Über das Buch:
Alle sind sich einig: Mit dem Neuen will keiner etwas zu tun haben. Denn der hat sich mit einem lauten Pups vorgestellt! Wie peinlich! Sofort hat Ole seinen Schimpfnamen weg. Niemand will neben ihm sitzen oder mit ihm spielen.
Doch eine spannende Geschichte aus dem Religionsunterricht, eine missglückte Party und ein Fluchtversuch wirbeln alles mächtig durcheinander. Plötzlich ist Ole mittendrin und ein anderer außen vor. Die Kinder müssen sich entscheiden: Wollen sie zulassen, dass es wieder einen Außenseiter in ihrer Klasse gibt – oder doch alles versuchen, um ihn wieder zurückzuholen?
Über den Autor:
Hans-Dietrich Nehring ist Pfarrer in Bayreuth, verheiratet und Vater von drei Kindern. Schon als kleiner Junge erfand er Geschichten, die sein Großvater für ihn aufschreiben musste. Heute liegen ihm die Kinder seiner Gemeinde besonders am Herzen. Für sie denkt er sich Geschichten aus.
Die große Party
»Hey, was ist denn mit dir los?« Es ist spät am Abend. Peters Vater steht in der Tür. »Mama sagt, dass du die ganze Zeit hier herumhängst und nicht mehr mit deinen Freunden spielst.«
»Lass mich, ich mag nicht!« Peter dreht sich um und wirft die Decke über seinen Kopf.
»Komm, ich will dir doch nur helfen.« Sein Vater setzt sich neben ihn auf das Bett und zieht die Decke vom Kopf zurück.
»Ach, lass mich!«, schimpft Peter.
»Warum spielst du nicht mehr mit Patrick und diesem anderen Jungen, der immer so viel isst?«
»Daniel!«
»Ja, Daniel, Entschuldigung, mir ist der Name nicht eingefallen.«
»Die spielen nicht mehr mit mir.«
»Und warum?«
»Weiß ich nicht.« Peter dreht sich zur Wand.
»Was heißt: Weiß ich nicht?«
»›Weiß ich nicht‹ heißt: Weiß ich nicht!«, antwortet Peter pampig. Er will von der ganzen Geschichte mit Ole von Pups nichts erzählen.
»Hm …« Sein Vater denkt nach. »Was hältst du davon, wenn wir eine Party organisieren? Du lädst alle deine Freunde ein und feierst mit ihnen zusammen. Ich kenne einen Zauberkünstler, den engagieren wir. Der zaubert nicht nur, sondern stellt auch noch Bonbons her. Dann machen wir ein Lagerfeuer und grillen. Wäre das was?«
Peter kriecht vorsichtig unter der Decke heraus und schaut seinen Papa an.
Eine Party? Mit einem Zauberkünstler? Und Bonbons zum Selbermachen? Das hört sich gut an.
Um nicht zu viel Begeisterung zu zeigen, sagt er zögernd: »Hmmm … na gut. Okay, können wir machen. Ich bin einverstanden.«
Einen Augenblick schaut der Vater seinen Sohn an. »Tu nicht so gelangweilt! Ich sehe doch an deinen Augen, wie cool du das findest!«
»Ja, das ist cool!« Peter muss grinsen.
Sein Vater gibt ihm einen Knuff. »Komm, wir entwerfen gleich mal ein paar tolle Einladungskarten am Computer. Du weißt doch, ich habe ein neues Programm, das können wir dafür ausprobieren!«
Vater und Sohn verlassen das Zimmer und gehen zum Computer. Und dort gestalten sie richtig schöne Einladungskarten. Peter ist glücklich. Jetzt wird alles gut! Die Eintrittskarten sind toll: Sie haben einen Abschnitt zum Abreißen und es gibt einen Gutschein für heiße Schokolade mit Vanilleeis. Dann erfinden sie noch einen weiteren Gutschein für das »Selbermachen von Bonbons«. Peter und sein Vater lachen und suchen am Computer lustige Bilder für die Gutscheine. Je länger die beiden an dieser Einladungskarte arbeiten, desto sicherer wird sich Peter: Das wird die beste Party werden, die jemals gefeiert wurde. Alle werden kommen! Alle wollen den Zauberkünstler sehen und am Lagerfeuer Bonbons selber machen. Alle wird er einladen – das ist klar. Nur Ole nicht. Es soll alles wieder so sein wie früher, wie damals, als Ole noch nicht in seiner Klasse war und alles durcheinandergebracht hat.
Als die beiden mit der Einladungskarte fertig sind, sagt Peters Vater: »Und jetzt hol deine Klassenliste. Wir bedrucken die Briefumschläge gleich mit Namen. Wir laden alle ein, niemand soll ausgeschlossen sein. Damit ihr wieder eine richtig gute Klassengemeinschaft werdet!«
»Hier ist die Liste.« Peters Mutter steht in der Tür mit der Liste in der Hand. »Mit Peter sind es 31 Kinder. Wir brauchen also 30 Karten.«
Peter will gerade noch sagen: »Wir laden alle ein, nur Ole nicht«, aber dann beißt er sich auf die Lippe. Seine Eltern wären damit sicher nicht einverstanden. Doch Ole wird nicht kommen, dafür wird Peter schon sorgen. Schließlich hat er noch andere Möglichkeiten!
Seine Mutter diktiert dem Vater die Namen und kurze Zeit darauf kommen 30 Einladungskarten aus dem Drucker. Fertig mit Namen versehen! Auch für Ole ist ein Briefumschlag dabei. Peters Mama steckt die Karten in Peters Schultasche.
»So, jetzt geht es ganz schnell ins Bett!«
* * *
Am nächsten Morgen verteilt Peter die Karten in der Schule. Jedem drückt er eine Karte in die Hand. Nur eine bleibt in seiner Schultasche. Es ist die Karte für Ole. Und dort wird sie auch bleiben. Eine Einladung für Ole, das käme ja fast einer Entschuldigung gleich.
Das Fest soll am nächsten Mittwoch stattfinden. Peter bereitet mit seinen Eltern alles vor. Er und sein Vater gehen zum Zauberer und sprechen alles ab. Billig ist das nicht, so einen Zauberer zu bekommen … Sie kaufen die leckersten Sachen ein. Peters Mutter plant mehrere Kuchen. Sogar eine Donauwelle ist dabei, Peters Lieblingskuchen. Peter kann es kaum erwarten.
Endlich ist der Mittwoch da! Peter kommt von der Schule nach Hause und wirft die Schultasche in die Ecke. Um 16 Uhr soll alles beginnen. Peter schlüpft aus den Schuhen, pfeffert sie in Richtung Schuhregal und läuft zu seiner Mutter in die Küche.
»Und … hast du auch alles besorgt? Hast du auch die Limo und die Schokolade noch gekauft?«
»Hab ich!«, lacht seine Mutter. »Hat bei dir eigentlich jemand abgesagt?«
»Nein.«
»Und du hast alle Karten verteilt?«
»Warum fragst du?«
»Weil niemand angerufen hat. Normalerweise ruft immer jemand an … komisch. Hoffentlich ist nichts schiefgelaufen.«
»Ich habe die Karten verteilt!«, ruft Peter und rennt nach oben in sein Zimmer.
»Ich schau noch mal nach, ob er nicht doch noch ein paar Karten in seiner Schultasche hat«, murmelt Peters Mama und geht hinaus in den Flur. Dort liegt die Tasche in der Ecke. Die Mutter öffnet sie und blättert zwischen Heften und Büchern. Da sieht sie direkt neben einem alten Pausenbrot die Einladungskarte an Ole.
Ausgerechnet den Ole hat er vergessen. Der arme Kerl, wo er doch erst vor Kurzem umgezogen ist, denkt sie. Alle sind eingeladen, nur Ole nicht. Ich bring die Karte schnell bei Müllers vorbei.
In der Küche dreht sie die Herdplatten runter, wirft sich den Mantel über und läuft zwei Straßen weiter zu Oles Haus. Sie klingelt. Alles bleibt ruhig. Offensichtlich ist Ole nicht zu Hause.
Unschlüssig steht Peters Mutter da und hält die Einladungskarte in der Hand. Sie muss schnell wieder heim und alles vorbereiten. Da fällt ihr Blick auf den Briefkasten. Einige Briefe schauen heraus. Dort finden sie die Einladung bestimmt, wenn sie die Briefe rausholen, denkt sie und steckt die Karte gut sichtbar zwischen die Briefe im Postkasten.
Schon wenige Minuten später steht sie wieder in der Küche hinter dem Herd.
Die Zeit bis zum Beginn der Party dauert endlos. Die Zeiger wollen und wollen nicht vorwärtsgehen. Endlich ist es 15.45 Uhr. Die ersten Gäste kommen bestimmt gleich. Peter lehnt seinen Kopf ans Fenster und schaut hinaus: Wer wohl der Erste ist? Bestimmt Patrick. Aber nein, es ist nicht Patrick. Wer kommt da über die Straße gelaufen? Es ist Ole!
Peter traut seinen Augen nicht. Ole kommt tatsächlich zu seinem Fest! Woher weiß er überhaupt davon?
Jetzt steht er an der Gartentür. Im nächsten Moment muss es klingeln. Blitzschnell rennt Peter zur Eingangstür. So jemand wie Ole, den will er nicht bei seinem Fest haben. Er öffnet die Tür, bevor Ole klingeln kann.
»Was willst du denn hier? Ole – Ole von Pups?«
Ole antwortet verlegen: »Du hast mich doch zu deinem Fest eingeladen!«
»Da kann ich mich nicht dran erinnern!«, brüllt Peter ihn an.
»Aber heute lag diese Einladungskarte in meinem Briefkasten!« Ole wedelt mit der Einladung.
»Ich habe sie nicht da rein getan! Ich will doch nicht, dass es hier stinkt!«
»Das war ich!« Die Stimme von Peters Mutter ist aus dem Hintergrund zu hören. Sie hat das Gespräch mit angehört. »Natürlich bist du eingeladen, Ole. Komm bitte rein!«
»Ich weiß nicht … ich glaube, ich gehe lieber wieder«, sagt Ole kleinlaut.
»Aber nicht doch! Komm rein und setz dich schon mal ins Wohnzimmer. Peter, du zeigst bitte Ole, wo unser Wohnzimmer ist, und bietest ihm etwas zu trinken an!«
Schweigend gehen die beiden ins Wohnzimmer. Ole setzt sich auf die Couch. Peter knallt ein Glas Mineralwasser auf den Tisch. Dann setzt er sich auf die am weitesten entfernte Ecke der Couch. So kommt es, dass Ole links sitzt und Peter rechts.
»Lass bloß keinen Pups fahren!«, flüstert Peter.
Ole streckt die Zunge raus. Sie schweigen beide. Sie warten auf die anderen Kinder. Doch niemand klingelt. Nichts passiert. Nur der Zeiger auf der Wohnzimmeruhr wandert immer weiter. Ab und zu kommt Peters Mutter herein und schaut nach den Jungs.
»Spielt doch was!«, sagt sie.
»Keine Lust!«, zischt Peter.
»Habt ihr euch gestritten?«
»Nein, haben wir nicht!«, gibt Peter genervt zurück.