Wozu braucht man heute noch PR-Arbeit? PR, war das nicht die Kommunikation mit Journalisten und alten Medien wie dem Printmagazin? Ist das für Start-ups, Freiberufler und Mittelständler in Zeiten von Social Media und Online-Kanälen überhaupt noch relevant?
Ja, Unternehmen sollten mit PRlern arbeiten oder PR-Arbeit für sich nutzen. Ich weiß, im Alltag gibt es immer viel zu tun: Die kontinuierliche Finanzierung muss sichergestellt, weitere Geschäftspartner gewonnen, Kunden vom eigenen Produkt überzeugt und Mitarbeiter rekrutiert werden. Es bleibt einfach keine Zeit, auch noch Public Relations zu betreiben. Eine weitere Frage, die sich nicht nur Start-ups an dieser Stelle stellen werden: Kann sich PR überhaupt lohnen?
Natürlich. Denn nur so lassen sich potenzielle Bewerber, Kunden, Investoren, zukünftige Geschäftspartner, Journalisten, Medien und andere Multiplikatoren erreichen.
Aus diesem Grund kann ich Einsteigern dieses Buch nur empfehlen. Meine geschätzte Kollegin Meike Neitz erklärt hier verständlich, welche Aspekte beim Start von PR-Aktivitäten wichtig sind und was PR-Arbeit eigentlich alles beinhaltet. Mithilfe der Checklisten in diesem Buch kannst du direkt loslegen.
Und nicht vergessen: Moderne PR nutzt nicht nur Printkanäle und Journalisten, sondern auch andere Multiplikatoren, und spricht die relevante Zielgruppe ganz präzise an. Die Wirkung guter Kommunikation sollte nicht unterschätzt werden. Und keine Sorge, PRler können auch agil arbeiten und cool sein. Meike Neitz ist ein wunderbares Beispiel dafür ;-)
Viel Spaß beim Lesen und mit der PR-Arbeit.
Stephanie Kowalski
Online-PR-Beraterin, Fachautorin und Sketchnoterin
Die Kommunikation liegt mitten in der Herzregion eines jeden Unternehmens: Nur mit guter Kommunikationsarbeit können interne Neuigkeiten und spannende Unternehmensgeschichten in die Außenwelt getragen werden. Nur durch gute Kommunikation werden Kunden und Partner auch von dem Produkt oder der Dienstleistung erfahren! Und mithilfe der Kommunikation kann eine starke Marke aufgebaut und Vertrauen in ein Unternehmen etabliert werden.
Stelle dir die Kommunikation wie Arterien und Venen vor, die das Blut im Körper vom Herzen weg- oder zum Herzen hintransportieren. Genau so funktionieren im besten Fall die Kommunikationsflüsse im Organismus Unternehmen.
Ich möchte auf den folgenden Seiten mein Wissen und meine Erfahrung aus meiner Arbeit als selbstständige PR-Beraterin weitergeben. Dieses Buch zeichnet sich durch seine Praxisnähe aus: Ich selbst habe weder Kommunikationswissenschaften studiert noch eine komplette Kommunikations-Büchersammlung bei mir zu Hause stehen. Was ich vermittle, ist keine Theorie, kein hypothetisches »so kann es gehen«, sondern es sind ganz konkret Erkenntnisse aus meiner Pressearbeit der letzten Jahre. Ich zeige auf, wie ich Unternehmen in die Medien gebracht habe und wie auch dein Unternehmen es schaffen kann – von der Wirtschaftswoche über die Süddeutsche Zeitung, die Bild, den Business Punk bis hin zur Cosmopolitan. Die Kapitel sind veranschaulicht mit realen Beispielen von ausgewählten Projekten und angereichert mit praktischen Aufgaben und Checklisten, die dich dazu motivieren sollen, selbst sofort zu starten.
Die folgenden Seiten sind als Einstieg in deine Public-Relations-Arbeit gedacht. Mit diesem Buch möchte ich all jene unterstützen, die für ein Unternehmen die Öffentlichkeitsarbeit steuern, sowie diejenigen, die gerade selbst ein Start-up gegründet oder den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben und die Pressearbeit selbst in die Hand nehmen möchten. Alteingesessene Konzerne oder traditionsreiche Familienunternehmen werden zwar schon längst eine eigene Kommunikationsabteilung aufgebaut und sich über die Jahre ein solides Journalisten-Kontaktnetzwerk gestrickt haben, finden hier aber vielleicht doch die eine oder andere Inspiration und neue Idee für ihre Pressearbeit.
Ich konzentriere mich in diesem Buch allein auf die Pressearbeit als einen Teilbereich der Unternehmenskommunikation. Hier zählt neben einem guten Kontaktnetzwerk an Multiplikatoren (Journalisten, Blogger, Influencer) vor allem die Fähigkeit, Themen interessant aufzubereiten und sie erfolgreich in den Medien zu platzieren – was Kreativität und Fingerspitzengefühl erfordert. Ich erkläre in den folgenden Kapiteln Schritt für Schritt, wie man den richtigen Einstieg in die Pressearbeit findet, welche Vorarbeit nötig ist und wie »fortgeschrittene PR-Arbeit« funktioniert.
In Teil I geht es zunächst darum, die Pressearbeit vorzubereiten und zu strukturieren.
Nach einer kurzen Einleitung nähern wir uns in Kapitel 1 dem Thema PR: Was bedeutet Public Relations eigentlich? Wie hat sich die Branche zu der entwickelt, die sie heute ist? Warum lohnt sich überhaupt die Pressearbeit? Ich gehe darauf ein, wie sich PR vom Marketing unterscheidet und wo die PR im Unternehmen angesiedelt ist. Weiter geht es mit Voraussetzungen, die du als PRler möglichst mitbringen solltest, damit dir die Pressearbeit gelingt.
Danach beginnt direkt die praktische inhaltliche Vorbereitung. In Kapitel 2 dreht sich alles um die Ziele deiner PR-Arbeit – diese sollten herausgearbeitet und definiert werden, sodass deine Marschrichtung klar ist. Weiterhin widmen ich mich der vorbereitenden Recherchearbeit. Natürlich solltest du dein Unternehmen »wie deine eigene Westentasche« kennen – du recherchierst also nicht nur nach »außen«, sondern auch nach »innen«. Ich gebe ein paar Tipps, wie du sowohl Stärken als auch Schwächen des eigenen Unternehmens noch einmal aufbereitest. Weiter geht es mit einer umfassenden Branchenrecherche sowie einem Kommunikationsaudit: Wenn dein Unternehmen schon länger am Markt ist, du aber jetzt erst die PR-Arbeit übernommen hast, ist es wichtig, einmal zu schauen, was vorher schon über euch berichtet wurde und von wem.
In Kapitel 3 geht es darum, wie du dir eigene PR-Themen erarbeitest. Was eignet sich etwa als Aufhänger, um in die Medien zu kommen? Wie findest du mögliche Themen?
In einem kleinen Exkurs in Kapitel 4 gehe ich auf das Thema Storytelling ein: Hier erfährst du, was eine gute Geschichte ausmacht und wie du aus einem Thema eine Geschichte aufbereitest.
Gute PR-Arbeit funktioniert nur mit guten Bildern. Daher gehe ich in Kapitel 5 ausführlich auf das Thema Pressefotos ein.
In Kapitel 6 geht es dann schon um die operative Vorbereitung: Du erfährst, dass es wichtig ist, zunächst alle Unternehmenstexte (deine »digitale Visitenkarte«) noch einmal anzusehen und alles auf den neuesten Stand zu bringen. Des Weiteren sorge ich dafür, dass du weißt, was in einen aussagekräftigen und gut gestalteten Pressebereich kommt und warum es sich überhaupt lohnt, einen zu haben.
Der Presseverteiler ist ein ebenso elementarer Baustein für die Pressearbeit: Ich erkläre im letzten Teil des Kapitels, wie du diesen erstellst und strukturierst.
In Teil II des Buches geht es an die praktische Umsetzung.
In Kapitel 7 lernst du, deinen eigenen Kommunikationsplan zu erstellen: Hier sollen alle organisatorischen Fäden und strategischen Überlegungen deiner Arbeit zusammenlaufen.
Auch wenn Pressemitteilungen oft als nicht mehr zeitgemäß erachtet werden, sind sie meiner Meinung nach immer noch ein nützliches Hilfsmittel. Du erfährst deshalb in Kapitel 8, was du beim Verfassen einer Pressemitteilung beachten musst.
In Kapitel 9 geht es dann endlich ans Eingemachte: Ich zeige auf, welche Erfahrungen ich bei der Ansprache an die Redakteure gemacht habe, und gebe alle meine Tipps weiter, damit du die Redakteure erfolgreich erreichst. In einem weiteren kleinen Exkurs habe ich Journalisten gefragt, was man aus ihrer Sicht bei der Ansprache besonders beachten – oder ganz vermeiden sollte.
In Kapitel 10 geht es um alternative Ansprachemöglichkeiten: Wie kannst du soziale Netzwerke oder Karriereplattformen wie LinkedIn und XING für die Pressearbeit nutzen?
In Kapitel 11 gehe ich auf Podcasts, Blogs und Influencer ein. Wie können diese in der Pressearbeit hilfreich sein? In welchem Fall musst du nichts für einen Post bezahlen? Und wie sprichst du Podcaster, Blogger oder Influencer überhaupt an?
In Kapitel 12 erkläre ich, was »Agendasurfing« bedeutet. Wie kannst du dir aktuelle Debatten in den Medien zunutze machen? Zudem dreht sich im zweiten Abschnitt alles um das Thema »Kreativität«.
Wie man sich ein gutes Netzwerk aufbaut, ist Thema in Kapitel 13. Hier gebe ich praktische Tipps zum Networking, die dir behilflich sein werden, später mit Redakteuren bezüglich Presseanfragen in Kontakt zu treten.
In Teil III des Buches widme ich mich der »fortgeschrittenen PR-Arbeit«.
In Kapitel 14 dreht sich alles um die Interviewsituation und das Medientraining: Ich gehe davon aus, dass du deine PR-Arbeit schon erfolgreich durchgeführt und ein Interview mit einer Zeitung, im Radio oder Fernsehen erwirkt hast. Ich gebe Tipps, wie du dich auf Interviews vorbereitest und was es bei mündlichen oder schriftlichen Interviews sowie in Radio und Fernsehen zu beachten gilt.
Weiter geht es in Kapitel 15 mit Auftritten auf Konferenzen, Messen oder Themenabenden: Auch diese sind ein wirksamer Teil der Öffentlichkeitsarbeit, denn so rückst du deinen Geschäftsführer ins Licht der Öffentlichkeit und erhöhst die Chancen, dass Journalisten sich für dein Unternehmen interessieren. Ich erkläre, was es mit einem Speakerkit auf sich hat und wie man eines erstellt.
In Kapitel 16 geht es um das Thema Pressekonferenz. Ich erläutere, in welchen Situationen eine Pressekonferenz überhaupt sinnvoll ist, und gebe praktische Tipps, wie sie am besten gelingt.
In Kapitel 17 stelle ich außergewöhnliche PR-Ideen vor. Ich zeige dir ein paar kreative PR-Aktionen, die zu medialer Aufmerksamkeit für die jeweiligen Unternehmen geführt haben und dir vielleicht als Inspiration dienen. Dies können beispielsweise Events oder Aktionen im öffentlichen Raum sein. Schließlich schneide ich kurz das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) an. »Tue Gutes und rede darüber!«, ist hier die Devise.
In Kapitel 18 erläutere ich, warum es sich lohnt, selbst zu schreiben, um die Aufmerksamkeit auf sich und sein Unternehmen zu lenken. Ich gehe auf Gastartikel, Whitepaper, Bücher und Infografiken ein.
Im Teil IV des Buches geht es um die Nachbereitung.
In Kapitel 19 erläutere ich, wie man eine Berichterstattung effektiv verwendet und verwertet, damit deine Arbeit möglichst langlebig ist.
Natürlich möchten deine Vorgesetzten und du selbst auch wissen, wie effektiv die PR-Arbeit war. Daher widme ich mich in Kapitel 20 dem Thema »Messbarkeit der PR«.
Ich verzichte bewusst auf den Einsatz von mitunter teuren Kommunikationstools. Gerade jungen Unternehmen fehlt oft das Budget, um mit kostspieliger Software zu arbeiten. Ich zeige, dass man für den Start in die PR jedoch sehr gut so zurechtkommt: Du kannst ohne externe Unterstützung oder Tools direkt loslegen. Alles, was du brauchst, ist ein Internetzugang, Wortgewandtheit und Kreativität!
Ich schreibe sehr persönlich, in einfacher Sprache und spreche dich direkt an – gleich so, als würdest du in einem meiner Workshops direkt vor mir sitzen. Dies soll es dir einfach machen, mir zu folgen.
Ein weiterer begrifflicher Hinweis: Ich nutze das Wort PRler, aber auch das Wort Kommunikator für all diejenigen, die die Pressearbeit in einem Unternehmen übernehmen. Auch wenn Kollegen aus dem Marketingteam und der Social-Media-Fraktion natürlich ebenfalls Kommunikatoren sind, beschreibt dieser Begriff die PR-Tätigkeit ebenso gut und erlaubt es mir, sprachlich ein klein wenig mehr Variation reinzubringen.
Auf Empfehlung des Verlags nutze ich in manchen Fällen aufgrund der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form. Ich habe neutralisiert, wo es nur geht, komme jedoch an einigen Stellen nicht umhin, von »dem Journalisten« oder »dem Redakteur« zu sprechen. Ich meine damit alle, die diesen Beruf ausüben, und weise schon hier darauf hin, in der Hoffnung, somit niemanden zu verärgern.
Vielleicht noch ein paar Worte zu mir: Nach jahrelanger Tätigkeit im Ausland kehrte ich 2013 nach Deutschland zurück und betreute für Vural Öger einerseits alle Öffentlichkeitsarbeit seiner Unternehmensgruppe, andererseits alle Kommunikationsangelegenheiten rund um die Fernsehsendung Die Höhle der Löwen. Ich habe im Jahr 2016 meine Kommunikationsberatung Die Zukunftsmanufaktur gegründet und unterstütze vornehmlich Start-ups, Freiberufler und mittelständische Unternehmen in der PR-Arbeit. Ich bin keine alteingesessene Kommunikatorin, die seit 20 Jahren in der Branche unterwegs ist, sondern wie schon oben beschrieben eine Quereinsteigerin. Als Freelancerin hatte ich jedoch die Möglichkeit, in kurzer Zeit mit einer Vielzahl von Firmen aus unterschiedlichsten Branchen zusammenarbeiten zu dürfen und dabei viele Beobachtungen und Lernerfahrungen machen zu können, sodass ich diese an dich weitergeben möchte.
Ich hoffe, sie verhelfen dir zu einem erfolgreichen Start in die Öffentlichkeitsarbeit.
Köln, am 16.01.2019
Meike Neitz
Ich danke:
Meiner Familie und Christian für die großartige Unterstützung,
Arthur für den Tritt in den Hintern zum genau richtigen Zeitpunkt,
meinem Graphiker Steffen Wendland für seine Arbeit,
meiner Lektorin Sabine Schulz für ihre gründliche Durchsicht sowie wertvollen Anmerkungen,
Kommunikationsprofi Tomas Jensen für das zusätzliche Lektorat,
meinen Kolleginnen Stephanie Kowalski und Verena Bender für ihren fachlichen Input,
und meiner kleinen Lou, die im Sommer 2018 das Licht der Welt erblickte, und mich erst wunderbar von der Arbeit abhielt, dann aber mit ihrem strahlenden Lächeln immer wieder dazu motivierte weiterzumachen.
Weit gefasst (und etwas sperrig formuliert, ich gebe es zu) bedeutet der englische Begriff Public Relations die »gezielte und vom eigenen Interesse geleitete Kommunikation im öffentlichen Raum«. Auf Deutsch kommt der Begriff Öffentlichkeitsarbeit der PR am nächsten. In der Zeitschrift Die deutsche Werbung definiert Carl Hundhausen im Jahr 1937 den Begriff Public Relations mit folgenden Worten:
»Public Relations ist die Kunst, durch das gesprochene oder gedruckte Wort, durch Handlungen oder durch sichtbare Symbole für die eigene Firma, deren Produkt oder Dienstleistung eine günstige öffentliche Meinung zu schaffen.«[1]
Diese Definition hat bis heute nicht an Geltung verloren. Nur haben sich die Einsatzgebiete der Kommunikation im Zuge der Digitalisierung mehr und mehr in die virtuelle Welt verschoben: Neben den »klassischen« Medien wie Zeitung, Radio oder dem Fernsehen wird heutzutage hauptsächlich über das Internet kommuniziert. Dies rückt auch das Aktionsfeld des PRlers mehr und mehr in die Digitalwelt. Vielen, gerade jüngeren Unternehmen ist es gar nicht mehr so wichtig, in einem Printmagazin zu erscheinen – denn ihre Zielgruppe ist hauptsächlich digital erreichbar und ihr Fokus so auf die Optimierung ihres digitalen Fußabdrucks (zum Beispiel bei der Google-Suche) ausgerichtet.
In Gablers Wirtschaftslexikon wird die moderne Pressearbeit näher skizziert:
»Zur Wahrung der Interessen der Auftraggeber im Markt der Meinungen (...) werden die eigenen Positionen definiert, Meinungen untersucht, Interessens- und Anspruchsgruppen lokalisiert, Informationen zielgruppenspezifisch aufbereitet und mit ausgewählten Kommunikationsmitteln von der Pressemitteilung über Blogs und Social Networks bis zum Hintergrundgespräch mit Journalisten ins öffentliche Bewusstsein gehoben.«[2]
Die Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations ist keine junge Disziplin: Seit Jahrhunderten schon wird versucht, die öffentliche Wahrnehmung zu formen und Einfluss darauf zu nehmen, obgleich der Begriff Public Relations als solcher noch nicht etabliert war. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Disziplin mit der Gründung des ersten »Publicity Bureau« in Boston erstmals institutionalisiert. Dieses wurde von einer Reihe ehemaliger Journalisten, darunter der einflussreiche Ivy Lee, der oftmals als Vater der PR bezeichnet wird, gegründet. Es gilt heute als die erste moderne PR-Agentur. 1906 formulierten die Macher des Publicity Bureaus eine Reihe von Grundsätzen für ihre Öffentlichkeitsarbeit – darunter der Anspruch, die Menschen neutral zu informieren, statt ihre Meinung zu eigenen Zwecken zu formen.
Später trugen wichtige Denker wie Edward Bernays mit ihren Werken zur Ausformung der Disziplin der Public Relations bei. Bernays legt in seinem Jahrhundertwerk von 1928, »Propaganda – die Kunst der Public Relations«, dar, warum es eine Notwendigkeit zur Steuerung der Meinung des Volkes gibt. Damals gab es noch keine klare Abgrenzung zwischen »Propaganda« und »Public Relations«. So ist es kaum verwunderlich, dass Bernays stark dafür kritisiert wurde, dass sich sein Buch später in Joseph Goebbels Bibliothek wiederfand. Trotzdem gehört es zu einer der wichtigsten Grundlagen der Unternehmens- und Politikkommunikation. Im Vorwort der neuesten Ausgabe heißt es sogar: »Man muss dieses Buch zur obligatorischen Lektüre aller modernen PR-Manager erklären (...) Empfehlenswert ist Bernays’ Buch dabei als Lektüre, die nicht nur ergötzlich ist, sondern dem Leser lehrreiches Entsetzen verspricht.«[3]
Nach den Propagandamaschinen der Weltkriege mussten Kommunikatoren sich zunächst von ihrem Ruf als »Spindoktoren«, die an der Wahrheit so lange »operieren«, bis sie in einem schönen Licht erscheint, befreien: Zu viel Unheil war durch die gezielte Verführung der Massen hervorgerufen worden. Nichtsdestotrotz bildete sich das Arbeitsfeld Public Relations weiter heraus, etablierte sich als Beruf und professionalisierte sich beständig. Es entstanden Kurse an Universitäten, es wurden neue Talente ausgebildet und mehr und mehr Unternehmen schufen die Stelle eines PR-Managers. 1947 wurde in den USA mit der »Public Relations Society of America« der erste Kommunikations-Verband aus der Taufe gehoben. Zwei der bis heute größten PR-Firmen, Edelman und Burston-Marsteller, wurden 1952 und 1953 gegründet. In den folgenden Jahren war die politische Kommunikation durch den Kalten Krieg dominiert, während sich viele klassische PR-Agenturen auf die Unternehmenskommunikation konzentrierten. Mächtige Agenturen wie Hill & Knowlton begannen, ein internationales Netzwerk zu errichten und Büros auf anderen Kontinenten zu eröffnen, was ihre Arbeit globalisierte. Ab Anfang der 1990er Jahre spezialisierte sich die Branche weiter und Agenturen fingen an, einen Fokus zu setzen: Technologie-PR, Mode-PR oder Finanzkommunikation. In den 2000ern veränderte Social Media die Öffentlichkeitsarbeit; die sozialen Netzwerke führten die PR weg von einseitigen Kommunikationsflüssen und hin zu einer offeneren, Dialog-reicheren Multikanaldisziplin. Trotz der vielen neuen Kanäle, über die im digitalen Zeitalter kommuniziert wird, sind jedoch die Grundlagen der klassischen PR nach wie vor höchst relevant.
»Some are great, some achieve greatness and some hire public relations officers!« (Daniel J. Borstin)
Public Relations (kurz PR), verstanden im engsten Sinne als Pressearbeit, dient dazu, in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit für ein Unternehmen zu wecken und über seine Entwicklung zu informieren.
Sie ist ebenfalls ein Instrument, um ein bestimmtes Unternehmensimage zu etablieren – etwa, dass es ein sehr guter und fairer Arbeitgeber ist – und Werte, für die es steht, zu transportieren.
Möchte ich persönlich mehr über ein Unternehmen herausfinden, so gebe ich den Unternehmensbegriff in die Suchmaschine ein, lasse mir jedoch zunächst die Ergebnisse aus dem Bereich »Nachrichten« anzeigen. Warum? So bekomme ich die relevantesten Neuigkeiten über die Firma und ihre Branche, oder aber ich sehe, wenn über ein Unternehmen noch gar nicht berichtet wurde.
So schafft eine gute Öffentlichkeitsarbeit einen zusätzlichen Unternehmenswert, der kaum mit Geld kaufbar oder mit Maschinen produzierbar ist: RELEVANZ. Zu vermeiden, dass ein Unternehmen als »nicht relevant« erscheint, weil sich niemand dafür interessiert, ist der Job der PRler.
Die PR ist also ein nützliches Hilfsmittel dafür, die Öffentlichkeit zu informieren, ohne dass dies aus eigener Hand geschieht. Man unterscheidet hier zwischen »owned media« (mehr dazu in Abschnitt 1.4 »Abgrenzung von PR und Marketing«) – das ist alles, was das Unternehmen selbst an Informationsflüssen kontrolliert, zum Beispiel die eigene Webseite, der Newsletter, die Unternehmenszeitung oder der Blog – und »earned media«, das heißt einer Erwähnung in der Presse. Wie der Name schon sagt, muss man sich eine Veröffentlichung in einem externen Nachrichtenkanal erst einmal verdienen – mit relevanten und gut aufgearbeiteten Storys. Ist dies geschafft, erreicht die PR jedoch eine viel größere Leser- oder Zuhörerschaft und damit oftmals mehr Aufmerksamkeit als die eigenen Kanäle. Sie etabliert so eine langfristige Beziehung nicht nur zu Journalisten, sondern auch zu der Zielgruppe. Gute Öffentlichkeitsarbeit zeigt auf, dass ein Unternehmen ein ernst zu nehmender Mitspieler im Wirtschaftsgeschehen ist; ein wichtiger Arbeitgeber in der Region, vielleicht ein Förderer von Kunst, Kultur oder Bildung. Kurz: Lesen Menschen in unabhängigen Medien über ein Unternehmen, erzeugt dies Vertrauen und Glaubwürdigkeit und macht auf subtile Art auf die Dienstleistung oder Produkte der Firma aufmerksam.
Die PR generiert zwar keine Erträge auf dem direkten Weg, ist jedoch, ähnlich wie das Marketing oder die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, als wichtiger Motor für den Erfolg eines Unternehmens anerkannt: Es schafft die Voraussetzung dafür, dass Umsätze, bestenfalls Gewinne, erzielt werden können, denn durch die PR stoßen sowohl Kunden als auch potenzielle Partner auf das Unternehmen.[4] Interessant ist nun, dass in der Unternehmensbewertung lange Zeit nur nach »harten« Faktoren bewertet wurde: Umsatz, Gewinn, Effizienz. Seit einigen Jahren nun gewinnen sogenannte »weiche«, qualitative Faktoren an Aufmerksamkeit. Auch sie, so die Erkenntnis, sind ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg und sollten daher in eine Due Diligence mit einbezogen werden. Diese weichen Faktoren wurden von den Harvard-Ökonomen Robert S. Kaplan und David P. Norton im Rahmen der »Balanced Scorecard« definiert.[5] Zu ihnen zählen unter anderem die Bekanntheit, aber auch Reputation und Image eines Unternehmens. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese immateriellen Vermögenswerte von Firmen zum Teil sogar mehr wert sind als die materiellen. Warum also PR? Weil diese ein nicht zu unterschätzender Teil der Wertschöpfungskette ist und zur Wertsteigerung des Unternehmens beiträgt.
»Publicity is absolutely critical. A good PR story is infinitely more effective than a front page ad!« (Richard Branson)
PR ist eine wichtige unterstützende Säule des Außenauftritts eines Unternehmens, eines Verbands oder einer Organisation: Wie wird es in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Wie bekommt die Unternehmensführung ein Gesicht? Die PR versucht, das öffentliche Bild seines Kunden unter Mithilfe von externen Multiplikatoren positiv zu formen. Dazu findet sie Themen und Geschichten und präsentiert diese den Medien, damit diese bestenfalls über das Unternehmen berichten.
Die Instrumente, die einem Kommunikator dafür zur Verfügung stehen, sind:
Pressemitteilung
Einreichen von Themenvorschläge für Journalisten
Organisation von Veranstaltungen für die Öffentlichkeit und Medienvertreter
Organisation von PR-Kampagnen
Erweiterung des Firmennetzwerks durch Netzwerken
Organisation von Konferenz-Auftritten für Repräsentanten des Unternehmens
Schreiben und Platzieren von eigenen Fachbeiträgen
Da es mir in meiner täglichen Arbeit immer wieder passiert, dass bei der Auffassung, was PR eigentlich ist, Missverständnisse auftreten, ist es mir wichtig, hier direkt zu Beginn eine klare Abgrenzung zum Marketing vorzunehmen. Die goldene Regel der Pressearbeit ist: PR ist keine Werbung! Wie Abbildung 1.1 veranschaulicht, geht es in der PR nicht darum, anderen zu erzählen, wie toll das eigene Unternehmen ist oder was für Super-Produkte man hat. Das überlässt man der Marketingabteilung, die gezielt Kunden davon zu überzeugen versucht. In der PR geht es vielmehr darum, Informationen durch dritte Parteien validieren zu lassen und potenzielle Kunden, aber auch Talente auf dem Arbeitsmarkt, Geschäftspartner, mitunter auch die Politik, auf sich aufmerksam zu machen.
Abbildung 1.1 veranschaulicht die Unterschiede zwischen Marketing, Advertising, Branding und PR.
Abbildung 1.1: Die Unterschiede zwischen Marketing, Advertising, PR und Branding
Die PR ist also durch den Aufbau von Beziehungen und Interaktion zu Drittparteien definiert. Man muss sich bewusst sein, dass die aktive Meinungsbildung dadurch ein Stück weit abgegeben wird. Diese dritte Partei sind, was die Pressearbeit angeht, Journalisten oder Blogger. Wie schon eingangs erwähnt, »verdient« sich das Unternehmen in der PR durch spannende Geschichten Aufmerksamkeit, statt sie sich zu erkaufen. In der Fachsprache wird daher zwischen »earned media« und »paid media« unterschieden. Hier liegt einer der Vorteile der PR-Arbeit: Man muss zwar den Kommunikator – sei es ein Mitarbeiter, ein Freelancer oder eine Agentur – bezahlen, aber sie verursacht ansonsten im Gegensatz zum Marketing keine zusätzlichen Kosten.
Dadurch, dass man die »Evaluierung« einer Story in externe Hände gibt, ohne dafür zu bezahlen, riskiert das Unternehmen jedoch, dass auch negative Seiten beleuchtet werden und Partner, Kunden, gegebenenfalls aber auch Kritiker zu Wort kommen. PR enthält dadurch auch immer eine nicht selbst gesteuerte Komponente: Wer einmal in das Licht der Öffentlichkeit rückt, der wird unter Umständen auch bei weniger vorteilhaften Unternehmensentwicklungen Ziel des Medieninteresses sein.
Die Tabelle in Abbildung 1.2 zeigt die Gegensätze zwischen Marketing und PR noch einmal deutlich auf.
Abbildung 1.2: Die Unterschiede von Marketing und PR