind so aufgebaut, dass Sie sie unabhängig voneinander durcharbeiten können.
Aufgrund des begrenzten Seitenumfangs kann dieses Buch nur einen „Schnellkurs“ darstellen, der sich auf die wichtigsten Sachverhalte beschränkt. Für viele Leser mag dies ausreichen – sie sind froh, nicht mit Informationen überflutet zu werden. Diejenigen aber, die tiefer in die Materie einsteigen wollen, haben nach der Lektüre dieses Buches eine Grundlage, auf der sie aufbauen können. Am Ende des Buches finden Sie Hinweise auf weiterführende Literatur.
Für ein Feedback zu diesem Buch bin ich dankbar. Dafür steht die E-Mail-Adresse Beck-kompakt-BWL@gmx.de zur Verfügung.
Ich wünsche Ihnen nun beim Eintauchen in die betriebswirtschaftliche Gedankenwelt viel Erfolg.
Darmstadt, im Dezember 2019
Dr. Volker Schultz
Ein wesentliches Merkmal, das menschliche Gesellschaften von Tierpopulationen unterscheidet, ist der planmäßige Austausch von knappen Gütern. Archäologische Funde belegen, dass unsere Vorfahren bereits in vorgeschichtlicher Zeit mit Gütern handelten, die sie gesammelt, erbeutet oder selbst hergestellt hatten. Bereits damals fanden Vorgänge statt, die wir heute als „wirtschaftliches Handeln“ oder als „Wirtschaftsprozesse“ bezeichnen würden.
Umso erstaunlicher ist es, dass die wissenschaftliche Durchdringung dieser Vorgänge erst in der Neuzeit einsetzt: Die Wirtschaftswissenschaft ist eine sehr junge Wissenschaft, die sich in die beiden Disziplinen
gliedert. Während sich die Volkswirtschaftslehre mit gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen befasst, stehen in der Betriebswirtschaftslehre (BWL) wirtschaftliche Fragestellungen von kleineren Einheiten (Betrieben, Unternehmen) im Vordergrund.
Im deutschsprachigen Raum entwickelte sich die Betriebswirtschaftslehre erst ab dem Jahr 1898 – nach der Gründung von mehreren Handelshochschulen – zur eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin. In der Anfangszeit stand das Rechnungswesen im Vordergrund der Untersuchungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlagerten sich, zumeist durch Entwicklungen in den USA beeinflusst, die Schwerpunkte mehrfach. Die heutige Betriebswirtschaftslehre stellt eine heterogene, pluralistische Wissenschaft dar, bei der neben der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre auch spezielle Wirtschaftszweiglehren für bestimmte Branchen (z. B. für Industriebetriebe, Handelsunternehmen, Banken, Versicherungen) unterschieden werden. Die große Bedeutung der BWL ist nicht zuletzt auch daran erkennbar, dass sie sich zu einem der beliebtesten Studiengänge in Deutschland entwickelt hat.
Betriebswirtschaftslehre (BWL)
Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) befasst sich mit der Organisation und Steuerung von Betrieben. Unter einem Betrieb wird eine technisch-organisatorische Wirtschaftseinheit verstanden, die Güter oder Dienstleistungen erstellt und diese auf Märkten anbietet.
Den Betrieben stehen Haushalte, die nicht produktiv tätig sind, sondern die die von den Betrieben erstellten und angebotenen Leistungen verbrauchen (konsumieren), gegenüber.
Betriebe können sowohl von privaten Anteilseignern (z. B. einzelne Personen oder Aktionäre) als auch von der öffentlichen Hand (z. B. Städte und Gemeinden) getragen werden. Private Betriebe sind ein Kennzeichen für ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem; sie werden auch als Unternehmen bezeichnet.
Unternehmen können in den verschiedensten Bereichen einer Wirtschaft tätig sein. Abbildung 1 zeigt die prozentuale Aufteilung von Deutschlands Unternehmen, wenn man die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als Größenmaßstab zugrunde legt.
Abb. 1 Aufteilung der Unternehmen Deutschlands in Wirtschaftszweige aufgrund des prozentualen Anteils an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (eigene Darstellung auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden)
Zur Durchführung der Leistungserstellungsprozesse, die in einem Unternehmen ablaufen, werden verschiedene Ressourcen benötigt. Im Produktionsprozess erfolgt eine Verknüpfung dieser Einsatzgüter oder „Input“-Größen, sodass verkaufbare Güter (oder Dienstleistungen) entstehen, die als „Output“ bezeichnet werden. Abbildung 2 zeigt diesen Prozess in grafischer Form. Zugleich verdeutlicht die Abbildung, welche Aufgaben die Betriebswirtschaft dabei wahrnimmt.
Abb. 2 Funktionsbereiche in einem Unternehmen
Aus diesen Aufgaben ergibt sich eine Untergliederung der Betriebswirtschaftslehre nach funktionellen Aspekten. Die Steuerung und Koordination des gesamten Unternehmens, die Schaffung der organisatorischen Rahmenbedingungen und die Ausrichtung des Unternehmens auf gemeinsame Ziele ist Aufgabe des Managements. Um die anliegenden Planungs-, Organisations- und Steuerungsaufgaben erfüllen zu können, wird das Management durch die Informationswirtschaft unterstützt, die alle übrigen betrieblichen Funktionsbereiche verbindet sowie den Informationsaustausch innerhalb des Unternehmens, aber auch mit der Unternehmensumwelt sicherstellt. Zur Informationswirtschaft zählen unter anderem
Über die Beschaffungsmärkte werden Kapital durch die Finanzwirtschaft, Arbeitskräfte durch die Personalwirtschaft sowie Güter (Rohstoffe, Zukaufteile) und Dienstleistungen durch die Materialwirtschaft bereitgestellt. Die Produktionswirtschaft unterstützt die Optimierung von Fertigungsprozessen. Die Absatzwirtschaft bzw. das Marketing stellt den Verkauf der erstellten Produkte (oder Dienstleistungen) auf den Absatzmärkten sicher.
Auf den Punkt gebracht
Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit der Organisation und Steuerung von Betrieben. Sie lässt sich unter funktionellen Gesichtspunkten in verschiedene Teilbereiche wie z. B. die Informationswirtschaft, die Finanzwirtschaft oder das Marketing unterteilen.
In diesem Kapitel lernen Sie wichtige Grundlagen der BWL kennen. Dazu zählen neben dem ökonomischen Prinzip vor allem die Begriffe „Rentabilität“ und „Liquidität“ sowie die betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktoren.
Bei der Bewirtschaftung von knappen Gütern werden rationale Entscheidungen auf der Grundlage des sogenannten ökonomischen Prinzips getroffen, das auch unter der Bezeichnung „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ bekannt ist. Das ökonomische Prinzip besitzt drei Ausprägungsformen:
Mit dem ökonomischen Prinzip als Handlungsmaxime lassen sich die verschiedensten Zielsetzungen verfolgen: So kann das Ziel der Gewinnmaximierung angestrebt werden, aber auch die Marktbeherrschung oder die Steigerung des Marktwertes eines Unternehmens.
Wann welches Prinzip?
Ein Maschinenbauunternehmen, das einen möglichst hohen Gewinn erzielen möchte, wendet das Maximum-Prinzip an; ein städtisches Krankenhaus, dessen Träger eine bestimmte Bettenkapazität vorgibt, arbeitet hingegen auf der Basis des Minimum-Prinzips.
Während Ingenieure häufig ein technisches Optimum durch Ausnutzung aller technischen Möglichkeiten anstreben, sollten im Rahmen der Betriebswirtschaft ökonomische Kriterien im Vordergrund stehen. Eine betriebswirtschaftliche Denkweise ist dadurch gekennzeichnet, dass bei allen Entscheidungen Kosten-Nutzen-Abgleiche eine wichtige Rolle spielen: Kosten, die durch eine Entscheidung verursacht werden, sollten stets durch den dadurch entstehenden Nutzen gerechtfertigt sein. Dies gilt für alle Teilbereiche in einem Unternehmen und in der Betriebswirtschaft: Einzelne Produkte müssen sich ebenso rechnen wie Beschaffungen und Investitionen oder organisatorische Maßnahmen.
Der Erfolg eines Unternehmens wird an seiner Rendite gemessen. Darunter wird der erzielte Überschuss bezogen auf das eingesetzte Kapital – also nichts anderes als die Verzinsung des eingesetzten Kapitals – verstanden. In der BWL spricht man üblicherweise von „Rentabilität“.
Es gilt:
Je nach dem, welche Größe als Bezugsbasis dient, spricht man von
Der Rentabilität steht die Liquidität gegenüber.
Liquidität
Liquidität stellt die Fähigkeit eines Unternehmens dar, seinen Zahlungsverpflichtungen jederzeit fristgerecht nachzukommen.
Ist das Unternehmen nicht liquide, liegt Zahlungsunfähigkeit vor, die zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens und gegebenenfalls sogar zur Liquidation des Unternehmens führen kann. Deshalb ist die Sicherstellung der Liquidität eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensleitung. Zur Messung der Liquidität dienen Liquiditätskennzahlen. Dazu werden Vermögenspositionen den kurzfristigen Verbindlichkeiten (d. h. den in nächster Zeit fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen) des Unternehmens gegenübergestellt. Die sog. Barliquidität (oder Liquidität ersten Grades) berechnet sich nach folgender Gleichung:
Damit einem Unternehmen eine ausreichende Liquidität attestiert werden kann, sollte die Barliquidität bei mindestens 20 Prozent liegen. Je höher der ermittelte Prozentsatz ausfällt, desto günstiger sind die Liquiditätssituation und damit die Zahlungsbereitschaft zu beurteilen.
Rentabilität und Liquidität sind Zielsetzungen, die sich gegenseitig widersprechen:
Rentabilität vs. Liquidität
Wenn ein Unternehmen sein Vermögen mit einer guten Verzinsung anlegt, ist das Vermögen für einen bestimmten Zeitraum gebunden und somit nicht kurzfristig verfügbar; dadurch können Liquiditätsprobleme auftreten. Die Folge einer hohen Liquidität durch kurzfristige Anlageformen ist wiederum eine schlechtere Rentabilität.
Es ist eine wichtige Aufgabe der Finanzwirtschaft (siehe Kap. „Wege der Kapitalbeschaffung“), eine größtmögliche Rentabilität zu erzielen und gleichzeitig die Liquidität des Unternehmens sicherzustellen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Betriebswirtschaftslehre erhebliche Impulse durch den an der Universität Köln lehrenden Betriebswirt Erich Gutenberg (1897–1984). Gutenberg schlägt als Bezugssystem für Unternehmen das mengenmäßige Verhältnis zwischen Ausgangsgrößen (Output) und den eingesetzten Gütern (Input) vor. Dieses Verhältnis wird auch als „Produktivität“ bezeichnet:
Während die Outputgrößen die von einem Unternehmen erzeugten Güter oder Dienstleistungen darstellen, wird der Input oder Faktoreinsatz eines Unternehmens über Produktionsfaktoren abgebildet. Eine bis heute allgemein anerkannte betriebswirtschaftliche Produktionsfaktorsystematik veröffentlichte Gutenberg in den 1950er-Jahren. Er unterscheidet drei Elementarfaktoren und einen dispositiven Faktor.
Elementarfaktoren werden unmittelbar im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses (Erstellung von Gütern oder Dienstleistungen) eingesetzt. Sie lassen sich untergliedern in
Der dispositive Faktor bildet menschliche Arbeitsleistung ab, die nicht unmittelbar in die Produktion einfließt. Dazu zählen die Aufgaben der Geschäftsleitung eines Unternehmens sowie die Bereiche Organisation, Planung und Kontrolle.
Diese grundlegende Systematik wurde in den Folgejahren von verschiedenen Autoren modifiziert und um weitere Faktoren ergänzt. Neben der gutenbergschen Faktorsystematik, die ursprünglich für den Bereich der Produktion aufgestellt worden war, finden sich in der Literatur spezielle Produktionsfaktorsysteme für bestimmte Wirtschaftszweige (z. B. für Handelsunternehmen).
Mit den Produktionsfaktoren lässt sich das Wesen eines Unternehmens als „Produktivitätsbeziehung“ erklären und in der Form eines Gleichungssystems darstellen. Die Möglichkeit, betriebliche Vorgänge in mathematischen Gleichungssystemen abzubilden, ist eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung von Computern im Bereich der Unternehmensplanung und -steuerung.
Auf den Punkt gebracht
Grundlage der Betriebswirtschaft ist wirtschaftliches Denken, das unter Abwägung von Kosten-Nutzen-Überlegungen die Rentabilität von Entscheidungen im Auge behält und zugleich die Liquidität und die Produktivität eines Unternehmens sicherstellt. Der Input – also die Eingangsgrößen eines Unternehmens – werden als Produktionsfaktoren bezeichnet.
Ein Unternehmen lässt sich durch verschiedene Merkmale charakterisieren, die bei der Gründung festgelegt werden. Zu diesen sogenannten konstitutiven Rahmenentscheidungen zählen die Rechtsform, der Standort, das Leistungsprogramm und die Produktionskapazität eines Unternehmens.
Dabei hat die Entscheidung für eine bestimmte Rechtsform unmittelbaren Einfluss auf folgende Bereiche:
Es werden folgende Rechtsformen unterschieden:
In Abbildung 3 sind die prozentualen Anteile, die diese Rechtsformen in Deutschland besitzen, zusammengestellt.
Abb. 3