Konsumentenpsychologie und Konsumenten-
verhalten
Marketingpsychologie –
Kunden lesen und verstehen
Max Mittelstaedt
Das Buch beinhaltet multimediale Inhalte: Zu jedem Kapitel gibt es teilweise mehrere Videos auf YouTube, die über einen QR-Code abspielbar sind. Die Videos sind Erklärvideos und wurden von mir erstellt. Es bleibt also Ihnen überlassen, wie Sie sich die wichtigsten Theorien aus der Konsumentenpsychologie anschauen.
Copyright © 2019 Max Mittelstaedt
Alle Rechte vorbehalten.
Independently published
Max Mittelstaedt
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38855 Wernigerode
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Der Autor geht davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Der Autor übernimmt keine Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
Widmung
Vielen Dank an Alle, die mich unterstützt haben. Danke an Johanna fürs fleißige korrigieren, Anna für das Design und Diana für die Covererstellung. Ich danke auch der Hochschule Harz für die großartigen Möglichkeiten. Ein Dank geht an die Professoren und Wissenschaftler der Wirtschaftspsychologie.
Abbildungsverzeichnis
Videoverzeichnis
Vorwort des Autors
Eine Einleitung
Die menschliche Wahrnehmung
Die Mengen-, Zahlen- & Zeitwahrnehmung
Die Emotionen
Die Motivation
Das Involvement
Die Stimmung
Das Embodiment
Die Einstellung
Der Widerstand gegen die Beeinflussung
Die Reizverarbeitung
Die Aufmerksamkeit
Die Gestaltpsychologie
Die Werbegestaltung
Die emotionalen Reize
Die kognitiven Reize
Der Kontrast
Die Farbe
Die Helligkeit und die Sättigung
Die Schrift
Die Überschrift
Die Werbetexte
Die Größe
Die Platzierung und das Blickverhalten
Die Bilder
Die Verkaufsraumgestaltung
Konsumentenverhalten im Internet
Das Lernen
Das Gedächtnis
Das Priming
Der Primacy-Recency-Effekt
Der Mere-Exposure-Effekt
Das unterschwellige Marketing
Das Unterschwellige Priming
Das Unterschwellige Konditionieren
Die Verfügbarkeitsheuristik
Die psychologische Distanz
Das Storytelling
Der Wahrheitseffekt
Geschichten und die Nachahmung
Die Kontrast- und Kontexteffekte
Die Erzeugung von Kontrast- und Kontexteffekten
Die Psychologie der Kaufentscheidung
Die Heuristiken der Kaufentscheidung
Die Prospect Theory
Die Konsensheuristik
Die Vieldeutigkeit der Werbeinformation
Die Verfügbarkeitsheuristik
Die Wiedererkennungsheuristik
Die Repräsentativitätsheuristik
Die Mentale Kontoführung
Das Bemühen um eine Information
Der Verwässerungseffekt
Der Attraktionseffekt
Der Ankereffekt
Die Wahrscheinlichkeiten
Die Vergleichsasymmetrien
Der Endowment-Effekt
Die Tür-in-das-Gesicht-Technik
Das Kontrafaktische Denken
Der Too-much-Choice-Effect
Die Vorhersage zukünftiger Produktzufriedenheit
Die Sozialpsychologischen Einflüsse
Die Gruppennormen
Das Modell-Lernen
Der Gegenseitigkeitseffekt
Die Konsistenz- und Dissonanztheorie
Die Reaktanztheorie
Die Preispsychologie
Die Preis-Absatz-Funktion
Die Preis-Qualitäts-Regel
Der Effekt der letzten Ziffer
Das Sonderangebot
Eine kurze Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Über den Autor
Abbildung |
1 |
Gründe für ein geringes Interesse der Werbeempfänger |
Abbildung |
2 |
Gesamtgesellschaftliche Informationsüberlastung von 98% |
Abbildung |
3 |
Ein menschlicher Wahrnehmungsfehler |
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4 |
Das S-O-R-Modell als Grundlage |
Abbildung |
5 |
Autopilot (System 1) und Pilot (System 2) |
Abbildung |
6 |
Die Peak-End-Rule |
Abbildung |
7 |
Einsatz von versteckten Emotionen in der Werbung |
Abbildung |
8 |
Beispiel emotionale Positionierung |
Abbildung |
9 |
Beispiel Positionierungsmodell |
Abbildung |
10 |
Das Emotionssystem nach Häusel |
Abbildung |
11 |
Die Limbic Map® von Häusel |
Abbildung |
12 |
Übersicht Motivsysteme |
Abbildung |
13 |
Die Bedürfnispyramide von Maslow |
Abbildung |
14 |
Übersicht hohes vs. niedriges Involvement |
Abbildung |
15 |
Vergleich gering vs. hoch involvierte Kunden am Beispiel |
Abbildung |
16 |
Unterschiede hohes vs. niedriges Involvement im Marketing |
Abbildung |
17 |
Unterschiedliche Handybenutzung aktiviert andere Motive |
Abbildung |
18 |
Fehlendes Embodiment in der Anzeige |
Abbildung |
19 |
Werbeanzeige mit Embodiment |
Abbildung |
20 |
Die Komponenten der Einstellung |
Abbildung |
21 |
Beziehung zwischen Einstellung und Kaufwahrscheinlichkeit |
Abbildung |
22 |
Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung |
Abbildung |
23 |
Die Entscheidungstypen |
Abbildung |
24 |
Das Einstellungs-Veränderungs-Modell |
Abbildung |
25 |
Unterschiedsschwellen des menschlichen Körpers |
Abbildung |
26 |
Reizsteigerung Beispiel |
Abbildung |
27 |
Das Marketingziel |
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28 |
Einfluss der Haptik auf den Geschmack |
Abbildung |
29 |
Vergleich Pepsi vs. Coca-Cola |
Abbildung |
30 |
Das Yerkes-Dodson-Gesetz |
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31 |
Der Rubinscher Becher: Tausch von Hintergrund und Figur |
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32 |
Das Modell der Werbewirkung |
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33 |
Die Reizüberflutung im Alltag |
Abbildung |
34 |
Informationsüberlastung in der BRD |
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35 |
Übersicht biologischer Schlüsselreize |
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36 |
Erotischer Reiz durch Andeutung |
Abbildung |
37 |
Dezenter Einsatz von erotischen Reizen |
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38 |
Farben und Marken gehören zusammen |
Abbildung |
39 |
Die Wirkung von Helligkeit und Sättigung |
Abbildung |
40 |
Farbgestaltung von Light vs. Normale Produkte |
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41 |
Headlines sollten schnell lesbar sein. |
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42 |
Das Layout entsprechend der Hirnhälften anpassen. |
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43 |
Die Bewertung von Texten ohne Bilder |
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44 |
Das Dreieck als prägnantes Markenzeichen |
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45 |
Die Konstanz im Markenlogo ist wichtig |
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46 |
Haptische Signale in der Werbeanzeige |
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47 |
Die Umsetzung der Motivansprache mit Werbeanzeigen |
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48 |
Die Wahrnehmung von Codes über die Sinne |
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49 |
Die Verkaufszonengestaltung |
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50 |
Wichtige Merkmale einer Ladengestaltung |
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51 |
Über „Trustpilot“ kann man das Vertrauen erhöhen. |
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52 |
Die Platzierung von Elementen einer Webseite |
Abbildung |
53 |
Eine Musterseite |
Abbildung |
54 |
Vergessenskurve nach Ebbinghaus |
Abbildung |
55 |
Das Kindchenschema nutzen |
Abbildung |
56 |
Zusammenhang Darbietungsintervall und Erinnerung |
Abbildung |
57 |
Die Testurteile dienen als Schlüsselreiz |
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58 |
Die Wahrnehmung konstruiert ein Dreieck |
Abbildung |
59 |
Assoziationsschema am Beispiel BMW |
Abbildung |
60 |
Der Einsatz von Schwarz für Premiumprodukte |
Abbildung |
61 |
Der Primacy-Recency-Effekt |
Abbildung |
62 |
Die Erinnerung an TV-Spots |
Abbildung |
63 |
Die Bewertung von Objekten |
Abbildung |
64 |
Je nach Kontext nimmt man ein B oder eine 13 wahr. |
Abbildung |
65 |
Kontinuität in der Markenstrategie (Kontexteffekt) |
Abbildung |
66 |
Die Prospect Theory |
Abbildung |
67 |
Die Bereitstellung eines Köders |
Abbildung |
68 |
Stärke des Gruppeneinflusses auf die Kaufentscheidung |
Abbildung |
69 |
Der „Harley-Mythos“ |
Abbildung |
70 |
Bonuskarten verstärken die Konsistenz |
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71 |
Das Reaktanzmodell |
Abbildung |
72 |
Beispiele der Reaktanz zur Aufwertung eigener Produkte |
Abbildung |
73 |
Beispiel Preisschwelle |
Abbildung |
74 |
Zusammenhang zwischen Preis und Kaufbereitschaft |
Abbildung |
75 |
Beispiel Preisbündelung |
Abbildung |
76 |
Die Darstellung des Preises ohne Euro-Zeichen |
Abbildung |
77 |
Zusammenhang Kaufwahrscheinlichkeit und Sonderangebot |
Auf Grund der Druckkosten und der Veröffentlichung im Selbstverlag sind alle Abbildungen in Graustufen gedruckt. Sollten Sie die farbige Abbildung benötigen, kontaktieren Sie mich gerne. Viele farbige Abbildungen befinden sich auch im passenden YouTube Video.
Video |
1 |
Die menschliche Wahrnehmung |
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2 |
Die Zahlenwahrnehmung |
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3 |
Die Zeitwahrnehmung |
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4 |
Emotionen in der Wirtschaftspsychologie |
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5 |
Die Motivation & das Involvement |
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6 |
Die Stimmung & das Embodiment |
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7 |
Die Einstellungen |
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8 |
Die Reizverarbeitung |
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9 |
Die Aufmerksamkeit |
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10 |
Die Gestaltpsychologie |
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11 |
Einführung Werbegestaltung |
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12 |
Die Reizarten in der Werbegestaltung |
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13 |
Die Farbpsychologie |
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14 |
Die Schriftpsychologie |
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15 |
Die Werbetextgestaltung |
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16 |
Das Blickverhalten der Konsumenten |
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17 |
Bilder in der Werbung |
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18 |
Die Verkaufsraumgestaltung |
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19 |
Das Konsumentenverhalten im Internet |
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20 |
Die Lernpsychologie |
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21 |
Die Gedächtnispsychologie |
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22 |
Das Priming |
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23 |
Der Primacy-Recency-Effekt |
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24 |
Der Mere-Exposure-Effekt |
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25 |
Das unterschwellige Marketing |
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26 |
Die psychologische Distanz |
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27 |
Das Storytelling |
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28 |
Der Kontrast- und Kontexteffekt |
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29 |
Die Heuristiken der Kaufentscheidung – Teil 1 & 2 |
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30 |
Die sozialpsychologischen Einflüsse |
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31 |
Die Konsistenztheorie |
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32 |
Die Reaktanz |
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33 |
Die Grundlagen der Preispsychologie |
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34 |
Der Effekt der letzten Ziffer |
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35 |
Das Sonderangebot |
Dieses Buch hat mir einige graue Haare beschert. Wie soll man eine Wissenschaft kurz und knapp zusammenfassen, ohne auf wichtige Inhalte zu verzichten? Das Ergebnis stimmt den Leser hoffentlich zufrieden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Wirtschaftspsychologie deutschlandweit bekannter zu machen.
Als Wirtschaftspsychologe ist man tagtäglich Werbung ausgesetzt, die gegen die Theorien und Erkenntnisse aus der Wirtschaftspsychologie verstößt. Meiner Meinung nach ist es nicht die Unfähigkeit der Marketer, sondern die trockenen und zumeist langweiligen Publikationen der Wissenschaftler, die dafür sorgen, dass die Wirtschaftspsychologie nicht häufiger angewendet wird. Mit diesem Buch ist es mir hoffentlich gelungen, dem Leser die psychologischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse kurz und verständlich zu vermitteln.
Pünktlich zum Abschluss meines Studiums bin ich froh, dem Leser die besten Erkenntnisse aus über drei Jahren Studium der Konsumentenpsychologie und Marketing präsentieren zu können. Meine jetzige Begeisterung für dieses Themengebiet entstand eher durch Zufall. Eigentlich wusste ich gar nicht, was ich studieren möchte oder wo meine Berufung liegt. Manchmal braucht man einfach ein wenig Glück im Leben.
Glück hatte ich auch bei der Auswahl meiner Fachhochschule. Ich hatte das Glück von den besten Professoren Deutschlands zu lernen. Mein Wirtschaftspsychologieprofessor Herr Dr. Felser ist ein Unikat der Konsumenten- und Werbepsychologie. Ich hoffe, er verzeiht es mir, dass ich immer so viele Fragen gestellt habe. Ohne ihn gäbe es dieses Buch nicht und das bezieht sich nicht nur auf die Lehrveranstaltungen, in denen ich viel lernen durfte, sondern auch auf das umfangreiche Fachbuch zur Werbe- und Konsumentenpsychologie von ihm. Viele Erkenntnisse aus diesem Buch stammen von einer Handvoll Wissenschaftler.
Deswegen möchte ich weiterhin die Bücher von Kroeber-Riel, Meyer-Hentschel und Kahneman nennen, die einen großen Beitrag zur Konsumenten- und Werbepsychologie geleistet haben. Mein Buch soll in keiner Weise dazu dienen, diese Standardwerke der Wirtschaftspsychologie überflüssig zu machen. Vielmehr möchte ich dem Leser ein Buch präsentieren, das die Theorien der bedeutendsten Werke verständlich zusammenfasst.
Ich möchte aber nicht nur die Autoren würdigen, die mir als Wissensquelle dienten. Ohne die Menschen, die ihr Leben der Wissenschaft widmen, gäbe es die Wirtschaftspsychologie, wie wir sie heute kennen, nicht. Die Wirtschaftspsychologie ist eine Wissenschaft, die auf zahlreichen Studien und Forschungsarbeiten basiert. Viele Forscher widmen ihre berufliche Karriere einem Forschungsschwerpunkt und versuchen die Wahrheit über das menschliche Verhalten und Denken herauszufinden. Vor dieser Leistung und Hingabe habe ich tiefsten Respekt. Auch deswegen ist es so wichtig, diese Erkenntnisse in der Praxis bekannter zu machen.
Es liegt jetzt an der Praxis diese Erkenntnisse umzusetzen und den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder zukunftsfähig zu machen. Sie müssen den Kunden verstehen und auf ihn eingehen. Der Kunde entscheidet schlussendlich mit seiner Kaufkraft, welches Geschäftsmodell und welche Produkte erfolgreich sind und welche nicht. Sie müssen den Kunden mit ihrer Werbebotschaft erreichen. Das Buch trägt hoffentlich einen Teil zum Verständnis des Konsumenten bei und bietet Ihnen praktische Anwendungen für die Praxis.
An alle Studierende, die mein Buch lesen und selbst Wirtschaftspsychologie studieren, bleibt am Ball. Ihr habt euch für den richtigen Studiengang entschieden. Vielen Dank an alle Leser, die sich für die Konsumentenpsychologie interessieren.
Wernigerode, November 2019.
Gerade einmal drei Sekunden hat eine Werbeanzeige Zeit die Werbebotschaft in den Köpfen der Kunden zu platzieren (Meyer-Hentschel, 1993). Hinzu kommt, dass Menschen eine negative Einstellung zu Werbung haben und somit wenig Interesse besteht, sich für sie zu interessieren oder sie aufmerksam zu verfolgen. Viele kennen das Phänomen aus dem Alltag: Das Hin- und Herschalten von Fernsehsendern (sogenanntes „Zappen“), um möglichst viel Werbung zu umgehen, steht exemplarisch für eine solche Einstellung. Im Social Media Bereich wird lästige Bannerwerbung weggeklickt oder unterdrückt. Plugins (Softwareerweiterungen für den Webbrowser), die eine solche Funktion erfüllen, gibt es zur Genüge. Diese Funktionen haben das Ziel, das Internet werbefreier zu machen.
Die meisten Konsumenten sind nicht an den Produkten oder Marken der Unternehmen interessiert. Es gibt zahlreiche Gründe dafür: (Häusel, 2014, S. 82-83) (siehe auch Abbildung 1)
Abbildung 1: Gründe für ein geringes Interesse der Werbeempfänger,
eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Meyer-Hentschel, 1993, S. 37) & (Esch F.-R. , 1998)
Hat es eine Werbebotschaft geschafft vom Kunden wahrgenommen zu werden, ist es die Frage, ob der Kunde nicht sowieso schon mit Informationen völlig überlastet ist. „Nach einer Berechnung des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung werden in der Bundesrepublik Deutschland weniger als 2% der durch Massenmedien angebotenen Informationen aufgenommen, der Rest landet unbeachtet auf dem Müll. In der Werbung kann man mit einem Informationsüberschuss von 95% rechnen.“ (Kroeber-Riel, 2003, S. 90) (siehe Abbildung 2) Mindestens ein Drittel der Konsumenten nutzt selbst bei teuren Produkten nur eine Informationsquelle. (Kuß & Tomczak, 2007, S. 116)
Abbildung 2: Gesamtgesellschaftliche Informationsüberlastung von 98%, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Esch F.-R. , 2010, S. 29)
Der Marketer sollte auch bedenken, dass diese Informationsüberlastungen durch das Digitalzeitalter nicht ab-, sondern zunehmen. Das Smartphone ist mittlerweile so weit verbreitet, dass beinahe alle Bevölkerungsgruppen Ziel einer mobilen Marketingmaßnahme werden können. 2018 haben ca. 57 Millionen Menschen in Deutschland das Smartphone benutzt. 8 von 10 Menschen benutzen, laut Studie, in Deutschland ein Smartphone. (Bitkom Research, 2019)
Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Chancen und Risiken der Werbung noch nie so hoch waren wie heute. Noch nie zuvor konnte man so viele Menschen so schnell erreichen. Noch nie zuvor war es aber auch gleichzeitig so schwer, die Aufmerksamkeit der Menschen auf eine Werbebotschaft zu lenken und die Werbebotschaft in die Köpfe der Kunden zu bringen. Doch genau diese Funktionen soll die Werbung erfüllen; Rosenstiel und Kirsch schreiben dazu: (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 15)
Kroeber-Riel beschreibt verschiedene Funktionen von Werbung aus der Sicht der Konsumenten. Die Werbung soll: (Kroeber-Riel, 2003)
Aus diesen Funktionen entstehen enorme Ansprüche an den Marketingmanager und dessen Werbung. Eine Werbeanzeige sollte also interessant, spannend, emotional, informativ und unterhaltsam sein. Doch wie soll man all diesen Ansprüchen gerecht werden?
Die Definition der Werbung, laut Kroeber-Riel, ist vor allem für die Unternehmen von großer Bedeutung: „Werbung wird definiert als versuchte Einstellungs- und Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunikationsmittel.“ (Kroeber-Riel, 2003, S. 605) Werbung soll also die Konsumenten in ihren Einstellungen und ihrem Verhalten beeinflussen. Doch wie gelingt es einem Unternehmen die angesprochenen Risiken zu umgehen und die Potentiale zu nutzen? Wie sollte man eine Werbung gestalten, um bei dem Konsumenten eine Wirkung zu erzielen? „Ich weiß, dass die Hälfte meiner Werbeausgaben hinausgeworfenes Geld ist“, bemerkte Henry Ford einmal, „ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ (Bauer, Stokburger, & Hammerschmidt, 2006, S. 310).
Wie kann man die Wirkung der Werbung verbessern?
Das ist nur eine von vielen Fragen, die Unternehmen zurzeit beschäftigen. Rosenstiel et al. beschreiben weitere Probleme der Werbung: (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 21)
Die Wirtschaftspsychologie hat eine Reihe von Antworten auf diese Fragen und Herausforderungen parat. Bis jetzt lag das Einsatzgebiet der Wirtschaftspsychologen hauptsächlich in der Marktforschung, doch inzwischen findet ein Umdenken statt. Denn eines ist klar: Der Erfolg der Werbung hängt vom Kunden ab. Und kein Wissenschaftsfeld kennt sich mit dem Verhalten des Konsumenten so gut aus wie die Wirtschaftspsychologie. Dieses Buch soll Ihnen helfen, einen ersten Schritt in das komplexe und spannende Feld der Werbe- und Konsumentenpsychologie zu wagen und im Endeffekt den Erfolg ihrer Unternehmens- und Marketingtätigkeit zu verbessern.
Dass die menschliche Wahrnehmung für das Konsumentenverhalten entscheidend ist, sollte klar sein. Jedes menschliche (Kauf)Verhalten hat einen Reiz zur Ursache, das Verständnis der Verarbeitung dieser Reize ist also enorm wichtig. Umgebungsreize können unsere Wahrnehmung direkt beeinflussen, wie folgendes Beispiel in der Abbildung 3 zeigt. Die Kreise in der Mitte sind gleich groß. Der Kontext beeinflusst die menschliche Wahrnehmung.
Abbildung 3: Ein menschlicher Wahrnehmungsfehler, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Ariely, 2008, S. 29)
Menschen erkennen Objekte in ihrer Umgebung nur in Relation zu anderen Objekten oder Bezugspunkten. In der Werbung können solche Umweltreize vielseitig sein und umfassen unter anderem andere Preise, andere Kunden, andere Produkte, andere Marken oder ähnliches.
Diese kann man in innere und äußere Reize unterteilen:
Beispiele für innere Reize wären der (eigene) Herzschlag oder Stoffwechselvorgänge. Bei äußeren Reizen spielen Aspekte der Werbung eine wichtige Rolle, z.B. Töne, Bilder oder Texte. (Kroeber-Riel, 2003, S. 70)
Die menschliche Wahrnehmung beruht auf der Verarbeitung von Reizen und besteht laut Felser aus drei Komponenten: (Felser, 2015, S. 28)
Zusätzlich sollte man noch zwischen Emotion, Motivation, Stimmung und Einstellung unterscheiden, die für den weiteren Verlauf des Buchs wichtige Begriffe sind.
Als Grundlage für die Verarbeitung in der Werbepsychologie kann das einfache S-O-R Modell dienen (siehe Abbildung 4). Das Verhalten des Kunden (R-Response) reagiert auf bestimmte Reize (S-Stimulus). Zwischen diesen beiden Bereichen des Modells befinden sich die Vorgänge im Kunden selbst (O-Organismus). Insbesondere die Prozesse, die im Kunden ablaufen, sind für die Wirtschaftspsychologie von Interesse. (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 48-49)
Abbildung 4: Das S-O-R-Modell als Grundlage, eigene Darstellung,
Quelle: vgl. (von Rosenstiel & Kirsch, 1996, S. 49)
Diese Wahrnehmung von Reizen und der Ablauf von Prozessen können bewusst oder unbewusst im Kunden ablaufen. Dabei wird der Großteil der Reize unbewusst verarbeitet. Es gibt also zwei Verarbeitungssysteme im Gehirn: Ein System (der Pilot), das für kognitive Reaktionen wie Denken und Vernunft zuständig ist und ein System (der Autopilot), das für teilweise unbewusste Reaktionen wie Emotionen oder Einstellungen zuständig ist. (siehe Abbildung 5)
Der Nobelpreisträger Kahneman bezeichnet diese Systeme als „System 1 und 2“ (Kahneman, 2012). Seinem langjährigen Freund und Kollegen A. Tversky möchte ich hiermit auch ausdrücklich für die jahrelange Arbeit danken. Er verstarb leider vor seiner Auszeichnung mit dem Nobelpreis.
Abbildung 5: Autopilot (System 1) und Pilot (System 2),
eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Häusel, 2014, S. 84)
Die Aufteilung der menschlichen Wahrnehmung in zwei Systeme erklärt auch, dass Kunden Emotionen schneller als Kognitionen wahrnehmen. Dadurch kann der Mensch schnell und reflexartig auf Gefahren reagieren. Eine praktische Anwendung dieser Theorie findet sich in der Bildverarbeitung: Werbebilder werden zuerst emotional wahrgenommen (Autopilot), bevor der Kunde ein Werbebild bewusst verarbeitet. (Häusel, 2014, S. 160)
Mengenwahrnehmung
Kunden nehmen Mengen recht intuitiv wahr. Es gibt verschiedene Methoden zur Mengenwahrnehmung:
Gerade bei der intuitiven Vorgehensweise kommt es häufig zu Fehlurteilen. Wenn der Kunde intuitiv vorgeht, erscheinen ihm viele kleine identische Produkte zahlreicher als dieselbe Anzahl unterschiedlicher Artikel. Schon ein Produkt oder Objekt, das anders aussieht, kann diesen Effekt zerstören. (Felser, 2015, S. 376)
Flächen- und Volumenwahrnehmung
Bei der Schätzung des Volumens kann es dem Kunden passieren, dass er die Grundfläche unter- und die Höhe des Objekts überschätzt. Der Kunde überschätzt das Fassungsvermögen eines hohen dünnen Gefäßes.
Soll der Kunde also den Eindruck bekommen, er bekomme viel Inhalt (z.B. in Getränken) für sein Geld, ist ein hohes dünnes Glas von Vorteil. Er wird dann allerdings auch annehmen, dass er bereits viel konsumiert hat und somit weniger nachbestellen. Bei sehr teuren Getränken, wo nicht viel nachbestellt wird, sollte man lange dünne Gläser anbieten.
Außerdem werden Objekte, die farblich auffällig sind, in ihrer Größe überschätzt. (Felser, 2015, S. 377-378)
Die Wahrnehmung von Gewicht
Dunkle Objekte werden beim Betrachten als schwerer eingeschätzt. Diese Fehleinschätzung des Gewichts gilt auch für Objekte, die groß sind: Große Objekte werden als schwerer eingeschätzt, obwohl der Kunde keine weiteren Informationen zur Verfügung hat, also gar nicht weiß, ob es tatsächlich so ist.
Außerdem gibt es einen „Oben-Unten-Links-Rechts-Effekt“: Objekte, die in einem Bild oder Werbeplakat oben platziert werden, wirken leichter als solche, die sich im unteren Teil befinden. Dieser Wahrnehmungsfehler lässt sich mit der Schwerkraft begründen: Wenn sich etwas gegen die Schwerkraft widersetzt, muss es erfahrungsgemäß weniger wiegen. Zusätzlich wirken Objekte leichter, wenn sie links statt rechts platziert werden. Die Begründung dafür ist die Leserichtung des Kunden und das Hebelgesetz. (Felser, 2015, S. 378-379)
Video 1: Die menschliche Wahrnehmung
Die Wahrnehmung von Zahlen
Kunden interpretieren Zahlen meistens nicht absolut, sondern in Relation zu ihrer Umgebung: Die Zahl Fünf kann z.B. als Referenzpunkt dienen, anhand derer die anderen Zahlen bewertet werden.
Zusätzlich wird ein Zahlensprung von 1 auf 2 größer empfunden als einer von 8 auf 9. Mit diesem Wissen kann man im Marketing die subjektive Wahrnehmung des Rabatts ändern: Ein Rabatt von 122 auf 121 ist demnach subjektiv größer als ein Rabatt von 119 auf 118.