Androidenblut
Die zwei Seiten des Ichs 3
Von Paul Kavaliro
Buchbeschreibung
Tim Forsberg ist zufrieden mit sich und der Welt: Die Familie gedeiht und seine Arbeit ist erfüllend.
Dass Hybriden aus Mensch und Maschine, so wie er, mittlerweile gut in die Gesellschaft integriert sind, ist nicht zuletzt sein Verdienst.
Doch die Schatten der Vergangenheit holen ihn ein: Den alten Gegnern von früher ist er ein Dorn im Auge. Sie bedrohen ihn und seine Familie. Und sie spielen Hybriden und Androiden gegeneinander aus.
„Ein bisschen Frieden“ gibt es nicht. Entweder löst er das Problem ganz oder er und die Seinen werden ewig darunter leiden. Er muss antreten und die Entscheidung suchen - gegen seinen größten Gegner, der stets für eine Überraschung gut ist.
Über den Autor
Paul Kavaliro schreibt Bücher für Kinder („Spuk für Anfänger“, „Entchens große Reise“) und Erwachsene („Final Logout“, „#RettetEllen“, „Die zwei Seiten des Ichs“, „Androidenjagd“), auch als Ratgeber („Heimwerken macht sexy“).
Androidenblut
Die zwei Seiten des Ichs 3
Von Paul Kavaliro
1. Auflage, 2022
© 2022 Paul Kavaliro – alle Rechte vorbehalten.
Impressum am Buchende
„Papa!“ Zwei kleine, aber kräftige Kinderhände zerren an Tim Forsbergs Arm. Dabei hat er sich erst vor 5 Minuten aufs Sofa gelegt. Es ist Wochenende, da will man sich auch mal ausruhen! Doch da hat er die Rechnung ohne sein Töchterchen Miriam gemacht, denn bei ihr ist es umgekehrt: Unter der Woche muss sie oft zurückstecken in ihrem Drang nach Beschäftigung miteinander – wenn die Eltern müde sind, abgekämpft vom Tag, von der Arbeit. Dann ist klar, dass da nicht mehr viel geht, auch nicht mit Drängeln und mit Tränen. Die Uhr tickt gnadenlos und der Tag übergibt der Nacht das Zepter. Und die ist zum Schlafen da. Über ein gemeinsames Abendessen und eine Gute-Nacht-Geschichte reicht das Programm da nicht hinaus. Das Vorlesen markiert das Ende des Spaßes für den Tag. Unabänderlich. Unerbittlich.
Doch am Wochenende verschieben sich die Grenzen. „Komm, Papa!“, beharrt Miriam, denn sie weiß das Recht auf ihrer Seite. Daher lautet das Motto: aufdrehen statt ausruhen! Und außerdem vertraut sie auf ihre Lobby. „Hier draußen scheint die Sonne! Auf dem Sofa hocken könnt ihr später, raus mit euch!“, meldet sich eben diese in Gestalt von Tims Frau Jaclyn, die durch das geöffnete Fenster hindurch den Wetterbericht frei Haus liefert und damit ihrem Mann in den Rücken fällt. Sie tut das öfter.
„Ja, gleich“, knurrt Tim in schwacher Gegenwehr gegen die Übermacht und macht noch einen Moment die Augen zu. Nur ein paar Sekunden lang. Miriam reißt unterdessen weiterhin an seinem Arm. „Papa, die Sonne scheint!“, wiederholt sie das Argument ihrer Mutter. „Komm doch!“
Die träge Vaterfigur richtet sich vom Sofa auf und verharrt nur einen winzigen weiteren Augenblick. Aber der dauert schon zu lange. Die Lobby meldet sich: „Warum mähst du überhaupt den Rasen im Vorgarten, wenn du nicht mit Miriam darauf spielst!“
„Typisch“, murrt Tim still in sich hinein. Erst bleibt die Rasenpflege an ihm hängen und danach wird ihm das auch noch zum Vorwurf gemacht.
Dabei muss er eigentlich dankbar sein für seine Frau und für die Blumen, die sie pflegt, für seinen Alltag und für sein Wochenende, für den Vorgarten, den Rasen und das Haus, das an den Rasen grenzt. Wertschätzen sollte er das alles. Denn früher ist sein Leben ein anderes gewesen. Da hat er all das nicht gehabt. Er hat es sich erst erobern müssen. Eine lange Reise liegt hinter ihm.
Der Bogen des Weges spannt sich von seiner Ausbildung an der Militärakademie über den Dienst in der Einöde Varandin, wo er eine Intrige aufgedeckt und den interplanetaren Frieden bewahrt hat. Weiter geht es zu all den Heldentaten rund um Entführungen und fiese Kriegsspiele. Er hat sich verdient gemacht, in den Augen von Akademie-Kommandant Major Wolny und der Hohen Sekretärin von Patilios Khalin Mehmen. Er hat Ermittlungsarbeit mit Kommissarin Kovacs geleistet und ist knifflige Geheimdienst-Recherchen mit den Agenten Tila aus Rembos und Z4 aus Patilios angegangen – echtes Teamwork.
Eine aufregende Zeit liegt hinter ihm, in der er gekämpft und gleichzeitig gewartet hat: auf die Erfüllung seiner Sehnsüchte. Doch jetzt sieht er sich am Ziel, denn sein Leben hat so richtig begonnen. Alles ist an seinem Platz: Töchterchen Miriam ist schon 5 Jahre alt und geht bald in die Schule. Er und seine Frau Jaclyn nennen sie – mit einem selbstironischen Zwinkern – ihr kleines „Androidenblut“.
Die junge Dame ist ganz Mensch. Ihre Eltern sind das jedoch nicht, denn die bestehen zwar ebenfalls aus einem lebendigen Organismus, aber die zweite Seite ihres Ichs ist ihr ständiger Begleiter: das Androiden-System, das ihnen innewohnt, Erinnerungen und andere Informationen speichert und das unerlässliche Steuerfunktionen ausführt, damit sie in einer Symbiose von Mensch und Technik funktionieren.
Miriam steht kurz vor dem Schulanfang. Nicht alle Kinder gehen das im Alter von 5 Jahren an, doch sie schon. Sie verfolgt die Welt mit wachen Augen und mit Energie. Dass ihre Eltern eine Sonderausgabe sind, ist ihr bewusst. Schließlich haben sie es ihr erklärt. Das wäre auch gar nicht anders gegangen, denn eben diese Welt um sie herum erinnert sie nahezu täglich an die Besonderheit ihres Nestes, in dem heute die Sonne im Vorgarten scheint. „Ach du bist das“, heißt es, wenn sie irgendwo neu dazukommt, zum Beispiel sobald die Gruppen im Kindergarten abermals durchgemischt werden. „Deine Eltern sind doch Roboter“, hört sie ebenfalls öfter von Gleichaltrigen. Damit ist der Moment der ersten kindlichen Verwunderung aber meistens bereits wieder vorbei. Bei den Erziehungsberechtigten der anderen Kids dauert das schon länger. Sie stehen im Gang, während sich ihr eigener Nachwuchs zum Nachhausegehen anzieht und suchen zwanghaft unauffällig mit den Augen nach Besonderheiten. Ist diese Miriam nun ein Kind oder selbst ein Android? Kann man irgendwo ein Implantat hervorstechen sehen? Ihre Eltern bestehen im Inneren nur aus Schaltkreisen, munkeln die einen. Andere sagen, dass man ihnen bessern nicht die Hand reichen sollte, weil man sonst einen elektrischen Schlag abbekommt.
Jeder hat noch die Geschehnisse vor einigen Jahren im Kopf, als die Eltern-Werdung von Jaclyn und Tim hohe Wellen geschlagen hat und durch die Medien gegangen ist. Alle haben sich dabei jeweils ihr Bild des Paares gemacht und das hat sich im Hirn eingenistet. Und wenn man dann aber den beiden persönlich begegnet oder ihrer Tochter, so passt das, was die Augen sehen, oft nicht zur voreingenommenen Ansicht. Und beides näher aneinander zu bringen ist ein langwieriger Prozess.
Tim hat seinen Aufstehprozess vom Sofa inzwischen erfolgreich abgeschlossen und läuft wie ein Waggon eines Zuges willenlos hinter der Lokomotive hinterher, die ihn in den geräumigen Vorgarten zerrt, der Raum zum Umhertollen bietet. Hin zur Straße und bis zu den Nachbarn ist Platz. Alles ist luftig und offen – nicht so dicht bebaut wie in den Städten. „Wollen wir Federball spielen?“, fragt Miriam.
„Na gut“, willigt Tim ein.
„Ja!“, triumphiert sie.
„Wo sind die Schläger?“, erinnert sie Tim, dass jede Aktivität Vorbereitung benötigt.
„Ich gebe Sie euch raus“, assistiert die Lobby vom Beet aus. Mit leicht verdrehten Augen kommt Jaclyn auf die Beine. Ihr Herr Göttergatte könnte durchaus selber die Spielgeräte heranholen. Ist es denn zu viel verlangt, wenn er etwas mehr Engagement zeigt und das Rasenmähen nicht die einzige Aktivität des Tages zugunsten der Familie bleibt?
Schnell ist alles gefunden und Tim knurrt zufrieden. Schon fliegt der Federball.
Auf der Straße geht Frau Kainer mit Wotan vorbei, einem Zwergpudel. Miriam sieht sie und läuft mitsamt Federballschläger hin, ihrem Vater eine Pause vom Sport gönnend. Ein paar Meter vorher hält sie aber an und legt das Spielgerät auf den Rasen. Der Hund soll nicht annehmen, dass sie ihn bedrohen wolle. Denn er bedroht sie schließlich auch nicht. Da ist diese Geste der Abrüstung nur fair.
Sie liebt Tiere, wie jedes Kind.
Jaclyn ersetzt beim Anblick der Nachbarin die Augendrehen-Mimik gegen ein zaghaftes Lächeln, damit sich die Forsbergs mit einem freundlichen Gesicht präsentieren.
Manchmal ist sie davon genervt, dass Tim zu Hause nicht den Hintern hochkriegt. Außerdem wurmt es sie, dass er unter der Woche öfter später als verabredet nach Hause kommt. Sie macht dann ihrem Ärger gelegentlich Luft. Das sind die Art Ärgernisse, die man sich nicht wünscht und die es irgendwann zu überwinden gilt. Aber sie liegen noch im Rahmen.
Deshalb ist die familiäre Front gegenüber der Außenwelt intakt. Jenseits der Wände des Hauses fällt kein böses Wort; sie halten zusammen. Das spürt Miriam ebenfalls, trotz all der nur mehr oder weniger gut versteckten Signale der Unzufriedenheit, die zwischen ihren Eltern hin und her schießen wie ein gelegentlicher Funkenschlag. Als Frau Kainer die Szene betritt, zeigen sich die Forsbergs von ihrer Schokoladenseite.
„Wie groß du doch schon bist!“, macht die Nachbarin ein Kompliment, das stets ankommt. Jaclyn kommt näher und streicht der großen Kleinen über das Haar. Neben der Geste an das Kind ist das eine Belohnung für sich selbst, ein Moment des Stolzes einer Mutter auf ihren Nachwuchs.
„Ist doch klar, ich gehe ja auch bald in die Schule“, erwidert Miriam wie selbstverständlich.
Frau Kainer beugt sich zu ihr herab, so gut das bei einer Dame im fortgeschrittenen Alter geht. „Und wenn du demnächst jeden Tag mit den anderen gemeinsam im Klassenraum sitzt und lernst, wächst du dann noch schneller?“ Dabei schielt die Nachbarin zu Jaclyn, damit das abermalige Kompliment sogar verstärkt wird.
Tim hält sich in sicherer Entfernung auf. Die Leutseligkeit seiner Frau in allen Ehren, aber man muss es mit dem Nachbarplausch nicht übertreiben.
„Und ob!“, kräht Miriam als Antwort auf die Frage nach der Wuchsgeschwindigkeit. Dann erinnert sie sich wieder an das vorhin unter großen Mühen durchgesetzte Federballspiel und rennt zurück. Sie will die Chance nicht verstreichen lassen.
„Kinder“, zuckt Jaclyn entschuldigend die Schultern.
„Kenne ich doch alles“, zwinkert ihr Frau Kainer zu. „Ja früher, da ...“, beginnt sie eine ihrer Erzählungen aus ihrer Kindheit, schließt danach eine Erinnerung an ihre eigenen Sprösslinge an, die mittlerweile so richtig groß sind, und lässt die Geschichte weiter bis zu ihren Enkeln ranken.
Jaclyn denkt währenddessen daran, wie gut sie doch das Blumenbeet in der Zeit voranbringen könnte, während sich Miriam und Tim ins Spiel vertieft haben und über den Rasen toben, sie jedoch hier verweilen und die Ohren aufsperren muss. Aber sie bleibt freundlich, denn Nachbarschaft ist wichtig für das Wohlbefinden. Es gehört zum Ankommen im Leben dazu, dass man seinem Umfeld etwas zurückgibt. Und das beinhaltet eben auch, dass sie ab und zu der alten Dame zuhört, wenn sie ihre wohlbekannten Geschichten erzählt, weil diese ihr Leid mindern. Denn die Kinder und Enkel, von denen sie schwärmt, kommen selten zu Besuch. Sie beneidet Niklas Forsberg, der als Miriams Großvater oft zur Stelle ist, der sich kümmert, tausend kleine und größere Betreuungslücken auffüllt und der dadurch viel Umgang mit seinem Enkelkind hat. Was für ein glücklicher Mann! Doch den Neid und die Sehnsucht verschließt sie tief in ihrer Seele und lässt sie nicht heraus.
Tim nebenan hat den Spaß am Spiel entdeckt und schaut gelegentlich teils mitleidig, teils genüsslich zu den beiden Frauen hinüber – im wohligen Gefühl der richtigen Entscheidung, sich die Zeit für die immer wiederkehrenden Themen gespart zu haben.
Zum Ankommen im Leben gehört für ihn, dass man nach seinen eigenen Vorstellungen lebt und nicht stets nur auf das Umfeld reagiert und was das von einem verlangt – eben wie eine Maschine, die einen stupiden Dienst verrichtet.
Jaclyn wechselt noch ein paar Sätze mit der Dame. Sie mögen sich. Nicht jeder in der Nachbarschaft ist so aufgeschlossen gegenüber einer teilelektronischen Familie mit einem Androidenblut als Sprössling. Sie erinnert sich an die Zeit nach ihrem „Outing“ auf dem Kongress mit Khalin Mehmen. Das ist jetzt schon 7 Jahre her. Tim und sie sind damals in allen Medien präsent gewesen. Stellen sie das prototypische Paar einer neuen Ära dar? Oder aber sind sie der Anfang vom Ende – der Einstieg in den Kontrollverlust der Lebewesen über die Maschinen?
Die Aufregung hat sich erst etliche Wochen später wieder gelegt, nur um nach der Geburt der gemeinsamen Tochter neu aufzufrischen. Alle haben etwas zu sagen gehabt und Schattierungen hat es wie Sand am Meer gegeben: die Befürworter, die Dulder, die Skeptiker, die Gegner – und die Satiriker. „Mutter mussten wir leider nach dem Ende der Gebrauchszeit und der geplanten Abschaltung abgeben – auf dem Recyclinghof. Sie schadet sonst der Umwelt und in die normale Mülltonne passt sie auch nicht.“ Solche und ähnliche Sprüche haben Jaclyn und Tim lesen und erdulden müssen. Und sie zaubern noch heute ein gelegentliches diebisches Lächeln auf die Gesichter derjeniger, die diese besondere Familie zum ersten Mal treffen und sie abwertend beäugen wie eine neue Erfindung, für die die Zeit noch nicht reif ist.
Das Forsberg-Motto lautet: „Wir gegen den Rest der Welt.“ Das schweißt zusammen. Jaclyn und Tim müssen geschickt und gleichzeitig stark sein – nicht zuletzt für ihre Tochter. Begegnen sie da draußen in der Umgebung jenseits ihres Häuschens mit Vorgarten Zweifeln, einem falschen Lächeln oder einer Anfeindung, dann werden die Augen der kleinen Miriam groß. Sie sind ihre Fenster zur Welt, sie fragen und sie machen sich auf die Suche nach Antworten. Sie bemerkt, dass etwas nicht stimmt, dass es Widerstand gibt, dass sich nicht jeder so wie Frau Kainer freut, dass ihre Eltern ihre Eltern sind und dass sie schon so ein großes Mädchen ist.
Jaclyn und Tim versuchen sie dann abzulenken, führen ihre Aufmerksamkeit woanders hin, nehmen sie an der Hand und verlassen den Ort des Konflikts. Sie ziehen sie weg zu etwas Schönem, damit ihre fragenden Augen wieder fröhlich werden. „Sie hat eine sorgenarme Kindheit verdient“, lautet Tims Spruch. Und ihre Mutter nimmt sie oft in den Arm, so wie das Eltern machen. Dann spürt die Kleine die Wärme des Nests. Dann ist sie einfach nur ein ganz normales Kind. So wie andere auch.
Doch die Geborgenheit wird stets von einer unterschwelligen Sorge verdrängt, wenn die Eltern abends nach dem Arbeitstag gestresst sind, sich in die Haare kriegen wegen Dingen wie herbeizuschaffenden Federballschlägern oder wer sich wie viel um alle möglichen Sachen kümmert. Dann vermischen sich die Worte, mit denen die Erwachsenen ihren Streit austragen, mit den Ansagen der Satiriker und anderer Redner in den Medien. In diesen Situationen übermannt Miriam die Angst: dass ihre Eltern verschleißen, dass bei ihnen etwas durchbrennt, so wie man das manchmal in Filmen sieht, wenn eine Maschine kaputtgeht und es qualmt und kracht und das Gerät hinterher durch ein neues ersetzt werden muss.
Miriam fühlt dann sicherheitshalber die Temperatur an der Stirn ihrer Eltern.
Das wirkt, denn es kühlt sie offenbar ab. Jedenfalls hören sie auf zu streiten. „Es geht uns gut, Miriam“, sagen sie und begraben das Kriegsbeil. Und kommt irgendwo ein Film mit qualmenden Maschinen, dann schmiegt sie sich an ihren Vater und ihre Mutter an und freut sich, dass sie ganz normal und ohne Defekt neben ihr auf dem Sofa sitzen.
Einmal abends ist sie mitten im Film eingeschlafen, eingekuschelt zwischen Papa und Mama. Tim hat dem leise schnarchenden Kind über das verschwitzte Haar gestrichen und Jaclyn hat geflüstert: „Sind wir nun richtige Eltern oder zwei halbe Menschen, die einer Konservendose entstiegen sind?“ Tim hat ihr erst einen verwunderten Blick geschickt und ihr zugeraunt: „Darüber müssen wir uns jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Wenn sie groß ist, dann redet sie mit uns auf Augenhöhe. Und wir erfahren es, wie sie ihre Kindheit erlebt hat.“
Miriam tobt durch den Garten und lässt den Federball zwischen sich und ihrem Vater fliegen. Frau Kainer ist weitergezogen, denn Wotan hat die Langeweile gepackt und es gibt so viele Ecken in der Straße zu erkunden. Jaclyn könnte nun ihr Blumenbeet voranbringen, endlich. Doch sie verharrt einen Moment und sieht dem ungelenken, aber begeisterten Spiel der beiden zu.
Familie bedeutet, dass man angekommen ist. Aber sind sie jetzt eine Familie oder nur Eltern mit Kind? Miriam ist schon 5 und hat kein kleines Geschwisterchen. Dabei hat sie genau das bereits auf ihren Weihnachtswunschzettel im letzten Jahr gemalt. Erst haben Jaclyn und Tim über das putzige Bild gelacht: eine krumme Bohnenstange mit zwei Beinen auf einem Papier, mühsam mit einem Bleistift hingekritzelt. Das Lachen nach Miriams Erklärung, dass das „mein Bruder oder meine Schwester“ sein soll, ist ihnen bald darauf im Halse steckengeblieben. Sie haben ernsthaft darüber geredet, jedoch tunlichst nicht vor dem Kind. „Du kommst zu spät nach Hause!“, hat Jaclyn geschimpft. „Du aber auch!“, hat Tim zurückgebellt. „Ja, manchmal und nicht immer“, hat sie zurückgeschlagen. „Ich habe viel zu tun!“, hat er sich gerechtfertigt. „Ich auch!“, hat sie entgegnet.
Und dann ein zweites Kind?
Ja, sie leben in einer anspruchsvollen Welt. Der ganz normale tägliche Wahnsinn hält sie in Atem. Sie versuchen, sowohl ihrer Arbeit als auch Miriam gerecht zu werden. Manchmal passiert das nicht in der richtigen Reihenfolge. Heute klappt es – der Federball fliegt hoch über dem frisch gemähten Rasen. Doch oft genug gelingt es nicht.
Tim macht sich auf die Jagd nach Informationen zur idealen Familienstärke. Dazu unterhält er sich mit Kolleginnen und Kollegen über das Thema. Er sucht sich Ansprechpartner mit „nur“ einem Kind und welche mit mehreren. „Ein Einzelkind sieht aus wie, na ja, wie eben einfach passiert, unbeabsichtigt. Und es gibt keine Fortsetzung der Geschichte“, sagt einer achselzuckend. Ein anderer meint: „Hör auf deine Frau! Wenn es Zeit für noch ein Kind ist, dann merkst du das schon. Dann ist es auch egal, ob ihr bereits 1 oder 2 oder 3 oder was weiß ich wie viele Kinder habt.“ Ein Waffentechniker gibt sich trotzig: „Mein Mann und ich, wir haben bewusst zwei Kinder, denn die Welt sieht uns als gleichgeschlechtliches Paar sowieso als Sonderlinge. Und dann setzt es immer diese mitleidigen Blicke: ‚Ach, das arme Kind!‘ Jetzt haben wir zwei und keiner schaut mehr auf uns herab. Sie wissen, dass das an uns abprallt. Und die Kinder spielen miteinander und stehen zusammen, wenn mal jemand komisch schaut. Irgendwann sind wir nicht mehr da, dann sind sie immer noch Geschwister und können sich gegenseitig helfen.“
Tim denkt sich dabei insgeheim, dass der Waffentechniker sich eben doch nicht vollkommen von den spöttischen Blicken befreit hat. Eine Ingenieurin aus dem Technischen Dienst geht da konsequenter ran: „Ach was, auf andere Leute hören oder schauen? Ihr müsst in euch hineinlauschen, was euer Herz euch zuflüstert! Und außerdem: Sieh dir andere Familien an, die schon allein aus medizinischen Gründen nur 1 Kind bekommen können. Sollen die sich bei jedem entschuldigen, der zu ihrer Kinderzahl eine Meinung hat?“
Jaclyn ihrerseits beobachtet oft Familien mit mehreren Kindern: Die Geschwister vertiefen sich miteinander ins Spiel und den Ehemann und Vater muss man nicht erst vom Sofa zerren, damit das Kind etwas unternehmen kann. Miriam braucht doch auch Umgang mit anderen Kindern, nicht nur in der Kindertagesstätte! „Ihr habt ein Recht auf mehr als 1 Kind“, sagte ihr eine Freundin in Anspielung auf ihre gesellschaftliche Akzeptanz als eine Familie außerhalb des Mainstreams. Und dass sie sich zu viele Gedanken mache. Irgendwann ist man so weit und weiß, was richtig ist. Sie könne das auch nicht erklären. Doch sie ist sich sicher, dass es so ist.
Da ist etwas dran. Heute scheint die Sonne. Außer Frau Kainer ist niemand draußen und Wotan ist der ungefährlichste Hund der Welt. Aber was ist, wenn sich der Wind dreht? Sind sie wirklich angekommen, sind sie sicher? Sind sie akzeptiert? Oder macht ihnen das jemand streitig? Kommt auch wieder eine Zeit, in der sie sich fragen muss, ob hinter jedem Baum hier an der Straße einer steht, der sie bespitzelt oder der es auf sie abgesehen hat?
Selbst wenn es im ersten Moment wie aus dem großen Buch der Verschwörungstheorien abgeschrieben klingt: Jaclyn ist davon überzeugt, dass es jenseits des breiten gesellschaftlichen Spektrums von den Befürwortern bis hin zu den moderaten Gegnern der hybriden Lebensformen noch immer Leute gibt, die nicht nur einfach gegen das Lebensmodell der Familie Forsberg eintreten, sondern die es ein für alle Mal abstellen wollen. Sie sind da, irgendwo dort draußen. Sie wagen sich nur nicht aus der Deckung.
Sie schüttelt den Gedanken ab. Das Blumenbeet ruft nach ihr.
„Guten Morgen, Herr Forsberg!“
Die Wachleute am Eingang der Militärakademie kennen Tim und begrüßen ihn persönlich mit seinem Namen. Die Zeit ist vorbei, in der er ein Gesicht unter vielen gewesen ist, ein namenloser Fähnrich. Seine Bekanntheitskurve ist mit der Varandin-Affäre angestiegen. Aber die Armee hat zahlreiche Helden hervorgebracht. Das ist nichts Besonderes und Ruhm verblasst schnell. Doch sein Outing als Hybrider, später auf der Konferenz, das hat ihn in aller Munde gebracht und im Gedächtnis gehalten.
Das bedeutet aber nicht automatisch, dass ihn jeder hier an der Akademie mit offenen Armen zum Dienst empfangen hat. Seine Akzeptanz hat sich erst nach und nach aufgebaut. Manche sind anfangs argwöhnisch gewesen, andere haben sich ihm interessiert genähert und haben versucht, sich etwas von ihm abzuschauen – etwa wie er an Probleme herangeht. Die Aufdeckung des falschen Oberleutnants Barton auf Varandin, der Rettungseinsatz von Xamios – das sind unauslöschliche Stationen seiner Laufbahn und er hat dort so viel richtig gemacht, dass es gleich für mehrere Karrieren reicht.
Mit der Zeit ist aus dem Besonderen graue Normalität geworden. Er kommt jeden Tag hierher, man erkennt ihn und begegnet ihm mit Respekt, an guten Tagen sogar mit einem Lächeln, gelegentlich aber auch noch mit Angst, dass die Maschine in ihm falsche Entscheidungen trifft und verhängnisvolle Vorgänge auslöst. Insbesondere neue Kameraden verfallen in dieses Muster. Das legt sich jedoch schnell und das Leben geht weiter.
Täglich zum Dienst an die Militärakademie zu gehen mag man für den ganz normalen Alltag halten. Wer sich aber den Blick für das Besondere bewahrt hat, der wird Zeuge eines Phänomens. Denn das, womit sich Tim jeden Tag beschäftigt, wäre vor reichlich 7 Jahren, als die Existenz des ersten Hybriden aufgedeckt worden ist, gänzlich undenkbar gewesen. Sein Schirmherr und Vorgesetzter Major Wolny bläst manchmal die Backen in Ehrfurcht auf und sagt zu Tim: „Ist das nicht Wahnsinn, was inzwischen vorangegangen ist?“
Ja, das ist es. Denn den Fähnrich Forsberg von damals gibt es nicht mehr. Er hat in Windeseile die Fähnrichstufen durchlaufen und bekleidet mittlerweile den Rang eines Leutnants. Seine Verdienste haben ihn wie ein reißender Gebirgsbach dorthin gespült, wo er jetzt ist – die Karriereleiter hinauf.
Und mag noch der eine oder andere einen versteckten Argwohn gegen die Hybriden als durch Elektronik ergänzte Lebewesen hegen oder gegen ihre nahen Verwandten, die reinen Androiden, so wird doch niemand Tims Kompetenz in Frage stellen.
Das ist so, weil er sich am besten mit diesen zwei Gruppen auskennt. Denn er gehört quasi dazu. Und deshalb ist er mit der Einführung dieser „Technik“ in der Truppe betraut worden. „Forsberg, Sie machen das!“, hat der Akademie-Kommandant Wolny gesagt und es bei Oberst Moloko, dem nächsthöheren Chef, durchgepeitscht. „Warum nicht?“, hat der nur gemeint. Seitdem ist diese Beschäftigung Tims täglich Brot oder eben der tägliche Wahnsinn, wie man will.
Das Institut von Professor Ker Kinuk liefert die Vorlage für den neuen militärischen Nachwuchs. Dort ist unter anderem ein wiederholbares Verfahren zum Klonen der Hybriden aus einem reinen Lebewesen und zu ihrer Anreicherung mit Technik entwickelt worden. Tim unterhält exzellente Kontakte dorthin, denn sein früherer Schwarm Jackie Barton hat die aktuell angewendete Methode an der Forschungseinrichtung maßgeblich erdacht und vervollkommnet. So entstehen neue Mischwesen, die sogenannten Cyborginos, aber nicht willkürlich und in beliebiger Menge aus dem Reagenzglas, sondern sie erwachsen aus einer medizinischen Notwendigkeit nach einer schweren, todbringenden Krankheit des „originalen“ Lebewesens. Alles läuft im Geist der Konferenz ab, in der vor 7 Jahren über die „Erlaubnis“ hybriden Lebens beraten und später in einer Kommission entschieden worden ist: Diese Mischformen dürfen nicht aus dem Nichts entstehen. Sie übernehmen den Staffelstab von einem Vorgänger. Und jeder Patient, der gezwungen ist, sein Dasein als Hybride fortzusetzen, darf das nur einmalig tun. Es gibt danach keinen abermaligen Übergang auf einen zweiten oder weiteren Nachfolger.
Die „Produkte“ dieses Prozesses sind „Mischlinge“ so wie Tim, auch wenn der in einem anderen, früheren und geheimen Verfahren mit sehr ähnlichem Ergebnis entstanden ist, von dem man jedoch keine Aufzeichnungen besitzt. Dabei werden Cyborginos keinesfalls speziell für das Militär gezüchtet, mit besonderen Stärken oder einzigartigen Beigaben. Es gibt, technisch gesehen, nur eine Ausführung von ihnen. Und der organische Teil entspringt ohnehin dem Lebewesen, dessen Leben sie eine Fortsetzung bescheren.
Wer hierher in die Kaserne kommt, der tritt als freiwilliger Wehrdienstleistender an. Und wenn er seinen Dienst abgeleistet hat, dann geht er in das zivile Leben über, genauso wie andere Soldaten das nach ihrer aktiven Zeit tun.
Daneben gibt es für junge Erwachsene natürlich auch die Option, anstelle des Kasernentrotts einen Zivildienst abzuleisten – egal, ob sie ein Hybride sind oder nicht. Tim und die Truppen saugen nicht automatisch alles auf, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist.
Es gibt insbesondere Fälle, in denen die medizinische Indikation und die Notwendigkeit, einen normalen Soldaten als Hybriden wiederzuerwecken, nach dem Beginn der militärischen Laufbahn eintritt. Jemand kann schwer erkranken, so wie das Tim damals passiert ist. Weiterhin steckt der Armeealltag voller Gefahren, etwa im Umgang mit Technik und Sprengsätzen. Niemand will eine Kameradin oder einen Kameraden einfach so aufgeben und betrauern. Geschieht ein Unfall oder wird man in ein Gefecht verwickelt und schwer verletzt und es gibt keine andere Rettung, dann setzen diese Soldaten ihr Leben als Hybride fort. Sie haben dafür eine entsprechende Erklärung unterschrieben. Sie ist Teil der Patientenverfügung und ein normaler Vorgang. Viele sind dankbar für diese Option und sagen das Tim auch, der für sie das Gesicht der Hybriden und der Kulminationspunkt dieser neuen Entwicklung ist: „Danke, denn ich habe jetzt Sicherheit, dass es danach mit mir und mit meiner Familie weitergeht!“
Und diese Möglichkeit bringt noch eine weitere Tendenz hervor, die man anfangs gar nicht im Visier gehabt hat: Es gibt wieder mehr Bewerber für die Truppe, weil doch die Gefahren abgefedert werden: Im Falle eines Unglücks oder wenn man im Einsatz schwer verwundet oder getötet wird, besteht die Option zu einem „Reboot“ des eigenen Lebens als Cyborgino. Diese Dynamik hat selbst Jackie und das Kinuk-Institut überrascht. Doch die Armee geht sorgsam mit dem neuen Verhältnis der Kandidaten zum Wagnis um: Sie stellen deswegen niemanden mit erhöhtem Hang zum Risiko ein.
Tim erscheint durch diese Entwicklungen in einem guten Licht. Auch die Hohe Sekretärin Khalin Mehmen hat ihm persönlich zu all den Fortschritten gratuliert. Sie hat mit ihm und seiner Art einmal mehr auf das richtige Pferd gesetzt. Und ihre Freude ist ungetrübt, weil die Segnungen der neuen Technik nicht gleichzeitig zu einem negativen Gegengewicht geführt haben: dass sich Soldaten blindlings in Abenteuer und Himmelfahrtskommandos stürzen.
Daneben gibt es in der Truppe einige CyTronMecs, deren Entwicklung und Anwendung von Jackies Kollegen Tran Bannongshi vorangetrieben werden – ebenfalls für den zivilen und den militärischen Bereich. Sie sind reine Androiden und sind in der Armee für Einsätze in lebensfeindlichen Gebieten vorgesehen – bei extremen Temperaturen oder Strahlung, die die Technik gerade noch so aushält, die ein lebender Organismus jedoch nicht verkraftet. Ja, die CyTronMecs sind robust, doch sie sind nicht um ein Vielfaches stärker als ein herkömmlicher Soldat oder Soldatin oder als ein Cyborgino. Man benötigt eine Ergänzung der um Nachwuchs ringenden Truppe und keine Panzer auf zwei Beinen.
Lebendig oder nicht – die Grenzen zwischen normalen und künstlichen Armeeangehörigen verschwimmen immer mehr und das liegt insbesondere an der Arbeit von Tim. Er hat sich dafür stark gemacht, dass die besonderen Soldaten im Einsatz nach der Ausbildung nicht in speziellen Einheiten zusammengefasst werden. Es soll kein „wir hier“ und „ihr da“ geben. Sie werden vielmehr aufgeteilt, in jede Kompanie ein paar. So können sich die „Normalen“ einen „Besonderen“ oder eine „Besondere“ aus der Nähe ansehen. Einbettung statt Spaltung.
„Ganz am Anfang ihrer Laufbahn sollten sie eine speziell auf sie abgestimmte Ausbildung erfahren“, hat Tim dem Akademie-Kommandanten Wolny vorgeschlagen. „Ich muss ja sehen, ob sie trotz all der medizinischen und technischen Tests vorab überhaupt geeignet sind. Selbst bei den CyTronMecs reißt es nicht die Programmierung allein aus. Sie kommen nicht ‚fertig‘ hier bei uns an.“
„Jedes Exemplar soll diese Grundausbildung durchlaufen?“, hat der Major gefragt.
„Jedes Individuum“, hat ihn Tim korrigiert.
„Natürlich“, hat Wolny eilig eingelenkt, da ihm bewusst ist, dass der frischgebackene Leutnant seine Schützlinge nicht als Produkte oder Maschinen verstanden wissen will.
Das von Tim vorgeschlagene Prinzip der Dezentralisierung wird jetzt schon eine Weile so gelebt. Er zieht die „künstlichen“ Neuankömmlinge an dieser Akademie für wenige Wochen bei sich zusammen. Wenn das gut läuft, dann werden sie in Ausbildungsgruppen mit den „Normalen“ eingegliedert. Tim sieht das als natürlichen Vorgang und betont stets, dass der Kontrast zwischen einem Menschen und einem Hybriden nicht größer ist als zum Beispiel zwischen einem Rembosianer und einem Menschen. Hier in der Akademie werden ja nicht nur Erdlinge ausgebildet. Die Gemeinschaft als die mächtige Allianz befreundeter Planeten trachtet nach dem Zusammenhalt ihrer Teile auf allen Ebenen. Unterschiede zwischen Planeten, Rassen oder Differenzen technischer Natur sind zu überwinden – so lautet die Devise.
„Moment mal“, hat Oberst Moloko anfangs eingewandt, „wenn dann all diese frischen Rekruten nach abgeschlossener Ausbildung in die Truppe ausschwärmen – das geht mir etwas zu schnell.“ Er hat Tim und Wolny antanzen und ihr Konzept verteidigen lassen. „Das sind bestehende Einheiten, mit jungen und älteren Soldaten. Die lassen sich nicht einfach alles so diktieren, wie Sie beiden das gerne möchten!“
Tim hat geantwortet, dass er mit Elan daran arbeiten will, dass ein neuer Cyborgino oder ein neuer CyTronMec nicht als eine Abweichung von der Norm gesehen werden, sondern genauso als eine Verstärkung einer militärischen Einheit wie ein junger Soldat. „Beide müssen lernen. Und die andere Seite, die bestehende Truppe, muss das ebenfalls.“
Wolny ist Herr der Situation im sich anbahnenden Disput geblieben. „Natürlich wird das begleitet werden, nicht wahr?“ Damit hat er Tim angesehen.
„Selbstverständlich“, hat Leutnant Forsberg versichert. Er hat reflexartig seine Zuversicht aufblitzen lassen, noch während er nachgedacht hat. „Ich werde persönlich Besuche in der Truppe machen und mir das ansehen“, ist ihm zum Glück schnell eine Option für die konkrete Umsetzung des Vorhabens eingefallen.
Wolny hat ihm einen dankbaren Blick zurückgeschickt.
Tim erinnert sich, dass er damals eine kurze Besorgnis heruntergeschluckt hat. Zu jener Zeit war er noch nicht so lange mit Jaclyn zusammengezogen und hatte sich gerade in dem neuen Haus in der Siedlung mit der angenehm luftigen Bebauung eingerichtet. Ein weiteres Nomadenleben mit einem Auftrag hier und einem Spezialkommando dort hat da nicht ins Bild gepasst. „Aber natürlich“, hat Tim daher nachgeschoben, „wird es nicht ausreichen, wenn ein einzelner Hybride so wie ich durch die Truppenteile tingelt. Andere Offiziere sollten mich da unterstützen. Sie sind keine Hybriden oder Androiden und so bekommen wir eine unvoreingenommene und repräsentative Meinung. Sicher wird es dafür Kontingente an der Akademie geben, nicht wahr?“, hat Tim gesagt und dabei auf Wolny geschielt.
Der hat gelächelt, zunächst bitter, danach einfühlsam und hat schließlich geantwortet: „Selbstverständlich.“
„Dann sind wir uns einig!“, hat Moloko das Gespräch geschlossen und den Beginn eines Erfolges eingeläutet.
Seitdem funktioniert das so. Tim bildet aus, sortiert vor. Das beinhaltet, dass er den einen oder anderen Hybriden davon überzeugen muss, dass der militärische Weg doch nicht die rechte Laufbahn für ihn oder sie ist. Das ist bei „normalen“ Militäranwärtern genauso und in der Tat sind die Statistiken ähnlich, erkennt Tim schon nach wenigen Jahren.
Bei den CyTronMecs passiert das ebenfalls, wenn auch nicht so häufig. Aber immer, sobald Tran Bannongshi mal wieder etwas am Betriebssystem oder an den Hardware-Spezifikationen feilt, gibt es „Ausfälle“. Manches kann man mit Updates beheben und die künstlichen Kameraden gliedern sich trotzdem in die Truppe ein. Manchmal bedarf es aber einer Umleitung in eine zivile Zweckbestimmung. Tim legt Wert darauf, dass deswegen niemand auseinandergebaut wird. Er betrachtet die Androiden als ein ähnliches Individuum wie sich selbst.
Seine Tochter Miriam erinnert ihn daran, wenn sie ihm mal wieder die Hand auf die Stirn legt, um zu schauen, dass er nicht überhitzt.
Tim hat ordentlich zu tun, denn vieles läuft in seinem beruflichen Alltag zwar glatt, aber eben auch nicht alles. Dann muss er Komplikationen aus der Welt schaffen, Streit schlichten oder manchmal „Reparaturen“ auf den Weg bringen – wenn die Technik seiner Schützlinge nicht so will, wie sie soll. Da geht es nicht um Zeit, sondern um „Problem gelöst“ oder „Problem macht weiter Probleme“. Dadurch kommt er öfter später als geplant nach Hause. Jaclyn missfällt das, gibt sie doch alles, um trotz ihres anspruchsvollen Jobs am Kinuk-Institut, wo sie gemeinsam mit ihrem „Original“ Jackie an der Vervollkommnung der Cyborginos zusammenarbeitet, Familie und berufliche Tätigkeit unter einen Hut zu bringen.
Zum Glück ist Tims Vater Niklas in die Nähe gezogen. Er bügelt so manchen verpassten Absprung seines Sohnes in den Dienstschluss aus und füllt für Miriam die Lücke zwischen der Kita und dem Abend. Sie vertraut ihm. Aber trotzdem kann sie nicht schlafen, bis nicht beide Eltern zu Hause sind. Erst dann ist sie versichert, dass alles in Ordnung ist. Und ihr zwischenzeitlicher Beschützer Opa Niklas wird in den eigenen Feierabend entlassen.
Tim sieht schon ein, dass seine unstete Anwesenheit zu Hause ein Problem ist. Immerhin hat er die Reisen zur Inspektion der Truppe auf ein Minimum gedrückt. Wolny hat sich nicht lumpen lassen und lässt auch andere Offiziere ausschwärmen. Sie fühlen den Puls der Kompanien, in denen Hybride und CyTronMecs integriert sind. Sie schauen, ob das Zusammenspiel funktioniert, und kehren meist mit positiven Berichten zurück: keine Grüppchenbildung, kein Riss durch die Einheit, man zieht am gleichen Strang – sowohl im normalen Dienst als auch in angespannten Situationen. Man vertraut sich. Man weiß die Stärken des Anderen zu schätzen und man lernt, mit den Defiziten umzugehen.
Wolny und Moloko sehen das und sind zufrieden. Die Gegner der Aufnahme von Hybriden und Androiden in die Gesellschaft und in das Militär sind durch die positiven Ergebnisse der Entwicklung in der Defensive. Doch Tim ist bewusst, dass das eine trügerische Ruhe ist. Man muss täglich daran arbeiten, dass sie hält.
Besonders stolz ist Tim darauf, dass man Tendenzen zu Roboterarmeen umschifft hat. Es spielt ihm in die Karten, dass die Höchstzahl von CyTronMecs in der Truppe per Vertrag geregelt ist – so bleibt das Kräftegleichgewicht insgesamt erhalten.
Doch auch darüber hinaus hat das Thema seine Tücken. So konnte beispielsweise die Konzentration von CyTronMecs in Himmelfahrtskommandos verhindert werden.
Tims guter Stand beim Major und beim Oberst hat hier enorm geholfen. In der Vergangenheit sind durchaus Stimmen laut geworden, die eine konsequente Nutzung des Potenzials der neuartigen Technik gefordert haben: dickere Servo-Motoren für die CyTronMecs, den Einbau von Gen-Manipulationen bei Hybriden. Eine „neue Qualität“ ist als Ergebnis-Überschrift postuliert worden, gezielt hat man aber auf eine eigene Überlegenheit. Es hat große Mühen gekostet, das abzuwehren und den gesellschaftlichen Konsens nicht mit überzogenen Forderungen nach der Züchtung von Kriegshelden ins Wanken zu bringen. Tim atmet heute noch durch, sobald er an die Debatte zurückdenkt.
Neben den großen Problemen kommen täglich außerdem „kleine“ Fragen auf – unerwartete und solche, auf die man von allein gekommen wäre, wenn man vorher systematisch nachgedacht hätte. Tim muss sie nicht alle im Alleingang aus der Welt schaffen. Aber irgendwie hängt er immer mit drin und irgendeiner aus der Politik oder der Kommune fragt nach ihm. „Wir haben einen verstorbenen Hybriden hier“, heißt es zum Beispiel. „Können wir den einfach beerdigen?“ Nein, das kann man nicht, wie inzwischen bekannt ist. Erst ist das elektronische Innenleben zu entnehmen und dem Recycling zuführen. Das gebieten die Vernunft und der Datenschutz und es ist außerdem ein Zugeständnis an die Gegner der Technik, die schon Friedhöfe als neuen Quell der Umweltbelastung identifiziert haben. Das ist ein berechtigter Einwand. Immerhin darf die organische sterbliche Hülle des Hybriden im Grab vermodern. Welche Gnade.
Tims Mitwirkung ist in tausend Problemstellungen dieser Art gefragt. Neben der Beantwortung von Fragen oder Aufforderungen wie „Wir sind für einen Vorschlag dankbar!“, darf er Konzepte absegnen oder wird gelegentlich befragt, wenn ein Streit aufflammt – und sei es zwischen Nachbarn oder sogar von Hybriden untereinander. Manchmal klopft zudem die Presse bei ihm an, ob er eine Stellungnahme zu diesem oder jenem Vorgang hat, der mit „seinesgleichen“ zu tun hat. Er ist ein gefragter Mann, was oft eine Belastung darstellt. Aber zuvorderst sieht er sich in der Verpflichtung, seine „Art“ voranzubringen und aus dem grellen Licht des Besonderen heraus in die wohltuende Kühle der Abwesenheit von argwöhnischer Betrachtung zu bugsieren. Er steht für das Neue, ist der Repräsentant, der Prototyp, ist das Antlitz, in das man in den Medien blickt, sobald es um die Hybriden oder Androiden geht. Es ist die Art Bekanntheit, die jemand hat, wenn er oder sie Forscher ist und ein Verfahren nach einem benannt wird. Man ist ein Held mit einem Aufkleber und der eigene Erfolg ist untrennbar mit dem Funktionieren des eigenen Werkes verbunden. Und das hat man nicht immer in der Hand.
Doch bei aller Belastung, allem Zwist beim üblichen täglichen Wahnsinn ist das Stimmungsbild: Insgesamt läuft die Sache. Katastrophen, schlimmere Defekte, Fehlschläge, Kämpfe sind ausgeblieben. „Mensch Forsberg, Sie können stolz sein!“, hat Wolny gerade gestern wieder zu ihm gesagt. Ja, im großen Bild scheint die Sonne warm, auch wenn es hier und da einen kleinen Schatten gibt: in Tims Verhältnis zu Jaclyn und sobald er die unterschwellige Angst der Tochter spürt. Aber er hat eine Familie, er hat etwas erreicht und von hier aus können er und die Seinen sich weiter verbessern, scharfe Kanten abfeilen und dafür sorgen, dass alles noch runder läuft, als es das zurzeit tut. Das ist sein Ziel und er kommt jeden Tag ein Stück voran.
Weit entfernt von Tim und seinem kleinen Glück findet eine Unterhaltung statt. Zwei Männer sitzen auf einer Veranda und blicken in die üppige Vegetation. Angenehm ist es hier und nicht so überlaufen. Es ist schon erstaunlich, dass nicht bereits mehr Leute diesen Planeten entdeckt haben und dass ein Ansturm von Touristen bislang ausgeblieben ist.
„Das Heer dieser Hybriden und Androiden wird immer größer und die Presse gibt ihnen förmlich einen Zungenkuss“, sagt der eine. Er ist ein Mann vorgerückten Alters und er pflegt einen erhobenen Habitus. Sein Selbstvertrauen ist intakt. Es speist sich aus den vielen erfolgreichen Aktionen, die er initiiert hat. Und er ist sich seiner Wirkung auf andere bewusst. Wenn er etwas ausspricht, und sei es die grobschlächtigste Anfeindung, dann verpackt er sie in so viel Charisma, dass sie verfängt. Trotzdem ist er in Sorge. „Jeder scheint sich damit abgefunden zu haben, dass sein Nachbar eine künstliche Lebensform sein kann. Sie nehmen das einfach so hin.“ Er schaut in sein Weinglas, dessen tiefroter Inhalt edel im Tageslicht schimmert. In seinen Augen ist zu lesen, dass er als einziger auf der ganzen Welt diesen Tropfen verdient hat.
Dann stellt er das Glas kurz auf dem Tisch ab. Sein Blick fokussiert sich auf seinen Gesprächspartner. „Und uns laufen gleichzeitig die Mitstreiter und die Sympathisanten weg. So als ob wir nicht mehr gebraucht werden.“ Er schlägt mit seiner Faust auf das Möbelstück. „Wir nehmen das nicht einfach so hin. Wir müssen etwas tun!“
Der stattliche Bursche neben ihm nickt betont. Trotz seiner Größe verharrt er in gebückter Haltung und schaut zum Chef auf. „Ja, das müssen wir“, sekundiert er.
Der Ältere nippt nach der kurzen Anspannung wieder an seinem Glas. „Es muss ein bekanntes Gesicht treffen“, sinniert er. „Nehmen wir diesen Forsberg, der steht mir zu sehr in der Sonne. Überall im Militär verstreut er seine Brüder und Schwestern. Und jeder lobt ihn dafür, berichten unsere Kontakte. Dabei sind all diese künstlichen oder halbkünstlichen Soldaten nur wie die Metastasen eines Krebsgeschwürs, das in die Gesellschaft hinein wuchert. Und überhaupt! Er und seine Familie und dieses Gör, das sie gemeinsam großziehen, und von dem man schon in den Boulevardblättern lesen kann – das ist mir zu viel heile Welt.“
Der andere nickt wieder, sagt aber nichts. Sein Blick wandert zum Glas des Chefs. Er verspürt Appetit auf das Getränk, doch der wird nicht gestillt. Der Alte hält ihn am ausgestreckten Arm auf Abstand, was seine Ergebenheit nur noch mehr anfeuert.
„In diesen ganzen Harmoniebrei gehört ein Wermutstropfen, meinen Sie nicht auch?“, fragt der Chef.
„Absolut“, bekräftigt der Untertan.
Der Alte hat ihn jetzt dort, wo er ihn haben will. Nun noch eine Prise Anerkennung: „Ihr Zusammenspiel mit diesem Krell in einer unserer Sternstunden – der Entführung der Roboter aus dem Kinuk-Institut – ist vorzüglich gewesen. Das habe ich nicht vergessen, auch wenn es schon eine ganze Weile zurückliegt.“
Die Körperhaltung des Lakaien strafft sich.
„Es muss doch eine Möglichkeit geben, die Technik gegen diese künstlichen Bürger auszuspielen.“
Der Held der Entführung sieht eine neue Gelegenheit auf sich zukommen, bei der er glänzen kann. „Ja, ich werde mir was überlegen. Sie werden zufrieden sein.“
„Sehr gut, dann unternehmen Sie etwas.“
Die Gedanken rattern bereits. Der frischgebackene Ausführende will schon aufstehen, um ans Werk zu gehen.
Der Alte hält ihn mit einer Armbewegung zurück. „Und erledigen Sie die Sache mit diesem Spitzel Nu gleich mit. Wir brauchen ihn nicht mehr. Er ist nur ein Risiko.“
„Geht klar.“
Der Sommer ist dem Herbst gewichen. Der Wind zupft das Laub von den Bäumen und treibt es vor sich her, auch in Jaclyn und Tims Vorgarten. Miriam ist gerne draußen und das ändert sich auch in dieser Jahreszeit nicht. „Schau, Opa, ein rotes Blatt!“, präsentiert sie ihre Trophäe, die sie der Brise abgejagt hat. Niklas Forsberg applaudiert und versucht vergeblich Schritt zu halten. Dieser kleine Wildfang ist einfach zu flink. Es wird Zeit, dass sie in die Schule kommt. Sie hat einen so großen Vorrat an Energie.
Heute hat ein Erzieher in der Kita wegen Krankheit gefehlt und so hat er Miriam früher abgeholt. Auf diese Art haben sie genug Zeit zum Spielen und nicht immer nur ein kurzes Intermezzo zwischen Kindertagesstätten-Schluss und Heimkehr der Eltern und Abendessen. Der Herbst will erobert werden! Und das gelingt am besten tagsüber.
Miriam läuft von einem Baum zum nächsten und findet immer mehr Blätter. Hat sie genug aufgesammelt, dann wirft sie sie in die Luft. „Schau, Opa, bunt wie ein Feuerwerk!“, schwelgt sie in den Farben.
Niklas beschränkt seine Anstrengungen darauf, sie von der Straße fernzuhalten. Hier kommt zwar selten jemand vorbei, aber sicher ist sicher. Sein Sohn Tim würde ihm etwas husten, wenn das Kind in der Großvater-Obhut in Gefahr geriete.
Wieder hat Miriam eine Handvoll Blätter komplettiert und wirbelt sie nach oben. Der Wind hilft ihr dabei. Schnell stieben sie auseinander. Das Mädchen kann sich nicht daran sattsehen.
Doch plötzlich hält sie inne. Anstatt die nächste Fuhre Laub zu sammeln, bleibt ihr Blick am Himmel hängen. Das ist die goldene Gelegenheit für den Opa, um aufzuholen. Miriam steht ja schon beinahe im Nachbargrundstück. Sie zeigt nach oben. „Was ist das?“
Niklas schaut in die tief hängenden Wolken. Die von der herbstlichen Brise zerzausten Bäume nehmen ihm die Sicht. Er orientiert sich am ausgestreckten Arm des Mädchens, der die Richtung vorgibt.
In das Rauschen des Windes mischt sich ein kaum wahrnehmbares Surren. Das verleiht Niklas‘ Blick das letzte fehlende Quäntchen Präzision und so finden seine Augen das Ziel.
„Das ist eine Drohne“, gibt er dem unbekannten Flugobjekt einen Namen.
„Eine Tonne?“ Der Wind hat die Worte während der Übermittlung verzerrt.
„Nein, die sind zu schwer und können nicht fliegen“, erklärt er. „Schau, da drüben, unter der Dachrinne, das ist eine Tonne, für Regenwasser.“
„Aha“, sagt Miriam kurz und schon hängen ihre Augen wieder am Himmel.
„Das da ist eine Drohne, ein kleines Fluggerät. Schau mal, das hat es heute bei dem Wetter schwer“, erklärt Niklas und ahmt mit seiner Hand die wacklige Bewegung des Flugkörpers über ihnen nach.
„Ist das sowas wie ein Drachen? Einer aus Papier oder Plastik für den Herbst?“
„Ja, in der Art.“
„Papa sagt immer, dass ich hier keinen Drachen steigen lassen darf wegen der vielen Bäume.“
„Da hat er recht!“, bestätigt der Opa. Welcher Vater fällt schon seinem Sohn in den Rücken? „Wäre doch auch schade um den schönen Drachen!“
„Aber warum darf dann diese Drohne hier fliegen?“
Da ist der allwissende Großvater überfragt. „Wer weiß, vielleicht vermessen sie etwas. Oder sie suchen jemanden.“
„Schau mal, der Drohnen-Drachen ist ganz nah!“, ruft Miriam.
Tatsächlich hat sich inzwischen die Flughöhe vermindert. Der Mini-Helikopter tanzt jetzt knapp oberhalb der Baumwipfel im Wind.
Niklas ängstigt sich, dass die Automatik des Geräts oder der Steuermann oder wer auch immer dieses Ding entsendet hat, ein zu hohes Risiko eingeht. Am Ende verhakt sich eines der Rotorblätter noch im Baum und das Teil fällt ihnen auf den Kopf. Deshalb tritt er von hinten an Miriam heran und legt ihr beschützend die Hände auf die Schultern. So kann er sie unter sich verstecken, falls das notwendig wird.
Doch ein Geräusch aus der Richtung des Hauses der Familie lässt ihre Köpfe herumfliegen. Dort geht plötzlich eine Dachluke auf. Niklas hat sich schon immer gewundert, wozu die gut ist. Jetzt kann er es mit eigenen Augen ansehen. Unter das Geheule des Windes mischt sich ein zweites Surren. Eine weitere Drohne startet aus der Luke, richtet ihre Kamera aus und gewinnt rasch an Höhe.
„Schau, Opa, noch ein Drachen!“, jubiliert Miriam. „Von dem haben mir Mama und Papa gar nichts erzählt!“
„Aha“, sagt Niklas nur, der den Hausdrachen ebenfalls erst jetzt kennenlernt und vorsichtshalber das Kind Schritt für Schritt hin zum Haus zieht.
Die Äste der Bäume fuchteln im Wind. Es sieht gerade so aus, als ob sie nach der neuen Drohne greifen. Doch sie manövriert sich dank ihres elektronischen Auges unbeschadet nach oben – hin in Richtung des Eindringlings. Der ergreift die Flucht und sie verlieren ihn bald aus dem Blick.
Der Hausdrache schwebt zurück in die Dachluke und diese schließt sich. Man hört nur noch den Wind.
„Wir gehen jetzt lieber rein“, befiehlt Niklas.