aus vier Jahrtausenden
und fünf Kontinenten
C.H.Beck
Heinrich Hemme unternimmt einen Streifzug durch vier Jahrtausende mathematischen Denksports. Kopfnuss enthält 101 Rätsel aus allen fünf Kontinenten; die ältesten stammen aus dem zweiten vorchristlichen, die jüngsten aus dem dritten nachchristlichen Jahrtausend.
Gute Knobeleien sind kleine Kunstwerke. Kopfnuss stellt aber nicht nur die Rätsel selbst vor, sondern berichtet auch über ihre Herkunft sowie über die Künstler, die sie entworfen haben. Zudem wurden die Originallösungen durch moderne und ausführliche Beschreibungen ersetzt.
Heinrich Hemme, geb. 1955, ist Professor für Physik in Aachen und im Nebenberuf Unterhaltungsmathematiker. Er hat weit über 20 Bücher mit mathematischen und physikalischen Denksportaufgaben und Rätseln veröffentlicht. Seit sieben Jahren schreibt er die Kolumne «Kopfnuss» für die Wochenendbeilagen der Zeitungen des Aachener Zeitungsverlages.
Vorwort
101 mathematische Rätsel
Lösungen
Quellen
Der mathematische Denksport ist so alt wie die Mathematik selbst. Vor über viertausend Jahren wurde aus rein praktischen Gründen in Ägypten und in Mesopotamien die Mathematik entwickelt. Löhne, Steuern, Getreidemengen, Reisedauern und Grundstücksgrößen mussten schnell und zuverlässig berechnet werden können. Dabei merkten die Menschen, wie viel Vergnügen es bereiten kann, knifflige Probleme zu lösen, und schon bald wurden mathematische Knobeleien erfunden, die keinen anderen Zweck hatten, als der geistig anspruchsvollen Unterhaltung zu dienen. Die Aufgaben wurden von den Alten an die Jungen weitergegeben, und jede Generation erfand weitere Rätsel. Die Kreativität von vier Jahrtausenden hat schließlich eine schier unvorstellbar große Anzahl von mathematischen Knobeleien hervorgebracht, die kein Mensch mehr überblicken kann.
In diesem Buch möchte ich einen kleinen Streifzug durch vier Jahrtausende mathematischen Denksports unternehmen. Es enthält 101 Rätsel aus allen fünf Kontinenten, von denen die ältesten aus dem zweiten vorchristlichen und die jüngsten aus dem dritten nachchristlichen Jahrtausend stammen.
Gute Knobeleien sind kleine Kunstwerke. Leider verschweigen fast alle Rätselbücher, die im Laufe der Geschichte geschrieben wurden, die Namen der Künstler, die die Rätsel entworfen haben. Ich habe in diesem Buch versucht, es anders zu machen, und bei jeder Aufgabe, soweit dies überhaupt möglich war, etwas über das Leben und das Werk des Rätselautors berichtet.
Die meisten Aufgaben sind nicht buchstabengetreu aus dem Original übernommen oder wörtlich übersetzt worden, sondern freie Übertragungen in ein modernes Deutsch. Die Lösungen der sehr alten Aufgaben sind in den Originalquellen oft knapp, fehlerhaft und unvollständig oder benutzen überholte und umständliche Rechenverfahren. Darum habe ich alle alten Originallösungen durch moderne und hoffentlich auch richtige und vollständige Lösungen ersetzt.
Die Aufgaben sind, bevor ich sie zu diesem Buch zusammengefasst habe, schon in der Kolumne «Kopfnuss» erschienen, die ich seit Oktober 2004 wöchentlich für das Magazin, die Wochenendbeilage aller Zeitungen des Aachener Zeitungsverlags, schreibe.
Ich möchte mich bedanken bei Klaus Bullerschen, der alle Aufgaben, bevor sie gedruckt wurden, kritisch durchgesehen und korrigiert hat, und bei den Redakteuren des Magazins, Andreas Herkens, Peter Sellung, Jürgen Seyffert, Saskia Zimmer und Andrea Zuleger, die meine Kolumne betreut haben.
Heinrich Hemme
Roetgen, Juni 2012
Eines der ältesten, vollständig erhaltenen Mathematikbücher der Welt ist der Papyrus Rhind.[1] Er ist 5,5 m lang und 32 cm breit und erhielt seinen Namen nach dem schottischen Juristen und Antiquar Alexander Henry Rhind, der ihn 1858 in der ägyptischen Stadt Luxor kaufte. Er wurde um 1650 v. Chr. von dem Schreiber Ah-Mose von einem etwa 200 Jahre älteren Papyrus abgeschrieben und enthält 87 mathematische Textaufgaben.
In der Aufgabe 48 beschreibt Ah-Mose, wie er die Fläche eines Kreises berechnet. Hier ist der Originaltext mit dem Originalbild:
Ah-Mose zeichnet den Inkreis in ein Quadrat, das er in 9 × 9 = 81 kleine, gleich große Quadrate unterteilt, und bildet so ein unregelmäßiges Achteck, dessen Seitenlängen immer abwechselnd drei Unterquadratseiten und drei Unterquadratdiagonalen entsprechen. Ah-Mose nimmt nun fälschlicherweise an, dass das Achteck und der Kreis den gleichen Flächeninhalt haben.
In der modernen Mathematik berechnet man die Kreisfläche mit der Formel A = πr2. Angenommen, Ah-Moses Methode wäre richtig, welchen Wert hätte dann π?
Der Papyrus Rhind ist auch die älteste bekannte Quelle des berühmten Katzen-und-Mäuse-Problems.
Üblicherweise und recht frei wird dieser Text so übersetzt:
In sieben Häusern leben je sieben Katzen, jede Katze frisst sieben Mäuse, jede Maus frisst sieben Ähren Gerste, und aus jeder Ähre können sieben Scheffel Körner entstehen. Wie viele Scheffel Getreide sind das insgesamt, die den Katzen zu verdanken sind?
Eine hübsche Variante dieses uralten Rätsels ist ein englisches Kindergedicht aus dem 19. Jahrhundert:
As I was going to Saint Ives,
I met a man with seven wives.
Every wife had seven sacks,
Every sack had seven cats,
Every cat had seven kits.
Kits, cats, sacks, wives;
How many were going to Saint Ives?
Ins Deutsche übertragen lautet es:
Als ich nach Saint Ives ging,
kam mir ein Mann mit sieben Frauen entgegen.
Jede Frau trug sieben Säcke,
und in jedem Sack waren sieben Katzen,
und jede Katze hatte sieben Kätzchen.
Wie viele Kätzchen, Katzen, Säcke und Frauen
gingen nach Saint Ives?
Die Ruinen der Stadt Uruk stehen im südlichen Irak etwa 20 Kilometer östlich des Euphrats. Im Altertum lag die Stadt direkt am Fluss, der heute sein Bett verlagert hat. Uruk ist eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten im Zweistromland und der Fundort der ersten Schrift der Menschheit. Die Stadt ist namengebend für die Uruk-Zeit, die von etwa 3500 bis 2800 v. Chr. dauerte. Bereits im ausgehenden 4. vorchristlichen Jahrtausend war Uruk eines der führenden Zentren der sumerischen Frühzeit. Eine zweite große Blütephase erlebte Uruk in der hellenistischen Zeit der letzten vorchristlichen Jahrhunderte.
Die Mathematik und auch die Unterhaltungsmathematik waren in Uruk schon hoch entwickelt. Aus der altbabylonischen Zeit (1894 bis 1595 v. Chr.) stammt ein Keilschrifttäfelchen mit folgender Aufgabe.[2]
Zehn Brüder besaßen zusammen 1⅔ Minen Silber. Da erhob sich Bruder über Bruder. Was er sich erhoben hat, weiß ich nicht. Der Anteil des achten Bruders betrug 6 Schekel. Bruder über Bruder, um wie viel hat er sich erhoben?
Gemeint ist, dass jeder Bruder einen festen Betrag weniger erhält als der vorherige. Eine Mine entspricht 60 Schekel.
Neun Bücher arithmetischer Technik ist der Titel eines alten chinesischen Rechenbuchs, das über zwei Jahrtausende lang immer wieder neu aufgelegt wurde. Es soll von Chang Tsang um 150 v. Chr. nach älteren Vorlagen verfasst und von Keng Shu Chang um 60 v. Chr. erweitert worden sein. Im Jahre 656 wurde es sogar zum offiziellen Lehrbuch für Beamte und Ingenieure erklärt. In diesem Buch erschien zum ersten Mal das Zuflussproblem, das sich später auch in der arabischen Welt und im Abendland verbreitete.[3]
In einen Teich führen fünf Kanäle. Öffnet man nur den ersten Kanal, ist der Teich nach einem drittel Tag gefüllt. Öffnet man jedoch nur den zweiten Kanal, ist er nach einem Tag gefüllt. Der dritte Kanal allein kann den Teich in zweieinhalb, der vierte in drei und der fünfte in fünf Tagen füllen. Wie lange dauert es, bis der Teich gefüllt ist, wenn alle fünf Kanäle gleichzeitig geöffnet werden?
Im Jahre 1881 wurde in der Nähe des Dorfes Bakhshali im Nordwesten Pakistans ein siebzigseitiges, unvollständiges, auf Birkenrinde geschriebenes Mathematikbuch gefunden, das nach seinem Fundort als Bakhshali-Manuskript bezeichnet wird. Der Text wurde in der Gatha-Sprache verfasst, einer Kombination aus Sanskrit und Pakrit, und von einem verschollenen Manuskript abgeschrieben, dessen Alter unbekannt ist. Wahrscheinlich stammt es aus der Zeit vom zweiten vorchristlichen bis zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert. Das Manuskript ist ein Handbuch, in dem mathematische Gesetze und dazugehörige Beispiele beschrieben werden. Es befasst sich in erster Linie mit Arithmetik und Algebra und nur am Rande mit Geometrie und Metrologie. Eine der Aufgaben dieses Manuskripts handelt von Weinpanscherei.[4]
Ein Mann besitzt eine Flasche, die vier Prasthas Wein enthält. Eines Tages gießt er eine Prastha Wein aus der Flasche in einen Becher und trinkt ihn. Dann füllt er die Flasche wieder mit Wasser auf. Am nächsten Tag entnimmt er der Flasche erneut eine Prastha, trinkt sie und füllt die Flasche wieder mit Wasser auf. Dies wiederholt er auch am dritten und am vierten Tag. Wie viele Prastha Wein sind danach noch in der Flasche?
Die Prastha ist ein indisches Hohlmaß und entspricht etwa einem halben Liter.
Römischen Juristen war es schon vor zwei Jahrtausenden wichtig, gesetzlich zu regeln, wie ein Erbe zu verteilen ist. Publius Salvius Iulianus war ein römischer Politiker und einer der bedeutendsten Juristen des Römischen Reiches. Er wurde um das Jahr 108 in Hadrumetum in Nordafrika geboren. Iulianus war Quästor und Volkstribun unter Kaiser Hadrian, wurde um 138 Prätor und war von 141 bis 147 Ärarpräfekt. Im Jahr 148 war Iulianus ordentlicher Konsul. Um 151 wurde er Legat von Germania inferior, danach Legat von Hispania citerior und schließlich im Amtsjahr 167/168 Prokonsul von Africa. In einem seiner Bücher löst er ein Erbproblem,[5] das der römische Jurist Publius Iuventius Celsus in seiner Schrift De institutione uxoris et postumi et postumae einige Jahre zuvor gestellt hatte.
Ein Mann, dessen Frau schwanger ist, wird schwer krank und schreibt sein Testament. «Wird mir ein Sohn geboren, soll er zwei Drittel meines Vermögens erben und meine Frau das dritte Drittel. Wird mir aber eine Tochter geboren, erbt diese ein Drittel und meine Frau zwei Drittel meines Vermögens.» Der Mann stirbt, und einige Monate später bringt seine Witwe Zwillinge zur Welt: einen Jungen und ein Mädchen. Wie ist das Vermögen des Mannes nun unter den drei Erben aufzuteilen?
Der Mathematiker Sun Zi lebte etwa von 400 bis 460 in China. Über sein Leben weiß man heute nichts mehr. Das Einzige, das seiner Nachwelt geblieben ist, ist das von ihm verfasste mathematische Handbuch, das man unter dem Titel Sun Zi Suanjing kennt. Etliche Aufgaben aus diesem Buch gehören zur Unterhaltungsmathematik, so wie auch das folgende Problem.[6]
Eine Frau, die am Ufer eines Flusses hockt und Geschirr wäscht, wird von dem Beamten, dem die Überwachung des Wassers unterliegt, gefragt: «Warum wäscht du so viele Teller ab?» «Mein Herr hat ein Fest gefeiert», antwortet sie. Darauf will der Beamte wissen, wie viele Gäste es gab. «Ich weiß es nicht», antwortet die Frau. «Aber ich erinnere mich, dass sich immer zwei Gäste einen Reisteller teilten, immer drei Gäste einen Suppenteller und immer vier einen Fleischteller. Insgesamt muss ich 65 Teller abwaschen.» Wie viele Gäste waren auf dem Fest?
Der Mathematiker Zhang Qiujian wurde etwa 30 Jahre nach Sun Zi geboren und starb auch etwa 30 Jahre später als dieser. Auch von seinem Leben weiß man nichts, außer dass er ein mathematisches Handbuch geschrieben hat, das erhalten geblieben ist. Es ist unter dem Titel Zhang Qiujian Suanjing bekannt und besteht aus drei Kapiteln mit insgesamt 92 Problemen und deren Lösungen, die sich mit Quadrat- und Kubikwurzeln, arithmetischen Reihen, linearen Gleichungssystemen, Proportionen und Flächen- und Volumenberechnungen befassen.[7] Einige Probleme davon entstammen auch der Unterhaltungsmathematik wie beispielsweise die zehnte Aufgabe des ersten Kapitels.
Rund um einen hohen Berg verläuft eine 325 Li lange Straße im Kreis. Drei Läufer laufen entlang dieser Straße mit jeweils konstanten Geschwindigkeiten Tag und Nacht im Uhrzeigersinn immer um den Berg herum. Die drei Läufer sind verschieden schnell. Der erste legt 90, der zweite 120 und der dritte 150 Li pro Tag zurück. Sie starten gleichzeitig am selben Ort. Nach wie vielen Tagen treffen erstmals alle drei wieder zusammen?
In Zhang Qiujians Handbuch taucht erstmals das berühmte Hundert-Vögel-Problem auf, das später auch andere chinesische Autoren veröffentlichten. Es wandert über Indien in die arabischen Länder und ist um 800 auch im Reich Karls des Großen bekannt. In den nächsten 1200 Jahren haben es dann im Abendland zahllose Autoren immer wieder in ihren Büchern beschrieben und viele Varianten dazu erfunden, sodass es niemals in Vergessenheit geriet. Auch heute noch findet man das Hundert-Vögel-Problem in vielen Zeitschriften und Büchern.
Ein Mann geht zum Markt und kauft sich für seinen Hühnerhof hundert Tiere. Für einen Hahn muss er fünf Sapeks bezahlen, für eine Henne drei Sapeks und für je drei Küken einen Sapek. Alle hundert Vögel zusammen kosten hundert Sapeks. Wie viele Tiere jeder Sorte hat der Mann gekauft? Das Problem hat mehrere Lösungen.
Die Anthologia Graeca ist eine umfangreiche Sammlung griechischer Epigramme aus vorklassischer, klassischer, hellenistischer und byzantinischer Zeit. Sie handeln von allen nur denkbaren Bereichen des menschlichen Lebens. Als leicht sich zu merkende, kurze und doch formvollendete kleine Gedichte gehörten sie zum Unterhaltungsrepertoire der gebildeten Kreise. In der Anthologia Graeca findet man auch 44 mathematische Knobelaufgaben.[8] Die meisten davon werden Metrodoros zugeschrieben, der um 500 n. Chr. lebte. Viele der Aufgaben sind aber deutlich älter und wurden vermutlich von Metrodoros nur zusammengestellt. Manche Probleme können bis Plato oder sogar bis ins fünfte vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgt werden.
Eine der Aufgaben aus der Anthologia handelt vom Mischen einer Legierung.
Schmied’ einen Kranz mir, du Künstler!
Nimm Gold und Kupfer zur Mischung,
gieß auch Zinn noch hinzu und hartes Eisen!
Denn sechzig Minen wiege der Kranz:
Das Gold mit dem Kupfer zusammen wiege
zwei Drittel vom Ganzen;
das Gold mit dem Zinne zusammen wiege drei Viertel davon;
das Gold mit dem Eisen hinwieder wiege
drei Fünftel vom Kranz.
Nun sag mir genaustens, wie viel du Gold benötigst dazu,
wie viel von dem Kupfer, wie viel Zinn auch benötigst,
und sag, wie viel Eisen brauchst du am Ende,
dass ein Kranz mir ersteht von sechzig Minen zusammen.
Auch diese Aufgabe stammt aus der Anthologia Graeca.
Bin ein Löwe aus Erz. Aus den Augen, aus Mund und aus der Sohle unter dem rechten Fuß springen Fontänen hervor.
Dass das Becken sich füllt, braucht rechts das Auge zwei Tage, links das Auge braucht drei und meine Fußsohle vier:
Doch meinem Mund genügen sechs Stunden.
Wie lange wohl dauert’s, wenn sich alles vereint, Augen und Sohle und Mund?
Nach den Vorstellungen der Antike haben Tag und Nacht je zwölf Stunden. Sechs Stunden entsprechen damit einem halben Tag.
Bei dieser dritten Aufgabe aus der Anthologia Graeca wird die Geschichte des Herakles, der auch Alkide genannt wird, aufgegriffen. Der Sage nach musste Herakles zwölf gewaltige Aufgaben für König Eurysteus vollbringen. Eine davon war das Ausmisten der Rinderställe des Königs Augias, die schon seit dreißig Jahren nicht mehr gereinigt worden waren.
Wissen wollte dereinst die gewaltige Kraft des Alkiden,
wie viel Rinder Augias besitze. Der gab ihm zur Antwort:
Um die Flut des Alpheios, mein Freund, steht grasend die
Hälfte, und ein Achtel der Herden verweilt auf dem
Hügel des Kronos,
bei Taraxippos’ Heroon an ferner Grenze ein Zwölftel,
und ein Zwanzigstel weidet in Elis’ heiligen Marken,
und ein Dreißigstel hab ich im Lande Arkadien gelassen.
Was nun noch übrig verblieb, die fünfzig, sie kannst du hier sehen.
Wie viele Rinder besaß Augias?
Die bekannteste Aufgabe der Anthologia Graeca handelt von einer Eselin und einem Maultier.
Schwer bepackt mit Wein eine Eselin ging und ein Maultier.
Und die Eselin stöhnte gar sehr ob der Schwere der Bürde.
Der Gefährte es sah und sprach zu dem ächzenden Tier:
Mutter, was jammerst du doch nach Art der weinenden Mägdlein?
Gibst ein Pfund du mir ab, so trag ich doppelt so viel, als du trägst;
nimmst du mir eins, gleich viel dann tragen wir beide.
Rechne mir aus, Mathematiker du, was jeder getragen.
Eine der Aufgaben der Anthologia Graeca beschreibt das Leben des berühmten griechischen Mathematikers Diophantos, der im dritten nachchristlichen Jahrhundert in Alexandria wirkte und nach dem die diophantischen Gleichungen benannt sind.
Hier dies Grabmal deckt Diophantos – ein Wunder zu schauen!
Durch arithmetische Kunst lehret sein Alter der Stein.
Knabe zu sein gewährt ein Sechstel des Lebens der Gott ihm,
als dann ein Zwölftel dahin, ließ er ihn sprossen die Wang’;
noch ein Siebtel, da steckt’ er ihm die Fackel der Hochzeit,
und fünf Jahre darauf teilt’ er ein Söhnlein ihm zu.
Weh! Unglückliches Kind! Halb hatt’ es das Alter des Vaters erst erreicht, da nahm’s Hades, der Schaurige, auf.
Noch vier Jahre ertrug er den Schmerz, der Wissenschaft
lebend, und nun sage das Ziel, welches er selber erreicht.
Frage und Auflösung,9