EBSILON®Professional ist ein leistungsfähiges Engineering-System, welches zur Simulation von thermodynamischen Kreisprozessen entwickelt wurde.
Es wird von der STEAG Energy Services GmbH (http://www.steag-systemtechnologies.com) vertrieben.
Diese Einführung ist für die Version 15 erstellt worden. Bei der Verwendung mit anderen Versionen (älter oder neuer) können Abweichungen bei der Bedienung bzw. bei den Standardparametern in den verwendeten Bauteilen auftreten.
EBSILON®Professional eignet sich als Hilfsmittel bei der Anlagenplanung, -auslegung und -optimierung von Kraftwerken. Heizkraftwerke, Kombikraftwerke, GuD-Kraftwerke, Blockheizkraftwerke u.a. lassen sich mit Hilfe des Basisprogramms berechnen.
In den letzten Jahren (Softwareversionen) wurden schrittweise die erneuerbaren Energien integriert, so dass jetzt auch Windenergieanalgen und Solaranlagen berechnet werden können.
Mit EBSILON®Professional können zwei Hauptaufgaben bearbeitet werden:
Bilanzierung des Gesamtprozesses und
Auslegung einzelner Komponenten.
Die Prozessbilanzierung hat die Aufgabe einen funktionierenden Gesamtprozess zu entwerfen und hinsichtlich der wichtigsten Prozessparameter zu bilanzieren. Wesentlich dabei ist das Zusammenwirken von einer großen Anzahl an Bauteilen. Diese müssen im Einzelnen so ausgelegt werden, dass die Dimension eines Bauteils von vornherein nicht zwingend bekannt sein muss (z.B. Schaufelform, Größe der Wärmetauscherfläche, etc.). Weiterhin sollten die Bauteile als vereinfachte Modelle dargestellt werden. Außerdem ist es nötig Volllast- und Teillast-Betrieb darstellen zu können.
Bei der Auslegung des einzelnen Bauteils geht es darum, die Dimensionen detaillierter festzulegen. Einzelheiten, welche für die Konstruktion eines Bauteils wichtig sind, sollten deutlich werden. Dies sind thermodynamische Eigenschaften und die Abmessungen eines Bauteils. Dazu ist es nötig, einen möglichst hohen Detaillierungsgrad in der Modellierung anzusetzen (Einsatz von FEM- oder CFD-Methoden).
Energieerzeugungsanlagen weichen oft von den Nennbetriebsbedingungen ab und arbeiten innerhalb von 50% bis 100% der Nennlast, und ihre Leistungsparameter ändern sich. Die EBSILON-Software verfügt über zwei Berechnungsmodi:
Auslegungsmodus (Design) entsprechend der Nennlast und
Teillastmodus im Betrieb unterhalb der Nennlast.
Die in den beiden Berechnungsmodi verwendeten Schaltbilder sind identisch. Die Auslegungsberechnung bestimmt die Nennparameter des Bauteils.
Für jedes Bauteil kann eine Leistungskennlinie entsprechend der tatsächlicher Betriebsdaten erstellt werden. Diese wird dazu verwendet, die Änderung der Leistungsparameter jedes Geräts vorherzusagen, wenn sich die Betriebsbedingungen ändern. Mit diesen Leistungskennlinien erfolgt die Teillastberechnung.
Mit der Modellierungssoftware EBSILON®Professional (kurz: EBSILON) können die unterschiedlichsten energietechnische Anlagen berechnet werden.
Die Hauptaufgabe, die durch EBSILON realisiert wird, ist die Prozesssimulation. Diese beruht auf zwei unterschiedlichen Arten von Bauteilen:
Bauteile
Leitungen.
Die Bauteilbibliothek von EBSILON enthält Komponenten für alle typischen Kraftwerksprozesse. Durch Parameter und Kennlinien können die Bauteile an das reale Leistungsverhalten angepasst. Zusätzlich gibt es logische Bauteile (z.B. Regler), mit welchen die Parameter der Bauteile beeinflusst werden können.
In der Programmumgebung wird der Gesamtprozess entworfen und hinsichtlich der wichtigsten Prozessparameter bilanziert. Der Aufbau des Prozesses erfolgt schrittweise, das heißt, zuerst wird mit wenigen Bauteilen beispielsweise mit der Turbosatz begonnen. Danach kann man andere Komponenten zusätzlich hinzufügen, muss aber immer überprüfen, ob die Simulation korrekt, das heißt erfolgreich, abläuft.
Tabelle 1: Ausgewählte Bauteile
Physikalische Bauteile |
Logische Bauteile |
Dampferzeuger Turbinen Kondensatoren Pumpen Wärmetauscher Kühltürme |
Regler Signalübertrager Rechenbausteine |
Alle Komponenten müssen durch Leitungen miteinander verbunden werden. Das Fluid in den Leitungen ist durch Massenstrom, (Temperatur,) Druck und Enthalpie bestimmt. Die benötigten Stoffdaten werden über eine integrierte umfangreiche Stoffdatenbibliothek bereitgestellt.
In den Komponenten werden Berechnungsalgorithmen angewendet, welche die Fluideigenschaften der austretenden Leitungen mit den eintretenden Leitungen korrelieren.
Tabelle 2: Ausgewählte Leitungen
Fluide |
Brennstoffe |
Wasser Luft Thermoöle und Salzschmelzen Binäre Gemische: Ammoniak/Wasser, Lithiumbromid/Wasser Ideale und reale Gase Zweiphasige Fluide Benutzerdefinierte Fluide |
Feste Brennstoffe (Kohle, Biomasse) Öl Gas Benutzerdefinierte Brennstoffe (nach Zusammensetzung) |
Zusätzlich zum Hauptprogramm, dem Berechnen eines Wärmeschaltbildes, besteht EBSILON®Professional aus den folgenden Modulen, welche zum Teil optional erhältlich sind [STE20]:
EbsBoiler – Bauteile zur detaillierten Abbildung der Kesselgeometrie
EbsSolar – Bauteile zur Abbildung eines Solarfeldes
OEM-GTLib – Gasturbinendatenbank basierend auf Herstellerdaten
EbsOptimize – Integrierter Optimierer basierend auf genetischem Algorithmus
EbsValidate – Datenvalidierung nach VDI 2048
EbsHTML – Anlagenmodell im Web-Browser
EbsScript – PASCAL-basierte Scriptsprache für EBSILON®Professional
Die mathematische Modellierung des Wärmeschaltbildes erfolgt mit Hilfe eines nichtlinearen Gleichungssystems, das iterativ gelöst wird. Es wird ausgehend von den Eingaben des Nutzers im Hintergrund aufgebaut. Die maßgebenden Variablen des Gleichungssystems sind Massestrom, Druck und spezifische Enthalpie.
Die eigentliche Kreisprozessberechnung erfolgt intern in zwei Teilschritten:
Aufstellung des nichtlinearen Gleichungssystems aus den Eingabedaten des Wärmeschaltbildes (Geometrie der Schaltung und thermodynamische Eckdaten)
Iteratives Lösen des Gleichungssystems zur Berechnung der verbleibenden unbekannten Parameter und Leistungsgrößen.
Die Programmoberfläche von EBSILON (Abbildung 1) ist analog zu anderen Microsoft Windows-Programmen aufgebaut. Bestimmte Befehle greifen direkt auf Windows-Standardfenster zu, so dass die Handhabung des Programms schnell zu erlernen ist.
Es gilt die für Windows übliche Bedienphilosophie:
Um ein Objekt auf dem Bildschirm zu bearbeiten, muss dieses zunächst angeklickt werden (z.B. Zuweisen von Werten, Löschen, Verschieben etc.).
Durch gleichzeitiges Betätigen der Shift-Taste und dem nacheinander folgenden Anklicken können mehrere Objekte zugleich ausgewählt werden.
Angewählte Objekte können an ihren Markierungsrahmen verschoben, vergrößert, verkleinert, gedreht sowie gespiegelt werden.
Eine Aktion (z.B. Element einfügen) kann mehrmals durchgeführt werden, bis diese durch Betätigen der rechten Maustaste beendet wird.
Vor dem Ausfüllen eines Eingabefeldes muss dieses zunächst angeklickt werden. Der Cursor zur Eingabe befindet sich anschließend in dem betreffenden Eingabefeld.
Fehlermeldungen sowie Aufforderungen an den Benutzer erscheinen als Dialogfenster bzw. in der Statuszeile.
Abbildung 1: Darstellung der Programmoberfläche und Bezeichnung der wesentlichen Arbeitsbereiche
Folgende grundsätzliche Arbeitsschritte sind bei der Erstellung eines Wärmeschaltbildes einzuhalten:
1. Aufbau des Wärmeschaltbildes:
Die Modellierung des Schaltbildes erfolgt über die folgenden Bauteile::
Komponenten (Kessel, Turbinen, Pumpen, Wärmeüberträger, Regler, etc.)
Leitungen (Rohrleitungen, mechanische Wellen, Regel- und Steuerleitungen)
Wertekreuze
Textfelder
2. Eingabe von Randbedingungen auf Leitungen und Anpassung von Spezifikationswerten in Komponenten:
Die Eingabe der thermodynamischen Daten (z.B. Frischdampfzustand) und der Kenngrößen der einzelnen Elemente (z.B. Wirkungsgrade der Turbinenstufen) erfolgt über Eingabefenster, die durch Doppelklicken auf das entsprechende Element im Schaltbild aufgerufen werden.
Wie in dargestellt, umfasst ein einfaches Wärmekreislaufsystem den Kessel ❶, die Dampfturbine ❷, den Generator ❸, den Kondensator ❹, die Speisewasserpumpe ❺ und Startwerte ❻.
Abbildung 2: Einfaches Beispiel für ein EBSILON-Modell
3. Der Start der Berechnung erfolgt über bei einen Schaltknopf in der Symbolleiste oder den Befehl im Menü.
Vor der Berechnung werden alle Eingabedaten auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft. Fehlerhafte Eingabedaten werden vom Programm erkannt und in einem Ausgabefenster dargestellt. Zur Korrektur wird eine Fehleranalyse angeboten.
4. Die Ergebnisse der Berechnung werden direkt in das Wärmeschaltbild eingetragen. Dabei erfolgt die Ausgabe von berechneten Parametern in Wertekreuzen an den Leitungen. ❼ Die Wertekreuze in der Abbildung zeigen den Druck, die Temperatur, die spezifische Enthalpie und den Massenstrom des Arbeitsmediums an jedem Punkt. (Ein Wertekreuz sollte nur mit den Einheiten versehen sein, die Einheiten gelten dann für alle Wertekreuze.) Die berechnete Leistung wird über dem Generator mit der entsprechenden Einheit angezeigt. Außerdem werden die Ergebnisse in die Eingabemasken der Komponenten und Leitungen geschrieben. Diese können über Menüs eingesehen werden.
Die Verbindungsleitungen zwischen den Bauteilen unterscheiden sich von den tatsächlichen Leitungen. Die Verbindungsleitungen haben keine Größe und spielen nur bei der Übertragung von Daten eine Rolle. Alle Parameter auf jeder Verbindungsleitung haben nur einen Wert, der die Exportparameter eines Bauteils und die Importparameter des nächsten Bauteils darstellt.
Es empfiehlt sich, das Schaltbild durch häufiges Abspeichern zu sichern.
Daten, welche nicht abgespeichert wurden, gehen beim Schließen oder Absturz des Programmes verloren!
Das in EBSILON®Professional zur Verfügung stehende EbsScript verwendet als Programmiersprache PASCAL, bzw. eine Erweiterung von PASCAL, mit zusätzlichen, auf EBSILON zugeschnittenen Befehlen. EbsScript kann dazu benutzt werden Eingabe-, Ausgabe- und Berechnungsvorgänge zu automatisieren. Als Bezug für die programmspezifischen Befehle dienen dabei die Leit- ungs -, Bauteil- und Profilnamen. Um mit EbsScript zu arbeiten, stehen drei wesentliche Werkzeuge zur Verfügung:
Der EbsScript Editor, welcher dazu verwendet wird das eigentliche Script zu schreiben und zu bearbeiten. Aufgerufen wird der Editor über die Menüleiste, im Unterpunkt „Rechnen“ unter „EbsScript Editor...“ .
Der EbsScript Explorer ist für die Verwaltung der Scripte zuständig. Dieser wird innerhalb des EbsScript Editors geöffnet. Man findet ihn im Menü des Explorers unter „EbsScript“ → „Explorer“. Mit dem Explorer lassen sich neue Skripte erstellen, kopieren, löschen sowie exportieren und importieren.
Der EbsScript Executor, mit welchem man Scripte ohne Beteiligung des Editors starten und verwenden kann. Der Executor lässt sich ebenfalls über die Menüleiste im Unterpunkt „Rechnen“ öffnen.
Um ein Script zu entwickeln, wird zuerst mit Hilfe des Editors der Programmcode in der Sprache PASCAL entwickelt und geschrieben. Wenn der Benutzer sein Script abgeschlossen hat, muss dieses mit Hilfe des Compilers auf Syntaxfehler überprüft werden. Der Compiler wird automatisch gestartet, sobald ein neu erstelltes oder verändertes Script über den Executor oder den Editor gestartet wird. Der Compiler lässt sich auch manuell öffnen, wenn man in der Menüleiste des Editors unter „Rechnen“ die „Syntaktische Analyse“ startet. Falls die Kompilierung erfolgreich war, kann das Script ausgeführt werden. Fertige Scripte (z.B. von bereits erstellten Schaltbildern) können mit Hilfe des Executors kompiliert und ausgeführt werden.
Als ein einfaches Beispiel für die Anwendung von EbsScript soll nun der Bruttowirkungsgrad, welcher bereits unter Kapitel berechnet wurde, ausgegeben werden.
Öffnen Sie den Editor über „Rechnen“ → „EbsScript Editor...“. Direkt unter der Anzeige für die geöffneten Fenster-Tabs befindet sich das Editierfeld (Abbildung 32