Marina Ocean
FCKNG New Year
Xavier McLane
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Titel
Impressum
Widmung
Inhalt
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Jocelyn
Xavier
Xavier
Jocelyn
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Jocelyn
Xavier
Jocelyn
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
Xavier
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Die Autorin Marina Ocean
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Impressum neobooks
Bad Boys of Vancouver 2
Marina Ocean
© / Copyright: 2021 Marina Ocean
Marina Ocean
c/o Autorenservice Gorischek
Am Rinnergrund 14/5
8101 Gratkorn
Österreich
marina.ocean@gmx.net
1. Auflage
Umschlaggestaltung: Nessuno Mass
https://www.instagram.com/nessunomass
Lektorat, Korrektorat: Marina Ocean, Grace C. Node, Vivian Valentine, Summer Alesilia
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
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Alle Charaktere in diesem Buch sind frei erfunden und eine Ähnlichkeit mit anderen lebenden oder bereits verstorbenen, sowie etwaigen bereits bestehenden, fiktiven Personen wäre zufällig und ist somit keinesfalls beabsichtigt.
Erwähnte Marken oder Titel dienen lediglich der Beschreibung. Die Rechte hierzu liegen ausschließlich bei den Markenbetreibern oder den Rechteinhabern der jeweiligen Titel.
***
Für Grace, Vivian & Summer
Danke für dieses großartige Projekt!
***
Only some bullets bring justice.
Vancouver City. Schillernde Metropole und gleichzeitig ein riesiges Drecksloch.
Als renommierter Anwalt mit eigener Kanzlei sollte ich auf der richtigen Seite stehen.
Das Gegenteil ist der Fall.
Bei mir verschwimmen die Grenzen von Recht und Ordnung, denn ich habe keine Wahl.
Erpressung, Korruption sowie illegaler Drogen- und Waffenhandel sind meine Welt. Wenn rauskommt, welche Leichen ich im Keller habe, bin ich am Arsch! Und zwar so richtig.
Als mir ausgerechnet unsere neue Praktikantin in die Quere kommt, droht meine augenscheinlich weiße Weste Flecken zu bekommen. Denn Jocy ist schlau, verflucht heiß und ein einziges Problem, weil ich dummerweise meine Finger nicht von ihr lassen kann. Und während mir meine Vergangenheit plötzlich um die Ohren zu fliegen droht, brauche ich ausgerechnet Hilfe von dem Mann, der mich am liebsten umbringen will, weil ich Jocy nicht nur verdorben, sondern auch in die Schusslinie gebracht habe. Wirklich großartige Aussichten.
Dieses Fucking New Year wird noch schlimmer als die letzten Jahre!
Band 2 der Bad Boys of Vancouver Reihe - unangepasst – verführerisch – knallhart!
Verdammte Scheiße, sind die komplett irre? »No way! So läuft das nicht!«
»Es wird so laufen, Xavier.« Seine Stimme ist absolut ruhig und allein für diese Gelassenheit, könnte ich ihm stumpf in die Fresse schlagen.
»Du hast sie doch nicht mehr alle!« Die Ader an meinem Hals tritt gefährlich unter der Haut hervor und mein Kopf wird krebsrot vor Wut. Ich sehe es in der verspiegelten Glaswand gegenüber, neben der sich die Tür zu meinem Büro befindet.
»Xavier, denk doch mal nach. Das ist genial. Genialer geht´s gar nicht. Niemand würde vermuten, dass wir deine Kanzlei als Umschlagplatz verwenden. Bei euch Saubermännern würden die Bullen nie suchen«, probiert Paul zu beschwichtigen. Wir kennen uns seit Jahren, weil ich ihn laufend irgendwo raushauen muss. Paul Wilson hat ein echtes Händchen für Probleme. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Er versucht öfter mal zwischen mir und Ice zu vermitteln und es wundert mich, dass Ice ihn als Prospect überhaupt gewähren lässt. Muss daran liegen, dass er einen Draht zu mir hat. Doch jetzt entweicht mir nur ein freudloses Schnauben. Saubermänner, ja klar …
»Halt dich da gefälligst raus und fall mir nicht auch noch in den Rücken«, fahre ich ihn angriffslustig an.
Beschwichtigend hebt er daraufhin die Hände und lehnt sich wieder in seinem Stuhl zurück. Paul verfolgt weiterhin aufmerksam, wie ich aufgeregt im Raum hin und her tigere, überlässt das Wort jedoch wieder seinem Boss.
»Nun stell dich nicht so an. Wird schon schiefgehen.«
»Ich soll mich nicht so anstellen? Du hältst ja auch nicht den Arsch dafür hin.« Meine Stimme überschlägt sich beinahe, während ich immer lauter werde. »Wenn das hier auffliegt, machen die mir die ganze Kanzlei dicht!«
»Wenn du dich nur halb so hysterisch aufführen würdest, damit es nicht das ganze Gebäude mitbekommt, kann gar nichts passieren.«
»Ja klar, du hast leicht reden. Warum ausgerechnet hier?«
»Darum!«
»Warum hier?«
»Weil es genial ist«, schaltet sich nun Paul wieder ein und ich bringe ihn mit einem strengen Blick erneut zum Schweigen.
»Ist mir scheißegal, ob ihr das genial findet. Ihr werdet den Kram nicht in meiner Kanzlei bunkern! Seid ihr geisteskrank!?«
»Xavier, ich diskutiere nicht, also finde dich jetzt gefälligst damit ab!«
»Warum macht ihr die Scheiße nicht bei euch im MC?«
Jetzt seufzt Ice. »Informationen.«
»Willst du mich verarschen? Informationen? Was bitte soll ich damit anfangen? Du hast vor, meine Kanzlei für deine Zwecke zu nutzen, also sag mir jetzt verfickt noch mal, was der Grund dafür ist!« Ich bin außer mir, der Kerl ist doch wahnsinnig. Gut, dass weiß man auch so. Allein, wenn man ihm ins Gesicht schaut, sieht man alles, was man wissen muss. Trotzdem. Ich kenne den Pres des MC schon verdammt lange, habe ihn oft genug aus der Scheiße gezogen, aber das hier setzt dem Ganzen die Krone auf.
»Mein Spitzel bei der Polizei hat mir gesteckt, dass der MC beschattet werden soll.«
»Dein Spitzel bei der Polizei?«
»Ach Gott, Xavier. Du weißt doch wie es läuft. Ein paar Scheine hier, ein paar dort und die nötigen Informationen wechseln den Besitzer. Muss ich dir doch wohl nicht erklären. Fakt ist, mir ist das momentan zu heiß, den Kram im MC zu lassen. Und du wirst mir helfen, dieses Problem zu lösen.«
»Weshalb sollte ich das tun? Ich will mit eurer Scheiße nichts zu tun haben!«
»Du hängst bereits mit drin, das weißt du ebenso gut wie ich.«
»Nicht damit.«
Ich stütze mich auf einer der Stuhllehnen ab und sehe ihn an. Mir ist das bitterer Ernst. Ice glaubt doch wohl selbst nicht, dass ich mit dieser Sache einverstanden bin! Doch mit ihm ist genauso wenig zu spaßen und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat … Ice hält meinem Blick stand. Wir starren uns locker zwei Minuten an und keiner von uns gibt nach, während seine Männer auf ihren Stühlen immer tiefer rutschen, fechten wir einen wortlosen Kampf aus. Doch auf einmal ändert sich die Situation, denn Ice lehnt sich entspannt zurück.
»Heywater Inc«, ist alles, was er sagt. Mehr muss er auch nicht sagen und die Sache ist entschieden.
Augenblicklich knicke ich ein. Dem habe ich nichts entgegenzusetzen. Rein gar nichts. Das ganze Karussell wird uns zermalmen, wenn wir nicht mitspielen und das wissen wir beide. Dennoch, das kann er nicht ernst meinen.
»Raus! Alle, bis auf Ice.« Stumm sehen mich die Biker an, doch keiner rührt sich. »Wird’s bald!?«, setze ich nach. Doch erst als Ice einen Wink mit seiner Hand vollführt, steht einer nach dem anderen auf und läuft gemächlich aus dem Raum. »Tür zu!«, brülle ich ihnen hinterher und tatsächlich greift der letzte Kerl nach dem Türgriff und zieht diese hinter sich ins Schloss. Ich hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass überhaupt einer von ihnen auf mich hören würde. Gedanklich sah ich mich bereits selbst zur Tür gehen, um sie zu schließen.
»Und jetzt mal unter uns. Wer von deinen Idioten hat dir so dermaßen ins Hirn geschissen, dass du auf so einen Bullshit kommst? Wessen Scheißidee war das? Hast du sie noch alle beisammen?« Meine Nasenflügel blähen sich auf und ich muss mich beherrschen, dass ich nicht gleich auf ihn losgehe. Stumm balle ich die Hände zu Fäusten, während ich sie auf der Tischplatte vor mir abstütze.
»Xavier, Xavier, Xavier …« Der Pres schnalzt missbilligend mit der Zunge und sieht mich anschließend abschätzig an. Das soll mir wohl sagen, was er von meinem derzeitigen Aufstand hält. Nämlich gar nichts. Doch er ist der Boss des MC, nicht meiner. »Was soll das? Mhmm? Man könnte meinen, es ginge um dein Leben.« Daraufhin zieht er desinteressiert sein riesiges Messer hervor, welches er immer am Körper trägt und beginnt, sich mit der Klinge den imaginären Dreck unter den Fingernägeln herauszukratzen. Skeptisch sehe ich ihm dabei zu, lasse mich jedoch nicht beirren. Ice ist ein Psycho, ja, aber er braucht mich. Er würde es nicht wagen, mir auf diese Weise zu drohen.
»Es geht um mein Leben. Um meine Existenz. Um alles!«
Nun richtet er sich auf dem Stuhl auf und deutet mit der Messerspitze auf mich, während er mich mit seinem Blick fixiert.
»Nein, das tut es nicht. Nur wenn du nicht mitspielst, erst dann geht es um alles. Stell dich nicht dümmer als du bist. Wir beide wissen, wie der Hase läuft. Also bestimme ich und du folgst, mein Lieber.«
»Einen Scheiß werde ich! Das kannst du nicht von mir verlangen.«
»Ich kann, und ich werde. Jetzt tu nicht so, als hättest du eine Wahl.« Ice setzt sich wieder bequemer hin, dann schnaubt er, während er kurz aus dem Fenster blickt. »Haben wir beide nicht.«
»Bieg das anderweitig gerade.«
»Kann ich nicht.«
»Seit wann? Es springt doch jeder, wenn du etwas forderst.«
»Nicht in dieser Sache. Du solltest es besser wissen.« Natürlich weiß ich es. Ice ist ebenso ausführendes Organ wie ich. Mit dem Unterschied, dass er damit Kohle macht.
»Das darf doch alles nicht wahr sein!«
Frustriert raufe ich mir die Haare und drehe mich im Raum um. Ich denke nach. Leider will mir partout keine Lösung für dieses Problem einfallen. Daher lasse ich mich schließlich Ice gegenüber auf einen Stuhl fallen, recke den Kopf nach oben und starre ratlos an die Decke, während ich in meinem sauteuren Anzug auf dem Polster in mir zusammensacke. Gott, wie sehr ich diesen Dreck hasse! Und genau in dem Moment wird mir klar, dass es zwecklos ist. Ich werde mich fügen müssen. Ob mir das nun passt oder nicht. Und so krank diese Idee auch ist, die Jungs haben Recht. Hier wird den Stoff vermutlich niemand suchen.
War mein Leben bisher ein Drahtseilakt, wandele ich zukünftig auf Messers Schneide. Wenn das rauskommt, bin ich am Arsch. Sollte auch nur der leiseste Verdacht aufkommen, dass ich in illegale Geschäfte verwickelt bin, stellen die mir die Bude auf den Kopf. Dann darf ich mir die Zellen der U-Haft zukünftig von innen ansehen. Großartige Perspektive. Einfach großartig!
»Ab wann?«, seufze ich resigniert.
»Sofort«, brummt Ice und sieht mich an. »Die erste Lieferung kommt heute Abend.«
Entgeistert sehe ich ihn an und glaube, mich gerade verhört zu haben.
»Wie lange weißt du schon davon?«, zische ich stinkwütend.
»Tut nichts zur Sache«, wiegelt er ab. »Und wenn ich dir einen guten Rat geben darf: Je eher du dich damit abfindest, desto einfacher wird es. Ob diese Sache zu einem Spaziergang wird oder nicht, liegt allein bei dir.«
Ich schnaube. Was anderes fällt mir dazu absolut nicht ein. Als würde es etwas ändern, ob ich mich füge oder nicht. Wenn das stimmt, was dieser Informant Ice zugetragen hat, kann es Monate dauern, bis die Polizei die Beschattung wieder aufhebt. Es kommt ganz darauf an, wie viel sie finden werden. Und beim MC gibt es einiges zu finden. Die sind stadtbekannt, mehr muss ich sicher nicht erwähnen.
»Seht zumindest zu, dass ihr erst nach Feierabend kommt. Und die Türen der Büros bleiben zu! Wenn ich auch nur einen von euch darin erwische, könnt ihr euch einen anderen Umschlagplatz suchen. Verstanden? Ihr bekommt ausschließlich den Meetingraum drei. Ist das klar?«
»Glasklar!«
Ice nickt, woraufhin ich ihm lange in die Augen sehe. Problemlos hält er meinem Blick erneut stand. Nach ein paar Sekunden stehe ich auf, laufe zu meinem Schreibtisch und ziehe die Schublade auf. Ich krame unter dem üppigen Bündel Geldscheine, welches ich zur Sicherheit immer hier gelagert habe, den Ersatzschlüssel hervor. Im Anschluss gehe ich zurück zum Tisch und knalle den Schlüssel mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Wehe, du verlierst ihn. Und wehe, ich sehe einen von euch in der Nähe der Kanzlei, bevor abends nicht jeder aus diesen Räumen verschwunden ist.«
Wieder nickt er.
»Und steck endlich dieses bescheuerte Messer weg! Du machst mich noch ganz nervös mit dem Teil, Herrgott noch mal.« Der Pres grinst mich nur höhnisch an. Anschließend steht er auf, greift nach dem Schlüssel und lässt ihn in seiner Tasche verschwinden. Das Messer verstaut er ebenso an seinem angestammten Platz am Körper, wodurch mir gleich deutlich wohler wird. Irre ist gar kein Ausdruck für diesen Kerl. Danach verlässt er kommentarlos mein Büro.
Klasse! Ich scheine den Dreck wirklich magisch anzuziehen.
»Mr. Westfield, wann genau war das?«
Der Mandant in der Leitung nennt mir ein Datum Anfang Juni, das ich mir notiere. Die Behörden sind wahrlich nicht die Schnellsten, wenn er erst jetzt dafür belangt wird. Nun ist Recherche angesagt, ob der Lachsfang zu dieser Zeit überhaupt freigegeben war. Das würde es definitiv einfacher machen, auch wenn der Betrieb in Alaska kein Anrecht auf Fangquoten aus Kanada hat.
Aufgeregt berichtet er von der Anzeige, die ihm Kanada hat zustellen lassen, inklusive einer Unterlassungsklage. Weiter wird er aufgefordert, eine Strafzahlung in nicht unerheblicher Höhe zu leisten. Dass er seither schlaflose Nächte hat, kann ich verstehen, denn das Geld würde ihm natürlich im Betrieb schmerzlich fehlen.
»Und auf welcher Basis wurde die Anzeige aufgegeben?« Wieder lausche ich den Ausführungen am anderen Ende. »Fotos, verstehe.« Ich reibe mir über das Gesicht und denke nach, während ich mir grobe Notizen mache. Fischerei ist eigentlich gar nicht mein Gebiet, Strafverteidigung dagegen sehr wohl. Und da ihm unsere Kanzlei empfohlen wurde, will ich sehen, was ich für ihn tun kann. Für Alaska sind wir rechtlich gesehen gar nicht zuständig, da die Anzeige jedoch aus Kanada kommt, war es sicher ein kluger Schachzug von ihm, sich einen Anwalt aus Kanada zu nehmen, der sich mit der kanadischen Rechtsprechung auskennt. Solche Fälle haben wir hin und wieder.
»Sind Sie in Kürze mal in Vancouver und können auf ein Gespräch reinschauen? Dann könnten wir verschiedene Möglichkeiten durchspielen.« Er verneint natürlich, ich hatte es fast befürchtet. Solche Sachverhalte über Telefon- oder Web-Meeting durchzusprechen, gestaltet sich jedoch mehr als schwierig. »In Ordnung. Dann fliege ich zu Ihnen raus.« Das ist ohnehin nicht verkehrt, damit ich mir einen Überblick über den Betrieb verschaffen kann. Dumm nur, dass ich für so etwas gar keine Zeit habe. Ich rufe den Kalender auf dem Laptop auf, weiß jedoch auch so bereits, welches Bild mich erwartet. Meine Wochen sind voll durchgetaktet. Meetings, Termine mit Klienten und Gerichtsverhandlungen. Und in den nächsten drei Wochen sehe ich nichts, was sich verschieben lässt. Wir sind eine der wenigen Kanzleien, die auch über die Feiertage und den Jahreswechsel erreichbar sind. In dieser Zeit kommt oft das große Geld rein, denn wenn Klienten keine wirkliche Wahl haben, sind sie bereit, horrende Summen zu bezahlen. Und da rechtlicher Beistand in dieser Zeit Mangelware ist … Es ist ein Selbstläufer. Was jedoch auch bedeutet, dass wir zwischen den Jahren Termine bis zum Anschlag haben.
»Ich kann Ihnen lediglich am kommenden Wochenende einen Termin anbieten. Unter der Woche ist bei uns dieses Jahr nichts mehr zu machen und auch nach Silvester sieht es erst einmal schwierig aus.« Für ihn jedoch scheint das kein Problem zu sein. Er bietet mir sogar direkt an, dass er einen Privatjet schickt, damit dieser mich abholt. Das ist immer noch billiger, als die Strafzahlung, die ihn erwartet. Anschließend schlägt er ein Abendessen in einem seiner Fischrestaurants vor. Ich bin natürlich einverstanden, auch wenn es mir gehörig gegen den Strich geht, dass ich damit ein weiteres Wochenende torpediere. Aber gut. Es ist, wie es ist, schließlich wusste ich vorher, auf was ich mich einlasse, als ich mit meinen Partnern eine eigene Kanzlei gegründet habe.
Wir legen auf und ich notiere den Termin im Kalender. Anschließend klingele ich meine Assistentin her und schicke dem Mandanten währenddessen eine Terminbestätigung per E-Mail. Es dauert keine Minute, bis sie die Tür öffnet und im Türrahmen steht.
»Stacy, ich muss am Samstag geschäftlich nach Alaska. Hast du kurzfristig Zeit, mich zu begleiten?«, frage ich sie und sehe noch nicht einmal zu ihr auf, denn ich bin gerade dabei, mir Paragraphen zu notieren, die ich für den Fall ausführlicher prüfen sollte.
»Es tut mir schrecklich leid, Xavier, aber ich bin am Wochenende als Trauzeugin auf einer Hochzeit eingeladen.« Nun sehe ich doch auf.
»Ach fuck! Kann die Hochzeit nicht verschoben werden? Ich brauche dich dabei.«
Entgeistert sieht sie mich an und ich fühle mich genötigt, meine Aussage zu revidieren. »Kleiner Scherz am Rande.« Mir ist natürlich klar, dass sich eine Hochzeit nicht so ohne Weiteres verschieben lässt. Scheiße ist es trotzdem. Ich kann da unmöglich allein hin. Bis ich wieder in Vancouver bin, habe ich die Hälfte vergessen! Mein Kopf ist einfach zu voll.
»Kann Linda mitkommen?« Sie ist eine weitere Assistentin aus der Kanzlei und meine letzte Hoffnung.
»Äh, nein. Linda ist ebenfalls auf der Hochzeit.«
Ernsthaft? Und wer heiratet denn bitte eine Woche vor Weihnachten? Haben die gerade nichts Besseres zu tun?
»Ich könnte mitkommen«, höre ich eine rauchig leise Stimme aus dem Hintergrund. Ohne, dass ich es bemerke, schnellt meine rechte Augenbraue in die Höhe und ich schiele an Stacy vorbei. Die neue Praktikantin, welche Pete, einer meiner Partner, vor etwa zwei Wochen eingestellt hat, steht schüchtern von ihrem Schreibtisch auf und positioniert sich hinter meiner Assistentin. Und ich weiß nicht, ob ich über ihre Aussage lachen oder sie einfach nur ungläubig anstarren soll. Was glaubt sie denn, was das wird? Ein Kaffeekränzchen?
»Miss …«
»Tyrell. Jocelyn Tyrell.«
»Miss Tyrell, das ist sehr löblich von Ihnen, dass Sie mir das anbieten. Haben Sie denn bereits juristisches Fachwissen, damit Sie mich entsprechend unterstützen können? Ich benötige eigentlich zwingend eine Rechtsanwaltsfachangestellte, die sich mit der Materie auskennt und ein entsprechendes Protokoll des Termins anfertigen kann.«
»Ich bin im letzten Studienjahr für Jura und sicher, dass ich das hinbekomme, Mr. McLane«, antwortet sie mir, womit sie mich dann doch etwas überrascht. Sie sieht so jung aus. Bisher hatte ich noch keine Berührungspunkte mit ihr und war mir sicher, dass Pete sie nur aufgrund ihres Aussehens eingestellt hat. Sie wäre nicht die Erste, die von nichts eine Ahnung hat und lediglich zum Ficken …
»Mr. McLane?«
»Hmm?« Fragend sehe ich zu ihr zurück und merke, dass ich vollkommen abgedriftet bin. »Ja, in Ordnung. Bitte buchen Sie uns zwei Einzelzimmer in einem Hotel.« Dann greife ich nach meinen Notizen und halte sie in die Höhe. Sie reagiert sofort, läuft um Stacy herum und nimmt die Unterlagen entgegen. »Das Hotel sollte in der Nähe der Fischfabrik liegen. Die Adresse ist notiert. Und bitte legen Sie eine Akte an.«
»Sehr wohl, Mr. McLane.« Ich nicke, woraufhin sie eilig mein Büro verlässt. Zumindest gehorcht sie. Sie ist vielleicht doch nicht so dumm wie ihre Vorgängerinnen. Und dennoch kann ich mir nicht verkneifen, ihr auf den wohlgeformten Apfelarsch zu starren, als sie sich von mir entfernt und wieder aus meinem Sichtfeld verschwindet. Heiß! Anmerken lasse ich mir das natürlich nicht.
Als auch Stacy wieder aus meinem Büro verschwinden will, räuspere ich mich noch kurz. Augenblicklich bleibt sie stehen und ich forme mit den Lippen eine lautlose Frage:
»Taugt sie was?«, will ich wissen, weil ich echt Schiss habe, dass der Geschäftstermin am Wochenende in die Hose geht. Leider ist die Kleine derzeit meine einzige Option.
Zu meiner Beruhigung nickt Stacy und flüstert mir zu: »Sie ist nicht auf den Kopf gefallen und wird das hinbekommen.« Dann zwinkert sie mir zu und ich lasse mich erleichtert im Stuhl zurücksinken. Gott sei Dank! Zumindest größere Katastrophen sollten damit ausbleiben. Kurz darauf ist auch meine Assistentin verschwunden und hat die Bürotür leise hinter sich geschlossen. Ich bin wieder allein, die Neugierde brandet jetzt allerdings erst richtig auf.
Ohne zu überlegen, drücke ich die Kurzwahltaste zu Petes Büro. Bereits nach zwei Mal Klingeln nimmt er ab.
»Xavier«, begrüßt mich mein Partner tonlos und ich komme direkt zur Sache.
»Diese neue Praktikantin, wer ist das?«
»Was meinst du damit, wer sie ist?«
»Wo kommt sie her? Was kann sie?«
»Jocelyn ist im letzten Studienjahr für Jura.«
»Das weiß ich jetzt auch. Bitte ein paar mehr Infos.«
»Warum interessiert dich das auf einmal? Als ich vor ein paar Wochen bei dir war und dir die Unterlagen zeigen wollte, hat es dich auch nicht gejuckt. Warte, ich glaube: Ist mir scheißegal. Such du aus!, waren ziemlich genau deine Worte.«
»Sie wird mich am Wochenende zu einem Klienten nach Alaska begleiten. Jetzt ist es mir also nicht mehr egal.«
»Oh, okay. Moment, ich glaube, ich habe noch irgendwo ihre Bewerbungsunterlagen auf dem Rechner. Ich suche sie raus und schicke sie dir.«
»Alles klar, danke!« Damit lege ich auf. Bereits wenige Sekunden später öffne ich die weitergeleitete E-Mail und erfasse als Erstes das wahnsinnig attraktive und hübsche Lächeln von Jocelyn. Ihre blauen Augen strahlen mich an und ich kann nicht anders, als eine Zeit lang auf dieses Foto zu starren. Die Haare fallen ihr glänzend über ihre Schultern und ich frage mich, warum sie mir bisher noch nicht aufgefallen ist. Seit etwas mehr als zwei Wochen, sitzt sie bereits dort draußen, doch ich war die ganze Zeit so beschäftigt, dass ich dieses bildschöne Wesen vollkommen übersehen habe. Nicht, dass es von Belang wäre, ob sie nun schön ist oder nicht. Aber diese Erkenntnis verdeutlicht mir mal wieder, dass ich eindeutig zu viel arbeite. Ich bekomme kaum noch etwas mit. In diesem Moment kann ich mich dunkel daran erinnern, dass Stacy vier Anläufe unternommen hat, um sie mir vorzustellen. Jedes Mal war ich im Gespräch oder bekam gerade ein Telefonat rein. Vielleicht sollten diese Tyrell und ich noch mal von vorne anfangen, überlege ich.
Ich scrolle weiter, fliege über ihren Lebenslauf. Sie ist erst zweiundzwanzig, verdammt jung dafür, dass sie bereits im letzten Semester ist. Entweder hat sie früher angefangen zu studieren oder irgendwo etwas übersprungen. Als ich weiterblättere, finde ich den Zeitpunkt und sehe, dass Letzteres der Fall ist. Sie muss wirklich was auf dem Kasten oder einen triftigen Grund haben, wenn sie so etwas schafft. Vielleicht auch beides, denn dieses Studium ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Als ich ihre Notenübersicht überfliege, stocke ich. Beinahe überall volle Punktzahl. Das Mädchen scheint sich wirklich ordentlich ins Zeug zu legen. Ich bin beeindruckt und habe jetzt ein relativ gutes Gefühl für unseren Termin am Wochenende. Inzwischen bin ich ebenfalls davon überzeugt, dass sie die Aufgabe meistern wird und ein wenig Praxis kann ihr sicher nicht schaden.
Die letzten Tage sind wie im Flug vergangen. Jetzt sitze ich mit Jocelyn, die mich vor ein paar Minuten gebeten hat, sie doch bitte Jocy zu nennen, in einer Stretch-Limo, die uns mit Sondergenehmigung direkt zum Rollfeld bringt. Der Privatjet steht schon aufgetankt bereit.
Auf dem Weg hierher haben wir uns ein wenig miteinander bekannt gemacht. In der Kanzlei gab es dafür in den letzten Tagen keine Gelegenheit. Dennoch habe ich ihr ein paar Aufgaben übertragen lassen, die sie alle in kürzester Zeit und zu meiner absoluten Zufriedenheit erledigt hat. Meine Begeisterung für dieses Mädchen wächst immer mehr.
Nun sind wir per Du und ich bin wirklich gespannt auf diese zwei Tage. Denn seltsamerweise möchte ich gern mehr über sie erfahren. Warum, das ist mir allerdings ein Rätsel. Sie arbeitet für meine Kanzlei, nicht mehr und nicht weniger. Was also gehen mich ihre privaten Belange an?
Plötzlich klingelt ihr Handy und als sie es aus der Tasche zieht, verdreht sie leicht die Augen.
»Jaaaaa?«, geht sie genervt ran, ohne den Anrufer zu begrüßen. »Nein, ich bin noch unterwegs.« … »Kaum bin ich zwei Stunden aus dem Haus, schon rufst du mich an, um zu kontrollieren, wo ich bin?«
» … kontrolliere dich nicht, … mache mir Sorgen«, höre ich eine dunkle Stimme am anderen Ende der Leitung sagen. Okay, klar. Ihr Freund.
»Hör auf damit! Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Wenn was ist, melde ich mich schon bei dir. Und sei mir nicht böse, aber ich muss jetzt Schluss machen.« … »Ja. Mache ich. Bye.«
Unsere Limousine hält vor der Maschine und sie beendet das Gespräch.
»Himmel! Bitte entschuldige«, murmelt sie.
»Schon in Ordnung.« Beschwichtigend hebe ich die Hände, dann öffne ich die Tür, steige aus und halte sie ihr auf, damit sie mir aus dem Fahrzeug folgen kann.
Auf dem Flughafengelände zieht es richtig stark. Ein eisiger Wind peitscht uns entgegen. Unsere Kleidung flattert schnell hin und her und unsere Haare werden vollkommen durcheinandergewirbelt. Schützend baue ich mich hinter Jocy auf, schirme die kalten Böen von ihr ab und geleite sie mit einer Hand auf ihrem unteren Rücken zur Treppe. Mit schnellen Schritten flitzen wir nach oben in die warme Maschine und werden vom Bordpersonal direkt freundlich begrüßt, während unser Gepäck noch aus der Limousine geladen und hinter uns in die Maschine gebracht wird.
Jocy verschwindet kurz zur Toilette. Ich nutze dagegen eine kleinere verspiegelte Fläche im Passagierraum, um mir meine Haare etwas zu richten. Wenig später setzt sich eine strahlende und geordnete Jocy zu mir. Sie nimmt mir gegenüber Platz und keine fünfzehn Minuten später sind wir bereits in der Luft.
Den Großteil des Fluges verbringen wir schweigend. Sie hängt offenbar ihren Gedanken nach und schaut hauptsächlich aus dem Fenster. Ich hingegen habe längst den Laptop aufgeklappt und arbeite ein wenig. Alles andere wäre verschwendete Zeit. Wenn ich schon hier herumsitzen muss, kann ich auch etwas Produktives leisten, da bin ich sehr diszipliniert. Dennoch entgeht mir nicht, dass mich immer wieder Blicke von Jocy streifen. Die meiste Zeit lasse ich mir nichts anmerken, doch drei Mal kann ich es mir nicht verkneifen, und sehe vom Bildschirm auf. Einmal kaut sie auf ihrer Lippe herum, ein weiteres Mal an einem Daumennagel. Beim dritten Mal erwische ich sie dabei, wie ihr Blick von unten nach oben über mich gleitet, woraufhin sie mich anschließend erschrocken ansieht.
In allen drei Fällen legt sich danach eine zarte Röte auf ihre Wangen. Es wirkt süß, fast unschuldig und irgendwie fasziniert mich ihr Anblick. Ich könnte echt Gefallen an ihr finden, wäre da nicht die Tatsache, dass sie für mich arbeitet. Eine Beziehung am Arbeitsplatz ist ein absolutes No-Go. Noch dazu ist sie erst zweiundzwanzig. Für mich definitiv ebenfalls ein Ausschlusskriterium. Ich mag keine jungen Hühner. Es ist mir viel zu blöd, denn diese sind so furchtbar leicht zu beeindrucken, dass es mich unfassbar langweilt.
Ich stehe auf Frauen, die wissen, was sie wollen. Frauen, die nicht so easy herumzukriegen sind und die mir nicht aus der Hand fressen, wenn ich ein paar Geldscheine auf den Tisch lege. Denn das ödet mich inzwischen nur noch an. Ich habe viel zu viele davon gehabt und genau so schätze ich sie leider ein. Was heißt leider? Vermutlich ist das gut so, denn eine Affäre am Arbeitsplatz kann ich nun wirklich nicht gebrauchen! Viel zu anstrengend und Zeit habe ich für sowas ohnehin nicht. Da lobe ich mir sogar den diskreten Escort Service. Klare Verhältnisse und keine Kletten. Spart immens Zeit und Nerven.
Dennoch kann ich es mir nicht verkneifen, auch sie einer eingehenden Musterung zu unterziehen. Hohe Pumps, schlanke Beine, ein beinahe schon verboten kurzer Rock ihres Kostüms. Ich hoffe, sie hat noch etwas anderes dabei, denn wenn sie nachher so bei meinem Klienten aufschlägt … puh! Ich möchte den Gedanken ehrlich gesagt gar nicht zu Ende verfolgen. Wir sind eine seriöse Kanzlei und ich erwarte von meinen Angestellten, dass sie dieses Bild auch nach außen verkörpern.
Meine Augen gleiten weiter nach oben, streifen die weich aussehenden Rundungen ihrer Brust, über der sich eine leicht geöffnete Bluse befindet. Sie gewährt einen nicht zu tiefen Einblick, gerade genug, um mächtig die Fantasie anzuregen. Und als würde das noch nicht reichen, nehme ich wahr, wie sich ihr Brustkorb ein wenig schneller hebt und senkt, als er das normalerweise sollte. Ich muss mich von diesem Anblick losreißen, weil ich spüre, dass er so einige Hormone dazu anregt, in meinem Körper eine wilde Party zu feiern. Und der Ausblick auf ihren schlanken Hals und ihre weiche Haut, befeuern das Partygejohle in mir noch zusätzlich. Als ich schließlich an ihren Lippen ankomme, die mit einem zart braunen Lipgloss in Szene gesetzt wurden, beginnt mein Schwanz auch noch in der Hose zu zucken. Scheiße! So war das nicht geplant.
Unruhig rutsche ich von einer Arschbacke auf die andere, positioniere den Laptop so auf meinem Schoß, dass sie nichts von meinem kleinen Problem bemerken sollte und wende mich wieder der Arbeit zu. Mit der Konzentration war es das jedoch erst einmal. Mehrere Minuten versuche ich vergeblich, mich zu konzentrieren. Zwar starre ich nach wie vor auf den Bildschirm, tippe einige wenige Wörter, doch das ist auch schon alles. Der Computer dient allenfalls noch als Tarnung, damit mein Blick nicht wieder zu ihr zurück schwenkt. Und wenn sie ihr Glück nicht herausfordern will, dann sollte auch sie es unterlassen, mich auf diese Weise weiter anzusehen. Noch einmal riskiere ich es und schaue zu ihr auf. Mein Gesichtsausdruck muss jedoch dermaßen vernichtend rüberkommen, dass sie blinzelt. Im Anschluss nehme ich nur wahr, dass sie wieder aus dem Fenster blickt. Und selbst als die Stewardess vorbeischaut und uns etwas zu trinken anbietet, wandern ihre Augen kein einziges Mal mehr zu mir. Stattdessen beschäftigt sie sich nun eingehend mit ihrem Handy, das in einer Tour zu blinken und piepsen anfängt. Nach einer Weile atme ich erleichtert aus, denn inzwischen habe ich auch mein bestes Stück unter Kontrolle. Also starte ich einen erneuten Versuch und nehme meine Arbeit wieder auf.
***
Entgeistert starre ich die Dame vor mir an, die mich schuldbewusst anlächelt, während Jocelyn ihre Hand ganz leicht auf meinen Arm legt. Wohl, um mich zu beruhigen, denn ich merke selbst, dass ich kurz davor bin, zu explodieren. Vor genau drei Minuten haben wir die Eingangshalle des Hotels betreten und schon geht das Drama los.
»Da muss ein Fehler vorliegen«, stammelt die Rezeptionistin. »Wir bitten vielmals um Entschuldigung, doch es wurde nur ein Doppelzimmer für Sie reserviert.«
»Das kann nicht sein«, schaltet sich nun auch Jocy ein. »Ich habe hier die Bestätigung, die Sie uns per E-Mail haben zukommen lassen.«
Die Dame hinter dem Tresen nimmt die ausgedruckte DIN A4 Seite zur Hand und vergleicht die Daten mit den ihren. »Es stimmt, Sie haben zwei Einzelzimmer gebucht. Leider ist dies bei uns anders vermerkt. Ich kann Ihnen nicht sagen, woher das Versehen kommt. Wir werden das überprüfen. Bedauerlicherweise kann ich im Augenblick jedoch nichts weiter für Sie tun.«
»Und wie stellen Sie sich das jetzt vor?«, knurre ich sie an.
»Ich würde Ihnen gern ein weiteres Einzelzimmer zur Verfügung stellen, doch wir sind unglücklicherweise komplett ausgebucht. Uns ist das sehr unangenehm, doch mir sind leider die Hände gebunden, Mr. McLane.«
In mir brodelt es. Kurz drehe ich mich fassungslos zur Seite, um mich wieder zu sammeln. Das ist doch nicht möglich! Und jetzt? Ich könnte der Empfangsdame geradewegs den Hals umdrehen, das Problem bekommen wir allerdings dadurch auch nicht gelöst.
»Mir macht das nichts aus, Xavier«, flüstert mir Jocy in diesem Moment zu. »Es ist lediglich eine Nacht, das ist kein Problem.«
Natürlich hat sie Recht, daher gebe ich frustriert klein bei.
»In Ordnung. Wir nehmen das Doppelzimmer«, erkläre ich dann gegenüber der Rezeptionistin. Man kann sehen, dass ihr bei meinen Worten eine zentnerschwere Last von den Schultern fällt. Sie kann natürlich auch nichts dafür. Kommentarlos reiche ich ihr daher meine Firmenkreditkarte und sie bucht das Zimmer davon ab.
Wenig später erhalten wir den Zimmerschlüssel und machen uns auf den Weg nach oben. Ein Gepäckträger folgt uns in einigem Abstand mit einem kleinen Wagen und unseren Koffern darauf. Gemeinsam betreten wir den Aufzug, fahren in die vierte Etage und stehen wenig später vor dem uns zugeteilten Zimmer, das ich mit dem Schlüssel öffne. Diskret entlädt der Page die Trollys und stellt uns diese in den Raum. Während Jocy sich schon umsieht, stecke ich ihm ein üppiges Trinkgeld zu.
»Danke, Sir«, murmelt er und verbeugt sich kurz, dann tritt er hinaus und schließt leise die Tür hinter sich.
»Ich schlafe heute Nacht auf der Couch. Du kannst das Bett haben«, biete ich an.
»Jetzt sei nicht albern. Wir sind doch erwachsen und werden wohl mit so einer Situation umgehen können, oder?«
»Sicher können wir das. Ich habe doch bereits eine Lösung vorgeschlagen.« Ein leichtes Schmunzeln bildet sich auf meinen Lippen, während ich sie ansehe.
»Die Lösung ist, dass wir uns das Bett teilen. Es ist groß genug.«
Das stimmt. Es ist ein King Size und an Platz mangelt es uns wirklich nicht. »Wir werden sehen«, antworte ich jedoch nur. Dann drehe ich mich zur Fensterfront um und schaue hinaus.
Von hier aus hat man einen herrlichen Ausblick auf den Pazifik und ein paar Straßen weiter sehe ich auch die hiesige Fischfabrik. Ich wünschte allerdings, der Termin wäre bereits um und wir wieder auf dem Rückweg. Denn als ich nun leicht nach hinten schiele, sehe ich die entzückende Rückansicht meiner Begleiterin. Verstohlen beobachte ich Jocy dabei, wie sie ihren Koffer aufs Bett wuchtet, ihn öffnet und sich frische Sachen herauslegt. Im Anschluss knöpft sie sich ihre Bluse auf und streift sich den dünnen Stoff von den Schultern. Zum Vorschein kommt ein weißer Spitzen-BH. Der Anblick brennt sich förmlich in meine Netzhaut ein. Holy …!
Schnell kneife ich die Augen zusammen und drehe mich wieder weg. Das war ja vorprogrammiert, dass das passiert, auch wenn ich diesen Anblick niemals hätte sehen sollen.
Der Geschäftstermin läuft weitestgehend reibungslos. Wir erhalten eine kurze Führung durch den Betrieb. Das kann man sich schließlich einmal ansehen, wenn man schon mal hier ist. Überall riecht es ziemlich stark nach Fisch und Meer, aber das lässt sich in einem Fischereibetrieb natürlich nicht vermeiden. Noch dazu ist es eiskalt, da die Hallen extrem gekühlt werden. Wir dürfen die Gebäude, in denen die Fische verarbeitet werden auch nur mit zusätzlicher Schutzkleidung und Masken betreten.
Dabei bemerke ich, wie Jocy zittert. Auch mir ist nach ein paar Minuten wirklich kühl, doch meine körperliche Reaktion darauf hält sich in Grenzen. Meine Begleiterin dagegen trägt wieder ein schickes Kostüm unter dem Kittel sowie einen Mantel. Ihr Rock ist diesmal etwas länger und damit deutlich züchtiger, als der im Flugzeug, doch ihre schlanken Beine sind lediglich mit Nylonstrümpfen bekleidet. Kein Wunder also, dass sie friert.
Ich bin jedoch dankbar dafür, dass sie sich noch mal umgezogen hat und muss feststellen, dass sie durchaus weiß, was sich gehört. Das imponiert mir. Leider lenken mich die sexy Pumps, die sie trägt, immer wieder ab. Mit den hohen Dingern an ihren Füßen ist sie einfach nur höllisch scharf! Vielleicht kommt auch daher der Wunsch, sie an mich zu ziehen und sie zu wärmen. Ich weiß es nicht. Fakt ist: Mir ist durchaus bewusst, dass ich die Finger von ihr lassen muss! Auch wenn es nur darum geht, ihre Oberarme zu reiben, um sie aufzuwärmen. Ich kann mich gerade selbst nicht ausstehen, weil mein Kopf sich seit ein paar Stunden etwas anderes zu wünschen scheint. Etwas, was ausschließlich in meiner Fantasie geschehen darf und eigentlich noch nicht einmal dort. All das ist mir bewusst, die Gedanken lassen sich aber nicht ausschalten, wenn es um Jocelyn Tyrell geht. Jedes Mal, während ich die aufregenden Bilder beiseiteschiebe und das Gefühl habe, wieder Herr der Lage zu sein, überfallen sie mich erneut. Ich will sie nicht sehen, verdammt! Alles, was ich möchte, ist, mich auf die Informationen meines Klienten zu konzentrieren und seinen Ausführungen zu dieser Fabrik zu lauschen. Stattdessen sehe ich ausschließlich sie, bekomme die Infos nur am Rande mit. Und ich hasse genau das!
Dennoch ist der Rundgang schnell beendet und wir begeben uns in die obere Etage des Bürogebäudes. Dort werden wir in einen Meetingraum geführt. Westfield legt mir einen Umschlag auf den Tisch und schiebt ihn mir zu. Ich öffne ihn, ziehe die enthaltenen Dokumente heraus und breite sie vor mir aus. Ein Foto ist enthalten, das vergrößert wurde, doch selbst jetzt ist es so unscharf, dass man kaum etwas erkennt. Es zeigt ein Schiff, weit draußen auf dem Meer, für mich könnte es jeder X-beliebige Fischkutter sein und ich bin mir jetzt schon sicher, dass dieses Bild als Beweismaterial keinerlei Aussagekraft haben wird. Es reicht schlicht nicht aus, um dem Mandanten und seiner Firma an den Karren zu pissen. Die weiteren Dokumente sind von besagtem Tag. Fangmenge, Fischsorte, Route … Alles ist aufgelistet. Das Boot scheint an diesem Tag die Grenze passiert zu haben, befand sich jedoch nur knapp über dem Grenzstreifen. Alles sehr vage. Und ob in diesem Moment tatsächlich etwas gefangen worden ist, muss erst einmal nachgewiesen werden. Ich zumindest sehe keinerlei Grundlage, auf der eine Anzeige gegen dieses Unternehmen Bestand haben könnte.
Daher packe ich die Unterlagen wieder in den Umschlag und reiche sie Jocy. Sie verstaut sie in ihrem Block, auf dem sie fleißig Notizen vom Gespräch anfertigt. Im Anschluss, nachdem alle Details besprochen wurden, ist der Rest nur noch Formsache. Wir legen die vorgefertigten Verträge unserer Beauftragung vor, die der Klient unterzeichnet. Die Sache ist unter Dach und Fach. Zwar kann ich noch keine Entwarnung geben, da ich nicht weiß, wie der zuständige Richter entscheiden wird, doch ich halte die Beweislast für nicht ausreichend und das teile ich Westfield auch mit. Sogleich wirkt er etwas entspannter und wir gehen zum angenehmeren Teil des Tages über. Er bittet uns, ihm zu folgen und wir laufen mit ihm zusammen zwei Straßen weiter. Dort lädt er uns in eines seiner Fischrestaurants ein und wir lassen den Abend bei einem leckeren Menü und einigen Gläsern Wein locker ausklingen.
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