Ab und zu sind in Schrebergärten oder bei Bauernhöfen selbst gebaute Windräder zu sehen. Oft in der „klassischen“ Form mit Flügelrotor vorne und Windfahne hinter dem Mast. Oder es gibt auch welche mit waagerecht drehendem Rotor. Einige können über einen Generator Strom für Leuchten erzeugen oder einen Akku laden.
Warum machen sich die Bastler die Mühe, aus den verschiedensten Materialien Windräder zu bauen, die oft voller Ideen stecken, manchmal aber nicht sehr gelungen aussehen?
Für viele der Windradbesitzer üben die sich im Wind drehenden Flügel eine gewisse Faszination aus und die Nutzung der Naturgewalt ist eine kleine Herausforderung. Von der Planung über die Materialauswahl bis hin zur Fertigstellung muss einiges überlegt werden, denn der erste Sturm verzeiht keine Fehler. So hat mancher Windradbauer schon einmal vor dem Maststumpf gestanden und die vom Winde verwehten Flügel im Garten gesucht. „Jetzt erst recht“ war dann oft die Devise und ein neues, besseres Windrad wurde gebaut.
Strom aus dem Wind zu produzieren ist der Wunschtraum vieler Haus- und Gartenbesitzer. Bei der Beratung für Schulwindräder sind wir immer wieder von Schülern, Lehrern oder Projektleitern gefragt worden, ob man solch ein Kleinwindrad zur Stromproduktion nicht im Unterricht oder im Rahmen eines Projekts bauen könne. Solche Kleinwindräder erfordern aber einige Materialkenntnis, handwerkliches Geschick und Kenntnis von der Windnutzung, so dass viele Bastler, besonders Jugendliche, schnell überfordert wären. Auf dem Windradmarkt gibt es kaum brauchbare Bausätze, fast alle sind zu kompliziert im Aufbau und in der Bearbeitung.
Die Lösung wäre ein Windrad aus Teilen, die leicht und kostengünstig zu beschaffen sind. Außerdem müsste es ohne besondere Fachkenntnisse und Spezialwerkzeug zusammenzubauen sein.
Dazu sollte der Aufbau des fertigen Windrads nicht zu kompliziert werden und möglichst sicher erfolgen können. Und wenn dann noch Lösungen gefunden würden, wie man den erzeugten Windstrom sinnvoll nutzen könnte, dann hätten wir das ideale Windrad z.B. für ein Schulprojekt gefunden.
Einige Versuche waren notwendig, bis das im ersten E-Book der Reihe „Wind nutzen – ein Windrad bauen“ vorgestellte DYNAWI (DYNAmo-WIndrad) fertig war.
Dieses Dynamo-Windrad ist ein einfach zu bauender kleiner Stromerzeuger aus preisgünstigen Metall- oder Kunststoffteilen, die man leicht beschaffen kann. Drei Wochenenden oder einige
Schultage genügen für den Zusammenbau. Nach dem Aufbau auf einem Mastrohr kann der erzeugte Windstrom für Beleuchtung mit LEDs, zur Akkuladung oder zum Aufladen von Handys genutzt werden.
Wer die beiden Windradvarianten in Aktion sehen will, sollte sich unser beliebtes Video anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=3ISx_n-zkFo
Von den Bastlern werde ich oft gefragt, warum wir nur „normale“ dreiflüglige Windräder zum Selbstbau beschrieben haben. Es gebe doch noch die schönen Windräder, deren Flügel sich kreisförmig um die senkrechte Achse drehen. Diese so genannten Vertikalläufer werden im Internet oft als wahre Wunderwindräder beschrieben, mit zahlreichen Vorteilen gegenüber den normalen Windrädern. Und da Studenten und die Presse solche Meldungen oft ungeprüft kopieren, verbreiten sich diese Behauptungen immer weiter.
„Du, ist das jetzt ein modernes Windrad, oder ist das Kunst?“
Es stimmt, dass ein Vertikalläufer, wie z. B. einer auf dem Cartoon von Benita Rieger zu sehen ist, Vorteile hat. Wenn er richtig berechnet und gebaut wird, dann gilt: weniger Böenempfindlichkeit, Windrichtungsunabhängigkeit, leiserer Lauf, kompakte Bauweise und deshalb optisch weniger auffällig. Aber offensichtlich hat diese vertikale Bauweise solche Nachteile, dass nur wenige Firmen mit neuen Modellen auf den Markt kommen und Großwindräder immer noch alle als normale Dreiflügler gebaut werden.
Wir wollten nun herausfinden, wo die Nachteile des Vertikalläufers liegen und ob es nicht doch Möglichkeiten gibt, sie irgendwie auszugleichen. Deshalb haben wir uns in die Technikwelt der Savonius-, H-Rotoren und C-Rotoren eingearbeitet, zuerst theoretisch, dann hauptsächlich beim Selbstbau von Modellen. Auf unseren Testmasten ergaben sich interessante Messungen und eine Überraschung. Was es mit dieser auf sich hat, wird in Teil 1 genauer beschrieben.
Wer Lust hat, einmal ein besonderes Windrad zu bauen und damit zu experimentieren, der hilft mit, den noch weitgehend unbekannten Windradtyp zu verbreiten und vielleicht auch weiter zu entwickeln. Denn wir sind überzeugt davon, dass er im Energiebereich zukünftig eine größere Rolle spielen könnte.
Im ersten Teil dieses E-Books stellen wir den durchströmten C- Rotor in zwei Bauvarianten vor und beschreiben dann den einfachen Selbstbau. Zunächst werden alle Materialien und das benötigte Werkzeug aufgeführt, dann geht es Schritt für Schritt ans Windradbauen.
Im zweiten Teil des Buches gibt es kurze Informationen über die Entstehung des Windes und die Funktion von Windrädern, die als Einstieg in das Thema Windenergie oder für ein Referat / eine Facharbeit ausreichen sollten.
In Zeiten der spürbaren Klimaerwärmung, der Debatten um CO² und die Zukunft der Mobilität spielt die umweltfreundliche Energiegewinnung eine große Rolle. Auch immer mehr junge Leute engagieren sich, weil sie längst wissen, dass der Strom nicht nur aus der Steckdose kommt. Aber wie soll die Energiezukunft aussehen? Die Lösung sollte ein Mix aus verschiedenen Energiearten sein, möglichst natürlich aus nachwachsenden oder unerschöpflichen Quellen. Und dabei spielt der Wind eine wichtige Rolle.
Daher ist es sinnvoll, sich in der Schule fächerübergreifend oder in Projekten durch die Fertigung eines Windrads mit den Grundlagen der Windenergienutzung auseinanderzusetzen. Wenn dann nach dem Zusammenstellen der Teile, der Bearbeitung und dem Zusammenbau mit dem Dynamo-Windrad der Schritt zur ersten Windstromproduktion gemacht ist, dann ist meist der Stolz der Erbauer groß.
Deshalb ist die Beschäftigung im Unterricht ab Klasse 6 mit der Windradtechnik eine pädagogische Aufgabe, da die Sonnenenergienutzung für diese Altersgruppe noch zu komplex und zu schwierig ist. Denn schon das gemeinsame Basteln und Beobachten der Kleinwindräder schult das Verständnis für die Windenergienutzung und lässt Schüler die Großwindräder mit anderen Augen sehen.
(Foto: André Dünnebacke / Regionale 2016 Agentur) Projekt des Pictorius Berufskollegs Coesfeld
Aus unserer pädagogischen Erfahrung heraus haben wir den Aufbau der beiden Windräder so einfach wie möglich gewählt. Außerdem haben wir Material ausgesucht, das leicht zu beschaffen ist, und haben darauf geachtet, dass keine schwierigen handwerklichen Fähigkeiten gefordert sind.
Der C-Rotor sorgt mit seiner Konstruktion dafür, dass durch die geringe Drehzahl kleine Baufehler eher verziehen werden und weniger Verletzungsgefahr besteht
Beim gemeinsamen Bau der Windradmodelle waren wir überrascht, welche Änderungs- und Verbesserungsvorschläge von den jugendlichen Bastlern selber kamen. Deshalb sollte nach dem Motto „Learning by doing“ kein zu fest vorgegebener Bauplan vorliegen, denn die Erfahrungen im Wind machen aus dem Bastler erst den richtigen „Windradingenieur“.
Aufgaben
Dass Energie aus Sonne, Wasser und Wind bei der nächsten Generation zur Selbstverständlichkeit wird und mithilft, das Klimaproblem zu lösen, das wünscht sich der Autor dieses Buches.
Der Aufbau und die Technik unseres neuen Windrads sind etwas kompliziert, ich will aber versuchen alles möglichst einfach zu erklären: Während bei einem „normalen“ Windrad der Wind nahezu gleichmäßig auf die Flügel (eigentlich müsste es Repeller heißen) auftritt, ist das bei dem Vertikalwindrad anders. Hier laufen die Flügel nämlich waagerecht auf einem Kreis um den Mast. Dadurch drehen sich die Flügelflächen auf der einen Seite vom Wind angetrieben, auf der anderen gegen den Wind.
Dieses Gegen-den-Wind-Drehen bremst aber die Drehzahl des Windrads ab, je stärker der Wind wird um so mehr. Dadurch kommt der Effekt, dass so ein Windrad zwar zur Freude des Besitzers schon bei wenig Wind startet, aber bei ansteigender Windstärke unter Last (mit angeschlossenem Stromverbraucher) nur noch wenig schneller wird. Das wirkt sich natürlich in der Leistung des Windrads aus.
Zurzeit werden von Internethändlern alle möglichen Vertikalwindräder angeboten, meist Billigproduktionen aus China oder der Türkei. Die oft wie bunte Gartendekoration aussehenden Windräder sollen zum Teil sogar Häuser mit Strom versorgen können. Dabei sind viele der Käufer enttäuscht, wie die meisten Rezensionen zeigen. Es werden für die kleinen Windräder Phantasieleistungen versprochen, oder bei Verdoppelung der Flügelzahl soll sich angeblich die Leistung verdoppeln – alles Behauptungen, die physikalisch nicht möglich sind.
Wer an der Küste wohnt, kann ein paar LEDs damit versorgen, sonst bleiben diese Modelle teure Deko. Wir haben welche ausprobiert, schade ums Geld. Wichtig ist, dass man sich möglichst vor einem Windradkauf informiert. Mit Hilfe dieses E-Books können Sie lernen, welcher Windradtyp für Ihre Gegend geeignet ist und ob ein Windrad überhaupt sinnvoll ist. Hilfen dazu finden Sie im Theorie-Teil 5.
Wegen der Leistungs-Nachteile haben sich seit über 100 Jahren immer wieder Erfinder und Techniker mit neuen Flügelformen und aufwändigen Konstruktionen um die Vertikalwindräder gekümmert. Das Ziel war und ist noch heute, möglichst viel Leistung aus den sich waagerecht drehenden Flügeln herauszuholen. Auch um den Nachteil zu den „normalen“ Windrädern aufzuholen, die deutlich mehr Wirkungsgrad haben.
In den Neukonstruktionen werden deshalb gebogene, gewölbte, mit Tragflächenprofil versehene oder senkrechte Flächen als Flügel eingesetzt, immer wieder tauchen neue Formen auf.
Wir haben einige kleinere Windräder im Original getestet oder als Modell nachgebaut, doch keines konnte uns richtig überzeugen. Im Leerlauf drehten sich die Konstruktionen oft erstaunlich schnell. Sobald aber ein Generator mit einer Akkulast angeschlossen war, trat ein mehr oder weniger starker Bremseffekt auf. Die Windräder erreichten dann einfach nicht mehr das Drehmoment für die von uns erwartete oder von den Herstellern in den Prospekten versprochene Leistung.
Mich als Bastler hat der H-Rotor (wird auch als Heidelberg-Rotor bezeichnet) wegen der leicht zu bauenden Form gereizt. An so einem Windrad bin ich im Schwarzwald öfters vorbeigefahren, leider hat es sich da trotz Wind nie gedreht. Irgendwann ist es dann wohl aus diesem Grund abgebaut worden. Das hätte mich eigentlich vorwarnen müssen.
Mit Teilen vom Windrad DYNAWI und Kunststoffregenrinnen aus dem Baumarkt war ein H-Rotormodell schnell gebaut und wurde im kalten Winterwind im Garten getestet.
Vermutlich hätte ich ihn besser mit 4 Flügeln bauen sollen, dann wäre er früher gestartet und hätte sich schneller gedreht. Aber auch so war er bei starkem Wind schön anzusehen. Sobald ich aber zuerst eine Fahrradlampe und dann über einen Gleichrichter einen kleinen Akku an den Dynamo anschloss, gingen die Drehzahlen deutlich zurück. Also ist dieser Windradtyp nicht für Schwachwindstandorte geeignet.
Fotos und das Video mit einer am H-Rotor angeschlossener Fahrrad-LED-Lampe als Last folgen im ersten Teil dieses kurzen Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=vYGCtqFGl5w
Beim Bauen des Windrotors war ich verwundert, wie schnell ich fertig wurde, war ich doch die vielen Bauabschnitte beim DYNAWI-Dreiflügler gewohnt. Aber ein Vertikalläufer-Windrad besteht aus deutlich weniger Teilen: Eine Generatorgondel fällt weg, ebenfalls fehlen die Windfahne und eine aufwändige Schleifringeinheit, damit sich die Anschlussdrähte nicht im Mastrohr verwickeln. Das erleichtert die Materialsuche und den Bau solcher Windräder.
Mein Elektronikhelfer Jürgen Ragg gab mir dann den Tipp, ich sollte mir doch einmal in den beiden Kleinwindradforen den dort diskutierten „durchströmten C-Rotor“ ansehen. Obwohl er wohl schon früher in Frankreich in ähnlicher Form patentiert wurde, ist dieser wenig bekannt. Erst die umfangreichen Messungen und Berechnungen von Bernd Hagemann auf seinem selbstgebauten Prüfstand haben Bastler und Techniker von dem speziellen C-Rotor überzeugt. Es bildete sich in Bernds Forum www.dasWindrad.de schnell eine Fangruppe, deren Ideen weitere Verbesserungen brachten.
Aufgefallen ist allen, die diesen Rotor testen konnten, dass durch die aufwändigere Bauweise mit einem gebogenen Vorflügel mit Luftspalt der windabgewandte Flügel, der normalerweise bremst, das Windrad sogar noch beschleunigt. Diesen überraschenden Effekt, den sonst kein Vertikalläufer bisher gezeigt hat, wollten wir natürlich genauer untersuchen.
Wie funktioniert nun der C-Rotor, was ist sein Geheimnis? Ich bezeichne unseren hier im Buch als C3, weil er mit 2, 3 oder mehr Flügelflächen gebaut werden kann. Wir bauen ihn mit 3 Flügeln, daher also C3. Das C kommt von den so geformten Rotorvorflügeln.
Unser C3 besteht aus 3 senkrechten Flügelflächen mit senkrechten Halbschalen als Vorflügel