Jedes Jahr an Weihnachten feiern wir fast überall auf der Welt die Geburt Jesu und erinnern uns daran, dass er als Retter für uns alle von Gott Vater im Himmel auf die Erde geschickt wurde, um sein Wort zu erfüllen. Das wichtigste was uns Jesus gelehrt hat, ist die Liebe zu Gott und den Menschen. Sie ist es, die uns alle verbindet und uns die Kraft gibt, viele Dinge zu tun zum Wohle aller. In der heutigen Zeit ist es oft nicht leicht, sich an die Gebote zu halten, die uns gegeben wurden. Aber wir alle können versuchen, das weiter zu geben an Nächstenliebe, was Jesus uns einst gelehrt hat.
Matthäus 25,40
„Wahrlich ich sage euch: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ In diesem Sinne möchte ich euch daran erinnern, dass es viele Menschen gibt, die, während wir an schön gedeckten Tischen sitzen und Weihnachtslieder singen und feiern, irgendwo im Dunkel sitzen, frieren und keine Hoffnung mehr haben. Denkt bitte auch an diese Menschen und gebt ihnen wieder ein kleines Stück der Hoffnung. Weihnachten ist auch ein Fest der Nächstenliebe und vielen Menschen kann man auch schon mit kleinen Gesten Freude schenken. Ein einsamer Nachbar, der sich über ein nettes Gespräch freut, eine alte Frau, der man bei der Arbeit helfen kann, ein Obdachloser, der sich sehr über eine warme Decke, Kleidung oder heißen Tee freuen würde. Überall gibt es Menschen, die unserer Hilfe bedürfen. Man muss nur hinsehen und erkennen, wer unsere Hilfe braucht.
Ich hoffe, euch haben meine Geschichten gefallen, und dass ich euer Herz ein kleines bisschen berühren konnte. Ich wünsche euch allen ein wunderbares Weihnachtsfest und Frieden in euren Herzen!
Liebe Grüße Denise Devillard
Impressum:
Copyright: © 2019 Denise Devillard
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN: 978-3-746768-72-4
Weihnachtsgeschichten
fürs Herz
Teil 2
von
Denise Devillard
„Aber ich will nicht!“, rief Paul entrüstet und lief in sein Zimmer. Seine Mutter schüttelte nur den Kopf. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, darauf zu bestehen. Wenn Paul nicht das tun wollte, was sie von ihm wollte, bockte er jedes Mal so lange, bis sie schließlich aufgab. Sie hatte ihn aufgefordert, das Geschirr nach dem Abendessen in die Küche zu tragen. Ein klein wenig Mithilfe im Haushalt würde ihm nicht schaden. Paul war neun Jahre alt und etwas schwierig. Er war oft sehr stur und uneinsichtig, wenn seine Eltern nicht das wollten, was er wollte. Paul hatte definitiv seinen eigenen Kopf und das war schon immer so. Schon als ganz kleines Kind schrie er, bis er ganz rot vor Zorn war, wenn ihm etwas nicht passte.
Paul schlug seine Zimmertür mit aller Kraft hinter sich zu. Er war sauer. Er war doch ein Junge, warum also sollte er wie ein Mädchen im Haushalt helfen? Das sah er absolut nicht ein. Wenn er seinem Vater helfen sollte, etwas zu reparieren, oder wenn er am Auto herumschraubte, ja da half er gerne. Aber Haushalt? Nein danke, das konnte er nicht haben. Und überhaupt hatte er wirklich was Besseres zu tun als solch öden Kram. Paul setzte sich wieder an sein Computerspiel und war total darauf fixiert, als sein Vater ins Zimmer trat. „Was war denn das schon wieder, Paul?“, fragte er mit finsterer Miene. „Kannst du denn nicht wenigstens ab und zu deiner Mutter helfen? Das sind doch keine schweren Aufgaben, die sie dir gibt! Ich erwarte von dir, dass du das nächste Mal ein wenig mehr Motivation an den Tag legst, wenn man dir sagt, dass du bei etwas helfen sollst!“ Paul sah kaum von seinem Spiel auf, obwohl er ihm aufmerksam zugehört hatte. Er nickte nur stumm. Das reichte seinem Vater schon und er verließ erleichtert Pauls Zimmer. Er hasste es eigentlich, seinen Sohn zu rügen. Viel lieber würde er gerne mehr Zeit mit ihm verbringen, als nur an den Wochenenden, an denen er zu Hause war. Seine Arbeit in einer großen Werbefirma, die über 300 km entfernt lag, forderte seine ganze Kraft während der Woche. Und wenn er dann nach Hause kam, war er meist müde und abgekämpft. Er verdiente gut. Deshalb hatte er die Arbeit damals auch angenommen, aber für seine Familie blieb viel zu wenig Zeit. Das Geld war nun einmal wichtiger und er musste tun, was erforderlich war, um seine Familie gut versorgen zu können. So manche Feiertage blieben jedoch dabei auf der Strecke. Nicht selten musste er auch das Wochenende in der Firma verbringen, wenn wieder einmal ein Projekt dies erforderlich machte. In seiner Branche war man sehr schnell weg vom Fenster und wurde sofort durch einen anderen ersetzt, wenn man nicht die nötige Einsatzbereitschaft zeigte. Für Martin war es dennoch eine einfache Rechnung, mehr Arbeit, mehr Geld. So einfach war das. Da brauchte man nicht lange zu überlegen, was wichtiger war. Und seine Frau Anna war ja zu Hause bei seinem Sohn und kümmerte sich gut um ihn. Da er so gut verdiente, musste sie nicht arbeiten und konnte sich den ganzen Tag ihrem Kind und dem Haushalt widmen.
Als er zurück in die Küche kam, wo seine Frau gerade das Geschirr in den Geschirrspüler räumte, hatte er schon wieder abgehakt, was vorgefallen war. Martin hasste es, den bösen Vater zu mimen, wenn er zu Hause war. Er hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Sohn, weil er fast nie Zeit für ihn hatte. Deshalb nahm er es ihm auch nicht sonderlich übel, wenn er nicht ganz so brav war, wie man es von ihm erwartete. Für ihn war dass das Übel, das er in Kauf nehmen musste, als Ausgleich für seine ständige Abwesenheit. Aber er konnte ja nicht überall gleichzeitig sein und seine Frau würde das schon machen, da war er ganz sicher. Paul würde sich schon daran gewöhnen und sich bestimmt mit der Zeit auch etwas bessern. Das hoffte er zumindest.
„Hast du mit ihm gesprochen?“, fragte Anna. „Ja, habe ich Schatz. Er hat versprochen, sich zu bessern.“ Dann drehte er sich um und ging in sein Arbeitszimmer. Anna kannte ihren Mann zu gut. Sie konnte sich deshalb bildlich vorstellen, wie dieses Gespräch gelaufen war. Und sie wusste auch, dass es bei Paul nichts Dauerhaftes bewirkte, auch wenn ihr Mann es versuchte. Doch ebenso wusste sie, dass er es nicht gerne und nur ihr zuliebe tat. Alles blieb immer an ihr hängen. Wenn Martin nicht da war, musste sie sich alleine mit allem abkämpfen. Und das war oft nicht leicht. Sie hätte gerne auf das viele Geld verzichtet und sich vielleicht auch eine Halbtagsarbeit gesucht, wenn ihr Mann dann wieder öfter zu Hause wäre. Aber davon hielt Martin gar nichts. Er war der Meinung, dass es nun Mal die Aufgabe des Mannes ist, seine Familie zu versorgen. Das so manches darunter litt, nahm er dafür in Kauf.
Anna seufzte und sah zum Küchenfenster hinaus. Es hatte geschneit letzte Nacht und eine sanfte weiße Decke bedeckte die Straße und das weite Feld, das sich ihr vom Fenster aus entgegenstreckte. „Nur noch eine Woche bis Weihnachten“, dachte sie. Dann waren wieder Ferien und Paul den ganzen Tag zu Hause. Sie mochte das nicht besonders, da er meist immer nur vor seinem Computer saß und zockte. Er war kaum dazu zu bewegen, etwas anderes zu tun.
Anna mochte die Weihnachtszeit nicht besonders. Diese Zeit war immer mit sehr viel Stress und Arbeit verbunden. So war sie jedes Jahr aufs Neue erleichtert, wenn sie wieder vorbei war. Zumal sich ihrer Meinung nach der Aufwand gar nicht lohnte, wenn sie schlussendlich mit Paul dann alleine vor dem geschmückten Christbaum saß. Drei Mal schon war es so, dass Martin nicht einmal an Weihnachten nach Hause gekommen war. Sie war jedes Mal stinksauer gewesen, ließ es sich aber nicht anmerken und sagte kein Wort zu Martin, weil sie wusste, unter welch großem Druck er stand. Ihr war auch bewusst, dass er ein schlechtes Gewissen deswegen hatte, aber er konnte es nicht ändern. Was hätte es also gebracht, ihm deshalb Vorwürfe zu machen? Es hätte nichts daran verändert. Dieses Jahr hatte Martin versprochen, Weihnachten mit der Familie zu verbringen. Ob er das halten konnte? Anna bezweifelte das. In letzter Zeit wurde seine Arbeit immer mehr. Auch an den Wochenenden saß er oft lange in seinem Arbeitszimmer und war schwer beschäftigt.
Anna ließ nachdenklich den Teller in ihrer Hand sinken und lenkte ihren Blick auf das verschneite Feld. Es grenzte an ein nahes Waldstück, von dem sie noch die Baumwipfel sehen konnte vom Küchenfenster aus. Manchmal hörte sie abends den Ruf eines Uhus, wenn es ganz still war. Und ab und an ließ sich sogar am späten Nachmittag ein Reh blicken, das zum Äsen aufs Feld kam. Anna hatte sich ihr Leben mit Martin wahrlich anders vorgestellt. Sie liebte ihn ja, aber sie war einfach zu viel alleine. Stets versuchte sie, Martins Abwesenheit auszugleichen bei Paul, aber gleichzeitig wusste sie, dass es ihr nie wirklich gelang. Paul hing sehr an seinem Vater. Er sah zu ihm auf und gehorchte ihm noch mehr als ihr, obwohl er fast nie da war.
Ein leiser wehmütiger Seufzer entfuhr ihr. „Alles könnte so harmonisch sein, wenn Martin nur…“ Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte sich nicht in Träumereien verlieren. Die Realität sah anders aus. Sie musste sich mit den Tatsachen arrangieren. Es nutzte nichts, sich etwas zu wünschen, was Martin nicht erfüllen konnte. „Da müsste wahrlich ein Wunder geschehen“, entfuhr es ihr leise.
Sie resignierte und fand sich innerlich schon damit ab, auch diese Weihnachten wieder mit Paul alleine zu verbringen. Sie wollte versuchen, dem Kind zuliebe das Beste daraus zu machen.
Am nächsten Morgen, als Anna erwachte, war alles ganz still. Martin neben ihr schlief noch, also zog sie sich leise an und ging in die Küche. Es war Sonntag und noch sehr früh am Morgen, sodass die ganze Nachbarschaft noch zu schlafen schien. Kein Geräusch war zu hören. Anna stand gerne früh auf. Sie liebte diesen Moment, wenn alles um sie herum noch schlief. Es war die einzige Zeit am Tag, die sie nur für sich hatte und bei einer Tasse Kaffee genießen konnte. Sie saß dann immer ganz still am Küchentisch, der vor dem Fenster stand, und richtete ihren Blick auf das weite Feld. An diesem Morgen sah sie den treibenden Schneeflocken zu, die am Fenster scheinbar schwerelos vorbeischwebten. Dieser Anblick hatte einfach etwas Magisches, dem sie bis heute nicht entfliehen konnte. Schon als kleines Kind hatte sie stundenlang den Schneeflocken zugesehen. Es hatte sie an einige der Märchen erinnert, die ihre Mutter immer vorgelesen hatte. Der Kaffee, den sie in aller Ruhe trank, wärmte nicht nur ihren Magen, sondern auch ihr Herz. Es war nicht viel, was sie für sich selbst beanspruchte. Aber dieser war jener Moment des Tages, den sie mit niemandem teilen wollte. Er gehörte nur ihr ganz allein. Sie brauchte das einfach, um die Hektik der Tage gut zu überstehen. Es war oft nicht leicht, alles unter einen Hut zu bringen und die Verantwortung für alles weitgehend alleine zu tragen. Und es war nicht möglich, Martin wegen jeder Kleinigkeit um Rat zu fragen. Das hätte ihn zu sehr belastet, deshalb entschied sie alleine, was getan werden musste. Nur bei größeren Entscheidungen beriet sie mit ihm, wenn er dann zu Hause war. Doch es war auch oft so, dass Martin sich einfach auf ihre Weisheit verließ, und sagte: „Ach, Schatz, entscheide du das, ich weiß, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst.“ Dann lächelte er stets, strich ihr ihre Strähne aus dem Gesicht und küsste sie liebevoll. Das war nicht selten das Einzige, was er dazu beitrug, wenn sie mit ihm etwas ausführlich besprechen wollte. Auf diese Art musste er sich nicht mit Dingen auseinandersetzen, die ihm nicht wichtig erschienen. Seine Arbeit war schon kräfteraubend genug und forderte seine ganze Aufmerksamkeit. Deshalb überließ er es lieber seiner Frau, sich um alle anderen Belange zu kümmern.
Anna wusste das. Sie kannte ihn nur zu gut. Deshalb wusste sie auch, dass es keinen Sinn hatte, in so einem Fall noch länger mit ihm darüber zu sprechen. Auch wenn sie selbst darüber nicht sehr glücklich war. Ihrer Meinung nach sollten sie über alles reden und gemeinsam entscheiden. Nicht nur sie alleine. Aber das war Martin nun Mal einfach zu viel. So war er eben. Und das würde sich wohl auch niemals ändern.
Das Schneetreiben war stärker geworden. Anna konnte vom Fenster aus kaum noch den Wald sehen, der an das Feld grenze. Als sie plötzlich etwas in der Ferne vorbeihuschen sah, erregte das ihre Aufmerksamkeit so sehr, dass sie ihre Gedanken abrupt unterbrach und den Blick auf die Stelle gerichtet hielt, wo sie es bemerkt hatte. Was war das? Anna stand von ihrem Stuhl auf und versuchte, durch das dichte Schneetreiben hindurch etwas zu erkennen. Da sie jedoch kaum noch etwas sehen konnte, beschloss sie, nachzusehen, was das war. Irgendetwas zog sie förmlich dort hinaus. Sie schlüpfte hastig in ihren Daunenmantel, Fellstiefel, zog sich eine dicke rote Mütze über den Kopf und schloss leise die Haustüre hinter sich. Dann stapfte sie, durch den inzwischen gut einen halben Meter hohen Schnee, über das Feld in Richtung der Stelle, die sie vermutete. Anna musste sich die Hand vor Augen halten, weil sie fast nichts mehr sehen konnte. Der Wind trieb ihr den kalten Schnee ins Gesicht, sodass sie große Mühe hatte, die Richtung zu halten. Doch nachdem sie einige Zeit herumgelaufen war, sah sie plötzlich etwas im Schnee. Sie konnte es kaum erkennen, dieses regungslose Fellknäuel, das ihr mit ängstlichen Äuglein entgegenblickte. Erst als sie sich bückte, erkannte sie, dass es ein kleiner weißer Hase war, der da zitternd vor Angst im Schnee lag. Anna tastete ihn ganz behutsam ab und bemerkte, dass einer seiner Hinterläufe verletzt war. Also versuchte sie, ihn zu beruhigen, indem sie ihn vorsichtig streichelte. Dann hob sie ihn hoch und trug ihn durch das dichte Schneetreiben nach Hause. Sie spürte sein immenses Zittern noch durch ihre dicke Jacke hindurch. Als sie das Haus erreicht hatten, musste sie ihn dann auf einen Arm nehmen, um an den Schlüssel in ihrer Jackentasche zu kommen. Das Fellbündel zuckte sofort wieder zusammen und bibberte noch mehr. „Hab keine Angst, ich tu dir doch nichts, ich will dir doch nur helfen“, sagte sie zu ihm mit leiser Stimme.