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Andrew Wommack
Die Macht deiner Vorstellungskraft

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Bibelzitate, sofern nicht anders angegeben, wurden der Schlachter Bibelübersetzung entnommen. Bibeltext der Schlachter, © 2000 Genfer Bibelgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Alle Bibelübersetzungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Verlage verwendet. Hervorhebungen einzelner Wörter oder Passagen innerhalb von Bibelzitaten wurden vom Autor vorgenommen.

ELBRevidierte Elberfelder Bibel, © 2006 SCM R.Brockhaus, Witten.
Einheitsübersetzung, © 1980 Kath. Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.
GNBGute Nachricht Bibel, © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
KJVKing James Version.
LUTLutherbibel, revidiert © 1984 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
NLBNeues Leben Bibel, © 2017 SCM R.Brockhaus, Witten.
NLTNew Living Translation, © 1996 Tyndale House Foundation, Carol Stream.

Umschlaggestaltung: Harrison House Publishers

1. Auflage 2022

© 2021 Grace today Verlag, Schotten

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.

www.gracetoday.de

INHALT

Einführung

KAPITEL 1Was ist Vorstellungskraft

KAPITEL 2Das fehlende Glied

KAPITEL 3Fokussierung

KAPITEL 4Entwickle ein Bild

KAPITEL 5Nicht bloß Theorie

KAPITEL 6Dein geistlicher Schoß

KAPITEL 7Die Versuchung überwinden

KAPITEL 8Ein Leben oberhalb der Norm

KAPITEL 9Das Schlachtfeld

KAPITEL 10Erinnere dich

KAPITEL 11Wer immer gewinnt, kann nicht verlieren!

KAPITEL 12Eine Ewigkeitsperspektive

KAPITEL 13Aktiver Glaube

KAPITEL 14Setze deinen Glauben ein

KAPITEL 15Erste Schritte: Hören und Nachsinnen

KAPITEL 16Die Macht der Hoffnung

KAPITEL 17Partner des Glaubens

KAPITEL 18Hoffnung entsteht aus unserer Gottesbeziehung

KAPITEL 19Perspektive

KAPITEL 20Der Empfängnisprozess

KAPITEL 21Wie man Sünde im Keim erstickt

KAPITEL 22Sprich in deine Zukunft hinein

Empfange Jesus als deinen Retter

Empfange den Heiligen Geist

EINFÜHRUNG

Die Vorstellungskraft ist der Dynamo, die Kraftquelle des Lebens. Leider verstehen die meisten Leute nicht, wie wichtig sie ist. Sie erkennen nicht, dass Gott die Vorstellungskraft zum festen Bestandteil von uns Menschen gemacht hat. In Psalm 103,14 heißt es:

Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er denkt daran, dass wir Staub sind.

Dasselbe hebräische Wort, das in diesem Vers mit »Gebilde« übersetzt wurde, wird im Alten Testament fünfmal mit »Vorstellung« oder »Vorstellungskraft« übersetzt (1Mo 6,5; 8,21; 5Mo 31,21; 1Chr 28,9 und 29,18). Unsere Vorstellungskraft bildet den Rahmen oder das Rückgrat unseres Daseins. Sie ist das Tor zu unserem Potential und beeinflusst unsere Sicht auf das Leben (Spr 23,7). Aber die Menschen verweisen die Vorstellungskraft ins Reich der kindlichen Fantasie. Sie unterschätzen deren Einfluss auf ihr Leben und versuchen, von Gott zu empfangen, ohne vorher ihre Vorstellungskraft zu aktivieren.

Als Jamie und ich unseren Dienst antraten, gab uns der Herr eine Vision. Wir würden scharenweise Menschen erreichen – das Leben von Vielen auf der ganzen Welt würde berührt werden. Und obwohl wir wussten, dass dies Gottes Wille für unser Leben war, gab es kaum Anzeichen für ein Zustandekommen. Die Menschen blieben unseren Versammlungen zu Tausenden fern. Wir kämpften darum, Fuß zu fassen. Es war frustrierend. Dann, im Jahr 2002, sprach der Herr zu mir aus Psalm 78 und sagte mir, dass ich ihn durch mein begrenztes Denken einschränke. Denn obwohl ich Gottes Willen für mein Leben kannte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es mir gelingen würde, ihn zu erfüllen. Ich konnte mir nicht vorstellen, vor Tausenden von Menschen zu stehen oder Millionen Zuschauer über das Fernsehen zu erreichen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man meinen Namen in einem Atemzug mit anderen Bibellehrern nennen würde, die Großes in der Welt bewirkt hatten. Und weil ich es mit meinem inneren Auge nicht sehen konnte, geschah auch nichts von alldem. Der Herr zeigte mir, dass ich meine Denkweise ändern musste, um seinen Willen für mein Leben erfüllen zu können. Ich musste anfangen, meine Vorstellungskraft zu nutzen.

Deine Vorstellungskraft ist geistlich gesehen wie ein Mutterleib. Sie ist deine schöpferische Mitte. In 1. Mose 11 wird über den Turmbau zu Babel berichtet. Als die Bevölkerung zu jener Zeit anwuchs und sich auf der Erde auszubreiten begann, versammelten sich die Menschen in den Ebenen von Babylon. Dort schmiedeten sie einen Plan, wie sie sich einen Namen machen (1Mo 11,4) und den Himmel erreichen könnten.

Da kam der Herr vom Himmel herab, um die Stadt und den Turm anzusehen, die sie bauten. Als er alles gesehen hatte, sagte er: »Wohin wird das noch führen? Sie sind ein einziges Volk und sprechen alle dieselbe Sprache. Wenn sie diesen Bau vollenden, wird ihnen nichts mehr unmöglich sein. Sie werden alles ausführen, was ihnen in den Sinn kommt.« — 1. Mose 11,5  6 GNB

Wie erstaunlich! Die Vorstellungskraft dieses unerneuerten Volkes bedrohte Gottes Plan für die Menschheit so massiv, dass er ihnen einen Stolperstein in den Weg legen musste, indem er ihre gemeinsame Sprache in viele verschiedene aufspaltete. So konnte er sie bremsen und seinem Plan Zeit zur Entfaltung verhelfen. Gott sah in ihrer Vorstellungskraft eine Bedrohung seines Plans für die Menschheit. Wow!

Die Vorstellungskraft ist in ihrer Wirkung sehr mächtig. Sie ist der erste Schritt zum Handeln. Wenn man sich etwas vorstellen kann, dann kann man es auch tun. Doch viele Christen verstehen das nicht. Überall auf der Welt beten Gläubige um Heilung, ohne sie je zu erfahren. Sie beten um Wohlstand, aber sie erhalten ihn nicht. Und warum? Weil sie nicht wissen, wie man die gottgegebene positive Vorstellungskraft richtig nutzt. Sie sehen sich nicht geheilt. Sie sehen sich nicht erfolgreich.

Wenn du Gottes Willen für dein Leben verwirklicht sehen möchtest, wenn du dein volles Potential ausschöpfen willst, musst du sowohl die Macht deiner Vorstellungskraft verstehen als auch, wie man sie richtig gebraucht.

KAPITEL 1

Was ist Vorstellungskraft?

Laut dem Houghton Mifflin American Heritage Electronic Dictionary (HMAHED) ist mit Vorstellung bzw. Vorstellungskraft »der Prozess oder die Fähigkeit, sich ein geistiges Bild von etwas zu machen, das nicht real bzw. vorhanden ist«, gemeint. Viele Menschen verwechseln Vorstellungskraft mit Vision. Eine Vision ist jedoch »ein geistiges Bild, das durch die Vorstellungskraft erzeugt wird« (HMAHED). Ohne Vorstellungskraft kann man keine Vision haben. Und obwohl diese Wörter manchmal synonym verwendet werden, möchte ich mich hier ganz auf die Vorstellungskraft konzentrieren – die Fähigkeit zu sehen, was nicht vorhanden ist.

Die meisten Erwachsenen assoziieren Vorstellungskraft mit Kindlichkeit. Man hat ihnen beigebracht, die Nutzung der Vorstellungskraft oder den Glauben an nicht Sichtbares als Fantasterei abzutun. Dasselbe Wörterbuch bezeichnet Fantasie als »Illusion« oder »Einbildung«, als »launenhafte Vorstellung« oder »Tagtraum«. Schau dir nur mal die Definition des Wortes Einbildung an: »eine falsche Überzeugung, die trotz entkräftender Beweise aufrechterhalten wird«. Fantasie ist nicht real. Sie stützt sich nicht auf bestätigende Beweise. Aber Vorstellungskraft ist real.

Vorstellungskraft ist die Fähigkeit, mit dem Geist das zu sehen, was man mit den Augen nicht sehen kann. Wenn ich dich fragen würde, wie viele Fenster es in deinem Elternhaus gab, wette ich, du wüsstest es, obwohl du sie wahrscheinlich nie gezählt hast. Dank deiner Vorstellungskraft kann dein geistiges Auge das Haus deiner Kindheit nachbilden und dich Raum für Raum hindurchführen.

Ob es dir bewusst ist oder nicht, du nutzt deine Vorstellungskraft tagtäglich. Du nutzt sie, um dich daran zu erinnern, wo du dein Auto geparkt hast, oder um jemandem eine Wegbeschreibung zu geben. Ohne Vorstellungskraft könntest du nicht leben. Wenn ich dir das Wort Hund nennen würde, dann würdest du dir nicht die Buchstaben H-U-N-D in deinem Kopf vorstellen. Stattdessen hättest du das Bild eines Hundes vor Augen. Wenn du einen kleinen weißen Hund besäßest, wäre es wahrscheinlich sein Bild, das dir in den Sinn käme. Aber ich könnte dieses Bild mit meinen Worten verändern. Würde ich nämlich »großer schwarzer Hund« sagen, hättest du sofort ein anderes Bild im Kopf.

Die Vorstellungskraft hilft dir zu »sehen«, was nicht sichtbar ist. Sie schafft die Bilder in deinem Kopf, die dich beim Merken, Erinnern, Lesen und Planen unterstützen. Aber deine Vorstellungskraft kann nur mit den Informationen arbeiten, die du ihr zuführst – seien es gute oder schlechte, korrekte oder falsche (Lk 6,45). Wenn du deinen Kopf mit dem Müll dieser Welt füllst, wird deine Vorstellungskraft auch nichts anderes produzieren. Wenn du hingegen dein Denken erneuerst, indem du es auf biblische Wahrheit ausrichtest, wird deine Vorstellungskraft dir helfen, von Gott zu empfangen (Röm 12,2).

Wenn ich den Platz hätte, könnte ich fast alle Hauptfiguren der Bibel aufzählen und zeigen, wie jede von ihnen ihre Vorstellungskraft nutzte, um von Gott zu empfangen. Als der Herr im ersten Buch Mose zu Abram sprach (bevor sein Name in Abraham geändert wurde), sagte Gott ihm, er solle das Haus seines Vaters verlassen und in ein Land gehen, das er später erben würde (1Mo 12,1). Abram konnte das Land, von dem Gott sprach, nicht sehen; er wusste nicht aus Erfahrung, dass es ein gutes Land sein würde. Soweit wir wissen, war er noch nie weiter als bis nach Haran gereist (1Mo 11,31). Warum also verließ Abram alles, was ihm vertraut war? Ich glaube, weil die Worte des Herrn seine Vorstellungskraft anregten.

Abrams Vorstellungskraft war ausschlaggebend für seine Fähigkeit, von Gott zu empfangen – und so zu Abraham zu werden. Das Gleiche gilt für dich. Du kannst Gottes Willen für dein Leben nicht einfach per Zufall erfüllen. Vor einiger Zeit erhielt ich eine E-Mail von einer Frau, die an einem unserer Bibelschulcampusse arbeitet. Sie pries den Herrn, dankte mir und sagte: »Ich wurde für das, was ich hier tue, geschaffen. Das ist genau der Platz, an dem Gott mich haben will.« Traurigerweise können die meisten Menschen das nicht von sich sagen. Sie wissen nicht, was Gott für ihr Leben will. Sie haben keine Vision, kein geistiges Bild von ihrer Zukunft. Sie sind wie Wasser, das einfach mit der Strömung treibt, die den Weg des geringsten Widerstandes geht. Aber jeder beliebige Fisch, selbst ein toter, kann stromabwärts schwimmen.

Als der Herr mit Abram redete und ihm sagte, er solle aufbrechen, wusste Abram nicht, wohin er gehen würde. Er wusste nicht, wie das Leben außerhalb von Haran aussehen würde, aber er machte sich trotzdem auf den Weg. Abram hatte eine Vision von einem besseren Erbe als das, was Ur oder Haran ihm bieten konnten, und als er seine Aufmerksamkeit auf den Herrn richtete, begann Abrams Vorstellungskraft zu arbeiten. Abraham sah sich das Land beim Durchwandern in Besitz nehmen. Er sah seine Nachkommen dort leben. Seine Vorstellungskraft brachte eine Vision hervor, die immer deutlicher wurde, je weiter er sich von Ur entfernte.

Ich glaube, das ist der Grund, warum der Herr Abraham die Verheißung gab, dass seine Nachkommen so zahlreich sein würden wie der »Staub der Erde« (1Mo 13,16) und »die Sterne« (1Mo 15,5). Jeden Tag hatte Abraham Staub an den Füßen, und jede Nacht betrachtete er die Sterne. Diese Dinge hielten ihm die Verheißung Gottes ständig vor Augen und beflügelten seine Vorstellungskraft.

Abrahams Vision war wie eine Wegbeschreibung für sein Leben. Überleg mal. Wenn du von Colorado nach New York reisen würdest, bräuchtest du eine Straßenkarte – etwas, das dir eine Vorstellung oder ein Bild davon gäbe, in welche Richtung es geht. Ohne eine solche Karte wäre eine Straße so gut wie jede andere. Aber nicht jede beliebige Straße bringt dich dorthin, wo du im Leben hinwillst.

Die meisten Christen haben keine klare Vision für ihr Leben. Sie können den Willen Gottes nicht erkennen. Anstatt sich aber an den Herrn zu wenden und wie Abraham ihre Vorstellungskraft zum Einsatz zu bringen, lassen sie sich von den Umständen des Lebens einfach herumschubsen. Sie verlassen eine gute Gemeinde und das Unterstützungssystem von Freunden und Familie, um für eine Gehaltserhöhung von hundert Dollar quer durchs Land zu ziehen. Sie geben Tausende von Dollar für Medikamente aus, die ihnen helfen, mit Krankheit und Unwohlsein fertigzuwerden. Sie nehmen eine Hypothek auf ihre Zukunft auf, um Boote zu kaufen, die sie nicht benutzen werden, und zusätzliche Fernseher, die sie nicht brauchen. Sie geben sich mit weniger als dem Besten zufrieden, was Gott zu bieten hat.

In Sprüche 29,18 (KJV) heißt es: »Wo keine Vision ist, geht das Volk zugrunde.« Die Vision oder das Bild, das in deiner Vorstellung entsteht, gibt dir Hoffnung für die Zukunft. Ohne sie wirst du Gottes Plan für dein Leben nie erfüllen können. Die Umstände werden dich vom Weg abbringen, Schwierigkeiten dich aus der Bahn werfen, und am Ende gibst du auf. In den fünfzig Jahren, seit Gott Jamie und mich in den Dienst berufen hat, gab es für uns viele Gelegenheiten, aufzugeben. Wir mussten mit Armut und Verleumdung fertigwerden, mussten verlorene Beziehungen verschmerzen, aber die Vision ließ uns trotzdem weitermachen. Als ich bespuckt und mit vorgehaltener Waffe bedroht wurde, als man mich belogen hat, als man den Dienst eine Sekte nannte, wäre es ein Leichtes gewesen, zu sagen: »Das ist die Mühe nicht wert.« Stattdessen habe ich mich von meiner Vision motivieren lassen. Ich ermutigte mich selbst, indem ich mich auf das konzentrierte, was Gott mir aufgetragen hatte, und das zahlt sich heute aus!

Die Vision einer Person gibt ihr Halt, wenn alles um sie herum ihr entgegenzustehen scheint.

Hast du eine Vision – ein hoffnungsvolles Bild von der Zukunft? Stimmt dieses Bild mit Gottes Bild für dich überein? Die gute Nachricht ist: Unabhängig davon, welche Entscheidungen du getroffen hast oder wie weit du vom Kurs abgekommen bist, kannst du auf Gott bauen, denn er ist besser als jedes GPS-System. Wenn du eine falsche Abzweigung genommen hast oder vom Kurs abgewichen bist, kann er dich wieder auf den richtigen Weg bringen. Aber dazu braucht es die Macht deiner Vorstellungskraft.

KAPITEL 2

Das fehlende Glied

Deine Vorstellungskraft ist für die Erstellung der Route verantwortlich, der dein Leben folgt. Ob es dir nun bewusst ist oder nicht, dein Leben ist exakt so, wie du es dir vorgestellt hast. In Sprüche 23,7 (KJV) heißt es, dass ein Mensch »so ist, wie er in seinem Herzen denkt«. Wenn du dich für arm hältst, ist es egal, wie viele Nullen auf deiner Gehaltsabrechnung stehen – am Ende deines Geldes wird immer noch jede Menge Monat übrig sein. Wenn du dich als Opfer oder Unterdrückter fühlst, wird es immer eine Person oder einen Umstand geben, der dich davon abhält, deine Ziele zu erreichen. Dir mag bewusst sein, dass Gott will, dass du gesund bist und es dir in allem gut geht (3Joh 2), und vielleicht betest du sogar dafür, aber wenn du dich nicht so sehen kannst, wie Gott dich sieht, wirst du nie sein Bestes erfahren.

Vor Jahren kam eine Frau zu uns, die von ihrem Mann misshandelt worden war. Obwohl sie dieser Situation entkommen war, fürchtete sie sich vor Männern – und zwar vor allen. In ihren Augen waren sie bösartig und es war ihnen grundsätzlich nicht zu trauen. Für sie war alles, was Männer taten, ein Versuch, die Kontrolle zu erlangen oder sie zu manipulieren. Diese Frau ließ zu, dass die Umstände ihrer Vergangenheit ein verzerrtes Bild der Realität zeichneten. Und sie filterte jede Interaktion durch dieses Bild. Ihre Vorstellung war außer Kontrolle geraten und der Preis, den sie dafür bezahlte, war hoch.

Deine Vorstellungskraft ist der dominierende Steuerungsfaktor in deinem Leben. Sie funktioniert wie ein Drehzahlbegrenzer. Dieser ist in fast allen Fahrzeugen als Sicherheitsfunktion eingebaut. Ein solcher Begrenzer überwacht auch die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs. Sobald ein Fahrer die voreingestellte Höchstgeschwindigkeit erreicht, schaltet sich der Begrenzer ein und unterbricht die Zündung sowie die Kraftstoffzufuhr zum Motor. Was immer der Fahrer auch tut, er kann diese Grenze nicht überschreiten. Deine Vorstellungskraft funktioniert auf vergleichbare Weise. Aber im Gegensatz zum Auto gibt es keinen Hersteller, der die Grenzen deiner Vorstellungskraft vorgibt. Das tust allein du.

Ein guter Freund von mir wuchs unter einem bösartigen, jähzornigen Vater auf. Das Leben unter dem Dach seines Vaters war bedrückend. Er erzählte mir einmal, dass sein Vater alte Autos als Ersatzteilspender benutzte. Sie hatten ständig rund fünfzig Schrottautos auf dem Gelände ihrer Farm stehen. Sein Vater baute dann immer Teile aus einem Auto aus, um sie für die Reparatur eines anderen zu verwenden. Jedes Mal, wenn mein Freund bei der Reparatur der Autos half, sagte sein Vater: »Du bist so dumm! Du kannst nicht mal eine Mutter auf eine Schraube drehen.«

Nachdem er diese Aussage jahrelang gehört hatte, wurde sie im Leben meines Freundes zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Ich erinnere mich, wie ich Jahre später mal mit ihm an einem Auto arbeitete. So klug und tüchtig dieser Freund sonst auch ist, bemerkte ich, wie er jedes Mal zitterte, wenn er eine Mutter auf eine Schraube drehen musste, weil er Angst hatte, er könnte sie beim Ansetzen verkanten und dadurch die Gewinde von Schraube und Mutter ruinieren. Einmal hatte er die Mutter absolut sauber aufgesetzt und festgezogen. Weil er aber befürchtete, sie verkantet zu haben, schraubte er sie runter und setzte sie neu an. Das wiederholte er mehrere Male, bis er das Gewinde schließlich tatsächlich ruinierte. Bis heute habe ich meinen Freund noch keine Mutter auf eine Schraube drehen sehen, die er beim Ansetzen nicht verkantet hätte. Die Worte seines Vaters schufen ein Bild in seinem Kopf, das ihn in seinen Fähigkeiten einschränkte.

Du bist dir dessen vielleicht nicht bewusst, aber du lässt alles – wer du bist, was du zu tun vermagst, deine Umstände, sogar die Art und Weise, wie du behandelt wurdest – durch den Filter deiner Vorstellung laufen. Und wenn die Kraft deiner Vorstellung nicht richtig gelenkt wird, begrenzt sie, was Gott in deinem Leben tun kann.

Meine Mutter war Schullehrerin. Sie liebte Bildung und machte aus unseren akademischen Leistungen immer eine große Sache. Als ich in der sechsten Klasse war, nahm mein Bruder an einem Test teil, bei dem sein IQ auf Hochbegabten-Niveau eingestuft wurde. Als ich meine Mutter über seine Ergebnisse sprechen hörte, fragte ich nach meinem Ergebnis. Sie sagte, ich sei »zwei Punkte über einem Idioten«. Jahre später lachte sie über diesen Tag und sagte: »Das ist nicht wahr, Andy. Ich hab bestimmt bloß einen Spaß mit dir gemacht.« Doch mir war zu keiner Zeit klar gewesen, dass es als Spaß gemeint war. Ihre im Scherz gesprochenen Worte zeichneten ein Bild der Mittelmäßigkeit in meinem Kopf, mit dem ich jahrelang zu kämpfen hatte. Erst als der Herr mir die Wahrheit von Geist, Seele und Körper offenbarte, begann sich meine Vorstellung zu ändern.

Bevor ich das Konzept von Geist, Seele und Körper verstand, war mein Bild im Spiegel das einzige »Ich«, das ich kannte. Die Meinung anderer und meine eigenen Gefühle bestimmten mein Leben. Ich wusste nicht, dass mein wahres Ich – mein Geist – der Teil von mir ist, der nach Gottes Bild geschaffen wurde (1Mo 1,26).

Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer ganzes [Wesen], der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus! — 1. Thessalonicher 5,23

Wir können unseren Geist nicht mit unseren fünf Sinnen sehen, hören oder fühlen (1Kor 2,14). Es gibt nur einen Weg, um zu verstehen, was Geist ist: durch einen Blick in das Wort Gottes.

Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Richter [wörtlich: ein Urteilsfähiger] der Gedanken und Gesinnungen des Herzens. — Hebräer 4,12 ELB

Gottes Wort zeigt uns die geistliche Wahrheit. Jesus sagte: »Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben« (Joh 6,63).

Als ich als junger Mann anfing, mich eingehend mit dem Wort Gottes zu befassen, entdeckte ich, dass alle, die mit dem Herrn verbunden sind, ein Geist mit ihm sind (1Kor 6,17) und »wie er [Jesus] ist, sind auch wir in dieser Welt« (1Joh 4,17 ELB). Ich begriff zunehmend, dass mein Geist und Jesu Geist wesensgleich waren und dass ich die gleichen Dinge tun konnte, die er tat (Joh 14,12). Gottes Wort begann, mein inneres Bild umzugestalten, und so wie sich dieses Bild veränderte, fing auch ich an, mich zu verändern. Ich sah nicht mehr einen Menschen, dessen eigenes Wesen ein bisschen was von Jesu Wesen an sich hatte. Vielmehr sah ich nun einen von Gott bewohnten Menschen – jemanden, der vollkommen und mit Kraft erfüllt war, der befähigt war, Kranke zu heilen, Tote aufzuerwecken und die Autorität zu nutzen, die Christus ihm gegeben hat (Mk 16,17  18).

Als diese Dinge in meiner Vorstellung erst einmal sichtbar wurden, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich sie auch in meinem Leben zu sehen begann. Seitdem habe ich gesehen, wie Tote wieder lebendig wurden, wie blinde Augen und taube Ohren sich öffneten, wie Menschen von Krebs geheilt wurden und wiederum andere aus ihren Rollstühlen aufstanden. Ich habe alle Arten von Wundern erlebt. Mein eigener Sohn wurde von den Toten auferweckt. All diese Dinge geschahen, weil das Wort Gottes in meiner Vorstellung ein anderes Bild formte.

Viele Menschen wollen Wunder erleben. Sie wollen Gottes Bestes erfahren und sein Wirken erleben, aber sie sehen sich selbst nicht so, wie Gott sie sieht. In ihrer Vorstellung beschränken sie sich auf ihre menschliche Seite. Sie bringen ihr Leben damit zu, ihre Allergien in den Griff zu bekommen, sich um den Aktienmarkt zu sorgen und sich wegen jeder Meldung zu fürchten, die sie im Internet auf den Plattformen der »zehn Kundschafter« lesen. Sie rechnen damit, dass sie krank werden. Sie erwarten, dass sie vergreisen und ihre Sehkraft verlieren.

Aber als Gläubige sind wir nicht bloß Menschen! Unser physischer Körper mag sterblich sein, unser Verstand mag noch verführbar sein, aber wir sind neue Geschöpfe in Christus Jesus (2Kor 5,17). Derselbe Geist, der Christus von den Toten auferweckt hat, lebt in uns. In unserem Geist sind wir rein und heilig, voll von Gottes Kraft. Ein Drittel von uns wird vollständig vom Heiligen Geist ausgefüllt (Röm 8,11)! Und wenn wir uns entscheiden, daran zu glauben, wird unser Geist dominieren und alles übertrumpfen, was in der physischen Welt vor sich geht. Doch zuerst müssen wir unsere Vorstellungswelt verändern.

Vor Jahren erzählte John G. Lake, ein bekannter Heilungsprediger der frühen 1900er Jahre, eine Geschichte über seine Erfahrungen in Südafrika während eines Ausbruchs der Beulenpest. Die Menschen wurden krank und starben wie die Fliegen, aber niemand wollte die Toten begraben. Alle hatten Angst, sich mit der tödlichen Krankheit anzustecken – alle, außer John G. Lake.