Nice Girls
reloaded
Remmidemmi überall
© 2022 Barbara Bilgoni
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Umschlag: tredition GmbH
Korrektorat: Carolin Kretzinger
Druck und Distribution im Auftrag des Autors/der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN |
Softcover: |
978-3-347-48481-8 |
ISBN |
Hardcover: |
978-3-347-48484-9 |
ISBN |
E-Book: |
978-3-347-48494-8 |
ISBN |
Großschrift: |
978-3-347-47596-0 |
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor/die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine/ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors/der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Vorwort
Angie, ein Späthippie, außerdem Leihoma, bekam durch die Fügung des Schicksals eine wunderbare Loftwohnung am Wiener Opernring vererbt. Sie gründet eine Mädels-WG für leicht ergraute, verrückte Hühner.
Mit Mel, Ria, Inga, den Katzen Cicero, Kleopatra und Othello sowie Hund Dee-Dee geht’s rund an der noblen Adresse, denn Angie frönt noch immer ihren alten Gewohnheiten aus dem ,Summer of Love´.
Mel ist die Leiterin eines Leseclubs für Kinder. Ria arbeitet ehrenamtlich in der Gruft, einem Treffpunkt für Obdachlose. Inga, ja die feine Inga, die verstoßene Seidenfabrikantengattin hat so ihre Probleme mit der wilden Horde. Ihre Anpassung gelingt erst nach etlichen Hoppalas. Aber sie gelingt.
Am Ende sind die Mädels eine eingeschworene Gemeinschaft.
Und jetzt geht´s weiter!
Viel Spaß beim Lesen!
Nice Girls reloaded
Remmidemmi überall
In der etwas anderen WG, der ,Nice-Girls´-WG ging es immer zu wie in einem Bienenstock: laut und geschäftig.
Gerade erst war Inga zurückgekommen von ihrem Kurzausflug zu ihrer „liebenden“ Tochter. Sie hatte eigentlich gemeint, dort willkommen zu sein, weil sie der Menagerie in der Wohngemeinschaft doch lieber entkommen wollte. Die liebe Greta, ihr leibliches Kind, gut situiert und wohl verheiratet, hatte die Mutter jedoch in ein fensterloses Kellerkammerl gleich neben der Waschmaschine verfrachtet und hätte sie dort am liebsten gleich wieder vergessen.
Angie, Ria und Mel hatten nach anfänglicher Freude, die etwas zickige Inga losgeworden zu sein, bald festgestellt, dass etwas Gravierendes fehlte wie das Salz in der Suppe – nämlich eben jene oft spießige und manchmal auch sauertöpfische Inga, geschiedene und „entsorgte“ Seidenfabrikantengattin Breitner.
Noch jemand hatte Inga sehnlichst vermisst: Othello, Rias Kater. Er wurde vor Gram melancholisch und stellte das Fressen ein. Cicero, genannt Cici, und Kleopatra, kurz Kleo, die beiden Katzengeschwister, hatten Ingas Fortgang jedoch nicht einmal bemerkt.
Um nun auf ihre Heimkehr zurückzukommen: Es wurde natürlich eine Party abgehalten. Dazu gab es in der großen, lichtdurchfluteten Loftwohnung, gleich gegenüber der Wiener Staatsoper, eine gemütlich eingerichtete Küche mit Essecke.
Sooft eine Besprechung oder eine Feier angesagt war kamen die vier Mädls, Angie, Ria, Mel und Inga, hier zusammen und dann wurde gegessen und getrunken, eher mehr getrunken allerdings, was das Zeug hielt. Da waren sie unschlagbar.
Angie war soeben vom Supermarkt nach Hause gekommen, wo sie alles Nötige besorgt hatte. Die Mädels liebten nämlich Prosecco und Knabberzeug. Aber noch etwas hatte Angie erledigen müssen. Sie hatte abermals auf dem schwarzen Brett einen Zettel aufgehängt, auf dem zu lesen stand:
Mitbewohnerin ab Mitte fünfzig für meine
Nice Girls WG gesucht.
Bitte melden!
Verrücktes Huhn bevorzugt.
Darunter vermerkte sie ihre Handynummer und den ganzen Text umkränzte sie mit Blümchen. Ria hatte nämlich in der Gruft in Wien den ehemaligen Arzt Bruno kennengelernt und war im Begriff, mit ihm zusammenzuziehen. Es würde also irgendwann in Zukunft wieder ein Zimmer frei werden.
Doch nichtsdestotrotz wurde jetzt erst einmal Ingas Wiederkehr gefeiert. Othello hatte sich gemütlich auf ihrem Schoß zusammengerollt und ganz allmählich begann die spröde Inga, die Tiere und Kinder hasste, den kleinen treuherzigen Kerl zu lieben. Sie mochte gar nicht an Rias Auszug denken. Die würde ja ihre Katzen sicher mitnehmen wollen. Angies Hund, Dee-Dee, konnte da leider nicht mithalten. Sein Äußeres beleidigte ihren Sinn für Ästhetik, denn er war ein echtes Kind der Liebe, ein Potpourri aus Dackel und Dogge, aber ein herzensguter, lieber Kerl.
Nun erhob Angie, die Gründerin der WG und Wohnungsinhaberin, ebenso Späthippie und Leihoma, das Glas und richtete das Wort an die Heimkehrerin:
„Liebste Inga! Fein, dass du wieder da bist. Wir konnten mit dir nicht leben, aber ohne dich noch viel weniger!“
Es folgte ein allgemeines Zuprosten und die Angesprochene zerdrückte ein paar Tränchen der Rührung und streichelte unter dem Tisch Othello sanft das Bäuchlein.
„Aber noch etwas gibt es zu verkünden. Dazu übergebe ich das Wort an Ria“, fuhr Angie fort.
„Meine Lieben! Ihr habt ja meine diversen Rendezvous mitbekommen. Da war der Bade-schlapfen-Typ, dann der, der bei seiner Mama wohnte, dann der mit der Modelleisenbahn und der Herr General, der eine Kammer des Schreckens sein Eigen nannte, die er mir nur zu gern hätte zeigen wollen. Sie alle waren keine geeigneten Kandidaten. Aber dann kam Bruno. Ich hab euch ja schon öfter von ihm erzählt. Er lebt derzeit noch im neunerhaus1, wo er nur ein kleines Zimmer hat, aber wir schauen uns schon nach einer geeigneten Wohnung um. Ja, und dann wird es ernst für mich. Dann werde ich euch verlassen. So, jetzt ist es raus!“ Auch ihr entschlüpften ein paar Tränchen.
Alle prosteten ihr voller Freude zu, denn es war ja wirklich eine glückliche Fügung, dass Ria nach all den Nieten endlich einen anständigen Mann getroffen hatte. Aber natürlich war es auch eine Zeit des Innehaltens, der Rückschau und des Aufbruchs, denn wieder würde jemand Fremdes hier bei ihnen einziehen. Das würde sicher abermals das ein oder andere Problem geben.
Spät abends löste sich das kleine Frauengrüppchen auf und jede ging in ihr eigenes Zimmer. Wie selbstverständlich folgte Othello Inga wie ein Schoßhündchen. Er hatte halt einen Narren an ihr gefressen. Warum, wusste keiner so genau. In der Nacht kuschelte er sich wieder zwischen Ingas Schulter und Kopf und dort hielt er seine wohlverdiente Schlummerstunde. Inga hatte es aufgegeben, ihn zu rügen, denn sie hatte ihn inzwischen viel zu lieb gewonnen.
Tags darauf erhielt sie einen Anruf ihres Anwalts. Das Geld vom Hausverkauf ihres Mannes war eingegangen. Inga und Moni, ihre „Nachfolgerin“, hatten dem guten Georg Breitner nämlich die Daumenschrauben angesetzt. Nachdem er Inga wegen Moni rausgeworfen hatte, musste auch die neue Frau Breitner ihren Job kündigen und fristete ein ebenso tristes Hausfrauenleben wie weiland Inga. Der liebe Herr Seidenfabrikant poussierte längst mit Britta, der neuen Sekretärin.
Inga und Moni waren daraufhin resolut zur Tat geschritten und hatten ihn ein wenig erpresst. Sie wollten die barbarische Art und Weise öffentlich anprangern, wie die klitzekleinen, herzallerliebsten Seidenraupen getötet wurden, damit reiche Schickimicki-Leute Seidenschals und Krawatten tragen konnten. Georg Breitner, der auch ein angesehener Förderer des Tierschutzes war, wollte seine Reputation jedoch nicht verlieren und ging auf die Erpressung ein. Er verkaufte seine Familienvilla zugunsten der beiden abgeschriebenen Damen.
Nun war also das Geld eingelangt. Ein Termin wurde vereinbart. Moni würde auch kommen.
Die beiden Damen trafen sich im Café vor der Kanzlei und grinsten wie die Honigkuchenpferde. Bereits vor dem offiziellen Anwaltstermin zwitscherten sie einen Piccolosekt auf den lieben Georg. Möge ihm die Nase verdorren!
Die Formalitäten waren bald erledigt, der Anwalt würde den beiden den jeweiligen Betrag auf ihre Konten überweisen. Seine Honorarnote würde folgen.
Dann standen sie wieder auf der Straße und überlegten, was sie zur Feier des Tages anstellen könnten.
„Ich hab eine Idee. Wir gehen in den Schönheitssalon und lassen uns so richtig verwöhnen. Was meinst du?“, fragte Inga ihre Mitstreiterin.
„Na ja, wenn du so fragst, eine Ballonfahrt wär mir da schon lieber. Das ist so richtig was, wo man sich sein Leben lang gern daran erinnert“, meinte Moni ein wenig enttäuscht.
„Warum nicht beides? Leisten können wir es uns ja jetzt. Heute Schönheitssalon, am Wochenende Ballonfahrt! Na, ist das eine Idee?“
Damit konnte Moni gut leben. So rief Inga sofort in ihrem Stammsalon an und buchte zwei Termine für ein Rundum-Paket der Luxusklasse.
*
1 Obdachloseneinrichtung in Wien.
Mel war als Obfrau des Leseclubs für Kinder auch rund um die Uhr beschäftigt. Es hatte sich im Laufe der Zeit herausgestellt, dass die angemieteten Räumlichkeiten auf Dauer zu klein wurden. Etwas Größeres musste her. Sie hatte daher viele Zusammenkünfte mit den Sponsoren des Vereins. Leider war man bis dato noch zu keiner befriedigenden und vor allem finanzierbaren Lösung gekommen. Mel lag dieser Club jedoch sehr am Herzen, denn es war ihr ein echtes Anliegen, den Kindern die Liebe zu Büchern näherzubringen. Sie selbst hatte in ihrer Kindheit schon Bücher über alles geliebt und mochte sie heute nicht mehr missen.
Es gab ja leider genügend Eltern, die den Kindern nicht mehr vorlasen, sie lieber vor den Fernseher oder die Playstation setzten und froh waren, wenn die Kleinen ruhiggestellt waren.
Mel durchforstete daher sämtliche Zeitungsannoncen, das Internet und alle Immobilienbörsen, bis jetzt leider ohne Erfolg. Würde der Club gar aufgelöst werden müssen? Sie und auch Dee-Dee und vor allem die Kinder wären unsagbar traurig. Das durfte nicht passieren.
Am Abend erzählte sie in der WG-Küche von der Misere. Alle verstanden sie nur zu gut. Ria hatte zwar jetzt andere Sorgen, denn auch sie suchte ja eine Bleibe für sich und Bruno. Der hatte in der Zwischenzeit Gott sei Dank Arbeit in einem Labor gefunden, was mit seinem Beruf als ehemaliger Arzt zumindest etwas gemein hatte. Er konnte also auch ein finanzielles Scherflein beitragen.
Aber leicht war die Suche auf dem Wohnungsmarkt trotzdem nicht.
Die Mädels hörten den Problemen aufmerksam zu und versprachen, über Lösungen nachzudenken.
Am Schluss erzählte Inga noch von ihrem erfolgreichen Tag in der Kanzlei und von dem herrlichen Verwöhn-Programm, das man sich anschließend gegönnt hatte. Da waren zuerst Maniküre und Pediküre, dann eine Ganzkörper- und Fußreflexzonenmassage, Klangschalentherapie, Schokoladenpackung zur Entspannung, danach noch Friseur und zu guter Letzt die kosmetische Gesichtsbehandlung. Sie fühlte sich wie neugeboren. Und eine neue Bekannte hatte sie in Moni auch gefunden.
Dann berichtete sie noch von der geplanten Ballonfahrt. Alle waren hellauf begeistert. Und so fragte Angie, ob sie nicht alle mitfahren könnten.
Die Freude war groß. Inga würde Monis Einverständnis einholen. Sie lief sofort in ihr Zimmer, um zu telefonieren. Moni war von der Idee auch sehr angetan und so war der Ausflug beschlossene Sache, nur der Termin war noch nicht fixiert. Das musste natürlich begossen werden! Die zweite Flasche Prosecco wurde geköpft.
Dann gingen Mel und Angie mit Dee-Dee Gassi, der auf dem Weg einige Bekannte traf und mit diesen auch etliches zu besprechen hatte. Hundethemen natürlich. Die Runde dauerte daher an die zwei Stunden.
Als sie endlich wieder daheim waren, stellten sie fest, dass die anderen schon schliefen, daher zogen auch sie sich zurück.
Angie legte eine LP von Creedance Clearwater Revival2 auf. Sie war aber inzwischen so rücksichtsvoll, Kopfhörer zu benutzen, denn die Lautstärke, die sie liebte, ließ zum Teil Wände einstürzen. Sie zündete sich Räucherstäbchen an und rauchte einen Joint. So, jetzt war auch ihr Tag perfekt. Was wollte man mehr? Abermals schwelgte sie in Erinnerungen an die alten Zeiten.
Mel, die Dee-Dee noch einmal gefüttert hatte, legte sich in ihr Bett, die Sorgen um den Club ließen sie jedoch nicht einschlafen. Ein Gedankenkarussell begann sich zu drehen. Ihr kam schließlich zwar tatsächlich eine Idee, die war jedoch nur im Sommer durchführbar. Man könnte doch im Park vorlesen. Den Kindern würde es sicher gefallen. Aber was wäre in der kalten Jahreszeit? Oder bei Regen? Probleme über Probleme …
Inga lag ebenfalls noch immer wach. Auch sie hatte ja so ihre Sorgen. Ria wollte doch wegziehen. Was wäre dann mit Othello? Würde sie ihn mitnehmen? Mit Sicherheit. Und das jetzt, wo Inga ihn endlich in ihr Herz geschlossen hatte! Und noch ein Problem tat sich auf: Was sollte sie bloß mit dem vielen Geld machen, das sie heute erhalten hatte? Ausgeben? Spenden? Unter den Polster legen? Es stimmte schon, dass Besitz Sorgen bereitete.
Und Bruno, der lag gleichfalls schlaflos in seinem Bett. Er dachte an die Zukunft. An die bevorstehende Zeit mit Ria. Sie war für ihn die Frau seiner Träume. Aber wo sollten sie gemeinsam leben? Würden sie eine geeignete Wohnung finden, die auch leistbar war? Er konnte hier im neunerhaus nicht ewig bleiben, musste Platz für neue Bedürftige machen. Und überhaupt war das kein Zustand, hier in dem kleinen Zimmerchen. Er konnte Ria doch nicht mal auf einen Kaffee in sein Reich einladen.
*
2 US-amerikanische Rockband aus Berkeley, Kalifornien.