»Beseitige dein mentales Chaos ist ein beeindruckendes neues Buch, das lebensverändernd sein kann. Zu lernen, wie man mit seinen Gedanken umgeht, ist eine wichtige Fähigkeit, die eigentlich schon im Schulunterricht gelehrt werden sollte, was aber nur selten geschieht. Dieses Buch kann dazu beitragen, den Leidensdruck zu verringern und die Lebenseinstellung und Stimmung zu verbessern. Ich kann es nur empfehlen.«
Dr. med. Daniel G. Amen, Gründer der Amen-Kliniken und Autor von The End of Mental Illness
»Unsere psychische Gesundheit ist bedroht wie nie zuvor. Leider greifen die pharmazeutischen Mittel, die das zentrale Instrumentarium der modernen Medizin darstellen, zu kurz, wenn es um so weit verbreitete Probleme wie Angstzustände, Depressionen und andere Störungen der Psyche und des Wohlbefindens geht. Aber es gibt einen Lichtblick. In Beseitige dein mentales Chaos nutzt Dr. Caroline Leaf ihre über dreißigjährige klinische Erfahrung, um uns eine ermutigende, wirksame und praxiserprobte Anleitung zum Abbau von toxischem Stress und zur Wiedererlangung der Kontrolle über unseren geistigen Zustand zu geben, die uns den Weg zu Glück, Zufriedenheit und Erfüllung ebnet. Sowohl aus präventivmedizinischer als auch aus therapeutischer Sicht hält dieses Buch, was es verspricht.«
Dr. med. David Perlmutter, Autor der New-York-Times-Nr.-1-Bestseller Grain Brain und Brain Wash
»Meine gute Freundin und geschätzte Kollegin Dr. Caroline Leaf hat mit ihrem Buch Beseitige dein mentales Chaos einen Paradigmenwechsel geschaffen, der die Art und Weise, wie wir psychische Gesundheit betrachten und behandeln, neu definieren wird. So viele von uns sind ständig gestresst und angespannt, und das wirkt sich negativ auf alle Bereiche unseres Lebens aus, auch auf unsere Beziehungen und unsere körperliche Gesundheit. Mit ihrer über dreißigjährigen klinischen Erfahrung gibt uns Dr. Leaf einen umfassenden und dennoch praktisch gut umzusetzenden Leitfaden an die Hand, mit dem das Durcheinander in unseren Köpfen – mithilfe von wissenschaftlich fundierten und tatsächlich funktionierenden Werkzeugen – in den Griff zu bekommen ist. Ein Hoch auf die Beseitigung unseres mentalen Chaos!«
Dr. Will Cole, führender Experte für funktionelle Medizin und Bestsellerautor von The Inflammation Spectrum and Ketotarian
»Dr. Caroline Leaf hat mein Leben zutiefst beeinflusst und mir geholfen, mein Leben zu ändern – einen Gedanken nach dem anderen!«
Michelle Williams, Sängerin, Schauspielerin, Autorin
Copyright © 2021 by Dr. Caroline Leaf
Die amerikanische Originalausgabe erschien im Verlag Baker Books unter dem Titel
Cleaning Up Your Mental Mess. All rights reserved.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Umschlaggestaltung: FACEOUT STUDIO
Umschlagbild: Alex SG, shutterstock.com
Corporate Design: spoon design, Olaf Johannson
Übersetzung: Gabriele Kohlmann
Korrektorat: Thilo Niepel
Satz: Grace today Verlag
Druck: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck
1. Auflage 2021
© 2021 Grace today Verlag, Schotten
Paperback: ISBN 978-3-95933-212-5, Bestellnummer 372212
E-Book: ISBN 978-3-95933-213-2, Bestellnummer 372213
Hörbuch MP3-CD: ISBN 978-3-95933-214-9, Bestellnummer 372214
Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.
www.gracetoday.de
Dieses Buch widme ich dir, liebe Leserin, lieber Leser – es soll dir helfen, aus meiner Forschungsarbeit der vergangenen achtunddreißig Jahre, aus den klinischen Studien, die ich in jüngster Zeit mit meinem großartigen Team von Neurowissenschaftlern, Neurochirurgen und Neurologen durchgeführt habe, und aus dem, was ich in meiner privaten Praxis und überall auf der Welt beobachten konnte, den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.
Ich möchte dir zeigen, wie du das Beste aus deinem Verstand und deinem Gehirn machen kannst, indem du dein Denken auf ein neues Level hebst und die Landschaft deines Gehirns durch Gedankenmanagement umgestaltest. Dieses Buch wird dir nicht nur beibringen, wie du mit Ängsten, Depressionen, Stress und Sorgen umgehen kannst, sondern auch, wie du dein Leben am besten meisterst – nicht nur in glücklichen, sondern auch in traurigen oder gar traumatischen Momenten und in Zeiten, in denen du nicht mehr weißt, wer du eigentlich bist.
Seit mehr als drei Jahrzehnten sehe ich meine Aufgabe darin, Einzelpersonen, aber auch Unternehmen und Institutionen das Konzept des Gedankenmanagements nahezubringen und leicht anzuwendende, praxisnahe Methoden zu schaffen. Diese sollen den Menschen helfen, ihre Gedankenwelt und ihren Alltag auf eine Weise zu gestalten, die sie Frieden erfahren lässt und ihnen die Fähigkeit gibt, ihr Leben voll auszuschöpfen. Ich hoffe, dass du diese Methoden in deinem eigenen Leben als hilfreich empfinden wirst und erkennst, dass es in deiner Macht steht, die Kontrolle über deine geistige Gesundheit und dein Leben zurückzuerlangen!
Wir können drei Wochen ohne Nahrung,
drei Tage ohne Wasser, drei Minuten ohne Sauerstoff auskommen – aber wir können nicht einmal drei Sekunden lang nicht denken.
Dieses Buch enthält Abbildungen in Schwarzweiß.
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Dr. Caroline Leaf auf dem Laufenden!
Vorwort
Danksagungen
Teil 1: Das Wie und das Warum
1. Was passiert, wenn wir unseren Verstand nicht richtig gebrauchen
2. Was ist Gedankenmanagement und warum brauchen wir es?
3. Warum der Neurozyklus die Lösung ist, um dein mentales Chaos zu beseitigen
4. Die Forschung
5. Wie kann dir all dieses Wissen helfen?
6. Was ist der Geist?
7. Der vernetzte Geist
Teil 2: Die praktische Anwendung des Neurozyklus
8. Die 5 Schritte des Neurozyklus
9. Steuere dein Gehirn in die Veränderung
10. Warum es 63 Tage des Neurocyclings braucht, um eine Gewohnheit zu bilden
11. Neurocycling zum Aufbau des Gehirns und zur Entwicklung mentaler Stärke
12. Trauma-Detoxing mithilfe des Neurozyklus
13. Neurocycling: Schlechte Gewohnheiten abbauen und gute aufbauen
14. Neurocycling: Tägliche Gedankenmanagement-Routine zur Beseitigung des mentalen Chaos
Anhang A: Die Theorie der geodätischen Informationsverarbeitung
Anhang B: Das Metakog
Hast du manchmal das Gefühl, als wäre dein Gehirn gerade »ausgeschaltet« worden?
Fühlst du dich manchmal entmutigt, unkonzentriert oder überfordert?
Gibt es ungesunde Muster in deinem Leben oder dem deiner Familie, die scheinbar nicht zu durchbrechen sind?
Beginnst du deinen Tag erschöpft und deprimiert?
Blickst du der Zukunft mit Besorgnis entgegen?
Wirst du von deiner Vergangenheit verfolgt?
Fühlst du dich verloren und unsicher?
Wenn du eine dieser Fragen mit Ja beantwortet hast, bist du damit nicht allein. Immer mehr von uns leiden unter Angstzuständen, Depressionen und Burnout.
Aber das bedeutet nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt oder dass du psychisch krank bist. Angstzustände, Depressionen und posttraumatischer Stress sind allesamt Begriffe, die die natürlichen menschlichen Reaktionen auf Widrigkeiten und die Erfahrungen des Lebens beschreiben. Und wir alle sind auf viele verschiedene Arten mit Widrigkeiten konfrontiert: Herausfordernde Ereignisse und Umstände sind ebenso Teil der modernen Existenz, wie sie es in der Geschichte der Menschheit schon immer waren.
Diese mentalen und emotionalen Reaktionen als Krankheiten zu bezeichnen, verfehlt gänzlich den Punkt. Unruhe, Depression, Burnout, Frustration, Angst, Wut, Trauer und dergleichen sind emotionale und körperliche Warnsignale, die uns sagen, dass wir uns mit etwas auseinandersetzen müssen, das in unserem Leben geschehen ist oder gerade geschieht. Dieser Schmerz ist sehr real und ein Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist: Man befindet sich in einem Zustand des Ungleichgewichts. Es ist kein Zeichen für ein defektes Gehirn. Deine Erfahrung muss nicht durch eine medizinische Bezeichnung validiert werden. Probleme mit der psychischen Gesundheit sind nicht deine Identität. Sie sind normal und müssen angegangen und nicht unterdrückt werden, sonst wird alles noch schlimmer.
Doch genau das passiert oft. Moderne psychologische und psychiatrische Ansätze zur Förderung der psychischen Gesundheit, insbesondere durch den Einsatz von Medikamenten wie Antidepressiva und Antipsychotika, gehen nicht auf die Komplexität des menschlichen Geistes ein. Tatsächlich haben sie die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen nicht verringert – schwere Depressionen zum Beispiel sind zwischen 1990 und 2010 konstant bei etwa 4 Prozent geblieben.
Bevölkerungsstudien zeigen, dass hier etwas furchtbar schiefläuft: Menschen im Alter von vierundzwanzig bis fünfundsechzig Jahren sterben acht bis fünfzehn Jahre früher als frühere Generationen, und zwar an vermeidbaren Zivilisationskrankheiten. Es besteht die dringende Notwendigkeit, unseren Ansatz im Gesundheitswesen zu ändern, auch im Bereich der psychischen Gesundheit. Wir müssen unseren Fokus von einer symptombezogenen Herangehensweise auf einen Ansatz verlagern, der sich auf die komplexe Geschichte des Einzelnen und dessen einzigartigen Erfahrungen konzentriert. Das ist der Ansatz, den ich in diesem Buch verfolge.
Du bist wunderbar und einzigartig – dein Streben nach bestmöglicher Gesundheit und optimalem Wohlbefinden sollte genauso einzigartig sein wie du selbst.
Wenn es eine Sache gibt, die ich aus meiner Arbeit auf diesem Gebiet gelernt habe, dann die, dass wir alle lernen müssen, wie wir unsere Gedanken und Reaktionen unter Kontrolle bringen und verändern können, bevor sie zu toxischen neuronalen Netzen und Gewohnheiten werden. Aber wie? Genau das soll dir dieses Buch vermitteln. In Beseitige dein mentales Chaos zeige ich dir, wie du in fünf einfachen Schritten zum Innenarchitekten deines Verstandes und deines Gehirns wirst, indem du die Prinzipien der Neuroplastizität nutzt. In meiner klinischen Praxis und meiner Forschung habe ich das 5-Schritte-Lernverfahren »Schalte dein Gehirn an« entwickelt. In den vergangenen Jahren habe ich diese hochwirksamen Schritte hin zu einem gesunden Gedankenmanagement weiter erforscht und verfeinert und nenne dieses Verfahren nun den »Neurozyklus«.
In diesem Buch werden wir die einfachen, praxisorientierten sowie wissenschaftlich erforschten und klinisch erprobten 5 Schritte des Neurozyklus auf solche Themen wie Angst, Stress und toxisches Denken anwenden. Wir werden auch lernen, wie wir die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit von Gehirn und Geist aufbauen können. Du wirst feststellen, dass diese fünf Schritte nachhaltig wirken, denn sie helfen dir zu lernen, wie du deinen Verstand und dein Gehirn auf eine Art und Weise nutzen kannst, die die Neuroplastizität deines Gehirns zu deinem Vorteil steuert und deine geistige und körperliche Gesundheit damit verbessert.
Mentales Chaos ist etwas, das wir alle ständig erleben, und es ist nichts, wofür wir uns schämen sollten. Mich damit zu befassen, gehört zu meinem Beruf, und trotzdem muss ich selbst täglich meinen Kopf aufräumen – Neurocycling ist ein Lebensstil! Die Ereignisse und Umstände des Lebens verschwinden nicht einfach irgendwohin; Menschen treffen jeden Tag eine Menge Entscheidungen, die sich auf uns alle auswirken. Leidvolle Erfahrungen sind unvermeidlich, auch für dich und deine Lieben. Dennoch glaube ich von ganzem Herzen, dass wir, obwohl Ereignisse und Umstände nicht kontrollierbar sind, unsere Reaktionen auf diese Ereignisse und Umstände sehr wohl kontrollieren können. Das ist gelebtes Gedankenmanagement.
Tatsächlich ist das Steuern des Verstandes mehr als ein Lebensstil – es ist eine Notwendigkeit, weil wir nicht einmal drei Sekunden ohne zu denken auskommen. Wenn wir unser mentales Chaos nicht bewältigen, wird sich unser ganzes Leben wie ein Chaos anfühlen. Wir können viel Geld und Zeit für Selbsthilfebücher und -seminare, die neuesten Wellnesstrends, tolle Vorträge und Podcasts ausgeben. Aber all das wird einfach nur nette Information sein, wenn wir sie nicht anwenden können – noch mehr angestautes Wissen, das nur Staub ansetzt.
Gedankenmanagement mithilfe der 5 Schritte des Neurozyklus hingegen kann all diese großartigen Informationen in angewandtes Wissen umwandeln. Wenn wir Gedankenmanagement praktizieren, lernen wir, wie wir die Ratschläge und Informationen, die wir auf unserem Weg durchs Leben sammeln, tatsächlich nutzen können. Und wenn wir gelernt haben, unseren Verstand zu steuern, können wir vom Posten inspirierender Zitate in den sozialen Medien dazu übergehen, andere durch die Art und Weise zu inspirieren, wie wir unser eigenes Leben tatsächlich leben.
Teil 1 dieses Buches beschreibt, was der Verstand ist, was passiert, wenn wir unseren Verstand nicht richtig nutzen, und warum Gedankenmanagement mithilfe der 5 Schritte die Lösung ist, um unser mentales Chaos zu beseitigen. Enthalten sind außerdem die Ergebnisse meiner jüngsten Forschung. Teil 2 erläutert meinen wissenschaftlich untersuchten und klinisch erprobten Gedankenmanagement-Plan – den »Neurozyklus«.
Wenn unser Verstand chaotisch ist, bringt das auch unsere Lebensführung durcheinander. Und unter einem Leben im Chaos leidet unsere geistige und körperliche Gesundheit. Die 5 Schritte sind ein Weg, unsere Denkkraft nutzbar zu machen – jede Aufgabe, die Denken erfordert, profitiert von der Neurozyklus-Methode, was bedeutet, dass sie für alles von Nutzen ist, weil wir schließlich immer denken! Bist du also bereit, mit der Beseitigung deines mentalen Chaos zu beginnen?
Ich möchte mich bei zwei ganz besonderen Menschen bedanken, die bei der Entstehung dieses Buches auf allen Ebenen eine große Rolle gespielt haben: meine Töchter Jessica und Dominique. Dominique ist meine Produzentin und kümmert sich um meine Social-Media-Kanäle und das Marketing; Jessica ist meine Recherche-Assistentin und Hausredakteurin und leitet den Kundenservice. Sie sind in dieses Projekt eingetaucht, von der Entstehungsphase bis hin zu den letzten Schritten – sie waren brillant, unterstützend und ehrlich, und ohne sie hätte ich es nicht geschafft.
Viele meiner Inspirationen, Anregungen und Einsichten für die Arbeit und die Forschung, die ich betreibe, stammen auch von meinen beiden anderen Kindern, Jeffrey und Alexandria, die viele Herausforderungen mit großer Widerstandskraft gemeistert haben.
Ich möchte mich auch bei meinem Mann Mac bedanken, dessen unendliche Liebe mein Anker ist.
Mein Forschungsteam war unglaublich, und ohne diese Menschen hätte diese Forschung nicht so ablaufen können, wie sie es tat, noch wäre sie so erfolgreich gewesen. Dr. Robert Turner, Neurologe und Neurowissenschaftler, trat vor ein paar Jahren an mich heran, weil er wissen wollte, welche Auswirkungen meine Arbeit auf seine Patienten haben würde. Wir führten die Untersuchung in seiner neurologischen Klinik durch und er beaufsichtigte die technischen und praktischen Details, zusammen mit Charlie Wasserman, seinem qEEG-Techniker. Charlie kümmerte sich in hervorragender Weise um viele der praktischen Details, die bei einer Forschungsstudie dieser Art anfallen. Dr. Jason Littleton leistete als Allgemeinmediziner großartige Arbeit bei der Beratung zu den physiologischen Maßnahmen und den damit verbundenen praktischen Aspekten. Nick, der Phlebotomist ist, fuhr unermüdlich zwischen Florida und North Carolina hin und her und war bei jedem Testpunkt der Studie anwesend, um sicherzustellen, dass die Blutuntersuchungen korrekt durchgeführt wurden. Dr. Darlene Mayo assistierte als Neurochirurgin bei der Analyse der Ergebnisse, insbesondere bei der qEEG-Analyse und den grafischen Darstellungen, und sie war eine unglaubliche Hilfe in diesem komplizierten Prozess. Elite Research kümmerte sich um die technischen Seiten des Antrags und der Studie, lieferte statistische Analysen und half bei der Vorbereitung für die Veröffentlichung. Dr. Rene Paulson, der Inhaber von Elite, verbrachte Stunden damit, mich mit großer Einsicht und Weisheit durch die feineren Details der komplexen statistischen Analysen und deren Anwendungen in dieser Studie zu führen.
Und zu guter Letzt möchte ich dem wunderbaren Team von Baker Books danken, mit dem ich nun schon seit acht Jahren zusammenarbeite! Von meinem großartigen Lektor Brian Vos bis hin zu den Teams unter der Leitung von Mark Rice und Lindsey Spoolstra, die alles möglich machen – von ganzem Herzen Danke!
Was immer wir in unseren Geist pflanzen und durch Wiederholungen und Emotionen nähren, wird eines Tages Wirklichkeit werden.
EARL NIGHTINGALE
• Wenn unser Verstand chaotisch ist, ist auch unsere Lebensführung chaotisch, und wenn unsere Lebensführung chaotisch ist, leidet unsere geistige und körperliche Gesundheit.
• Gedankenmanagement ist eine Fähigkeit, die erlernt und ständig verbessert werden muss, während wir von der Lebensphase der Kindheit ins Erwachsenenalter hineinwachsen. Für jede neue Erfahrung brauchen wir einen neuen Satz von Gedankenmanagement-Werkzeugen.
• Es gibt kein geheimes Wundermittel und kein allgemeingültiges Patentrezept für Gesundheit und Zufriedenheit.
• Sich schuldig zu fühlen, weil man »nicht positiv genug gedacht hat«, »nicht genügend Vertrauen hatte« oder irgendein »Ideal« nicht erreicht hat, ist schädlich für Psyche und Körper.
• Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat sich der Trend, dass Menschen immer länger leben, aufgrund lebensstilbedingter Krankheiten umgekehrt. Welche Entscheidungen wir in Bezug auf unsere Lebensweise treffen, liegt zwar in unserer Hand, aber es scheint nicht so, als wären wir besonders gut darin!
• Alles in unserer Gesellschaft scheint die Botschaft vom »Jetzt!« zu vermitteln. Man könnte fast meinen, wir seien in eine Ära eingetreten, in der wir die Verarbeitung von Wissen dem Sammeln von Daten geopfert haben.
• Psychische Störungen und Leiden sind nichts Neues. Menschen haben schon immer mit Problemen der psychischen Gesundheit gekämpft.
• Die psychische Gesundheit wurde in das biomedizinische Modell eingegliedert. Die damit verbundene Thematik ist zu etwas geworden, das wir fürchten und stigmatisieren, und Angst an sich ist schädlich für das Gehirn und den Körper. Unsere persönliche Geschichte ist kein »Es«, das diagnostiziert und klassifiziert werden muss. Depressionen und Angstzustände sind keine Charakteristika, sondern Warnsignale.
• Wir können die Ereignisse und Umstände des Lebens nicht kontrollieren, aber wir können lernen, unsere Reaktionen darauf zu kontrollieren. Das hilft uns, mit den vielen Herausforderungen, denen wir ausgesetzt sind, umzugehen und sie zu bewältigen.
Manchmal fühlt es sich an, als lebten wir in einer Welt, die von Angst geprägt ist. Die Menschen sind um ihre Gesundheit, ihren Arbeitsplatz, die Wirtschaft und die Zukunft besorgt; Korruption, Kriminalität und ihr Gefühl der Ohnmacht beunruhigt sie zutiefst. Der Preis dieser Ängste sind toxische Gedanken, toxischer Stress, Unruhe und Depression, die wiederum die Anfälligkeit für Krankheiten erhöhen. Das Endresultat dieses Kreislaufs aus Angst, Sorge und – wenn unser Verstand beides nicht mehr verarbeiten kann – Krankheit, ist eine Gesellschaft, die von externen Faktoren wie Schmerzmitteln, Medikamenten und ständig neuen Wellnesstrends abhängig ist und explodierende Gesundheitskosten verursacht.
Aber was wäre, wenn es einen anderen Weg gäbe? Was, wenn die Antwort in dir selbst läge? Wenn du den Schlüssel dazu in der Hand hieltest?
Die meisten Menschen erkennen die Notwendigkeit eines gesunden Lebensstils, auch wenn sie vielleicht die Auswirkungen der von ihnen gewählten Lebensweise auf diverse Krankheitsprozesse nicht vollumfänglich verstehen. Was viele Menschen nicht erkennen, ist die Notwendigkeit eines wirksamen Gedankenmanagements und wie dieses einen gesunden Lebensstil fördert und aufrechterhält.
Wenn unser Denken toxisch ist, kann es unsere Stressreaktion durcheinanderbringen, die dann anfängt, gegen und nicht für uns zu arbeiten. Das wiederum kann uns krankheitsanfälliger machen, weshalb viele Forscher heute glauben, dass toxischer Stress für bis zu 90 Prozent aller Krankheiten verantwortlich sein könnte, einschließlich solcher wie Herzerkrankungen, Krebs und Diabetes. Nur 5 bis 10 Prozent der Krankheiten sollen allein auf genetische Faktoren zurückzuführen sein.1
Doch was ist der Grund? Wenn sich eine Person in einem toxischen Denkzustand befindet, kann die Freisetzung von Stresshormonen wie Cortisol und Homocystein das Immunsystem, das Herz-Kreislauf-System und das Nervensystem erheblich beeinträchtigen. Überschüssige Stresshormone schwächen das Immunsystem sogar so massiv, dass Ärzte diesen Umstand nutzen und Empfängern von Organtransplantaten therapeutisch Stresshormone verabreichen, um zu verhindern, dass ihr Immunsystem das fremde Implantat abstößt.
Obwohl das Bewusstsein für die Wichtigkeit gesunder Lebensgewohnheiten zunimmt und es viele hervorragende Quellen gibt, die hierzu gute Hilfestellung leisten, mangelt es vielen Menschen an den nötigen Fähigkeiten zur Gedankenführung, die sie bräuchten, um dieses Wissen im Alltag umzusetzen. Es geht hier auch nicht um eine einmalige Sache. Gedankenmanagement ist eine Fähigkeit, die erlernt und ständig verbessert werden muss, während wir von der Lebensphase der Kindheit ins Erwachsenenalter hineinwachsen. Für jede neue Erfahrung brauchen wir einen neuen Satz Gedankenmanagement-Werkzeuge.
Was viele Menschen nicht erkennen, ist die Notwendigkeit eines wirksamen Gedankenmanagements und wie dieses einen gesunden Lebensstil fördert und aufrechterhält.
Bevor du jetzt aber in Panik gerätst und das Ganze für unmöglich hältst, halte kurz inne, atme tief durch und lies weiter. Ich möchte nicht, dass du bei dem Gedanken hängenbleibst, alles sei hoffnungslos, deine Probleme seien selbstverursacht und du könnest dich nicht ändern. Dadurch wirst du dich nur noch schlechter fühlen und das ist wirklich nicht nötig. Du kannst dir nicht die Schuld für etwas geben, das du nicht gewusst hast – aber du kannst dich selbst mental aufbauen und in den Veränderungsmodus wechseln, wenn du lernst, dein Denken zu steuern. Dies ist eine Fähigkeit, die man erlernen und ständig verbessern muss – ich tue dies täglich und werde es weiterhin tun, bis ich diese Welt verlasse.
Das meiste von dem, was ich in diesem Buch mitteile, wurde dir noch nie vermittelt, einfach deshalb, weil in diesem Bereich noch zu viel Unwissen herrscht. Wir fangen gerade erst an, den denkenden Geist und das Bewusstsein zu verstehen, was im Grunde eine spannende Sache ist. Aber wenn wir schon so weit gekommen sind, ohne im Gedankenmanagement geübt zu sein, stell dir nur vor, wohin wir gelangen können, wenn wir gelernt haben, unsere Gedanken zu kontrollieren.
Du und dein Verstand bilden eine Einheit, du benutzt deinen Verstand in jedem Moment, und dein Verstand ist immer bei dir. Du kannst drei Wochen ohne Nahrung, drei Tage ohne Wasser und drei Minuten ohne Luft auskommen, aber du kannst keine drei Sekunden ohne Denken auskommen. Deshalb sollte es deine oberste Priorität sein, zu verstehen, wie der Verstand funktioniert und was Gedankenmanagement überhaupt ist. Gedankenmanagement ist eine Fähigkeit, die erlernt und zur Gewohnheit gemacht werden muss. Oder um es wissenschaftlich genauer auszudrücken: Sie muss, ähnlich wie das Schwimmen oder Radfahren, automatisiert werden.
Das ist es, was du in diesem Buch lernen wirst. Gedankenmanagement ist der Schlüssel zu der Art von geistigem Frieden, der uns gleichermaßen durch schwierige und durch glückliche Zeiten geleitet. In diesem Zustand kannst du dein eigenes Maß an Erfolg finden, anstatt dich an unrealistischen »Normvorgaben« zu messen, wie sie von populären Vertretern der Wellness-Industrie und mancher Glaubensbewegung so oft präsentiert werden.
Mit was und wem vergleichst du dich? Wer definiert Erfolg und sagt, wie er für dich auszusehen hat? Du selbst. Niemand sonst hat das Recht, deine Rolle im Leben zu definieren. Wir stellen uns oft selbst ein Bein, wenn wir versuchen, die Heilungsreise eines anderen zu kopieren, oder wenn wir uns sagen lassen, dass der Heilungsprozess linear und standardisiert abläuft. Das ist einer der Gründe, warum die Wellness-Industrie so gefährlich sein kann: Sie behauptet, dass Heilung und Gesundheit nur dann eintreten, wenn bestimmte Regeln (die von jemand anderem geschaffen wurden) befolgt werden.
Unser Festhalten an einer Wettstreitmentalität – die von Influencern in den sozialen Medien und von Leuten, die ihr neuestes Wellnesstrendprodukt anpreisen, gefördert wird – bürdet unserer Psyche unmögliche Lasten auf und kann zerstörerisch wirken, weil es nicht nur die Art und Weise beeinträchtigt, wie wir unseren Körper sehen, sondern auch, wie wir unseren Selbstwert beurteilen. Wenn wir unser Wohlbefinden nicht in einem Rahmen definieren, in dem wir akzeptieren, dass manches im Leben rätselhaft bleibt, werden wir uns jedes Mal, wenn unser Körper streikt oder unser Verstand verrücktspielt, von Schuldgefühlen und Scham zermürben lassen. Wir werden ständig das Bedürfnis verspüren, irgendeinem Maßstab gerecht zu werden. Stattdessen müssen wir das, was wir durchmachen, mit Selbstmitgefühl bewerten, indem wir unseren denkenden Geist durch die Verarbeitung von Schuld, Scham und Krankheit hindurch steuern und diese Dinge zu Sprungbrettern machen, anstatt sie zu Totlasten werden zu lassen.
Natürlich gibt es in den Bereichen der positiven Psychologie, der Wellness-Bewegung und der integrativen Medizin zahlreiche großartige evidenzbasierte Informationen in Bezug auf die Verbindung von Geist und Gehirn, und es begeistert mich, dass diese inzwischen sehr viel stärker thematisiert wird als jemals zuvor in meiner langjährigen Erfahrung. Wir wissen mittlerweile viel besser Bescheid, wie sich das, was wir denken, fühlen und entscheiden, direkt und indirekt auf unser Gehirn und unseren Körper auswirkt.
Ich habe jedoch Bedenken in Bezug darauf, wie einige der Forschungsergebnisse interpretiert werden und welches Gefühl das bei dem Einen oder Anderen hervorrufen kann. Zum Beispiel behaupten manche Leute, dass »gute Menschen nicht krank werden«, andere kommen zu dem Schluss: »Wenn ich genügend gute Gedanken habe oder positive Affirmationen benutze oder meine Einstellung ändere, wird alles Schlechte dadurch verschwinden.« Darauf folgen oft unweigerlich eine Reihe von toxischen Schuld- oder Schamgedanken, durch die wir uns noch schlechter fühlen, wenn unsere Probleme sich nicht einfach auflösen. Das sollte doch funktionieren! Warum klappt es nicht? Was stimmt nicht mit mir? Warum kriegen die das hin und ich nicht?
Sich schuldig zu fühlen oder sich zu schämen, weil man nicht sofort geheilt wurde, oder sich mies zu fühlen, weil man immer noch schlecht drauf ist oder deprimiert, ist nicht gesund und kann eine schlechte Situation noch verschlimmern. Es gibt kein geheimes Wundermittel und kein allgemeingültiges Patentrezept für Gesundheit und Zufriedenheit. Stellen wir uns der Realität: Das Leben ist chaotisch.
Die bessere und gesündere Denkweise beim Lesen von Gesundheits- und Wellnesstrends ist die, sich zu fragen: Warum spricht mich gerade diese Idee so an? oder Warum lese ich das eigentlich und warum möchte ich mehr darüber wissen? Welches zugrunde liegende Problem möchte ich in Wirklichkeit angehen? Dann nutze deine Antworten, indem du entsprechende Informationen und Erkenntnisse sammelst.
Damit will ich nicht sagen, dass es nicht gut für dich ist, die eine oder andere beliebte »gesunde« Sache zu tun. Ich zum Beispiel liebe Entspannungsübungen und Bio-Lebensmittel. Aber solche Dinge wie eine Zauberformel anzuwenden, führt garantiert zu Enttäuschungen. Sich schuldig zu fühlen, weil man nicht positiv genug denkt, nicht »genügend« Glauben hat oder ein bestimmtes »Ideal« nicht erreichen kann, schadet der Psyche und dem Körper, und die Scham und die Schuldgefühle, die mit dieser Denkweise einhergehen, können auf hässliche Weise außer Kontrolle geraten, wenn sie nicht gezielt abgebaut werden.
Diese toxische Vorstellung von »Wenn ich nur x tue, dann wird y passieren« entspringt dem verzerrten Bild unserer Leistungsgesellschaft und einem neurozentrischen Ansatz, der uns glauben lässt, dass y ganz natürlich passieren wird, wenn x getan wird; und x gilt als Standard für alle. Dieser Glaube ignoriert den Einfluss individueller äußerer Umstände (Umwelt, Kultur, Familie) und innerer Faktoren (Persönlichkeit, Identität) und ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Wenn du dein Leben nicht gestaltest,
wird es von anderen gestaltet werden.
Diese Art des Denkens kann zudem dazu führen, dass du das Versagen verinnerlichst, so, als stimme etwas von Natur aus nicht mit dir. Du denkst dann vielleicht etwas wie: Ich habe den Rat/den Weg/die Methode befolgt; warum hat mich das nicht in Ordnung gebracht? Aber was bedeutet »in Ordnung gebracht« überhaupt? Ist es eine verzerrte Vorstellung von sofortiger und hundertprozentiger Heilung? Ist es eine bestimmte Art des Aussehens? Oder eine gewisse Menge Geld, die man haben muss? Oder vielleicht, sich immerzu glücklich zu fühlen? Welchen Maßstab legst du an, um dich an ihm zu messen?
Eines ist sicher: Wenn du dein Leben nicht gestaltest, wird es von anderen gestaltet werden. Und um dein Leben gestalten zu können, musst du wissen, wie du deinen Verstand gestalten kannst – du brauchst Gedankenmanagement.
Wir können nicht einfach laufend schlechte Entscheidungen in Bezug auf unser Gedankenmanagement treffen und meinen, dass das keine Folgen hat. Wenn wir das tun, sind wir wie eine Motte, die immer wieder um die Kerzenflamme schwirrt, bis sie schließlich verbrennt. Manchmal sind wir uns nicht einmal bewusst, dass wir unsere Gedanken nicht gut im Griff haben, weil es sich so natürlich anfühlt oder wir einfach tun, »was auch andere Leute machen«.
Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat sich der Trend, dass Menschen länger leben, umgekehrt.
Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der fehlgesteuertes Denken den Zenit erreicht hat. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat sich der Trend, dass Menschen immer länger leben, umgekehrt. Die Menschen sind kränker und sterben jünger, trotz aller Fortschritte, die wir in Medizin und Technik gemacht haben. Zum ersten Mal in der modernen Menschheitsgeschichte sterben die Menschen in geringerem Alter als frühere Generationen und zwar – und das ist das Verrückte – an vermeidbaren Zivilisationskrankheiten.2 Wir erleben nicht nur Pandemien, Klimawandel und die Belastung durch Schadstoffe, sondern immer mehr Menschen sterben an Verzweiflung.3
Welche Entscheidungen wir in Bezug auf unsere Lebensweise treffen, liegt zwar in unserer Hand, aber es scheint nicht so, als wären wir besonders gut darin! Und warum ist das so? Weshalb fallen wir trotz all der guten Information und Technologie so stark zurück?
In den letzten gut sechzig Jahren haben wir bei der Behandlung von Gehirn und Körper so viel Zeit und Geld für den physischen Aspekt aufgewandt und den Geist dabei völlig vernachlässigt. In Anbetracht der komplexen und untrennbaren Beziehung zwischen unserem Geist und unserem Körper kann die Vernachlässigung eines so wichtigen Teilaspekts unseres Menschseins nicht ohne negative Auswirkungen bleiben.
Wir haben diese Auswirkungen erstmals in den 1980er Jahren bemerkt, aber 2014 wurde es überdeutlich, als Bundesdaten zeigten, dass sich der Trend der steigenden Lebenserwartung zum ersten Mal seit Jahrzehnten umkehrte, wobei die Menschen zwischen 25 und 64 Jahren am stärksten betroffen waren.4 Ja, die Vereinigten Staaten sind in vielerlei Hinsicht ein ziemlich wohlhabendes Land. Dennoch steigt unsere Sterblichkeitsrate, anstatt zu sinken, was in Anbetracht der vielen Fortschritte, die wir gemacht haben, und der beispiellosen Menge an Wissen, zu der wir Zugang haben, scheinbar keinen Sinn ergibt. Hier liegt etwas ernsthaft im Argen.
Viele Menschen sind seelisch erschöpft und ohne Hoffnung. Es überrascht daher nicht, dass ein Bericht der Brookings Institution im Oktober 2019 feststellte, dass vom »Tod aus Verzweiflung« viele Bereiche der Gesellschaft betroffen seien, insbesondere im sogenannten Heartland, den zentralen Bundesstaaten der USA.5 Carol Graham, Senior Fellow dieser Denkfabrik, machte folgende aufschlussreiche Beobachtung: »Die Kennzahlen, die wirklich hervorstechen, haben nicht viel mit Glücklich- oder Unglücklichsein zu tun. Gegenwärtige Zufriedenheit spielt keine allzu große Rolle. Es ist die Hoffnung auf die Zukunft oder vielmehr das Fehlen dieser Hoffnung, was im Zusammenhang mit vorzeitiger Sterblichkeit eine Rolle spielt.6
Immer mehr Untersuchungen zeigen, dass fehlende Hoffnung und der Mangel an Mitteln zur Erfüllung unserer grundlegendsten emotionalen und körperlichen Bedürfnisse einen hohen Preis haben. Angst, Isolation, Schmerz, Ziellosigkeit, Verzweiflung … das sind die Symptome einer gebrochenen und leidenden Gesellschaft, und sie können zu einem frühen Tod führen – nicht allein durch Suizid, sondern aufgrund sehr realer Schäden an Herz, Immunsystem, Magen-Darm-Trakt und Gehirn. Der gesamte Körper gerät in einen Zustand niedriggradiger Entzündung, der unsere Anfälligkeit für Krankheiten um 75 bis 95 Prozent erhöhen kann, wenn wir uns in einem ständigen Unruhezustand befinden.7
Sieh dir nur diese Aussage aus einer Forschungsstudie von 2019 an:
Eine neue Auswertung von Bundes-Sterblichkeitsdaten, die mehr als ein halbes Jahrhundert umfassen, hat ergeben, dass sich die erhöhten Sterberaten bei Menschen im Alter von 25 bis 64 Jahren auf alle rassischen und ethnischen Gruppen in Vororten und Städten ausgedehnt haben. Sei es durch Suizide, Alkohol, Drogenüberdosen und Zivilisationskrankheiten – Kinder verlieren ihre Eltern und die Erwerbsbevölkerung ist kränker geworden.8
Das ist inakzeptabel.
Die Sterblichkeitsrate aufgrund chronischer Erkrankungen ist zwischen 2011 und 2017 um 20,7 Prozent gestiegen und wird wahrscheinlich weiter stark ansteigen.9 Besonders schlimm ist der Trend bei Amerikanern mittleren Alters – bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, heute höher als 2011, womit sich eine jahrzehntelange Verbesserung umgekehrt hat.10
Als Gesellschaft können wir uns nicht länger auf unseren Lorbeeren ausruhen und uns sagen, dass die Dinge immer besser werden oder dass wir großartig sind. Das ist einfach nicht der Fall, weder in Amerika noch in der übrigen Welt. Die Lebenserwartung ist zum Beispiel auch in Großbritannien gesunken, und auch dort scheinen die häufigsten Todesursachen mit der Lebensweise zusammenzuhängen, unter anderem beeinflusst von Drogenkonsum, finanziellem Druck, Depression und Isolation.11
Wir können der Ironie, die uns direkt ins Gesicht starrt, nicht länger ausweichen. Unsere Social-Media-Feeds sind voll von guten Ratschlägen, wie man sich ernähren sollte, von tollen Zitaten und Tipps zur Stressbewältigung, von inspirierenden Geschichten, von Wellnesstrends für Langlebigkeit und verbesserte Lebensqualität – und trotzdem werden wir krank und sterben. Die Suizidraten steigen, toxische Abhängigkeiten nehmen zu, die Menschen sind depressiver und ängstlicher als je zuvor, und unsere Kinder sind die am stärksten medikamentös behandelte Generation der Geschichte.
Ein großer Teil des Problems liegt darin, dass wir unsere Fähigkeit zu tiefgründigem Denken weitgehend verloren haben. Wir haben die Kunst des intensiven und konzentrierten Gedankenmanagements verlernt. Wir wollen, dass alles ruckzuck, schnell und vor allem sofort geschieht. Wir wollen oft nicht die Mühe aufwenden, die zu echter Veränderung führt, oder es wurde uns nie beigebracht, wie diese Art von Bemühung aussieht.
Der Übergang in ein Informationszeitalter mit einfachem Zugang zu endlosen Wissensströmen hat die Art und Weise verändert, wie Menschen denken, fühlen und Entscheidungen treffen. Es scheint fast so, als seien wir in eine Ära eingetreten, in der wir die Verarbeitung von Wissen dem Sammeln von Daten geopfert haben. Ohne es zu merken, trainieren wir uns darauf, nicht zu verarbeiten, sondern sofort zu einer schnellen Lösung und einem reaktiven Urteil zu springen. Wenn sich keine schnelle Lösung anbietet, wie es bei psychischen Problemen oft der Fall ist, werden wir energielos, fühlen uns schuldig und geben dann häufig auf, was unserer psychischen und physischen Gesundheit noch mehr Schaden zufügt.
Wir Menschen haben uns im Laufe der Zeit dahingehend entwickelt, tief, differenziert und kollektivistisch zu denken. Wenn unser Wissen nicht effektiv angewendet, sondern nur konsumiert wird, hungert unser Verstand aus und findet nicht mehr von Punkt A zu Punkt B. Wir schaffen den Sprung vom Sammeln des Wissens hin zu dessen Anwendung nicht mehr. Das Sammeln von Informationen, ohne sie zu verarbeiten und anzuwenden, widerspricht der Funktionsweise des menschlichen Verstandes und der Struktur des Gehirns; es wirkt sich nachteilig auf unser geistiges und körperliches Wohlbefinden aus, indem ein mentales Chaos im Geist und ein physisches Chaos im Körper verursacht wird. So wunderbar und notwendig die moderne Technologie und alle damit einhergehenden Fortschritte auch sind, wir müssen lernen, sie richtig zu nutzen, oder wir richten am Ende nur noch mehr mentales Chaos an – eines, das unsere Lebensqualität weiter einschränkt und unsere Lebenszeit verkürzt.
Es lässt sich beobachten, dass dieses Chaos sich auch auf die Art und Weise überträgt, wie wir psychische Gesundheit wahrnehmen. Der Umgang mit psychischer Gesundheit hat in den letzten fünfzig Jahren eine immer stärkere biomedizinische und neuroreduktionistische Ausrichtung erfahren. Neuroreduktionistisch bedeutet, dass wir alles auf das physische Gehirn zurückgeführt und reduziert haben. Die eigene Geschichte, einschließlich der eigenen Erfahrungen und des politischen und sozioökonomischen Umfelds, in dem jemand lebt, wurde völlig außer Acht gelassen und einer Philosophie untergeordnet, die zu dem Schluss kommt: »Mein Gehirn hat mich dazu gebracht.« Wenn sich jemand depressiv fühle, käme das von einem »Serotonin-Ungleichgewicht« oder einer »neuropsychiatrischen Hirnerkrankung«. Dieses neuroreduktionistische Modell berücksichtigt keine Sachverhalte wie beispielsweise den, dass du etwas so Schädliches wie Rassismus erfährst und aufgrund deiner Hautfarbe fast dein ganzes Leben lang in Angst und Schrecken lebst. Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen, vielleicht hast du als Kind durch ein Familienmitglied sexuelle Gewalt erfahren und dir wurde das Gefühl vermittelt, dass es deine Schuld sei. Neuroreduktionismus in dieser Form ignoriert die Bedeutung unserer Lebenserfahrungen und hat die Welt der psychischen Gesundheitsfürsorge viel zu lange beherrscht.
Laut einem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel von Bioanthropologen der Washington State University steckt die Forschung zur psychischen Gesundheit immer noch im Weltbild des 19. Jahrhunderts fest, das unglücklicherweise 1980 durch das Aufkommen des biomedizinischen Modells, alles nach Symptomen zu klassifizieren, neuen Auftrieb erhielt.12 Dies geschah mit dem Ziel, zugrundeliegende neurobiologische Muster aufzudecken, die zu spezifischen Lösungen führen würden, aber das hat nicht funktioniert. Die weltweiten Depressionsraten liegen seit 1990 bei etwa 4 Prozent, während eine große Meta-Analyse von Antidepressiva-Studien im Jahr 2018 gezeigt hat, dass der starke Anstieg des Antidepressiva-Einsatzes keine messbaren positiven Veränderungen gebracht hat.13 In Australien beispielsweise stieg der Einsatz von Antidepressiva zwischen 1990 und 2002 um 352 Prozent, doch es wurde kein Rückgang der Erkrankungsraten bei Angstzuständen, Depressionen oder Süchten beobachtet.
In konfliktträchtigen Ländern leidet einer von fünf Menschen an Depressionen, während es weltweit nur einer von vierzehn ist. Dies zeigt, dass sozioökonomische und politische Fragen wichtige Faktoren für die psychische Gesundheit sind und weitaus mehr Beachtung finden müssen, als sie derzeit erhalten.
Natürlich sind psychische Probleme und Krankheiten keineswegs neu. Menschen haben seit jeher damit gekämpft. Das Leben war schon immer hart und Leute haben schon immer Schweres durchgemacht. Ich glaube nicht, dass psychische Probleme auf dem Vormarsch sind, sondern nur, dass sie im einundzwanzigsten Jahrhundert anders aussehen und wir uns der allgegenwärtigen Auswirkungen psychischer Probleme viel stärker bewusst geworden sind.
Ich glaube jedoch, dass die Fehlbehandlung von psychischen Problemen auf dem Vormarsch ist. Es ist ein seltsames Paradoxon: Obwohl unser Verständnis über das Gehirn Fortschritte gemacht hat, scheinen wir in unserem Verständnis über den menschlichen Geist Rückschritte zu machen. Dies führt zu einer sehr engen und reduktionistischen Sicht auf menschliche Vorgänge. Wir sind von der Auffassung, dass der Geist bei der Steuerung unseres komplexen Lebens oberste Priorität hat, dazu übergegangen, den Geist als ein Produkt unserer neuronalen Netze zu sehen – und die Leiden des Lebens als Krankheitsbilder zu betrachten, was dem klassischen Neuroreduktionismus entspricht. Das kann nur Probleme mit sich bringen. Während Philosophen damit fortfahren, die Weiten des menschlichen Geistes zu erforschen, versuchen Biologen und Neurowissenschaftler, die Unermesslichkeit der menschlichen Existenz auf neuronale Wechselbeziehungen herunterzubrechen. Oft fühlt es sich an, als hätten wir zwei Schritte nach vorne gemacht und dann wieder zehn Schritte zurück, denn wir haben unser geistiges Leben und die Komplexität der menschlichen Erfahrung in eine Zwangsjacke gesteckt, indem wir uns nur auf unsere Biologie und nicht auf unsere persönlichen Geschichten konzentrieren.
Ich behaupte nicht, dass seit dem 19. Jahrhundert, als man sich mit dieser Thematik eingehend zu beschäftigen begann, alles schlecht war; genauso wenig betrachte ich die Vergangenheit durch eine rosarote Brille. In der Tat haben die Fortschritte in der modernen Gehirntechnologie auf dem Gebiet der Neurowissenschaften Wunder bewirkt und uns geholfen, das Gehirn besser zu verstehen. Wenn diese Daten jedoch ausschließlich dazu verwendet werden, nach den neurobiologischen Korrelaten zu suchen und die gesamte menschliche Erfahrung auf neuronale Aktivitäten und Zustände zu reduzieren, mit dem hochtrabenden Ziel, ein »normales Gehirn« abzubilden und alles, was davon abweicht, als abnormal und behandlungsbedürftig abzustempeln, dann glaube ich, dass wir die falschen Fragen stellen und an den falschen Stellen nach Antworten suchen.
Das derzeitige psychosoziale Gesundheitssystem hat die Quelle menschlichen Schmerzes und Leidens weitgehend auf neuropsychiatrische Gehirnerkrankungen reduziert, mit Symptomen, die mit Medikamenten oder der Konditionierung unserer Gedanken und Verhaltensweisen unterdrückt werden müssen. Die damit verbundene Thematik ist zu etwas geworden, das wir fürchten und stigmatisieren, und Angst an sich ist schädlich für Geist, Gehirn und Körper.
Diese Auffassung von psychischer Gesundheit hat einen hohen Preis. Wenn wir unser seelisches Leid nur unterdrücken, betäuben und mit einem Label versehen, anstatt die Leiden des Lebens anzunehmen, zu verarbeiten und neu zu begreifen, kann der Schmerz zu toxischer Energie werden, die sich im Gehirn und in den Körperzellen festsetzt. Das wiederum kann die Wahrnehmung beeinträchtigen, das Gehirn schädigen und uns anfälliger machen. Jedes System des Körpers gerät dadurch in Gefahr. Mit der Zeit kann diese eingebettete toxische Energie Einfluss darauf nehmen, wie wir denken, fühlen und Entscheidungen treffen, was wiederum unsere Lebensspanne verkürzen kann.
Diese neuroreduktionistische Auffassung von psychischer Gesundheit hat einen hohen Preis.
Der Neuroreduktionismus trennt eine Person von ihren Lebenserfahrungen und macht sie zu einem »Es«, das zu diagnostizieren, zu klassifizieren und aller Wahrscheinlichkeit nach mit Psychopharmaka zu behandeln ist, die die Symptome der psychischen Beschwerden unterdrücken, aber nicht etwa heilen. Psychische Probleme werden behandelt, als wären sie eine Krankheit wie Krebs oder Diabetes, aber sie sind etwas vollkommen anderes. Das biomedizinische Modell funktioniert wunderbar für Letztere, ist aber nicht der richtige Ansatz bei psychischen Beschwerden wie Angstzuständen und Depressionen. Diese sind untrennbar mit unserer persönlichen Geschichte verbunden – unserem Platz in der Welt und damit, wie wir uns und unser Leben wahrnehmen. Unsere persönliche Geschichte ist kein »Es«, das diagnostiziert und klassifiziert werden muss. Depressionen und Angstzustände sind keine Wesensmerkmale, sondern Warnsignale, die uns sagen, dass etwas im Gange ist. Wenn wir diese Warnsignale annehmen, finden wir die eigentliche Botschaft hinter dem Boten.
Das bedeutet nicht, dass psychische Erkrankungen keine realen, physischen Auswirkungen auf das Gehirn und den Körper haben – natürlich werden diese beeinflusst, denn der Geist bewegt sich durch das Gehirn und den Körper und beeinflusst die Physiologie und Neurophysiologie bis hin zur DNA. Der Geist und das Gehirn sind getrennt, aber gleichzeitig untrennbar. Depressionen und Angstzustände sind ernst zu nehmen und können lähmend sein. Sie erfordern Aufmerksamkeit in Form von geeigneter Unterstützung, dem richtigen Verständnis und passendem Gedankenmanagement. Diese Warnsignale wirken sich sowohl auf unsere Psyche aus, die mit 99 Prozent den geistigen Anteil bildet, als auch auf das eine Prozent physischen Anteils – unser Gehirn und unseren Körper. Sie haben also eine 100-prozentige Auswirkung und es bedarf somit keiner zusätzlichen Krankheitsklassifizierung, denn diese Signale sind an sich ausreichend aussagefähig.
Es besteht ein signifikanter und gut belegter Zusammenhang zwischen hoher psychischer Belastung und frühem Tod durch Dinge wie Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Verbindung zwischen Geist und Körper ist sehr real, was wir auch in unserer jüngsten klinischen Studie beobachten konnten. Selbst leichte Depressionen und Ängste können unbehandelt zu einem geschätzten zwanzigprozentigen Anstieg des Sterberisikos führen, ungeachtet der Grunderkrankung; hiervon ausgenommen ist Krebs, der allgemein schon mit einem hohen Maß an psychischem Stress verbunden ist.14
Jemand, der unter den emotionalen und körperlichen Warnsignalen von Depressionen und Angstzuständen leidet, muss wahrgenommen werden und man muss demjenigen zuhören. Der Schmerz von Betroffenen ist sehr real und muss anerkannt werden. Die Person braucht Hilfe, um zu lernen, wie sie ihre Probleme lösen und mit ihren Gedanken umgehen kann. Sie muss ihre Geschichte erzählen dürfen und wir müssen zuhören.
Unser derzeitiger, neuroreduktionistischer Ansatz zur psychischen Gesundheit hat nicht funktioniert.15 Wir brauchen eine Revolution in der psychischen Gesundheitsfürsorge.
Tatsächlich ist die moderne Herangehensweise an die psychische Gesundheit mehr als nur chaotisch; sie kann ziemlich beängstigend sein. Es ist äußerst beunruhigend, dass die Psychiatrie – als einziger Zweig der Medizin – einem Patienten gewaltsam das Element der Wahlmöglichkeit nehmen kann. Wenn jemand Krebs oder Diabetes oder eine andere diagnostizierte Krankheit hat, kann er die Behandlung verweigern – das ist sein gutes Recht. Aber wenn bei jemandem eine psychische Krankheit diagnostiziert wird und er die Behandlung verweigert, wird ihm gesagt, dass seine Entscheidung Ausdruck seiner Krankheit sei. Man kann schnell die Handlungsfähigkeit und damit die Kontrolle über sein Leben verlieren. Das ist nicht nur unethisch, sondern auch entmenschlichend, und es behindert unser grundlegendes Recht als menschliche Wesen, unserem Schmerz Ausdruck zu verleihen und mit unserer persönlichen Geschichte gehört und gewürdigt zu werden. Und genau das ist auch der Grund, warum sich sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegen diesen Ansatz ausspricht und sagt, es sei ein Angriff auf die Grundrechte einer Person.16
Zweifellos können in einer aktiven, dynamischen Gesellschaft viele Dinge aus dem Ruder laufen. Menschen treffen Entscheidungen, und diese Entscheidungen wirken sich auf uns genauso aus wie unsere Entscheidungen auf andere. Wir dürfen und können die Komplexität der menschlichen Erfahrung nicht medikalisieren. So sehr wir Klassifizierungen, Kennzeichnungen und Systematisierungen auch mögen, müssen wir dennoch respektieren, dass sie ihre Grenzen haben – und sie haben ihren Preis, vor allem, wenn sie dich bei Bewerbungen, Versicherungsansprüchen und dergleichen verfolgen oder dazu führen, dass du zu viel Angst hast, über deinen Gefühlszustand zu sprechen, weil man dich womöglich als »verrückt« ansehen würde.