Joachim Stiller
Grundriss der Philosophie VIII - Ästhetik
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Versuch über die Kunst
Über die Kunst und das Schöne
Platon: Ion
Platon: Hippias I
Das Schöne bei Kant
Der radikale ästhetische Subjektivismus
Aphorismen zur Ästhetik
Impressum neobooks
Du wolltest einen Versuch über die Kunst schreiben. Wie kam es dazu?
Als Schriftsteller habe ich noch drei Romancluster (Romanideen) im Kopf. Aber ich traue mich noch nicht so recht, diese Projekte endlich in Angriff zu nehmen. Da habe ich mir überlegt, zunächst über etwas zu schreiben, was mir persönlich näher liegt und wo ich mehr Freiraum habe. Peter Handke hat auch drei Versuche geschrieben, die ich mit großem Interesse mehrmals gelesen habe. Dabei kam mir die Idee, selber drei Versuche zu schreiben. Der Versuch über die Kunst soll der erste sein, dann habe ich mir noch einen Versuch über den Tod und einen über den Stein vorgenommen, und wenn ich sie nicht selber schreibe, muss sie halt jemand anderes zu Papier bringen.
Ich nehme an, Du hast eine besondere Beziehung zu diesem Thema, ich meine jetzt, „Kunst“. Du bist ja auch selber Künstler.
Ja, mit Kunst habe ich Zeit meines Lebens zu tun. In meiner Kindheit habe ich viele Jahre die Kindermalschule besucht. Später, nach meinem Abitur – ich hatte Kunst als drittes Fach – wollte ich dann Malerei studieren. Ich ging ins Atelier der Wilhelmsuniversität und habe dort meine Mappe zusammengestellt und mich an der Akademie beworben. Doch leider wurde meine Mappe knapp abgelehnt.
Zu einem Kunststudium ist es dann auch nicht gekommen?
Ich wurde psychisch krank und musste sogar mehrmals in die Psychiatrie. In der Zwischenzeit hatte ich mich für Soziologie, Philosophie und neuere Geschichte eingeschrieben, musste das Studium aber auf Grund meiner Erkrankung abbrechen. Kurze Zeit später starb mein Vater an einer Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und ich fing an zu trinken. Ergo, die Psychose kehrte zurück. Nach erneutem Krankenhausaufenthalt habe ich dann eine intensive medizinische und berufliche Reha in Lippstadt gemacht. Dort hat mich der behandelnde Arzt wieder hingekriegt. Zum Glück habe ich durch meine Krankheit nichts eingebüßt, wie das sonst oft der Fall ist. Mit dem Beginn der Reha 1995, ich war gerade 27 Jahre alt, begann meine zweite Sturm-und-Drang-Zeit. Ich fing an, Objekte zu machen und diese auch zu fotografieren. Mit der Malerei hatte ich abgeschlossen.
Warum wolltest Du jetzt Objektkünstler werden? Gab es dafür einen Auslöser?
Ja, Während meines Zivildienstes hatte ich eine Freundin in Berlin, die Psychologie studierte. Ich bin damals regelmäßig in der geteilten Stadt gewesen. Bei einem Besuch habe ich dann die große Beuys-Retrospektive im Groupius-Bau gesehen. Das war wie eine Initialzündung für mich. Ich wusste nun, du musst was mit Objekten machen. Ich habe mich lange mit Beuys auseinandergesetzt und bin so auch zur Anthroposophie gekommen. Jedenfalls hat Beuys mich auf die Objektkunst gebracht. An Beuys hat mich immer sein ausgesprochen ausgeprägtes ästhetisches Gespür interessiert. In diesem Sinne kann man viel von Beuys lernen. Seine Objekte und Installationen sind absolut stimmig, etwa von den Kräften her. Beuys ist so eine Art Alchimist des Ästhetischen, möchte ich einmal sagen.
Aber Beuys hat sich auch als sozialer Künstler verstanden.
Ja, aber das bezieht sich in meinen Augen nur auf seine gesellschaftspolitischen Projekte, wie sein Engagement für Direkte Demokratie und die Parteiengründungen, etwa die der Grünen Partei. Wer heute seine Objekte und Installationen sieht, sieht eigentlich nur tote Skulpturen. Die Verbindung mit dem Sozialen als solches, oder den gesellschaftspolitischen Forderungen, ist weitestgehend verloren gegangen. Und das ist vielleicht auch gut so. Ich würde da nicht so viel mystifizieren, wie manche Beuysianer das vielleicht tun. Aber die beuysschen Objekte, seine Installationen und nicht zuletzt seine Zeichnungen haben einen ungeheuren ästhetischen Stellenwert. Nicht umsonst ist Beuys der vielleicht bedeutendste deutsche Künstler des 20. Jahrhunderts. Auf die soziale Kunst und den erweiterten Kunstbegriff können wir gern später noch einmal eingehen.
Gut. Sprechen wir über die Kunst – ohne Beuys. Was ist überhaupt Kunst?
Ja, dann sprechen wir wieder über Beuys, denn Beuys hat gerade auch die e Frage aufgeworfen und den erweiterten Kunstbegriff geschaffen.
Und wie war es vor Beuys?