Eine Kulturgeschichte des Christentums
C.H.Beck
Das Christentum hat seit der Antike nicht nur die Künste, sondern auch das Zusammenleben, Wirtschaften und Herrschen vor allem in Europa zutiefst geprägt und so die Welt immer mehr «verzaubert», bis jeder Winkel der Kultur – und auch noch der Krieg – christianisiert war. Mit der Aufklärung setzte eine schrittweise Entzauberung ein, aber gerade mittels Kunst, Musik, Architektur und Literatur, die auch das Gefühl ansprechen, hat sich das Christentum seit der Romantik verwandelt und prägt die Kultur auch noch nach Nietzsches berühmtem Satz vom Tod Gottes. Jörg Lauster zeigt auf faszinierende Weise, wie wir gerade da, wo die Kunst nicht im Dienste einer Glaubensbotschaft steht, ihre religiöse Signatur erkennen können.
Jörg Lauster, geboren 1966, ist Professor für Systematische Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und hatte Gastprofessuren in Venedig, Rom und Chile inne. Er forscht seit vielen Jahren über die Kultur- und Sinngeschichte des Christentums.
Für Martina, meine Gefährtin,
für Sophie, meine Tochter,
für meine Freunde
in Dankbarkeit
Einleitung
DIE VERZAUBERUNG DER WELT
Erstes Kapitel
DAS GEHEIMNIS DES ANFANGS
1. Das Rätsel der Person Jesu
2. Der Jesus der Evangelien
Im Schatten der Weltgeschichte
Der nahe Gott
Der Wundertäter
Eine neue Ethik
Die Maßlosigkeit Jesu
Das Ende als Anfang
3. Jesus und das Christentum
Zweites Kapitel
EINE NEUE RELIGION ENTSTEHT
1. Vom Werden des Christentums
Der Traum der Urgemeinde
Prototyp einer christlichen Existenz: Paulus
Die Krisen des frühen Christentums
2. Die Säulen des Christentums
Das Werden einer Kirche
Glauben und Denken
Die Erfindung der Bibel
Gottesdienst und Sakrament
3. Das frühe Christentum als Kulturrevolution
4. Warum hat das Christentum in der Antike überlebt?
Drittes Kapitel
DIE MACHT DER SIEGER
1. Die konstantinische Wende
2. Eine neue Ordnung der Welt
Die Macht der Sinne: Kirchenbau
Die Macht der Augen: Das Christusporträt
Die Macht der Welt: Krieg, Geld und Sexualität
Die Intoleranz der Sieger: Bildungskriege gegen das Heidentum
3. Glanz und Fluch des Dogmas: Streit um Christus
Dreieinigkeit: Die Grenzen des Verstandes
Zwei Naturen und viel Hass
4. Weltuntergang in Rom, Weltübergang in Konstantinopel
Viertes Kapitel
BLÜHENDE FINSTERNIS. DIE CHRISTIANISIERUNG EUROPAS
1. Die Rückkehr der Wälder und die blonde Bestie
Aufbruch und Dezivilisierung
Gotische Träume in Ravenna und Toledo
2. Die Geburt neuer Imperien
Die Anfänge des fränkischen Großreichs
Byzantiner, Assyrer und Muslime
3. Das Kloster als Wiege des Abendlands
Von Ägypten in den Westen
Benedikt von Nursia
Die Geburt Europas aus dem Geist des Klosters
4. Licht aus dem Westen
Die Mission der Angelsachsen
Vom Handwerk eines Missionars: Bonifatius
5. Die karolingische Renaissance
Christianisierung und Gewalt
Das Heilige im Buch
Die Schönheit des Imperiums: Kulturpolitik als Auftrag Gottes
Fünftes Kapitel
DER AUFSTIEG DES ABENDLANDES
1. Christliche Weltherrschaft: Das Papsttum
Von Petrus zum Primatsanspruch des römischen Bischofs
Gregor der Große als Musterpapst und Seelenführer
Machtkampf zwischen Kaiser und Papst
Der elende Mensch und der Stellvertreter Christi
2. Kultur der Gewalt I: Die Kreuzzüge
Natürliche, gerechte und heilige Kriege
Kleine Geschichte der Kreuzzüge
Warum gab es die Kreuzzüge?
3. Kultur der Gewalt II: Ketzerverfolgung und Inquisition
Reinheit und Protest: Die Katharer
Verlorene Unschuld: Scheiterhaufen für die Ketzer
Grausame Vernunft: Die Inquisition
4. Ein heiliger Mensch: Franziskus von Assisi
Die Vita eines Heiligen
Der franziskanische Geist
Die Welt als Schauplatz göttlicher Güte
5. Die Ordnung des Wissens: Die Universität
Glaube, der nach Einsicht sucht
Aristoteles und das Morgenland
Die Ritter des Denkens
Kathedralen des Denkens
6. Gottesdienst der Steine: Die Kathedralen
7. Himmel und Hölle: Dantes Göttliche Komödie
«Nel mezzo del cammin di nostra vita»
Sinnuniversum und Vorstellungskraft
Sechstes Kapitel
WIEDERGEBURTEN: DAS CHRISTENTUM DER RENAISSANCE
1. Neue Lebensgefühle
Petrarca und das nachdenkende Ich
Panoptikum der Renaissancekultur
Heidnisches und Christliches
Christlicher Kulturplatonismus in Florenz
2. Die Macht der Bilder
Giotto und die sichtbare Präsenz der Heilsgeschichte
Botticelli und die Erlösung durch Schönheit
3. Religion im Auge des Betrachters: Raffael
4. Die Religion Michelangelos
Anfang und Ende: Pietà
Ruhm und Ehre: Die Sixtinische Kapelle
Kraft und Gnade: Christus, der Auferstandene und der Weltenrichter
Siebtes Kapitel
«ALLES FLIESST»: DIE REFORMATIONEN DES CHRISTENTUMS
1. Reformation und Reformationen
2. Martin Luther: Ein Mönch wird zum Revolutionär
3. «Die ich rief, die Geister»: Radikale Reformation
Von Unruhestiftern und Schwärmern
Von Täufern und Bauern
4. Die humanistische Reformation
Fürst der Gelehrsamkeit: Erasmus von Rotterdam
Lehrer Deutschlands: Philipp Melanchthon
5. Die Zweite Reformation: Zwingli und Calvin
Zwingli und die Reformation in Zürich
Calvin und die Reformation in Genf
6. Die Fürstenreformation und Europa
Unterstützer der Reformation
Reformation als europäisches Ereignis
7. Die katholische Reformation
8. Ein depressiver Kaiser und gelehrte Pfarrer: Die Kulturfolgen der Reformation
Achtes Kapitel
DIE WUCHT DES BAROCK
1. Gott und die Welt: Europas Aufbruch
Christliche Seefahrt
Kolonialismus und Mission
Die Eroberung Lateinamerikas
Die Macht des Gewissens und edle Christen
Konquistadoren, Waldläufer und die Träume der Puritaner
2. Entfesselte Christentümer
Der Dreißigjährige Krieg
Wie lässt sich Religion zähmen?
Theologie und Frömmigkeit im 17. Jahrhundert
3. Von Teufeln und Hexen
4. Rausch der Sinne: Die Barockkultur des Auges
Symbol der Kirche: Die Peterskirche
Weltwiderstand durch Bilder: Barockkunst
Der protestantische Barock und Rembrandt
5. Harmonie des Universums: Die Barockkultur des Ohres
Wege zur Vollkommenheit
Das evangelische Kirchenlied und die Kirchenmusik
Kleine Geschichte der Barockmusik
Soli Deo Gloria: Johann Sebastian Bach
Neuntes Kapitel
DAS LICHT DER AUFKLÄRUNG UND DAS CHRISTENTUM
1. Fromme Modernisierer: Die Pietisten
2. Die Kraft der Vernunft
Bücher, Blitzableiter und Kapitalisten
Vom Nutzen und Nachteil des Christentums: Rousseau und Kant
Bibelkritiker und Pelzmützen: Christliche Auf klärer
Religionskritik und Atheismus
Christentum zwischen Absolutismus und Staatsauf klärung
3. Die Erfindung des Romans aus dem Geist der Puritaner
Pilgrim’s Progress
Robinson Crusoe
Zehntes Kapitel
DIE METAMORPHOSE DES CHRISTENTUMS IN DER SATTELZEIT
1. Gott in Frankreich: Der große Umbruch
Das Christentum und die Französische Revolution
Der Blitzeinschlag: Entchristianisierung
Im Dienst des Staates: Napoleons Neuordnung
2. Säkularisation: Eine alte Welt stirbt
3. Das Christentum der Dichter und Denker
Gottes Plan begreifen: Der deutsche Idealismus
«Dem Gemeinen einen hohen Sinn geben»: Romantik als geistige Tat
Wiederverzauberung der Welt: Novalis
Sinn und Geschmack für das Universum: Schleiermacher
Religion als Kunst und Musik: Wackenroder
4. Romantische Transformationen
Mondnacht: Die poetische Verwandlung des Christentums
Das Geheimnis der Welt im Bild: Caspar David Friedrich
5. Goethes Weltfrömmigkeit
Elftes Kapitel
DAS VERVIELFÄLTIGTE CHRISTENTUM IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT
1. Säkularisierung als Vervielfältigung religiöser Haltungen
2. Konterrevolution: Erweckung, Konfessionalismus und Fundamentalismus
3. Katholische Abwehrkämpfe
Volksfrömmigkeit und Maria
Kulturkämpfe: Die katholische Kirche und der Staat
Unfehlbarbarkeit und Antimodernismus
4. Kulturprotestantismus
Religion und Wissenschaft: «Religiöses Interesse und wissenschaftlicher Geist»
Gottvertrauen und Fortschritt
5. Bürgerliche Religion ohne Gott
Erlösung durch Weltverneinung: Arthur Schopenhauer
Fortschritt durch Tat und Kultur: David Friedrich Strauß
6. Kampf gegen den Gott des Christentums
Atheismus und Traurigkeit: Jean Pauls «Rede des toten Christus»
Religion als Projektion und Selbsttäuschung: Feuerbach und Marx
Hass, Spott und Analyse: Nietzsche und Freud
7. Das Glück auf Erden
Landnahme, Imperialismus und Mission
Little Lady and Big War: Die Antisklavereibewegung
Soziale Fragen
8. Gott und die Natur
Weltbilder ohne Gott
Charles Darwins Suche nach dem Plan der Natur
Die Physiker und die letzten großen Fragen
Gott in der Natur begegnen
9. Die religiöse Verwandlung der Kultur
Mozarts Geheimnis und die Erlösung durch Musik
Vom Unendlichen zum Banalen: Kunst
Stillose Moderne? Die Schwierigkeit, Kirchen zu bauen
Die Suche nach Gott in der Literatur des 19. Jahrhunderts
10. Die Misere des kurzen 20. Jahrhunderts
Der gefühlte Untergang des Abendlands und die Hoffnung auf das Neue
Christenverfolgung und der Pfahl im Fleische des Christentums
Radikalisierung und Entkolonialisierung: Signaturen des Nachkriegschristentums
Ausblick
NOTHING IS EVER LOST
ANHANG
Dank
Anmerkungen
Literatur
Bildnachweis
Personenregister
«Was wir sind und haben – im höheren Sinn –, haben wir aus der Geschichte und an der Geschichte.»1 Mit den Worten Adolf von Harnacks, des großen deutschen Kulturprotestanten, ist ein Leitmotiv dieses Buches benannt. Die Kulturgeschichte des Christentums ist die Erzählung unserer Herkunft.
Seit Max Weber sind wir damit vertraut, die Geschichte unserer Kultur und auch unserer religiösen Herkunft als das Resultat einer voranschreitenden Rationalisierung und Abkühlung zu begreifen, als eine fortgesetzte Entzauberung, die der Welt und dem Leben alle Geheimnisse nimmt. Daran ist vieles, aber nicht alles richtig. Webers Zeitgenosse Oswald Spengler bezeichnete die Kultur als «geheime Sprache des Weltgefühls».2 Kultur verarbeitet und artikuliert über ihr zivilisatorisches Fundament hinaus einen mit keiner Funktion verrechenbaren Überschuss im Welterleben, sie repräsentiert ein Weltgefühl, das mehr ist als das Sich-Einrichten in dieser Welt. Das Christentum ist die Sprache eines Weltgefühls, das den Überschuss als das Aufleuchten göttlicher Gegenwart in der Welt versteht, es ist daher die Sprache einer kontinuierlichen Verzauberung der Welt. Diese Verzauberung endet in der Moderne nicht, sie nimmt andere Formen an.
Das Buch will erstens einen Beitrag dazu leisten, die Erscheinungsformen, Triebkräfte und Erfahrungen zu verstehen, die unsere Kultur geprägt haben, es hilft zu begreifen, woher wir kommen. Friedrich Nietzsche, ein anderer Großer des 19. Jahrhunderts, hat in einem seiner Erstlingswerke unüberbietbar Schönes nicht nur über die Nachteile, sondern – man vergisst das meist – auch über den Nutzen der Historie für das Leben gesagt. Wer dahin blickt, «woher er kommt, worin er geworden ist [...], trägt [...] gleichsam den Dank für sein Dasein ab».3 Die Dankbarkeit gegenüber unserer Herkunft ist nicht gleichzusetzen mit einer Apologie der Christentumsgeschichte. Es gibt Erscheinungsformen des Christentums, die aus heutiger Sicht nur schwer zu begreifen sind. Beim Blick auf Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverfolgung und viele andere Gewaltexzesse zeigt sich das Düstere und Irrationale, das zu jeder Religion und daher auch zum Christentum bis in unsere Tage hinein gehört. Das Finstere kann jedoch nur vertrieben werden, wenn eine Religion das Licht der Aufklärung auf ihre eigene Geschichte wirft.
Eine Kulturgeschichte des Christentums ist zweitens der Versuch, seine kulturelle Erscheinungsvielfalt besser zu verstehen. Die christliche Religion setzt sich aus einer Vielfalt von Motiven, Themen und kulturellen Erscheinungsformen zusammen, deren Sinn es zu verstehen gilt. Daher ist die kulturgeschichtliche Perspektive auch kein theologisches Sakrileg, sondern ein Gewinn. Den Anhängern des Christentums kann sie nützlich sein, den Grund ihrer eigenen Welt- und Lebensorientierung besser einzusehen. Den Gegnern des Christentums könnte sie helfen, mit größerer Klarheit zu wissen, was sie kritisieren.
Das dritte und wichtigste Ziel dieser Kulturgeschichte ist es, das Verständnis des Christentums auf eine kontinuierliche Geschichte der Verzauberung der Welt hin zu erweitern. Von Anbeginn nahm das Christentum Kulturformen aus seiner Umwelt auf und prägte sie in seinem Interesse. Dazu gehören die Bibel als heiliges Buch, die gottesdienstliche Feier, die institutionelle Gestalt einer Kirche, feste Lehren als Dogmen und die praktizierte Nächstenliebe gegenüber Armen, Kranken und Ausgegrenzten. Das alles diente dem Aufbau einer Religionskultur, die wir heute für genuin christlich halten. Aber die Tiefe seiner Überzeugung und die Größe seiner Botschaft trieb das Christentum stets zur Weiterentwicklung der vorhandenen Formen. Als gelebte Religion reicht das Christentum weiter, es ragt hinein in die Kultur und drückt sich in Werken der Kunst, der Architektur und der Musik aus, in der Literatur, in inneren Haltungen von Menschen, ihren Gestimmtheiten, ihrem Umgang mit der Natur und ihrem Verhalten gegenüber anderen Menschen, schließlich in ihren Plänen und Hoffnungen. Es ist eine allzu schlichte Vereinfachung, das Christentum auf die traditionellen Kulturformen seiner ersten Jahrhunderte zu reduzieren und allein an diesen zu messen, was als christlich zu gelten hat. Schon im Bau einer Kathedrale und in dem Bild eines Renaissancekünstlers bricht etwas von dem christlichen Welterleben durch, das die traditionellen Formen übersteigt. Seit der Neuzeit erprobt das Christentum viele Kulturformen, um seine Botschaft zu vermitteln. Romane, Bilder, Musik, der politische Kampf für die Freiheit und der Gang in die Natur, das alles sind Ausdrucksformen, und in manchen dieser Erscheinungsformen erfährt man besser und tiefer als in den traditionellen Gestalten des Christentums, was die Menschen im Innersten bewegte. Das Christentum ist der Ozean einer Religion, und die Kulturgeschichte der Versuch, ihn in seiner Weite zu bereisen.
Es gibt in der protestantischen Theologie eine bedeutende Traditionslinie, die dem inneren Zusammenhang von Religion und Kultur nachgegangen ist. Sie reicht von Friedrich Schleiermacher über Ernst Troeltsch bis zu Paul Tillich. Ihrem Grundanliegen weiß sich eine Kulturgeschichte des Christentums dankbar verpflichtet, wenn sie seine Kulturformen auf ihre religiöse Bedeutung hin zu lesen versucht. In dieser Tradition ist das vorliegende Programm einer Kulturgeschichte der Versuch einer Sinngeschichte des Christentums.
Die Hoffnung, durch die Suche nach Sinn und Bedeutung zu einem umfassenderen Verständnis kultureller Phänomene zu gelangen, hat eine lange Vorgeschichte. Von dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel stammt der berühmte Satz, die Philosophie sei «ihre Zeit in Gedanken gefaßt».4 Aus dem philosophischen Denken einer Zeit heraus erschließen sich die Fragen, die die Menschen jener Epoche umtreiben. Damit lieferte Hegel einen wichtigen Impuls für die große Zeit der Kulturgeschichtsschreibung. Deren Protagonisten sind von ihrer philosophischen Berufung her kaum als Hegelianer zu bezeichnen, jedenfalls teilen sie nicht Hegels Geschichtsbild, nach dem die Weltgeschichte allen Wirren zum Trotz letztlich einer planvollen Entwicklung des Weltgeistes folgt. Dennoch ist Hegels Philosophie der Geschichte ein wichtiges Gründungsdokument, da sie universalgeschichtlich den Geist einer Zeit aus ihren kulturellen Phänomenen herauszulesen beabsichtigt.
Das goldene Zeitalter der Kulturgeschichtsschreibung beginnt um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Jacob Burckhardts Meisterwerk über die Kultur der Renaissance.5 Burckhardt will Kulturphänomene auf ihre Bedeutung und auf ihren Sinn hin lesen, um so ein Zeitalter besser verstehen zu können. Seine Idee, den Geist einer Zeit aus der Bedeutungsanalyse ihrer kulturellen Erscheinungsformen herauszuarbeiten, erweist ihn als Erben Hegels. Denn was er darin unternimmt, ist die kulturgeschichtliche Ausweitung von Hegels Motto, die Philosophie sei «ihre Zeit in Gedanken gefaßt». Burckhardt geht über Hegel hinaus – nicht allein die Analyse der Philosophie, sondern die Gesamtschau der kulturellen Phänomene ist nötig, um den Geist einer Zeit zu erheben und ihr Porträt malen zu können. «Besser zu verstehen»6 ist auch das ausdrückliche Motto, das Johan Huizinga, ein anderer Großer der klassischen Kulturgeschichtsschreibung, seinem Buch Herbst des Mittelalters voranstellt. Für ihn zielt die Kulturgeschichte auf das Lebensgefühl einer Epoche.7
Ihren Ausklang findet diese glanzvolle Tradition in den populären Werken von Egon Friedell und Oswald Spengler. Von Seiten der historischen Wissenschaften begegnet man Friedell im günstigsten Falle mit höflichem Schweigen, Spengler üblicherweise mit vernichtender Kritik. Das Lesepublikum hat hingegen Spenglers Untergang des Abendlandes und Friedells Kulturgeschichte der Neuzeit begeistert aufgenommen. In den beiden erfolgreichen kulturgeschichtlichen Büchern des 20. Jahrhunderts treten Größe und Grenze der Kulturgeschichtsschreibung alter Schule deutlich zu Tage. Die Kulturgeschichtsschreiber des goldenen Zeitalters ihrer Zunft sind glänzende Erzähler, die das Leben vergangener Epochen in seiner ganzen Fülle und Vielfalt nahe an die Leserinnen und Leser heranrücken, den tieferen Sinn aufspüren und große Linien ziehen können. Im Bann der imposanten Deutungsleistung gerät jedoch die Frage ins Hintertreffen, wie die Urteile zustande kommen. Das Methodenproblem aller hermeneutischen Versuche, vergangene Lebensäußerungen auf ihren Sinn hin zu lesen, wird hier virulent.
Bücher sind Kinder ihrer Zeit, und so verdankt sich die Idee zu einer Kulturgeschichte des Christentums heute dem, was der Wissenschaftsbetrieb cultural turn nennt. Damit wird ein Phänomen bezeichnet, das in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts einsetzte und eine beträchtliche Erweiterung der Perspektiven im Umgang mit der Vergangenheit einfordert. Eine Grundintention ist trotz verschiedener Zugangsweisen klar zu erkennen. Die neue Wende zur Kulturgeschichte ist von dem Interesse geleitet, herauszufinden, wie sich Menschen durch Kultur in der Welt orientieren und einrichten. Der kulturgeschichtliche Ansatz «befragt vergangene Zeiten daraufhin, wie sich Menschen in ihnen wahrgenommen und gedeutet haben, welche materiellen, mentalen und sozialen Hintergründe jeweils auf ihre Wahrnehmungs- und Sinnstiftungsweisen einwirkten und welche Wirkungen von diesen ausgingen».8 Über die Kulturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts geht der heutige Ansatz mit einer größeren Vielfalt der Perspektiven hinaus. Der hier eingeschlagene Weg der Kulturgeschichte teilt das Grundanliegen, die Orientierungskraft geschichtlicher Kulturformen über eine Vielzahl von Perspektiven zu erschließen. Es gilt, die Einsichten der Ereignis-, Sozial-, Ideen-, Geistes- und Mentalitätsgeschichte nicht gegeneinander zu stellen, sondern zu einem umfassenden Bild zusammenzuführen. Man muss darum jedoch nicht alle Brücken zur Tradition der Kulturgeschichtsschreibung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts einreißen. Vielmehr lässt sich auf diesem Wege das Grundanliegen, Kulturgeschichte hermeneutisch als Sinngeschichte zu fassen, auf ein methodisch verlässlicheres Fundament stellen.
Die aktuellen Debatten zum Verstehen von Kultur und Geschichte haben hinreichend gelehrt, dass es den vermeintlich objektiven «Blick von nirgendwo» nicht gibt. Es ist ein Gebot der Redlichkeit, die Koordinaten des eigenen Standpunkts anzugeben. Dieses Buch will die Kulturgeschichte des Christentums als die Geschichte unserer Herkunft und als Sinngeschichte erzählen. Der Verfasser rechnet also prinzipiell damit, dass uns die kulturellen Erscheinungsformen des Christentums etwas zu sagen haben. Daraus erklärt sich die exemplarische Auswahl der Kulturformen. Ein italienischer Katholik, eine chinesische Presbyterianerin, ein russischer Orthodoxer und eine südafrikanische Anglikanerin würden eine Kulturgeschichte ihrer Herkunft in manchem anders erzählen als ein deutscher Protestant. Den Anspruch, all diese Geschichten auf einmal zu erzählen, kann und will niemand einlösen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir anfangen würden zu ahnen, wie die Geschichte der anderen aussehen könnte. Hier gibt es auf dem Feld einer Kulturgeschichte des Christentums noch sehr viel zu tun.
Die Standortgebundenheit bringt auch methodische Herausforderungen mit sich. Für jedes Thema des folgenden Buches gibt es weltweit Heerscharen von Experten. Die Forschung schon zu einem Gegenstand zu überblicken, ist schwierig, für das Gesamte vollkommen unmöglich. In Anbetracht der Stofffülle sind Auswahl und Darstellung immer nur in exemplarischer Weise möglich. Es ist das Anliegen des Buches, in der Vielfalt der Entwicklungen eine rote Linie auszumachen und zu einem Ganzen zusammenzufügen. Diese Herausforderungen und die Einsicht in die eigenen Grenzen halten für das Vorhaben am Ende immerhin einen guten Trost bereit: Es ist ehrenvoller, an etwas Großem zu scheitern als etwas Kleines zu meistern.
Das Christentum nimmt seinen Anfang in einer überragenden Persönlichkeit. Das tun andere Religionen auch: Das Judentum verehrt Mose als maßgeblichen Gesetzgeber, der Islam Mohammed als letzten und größten Propheten, der Buddhismus Buddha als einen Weisheitslehrer, der die Welt überwindet. Mose und Mohammed empfingen ihre Autorität unmittelbar von Gott, Buddha wurde erleuchtet. Daher gelten Mose, Mohammed und Buddha mit gutem Recht als Religionsstifter. Sie mussten dazu nicht notwendigerweise eine Religion absichtlich begründen; entscheidend ist, dass eine Religion auf ihr Wirken zurückgeht. Sie befanden sich in einer besonderen Nähe zum Heiligen und ragten darin über die Menschen hinaus, die sie umgaben. Das verlieh ihnen die Autorität, Lehren und Anweisungen auszusprechen, die in heiligen Schriften aufgezeichnet wurden. Sie stifteten Religionen und blieben doch Menschen, sie wiesen den Weg zu Gott und zum Heiligen, aber sie waren nicht das Heilige selbst.
In der Reihe der Religionsstifter steht auch Jesus Christus. Er ist die Persönlichkeit, in der das Christentum historisch seinen Anfang hat, er verkündigte ein neues Ethos, er war ein Prophet und Weisheitslehrer. Und doch hebt sich Jesus von den anderen Religionsstiftern markant ab, denn das Christentum verehrt Jesus Christus selbst als die höchste Erscheinungsform des Heiligen in der Welt. In Jesus erschien Gott selbst. Das Christentum betet daher seinen Stifter als menschgewordenen Sohn Gottes an. Sein Name ist die Kurzfassung eines religiösen Bekenntnisses: Jesus ist der Christus, der Messias. Gegner und Kritiker sahen in der Vergöttlichung und Anbetung des Religionsbegründers von Anfang an eine religiöse und auch intellektuelle Zumutung. Wegen der einzigartigen Verehrung Jesu als Messias haben sich die Christen von den Juden der Antike getrennt. Philosophen des Römischen Reiches wandten sich gegen diesen ihrer Auffassung nach primitiven Rückfall in eine mythische Religiosität. Der Koran schließlich ehrt Jesus als Propheten, verurteilt aber seine Anbetung als häretischen Polytheismus. Nicht Jesus selbst, sondern die religiöse Stellung, die er als Christus im Christentum einnimmt, zieht die Kritik auf sich.
So skeptisch man jedoch außerhalb des Christentums die Anbetung der Person Jesu betrachtet, so fraglos gilt sie innerhalb des Christentums als Wesenskern. Im Grunde kann man die ganze Kulturgeschichte des Christentums als die Summe der Versuche einer jeden Zeit und einer jeden Epoche lesen, mit den jeweils zur Verfügung stehenden kulturellen Ausdrucksmitteln den persönlichen Umgang mit Christus im Bewusstsein lebendig, frisch und wirkkräftig zu halten.
Das Christentum stand von Anfang an vor der Aufgabe, den ungeheuren Anspruch seines Stifters nicht einfach nur zu behaupten, sondern auch zu begründen. Das wirft die Frage nach der Person Jesu auf. In den Evangelien spricht sie Jesus selbst aus: «Wer sagen die Leute, dass ich sei?» (Mk 8,27) Bezeichnend ist die Reaktion seiner Jünger: «Einige sagen, du seist Johannes der Täufer; einige sagen, du seist Elia; andere, du seist einer der Propheten. Und er fragte sie: Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Du bist der Christus!» (Mk 8,28–29) Die Stelle, die sich in abgewandelter Form in allen vier Evangelien findet, spiegelt die Vieldeutbarkeit der Person Jesu eindrucksvoll wider. Seine Anhänger hoben sich dadurch ab, dass sie Jesus nicht nur in Analogie zu anderen historischen Gestalten sahen, sondern ihn als Christus erfuhren und verehrten. Die Jünger, so lassen uns die Evangelien wissen, haben aus der Begegnung mit Jesus, aus seinen Worten und Taten erkannt, dass er Gottes Sohn ist. Von nichts anderem berichten die Evangelien, wenn sie erzählen, wie Jesus auf übernatürliche Weise von der Jungfrau Maria geboren wurde, den Anbruch des Gottesreiches verkündigte, Wunder tat und Sünden vergab, von seinen Gegnern ans Kreuz gebracht und schließlich nach drei Tagen durch Gott von den Toten auferweckt wurde. Die Evangelien sind eine frühe Kulturform des Christentums, in der in einer ganz eigenen und neuen Literaturgattung die Göttlichkeit des Menschen Jesus vergegenwärtigt und in Erinnerung gehalten werden soll. Ihre Verfasser hatten kein Interesse an einer historischen Berichterstattung und an der Wiedergabe von Tatsachen, denn sie sprachen aus einer religiösen Begeisterung und Gewissheit und wollten diesen Enthusiasmus weitergeben. Die Evangelien beschreiben Jesus als Gottessohn, weil sich die Verfasser ganz sicher waren, dass er der Gottessohn ist. Daher griffen sie auf Ausdrucksformen des Mythos zurück und zeichneten Jesus in leuchtenden Farben.
Allerdings wüsste man neben der Verehrung Jesu, die in den Evangelien aufleuchtet, gern mehr darüber, wie es wirklich war. Dass die Evangelien Jesus als Gottessohn verehren, steht außer Frage, aber tun sie das auch zu Recht? Das große Projekt, in dem man seit dem 19. Jahrhundert nach der historischen Person Jesus suchte, endete in einer Enttäuschung. Albert Schweitzer hat diesem ehrgeizigen Unterfangen, das so viele kluge Köpfe anzog, mit seiner Geschichte der Leben-Jesu-Forschung ein literarisches Denkmal geschaffen.1 Das Ziel einer historisch verlässlichen Lebensbeschreibung des christlichen Religionsstifters hat die Wissenschaft nie erreichen können. Bedeutende Theologen wie der Marburger Neutestamentler Rudolf Bultmann zogen daraus die Konsequenz, die Frage nach dem historischen Jesus aufzugeben. Wesentlich ist, so lautet seine berühmte Wendung, dass allein «Jesu Gekommensein selbst das entscheidende Ereignis war».2 Was die Evangelien über Jesus berichten, sei historisch nicht belangvoll, sondern allein als mythischer Ausdruck des Glaubens der Urgemeinde wichtig. Doch auch dieser Lösungsweg endete in einem Zwist, denn Bultmanns Schüler wandten sich in diesem Punkt von ihrem Meister ab und stellten erneut die Frage nach dem historischen Jesus.3 Auch wenn man erkennen muss, dass man nie definitiv wird wissen können, wie es wirklich war, bleibt das Bemühen um historische Vergewisserung ein Grundbedürfnis der Wahrheitssuche seit der Auf klärung. Die wissenschaftliche und historische Erforschung der Bibel ist eine spezifisch abendländische Umgangsform mit dem eigenen Religionsstifter. Viele der gewonnenen Einsichten verdanken sich wissenschaftlichen Meisterleistungen.
Das Christentum begann an einem Ort «im Schatten der Weltgeschichte».5 In der Perspektive des Römischen Reiches lag Galiläa in einem entlegenen Winkel. Weniger ruhig stellte sich die Lage allerdings in Galiläa und im angrenzenden Judäa aus Sicht der Bewohner dar. Nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil hatten die Juden keine Möglichkeit mehr zur politischen Gestaltung des eigenen Landes. Von einer kurzen Phase abgesehen, war das Territorium ein Spielball wechselnder Herrscher und Mächte. Nach Alexander dem Großen hinterließ vor allem die hellenistische Kultur nachhaltige Spuren. Der Hellenismus war der Kulturriese der europäischen Antike, eine Mischgestalt aus griechischen und orientalischen Kulturformen. Einerseits pflegte er das Erbe der griechischen Klassik, in dem philosophischer Rationalismus und die Frage nach der richtigen Lebensführung des Einzelnen miteinander in Einklang zu bringen waren. Andererseits flossen in die Religionspraxis üppige orientalische Kultformen ein und Erlösungsvorstellungen bildeten sich aus, die auf eine Überwindung der Welt zielten. Die Grenzen zum Übernatürlichen wurden fließend. Es konnte sich in einzelnen Menschen zeigen, in einem «göttlichen Menschen», dem die Kraft zu wundersamen Handlungen zugetraut wurde. Rationale Wissensformen stießen im Hellenismus auf sehr durchlässige Grenzen zum Natürlichen und Übernatürlichen.
Zur Zeit Jesu stand Palästina unter römischer Herrschaft, zuweilen direkt, zuweilen unter romtreuen oder von Rom eingesetzten Machthabern. Die politische Bedeutungslosigkeit sowie die massiven kulturellen und religiösen Einflüsse der herrschenden Mächte kollidierten empfindlich mit den Verheißungen an das Volk Israel, die für die antiken Juden so große Zukunftshoffnungen begründeten. Das Judentum verarbeitete diese Herausforderung in unterschiedlicher Weise. In der Folge von Religionskriegen und innenpolitischen Auseinandersetzungen bildeten sich verschiedene religiöse Gruppierungen heraus. Am bekanntesten sind aus der biblischen Tradition die Pharisäer. Das von ihnen gezeichnete Bild der bornierten Schriftgelehrten hat wenig mit ihrer tatsächlichen Funktion zu tun. Die Pharisäer arbeiteten für eine Erneuerung des Judentums durch die Pflege und Fortführung der eigenen Traditionen. Die Sadduzäer hingegen, gesellschaftlich meist in der Nähe der Tempelaristokratie angesiedelt, richteten ihre Energien auf wortgetreue Toraauslegung und den Tempelkult. Die Gruppe der Essener, die erst im 20. Jahrhundert durch die Funde der Schriftrollen in Qumran fassbar wurde, war eine zurückgezogene Gemeinde, die sich in der Abgeschiedenheit der Wüste durch eine strenge religiöse Lebensführung auf die erwartete Endzeit vorbereitete. Die Zeloten hingegen strebten die Durchsetzung der Verheißungen an Israel mit politischen und militärischen Mitteln an. Hinzu kamen in der Zeit der Römerherrschaft messianische Bewegungen, in denen sich politische Ziele und religiöse Motive auf einzelne Rettergestalten fokussierten, die als Könige gerechte politische Herrschaft und zugleich religiöse Erlösung stiften sollten.
Wenn man von römischen Schriftstellern erfährt, dass Palästina zur Zeit Jesu ruhig gewesen sei, dann galt das nur aus der Perspektive des fernen Rom. Unter der Decke vermeintlichen politischen und militärischen Friedens brodelten jüdische Erneuerungsversuche, Messiashoffnungen und hellenistisch gefärbte Erlösungsvorstellungen. Dem auf Sicherheit und Vergewisserung bedachten Festhalten an den Traditionen stand eine unruhige Erwartungshaltung und eine erregte Erneuerungshoffnung gegenüber.
In diese angespannte mentale, religiöse und politische Gemengelage hinein wurde Jesus geboren. Die Chronologie und die gesicherten Daten seines Lebens sind karg und darum rasch wiedergegeben.6 Jesus wurde zwischen den Jahren 6 und 4 vor unserer Zeitrechnung sehr wahrscheinlich in Nazareth geboren, der Geburtsort Bethlehem ist wahrscheinlich eine spätere Konstruktion. Da das Alte Testament die Geburt des Messias in Bethlehem vorhersagt, verlegte schon die frühe christliche Überlieferung die Geburt Jesu dorthin. Seine Familie entstammte dem Handwerkermilieu, möglicherweise hatte er selbst einen Handwerksberuf erlernt und ausgeübt. Jesus hatte mehrere Geschwister, sein Bruder Jakobus, der «Herrenbruder», leitete nach dem Apostel Petrus in den Vierzigerjahren die Jerusalemer Gemeinde (Apg 12,17); auch deren Mutter Maria gehörte ihr an (Apg 1,14). In der Anfangszeit der Regierung des Pontius Pilatus als Statthalter in Palästina begann Jesus öffentlich aufzutreten. Zuvor war er wahrscheinlich Johannes dem Täufer gefolgt, einem weltabgewandten Prediger in der Wüste, der sich der Legende nach mit Kamelhaar kleidete und von Heuschrecken ernährte (Mk 1,6). Der Täufer predigte in der Tradition der alttestamentlichen Propheten mit energischer Entschlossenheit Buße und Umkehr, denn der Zeitpunkt von Gottes Gericht sei nahe. In Anbetracht des Weltendes rief er zur Askese auf. Johannes war Jesu Lehrer. Jesus ließ sich von ihm taufen (Mk 1,9), folgte seinem Lehrer aber nicht in allem. In der Frage der Askese ging er entschieden andere Wege. Was beide aber verband, war die Erwartung, dass das Reich Gottes nahe bevorstehe. Diese Naherwartung, die Jesus von seinem Lehrer Johannes dem Täufer aufnahm, wurde zum Herzstück seiner Verkündigung.
Jesus wirkte in Obergaliläa im Umfeld der Stadt Kapernaum in ländlichen Regionen, die größeren Städte mied er. Er zog umher, predigte den Anbruch des Reiches Gottes und wirkte Wunder. Wegen seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung und seines Umherwanderns wird Jesus heute als «Wandercharismatiker»7 bezeichnet, der Menschen um sich scharte, die aus ihren Alltagszusammenhängen ausstiegen und ihm nachfolgten. Die Dauer von Jesu Wirksamkeit ist schwer zu bemessen, es kann sich im Höchstfall nur um wenige Jahre gehandelt haben. Schließlich zog Jesus nach Jerusalem und fand dort sein Ende. Die jüdischen und die römischen Autoritäten empfanden sein Auftreten als Provokation, so dass ihn der Statthalter Pontius Pilatus nach kurzem Prozess zum Tode verurteilte. Das Leben Jesu endete am Kreuz, und es gibt wahrscheinliche, aber keine unanfechtbaren Gründe, dafür den 14. Nissan des Jahres 30 anzunehmen. Jesus war etwa Mitte 30, als er starb.
Im Zentrum des Wirkens Jesu stand in der Darstellung der Evangelien die Einzigartigkeit seiner Gotteserfahrung.8 Er war durchdrungen von der unbedingten Nähe Gottes. Gott war für ihn kein metaphysisches Prinzip des Denkens, auch nicht der Adressat kultischer Verehrung, dessen gütige Zuwendung man durch die Verrichtung ritueller Praktiken erwirken konnte. Jesus war weder Denker noch Priester. Gott zeigte sich für ihn in unmittelbarer Gegenwart, und diese göttliche Präsenz leuchtete durch seine Persönlichkeit hindurch.
Jesus sprach Gott als seinen Vater an. Das taten auch andere, selbst hellenistische Popularphilosophen wie Plutarch nannten Gott einen Vater. Sie meinten damit einen fürsorglichen und sanftmütigen Weltenlenker.9 Bei Jesus lagen die Dinge anders, ihm ging es um mehr. Sprach er vom Vater, dann meinte er eine ihn wohlwollend umfangende Lebensmacht, die er als konkretes Gegenüber erlebte. Es ist bis heute ein Rätsel, was es damit auf sich haben könnte, Gott als Person zu bezeichnen. Aus christlicher Perspektive lässt sich immerhin soviel sagen: Die Rede von Gott als Person nahm in Jesu besonderer Gotteserfahrung ihren Anfang. Es war die Erfahrung göttlicher Gegenwart als eines Gegenübers mit einem erfassbaren Willen, die seine gesamte Perspektive auf die Welt prägte.
Im Vordergrund stand Jesu Predigt über das anbrechende Reich Gottes.10 Sie bereitet modernen Auslegern traditionell große Nöte, weil man sich fragt, was das Reich Gottes sein soll. Dem antiken Judentum hingegen war es eine vertraute Größe. Es verstand Jahwe als König der Welt, der notwendigerweise sein Reich auf Erden durchsetzen und die unvollkommenen, falschen irdischen Herrscher ablösen würde. Dahinter stand die Überzeugung, dass Gott nicht einfach nur ein Prinzip oder Grund der Wirklichkeit sei, sondern in der Welt handle und in ihren Lauf eingreife. Die Vorstellung vom Reich Gottes liegt in der Logik dieses Gottesverständnisses. Gott als König der Welt muss all das überwinden, was seinem Wesen widerspricht. Das Reich Gottes löst die Welt nicht auf, sondern vollendet sie, im Reich Gottes gelangt sie endlich zu der Fülle, zu der sie als Schöpfung eines guten Gottes bestimmt ist. Alle großen Utopien der westlichen Kulturgeschichte beerben die Vorstellung vom Reich Gottes als Traum von einer besseren Welt.
Jesus hat das Reich Gottes allerdings nicht als einen Traum gepredigt, sondern er hat aus der Gewissheit seiner Gegenwart heraus gelebt. Der Glaube, dass das Reich Gottes bald kommen werde, war innerhalb des Judentums zur Zeit Jesu keine Seltenheit. Jesus aber lebte die Nähe des Gottesreiches in einer Weise, die nicht einfach die Wünsche und Sehnsüchte seiner Zeit nach einem besseren Leben erfüllte und die auch nicht nach der jüdischen Vorstellung Gott als königlichen Herrscher über die Welt erhoffte.
Jesus proklamierte das Reich Gottes mit Worten, bevorzugt mit Gleichnissen.11 Er setzte dabei Bilder aus der ländlichen und bäuerlichen Kultur Galiläas ein; die Gleichnisse vom Sämann und vom Senfkorn sind zwei berühmte Beispiele. Der Gebrauch der Gleichnisse hatte eine besondere didaktische Note, die seiner Rede einen Hauch Poesie verlieh. Die kräftigen Bilder brannten sich tief in das Erbe christlicher Kultur ein. Gleichnisse sind ein angemessenes Mittel, um das Verstehen zu erleichtern, und Jesus predigte das Reich Gottes allen, nicht nur den Klugen, Gelehrten und Verständigen. Jede Pointe seiner Gleichnisreden provoziert eine schlagartige Einsicht, und es erschließt sich über das Reich Gottes eine neue, verwandelte Sicht auf die Welt.
Angesichts der Naherwartung lag die Frage nach dem Zeitpunkt in der Luft. Wann kommt das Reich Gottes? Ist es schon da, kommt es bald oder in einer fernen Zukunft? In der gelehrten Welt gibt es lange Debatten darüber, wie Jesus diese Frage beantwortet hat. Die Besonderheit seiner Predigt lag in dem Spannungsbogen zwischen beiden Antworten: Das Reich Gottes ist schon da, es hat schon angefangen, und ist doch auch noch nicht da, denn seine ganze Vollendung steht erst noch bevor, und zwar unmittelbar, in naher Zukunft.12 «Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch» (Lk 17,21) lautet der berühmteste Satz der präsentischen Eschatologie Jesu. Luther hatte «mitten unter euch» mit «inwendig» übersetzt und damit eine lange und folgenreiche Kette von Fehlinterpretationen eröffnet, die das Reich Gottes ganz in eine friedvolle Innerlichkeit der Glaubenden verlegen. Der springende Punkt des Wortes ist jedoch nicht die Kraft des Reiches Gottes in den Herzen, sondern seine Anwesenheit in der Welt. Das schon angebrochene Reich Gottes ist eine Überwindung der Weltübel. Daher wird in ihm dem, was nach den Maßstäben dieser Welt verloren ist, ein Platz eingeräumt, der die Verlorenheit aufhebt. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11–32) ist wirkmächtigster und vielleicht auch schönster Ausdruck dafür, wie das andere Leben im Reich Gottes aussehen könnte und wie dort die üblichen Werthierarchien ausgehebelt werden könnten. Das Reich Gottes bedeutet eine «Umwertung der Werte».13 Aus der Sicht der Evangelien hat Jesus die Zuwendung zu denen, die verloren scheinen, nicht nur verkündigt, sondern auch gelebt.
Diese scheinbar grenzenlos gütigen Züge in Jesu Predigt vom Reich Gottes haben das Bild eines «lieben» Jesus hervorgebracht. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Der Anbruch des Gottesreiches ist ein gewaltiger Akt in kosmischen Ausmaßen, der den Menschen alles abverlangt. Jesus ist ohne Zweifel ein Gerichtsprediger gewesen, auch hier schlägt sich das Erbe des Johannes und der jüdischen Apokalyptik nieder. Der Evangelist Matthäus überliefert die berühmte Rede vom Weltgericht. «Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan» (Mt 25,40). Das wird der Maßstab sein, nach dem im Gericht geurteilt werden wird, und zwar mit ganz eindeutigem Ausgang: «Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben» (Mt 25,46). Der «liebe» Jesus predigte auch Feuer, Finsternis, Heulen und Zähneklappern. Jesu drastische Gerichtsverkündigung ist ein kulturgeschichtlich besonders interessantes Phänomen. Der darstellenden Kunst war es über ein Jahrtausend ein Lieblingsmotiv, modernen Bibelauslegern bereitet es Probleme. Mit Mühe hat man versucht, es als eine Erfindung der Evangelisten abzutun oder als pädagogisches Mittel zu entschärfen – Jesus habe so deutliche Worte gewählt, um die Ernsthaftigkeit des Lebens zu betonen. Entgegen solcher moderner Bereinigungsversuche liegt die Erklärung religionsgeschichtlich doch unabweisbar auf der Hand: Jesus verband das nahe Weltende mit einem großen Gericht, bei dem nicht alles «irgendwie gut wird».14 Man kann definitiv in diesem Leben auf der falschen Seite stehen und dementsprechend im Gericht auf der falschen Seite seinen Ausgang finden.
Jesu Gerichtspredigt stand in einer eigentümlichen Spannung zu der Art, wie das Reich Gottes eintreten solle. Das Gericht verlangt dem Menschen alle Entschiedenheit ab, und doch ist das Reich Gottes nicht das Resultat menschlicher Anstrengungen. Im Unterschied zur Vorstellung der großen politischen Utopien kann der Mensch mit seinem Tun die Welt nicht besser machen. So häufig man ihm auch diese Rolle zugeschrieben hat, Jesus war kein Weltverbesserer. Das Reich Gottes ist mehr als eine Welt voller guter Menschen, es ist im Lichte der Gotteserfahrung Jesu eine andere, neue Welt, in der die Anwesenheit Gottes unverstellt zu erfahren ist. Im Gleichnis von der selbst wachsenden Saat (Mk 4,26–29) hat Jesus ausdrücklich herausgestellt, dass das Reich Gottes wie bei aufgehendem Samen ohne Zutun des Menschen ganz «von selbst» hervorbreche. Besser wird die Welt allein dadurch, dass Gott «von selbst» in ihr gegenwärtig wird. Dass diese Gegenwart Gottes in der Welt sich schon jetzt ereignet, war das Herzstück der Gotteserfahrung Jesu, und darum war die Predigt vom Reich Gottes das Zentrum seiner Verkündigung.
Jesus hat das Reich Gottes nicht nur gepredigt, er hat es selbst gelebt und dazu aufgefordert, im Angesicht des Reiches Gottes zu leben – daher führte er dieses Leben in ruheloser Wanderschaft und höchster Intensität. Wenn das Reich Gottes schon angefangen hat, bleibt keine Zeit mehr, sich behaglich einzurichten in dieser Welt. Deshalb wandte sich Jesus in besonderer Weise denen zu, die aus der Welt herausgefallen waren oder am Rande standen. Er umgab sich mit Sündern, Dirnen, Zöllnern, Armen und Samaritanern. Darum schlagen schon immer die Herzen aller Sozialrevolutionäre für Jesus.
Er predigte die Sündenvergebung, er vergab selbst Schuld und er wirkte eine Fülle von Wundern. Naturgemäß ziehen die Wunder seit jeher die größte Aufmerksamkeit auf sich.15 Die Menschen waren zwar zur Zeit Jesu sowohl innerhalb als auch außerhalb des Judentums durchaus gewillt, zwischen der Welt des Natürlichen und der des Übernatürlichen durchlässigere Übergänge anzunehmen. Aber es ist ein Trugschluss modernen Denkens, der Antike zu unterstellen, sie habe naiv sämtliche Wunder für wahr gehalten. Dass ein Mensch Wasser in Wein verwandelt, Brot und Fische ins Unermessliche vermehrt, über das Wasser läuft, Tote auferweckt und am Ende gar selbst von den Toten aufersteht, das schien auch den Menschen damals als höchst sonderbar. Lange Zeit galten daher die Wunder schlicht als Beweis für Jesu Göttlichkeit.
Was erleben und fühlen Menschen, dass sie von Jesus solche Wunder überliefern? Diese Frage führt auf den historischen Kern eines besonderen Charismas Jesu zurück.16 Offensichtlich hat Jesus als Heiler gewirkt und dabei Menschen Vertrauen in die eigene Kraft zurückgegeben. Er selbst war sich dessen bewusst und verlieh seiner eigenen Wundertätigkeit eine bemerkenswerte Deutung: Jesus erblickte in seinen Wundern Zeichen für den Anbruch der Gottesherrschaft.
Stand sein eigenes Tun ganz im Zeichen der Gottesherrschaft, so gilt dies auch für das, was Jesus andere zu tun lehrte. Spricht man in diesem Zusammenhang von Jesu Ethik, so ist das irreführend, denn er hat kein Lehrsystem entwickelt, sondern aus der Gewissheit der Nähe Gottes heraus gepredigt. Gleichwohl ist das Bild von Jesus als Lehrer eines der wirkmächtigsten in der Geschichte des Christentums geworden. Offensichtlich erlaubt dieses Bild, das Übernatürliche und Fremde seiner Erscheinung abzumildern und seine Person gemäßigteren kulturellen Kontexten anzupassen. Zweifelsohne finden sich bei Jesus Aussprüche, mit denen man ihn mühelos in die Reihe großer Weisheitslehrer einordnen kann. Er kritisierte einen oberflächlichen Gehorsam, dem es im Interesse eines Heilsegoismus nur darum zu tun sei, die Gesetze seiner eigenen jüdischen Mutterreligion zu erfüllen. Den religiösen Ritualgesetzen konnte er anscheinend mit einem großen Maß an Unabhängigkeit begegnen: «Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr über den Sabbat» (Mk 2,27). Diese und ähnliche Züge seines Auftretens erklären zum einen die Feindschaft, die er sich von Seiten der zeitgenössischen jüdischen Autoritäten zugezogen hat, zum anderen die hohen Sympathiewerte, die Jesus wegen seiner Freiheitsliebe und Unabhängigkeit bis in die Gegenwart hinein zukommen. Die Pointe seiner Ethik liegt darin jedoch nicht. Sie ist vielmehr gekennzeichnet von einer unglaublichen Radikalisierung alltäglicher Lebensregeln, die sich als drastische Forderungen darstellen.17 Die Bergpredigt (Mt 5–7) ist eine grandiose Sammlung der wichtigsten Lehrsprüche Jesu, sie ist der bedeutendste und einflussreichste ethische Text des Christentums.18 Sie enthält die Seligpreisungen (Mt 5,3–10), die in einer kategorischen Umkehr der Werte die Armen, die Leidtragenden, Hungernden, Barmherzigen, die Menschen reinen Herzens und die Friedfertigen betreffen. Das bloß äußerlich richtige Tun reicht nicht aus, sondern die wahre Gesinnung ist entscheidend: «Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen» (Mt 5,28). Der Anspruch der Bergpredigt mündet ein in den absoluten Gewaltverzicht: «Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar» (Mt 5,39). Schließlich ruft Jesus gar zur Feindesliebe auf: «Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen» (Mt 5,44).
Welcher Mensch sollte so leben können? Die Frage nach der Erfüllbarkeit der Bergpredigt beschäftigt das Christentum seit seinen Anfängen und die Bandbreite der Antworten ist groß. So nannte man beispielsweise in der lutherischen Tradition die Bergpredigt ein speculum peccati, einen Spiegel, der den Menschen die eigene Sündhaftigkeit vor Augen hält.19 Jesus habe die radikalen Forderungen nicht wörtlich gemeint, sondern wollte an der prinzipiellen Unerfüllbarkeit zeigen, wie wenig der Mensch aus eigener Kraft vermöge und wie sehr er daher auf die göttliche Gnade angewiesen sei – eine raffinierte, aber verkehrte Auslegung. Sie mag ein Hinweis darauf sein, wie man heute mit der Bergpredigt umgehen könnte, verfehlt aber die Absicht Jesu. Dieses Auslegungsbeispiel ist eines von vielen Indizien dafür, dass wir zwischen Jesus und dem Christentum nicht einfach eine bruchlose Kontinuität annehmen können. Es steht exemplarisch für das verständliche Ansinnen, sich mittels theologischer Konstruktionen von diesen maximalen Forderungen zu entlasten. Andererseits ist es jedoch die Radikalität dieser Ethik, die innerhalb des Christentums Erneuerungsbewegungen, elitäre Gemeinschaften und Sekten immer wieder zu Versuchen angespornt hat, dieses Ideal zu leben. Die Bergpredigt ist eine Quelle dauerhafter Unruhe, mit der das Christentum zwar aufs Ganze gesehen gut leben, aber letztlich doch nie wirklich fertig werden kann.
Den Schlüssel zum Verständnis dieser maximalen und weltfremden Ethik liefert Jesus in der Bergpredigt selbst: «Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles zufallen» (Mt 6,33). Jesu Ethik beruhte auf der Gewissheit der weltverwandelnden Kraft des Reiches Gottes. Was vernünftigerweise eine gute Ethik leisten sollte, einen Ausgleich zwischen den eigenen Interessen, dem Gemeinwohl und den Gegebenheiten der Realität herzustellen, interessierte im Lichte der angebrochenen Ewigkeit nicht. Für solche Abwägungen war keine Zeit mehr. Der Mensch des Reiches Gottes lebt ganz aus der Liebe, in der er sich selbst vergisst. Entsprechend haben die ersten Anhänger Jesu seinen Tod als konsequente Hingabe des eigenen Lebens für die anderen verstanden. Das Motiv der liebenden Selbsthingabe ist von da an ein kräftiger Impuls des christlichen Weltumgangs, oft missverstanden, noch öfter mit seelisch grausamen Folgen instrumentalisiert, und doch bleibt es eines der größten Ideale des Christentums, das sich selten, aber doch immer wieder in der Geschichte in bedeutenden Gestalten durchsetzen kann, die man dann mit Fug und Recht in der Nachfolge Christi als Heilige bezeichnet. Heilig ist dabei, dass das Leben sich von etwas getragen weiß, das größer und mächtiger ist als das Leben selbst. In diesem Wissen kann es von sich selbst und seiner eigenen Erhaltung getrost ablassen.
Jesu Ethik verkörpert ein Leben, das die Natur mit all ihren Gesetzen der Selbsterhaltung und der Konkurrenz der Lebewesen hinter sich lässt.2021