Konsumentenpsychologie und Konsumenten-

verhalten

 

 

 

 

Marketingpsychologie –

Kunden lesen und verstehen

 

 

 

 

 

 

Max Mittelstaedt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Image

Das Buch beinhaltet multimediale Inhalte: Zu jedem Kapitel gibt es teilweise mehrere Videos auf YouTube, die über einen QR-Code abspielbar sind. Die Videos sind Erklärvideos und wurden von mir erstellt. Es bleibt also Ihnen überlassen, wie Sie sich die wichtigsten Theorien aus der Konsumentenpsychologie anschauen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2019 Max Mittelstaedt

Alle Rechte vorbehalten.

Independently published

 

Max Mittelstaedt

Friedrichstraße 112b

38855 Wernigerode

www.scientific-economics.com

info@scientific-economics.com

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Autors. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Der Autor geht davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Der Autor übernimmt keine Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.

Widmung

 

Vielen Dank an Alle, die mich unterstützt haben. Danke an Johanna fürs fleißige korrigieren, Anna für das Design und Diana für die Covererstellung. Ich danke auch der Hochschule Harz für die großartigen Möglichkeiten. Ein Dank geht an die Professoren und Wissenschaftler der Wirtschaftspsychologie.

 

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Videoverzeichnis

Vorwort des Autors

Eine Einleitung

Die menschliche Wahrnehmung

Die Mengen-, Zahlen- & Zeitwahrnehmung

Die Emotionen

Die Motivation

Das Involvement

Die Stimmung

Das Embodiment

Die Einstellung

Der Widerstand gegen die Beeinflussung

Die Reizverarbeitung

Die Aufmerksamkeit

Die Gestaltpsychologie

Die Werbegestaltung

Die emotionalen Reize

Die kognitiven Reize

Der Kontrast

Die Farbe

Die Helligkeit und die Sättigung

Die Schrift

Die Überschrift

Die Werbetexte

Die Größe

Die Platzierung und das Blickverhalten

Die Bilder

Die Verkaufsraumgestaltung

Konsumentenverhalten im Internet

Das Lernen

Das Gedächtnis

Das Priming

Der Primacy-Recency-Effekt

Der Mere-Exposure-Effekt

Das unterschwellige Marketing

Das Unterschwellige Priming

Das Unterschwellige Konditionieren

Die Verfügbarkeitsheuristik

Die psychologische Distanz

Das Storytelling

Der Wahrheitseffekt

Geschichten und die Nachahmung

Die Kontrast- und Kontexteffekte

Die Erzeugung von Kontrast- und Kontexteffekten

Die Psychologie der Kaufentscheidung

Die Heuristiken der Kaufentscheidung

Die Prospect Theory

Die Konsensheuristik

Die Vieldeutigkeit der Werbeinformation

Die Verfügbarkeitsheuristik

Die Wiedererkennungsheuristik

Die Repräsentativitätsheuristik

Die Mentale Kontoführung

Das Bemühen um eine Information

Der Verwässerungseffekt

Der Attraktionseffekt

Der Ankereffekt

Die Wahrscheinlichkeiten

Die Vergleichsasymmetrien

Der Endowment-Effekt

Die Tür-in-das-Gesicht-Technik

Das Kontrafaktische Denken

Der Too-much-Choice-Effect

Die Vorhersage zukünftiger Produktzufriedenheit

Die Sozialpsychologischen Einflüsse

Die Gruppennormen

Das Modell-Lernen

Der Gegenseitigkeitseffekt

Die Konsistenz- und Dissonanztheorie

Die Reaktanztheorie

Die Preispsychologie

Die Preis-Absatz-Funktion

Die Preis-Qualitäts-Regel

Der Effekt der letzten Ziffer

Das Sonderangebot

Eine kurze Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Über den Autor

 

Abbildungsverzeichnis

Abbildung

1

Gründe für ein geringes Interesse der Werbeempfänger

Abbildung

2

Gesamtgesellschaftliche Informationsüberlastung von 98%

Abbildung

3

Ein menschlicher Wahrnehmungsfehler

Abbildung

4

Das S-O-R-Modell als Grundlage

Abbildung

5

Autopilot (System 1) und Pilot (System 2)

Abbildung

6

Die Peak-End-Rule

Abbildung

7

Einsatz von versteckten Emotionen in der Werbung

Abbildung

8

Beispiel emotionale Positionierung

Abbildung

9

Beispiel Positionierungsmodell

Abbildung

10

Das Emotionssystem nach Häusel

Abbildung

11

Die Limbic Map® von Häusel

Abbildung

12

Übersicht Motivsysteme

Abbildung

13

Die Bedürfnispyramide von Maslow

Abbildung

14

Übersicht hohes vs. niedriges Involvement

Abbildung

15

Vergleich gering vs. hoch involvierte Kunden am Beispiel

Abbildung

16

Unterschiede hohes vs. niedriges Involvement im Marketing

Abbildung

17

Unterschiedliche Handybenutzung aktiviert andere Motive

Abbildung

18

Fehlendes Embodiment in der Anzeige

Abbildung

19

Werbeanzeige mit Embodiment

Abbildung

20

Die Komponenten der Einstellung

Abbildung

21

Beziehung zwischen Einstellung und Kaufwahrscheinlichkeit

Abbildung

22

Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung

Abbildung

23

Die Entscheidungstypen

Abbildung

24

Das Einstellungs-Veränderungs-Modell

Abbildung

25

Unterschiedsschwellen des menschlichen Körpers

Abbildung

26

Reizsteigerung Beispiel

Abbildung

27

Das Marketingziel

Abbildung

28

Einfluss der Haptik auf den Geschmack

Abbildung

29

Vergleich Pepsi vs. Coca-Cola

Abbildung

30

Das Yerkes-Dodson-Gesetz

Abbildung

31

Der Rubinscher Becher: Tausch von Hintergrund und Figur

Abbildung

32

Das Modell der Werbewirkung

Abbildung

33

Die Reizüberflutung im Alltag

Abbildung

34

Informationsüberlastung in der BRD

Abbildung

35

Übersicht biologischer Schlüsselreize

Abbildung

36

Erotischer Reiz durch Andeutung

Abbildung

37

Dezenter Einsatz von erotischen Reizen

Abbildung

38

Farben und Marken gehören zusammen

Abbildung

39

Die Wirkung von Helligkeit und Sättigung

Abbildung

40

Farbgestaltung von Light vs. Normale Produkte

Abbildung

41

Headlines sollten schnell lesbar sein.

Abbildung

42

Das Layout entsprechend der Hirnhälften anpassen.

Abbildung

43

Die Bewertung von Texten ohne Bilder

Abbildung

44

Das Dreieck als prägnantes Markenzeichen

Abbildung

45

Die Konstanz im Markenlogo ist wichtig

Abbildung

46

Haptische Signale in der Werbeanzeige

Abbildung

47

Die Umsetzung der Motivansprache mit Werbeanzeigen

Abbildung

48

Die Wahrnehmung von Codes über die Sinne

Abbildung

49

Die Verkaufszonengestaltung

Abbildung

50

Wichtige Merkmale einer Ladengestaltung

Abbildung

51

Über „Trustpilot“ kann man das Vertrauen erhöhen.

Abbildung

52

Die Platzierung von Elementen einer Webseite

Abbildung

53

Eine Musterseite

Abbildung

54

Vergessenskurve nach Ebbinghaus

Abbildung

55

Das Kindchenschema nutzen

Abbildung

56

Zusammenhang Darbietungsintervall und Erinnerung

Abbildung

57

Die Testurteile dienen als Schlüsselreiz

Abbildung

58

Die Wahrnehmung konstruiert ein Dreieck

Abbildung

59

Assoziationsschema am Beispiel BMW

Abbildung

60

Der Einsatz von Schwarz für Premiumprodukte

Abbildung

61

Der Primacy-Recency-Effekt

Abbildung

62

Die Erinnerung an TV-Spots

Abbildung

63

Die Bewertung von Objekten

Abbildung

64

Je nach Kontext nimmt man ein B oder eine 13 wahr.

Abbildung

65

Kontinuität in der Markenstrategie (Kontexteffekt)

Abbildung

66

Die Prospect Theory

Abbildung

67

Die Bereitstellung eines Köders

Abbildung

68

Stärke des Gruppeneinflusses auf die Kaufentscheidung

Abbildung

69

Der „Harley-Mythos“

Abbildung

70

Bonuskarten verstärken die Konsistenz

Abbildung

71

Das Reaktanzmodell

Abbildung

72

Beispiele der Reaktanz zur Aufwertung eigener Produkte

Abbildung

73

Beispiel Preisschwelle

Abbildung

74

Zusammenhang zwischen Preis und Kaufbereitschaft

Abbildung

75

Beispiel Preisbündelung

Abbildung

76

Die Darstellung des Preises ohne Euro-Zeichen

Abbildung

77

Zusammenhang Kaufwahrscheinlichkeit und Sonderangebot

 

 

Auf Grund der Druckkosten und der Veröffentlichung im Selbstverlag sind alle Abbildungen in Graustufen gedruckt. Sollten Sie die farbige Abbildung benötigen, kontaktieren Sie mich gerne. Viele farbige Abbildungen befinden sich auch im passenden YouTube Video.

Videoverzeichnis

Video

1

Die menschliche Wahrnehmung

Video

2

Die Zahlenwahrnehmung

Video

3

Die Zeitwahrnehmung

Video

4

Emotionen in der Wirtschaftspsychologie

Video

5

Die Motivation & das Involvement

Video

6

Die Stimmung & das Embodiment

Video

7

Die Einstellungen

Video

8

Die Reizverarbeitung

Video

9

Die Aufmerksamkeit

Video

10

Die Gestaltpsychologie

Video

11

Einführung Werbegestaltung

Video

12

Die Reizarten in der Werbegestaltung

Video

13

Die Farbpsychologie

Video

14

Die Schriftpsychologie

Video

15

Die Werbetextgestaltung

Video

16

Das Blickverhalten der Konsumenten

Video

17

Bilder in der Werbung

Video

18

Die Verkaufsraumgestaltung

Video

19

Das Konsumentenverhalten im Internet

Video

20

Die Lernpsychologie

Video

21

Die Gedächtnispsychologie

Video

22

Das Priming

Video

23

Der Primacy-Recency-Effekt

Video

24

Der Mere-Exposure-Effekt

Video

25

Das unterschwellige Marketing

Video

26

Die psychologische Distanz

Video

27

Das Storytelling

Video

28

Der Kontrast- und Kontexteffekt

Video

29

Die Heuristiken der Kaufentscheidung – Teil 1 & 2

Video

30

Die sozialpsychologischen Einflüsse

Video

31

Die Konsistenztheorie

Video

32

Die Reaktanz

Video

33

Die Grundlagen der Preispsychologie

Video

34

Der Effekt der letzten Ziffer

Video

35

Das Sonderangebot

Vorwort des Autors

Dieses Buch hat mir einige graue Haare beschert. Wie soll man eine Wissenschaft kurz und knapp zusammenfassen, ohne auf wichtige Inhalte zu verzichten? Das Ergebnis stimmt den Leser hoffentlich zufrieden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Wirtschaftspsychologie deutschlandweit bekannter zu machen.

 

Als Wirtschaftspsychologe ist man tagtäglich Werbung ausgesetzt, die gegen die Theorien und Erkenntnisse aus der Wirtschaftspsychologie verstößt. Meiner Meinung nach ist es nicht die Unfähigkeit der Marketer, sondern die trockenen und zumeist langweiligen Publikationen der Wissenschaftler, die dafür sorgen, dass die Wirtschaftspsychologie nicht häufiger angewendet wird. Mit diesem Buch ist es mir hoffentlich gelungen, dem Leser die psychologischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse kurz und verständlich zu vermitteln.

 

Pünktlich zum Abschluss meines Studiums bin ich froh, dem Leser die besten Erkenntnisse aus über drei Jahren Studium der Konsumentenpsychologie und Marketing präsentieren zu können. Meine jetzige Begeisterung für dieses Themengebiet entstand eher durch Zufall. Eigentlich wusste ich gar nicht, was ich studieren möchte oder wo meine Berufung liegt. Manchmal braucht man einfach ein wenig Glück im Leben.

 

Glück hatte ich auch bei der Auswahl meiner Fachhochschule. Ich hatte das Glück von den besten Professoren Deutschlands zu lernen. Mein Wirtschaftspsychologieprofessor Herr Dr. Felser ist ein Unikat der Konsumenten- und Werbepsychologie. Ich hoffe, er verzeiht es mir, dass ich immer so viele Fragen gestellt habe. Ohne ihn gäbe es dieses Buch nicht und das bezieht sich nicht nur auf die Lehrveranstaltungen, in denen ich viel lernen durfte, sondern auch auf das umfangreiche Fachbuch zur Werbe- und Konsumentenpsychologie von ihm. Viele Erkenntnisse aus diesem Buch stammen von einer Handvoll Wissenschaftler.

 

Deswegen möchte ich weiterhin die Bücher von Kroeber-Riel, Meyer-Hentschel und Kahneman nennen, die einen großen Beitrag zur Konsumenten- und Werbepsychologie geleistet haben. Mein Buch soll in keiner Weise dazu dienen, diese Standardwerke der Wirtschaftspsychologie überflüssig zu machen. Vielmehr möchte ich dem Leser ein Buch präsentieren, das die Theorien der bedeutendsten Werke verständlich zusammenfasst.

 

Ich möchte aber nicht nur die Autoren würdigen, die mir als Wissensquelle dienten. Ohne die Menschen, die ihr Leben der Wissenschaft widmen, gäbe es die Wirtschaftspsychologie, wie wir sie heute kennen, nicht. Die Wirtschaftspsychologie ist eine Wissenschaft, die auf zahlreichen Studien und Forschungsarbeiten basiert. Viele Forscher widmen ihre berufliche Karriere einem Forschungsschwerpunkt und versuchen die Wahrheit über das menschliche Verhalten und Denken herauszufinden. Vor dieser Leistung und Hingabe habe ich tiefsten Respekt. Auch deswegen ist es so wichtig, diese Erkenntnisse in der Praxis bekannter zu machen.

 

Es liegt jetzt an der Praxis diese Erkenntnisse umzusetzen und den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder zukunftsfähig zu machen. Sie müssen den Kunden verstehen und auf ihn eingehen. Der Kunde entscheidet schlussendlich mit seiner Kaufkraft, welches Geschäftsmodell und welche Produkte erfolgreich sind und welche nicht. Sie müssen den Kunden mit ihrer Werbebotschaft erreichen. Das Buch trägt hoffentlich einen Teil zum Verständnis des Konsumenten bei und bietet Ihnen praktische Anwendungen für die Praxis.

 

An alle Studierende, die mein Buch lesen und selbst Wirtschaftspsychologie studieren, bleibt am Ball. Ihr habt euch für den richtigen Studiengang entschieden. Vielen Dank an alle Leser, die sich für die Konsumentenpsychologie interessieren.

 

Image

Wernigerode, November 2019.

Eine Einleitung

Gerade einmal drei Sekunden hat eine Werbeanzeige Zeit die Werbebotschaft in den Köpfen der Kunden zu platzieren (Meyer-Hentschel, 1993). Hinzu kommt, dass Menschen eine negative Einstellung zu Werbung haben und somit wenig Interesse besteht, sich für sie zu interessieren oder sie aufmerksam zu verfolgen. Viele kennen das Phänomen aus dem Alltag: Das Hin- und Herschalten von Fernsehsendern (sogenanntes „Zappen“), um möglichst viel Werbung zu umgehen, steht exemplarisch für eine solche Einstellung. Im Social Media Bereich wird lästige Bannerwerbung weggeklickt oder unterdrückt. Plugins (Softwareerweiterungen für den Webbrowser), die eine solche Funktion erfüllen, gibt es zur Genüge. Diese Funktionen haben das Ziel, das Internet werbefreier zu machen.

 

Die meisten Konsumenten sind nicht an den Produkten oder Marken der Unternehmen interessiert. Es gibt zahlreiche Gründe dafür: (Häusel, 2014, S. 82-83) (siehe auch Abbildung 1)

 

 

 

 

Ein Bild, das Screenshot enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Abbildung 1: Gründe für ein geringes Interesse der Werbeempfänger,

eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Meyer-Hentschel, 1993, S. 37) & (Esch F.-R. , 1998)

 

 

Hat es eine Werbebotschaft geschafft vom Kunden wahrgenommen zu werden, ist es die Frage, ob der Kunde nicht sowieso schon mit Informationen völlig überlastet ist. „Nach einer Berechnung des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung werden in der Bundesrepublik Deutschland weniger als 2% der durch Massenmedien angebotenen Informationen aufgenommen, der Rest landet unbeachtet auf dem Müll. In der Werbung kann man mit einem Informationsüberschuss von 95% rechnen.“ (Kroeber-Riel, 2003, S. 90) (siehe Abbildung 2) Mindestens ein Drittel der Konsumenten nutzt selbst bei teuren Produkten nur eine Informationsquelle. (Kuß & Tomczak, 2007, S. 116)

 

Ein Bild, das ClipArt, Rasenmäher, Objekt enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Abbildung 2: Gesamtgesellschaftliche Informationsüberlastung von 98%, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Esch F.-R. , 2010, S. 29)

 

 

Der Marketer sollte auch bedenken, dass diese Informationsüberlastungen durch das Digitalzeitalter nicht ab-, sondern zunehmen. Das Smartphone ist mittlerweile so weit verbreitet, dass beinahe alle Bevölkerungsgruppen Ziel einer mobilen Marketingmaßnahme werden können. 2018 haben ca. 57 Millionen Menschen in Deutschland das Smartphone benutzt. 8 von 10 Menschen benutzen, laut Studie, in Deutschland ein Smartphone. (Bitkom Research, 2019)

 

Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Chancen und Risiken der Werbung noch nie so hoch waren wie heute. Noch nie zuvor konnte man so viele Menschen so schnell erreichen. Noch nie zuvor war es aber auch gleichzeitig so schwer, die Aufmerksamkeit der Menschen auf eine Werbebotschaft zu lenken und die Werbebotschaft in die Köpfe der Kunden zu bringen. Doch genau diese Funktionen soll die Werbung erfüllen; Rosenstiel und Kirsch schreiben dazu: (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 15)

 

  1. Die Werbung muss zunächst von den Empfängern überhaupt beachtet werden.
  2. Die Empfänger dürfen die beachtete Botschaft dann auch nicht wieder vergessen.
  3. Die Kunden müssen eine positive Einstellung zu dem zu kaufenden Produkt entwickeln.
  4. Die Konsumenten müssen genügend Zeit und Energie aufbringen, sich für das Produkt auch wirklich zu interessieren.
  5. Die Zielgruppe muss schließlich die Entscheidung fällen, das Produkt tatsächlich zu kaufen.

 

Kroeber-Riel beschreibt verschiedene Funktionen von Werbung aus der Sicht der Konsumenten. Die Werbung soll: (Kroeber-Riel, 2003)

 

 

Aus diesen Funktionen entstehen enorme Ansprüche an den Marketingmanager und dessen Werbung. Eine Werbeanzeige sollte also interessant, spannend, emotional, informativ und unterhaltsam sein. Doch wie soll man all diesen Ansprüchen gerecht werden?

 

Die Definition der Werbung, laut Kroeber-Riel, ist vor allem für die Unternehmen von großer Bedeutung: „Werbung wird definiert als versuchte Einstellungs- und Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunikationsmittel.“ (Kroeber-Riel, 2003, S. 605) Werbung soll also die Konsumenten in ihren Einstellungen und ihrem Verhalten beeinflussen. Doch wie gelingt es einem Unternehmen die angesprochenen Risiken zu umgehen und die Potentiale zu nutzen? Wie sollte man eine Werbung gestalten, um bei dem Konsumenten eine Wirkung zu erzielen? „Ich weiß, dass die Hälfte meiner Werbeausgaben hinausgeworfenes Geld ist“, bemerkte Henry Ford einmal, „ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ (Bauer, Stokburger, & Hammerschmidt, 2006, S. 310).

Wie kann man die Wirkung der Werbung verbessern?

 

Das ist nur eine von vielen Fragen, die Unternehmen zurzeit beschäftigen. Rosenstiel et al. beschreiben weitere Probleme der Werbung: (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 21)

 

 

Die Wirtschaftspsychologie hat eine Reihe von Antworten auf diese Fragen und Herausforderungen parat. Bis jetzt lag das Einsatzgebiet der Wirtschaftspsychologen hauptsächlich in der Marktforschung, doch inzwischen findet ein Umdenken statt. Denn eines ist klar: Der Erfolg der Werbung hängt vom Kunden ab. Und kein Wissenschaftsfeld kennt sich mit dem Verhalten des Konsumenten so gut aus wie die Wirtschaftspsychologie. Dieses Buch soll Ihnen helfen, einen ersten Schritt in das komplexe und spannende Feld der Werbe- und Konsumentenpsychologie zu wagen und im Endeffekt den Erfolg ihrer Unternehmens- und Marketingtätigkeit zu verbessern.

Die menschliche Wahrnehmung

Dass die menschliche Wahrnehmung für das Konsumentenverhalten entscheidend ist, sollte klar sein. Jedes menschliche (Kauf)Verhalten hat einen Reiz zur Ursache, das Verständnis der Verarbeitung dieser Reize ist also enorm wichtig. Umgebungsreize können unsere Wahrnehmung direkt beeinflussen, wie folgendes Beispiel in der Abbildung 3 zeigt. Die Kreise in der Mitte sind gleich groß. Der Kontext beeinflusst die menschliche Wahrnehmung.

 

Image

 

Abbildung 3: Ein menschlicher Wahrnehmungsfehler, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Ariely, 2008, S. 29)

 

 

Menschen erkennen Objekte in ihrer Umgebung nur in Relation zu anderen Objekten oder Bezugspunkten. In der Werbung können solche Umweltreize vielseitig sein und umfassen unter anderem andere Preise, andere Kunden, andere Produkte, andere Marken oder ähnliches.

 

Diese kann man in innere und äußere Reize unterteilen:

 

Beispiele für innere Reize wären der (eigene) Herzschlag oder Stoffwechselvorgänge. Bei äußeren Reizen spielen Aspekte der Werbung eine wichtige Rolle, z.B. Töne, Bilder oder Texte. (Kroeber-Riel, 2003, S. 70)

Die menschliche Wahrnehmung beruht auf der Verarbeitung von Reizen und besteht laut Felser aus drei Komponenten: (Felser, 2015, S. 28)

 

 

Zusätzlich sollte man noch zwischen Emotion, Motivation, Stimmung und Einstellung unterscheiden, die für den weiteren Verlauf des Buchs wichtige Begriffe sind.

 

Als Grundlage für die Verarbeitung in der Werbepsychologie kann das einfache S-O-R Modell dienen (siehe Abbildung 4). Das Verhalten des Kunden (R-Response) reagiert auf bestimmte Reize (S-Stimulus). Zwischen diesen beiden Bereichen des Modells befinden sich die Vorgänge im Kunden selbst (O-Organismus). Insbesondere die Prozesse, die im Kunden ablaufen, sind für die Wirtschaftspsychologie von Interesse. (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 48-49)

 

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Abbildung 4: Das S-O-R-Modell als Grundlage, eigene Darstellung,

Quelle: vgl. (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 49)

 

 

Diese Wahrnehmung von Reizen und der Ablauf von Prozessen können bewusst oder unbewusst im Kunden ablaufen. Dabei wird der Großteil der Reize unbewusst verarbeitet. Es gibt also zwei Verarbeitungssysteme im Gehirn: Ein System (der Pilot), das für kognitive Reaktionen wie Denken und Vernunft zuständig ist und ein System (der Autopilot), das für teilweise unbewusste Reaktionen wie Emotionen oder Einstellungen zuständig ist. (siehe Abbildung 5)

Der Nobelpreisträger Kahneman bezeichnet diese Systeme als „System 1 und 2“ (Kahneman, 2012). Seinem langjährigen Freund und Kollegen A. Tversky möchte ich hiermit auch ausdrücklich für die jahrelange Arbeit danken. Er verstarb leider vor seiner Auszeichnung mit dem Nobelpreis.

 

Ein Bild, das Text, Visitenkarte enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Abbildung 5: Autopilot (System 1) und Pilot (System 2),

eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Häusel, 2014, S. 84)

 

 

Die Aufteilung der menschlichen Wahrnehmung in zwei Systeme erklärt auch, dass Kunden Emotionen schneller als Kognitionen wahrnehmen. Dadurch kann der Mensch schnell und reflexartig auf Gefahren reagieren. Eine praktische Anwendung dieser Theorie findet sich in der Bildverarbeitung: Werbebilder werden zuerst emotional wahrgenommen (Autopilot), bevor der Kunde ein Werbebild bewusst verarbeitet. (Häusel, 2014, S. 160)

 

Die Mengen-, Zahlen- & Zeitwahrnehmung

Mengenwahrnehmung

 

Kunden nehmen Mengen recht intuitiv wahr. Es gibt verschiedene Methoden zur Mengenwahrnehmung:

 

Gerade bei der intuitiven Vorgehensweise kommt es häufig zu Fehlurteilen. Wenn der Kunde intuitiv vorgeht, erscheinen ihm viele kleine identische Produkte zahlreicher als dieselbe Anzahl unterschiedlicher Artikel. Schon ein Produkt oder Objekt, das anders aussieht, kann diesen Effekt zerstören. (Felser, 2015, S. 376)

 

Flächen- und Volumenwahrnehmung

 

Bei der Schätzung des Volumens kann es dem Kunden passieren, dass er die Grundfläche unter- und die Höhe des Objekts überschätzt. Der Kunde überschätzt das Fassungsvermögen eines hohen dünnen Gefäßes.

 

Soll der Kunde also den Eindruck bekommen, er bekomme viel Inhalt (z.B. in Getränken) für sein Geld, ist ein hohes dünnes Glas von Vorteil. Er wird dann allerdings auch annehmen, dass er bereits viel konsumiert hat und somit weniger nachbestellen. Bei sehr teuren Getränken, wo nicht viel nachbestellt wird, sollte man lange dünne Gläser anbieten.

 

Außerdem werden Objekte, die farblich auffällig sind, in ihrer Größe überschätzt. (Felser, 2015, S. 377-378)

 

Die Wahrnehmung von Gewicht

 

Dunkle Objekte werden beim Betrachten als schwerer eingeschätzt. Diese Fehleinschätzung des Gewichts gilt auch für Objekte, die groß sind: Große Objekte werden als schwerer eingeschätzt, obwohl der Kunde keine weiteren Informationen zur Verfügung hat, also gar nicht weiß, ob es tatsächlich so ist.

Außerdem gibt es einen „Oben-Unten-Links-Rechts-Effekt“: Objekte, die in einem Bild oder Werbeplakat oben platziert werden, wirken leichter als solche, die sich im unteren Teil befinden. Dieser Wahrnehmungsfehler lässt sich mit der Schwerkraft begründen: Wenn sich etwas gegen die Schwerkraft widersetzt, muss es erfahrungsgemäß weniger wiegen. Zusätzlich wirken Objekte leichter, wenn sie links statt rechts platziert werden. Die Begründung dafür ist die Leserichtung des Kunden und das Hebelgesetz. (Felser, 2015, S. 378-379)

 

Image

 

Video 1: Die menschliche Wahrnehmung

 

 

 

Die Wahrnehmung von Zahlen

 

Kunden interpretieren Zahlen meistens nicht absolut, sondern in Relation zu ihrer Umgebung: Die Zahl Fünf kann z.B. als Referenzpunkt dienen, anhand derer die anderen Zahlen bewertet werden.

 

Zusätzlich wird ein Zahlensprung von 1 auf 2 größer empfunden als einer von 8 auf 9. Mit diesem Wissen kann man im Marketing die subjektive Wahrnehmung des Rabatts ändern: Ein Rabatt von 122 auf 121 ist demnach subjektiv größer als ein Rabatt von 119 auf 118.