1. Auflage 2022
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Print ISBN: 978-3-947818-49-5
E-Book ISBN: 978-3-947818-50-1
Dieses Buch ist William James Durant gewidmet. Mit seinem umfassenden Werk zur Menschheitsgeschichte hat er grundlegende Prinzipien zur Entwicklung der Zivilisation erarbeitet.
Die Zivilisation besteht aufgrund der Duldung der Geologie – fristlose Veränderung vorbehalten.
Will Durant
Philosoph und Schriftsteller (The Story of Civilization)
Euer Bericht zeigt uns, wieviel
Nötig ist, die Welt zu verändern:
Zorn und Zähigkeit, Wissen und Empörung.
Schnelles Eingreifen, tiefes Bedenken
Kaltes Dulden, endloses Beharren
Begreifen des Einzelnen und Begreifen des Ganzen:
Nur belehrt von der Wirklichkeit, können wir
Die Wirklichkeit ändern.
(Abschlusschor in Berthold Brechts „Die Maßnahme“)
„Das Stück zeigt, dass es bei der revolutionären Tätigkeit Handlungen von solcher Schädlichkeit gibt, dass derjenige, der sie begeht, dem Proletariat eventuell nur noch durch Verschwinden helfen kann.“ (Hanns Eisler, Komponist, zur „zweiten Uraufführung“ von „Die Maßnahme“, nachdem das Stück erst von den Nationalsozialisten und dann von Berthold Brecht selbst verboten worden war).1
Das vorliegende Buch widmet sich der Frage, ob die Beherrschung der Erde durch die Menschheit am Ende zum Untergang der Menschheit führen kann, weil wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen zerstören, oder ob es eine Rettung für uns gibt.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten schon viele Alarmstufen erlebt – und als Gesellschaft alle davon überlebt. Erinnern wir uns an einige von ihnen: Kalter Krieg – Atomtod – Rinderwahn – Vogelgrippe – Waldsterben – Feinstaub – Eurokrise – demographische Katastrophe – Finanzkrise – Krieg der Kulturen – islamistischer Terror – Rechtsextremismus – Globalisierung – Migration – Digitalisierung – und natürlich Corona. Und während wir noch mit der Bewältigung einiger dieser Krisen beschäftigt sind, malen die Propheten des Untergangs längst die nächsten Horrorszenarien an die Wand: eine Klimakatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, die Überwältigung der Menschheit durch die Künstliche Intelligenz und der Dritte Weltkrieg durch das Aufeinanderprallen der beiden Supermächte China und USA oder auch das Aufbäumen Russlands stehen auf der Agenda der Zukunftsprognostiker.
Die Coronajahre 2020/21/22 haben verdeutlicht, dass diese Krisen überaus real sind. Der Kalte Krieg hat mindestens die halbe Menschheit bedroht, die Atomkraftwerksunglücke in Tschernobyl und Fukushima hätten so oder ähnlich überall passieren können, ein Bankenrun in der Finanzkrise hatte im Bereich des Möglichen gelegen, die Probleme der Migration nach Europa sind unübersehbar, der Terror hat zweifelsohne seit 9/11 eine neue Dimension angenommen und die Pandemie hat die ganze Welt mehrere Jahr lang in Geiselhaft genommen. Aber keine dieser Katastrophen hat unsere Welt in den Abgrund gestürzt. An einige davon wie etwa das prognostizierte Waldsterben oder das damals scheinbar unaufhaltsame Aufreißen des Ozonlochs erinnern wir uns kaum noch.
Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, wenn der Absolutheitsanspruch, mit dem die Klima-Katastrophen-Warner unsere Welt retten wollen, nicht überall nur Anklang findet, sondern ebenso auch auf Skepsis stößt. Ist es wirklich schon fünf vor Zwölf oder wie manche behaupten sogar bereits fünf nach Zwölf, um das Klima und damit die ganze Welt zu retten? Sind wirklich alle anderen Überlegungen der Klima- und damit der Weltenrettung unterzuordnen, um das Überleben der Menschheit zu sichern? Oder sind die Ängste möglicherweise übertrieben und ist es eher der menschlichen Hybris geschuldet, zu meinen, wir könnten das Klima in die eine oder andere Richtung beeinflussen?
Wie viele Themen der letzten Jahre ist auch „das Klima“ eher eine „Glaubensfrage“ geworden, ein politisches und gesellschaftliches Thema, bei dem es in vielen Diskussionen weniger auf die Faktenlagen anzukommen scheint als vielmehr auf die Haltung. Die Klimadebatte kommt einer Gesinnungsfrage näher als einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung.
In diesem Buch geht es vor allem darum, die unterschiedlichen Argumente gegenüberzustellen – nüchtern und ohne Gesinnung, aber engagiert in der Sache. Bedenken wir: Wenn die Klimakatastrophe eintritt, könnten ihre Folgen um ein Vielfaches weitreichender sein als bei allen bisherigen Katastrophen zusammen. Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, wie schnell und wie umfassend uns – die Menschheit – ein globales Desaster überraschen kann. Zwar gab es schon Jahre vorher Mahner und Warner, die das Schreckensbild einer Pandemie an die Wand malten, aber seien wir ehrlich – die meisten von uns glaubten nicht daran. Wir hielten es für sehr unwahrscheinlich und völlig übertrieben. Das Argument der Skeptiker – vorangegangene Virusausbrüche wie Sars, Mers, die Vogel- und die Schweinegrippe hatten nur geringe Auswirkungen gezeigt – schien schlüssig. Dabei liefen nur wenige Jahre vor der Coronapandemie die Schreckensbilder der Ebolaausbrüche in Afrika über die Bildschirme. Doch Afrika schien damals weit weg – ebenso wie China, bevor der internationale Luftverkehr das Virus rasend schnell in die ganze Welt verbreitete. Wenn man einen Moment innehält, wird klar, dass wir mit Corona noch vergleichsweise glimpflich davon gekommen sind – stellen wir uns einmal vor, ein mit Ebola vergleichbares Virus hätte die Menschheit überfallen. So schrecklich die Coronasituation 2020/21/22 war, im Vergleich mit einem globalen Ebolaausbruch war Corona geradezu harmlos.
Zurück zum Klima: Niemand kann mit Gewissheit vorhersagen, welchen Wandel das Klima in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten nehmen wird – von noch längeren Zeiträumen ganz zu schweigen. Jeder von uns weiß: Selbst der Wetterbericht für morgen ist nicht zuverlässig, der für nächste Woche weitgehend unberechenbar. Dennoch liegt es uns Menschen inne, uns Gedanken über die Zukunft zu machen, sie zu unseren Gunsten beeinflussen und Katastrophen abwenden zu wollen. Ebenso, wie wir einen Regenschirm mitnehmen, wenn es beim Verlassen des Hauses „nach Regen aussieht“, sollten wir uns auf eine wahrscheinliche oder auch nur vermeintliche Klimakatastrophe vorbereiten bzw. ihr entgegenwirken. Und ebenso wie bei der Coronakrise globales und nationales Handeln aufeinander prallten – der Kampf um die Verteilung der Impfstoffe stand beispielhaft dafür – ist auch beim Klimawandel ein ambivalentes Verhalten der Staatengemeinschaft zu erwarten. Einerseits geht es darum, die eigene Bevölkerung vor den Folgen zu schützen, andererseits ist beim Klima noch stärker als beim Virus klar, dass es nur gemeinsam gelingen kann, die Katastrophe zu verhindern oder jedenfalls zu lindern.
In diesem Sinne versteht sich das vorliegende Werk als Aufforderung zum Handeln. Gleichgültig, ob man zu denjenigen gehört, die fest davon ausgehen, dass der Klimawandel menschengemacht ist, oder eben nicht bzw. nur in geringem Maße, ist die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ohne Zweifel für alle Menschen gut. Indes stellt das hier vorgelegte Buch ein Plädoyer für maßvolles Handeln – als Gegensatz zu maßlosem Agieren – dar. Es geht darum, soweit wie möglich entlang der Faktenlage zu handeln und nicht im blinden Eifer eine Glaubensfrage daraus zu machen. Es geht um Wissenschaft, um Vernunft, um rationales Vorgehen – und nicht um eine Gesinnung des dafür oder dagegen. Und es geht – das lässt sich weder abstreiten noch verhindern – auch um Politik und um gesellschaftliche Strömungen. Die Pandemie 2020/21/22 hat gezeigt, welchen Einfluss das politische Handeln und die Stimmung in der Zivilgesellschaft auf die Maßnahmen zur Eindämmung einer Katastrophe haben.
In diesem Sinne stellt das vorliegende Buch auch ein Plädoyer für den Frieden dar, für das friedliche Ringen um die besten Lösungen, um das Schicksal der Menschheit zum Positiven zu beeinflussen. Es ist zweifelsohne notwendig und richtig, um die besten Wege zur Erhaltung unserer natürlichen Ressourcen und unseres Klimas zu streiten. Aber es ist ebenso wichtig, bei dieser Kontroverse nicht nur die eigene Meinung als die „absolute Wahrheit“ zu verkünden, sondern auch andere Ansichten gelten zu lassen, anderen Menschen zuzuhören und die Interessen anderer zu berücksichtigen. Seien wir ehrlich: Es ist viel einfacher, der eigenen Meinung zu glauben als auch nur in Erwägung zu ziehen, ein anderer könnte Recht haben und man selbst im Irrtum sein. Doch genau diese Bereitschaft benötigen wir, gepaart mit dem Willen, friedlich zu streiten, um die Klimakrise nicht zu einer Krise der Menschheit werden zu lassen.
Es bleibt die Hoffnung auf mehr Vernunft, mehr Einsicht und mehr internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der nächsten anstehenden Katastrophe.
Hang Nguyen et al.
An diesem Werk haben zahlreiche namhafte Mitglieder der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council mitgewirkt, vornehmlich durch politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Ratschläge, Kommentare und Korrekturen. Das vorliegende Buch stellt in diesem Sinne ein Gemeinschaftswerk dar.
Der Klimawandel als solches ist unbestritten. Die Streitfrage lautet vielmehr: Verursacht der Mensch diesen Wandel, kann der Mensch das Klima beeinflussen? Und wenn ja, in welchem Ausmaß und mit welchen Folgen?
Tatsächlich hat sich die Erde schon immer massiv gewandelt – nicht erst seit Menschengedenken, sondern schon lange, bevor an den Menschen überhaupt zu denken war.2 Seit dem Urknall des Weltalls, den die Wissenschaft auf etwa 13,8 Milliarden Jahre zurückdatiert, ändert sich die Welt.3
Bei der Entstehung der Erde vor rund 4,8 Milliarden Jahren war sie eine heiße Kugel aus glühendem geschmolzenem Gestein, umgeben von heißen, ätzenden und giftigen Gasen. Die Erde torkelte förmlich durchs All, weil der stabilisierende Mond noch fehlte. Die Oberfläche war kahl und extrem heiß, weil sie unter Dauerbeschuss vagabundierender Gesteinsbrocken stand, die beim Einschlag eine enorme Hitze freisetzten. Meere aus Lava entstanden, der ungehobelte Klotz nahm allmählich die Gestalt eines glühenden Balls an.4
Schwermetalle wie Eisen und Nickel wanderten in die Tiefe und bildeten den gewaltigen Erdkern. Die Erde rotierte damals wesentlich schneller als heute, erst im Laufe der Zeit wurde sie gebremst, vor allem durch den späteren Einfluss des Mondes.
Rund 70 Millionen Jahre nachdem die Sonne zum ersten Mal aufleuchtete, kam es zu einer Kollision: Ein Himmelskörper mit der Masse des Mars raste auf Kollisionskurs auf die Erde zu. Er schlug mit etwa 36.000 Kilometer pro Stunde auf unseren Planeten.
Doch es war nur ein schräger Aufprall, den die Erde überstand. Allerdings wurden große Teile des Erdmantels weggerissen und ins All geschleudert, die zusammen mit Überresten des Einschlagkörpers eine Gesteinswolke bildeten, die um die Erde kreiste. Teile aus dieser Wolke verdichteten sich zu einem größeren Brocken, dem Mond, der seitdem von der Erdanziehung auf einer dauerhaften Umlaufbahn gehalten wird.
Der Mond wird indes nicht nur von der Erde angezogen, sondern auch umgekehrt: Die Anziehungskraft des Mondes sorgt dafür, dass die Erdrotation allmählich abgebremst wird. Das führt dazu, dass die Tage alle 40.000 Jahre um eine Sekunde länger werden. In ferner Zukunft wird die Sonne nur noch einmal pro Mondperiode aufgehen, ein Tag also gut einen Monat lang dauern.5
„Früher gab es auch schon heiße Jahre“ lautet eines der Argumente derjenigen, die die These vertreten, dass sich das Klima zwar wandele, aber dass die Menschheit darauf keinen wesentlichen Einfluss habe.
Gerne angeführt wird der Sommer des Jahres 1540, der deutlich heißer und trockener war als etwa 2018. Vor allem war die damalige Hitzewelle auffallend lang, nämlich von Ende Februar bis Anfang September. In Zürich etwa regnete es in dieser ganzen Zeit lediglich viermal; Mailand blieb fünf Monate lang völlig trocken.6 Auch die Jahre 79 n. Chr. sowie 1387 und 1473 sind als extrem heiß und trocken bekannt. Es wird berichtet, dass in der viermonatigen Dürre von 1473 die Menschen zu Fuß durch das trockene Donaubett gelaufen sind. Von Industrialisierung, hohen CO2-Emissionen und ausufernder Viehwirtschaft konnte damals sicherlich nicht die Rede sein.
Seit 1900 waren insgesamt 24 extreme Sommer zu verzeichnen. Zwölf davon waren sehr heiß, zwölf auffallend kühl, wird weiterhin argumentiert.7
Im Sommer des Jahres 1981 veröffentlichte das renommierte deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Titelbild, auf dem rauchende Fabrikschornsteine einen dürren, verkrüppelten Wald überragen. Seitdem war ein Begriff geprägt: Waldsterben – und die Ursache war ebenfalls ausgemacht: der saure Regen.
In einer dreiteiligen Serie ließ die Spiegel-Redaktion Forstexperten warnen: „In den Wäldern tickt eine Zeitbombe“.8 Ein großflächiges Tannen- und Fichtensterben wurde von vielzitierten Fachleuten als „erste Vorzeichen einer weltweiten Umweltkatastrophe von unvorstellbarem Ausmaß“ gewertet. Auslöser des Untergangs der Wälder waren saure Niederschläge – Schwefeldioxid (SO2) – aus Ölheizungen, Auspufftöpfen und, vor allem, aus den Schloten von Kraftwerken, Erzhütten und Raffinerien. Nicht nur Flora und Fauna waren bedroht, sondern auch die menschliche Gesundheit. Detailliert legte der Spiegel Seite um Seite dar, welches Waldstück in welcher Gegend in welchem Umfang schon beschädigt war und welche fatalen Folgen sich daraus zwingend ergeben werden.
Das Wort „Waldsterben“ machte international Karriere, als „le Waldsterben“ in Frankreich und „The Waldsterben“ im angelsächsischen Sprachraum.9 Eingetroffen ist das prognostizierte Waldsterben nirgendwo, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang. Mehr als 35 Jahre später muss man feststellen: Die angesagte Katastrophe ist ausgeblieben.
Im Jahr 1986 zierte ein von Wassermassen umspielter Kölner Dom das Titelbild des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Darunter der Titel „Die Klima-Katastrophe“ und die Begründungen „Ozon-Loch. 10 Pol-Schmelze. Treibhaus-Effekt. Forscher warnen“. Der Spiegel war nicht allein. Beinahe alle großen Leitmedien, heute würde man sagen die Mainstream-Medien, waren sich einig: Die Polkappen werden schmelzen und zu einem Anstieg des Meeresspiegels um mehr als sieben Meter binnen 25 bis 30 Jahren führen. Wer rechnen kann, wird feststellen: Dieses Szenario müsste längst eingetreten sein. Wer also den heutigen Klimapropheten eine gehörige Portion Skepsis entgegenbringt, kann ohne weiteres auf Erfahrungen aus der Vergangenheit verweisen.
Wenn man wissenschaftlichen Erkenntnissen glauben darf (und das tun die Autoren des vorliegenden Buches), lagen die Temperaturen in den Alpen etwa 3.000 Jahre vor Christus im Durchschnitt 2 Grad Celsius über dem heutigen Niveau. Nur durch diese 2 Grad wärmere Zeit war es den neolithischen Wanderern wie dem „Ötzi“ überhaupt möglich, die Berge zu überqueren. Erst etwa 850 vor Christus sanken die Temperaturen derart stark ab, dass die Alpen unüberwindbar wurden. Um Christi Geburt herum wurde es wieder wärmer. In den zentraleuropäischen Klöstern und Kirchen konnte man im Hochmittelalter nur deswegen ohne Heizung leben und dennoch nicht frieren, weil es warm genug geworden war. In England wurde sogar in großem Maßstab Wein angebaut. Doch dann kippte das Klima, wie schon häufiger in der Erdgeschichte: Es kam zur „kleinen Eiszeit“ zwischen 1550 und 1750. Die Themse in London fror ein, viele Ernten fielen aus. Möglicherweise trug dieser Klimawandel eine Mitschuld am Beginn des 30jährigen Krieges.11
Die Wetterveränderungen in Zentraleuropa stellen indes nur einen kleinen Ausschnitt aus den Unwägbarkeiten der Klimaveränderungen auf unserem Planeten dar. Soweit bekannt kam es mindestens viermal in der Urgeschichte zu ausgedehnten Wärmeperioden. So gab es beispielsweise vor etwa 400.000 Jahren eine globale Erwärmungsphase, die immerhin 30.000 Jahre anhielt.
In den letzten 3,5 Millionen Jahren taute die Antarktis mehrmals auf und wieder zu. 12 Der Kohlendioxidgehalt, ein Schlüsselindikator bei der heutigen Klimadiskussion, veränderte sich in früheren Zeiten heftig.
So soll er vor etwa einer halben Milliarde Jahren bei 28 Prozent der Atmosphärengase gelegen und danach in mehreren Kaskaden abgefallen sein. Der Sauerstoffanteil der Atmosphäre lag vor 300.000 Jahren bei etwa 30 Prozent, ging vor 200.000 Jahren auf 12 Prozent zurück und stieg dann langsam wieder auf 21 Prozent, wie wir sie heute erleben.13
Was lässt sich aus den oben grob skizzierten Veränderungen beim Klima in den letzten Jahrmillionen und Jahrtausenden ableiten? Ganz einfach: Es gab niemals ein „Normklima“, eine Art stabile Periode, ein Klima, bei dem „alles genau richtig“ war. Im Sommer scheint ständig die Sonne – aber es ist natürlich nicht zu heiß, sondern nur sagen wir 25 Grad Celsius, im Winter fällt Schnee – aber nicht zuviel, bestenfalls 35 Zentimer, es herrscht überwiegend blauer Himmel – aber natürlich regnet es auch regelmäßig, indes nur in mäßigen Schauern… Das ist ein Wunschwetter des Menschen, die Natur hat dieses dauerhafte „Normwetter“ niemals parat gehalten – jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum. Daher ist es unsinnig, heutzutage jede Abweichung von diesem „Normwetter“, jede Wetterkatastrophe, als vom Menschen verursachten Weltuntergang zu beklagen oder gar verhindern zu wollen. Dies darf allerdings nicht als Freibrief für menschlich unverantwortliches Handeln interpretiert werden. Der sogenannte Ruddiman-Effekt zeigt, dass der Mensch sehr wohl Einfluss auf das Klima nimmt – und zwar schon lange vor der Industrialisierung.
Im Jahre 2005 entdeckte der US-Klimaforscher William Ruddiman bei der Analyse langfristiger Klimamodelle eine Anomalie. Demnach hätte es vor zehntausend Jahren nach den astronomischen Zyklen, die das Klima prägen, eigentlich deutlich kälter werden müssen. Als Ursache für die Abweichung machte Ruddiman einen bislang unbeachteten Faktor aus: den Menschen. Schon in der Urgeschichte der Menschheit hatte diese mit den frühen Anfängen des Ackerbaus gewaltige Rodungen und Holzverbrennung vorgenommen, wodurch die Kohlendioxidwerte stiegen. Infolgedessen kam es nicht zu einer derart starken Abkühlung der Erde, wie es entlang der astronomischen Zyklen zu erwarten gewesen wäre.14
Der Mensch „formt“ also das Klima auf unserem blauen Planeten zumindest in einem gewissen Ausmaß. Der Begriff des „Terraforming“ ist erst vor einigen Jahren entstanden; er steht für eine heute noch utopische Technologie, mit der man ganze Planeten klimatisch umformen kann – beispielsweise den Mars, um ihn eines Tages zu besiedeln. 15 Tatsächlich betreibt die Menschheit längst Terraforming, allerdings ungewollt und unbewusst. Doch es lässt sich kaum leugnen, dass viele Landschaften auf der Erde ihr heutiges Aussehen menschlichem Handeln zu verdanken haben. So hat beispielsweise die Abholzung des Mittelmeergebietes erst das mediterrane Klima entstehen lassen, das viele von uns als besonders angenehm empfinden. Die von Menschen angelegten Reisterrassen in Asien gelten ebenfalls als „Terrorformer“, weil das Mikroklima aufsteigender, regenreicher Winde hervorrufen – und das seit Jahrtausenden.
Doch die gravierendsten Veränderungen beim Klima hat nicht der Mensch verursacht, sondern „das Leben“, zunächst vor allem die Pflanzenwelt. Die vor eineinhalb Milliarden Jahren entstandene Photosynthese brachte Sauerstoff in die Luft – eine Klimakatastrophe für die meisten anderen damaligen Lebensformen. In der sogenannten kambrischen Explosion vor etwa 541 Millionen Jahren entstanden im geologisch winzigen Zeitraum von 5 bis 10 Millionen Jahren so viele neue Tierstämme wie nie zuvor – gefolgt vom größten Artensterben aller Zeiten.16 Rund 95 Prozent aller Arten wurden damals binnen kürzester Zeit vernichtet, doch die meisten mehrzelligen Tierstämme, die seitdem die Erde bevölkern, sind auf diese urzeitliche Epoche zurückzuführen. Das Leben hat überlebt und sich weiterentwickelt.17