Sebastian Deubelli
Fotografie und Recht im Fokus
Alles Wissenswerte zu Urheberrecht, Pricing, Steuer, Nutzungsrecht und Social Media
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ISBN ISBN 978-3-7475-0327-0
1. Auflage 2021
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Lektorat: Katja Völpel
Korrektorat: Claudia Fluor
Covergestaltung: Christian Kalkert
Coverfoto: Alexey Testov
Electronic Publishing: Petra Kleinwegen
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Impressum
Vorwort
Der Autor
Teil 1
Urheberrecht
Schluss mit der Werbekennzeichnung für Fotografen?
Bild geklaut, und nun?
Bild im Ausland geklaut – und nun?
Ein Blick auf die Initiative zur Änderung des Urhebervertragsrechts
CGI versus Fotografie – ein rechtlicher Vergleich
Reiss-Engel – Was hat Wikipedia mit meinen Fotos zu tun?
Mein Azubi macht ein Foto vom Produkt meines Kunden mit meiner Kamera – und es ist seins!?
Bilderklau und der richtige Umgang damit – Nachlizenzierung vs. Abmahnung
Die Top fünf der rechtlich irrelevanten Ausreden bei Bilderklau
Gesetzesänderung: das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz und die Auswirkungen für Fotografen
Rückruf von Bildlizenzen, oder: Wieso man sich auch als Fotograf die AGB seiner Bildagentur genau durchlesen sollte
Die Pflicht zur Urhebernennung – was sie wirklich bedeutet
Die Datenschutzgrundverordnungspanik und ihre Berechtigung in Fotografenkreisen
Ein Zwischenstand zur DSGVO – alle leben noch!
Die Córdoba-Entscheidung des EuGH – das ist (gerade) nochmal gut gegangen
Die Entscheidung der EU für Upload-Filter und die Auswirkung auf Fotografen in der Praxis
Die Geschichte vom vermeintlich kostenfreien Bilderklau geht weiter
Urheberschutz bei nachgestellten Bildmotiven
Auf dem Foto ist mein Haus zu sehen – ich verklage Sie!
Die Panoramafreiheit und ein Kreuzfahrtschiff
Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung nach Urheberrechtsverletzung
Idee, Motiv, Foto – was an einem Foto alles urheberrechtlich geschützt sein kann
Checkliste
Teil 2
Pricing und Steuer
Bilder unter Wert verkauft – kein Problem?
Bundesgerichtshof: Nie wieder Schadensersatz nach MFM für geklaute Bilder
19 % Umsatzsteuer auf Fotobücher und was das mit Kultur zu tun hat
Schadensersatz bei Bilderklau? Klar – irgendwas zwischen 0 und 50.000 € …
40.000 oder 100 € für ein geklautes Bild – was macht den Unterschied?
Checkliste
Teil 3
Nutzungsrecht
Nutzungsrechte einräumen wie die Großen
Ist im Wahlkampf wirklich alles erlaubt?
Drei Gründe, wieso man Nutzungsrechte verkaufen sollte
Schadensersatz und die Kölner Gerichtsbarkeit – null plus null ist plötzlich hundert!
Zehn Dinge, die man beachten sollte, wenn man Nutzungsrechte vergibt
Das Recht zur Bearbeitung und was alles dazugehört
Was ist eigentlich eine redaktionelle Bildverwendung?
Checkliste
Teil 4
Social Media
Pinterest und das Urheberrecht
Framing, Embedding und andere Möglichkeiten für gratis Bilder
Facebook, Google und andere Troublemaker auf dem Bildermarkt
Man wird ja wohl noch Bilder bei Facebook teilen dürfen – oder?
Lizenzvergabe in soziale Netzwerke und wieso das alles so schwierig ist
Checkliste
Teil 5
Praktische Rechtstipps
Recht haben und Recht bekommen – wie man die größten Verhandlungsfehler vermeiden kann
Markenrecht für Fotografen
Das müssen Sie doch erst mal beweisen!
Die fünf Punkte, die in Fotografen-AGB nicht fehlen sollten
Fünf Dinge, die man beachten sollte, wenn man einen Fotoauftrag vergibt
Was in einem Fotografenvertrag auf gar keinen Fall fehlen sollte
Drei rechtliche Probleme, die ihr bei Produktfotos bekommen könnt und wie ihr sie vermeidet
Drei Tipps für den Umgang mit Rechtsverletzungen im Ausland
Rechtliche Anforderungen an digitale Strategien für Fotografen
Der richtige Umgang mit Auftragsstorni
Was wir rechtlich aus der Corona-Krise gelernt haben – vergleicht euch!
Der richtige Umgang mit negativen Bewertungen im Internet
Checkliste
Kommt ein Klient zu einem Rechtsanwalt und schildert seinen Fall. Sagt der Anwalt: »Kein Problem, das gewinnen wir.« Der Klient wird ganz blass. Fragt der Anwalt: »Was ist los? Ich sagte doch, das gewinnen wir.« Sagt der Klient: »Ja, aber ich habe Ihnen den Fall aus der Sicht der Gegenseite geschildert.«
Spaß beiseite – der beste Anwalt ist immer der, der einen Rechtsstreit vor Gericht zu verhindern weiß. Indem er rechtzeitig berät. Das tut Rechtsanwalt Sebastian Deubelli unter anderem in seiner ProfiFoto-Rechts-Kolumne, in der er Ausgabe für Ausgabe des Fachmagazins für Fotokultur und -technik rechtliche Fragestellungen von und für Fotografen aufgreift – praxisnah, kompetent und immer kurzweilig. Wo viele seiner Kollegen im sprichwörtlichen »Anwaltsdeutsch« verharren, schreibt Deubelli Klartext, lesbar und immer auf den Punkt.
Und dass Fotografen die Fragen nicht ausgehen, dafür sorgt allein schon die sich ständig wandelnde Rechtsprechung und Gesetzgebung. Panoramafreiheit, Urheberrecht, Datenschutz-Grundverordnung, nur drei Stichworte von vielen, die dazu beitragen, dass es Fachanwälten für Medien- und Urheberrecht nicht an Aufträgen mangelt.
Wer wissen will, welche grundlegenden Regeln im Fotobusiness gelten, dem hilft Sebastian Deubelli mit seinem Fach- und Insiderwissen, und das jetzt erstmals auch in Buchform. Arbeitslos wird er dennoch nicht, denn: Bekanntlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Weshalb das Beispiel in der Einleitung natürlich hinkt.
Aber probieren Sie das doch bitte selbst aus, wenn Sie einmal Sebastian Deubellis juristischen Rat trotz der Lektüre seiner hier versammelten ProfiFoto-Kolumnen benötigen sollten … Updates aus seiner Feder finden Sie bis dahin Monat für Monat in ProfiFoto. Allerdings exklusiv nur in der Printausgabe unseres Magazins und nicht online auf unserer Website. Denn Deubellis Rat und Lebenshilfe für professionelle Bildermacher verdient es, schwarz auf weiß gedruckt zu werden. So auch hier in diesem Buch der ›Edition ProfiFoto‹.
Viel Spaß mit dieser Sammlung seiner Kolumnen, auf dass Sie nie zu seinen Klienten gehören müssen!
Thomas Gerwers
Redaktion ProfiFoto
Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er verfügt über langjährige Erfahrung bei der rechtlichen Beratung und Vertretung von Fotografinnen und Fotografen sowie über eine umfangreiche Expertise im Bereich Bildrecht. Sebastian Deubelli berät bei vertraglichen Themen ebenso wie bei Fragen rund um die rechtmäßige Erstellung und Verwendung von Bildern.
Als Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Justiziar des Fotografenverbands PIC Verband e.V. und Verbandsanwalt des Bundesverbands professioneller Bildanbieter konnte er neben der fachlichen Kompetenz tiefen Einblick in die Fotobranche gewinnen.
Seine Kolumne zu rechtlichen Themen rund um das Fotobusiness erscheint seit 2016 in der Zeitschrift ProfiFoto.
Mehr von Sebastian Deubelli: www.deubelli.com
© Alexey Testov
Wenn wir derzeit bei Instagram unterwegs sind, kommen wir an einem Begriff nicht vorbei: »Werbung«. Mittlerweile kommt er auch in vielen verschiedenen Ausgestaltungen daher, wie z.B. »Werbung wegen Verlinkung«, »Werbung, weil Marke im Bild«, »Werbung [kostenfreies Produktsample]« und so weiter und so weiter.
Auch in der Fotografenlandschaft findet man nur noch wenige Posts, die keine Werbung sein sollen.
Ein Hochzeitsfotograf verlinkt eine Location – Werbung.
Der Produktfotograf zeigt seine letzte Arbeit – Produkt im Bild – Werbung.
Bilder einer freien Arbeit mit einem schicken Sportwagen im Bild – Marke erkennbar – Werbung.
Ich habe langsam den Eindruck, als wüssten viele schon gar nicht mehr, wofür überhaupt die Werbekennzeichnung erforderlich sein kann und das Setzen von »Werbung« ist schon ein wenig zu einem Automatismus geworden.
Woher kommt das eigentlich gleich nochmal? Bereits im Jahr 2019 kamen die ersten Abmahnungen des VSW (Verband Sozialer Wettbewerb) auf die Tische bundesweiter Anwaltskanzleien. Am Anfang erwischte es noch Influencer, wobei zumindest aus rechtlicher Sicht ziemlich schnell klar war, dass es diese Berufsbezeichnung in sich haben würde, da niemand so richtig weiß, was das eigentlich so genau ist, und vor allem, wo die Abgrenzung zu anderen Berufsgruppen, wie Fotografen, zu ziehen ist. Ich hatte zu Beginn den Eindruck, dass auch die Gerichte nicht so genau wussten, was nun so ein Influencer ist, was nicht und was genau man nun daraus schlussfolgern müsse.
Der VSW bekam sehr schnell einige positive Gerichtsentscheidungen, mit der den Accountbetreibern verboten wurde, Produkte, Menschen, Marken und Ähnliches in Postings zu zeigen, ohne hierbei darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um Werbung handelt.
Rechtlich gesehen liegt der Grund darin, dass es untersagt ist, sogenannte Schleichwerbung zu betreiben. Dies wiederum bedeutet leicht vereinfacht, dass ich keine Produkte oder Dienstleistungen anpreisen darf, wenn ich dafür eine Gegenleistung erhalten habe und ich im Rahmen der Darstellung nicht darauf hinweise, dass das nicht meine freie Meinungsäußerung, sondern eben Werbung ist. Der Betrachter soll davor geschützt werden, dass er Kaufentscheidungen in der Annahme trifft, jemand würde aus freien Stücken ein Produkt oder eine Dienstleistung anpreisen.
Obwohl in vielen mir bekannten Fällen keine Gegenleistung geflossen ist und die Argumente für eine Werbekennzeichnung teilweise haarsträubend erschienen, wehrten sich viele Abgemahnte nicht gegen Abmahnungen oder erstrittenen einstweiligen Verfügungen, da ihnen das Kostenrisiko ziemlich schnell zu hoch wurde. Was macht es denn schon, wenn man nichts anderes tun muss, als seine Postings fortan als Werbung zu kennzeichnen?
Nachdem der VSW derartigen Rückenwind erhielt, fing er an, auch abseits der Influencer aktiv zu werden. Dies lag nicht zuletzt daran, dass der VSW auch angefangen hat, den Kreis der Abgemahnten zu erweitern.
Damit war klar, es konnte jede(n) erwischen. Ich habe von Anfang an die Meinung vertreten, dass die Auffassung des VSW, schlichtweg jede Darstellung von Produkten und Dienstleistungen müsse als Werbung gekennzeichnet werden, falsch sei, da wir damit genau das Gegenteil erreichen. Indem einfach alles als Werbung gekennzeichnet wird, weiß der Verbraucher am Ende wieder nicht, was nun Werbung ist und was aus freien Stücken berichtet wird.
Nun hat es auch einen meiner Mandanten erwischt. Dieser berichtet auf Instagram hauptsächlich über seine Arbeit und verlinkt dort auch Unternehmen, welche die Produkte herstellen, die man im Bild sieht. Eine finanzielle Gegenleistung (auch in Form von gratis Produktproben) erhält er dafür nicht.
Nachdem mein Mandant sich auf meinen Rat hin dazu entschieden hat, nicht auf die Forderungen des VSW einzugehen, beantragte dieser eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Frankfurt am Main. Und da schau her: Die wurde abgewiesen. Bislang war Frankfurt ein durchaus VSW-freundlicher Gerichtsstand und ich war zugegeben ein wenig überrascht von dieser Entscheidung, welche von der bisherigen Praxis der Frankfurter Richter abzuweichen schien. Doch die Sektlaune war rasch verflogen, da das OLG Frankfurt am Main in der Beschwerdeinstanz die Entscheidung des Landgerichts aufhob und die einstweilige Verfügung erlassen hat. Also alles wie immer?
Glücklicherweise hatte ich einen sehr selbstbewussten Mandanten, der sich über eine Crowdfunding-Kampagne finanzielle Rücklagen sicherte und im Dienst der guten Sache bereit war, gegen diese Entscheidung zu kämpfen. Wir legten Widerspruch gegen die Entscheidung ein und trafen uns in Frankfurt zur Gerichtsverhandlung. Nachdem wir in der Zwischenzeit noch über eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen konnten, dass für die Postings, die der VSW beanstandet hatte, wirklich keinerlei Gegenleistung geflossen ist, wurde die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Angelegenheit durch Urteil zugunsten meines Mandanten entschieden. Also: keine Werbekennzeichnung.
Das Gericht stützte diese Entscheidung (nach meinem Wissen erstmals) darauf, dass mein Mandant auf seinem Instagram Account grundsätzlich über seine eigene Arbeit berichten würde. In diesem Rahmen könne es ihm nicht verboten werden, Produkte und Firmen zu nennen, auch wenn dies in Form einer Empfehlung daherkommt.
Zusammengefasst bedeutet das, dass nach dieser Entscheidung meiner Ansicht nach für »Nicht-Influencer« das Gefüge wiederhergestellt ist, das vor der Abmahnwelle des VSW gegolten hat.
Gegenleistung erhalten – Werbekennzeichnung.
Keine Gegenleistung – keine Werbekennzeichnung.
Es bleibt abzuwarten, ob diese erfreuliche Tendenz auf breite Akzeptanz in der Rechtsprechung trifft. Sollte dem so sein, befänden wir uns meiner Meinung nach wieder auf dem Weg zu einer Werbekennzeichnungspraxis, die auch dem Verbraucher wieder die Möglichkeit gibt, seine Kaufentscheidungen auf Postings in sozialen Netzwerken zu stützen. §
Eingangs möchte ich zwei Dinge klarstellen: Ja, ich bin der Auffassung, dass man mit ausnahmslos jedem rechtlichen Belang sofort zum Anwalt gehen sollte und nein, das folgende Kapitel soll niemanden zu diesem Verhalten verleiten.
Nachfolgend zeige ich, welche Gedanken ich mir mache, wenn ein Mandant mit einem jungfräulichen Bilderklau-Fall zu mir kommt und wie meine stets gleichen ersten Schritte aussehen.
Eines ist sicher: Egal, ob der Fall direkt zum Anwalt wandern soll oder der Fotograf selbst in den Kampf mit den Bilderdieben zieht, die Vorbereitung sollte stets dieselbe sein, um böse Überraschungen zu verhindern.
1. Lizenz ausschließen – auch über drei Ecken
Als Anwalt, der das Bild nicht verkauft hat, kann ich es nicht nachvollziehen, ob der Verwender der Aufnahme nicht doch irgendwoher eine Lizenz zur Nutzung haben könnte. Daher frage ich meinen Mandanten an der Stelle häufig ein unnötig erscheinendes Loch in den Bauch, um zu vermeiden, dass man gegen eine rechtmäßige Verwendung alle Register zieht und am Schluss dafür noch auf den Kosten der Gegenseite sitzen bleibt.
Hier sollte man sich überlegen, ob es nicht sein kann, dass ein Kunde das Recht zur Vergabe von Unterlizenzen hatte oder ob man das Bild nicht an eine Bildagentur gegeben hat, die es an eine andere Agentur gegeben hat, die es an eine andere Agentur gegeben hat, ...
.... bei der der vermeintliche Rechtsverletzer das Bild dann ehrlich erworben hat. Wenn man sich nicht sicher ist, rate ich dringend davon ab, es erst einmal zu versuchen und notfalls zurückzurudern, wenn die Gegenseite dann doch eine Lizenz auf den Tisch legt. Oft gibt es Fälle, bei denen der Fotograf sich nicht zu 100 Prozent sicher ist, der Verwendung aber »illegal« quer über die Stirn geschrieben steht. Hier rate ich zumeist auch dazu, konservativ vorzugehen und einer sogenannten Berechtigungsanfrage den Vorzug vor einer Abmahnung zu geben. Mit der Berechtigungsanfrage teilt man mit, dass man in seinen Unterlagen keine Lizenz zu der Verwendung findet und um Aufklärung bittet, woher die Aufnahme stammt.
2. Augen nach weiteren Verstößen offenhalten
Wenn man definitiv ausschließen kann, dass eine Lizenz vorliegt, sollte man sich beim Auffinden einer Rechtsverletzung Gedanken dazu machen, ob es wahrscheinlich ist, dass die Aufnahme auch noch an anderer Stelle vom Rechtsverletzer verwendet wird, da eine gefundene Bildnutzung oftmals nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Dies bietet sich zum Beispiel bei PDF-Dateien an, bei denen es naheliegt, dass die Veröffentlichung auch als Print erfolgt. In solchen Fällen lohnt sich oft weitere Recherche oder die Kontaktaufnahme mit dem Verwender, verbunden mit einer Nachfrage, ob es auch eine Printversion gibt und ob er eine Ausgabe davon zur Ansicht zusenden könnte. Auch macht es Sinn, sich den gesamten Internetauftritt des Unternehmens anzusehen, welches die Rechtsverletzung begangen hat. Oftmals werden die Bilder mehrfach verwendet, sei es auf anderen eigenen Websites, im Rahmen von Pressemitteilungen über die gängigen Portale oder in den unternehmenseigenen Social-Media-Profilen.
3. Beweise sichern
Sollte die Rechtsverletzung in einem gedruckten Produkt beinhaltet sein, hält man den Beweis im Idealfall schon in den Händen. Nachdem ich auch hier schon viel erlebt habe, dennoch der Hinweis: Falls ihr das komplette Printprodukt nicht habt, kauft es euch! Ich habe schon einige Male Handyfotos von Bildern und einigen drum herum befindlichen Wortfetzen mit der Bitte um Nachverfolgung erhalten. Auf den Hinweis, dass ich schon wissen müsste, um welche Zeitung, Ausgabe, Seite etc. es sich handelt, kam die Antwort, dass es schon eine uralte Veröffentlichung sei und der Weg zum ersehnten Schadensersatz wurde durch die davor erforderliche Beschaffung der notwendigen Informationen unnötig länger.
Onlineverwendungen haben zwar den Vorteil, dass man sie relativ leicht auffinden und mittels verschiedener technischer Möglichkeiten auch gezielt nach seinen Bildern suchen kann. Der Nachteil und eine weit verbreitete Masche unter Bilderdieben ist aber, dass das Bild schnell gelöscht und bestritten wird, dass die Aufnahme jemals online gewesen ist. Einen Screenshot bekommt sicherlich jeder noch zustande, aber hier liegt der Teufel im Detail. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass der Seitenbetreiber nach dem ersten Anschreiben unter Umständen die komplette Website vom Netz nimmt, sollte man versuchen, möglichst viele Informationen zu sichern, die auch in einem gerichtlichen Verfahren eine erfolgreiche Rechtsverfolgung ermöglichen. Dazu gehören etwa die Nachweise über die Nutzungsdauer der Aufnahme oder desjenigen, der für die Website laut den Angaben im Seitenimpressum verantwortlich ist. Auch ist oftmals von Bedeutung, ob die Website kommerziellen oder redaktionellen Charakter hat, oder, bei ausländischen Seiten, ob die Seite sich auch an deutsche Leser richtet.
Bei Screenshots im Allgemeinen kann einem die Zivilprozessordnung auf die Füße fallen, die vorsieht, dass eine Partei im Zivilverfahren nicht gleichzeitig Zeuge sein kann. Das bedeutet, dass der Fotograf, der nur selbst gemachte Screenshots vorlegt, nicht beweiskräftig aussagen kann, dass er die Nutzung mit eigenen Augen gesehen und die Screenshots selbst gemacht hat. Dieses Problem lässt sich dadurch umgehen, dass ich die Nutzung einem Dritten zeige und dieser die Screenshots für mich macht.
Mit diesen Vorüberlegungen und einem gut mit Screenshots gefüllten Ordner kann nun auch dann nicht mehr allzu viel schiefgehen, wenn man ohne Anwalt loszieht und der Gegner versucht, einen über den Tisch zu ziehen. Das meiste lässt sich in so einem Fall auch im Nachhinein wieder hinbiegen, sofern vor dem ersten Kontakt mit dem Gegner die oben genannten drei Schritte beachtet wurden. §
Bilderklau ist ein stetig wachsendes Ärgernis für Berufsfotografen. Mit fortschreitendem Grad der Digitalisierung sind diesem Delikt auch in geografischer Hinsicht nahezu keine Grenzen mehr gesetzt. Glücklicherweise werden auch die Möglichkeiten der Suche nach geklauten Bildern stetig besser, sodass man auf den Gedanken kommen könnte, Schritt zu halten. Hierbei dürfte es sich allerdings nur auf dem Papier um Chancengleichheit handeln. So stehen Fotografen häufig vor der Frage, ob und wie sie eine nicht lizenzierte Bildverwendung auf einer ukrainischen Website verfolgen können.
Solange der Bilderdieb in Deutschland ansässig ist, ist das keine große Sache. Sowohl die deutsche Zivilprozessordnung als auch das deutsche Urheberrechtsgesetz bieten ein ordentliches Schutzniveau und erlauben es, Rechtsverletzungen effektiv und in der Regel auch innerhalb eines akzeptablen Zeitfensters zu unterbinden.
Interessant oder eigentlich vielmehr uninteressant werden Fälle manchmal dann, wenn der Gegner im Ausland sitzt. Sollte man das Glück haben, die Schriftzeichen in dem Medium, in dem die Bilder verwendet werden, entziffern zu können, scheitert die Durchsetzung oftmals schon daran, sich die jeweils einschlägigen Gesetze oder gar Rechtsprechung zu beschaffen. Das gilt übrigens für Anwälte und Fotografen gleichermaßen.
Die Google-Suche nach dem besten Urheberrechtsanwalt vor Ort ist sicherlich eine Option, aber ... Im Ernst?
In einigen (wenn auch sicherlich nicht allen) Fällen bietet sich hierzu ein deutlich kalkulierbarer Workaround, der es erlaubt, seinen geliebten deutschen Anwalt vor einem deutschen Gericht antreten zu lassen und sich innerhalb der guten alten deutschen Rechtsordnung zu bewegen, indem man seine Ansprüche gegenüber dem ausländischen Bilderdieb einfach in der Heimat durchsetzen lässt. Damit dreht man den Spieß um und plötzlich muss die Gegenseite sich mit einer gegebenenfalls langen Anreise beschäftigen und nach deutschen Gesetzen und deutscher Rechtsprechung googeln.
Nach herrschender Rechtsprechung kann man Bilderdiebe dann in Deutschland verklagen, wenn die Rechtsverletzung, etwa auf einer Website, zumindest auch in Deutschland »bestimmungsgemäß abgerufen« werden kann. Für die bestimmungsgemäße Abrufbarkeit reicht allerdings die reine Erreichbarkeit in dem Land, in dem man gerne klagen würde, nicht aus. Dies leuchtet irgendwie auch ein, da ansonsten etwa jeder Verstoß im Internet willkürlich überall auf der Welt verfolgt werden könnte.
Aber was heißt denn dann »bestimmungsgemäß abgerufen«? Dazu möchte ich nachfolgend zwei Beispiele aus der Praxis anführen.
Vorab widmen wir uns kurz einem Vorurteil: Ja, als Rechtsanwalt verklage ich gerne Menschen. Aber die Ausführungen zur Möglichkeit der erfolgreichen Klageeinreichung in Deutschland dienen nicht dazu, das zu unterstreichen. Allerdings sollte diese Möglichkeit bereits bei der Entscheidung berücksichtigt werden, ob man einen Fall im Ausland überhaupt angeht oder nicht. Ich werde mich mit einem Gegner leichter verständigen können, dem ich darlegen kann, dass er sich in der Sache vor einem deutschen Gericht verantworten müssen wird, wenn er sich einer vorgerichtlichen Einigung verschließt.
Nun zur Praxis: Es gelang meiner Kanzlei beispielsweise ohne große Probleme, eine Klage gegen ein ausländisches Reisebüro, welches eine Aufnahme ohne die dafür erforderliche Lizenz auf seiner Website genutzt hatte, in Deutschland einzureichen und zu gewinnen. Es war dem Gericht relativ einfach durch das Online-Angebot des Reisebüros darzulegen, dass sich dieses auch an potenzielle Reisende aus Deutschland richtet.
Spannender und deutlich kniffliger war ein Fall, bei dem wir ebenfalls ein Urteil eines deutschen Gerichts erwirken konnten, mit dem die Gegenseite zur Zahlung von Schadensersatz und vorgerichtlichen Anwaltsgebühren verurteilt wurde. Die Gegenseite saß in Österreich und verwendete die Aufnahme eines Berufsfotografen auf ihrer Website. Die Website war im Wesentlichen von rein regionalem Bezug, was zunächst dagegen sprach, es zu versuchen. Jedoch befand sich auf einer Unterseite ein Angebot, bei dem man der Seitenbetreiberin eine Haarprobe zur Analyse zusenden konnte und eine gewisse Zeit später die Ergebnisse und eine Rechnung per Post erhalten sollte. Die Tatsache, dass hier keine Zugangsbeschränkung für Haaranalyse-Interessenten aus Deutschland zu erkennen war, reichte uns für einen Versuch und zuletzt auch dem Gericht, um sich für zuständig zu halten und deutsches Urheberrecht anzuwenden.
Es bleibt festzuhalten, dass ausländische Fälle mitunter relativ einfach in der heimischen Arena ausgefochten werden können. Allerdings sollte man sich frühzeitig damit befassen, ob ein Fall auch gerichtlich durchsetzbar ist, um seine Zeit nicht in Fälle zu stecken, die am Schluss dann doch wegen mangelnder Realisierbarkeit in der Tonne landen. §
Fürs Protokoll: Fotografen sind Urheber und genießen als solche verschiedene Privilegien nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG).
Dieses Gesetz soll bis Juni 2021 geändert und hierdurch die Rechtsposition der Urheber gestärkt werden. Nachdem die Stärkung einer Gruppe meist nicht ohne die Schwächung einer anderen denkbar ist, wurden die großen Rechteverwerter (Verlage, Filmproduzenten etc.) auf den Plan gerufen. Betrachtet man das Gezerre seitens der verschiedenen Beteiligten, dürfte nur eines sicher sein: Es ist noch ein langer Weg. Die Lobbyarbeit ist aktuell an allen Fronten voll im Gang, so dass zumindest ich für meinen Teil noch nicht ansatzweise absehe, ob das neue Gesetz am Ende auch tatsächlich die Urheber stärken wird.
Doch weg von Lobbyismus – hin zu den Fakten: Was soll geändert werden und warum eigentlich?
Geändert werden soll das sogenannte Urhebervertragsrecht, das heißt, es soll der Umgang für den Urheber mit Nutzungsrechten an seinen Werken erleichtert werden.
Das Wichtigste zu Beginn: Warum soll das UrhG überhaupt geändert werden?
Das UrhG basiert auf der Möglichkeit, dass ein jeder Urheber, also auch Fotografen, die Möglichkeit haben soll, frei und insbesondere fair Verträge über seine Nutzungsrechte zu verhandeln und abzuschließen. Allerdings besteht diese Möglichkeit der Verhandlung oftmals nur auf dem Papier. Die Praxis sieht vielfach anders aus und zeigt, dass gerade viele Fotografen bei Vertragsverhandlungen gedrückt und nach der guten alten »Dann kaufen wir die Bilder beim nächsten Mal eben von einem anderen«-Holzhammermethode verhandelt wird. Diese Ungleichheit fällt im fotografischen Bereich beispielsweise bei Rahmenverträgen von Verlagen ins Auge. Die Urheber sind hier schlichtweg in einer sehr schlechten Verhandlungsposition und dem Markt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Nun könnte man unter Heranziehung der Grundsätze der freien Marktwirtschaft in das Horn der großen Bildeinkäufer stoßen und die Meinung vertreten, dass das eben mal so ist und es natürlich jedem frei steht, ob, an wen und für welchen Preis er seine Bilder verkaufen möchte oder nicht.
Mit dem damit verbundenen Preiskampf im Bezug auf die Vergabe von Nutzungsrechten möchte der neue Gesetzentwurf aufräumen. Das liegt nicht daran, dass der Gesetzgeber die freie Marktwirtschaft nicht gut fände, sondern daran, dass das UrhG dem Schutz des Urhebers dient. Auch das ist kein bloßer Selbstzweck, sondern soll sicherstellen, dass unter dem Schutzmantel des UrhG auch weiterhin die Schöpfung von kreativen Inhalten als Kunst- und Kulturgüter sichergestellt ist. Dies wiederum funktioniert nun einmal nur über die Urheber und auch nur dann, wenn diese für ihre Werke vernünftig entlohnt werden und von ihrer Leistung leben können. Dies setzt voraus, dass die Kreativen einerseits bestimmen können, wem und für welches Entgelt sie ihre Inhalte weiterverkaufen und im Falle von erheblichen Ungleichheiten mit großen Vertragspartnern eben auch mal regulatorisch eingegriffen wird.
Wie will der Gesetzgeber nun aber dieses Ziel erreichen und die Kreativen wieder auf Augenhöhe mit den mächtigen Rechteinkäufern bringen? Hier zwei der geplanten Änderungen im Kurzüberblick:
Zum Ersten soll § 32 UrhG geändert und damit der Anspruch auf angemessene Vergütung gestärkt werden. Der primäre Entwurf sah dazu vor, dass eine Vergütung für den Urheber nur dann angemessen sein sollte, wenn für die mehrfache Verwendung eines Werks Anspruch auf jeweils gesonderte Honorare vereinbart würde – das Ende der Buy-Out-Vereinbarung. Das wurde im mittlerweile aktuellen Regierungsentwurf geändert und dieser geht nun davon aus, dass eine Vergütung dann angemessen sein soll, wenn die eingeräumte Nutzungsmöglichkeit nach Art, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt der Nutzung üblicherweise und redlicherweise zu leisten ist. Das Buy-Out ist also wieder da und soll durch die Beifügung von wachsweichen Rechtsbegriffen zum Wohle des Urhebers unter Kontrolle gehalten werden.
Sieht man sich die Passage des § 32 UrhG in der bestehenden Fassung an, muss man sogar schon genauer hinsehen, um überhaupt eine Änderung festzustellen. Es wurde nur das Kriterium der »Häufigkeit« hinzugefügt, sodass auch künftig wieder darüber gestritten werden könnte, welches Honorar nun für welche Nutzungshäufigkeit angemessen ist.
Daneben soll ein neuer § 32d UrhG eingefügt werden, der dem Urheber einen Anspruch auf die einmal jährliche Auskunft und Rechenschaft über Umfang der Werknutzung gegenüber seinem Vertragspartner gibt. Dieser bisher nicht bestehende Anspruch soll dazu dienen, den Überblick darüber zu behalten, ob sich die einmal vergütete Nutzung geändert hat und daher nicht mehr angemessen ist und nachvergütet werden muss.
Mit Blick auf die Praxis und die Zielsetzung der Gleichstellung von Urhebern und deren Vertragspartnern stellt sich mir die Frage, ob ein Anspruch, der dem Fotografen das Recht gibt, einmal im Jahr Auskunft über alle Verwendungen aller seiner Bilder zu verlangen, tatsächlich das Mittel der Wahl ist. Was passiert, wenn der Vertragspartner mit Verwendungen nicht herausrückt? Wie soll der Fotograf den Wahrheitsgehalt der Aussage seines Vertragspartners überprüfen? Was hindert eigentlich einen Vertragspartner daran, von der bisherigen Praxis auch hier Gebrauch zu machen und denjenigen Fotografen, der von dieser Kann-Vorschrift Gebrauch macht und ihm auf die Nerven geht, einfach keine Fotos mehr abzukaufen?
Zusammengefasst ist die Stärkung der Urheber sicherlich ein großartiger Vorsatz. Ob nun aber das, was am Ende des Gesetzgebungsverfahrens stehen wird, tatsächlich zu diesem Ziel beiträgt oder ob es der Versuch wird, einen angenehm zu lesenden Spagat zwischen allen beteiligen Interessen auf das Papier zu zaubern, darf mit Spannung erwartet werden. §
Der Bereich der Computer Generated Imagery wird größer und größer. Mir fällt es zwischenzeitlich offen gesagt schwer, zu erkennen, ob das schnittige Auto oder der verwischte Hintergrund einer neuen Sportwagen-Kampagne fotografiert oder am Computer geschaffen wurden. Doch nicht nur in meinen Alltag als Endverbraucher hat sich die CGI heimlich, still und leise einen ganz relevanten Platz gesichert. Auch viele Fotografen stehen vor der Frage, ob man dieses Phänomen als Ergänzung oder ernsthafte Konkurrenz zur herkömmlichen Fotografie sehen sollte oder ob das ein Trend ist, der bald wieder von der Bildfläche verschwindet. Wie digitale Fotografie. Oder das Internet.
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